1832 / 207 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Aetius, Sohn eines Gothen und einer vornehmen Roͤmerin, der nunmehr die Buͤhne im Westen als Hauptacteur betritt, hatte gleich anderen angesehenen Roͤmern seiner Zeit, zu mancherlei Zwecken, maͤchtige und ausgebreitete Verbindungen bei den Hunnen angeknuͤpft. Mehrere Jahre hatte er als Geisel im Hunnischen Lager zugebracht und sich insonderheit mit dem Fuͤrstenhause des Mundzuck befreun⸗ det. Als nach Honorius Tode (423) Johannes nach der Herrschaft im Westen strebte, hatte Aetius sechzigtausend Hunnen zu seiner Unterstuͤtzung herbeigefuͤhrt, deren Ruͤckzug nun, weil unterdessen durch Theodos II. der Usurpator beseitigt war, Athaulfs Wittwe, die Kaiserin Placidia, durch neue Parzelen Pannoniens erkaufen mußte. Neben der Huͤlfe, welche sie vor Arles gegen die Westgo⸗ then geleistet, verheerten sie das Land zu beiden Seiten der Donau weit und breit nach Belieben. Als Aetius sodann im Dienste der Kaiserin sich staͤrker und sicherer fuͤhlte, hielt er es seinem Amt und seiner Verpflichtung gegen das Roͤmerreich zwar angemessen, mit Ostgothischer Huͤlfe die Hunnen aus Pannonien zu vertreiben, das seit vielen Jahren gleichsam herrenlos war, doch bewaͤhren die spaͤ⸗ teren Begebenheiten hinreichend, daͤß er sich deshalb mit der Haupt⸗ masse nicht ernstlich entzweit haben moͤchte. Auf den meisten sei⸗ ner Feldzuͤge und Unternehmungen (428 439) gegen Franken, Ale⸗ mannen, Burgunder und Westgothen scheint es, daß die Hunnen als Gefaͤhrten und Gehuͤlfen den besten Theil seines Heeres ausge⸗ macht. Von der mit großer Einbuße der Hunnkn mißlungenen Cf. pedition des Litorius (439) ist es noch sicherer bekannt; und als Aetius durch den Wankelmuth der Hofgunst ins Exil wandern mußte, durfte er abermals das Hunnische Lager zur Zuflucht waͤhlen. Er fand dort nicht nur eine Freistaͤte, sondern auf das Gebot seiner dortigen Freunde kehrte er als Patricius in seine fruͤhere Wirk⸗ jamkeit zuruͤck. Der Hunnische Uebermuth, der sich schon in Uldin, Charaton, Uptar fruͤher kund gegeben, ward durch solche Anlaͤsse aufs Hoͤchste gesteigert. Rugilas, einer der an der Westgraͤnze herr⸗ schenden Heeresfuͤrsten, forderte vom oͤstlichen Kaiserhoͤf alle ent⸗ wichene Voͤlkerschaften zuruͤck, worunter ohne Zweifel alle seit dem Donauuͤbergang westwaͤrts gezogene Gothische, Burgundische und Vandalische Staͤmme, deren in der alten Heimath zuruͤckge⸗ bliebene Reste unter Hunnischer Botmaͤßigkeit standen, mit 1 fen waren. Er drohte, Konstantinopel der Erde gleich zu machen, und wuͤrde in dem Versuche der Erfuͤllung nicht gesaͤumt haben, hens ihn Blitz, so wie sein Heer, die Selche⸗, dahingerafft ütte (926). 8 8 e8 desto verderblicheres Ungewitter zog sich statt dessen uͤber den Hof von Ravenna zusammen. Durch die Empoͤrung des Bonifaz, des naͤmlichen, durch dessen Raͤnke bald nachher Aetius vertrieben wurde, in Afrika waren (428) die Vandalen aus Spanien dorthin gezogen und durch den Vertrag von 4353 in einem beschraͤnkten Gebiete’ ge⸗ duldet worden. Im Jahre 437 hatte Theodos II. seine Tochter Eudoxig dem Westroͤmischen Kaiser Valentinian III. vermaͤhlt und dagegen Pannonien, Noricum, Dalmatien an das Ostroͤmische Reich⸗ gebracht. Beide Kgiserhoͤfe hierdurch befreundet, verbanden sich nunmehr zu gemeinsamer Wirksamkeit gegen die Ankoͤmmlinge in Afrika, die unter Gaiserich ihre Eroberungen bis Karthago, ihre Verheerungen uͤber ganz Sicilien ausgedehnt hatten. Der Van⸗ bale seinerseits wendete sich an die Soͤhne des Mundzuck, die seit 434 die Macht und weitaussehenden Plaͤne ihres in Pannonien gebietenden Oheims Ruas ererbt hatten und, in seine Rechte, Verhaͤltnisse und Fußstapfen tretend, bald mit dem Hofe von Konstantinopel Haͤndel angefangen hatten, waͤhrend sie nicht minder und mit beschleunigtem Erfolge bemuͤht waren, ihre Herrschaft uͤber die Hunnischen Staͤmme und die ihrer zins⸗ oder bundespflichtigen Barbgren auszubreiten. Bleda, der aͤltere Bruder, besaß anfangs den groͤßeren und westlich gelegenen Theil der Erb⸗ schaft. Attila, der juͤngere, hatte fruͤhzeitig den eroberungslustigen Blick nach allen Seiten hingewendet. Beide gefielen sich in Trug und Arglist, in Beiden steigerte sich das Selbstvertrauen bis zur höoͤchsten Anmaßung. So oft der bstliche Hof darauf sann, Afrika (wo er selbsteigen in Cyrene bedroht war) von den Vandalen zu befreiem waren die Hunnischen Fuͤrsten drohend und schlagfertig, der Kaiser genoͤthigt, Meere und Flotten zuruͤckzurufen. Verheerende Zuͤge wurden in Illyrien und Obermoͤsien unternommen, Streif⸗ corps⸗bis uͤber den Haͤmus vorgesandt und abwechselnd Unterhand⸗ lungen gepflogen, Vertraͤge bald gehalten, hald gebrochen, bald un⸗ ter immer laͤstigeren Bedingungen und hoͤher gespannten Forderun⸗ gefk erneuert, ohne daß sich in jedem Falle bestimmt sagen ließe, auf welcher Seite der Doppelsinn oder die boͤsliche Absicht gewesen. Die zwischen inneliegenden Pausen wurden geschickt und schnellkraͤf⸗ tig benutzt, die Herrschaft nach anderen Richtungen hin zu erwei⸗ tern oder zu befestigen; 444 machte Bleda dem juͤngeren Bruder Platz, der nun binnen wenigen Jahren die Unterwerfung der Sar⸗ maten und Skythen am Don, an der Wolga, gn der Nordkuͤste des Schwarzen und Kaspischen Meeres vollendete. Drei Jahre spoͤter riff er das Ostreich zum drittenmale an. Die Verwuͤstung dehnte ich vom Adriatischen Meere bis zu den Thermopylen aus. Theo⸗ dosius fluͤchtete nach Asien, die Donau hatte gaͤnzlich aufgehoͤrt, Schutzwehr zu seyft. Im Jahre darauf bequemte sich vollends der Kaiser zu einem demuͤthigenden Frieden, durch welchen die Hunnen sich in allen v e. bestaͤtigt sahen. Attila hgtte seit lange die kolossalsten Entwuͤrfe mit sich herum⸗ getrageft? Ein dreifacher Feind stand in Europa gegenuͤber, fuͤr dessen gleichzeitige Bekaͤmpfung die vorhandene Macht dennoch nicht ausreichend erschien, Oste und West⸗Rom, und die maͤchtigen Deut⸗ schen Staͤmme der Franken, Burgunder und West⸗Gothen. Was sonst noch dazwischen lag: Alemannen, Ost⸗Gothen, Gepiden, Thuͤ⸗ ringer, Longobarden u. s. w., war unerheblich und meist schon im Interesse oder unmittelbarer Abhaͤngigkeit. Mit den Rom ergebe⸗ nen Burgundern war Attila bereits in mehrfache Beruͤhrung ge⸗ treten; die West⸗Gothen, deren Koͤnig Theoderich zudem seinen Bun⸗ desfreund Gaiserich schwer beleidigt hatte, waren ihm aus diesen und anderen Gruͤnden mehrfach verhaßt; bei den Franken hatte im

Zwist der Fuͤrsten der eine Bruder sich den Roͤmern in die Arme

eworfen, der andere zu den Hunnen gefluͤchtet. Zu den seltsamen Verwickelungen der damaligen Zeit choört es ferner, daß die ver⸗ buhlte Augusta Honoria, Schwester der Placidia, um dieselbe Zeit, als Marcian durch die Hand der Pulcheria den Ost⸗Roͤmischen Thron gewann, sich dem Hunnenkoͤnig zur Gemahlin antragen ließ und sie ihm durch den Hof von Ravenna verweigert ward, waͤhrend der Hof von Byzanz die Leistung der bisherigen Soldzahlungen gleichzeitig kuͤndigte. Attila hatte nun (was er ungern entbehrte) einen guͤltigen Vorwand zum Kxiege nach allen Seiten. Ihm blieb die Wahl des Angriffspunktes und die Aufgabe, zu verhuͤten, daß gemeinsame Gefahr nicht zum Verein der Gegner fuͤhre. oft zuvor wurde auch diesmal das vom Schicksal zu anderen Zwecken aufbehaltene Ostreich ohne sein Zuthun durch eine gluͤckliche Ver⸗ kettung von Umstaͤnden dem unvermeidlich scheinenden Untergange entzogen. Attilg entschied sich fuͤr den gefaͤhrlicheren Kampf im Westen, und es scheint, daß es in seiner Absicht lag, zuerst die Deut⸗ schen zu verderben. Fuͤglich konnte man weder zu Toulouse, noch zu Ravenna uͤber Attila's feindselige Absichten in Ungewißheit seyn, o sehr sich's dieser auch angelegen seyn ließ, den einen wie den an⸗ deren Hof durch List und Verstellung zu beschwichtigen. Aetius knuͤpfte mit den westlichen Deutschen Verbindungen an (ob schon so fruͤhzeitig, wie Luden glaubt, oder, fortwaͤhrend in andere Haͤn⸗ del verwickelt, erst im Augenbkick der unmittelbar herannahenden Gefahr, muͤssen wir dahingestellt seyn lassen). Die Natur der Ver⸗ haͤktnisse brachte es uͤbrigens mit sich, daß in beiden Heeren mehrere gleichnamige Volkerstaͤmme fochten, auch mochten Anzahl und Kriegs tuͤchtigkeit auf beiden Seiten ungefaͤhr gleich seyn. So begab es sich, daß in den Kataunischen Ebenen, aͤhnlich wie

u unserer Zeit in denen von Leipzig, ganz Suͤdwest⸗ und Kordost Europa in erbittertem Kampfe zusammentraf. At⸗ tila war, weil Actius am Fuße der Alpen gezögert, bereits bis an die Loire voegedeuigen und hatte in eigener Per⸗ son die Burgunder uͤberwaͤltigt, waͤhrend die Gepiden unter dem tapferen und erfahrenen Ardarich einen harten Strauß mit den Franken zu bestehen gehabt hatten. Bekannt ist, welchen Hergang

Hunnen vermischt siedelten sich in Illyrien an.

Wie so.

824 und Ausgang die Voͤlkerschlacht (451) genommen, und welches ihre Folgen (vielleicht in Gemäaͤßheit einer in der Nacht nach dem Tref⸗ fen geheim gepflogenen Verabredung zwischen Attila und Actius) gewesen. Aetius mochte die Macht des Hunnenkdnigs, dessen 2 Bohl⸗ wollen ihm kuͤnftig noch nuͤtzlich werden konnte, fuͤr hinlaͤnglich gebrochen, einen durch die Westgothen vervollstaͤndigten Sieg fuͤr seine Plaͤne und Roms Sicherheit minder zutraͤglich halten. Eben so hatte Attila den Widerstand auf dieser Seite kennen gelernt, er mochte einer Ergaͤnzung des Heeres nothwendig beduͤrfen, vielleicht in die Treue seiner Bundesgenossen keln zu großes Zutrauen setzen. Er ging an die Theiß zuruͤck, und binnen Jahresfrist erschien er den Roͤmern unerwartet (wie es scheint) in den Ebenen von Friaul, um seine durch Honoria's Antrag angeblich auf den Thron der Caͤsaren gewonnenen Auspruͤche unmittelbar an der Quelle geltend zu machen. Aetius selbst wußte diesmal keinen anderen Weg aus⸗ der Noth, als Gold, Ausweichen und glatte Worte. Italiens Klima und Aqui⸗ leja's Widerstand hatten jedoch der Hunnen und ihrer Genossen Kampflust schnell gedaͤmpft, Seuchen das Heer ergriffen; Nlarichs Schicksal mochte selbst in Attila ein geheimes Grauen erwecken. Gewiß hat man seine Kriegsmacht / der Zahl und der Festigkeit des inneren Verbandes nach, vielfaltig uͤberschaͤtzt; vielleicht hoffte er,

auf glimpflicherem Wege noch in Navenna seine Zwecke zu erreichen,

sein aͤltester Sohn Ellak war bereits Koͤnig der Aketziren; wie mochte es dort in Osten aussehen? genug, Attilg fand es auch diesmal gerathener, versoͤhnliche Gesinnung cigensinnige: Gewaltthat vorzu⸗ ziehen. Er zog sich in sein Hoflager zuruͤck und starb, im Begriff, sein Beilaser mit der schoͤnen Ildico (Hiltgunde) zu vollziehen und sein Heil auf dem dritten Wege gegen Byzanz zu versuchen (453). Eben wie nach Ermanrichs (Alexanders, Napoleons), so stuͤrzte auch nach Attila's Tode das nur durch einzelnes Menschenwerk, durch die Energie einer großen Persoͤnlichkeit schnell aufgeschossene, nicht aber in langsam gereiften Volks⸗Zustaͤnden und Gesinnungen gefestete Gebaͤude der Hunnischen Macht schnell und unaufhaltsam wieder in die alte Unbedeutsamkeit zuruͤck. Die Praͤpotenz uͤber die benachbarten Voͤlker anderer Abkunft hatte von da an ein Ende, obschon auch diesmal wenig mehr geschah, als daß die Unterjochten sich wieder zu eigenem selbststaͤndigen Leben erhoben, ohne daß das eigentlich Hunnische Gebiet, im Steppenlande zwischen der Wolga und dem Borysthenes, von Westen aus erheblich beeintraͤchtigt wor⸗ den waͤre. Die (Cermanen, den Gepiden Ardarich (die rechte Hand Attila's) an der Spitze, gaben die Losung. Mit ihm focht an dem verhaͤngnißvollen Tage an der Pannonischen Netad, wo Ellak, At⸗ tila's Erstgeborner, einen ruͤhmlichen Tod fand, fast ganz Nord⸗ deutschland. Die Gepiden setzten sich in Dazien fest, und ihrem Bei⸗ spiele folgte Freund und Feind. Des herrenlosen Landes war genug

vorhanden und die große Masse derer, die frei wurden, wehig ge⸗

neigt, uͤm eine neue Heimath in dieser oder jener beüimmten Oert⸗ lichkeit hartnaͤckig zu kaͤmpfen. Wo sich die bequeme Gelegenheit dazu darbot, treten nach allen RNichtungen neus Namen und Vol⸗ kergruppen hervor. Die Ostgothen begnuͤgten sich mit dem verwuͤ⸗ steten Pannonien von Sirmich bis Wien. Als die Hunnen sich von der ersten Betaͤubung erholten, griffen sie deren Koͤnig Walamir an, der sie aber bei Bassiana an der Raab so nachdruͤcklich zuruͤckwies, daß sie fuͤr immer nach⸗ Hunigard zuruͤckgingen. Sarmaten mit Irnach, der tjuͤngste von Attila’s Soͤhnen, blieb im aͤußersten Klein⸗Seythien (Bessara⸗ bien) in Abhaͤngigkeit von Byzanz. Andere seiner Verwandten zer⸗ streuten sich in Dazien oder hielten Verbindungen mit Dengizich, dem aͤlteren Sohne, der laͤngs der Kuͤste des schwarzen Meeres herrschte, bis er 466 in Thrazien gegen die Byzantiner blieb. Nach dieser Zeit hoͤren wir wenig mehr von Attila’'s Nachkommen, aber“ bald finden wir Pvaren, Bulgaren u. s. w, neue Ankoͤmmlinge vom Lande jenseits der Wolgg, auf eben dem Schauplatze mit Hunnen und Hunnischen Ereignissen in eben solcher⸗ Verbindung, wie frü⸗ her diese mit den Alanen, bis sich am Ende der Hunnische Name ohne weiteres denkwuͤrdiges Ereigniß aus der Geschichte verliert. In der auf Attila zunaͤchst folgenden Periode bleiben die Ger⸗ manen wegen der unmittelbaren Nachbarschaft zwar nicht ohne fort⸗ waͤhrende Haͤndel mit Byzanz, jedoch sind diese von untergeordneter Art, und ihr Hauptaugenmerk bleibt nach wie vor unverruüͤckt nach dem Westen gerichtet, die Entscheidung uͤber das Geschick des Orients aber anderen Zeiten und Nationen vorbehalten. Hier wie im Occident wird jedoch daͤn noch unlaͤngst weltherrschen⸗ den Rom in der Umwandlung der Welt fortan keine positi⸗ ve Rolle mehr vergoͤnnt d Das Steuerruder und Lenkseil der. politischen Begebenheiten pax ihren Haͤnden entfallen; zu stufen⸗ weiser Erniedrigung verdammt, erscheink ihre ganze Lebenskraft’ auf eine bald mattere, bald ruͤstigere Abwehr des Todes beschraͤnkt. Allerdings muß man zu ihrer Entschuldigung gestehzn, daß die aͤu⸗ ßere Bedraͤngniß unablaͤssig und gewaltiger Art war, dennoch fehlte. es auch spaͤtehin, nachdem sie die erste Verwirrung ungenutzt hat⸗ ten voruͤberstreichen lassen, nicht an guͤnstigen Konjunkturen zu neu erstarkendem Daseyn. Allein der Keim der inneren⸗Verwesung hatte

bereits zu tiefe Wurzeln geschlagen und jegliches Lebensprinziv un⸗† D

tergraben. Charakteristisch befremdlich istedie Zaͤhigkeit des Byzan⸗ tinischen Lebens gegenuͤber der Sproͤdigkeit und schnellen Zerbrech⸗ lichkeit des Italischen Westreichs. Auf jenes waͤlzte siche die ganze Zerstoͤrungskraft des Germapischen Volksthums, das, wenn es auch periodisch gegen feine eigenen Glieder und Eingeweide wuͤthete, sich doch die Besitznahme von⸗Suͤdwest⸗Europa zur Haupt⸗Aufgabe ge⸗ stellt hatte *). Das Ostreich dagegen wu de von Barbaren um⸗ wogt, wo jeder Spaͤtere die von dem vor ihm Angekommenen kaum erworbene Bedeutsamkeit wieder vernichtete, und so gewann es Zeit, fortzuvegetiren, aus dem Chaos von Eunuchen, Wuͤstlingen und anatikern hier und da einen Mann aus besserem Stoffe zur herr⸗ chenden Gewalt emporzuheben und in die politische Krankheits⸗Ge⸗ schichte seiner sich allmaͤlig verzehrenden Existenz einige hemmende Krisen voruͤbergehender Ermannung einzuschalten. .

Eine der wichtigsten Folgen aber der anfaͤnglichen Kraftaͤuße⸗ rung wie der nachmaligen Ohnmacht des Hunnenvolkes bleibt un⸗ streitig die in schnell beschleunigtem Maße zunehmende Entwickelung des Slaventhums. Dieses iff unserer Zeit naͤchst dem Germanischen und Tuͤrkischen Volksstamme auf der Erde am weitesten ausgebrei⸗ tete Menschengeschlecht, dessen Ursprung und Blutsverwandtschaft wahrscheinlich fuͤr immer zweifelhaft bleiben wird (obschon sie am wahrscheinlichsten fuͤr ein aus der Zeptruͤmmerung der Gothen⸗ und Hunnen⸗Herrschaft neu hervorgegangenes Geͤmisch der verschiedell⸗ artigsten, dem Hauptkerne 1g,- S Pghrnsessche Bestandtheilk. zu halten sind), gewinnt von daban Sitz und Stimme in dem En⸗ ropaͤlschen Voͤlker⸗Verein. Ihrer Zunge Laut wird von Illywen und dem Gestade der Adriatischen Veneter bis zu den Winden am Lech und von den Belten bis weit uͤber den Venedischen Busen des Baltischen Meeres hinaus vernommen. Es iste indessen eben so naturgemaͤß als leicht begreiflich, daß in diesem weitschichtigen Laͤn⸗ der⸗Bezirke viel fremdartige, der urspruͤnglichen Anzahl nach viel⸗

Die innere Zerrüttung Aest⸗Noms und deren durch den Einfluß Germa⸗ nischer Individuen auf den Stagts⸗Mechanismus beförverte Beschleunigung kam ihnen bierbei allerdings sehr fördersam entgegen. Aerius, der bedeutendste Mann aus dem Zeitalrter des Attila, fiel ein Jahr nach dem Hintritt des Letzte⸗ ren unter dem Dolch oes dritten Valentinian's. Mit dem gleich darauf erfol⸗ genden Tode des Letzteren wurde die Regentenreihe aus dem Hause des Theodo⸗ sius unterbrochen. In dem Zeitraum von zwei und zwanzig Jahren (454 476) lösten sich zehn verschiedene Herrscher ab, von denen vier durch den Reichs⸗Feld herrn Ricimer (den Vandalen⸗Besieger Suevisch⸗Gothischer Herkunft) bevormun⸗ det, der Letzte, ein Sohn des Orestes, ehemgligen Staats⸗Secretatrs des Attila, durch den Rugianischen Abenteurer Hdoaker, der sich an der Spiße des Heeret besand, ohre gewaltsamen Kampf in die Ruhe des Privatlebens zurückversetzt ward. Odoaker war klug genug, sich unter Schonung des außeren Dekorums und scheinbarem Anerkenntniß der Oströmischen Ober⸗Lehns⸗Herrlichkeit mit dem Besitze der außeren Machtvollkommenhett zu begnügen, und Zeno duldete mit gleich gelaffener Klugheit, was er zu hindern nicht im Stande war. Dreizehn Jahre spater (489) verließ unter dem Amaler Theodorich, dem großen Sohne des Ostgothen Walamir, der mit Attila in den Katalaunischen Ebenen gefochten und Dengtzich aus Pannonien geschlagen hatte, der Nest der einst so weit herr⸗ schenden Gothischen Nation den Orient, entsagte freiwillig dort aller Herrschaft und auler Hoffnung und Absicht auf den Thron von Konstantinopel (wo Theo⸗ dorich leine Jugendbildung empfangen), überwand Odoater in dreifacher Schlacht und gründete in Rom eine von Byzanz anerkannte Barbaren⸗Herrschaft, die so⸗ dann nach einem halben Jahrhundert (554), fast gleichzeitig mit der Vandalen⸗ Herrschaft in Carthago (534), wieder zerstört ward.

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leicht selbst uͤberwiegende Reste vom Gothischen, Alanischen, thischen Stamme sitzen geblieben sind, denen sich Umschwunge mehrerer Jahrhunderte noch Tuͤrkischer, Mongol und Uralischer Befruchtungsstoff reichlich beigemischt hat, unz so. im ethnogenetischen Gaͤhrungs⸗ und Amalgamirungs⸗Pp zwar nicht Bluts⸗ aber im Ciment gemeinsamer Rohheit und

im verworfs

nachhallender Nomadensitte Sinn⸗ und Schicksals⸗verwandter mittelst Neutralisirung der sich abstoßenden National⸗Individugl.

ten, zu einem Konglomerat von gleichartiger Textur umgesch worden ist. Die Geschichte hat uns zwar nicht das Detail sich dabei ereignenden Entwickelungsstadien dergestalt aufbehe daß uͤberall, wo es verlangt werden moͤchte, der pragmatischen weis detzubnüegas waͤre, doch aber sind einzelne Andeutungeh in Menge vorhanden, und namentlich ist die bestimmte Kuͤnde dem Uebergange vieler - Volkszweige in die Grundwe sunz des Rugianisch⸗Vandalischen Reiches nicht gaͤnzlich vey gegaängen. (Fortsetzung folgt.)

Meteorologische Beobachtung. Morgens Nachmitt. Abends Nach einmal 6 Uhr. 2 Uhr. 10 Uhr. Beobachtm

335,7“ Par. 336,0“ Par. 13,2° R. 9,2° R. INCCTEEEEö 47 vCt. 71 pCt. heiter. truͤbe. uxaben r bavFg emenner e, -aeh, Tnen. Auswärtige Börsen. Awsterdam, 20. Juli. Nied. wirkl. Schuld ‧42 ½. 5 ½ do. 80 pr.

1832 24. Juli.

Luftdruck.. Luftwaͤrme. Thaupunkt. Dunstsaͤttg. Weiter1. Wind Wolkenzug.

335,4“ Par. Quellwärme 7 8,3 6,9 °R.

82 pCt. Regen.

W.

gs Hem.

Flußwärme 13,] Bodenwärme 10,

Ausdünstung 9)

Niederschlag 27

8. 5 % nenue

Anl. 94 ½. Russ. (v. 18 ⅜½) 95 ⅞. do. (v. 1831) 8at. 0 1 amchurg, 23. Juli. .

Oest. 5 % Met. 85 ½. 4 % do. 75 ½. Bank-Actien 1113. Russ

Anl. 95 ¾. Russ. Anl. HIaimnb. Cert. 86. Poln. 106. Dän. 65.

8 Koͤnigliche Schauspiele. Donnerstag, 26. Juli. Im Opernhause: Oberon, der Elfen, romantische Keen⸗Oper in 3 Abtheilungen, mit Musik von C. M. v. Weber. (Mad. Pirscher, bisheriges glied des Koͤnigl. Theaters zu Leipzig: Rezia; Hr. Wurda Großherzogl. Hof⸗Theater zu Strelitz: Huͤon, als. Gastrol Preise der Plaͤtze: Ein Platz in den Logen des ersten ges 1 Rthlr. 10 Sgr. ꝛc. I

Koͤnigstaͤdtisches⸗Theater. Donnerstag, 26. Juli. Fra Diavolo, oder: Das Wirhe zu Terracina, komische Oper in 3 Akten; Musik pon] (Dlle. Gruͤnbaum: Zerline; Hr. Raͤder, vom Nuͤrnberger ter: Lord Kokburn, als Gastrolle.)

2. 0 Nachrichten. Paris, 19. Juli. Der Koͤnig hat der Stadt Guse Unterstuͤtzung von 1500 Fe. fuͤr die dortigen armen Cholen ken bewilligt.

Der Gazette de France zufolge, soll sich der ze

des Kaiserl. Festerreichischen Botschafteks, Grafen v. Ih verschlimmert und derselbe gestern Abend die letzte Oelm haͤlten haben. „* Der Merxtkanische Gesandte in London, Herr Gorostih hier angekommen, um mit unserer Regierung uͤber die cation des im vorigen Jahre zwischen Frankreich und N. gbgeschlossenen Handels⸗Vertrages zu unterhandeln, der vn Mexikanischen Kongresse nicht ratisizirt worden ist.

Man spricht aufs neue davon, daß Herr Gksquet Posten⸗ als Poltzei⸗Praͤfekt von Paris niederlegen werde seinen Nachfolger nennt man jetzt Herrn Viennet. Das! liche Ausrufen des neuen Volksblattes: „Le bon sens; von der Polizei untersagt worden seyn. 8 Der General⸗Major Mancoinble ist nach Marseille ge worden, um im Departement der Rhone⸗Muͤndungen das mando, einer Unter⸗Militair⸗Division, wovon der Su Arles zu stehen kommen soll, zu uͤbernehmen.

Der Courrier de l'Europe will wissen, der Artite Journal des Débats uͤber die Bundestags⸗Beschluͤsse sa der Feder des Professors Villemain geflossen. 8

In demogegenwaͤrtig vor dem hiesigen Assisenhofe sch den Prozesse gegen die Theilnehmer an dem Komplotke der! vaires⸗Straße beendigte gestern der General⸗Advokat Carn Requisitorium, worauf der Anwalt zweier von den Angell Advokat Hardy, eine Vertheidigungsrede fuͤr sie hielt. Die doyers der-uͤbrigen Advokaten werden mehrere Tage dauen

Das heutige⸗Cholera⸗Bulletin des Moniteur giebt M desfaͤlle an, ,also 35 mehr als das gestrige; an anderen . heiten starben 48; 118 Kranke wurden in die oͤffentliche stalten aufgenommen. Auch in dem Schlosse von Saint soll die Cholera ausgebrochen seyn und bereits mehrere Pa von der Koͤnigl. Dienerschaft hinweggerafft haben.

Der Moniteur enthaͤlt einen Artikel, worin er die wohner der Hauptstadt wegen der Zunahmne der Chol durch die Bemerkung zu beruhigen sucht, daß uͤberall, u Krankheit geherrschw habe, eine solche zweite aufsteigende eingetreten sey. 8

Unter den in den letzten Tagen hier an der Cholera bonen Personen befinden sich die Professoren Carré und! und Herr Crussolle⸗-Lami, einer der Stifter und Haupt⸗ teure der Tribune. 8 8

Die im Jahre 1831 in Lyon verarbeitete Seide! 586,278 Kilogramme (etwa 11,430 Centner). In dem; me von 1805 bis einschließlich 1880 uͤberstiegen bloß 18 1824, 1827 und 1829 die obige Summe, die um so beͤe der erscheint, wenn man an die November⸗Unruhen im u Jahre zuruͤckdenkt. EEE11ou - Aus Modon vom 23. Juni wird geschrieben: „Die⸗ chische Regierung hat bei dem Befehlshaber der Franzit Occupations⸗Brigade, General Guehenenc, darauf angem daß die Festung Koron von Franzoͤsischen Truppen besetzt weil dort Umtriebe gegen die jetzige Regierung stattfaͤnde die Mainotten sich des Platzes durch einen Gewaltstreich steun wollten; hieraufssind drei Compagnieen des lsten l Infanterie⸗Regiments als Besatzung nach Koron gelegt we

eere

Heute schloß 5proc. Rente pr. compt. 97. 95. sin b

98. 3proc. pr. compt. 67. 55. fin cour. 67. 60. 5proc. pr. compt. 79. 65. sin cour. 79. 70. 5proc. Span. Rente 54 ½. 5 proc. Belg. Anl. 75 ½. 5proc. Roͤm. Anl. 78. ½ Frankfurta. M., 22. Juli. Oesterr. 5proc. Metal 86 ¼. 4proc. 7691. 769w9. Bank⸗Actien 1371. 1369. Pat 122 ½. Loose zu 100 Fl. 177 ¾. G. Poln. Loose 54. Br.

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96 edacteur John. Mitredacteur Cottel.

Gedruckt bei a. B. H0

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Kanz-Bill. 159

207.

Nachrichten.

ch. e

F 8 Amtli Kroniek

2₰ . 8 4 e -S. ““ Seine Majestaͤt der Koͤnig haben dem Obersten von

bberg, Etappen⸗Inspektor in Hildesheim, den’ Rothen orden dritter sie und dem Generagl⸗Arzt des Aten

Klas „Corps, Pr. Rocholl, den Rothen Adlee⸗Orden vierter zu verleihen geruht.

8 v11uö“ Der Justiz⸗Kommissarius Oeltze ist auf sein Ansuchen der Praxis als Justiz⸗Kommissarius bei dem Koͤniglichen

Landes⸗Gericht zu Magdeburg entbunden und als Justiz⸗

ssarius bei dem Land⸗ und Stadtgericht daselbst angestellt.

Zeitungs⸗Nachrichten.

IbTb.

Rußland.

St. Petersburg, 18. Juli. Am vorigen Sonntag, den d, war auf der Insel Jelagin ein Volksfest, welches Ihre iI Majestaͤten und Ihre Kaiserl. Hoheiten mit Ihrer Ge⸗ st beehrten. Das Publikum fand sich sehr zahlreich dort Und von allen Seiten toͤnten froͤhliche Volkslieder und lau⸗ Ubel, abwechselnd mit den Klaͤngen der Feldmustk, die an jedenen Orten im Garten aufgestellt war. Se. Majestaͤt aiser, der Cesarewitsch Thronfolger, der Großfuͤrst Michael sowitsch und Se. Koͤnigl. Hoheit der Prinz Wilhelm von zen nahmen zu Pferde an der Promenade Theil; Ihre kstät die Kaiserin fuhr mit den aus Reval angelangten Groß⸗ nen in einem offenen Wagen, begleitet von einem Ehren⸗ ge der Offiztere des Chevalier⸗Garde⸗Regiments Ihrer estaͤt. Ueberall, wo Ihre Majestaͤten sich zeigten, entstand frendiges Gedraͤnge, welches mit Ehrerbietung die hohen onen umringte. Als es dunkelte, ward eine Illumination pündet und ain Feuerwerk abgebrannt.

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Oe. Majestaͤt der Kaiser haben am 9ten d. M. die Inge⸗

Arbeiten in Kronstadt in Augenschein genommen und Alles hrer Zufriedenheit befunden.

durch einen Ukas vom 13ten d. M. haben Se. Majestaͤt Fͤrstin Roxane Muruzi und das Fraͤulein Alexandrine uf zum Ehren⸗Fraͤulein Ihrer Majestaͤt ernannt.

za Belohnung einer unerschuͤtterlichen Treue waͤhrend der

hen in Litthauen haben Se. Majestaͤt den Edelmann aus

Guvernement Wilna, Joseph Lopacinski, zum Kollegien⸗ sor ernannt und ihm den Kammerherrn⸗Schluͤssel verliehen. Um den Zustand von West⸗Rußland zu verbessern, haben

Majestaͤt unterm 29sten v. M. einen Ukas erlassen, wonach

igen Perksonen, welche daselbst binnen 5 Jahren bedeutende sten errichten, auf 6 Jahre von den Abgaben der 3ten

gaͤnzlich und von denen der tsten und 2ten Gilde zur ste befreit werden.

Luf den Antrag des Hof⸗Ministers, Generals Fuͤrst Wol⸗ koi, e Se. Majestaͤt der Kaiser am 7. Oktober daß auf den Appanage⸗Laͤndereien Gemeindeaͤcker zur Fuͤl⸗ von Vorrathsmagazinen angelegt werden und die durch den zuf des Getreideuͤberflusses geloͤsten Gelder eine Kreditkasse nsollen, welche letztere unter Anderem auch zu gemeinnuͤtzi⸗ Stiftungen zum Wohl der Bauern angewendet werden koͤnnte. Gemaͤßheit jenes Antrags wurden die Gemeindefelder zur ren Uebersicht in 836 Landstuͤcke getheilt und eben so vielen der Mitte der Bauern auf unbestimmte Zeit gewaͤhlten Auf⸗ eur Verwaltung anvertraut. Diese Maßregel hatte den n Erfolg; die Speicher der Appanageguͤter sind von Vor⸗ en fuͤr den Fall einer Mißernte angefuͤllt, und der Verkauf Ueberflusses hat in 3 Jahren ein Kapital von 3 Millionen hbeln abgeworfen. Um von diesen Geldern einen gemeinnuͤtzi⸗

tbrauch zur Vervollkommnung des Ackerbaus zu machen, hte der oben genannte Minister Sr. Maäjestaͤt in Vorschlag, srasnose Selo eine Appanage⸗Schule fuͤr die Landwirthschaft trichten und 250 Bauerknaben, die aus saͤmmtlichen Appanage⸗ ein nach ihren Faͤhigkeiten zu waͤhlen waͤren, in derselben hen zu lassen, auch, im Fall es noͤthig wuͤrde, diese Anstalt zu erweitern. Als Lehrgegenstaͤnde wurden Lesen und keiben, Religion, Rechnen, Theorie des Landbaus, Thier⸗ gikunde und einige Zweige der Mechanik, deren Erlernung

Muͤhlenbau erforderlich ist, vorgeschlagen. Außerdem soll⸗ e Zoͤglinge in denjenigen Handwerken unterrichtet werden, man zur Anfertigung von Ackergeraͤthschaften bedarf, und der Schule sollte eine Meierei errichtet werden, damit die inge jene Arbeiten darin verrichten koͤnnten. Die Kinder ein nach; ihrer gewohnten Weise bekoͤstigt werden und ihre scche Tpacht beibehalten, nach beendigter Lehrzeit aber als seher bei den Gemeinde⸗Aeckern angestellt, mit verbesserten k⸗Geraͤthschaften versehen und mit einigem guten Zuchtvieh eskattet werden. Unterm 4ten d. M. hat dieser Antrag die ehmigung Sr. Majestaͤt erhalten.

Vermittelst Allerhoͤchsten Ukases vom 13. Mai d. J. ist dem dam ganzen Russischen Reiche eine Gala⸗Uniform von dunkel⸗ vn Tuch mit rothtuchenem Kragen und gleichen Aufschlaͤgen hen worden. Die Knoͤpfe sind vergoldet und enthalten unter Kaisetlichen Krone das Wappen des betreffenden Gouverne⸗

Diejenigen, welche waͤhrend eines vollen Trienniums

d ein Wahl⸗Amt bekleidet haben, behalten fuͤr immer die elben zukommende Uniform.

4 Granitsaͤule, welche zu dem Monument des hochseligen

*s Alexander dienen soll, ist am 14ten d. M. wohlbehalten G-n- hier eingetroffen und liegt jetzt am Quai des Win⸗

Unter der Ueberschrift „Polnische Korrespondenz“ liest man

ournal de St. Petersbourg Folgendes: „Die Briefe

der im Auslande befindlichen Polnischen Fluͤchtlinge schildern mit den duͤstersten Farben die Lage, in die sie sich in der Fremde versetzt sehen, den Zwiespalt, der unter ihnen herrscht, und ihre Furcht, daß die Theilnahme, womit sie Anfangs aufgenommen wurden, von Tag zu Tage immer mehr sechwinden moͤchte. Das Schreiben eines in Frankreich sich aufhaltenden Polnischen Fluͤcht⸗ lings an einen seiner Verwandten in Polen enthaͤlt in dieser Hinsicht einige Details, die nicht ohne Interesse seyn werden. „Die Polen““, heißt es darin, „„sind entarter; unsere hoͤheren Offiziere, an ihrer Spitze der unwuͤrdige Bem, der uns⸗in Frankreich so viel Schaden gethan hat, wollten Alles ihrem Despotismus unterwerfen; die aͤlteren, aus der Zeit vor der Revolution noch an einen schweigenden Gehorsam gewoͤhnt und. von der Hoffnung geblendet, in den Legionen, deren Formirung man ihnen ankuͤndigte, wieder ein Komnando zu erhalten, waren es wohl zufrieden, sich unter das Joch zu schmiegen; wir jungen Leute aber, obgleich an Zahl gering, widersetzten uns, und mit Gluͤck; nach langem Aushar⸗ ren haben wir es endlich dahin gebracht, daß die Generale, wel⸗ che das Vaterland verriethen, anstatt ihm zu dienen, unseren Anstrengungen erlagen. Der alte leicht bewegliche General Knia⸗ ziewicz verlaͤßt Parts, um sich nach der Schweiz zu begeben, wetl er sieht, daß er hier nichts mehr ausrichten kann. Bem, der Kaͤuflichkeit beschuldigt und von zehn Anklaͤgern zu Erklaͤ⸗ rungen aufgefordert, befindet sich in großer Verlegenheit. Das Franzoͤstsche Ministerium hatte den jungen Leuten erlaubt, die Universität zu besuchen. Bem hatie diese Maßregel zu unse⸗ rem Nachcheil ruͤckgaͤngig gemacht. Die Zwistigkeiten unserer Bruͤder betruͤben mich unaufhoͤrlich, und mein Herz blutet bei der Erinnerung an die Opfer, welche taͤglich im Zweikampf fal⸗ len. Skalski, Gielguds Moͤrder, ist hier und hat schon sechs der Unsrigen im Duell getoͤdtet; noch heute erst fiel der Oberst Schlegel, derfelbe, der mit Wysozki zusammen die Revolution begann, durch die Hand des Major Dziewizki, der dabei ebenfalls leicht ver⸗ wundet wurde; der Anderen nicht zu gedenken, denn die Liste wuͤrde zu lang werden. Die Veranlassungen zu diesen Duellen sind meistentheils eher laͤcherlich und kieinlich, als dazu geeignet, eine blutige Rache zu erheischen. Die in Lunel befindlichen Polen erleiden viel Ungemach; ich will nur eines Falles erwaͤhnen, der als Beweis von dem Haß der. Einwohner gegen sie dienen kann; im Monat Mai wollten sie den Jahrestag der Schlacht bei Ostrolenka feiern und hatten sich in einer Kirche versam⸗ melt, um ihren an jenem Tage gebliebenen Kämeraden ein Todten⸗ opfer zu bringen; aber ihre Fahne, die sie neben dem Katafalk aufgepflanzt hatten, wurde von dem Volk angegriffen; sie ver⸗ theidigten sich zwar tuͤchtig gegen diese Gewaltthaͤtigkeit, indeß bedurfte es der der bewaffneten Macht, um die Nuhe wiederherzustellen, und der Geistlkche ließ die Kirche schließen.““

Wilna, 16. Juli; Am 13tenz d. ward hier das hohe Ge⸗ burtsfest Ihrer Majestaͤt der Kaiserin durch Gottesdienst in saͤmmtlichen Kirchen feierlich begangen. Die hoͤheren Militair⸗ und Civil⸗Beamten brachten bei cdieser Gelegenheit dem hiesigen Militair⸗Gouverneur, Fuͤrstent Dokgorukoff, ihre Gluͤckwaͤnsche dar. Abends war die Stadt glaͤnzend grleuchtet.

3 1 0 Pole⸗n. 9 8 Warschau, 22. Juli. Se. Kaiserl. Koͤnigl. Majestaͤt ha⸗ ben dem Doktor der Rechte, Professor an der hiesigen Universi⸗

taͤt und evangelischen Konsistorialrath im Koͤnigreich Polen,

ö Engelke, den St. Stanislaus⸗Orden Lter Klasse verliehen.

In diesen Tagen langten der General⸗Adjutant Sr. Maje⸗ staͤt des Kaisers, Graf Vincenz Krasinski, der Kastellan Franz Nakwaski, der Bischof Gutkowski und die Grafen Lubienski, Johann Rostworowski und Anton Zaluski hier an.

Der Staatsrath Suminski, Mitglied der Regierungs⸗Kom⸗ mission fuͤr das Innere, die geistlichen und Unterrichts⸗Angele⸗ genheiten, hat sich in die Baͤder des Auslandes begeben; in seiner Abwesenheit werden der Staatsrath Karski in der ge⸗ nannten Kommission und der Kollegienrath Butzoff in der Ge⸗ neral⸗Post⸗Direction seine Stelle vertreten.

Der Warschauer Zeitung zufolge, ist der zwischen dem Koͤnigreiche Polen und der freien Stadt Krakau abgeschlossene Handelsvertrag bis zum letzten Mai 1833 verlaͤngert worden.

Die Unterstuͤtzungs⸗Kommission fuͤr huͤlfsbeduͤrftige Militairs der ehemaligen Polnischen Armee bringt eine 25ste und 26ste Liste von 12 Personen zur oͤffentlichen Kenntniß, denen zusam⸗ men eine jaͤhrliche Pension von 9760 Fl. bewilligt worden ist.

Der Termin fuͤr die Sitzungen des Comité's, welches die Unterstuͤtzungs⸗Gesuche der durch den Krieg beeintraͤchtigten Israeliten pruͤfen soll, wird, auf Verordnung der Regierungs⸗ Kommission fuͤr das Innere, bis zum letzten August d. J. verlaͤngert. 2

Eine der beruͤhmtesten Polnischen Tuchfabriken, die der Herren Wermen, Lembke und Rethien zu Sieradz, ist vor eini⸗ gen Tagen ein Raub der Flammen geworden.

Auf den letzten Warschauer Maͤrkten zahlte man fuͤr den Korzez Roggen 18 19 Fl., Weizen 24 30 Fl., Gerste 13 17 Fl. und Hafer 8—15 Fl.— 116“”“]

Frankreich. 8

Paris, 19. Juli. Der Koͤnig kam gestern Mittag zur Stadt. Um 3 Uhr hielten Se. Majestaͤt 1n2g anderthalbstaün⸗ vigen Minister⸗Rath und kehrten demnaͤchst nach Saint⸗Cloud zuruͤck.

Der Contre⸗Admiral Ducrest⸗de⸗Villeneuve ist durch eine telegraphische Depesche aus Toulon hierher berufen worden, um, wie es heißt, ein Kommando zur See zu erhalten.

Der Moniteur sucht den der Regierung von den Oppo⸗

sitions⸗Blaͤttern gemachten Vorwurf, daß sie durch ihre Nach⸗

laͤssigkeit die Zunahme der Cholera verschuldet habe, von ihr ab⸗

zuwaͤlzen, indem er entgegnet, die Behoͤrde habe aufs neue das

Reserve⸗Lazareth oͤffnen lassen, wo 500 Krankenbetten vorraͤthig 1ö“ ö116“*“]

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kennen lernt.“

staͤnden, deren Zahl in 24 Stunden auf das Doppelte vermehrt werden koͤnne. In den gewoͤhnlichen Kranken⸗Anstalten von. Paris seyen 2700 Betten fuͤr Cholera⸗Kranke eingerichtet, wovon bis jetzt aber erst 500 besetzt waͤren. Die Huͤlfs⸗Bureau's, die. nach der Abnahme der Krankheit geschlossen worden, werde man in denjenigen Bezirken, wo es noͤthig befunden werde, wieder oͤfnen; auch seyen die Maires angewiesen, Unterstuͤtzungen und Medikamente unter die Armen zu vertheilen. Die bei der hiesigen Stadtkasse eingegangenen Beitraͤge zur Unterstuͤtzung der Cholerakranken betrugen gestern 696,781 Fr. Da uͤbrigens die Hitze seit gestern bedeutend abgenommen hat, indem das Ther⸗ mometer am Abend nur noch 15 auch die Zahl der Erkrankungen sich vermindern werde. Der Moniteur enthaͤlt ein Verzeichniß von mehreren hundert Aerz⸗ ten, jungen Medizinern und Gesundheits⸗Beamten, die allmaͤlig von hier nach den Provinzen abgegangen sind, um die dortigen Cholerakranken zu behanden 1 Aus Nantes wird vom 16ten d. M. geschrieben: „Viele von den entflohenen Militairpflichtigen haben sich, der Aufforde⸗ rung der Behoͤrde gemaͤß, schon gestellt und sind dem 32sten Linien⸗Regimente einverleibt worden. Der Koͤnigl. Gerichtshof von Rennes hat in Folge der Entscheidung des Cassationshofes bestimmt, daß die Koͤnigl. Prokuratoren und die Instructions⸗ Richter die Untersuchung uͤber alle auf den Aufstand im Westen bezuͤgliche Prozeßsachen uͤbernehmen sollen. Die Bericht erstat⸗ tenden Capitains der Kriegsgerichte haben daher saͤmmtliche von ihnen instruirte Sachen dem hiesigen Koͤnigl. Prokurator uͤber⸗ sandt, der dieselben unter seine Kollegen in den uͤbrigen westli⸗ chen Departements vertheilen wird. Alle Sachen, welche Ange⸗ klagte aus dem Bezirke von Nantes betreffen, werden in fuͤnf

Kategorieen und also in fuͤnf besondere Prozesse getheilt. Die

erste Kategorie umfaßt diejenigen, welche als Austifter und Organi⸗ firer des Buͤrgerkrieges angeklagt sind, wie den Marschall Bourmont und dessen Sohn, Herrn von Coislin und Sohn, den General Clouet, die Bruͤder Laubépin, den Redacteur des hiesigen Ami de (Ordre, Herrn Merson u. w. Aus Angers meldet man, daß die dortigen nicht verhafteten Haͤupter der Kar⸗ listischen Partei sich aus dem Departement der Maine und Loire entfernen; doch werden noch immer die Intriguen fortgesetzt und Versuche gemacht, die Rekruten anzuwerben, wo⸗ bei man Geruͤchte von neuen Unruhen verbreitet, die spaͤkestens zu Ende dieses Monats ausbrechen wuͤrden. Durch diese Mit⸗ tel hat man noch einige kleine Banden von Chouans unter den Waffen erhalten, die zwar nicht gefaͤhrlich sind, deren, baldige Zerstreuung aber dennoch von Wichtigkeit ist.“

Den neuesten Nachrichten aus dem Westen ufolge, befand sich Hr. Berryer zu Nantes noch immer in gefäͤnglicher Haft; doch glaubte man, daß er in wenigen Tagen seine Freiheit wie⸗ dererlangen wuͤrde. Mittlerweile theilt die Gazette de France, um ihren Lesern zu beweisen, daß sie mit jenem Deputirten kei⸗ nesweges zerfallen sey, wie man solches aus den Angriffen der QAuotidienne auf sie vielleicht schließen moͤchte, den Auszug eines unterm 14ten d. M. von Hrn. Berryer an die Gazette gerich⸗ teten Schreibens mit, worin derselbe „dem festen, klugen und muthigen Benehmen dieser Zeitung seine Bewunderung zollt und die Meinung ausspricht, daß nur auf diesem Wege die be⸗ gangenen Fehler wieder gut gemacht werden koͤnnten.“ Hier⸗ nach wuͤrde Hr. Bervyer sich von der Quotidienne losgesagt haben.

Aus Gap (im Depart. der Ober⸗Alpen) schreibt man vom 8ten d.: „Die Geistlichkeit unsers Departements hat einen neuen

Beweis ihrer Voeliebe fuͤr die vorige Fonah ie gegeben; ein von dem hiesigen Bischof bei dem Gymnasium von Ambrun ahge⸗ stellter junger Priester hat seinen Zoͤglingen folgendes stilistisches Thema aufgegeben: „Abdankung des Koͤnig Ludwig Philipp zu Gunsten Heinrichs V. nebst einer Rede des abdankenden Koͤnigs.“ Mehrere Zoͤglinge weigerten sich, ein den politischen Grundsaͤtzen ihrer Familien so widersprechendes Thema auszuarbeiten, und ver⸗ ließen die Anstalt. Die staͤdtische Behoͤrde hat es fuͤr ihre Pflicht gehalten, einzuschreiten.“

In dem bei Agen gelegenen Schlosse des Marquis v. Dam⸗ pierre, ehemaligen Pairs, ist eine Haussuchung gehalten wor⸗ den, die indessen zu keinem Resultate gefuͤhrt hat. Sb Courxier frangais fordert die ministerielle Partei in der Wahl⸗Kammer auf, nach dem Beispiele der Mitglieder der Opposition, ihren Kommittenten ebenfalls von ihrem parla⸗ mentarischen Verhalten Rechenschaft abzulegen. „Die Nichtbe⸗ folgung dieser Sitte“, aͤußert das gedachte Blatt, „ist eine wahre Luͤcke in unseren politischen Gebraͤuchen; gleichwohl scheint die Narur des Deputirten⸗Mandats, so wie das Beduͤrfniß, den Wahl⸗Koͤrper aufzuklaͤren und ihn in den Stand zu setzen, sich ein Urtheil uͤber die Art und Weise, wie sein Vertrauen gerecht⸗ fertigt worden, zu bilden, es jedem Revpraͤsentanten zur Pflicht zu machen, dem Lande alljaͤhrlich eine Uebersicht von dem, waͤs er zur Foͤrderung der oͤffentlichen Angelegenheiten gethan hat, zu geben. Aus diesem Gesichtspunkte betrachtet, ist der von etwa 140 Deputirten unterzeichnete Bericht der Opposition ein reeller Fortschritt in unserer parlamentarischen Laufbahn. Mehr als 300 Deputirte sind aber stumm geblieben, und zwar sind dies gerade diejenigen Mitglieder der Kammer, die am ehesten

aͤtten sprechen sollen, weil sie die Majoritaͤt bilden und ihre

ota mithin den meisten Einfluß auf die aus der letzten Ses⸗ sion hervorgegangenen Gesetze gehabt haben. Unserer Meinung nach, sollten die Waͤhler es ihren Mandataren zur Bedingung machen, ihnen einen jaͤhrlichen Bericht uͤber ihre Wirksamkeit abzustatten; das allgemeine Beste koͤnnte dabei nur gewinnen. Durch den unlaͤngst von der Gesellschaft: „Hilf Dir, so wird der Himmel Dir helfen!“ hernusgegebenen Bericht ist mittler⸗ weile das Stillschweigen der Deputirten ersetzt worden; derselbe enthaͤlt die von jedem Mitgliede der Kammer gehaltenen Vor⸗ traͤge und abgegebenen Vota und ist einerseits fuͤr den Wahl⸗ koͤrper, der darin die noͤthigen Elemente zu einem billigen Ur⸗ theile uͤber seine Bevollmaͤchtigten findet, andererseits fuͤr das Land bestimmt, das durch ihn den Werth seiner Gesetzgeber

8—

1u1e“

Grad zeigte, so hofft man, daßs