Dom⸗Kreuzganges wird von Manchen in diese Zeit gesetzt. Erzbischof
Johann I. (1190 — 1212) ließ im Innern des Doms manche Veraͤn⸗
derung und Verschoͤnerung anbringen, bei welcher Gelegenheit der
h. Rock wieder aufgefunden wurde. Die Sakristei und mehrere Ka⸗
pellen im Kreuzgange gehoͤren dem 15ten Jahrhundert an. Karl
Kasvar verschdnerte den St. Nikolaus⸗Chor, und Erzbischof Johann
Hugo ließ die dem Dom angehaͤngte Schatz⸗Kammer erbauen. Weit bedeutender waren aber die Veranderungen, welche der Erzbischof
Franz Ludwig unternahm. Der Dom hatte bei dem am 117. August
1717 durch einen Blitz herbeigefuͤhrten großen Brande bedeutend gelitten und war seines bleiernen Daches beraubt, worden. Der Dom erhielt wieder ein neues Dachwerk, mit den Bildsaͤulen der Bischoͤfe Eucharius, Valerius und Maternus und der Kaiserin Helena
“ geziert; der Fußboden, welcher sonst so tief lag, daß man beim Ein rArritte in den Dom mehrere Stufen hinabsteigen mußte, wurde er⸗ 8 hoͤht, und namentlich der Chor erhielt statt des Estrichs, womit er bis dahin bedeckt gewesen, gute Steinplatten; die Fenster wurden durchgehends vergroͤßert, um das Innere des Doms mehr zu erhellen, und vor dem Chore wurden die Gewoͤlbe der beiden Seitenschiffe durchbrochen und erhoͤht, wodurch der Dom eine Kreuzform erhielt; die beiden Helenen⸗Thuͤrme wurden abgelegt und neu aufgebaut. Am 16. September 1723 wurde die Wiederherstellung des Doms sehr festlich gefeiert, und der bekannte Weihbischof Johann Mathias v. Eyß weihte an diesem Tage den hohen Altar zu Ehren der Apo⸗
“
stel Peter und Paul ein. Der Dom hatte auch in der neueren Zeit noch andere widrige
Schicksale, und wenn sie auch nicht so zerstdrend auf denselben wirk⸗ ten, wie einige der fruͤheren, so trugen sie doch viel dazu bei, daß er im Innern beschaͤdigt und beraubt wurde. Als der Franzzsische Marschall Crequi am 11. August 1675 die Schlacht bei Conz gegen die Verbuͤndeten verloren hatte, fluͤchtete er sich heimlich in die von den Franzosen besetzte und befestigte Stadt Trier. Die Sieger kehr⸗ ten jetzt ihre Waffen gegen diese Stadt. Crequi leistete aber bekannt⸗ lich einen verzweifelten Widerstand, und da ihm die Außenwerke der Stadt nicht Schutz genug mehr darboten, so suchte er innerhalb derselben Befestigungen anzulegen. Anfanglich wollte er einen festen Punkt an der Moselbruͤcke, in der seither sogenannten Schanze, bil⸗ den. Dann aber gab er diesen Gedanken auf und waͤhlte die Domkirche und ihre Umgebungen. Die nahe liegenden Haͤuser der Domherren wurden niedergerissen oder befestigt. Ringsum wurde ein breiter tiefer Graben aufgeworfen, den man mit Pallisaden umgab. Kanonen waren auenthalben aufgepflanzt. Der Dom nahm die Schätze der Franzosen auf, und Menschen und Pferde hatten darin ihr Lager. Selbst am hohen Altare stand ein Pferd angebunden, das auf demselben gefuͤttert wuürde. Alle Oeffnun en wurden, bis auf zwei, vermauert; die eine war an der Ostscite, die aandere aber nach dem Markte hin. Dies rettete den Marschall in⸗ dessen nicht; denn bald (am 6. September) verließen einige aufruͤh⸗ rerische Franzosen, welche fuͤr sich, gegen des Marschalls Willen, mit dem Feinde kapitulirt hatten, durch eine Bresche die Stadt, und der Feind drang nun ein. Der Dom wurde ausgegpluͤndert, aber nicht nur das Eigenthum der ⸗Franzosen, sondern auch die ver⸗ borgen gewesenen kirchlichen Gefaͤße wurden der Beute einverleibt.*)
Ein haͤrteres Schicksal traf den Dom, als die Franzosen im Jahre 1704 die Stadt Trier besetzten. Die Domherren waren ge⸗
uͤchtet, und der. Dom, von den Republikanern zu einem Fourage⸗ Magazin benutzt, mußte manches Mißgeschick ert agen, wie wir bei den einzelnen Denkmaͤlern zu bemerken noch oft Gelegenheit haben werden. Wie man damals uͤberhaupt mit den Gegenstaͤnden der Kunst umging, daruͤber darf man nur den sehr geschaͤtzten Trierer, Sandergd Muͤller Lin seinem Vortrage uͤber die Mißhandlung der Alterthuͤmer, Kunstwerke und wissenschaftlicher Gegenstaͤnde; Trier 1808, S. 23), befragen, der die Schuld nicht en den Franzosen, als den, Trierern selbst beimißt.
Es thut Einem wehe, wenn man in unseren Tagen noch solche Erscheinungen sehen muß. Wie sehr sie auch dem nun heimgegan⸗ genen Muͤller das Herz ergriffen haben, sieht man aus dem gan⸗ zen Aufsatze, in welchem der seiner Brust Luft zu machen suͤcht. Wenn ich jedoch einer mir als aͤußerst zuverlaͤssig mitgetheilten Nachricht Glauben beimessen darf, so trifft der obige harte Vorwurf nicht vieke Triever; denn es war hauptsaͤchlich nur Einer, der jene Bilderverstuͤmmlungen ausfuͤhrte. Indessen wird auch hinzugesetzt, daß er von heimlichen vornehmen Schurken fuͤr jede seiner zerstoͤren⸗ den Heldenthaten aus einem geistlichen Keller eine Portion Wein erhalten habe. Manche Mißhandlung der Denkmaͤler und Bild⸗ saͤulen ruͤhrt auch von den Franzosen selbst her.
Einige Denkmaͤler und Merkwuͤrdigkeiten im Innern des Doms.
Bei dem Eintritte in den Dom stellen sich dem Auge zuerst ein mißgestaltetes Christusbild und ein beraͤuchertes Gemaͤlde, die sogenannten vierzehn Rotyhelfer vorstellend, sehr unangenehm dar.
Tritt man jedoch einige Schritte vorwaͤrts, so oͤffnet 6 J
ich das In⸗ nere des Doms dem neugierigen Blicke, der, nachdem er aus den weiten Raͤumen zuruͤckgekehrt, sich nun nach einzelnen Gegenstaͤnden hinwendet, und fallt dann zuerst auf das in der Naͤhe stehende Mo⸗ nument des Erzbischofs Johann Hugo, womit ich die Beschreibung der Denkmaler und Merkwuͤrdigkeiten im Innern des Doms be⸗
ginnen will. 1. Der Altat der h. drei Könige.
Diesen, wie den gegenuͤber stehenden h. Kreuz⸗Altar, ließ der Erzbischof Johann Husgd bei seinen Lebzeiten errichten. Der Weih⸗ bischof Joh. Mathias v. Eyß weihete diese Altaͤre am 24. April 1726 feierlich ein. Dieser marmorne Altar wurde, wie der Herr Direktor Wyttenbach bemerkt, **) zu Rom verfertigt und von da zur See uͤber Holland hierhin gebracht. Diese Angabe gilt, meines Dafuͤr⸗ haltens nur von dem weißen Altarblatte. Dieses brav gearbeitete marmorne Altarblatt, die Anbetung der h. drei Koͤnige vorstellend, ist wohl das vorzuͤglichste Stuͤck von Bildhauerarbeit, so der Dom aufzuweisen hat. Man kann es daher auch nur sehr bedauern, daß frevelnde Haͤnde dieses schone Bild verstuͤmmelten. In der neue⸗ sten Zeit hat man die beschaͤdigten Theile einigermaßen wieder her⸗ stellen lassen. Oer Meister ist nicht bekannt. Auf dem Altare be⸗
findet sich folgende einfache Inschrift: 10ANNELS HUG Dei gratia Archiepiscopus Trevirenzis, Princeps Elector.
Vor dem Altare ruht der edle Johann Huge. Er stammte aus der Familie von Orsbeck zu Vernich, und wurde am 13. Januar 1634 geboren. Von muͤtterlicher Seite war er ein Neffe des ver⸗
storbenen Erzbischofs Karl Kaspar von der Leyen. Im Jahre 1675 wurde er Bischof von Speyer, und bestieg am 23. Juli 1676, nach dem er schon vier Jahre Koadjntor seines Oheims gewesen, den aeͤrz bischoͤflichen Stuhl von Trier. Gutmuͤthig, gebildet und Deutsch gelinnt, war er wuͤrdig, der Nachfolger seines großen Vorgaͤngers zu seyn. Unter ihm kamen durch die Franzosen harte Schicksale uͤber das Trierische Erzstift, weil er, treu dem Deutschen Reiche, nicht durch unzeitige Nachgiebigkeit den fremden Einfluß verstaͤrken wolite. Der stuͤ mischen Zeit ungeachtet, ließ er aus eigenen Mit teln herrliche Gebaͤude auffuͤhren, und wenn der Drang der Um⸗ stände ihn auch verhinderte, die Wissenschaften so zu foͤrdern, wie er es selbst wuͤnschte, so leistete er dennoch durch zweckmaͤßige An⸗ ordnungen, besonders in kirchlicher Hinsicht, recht Ersprießliches.
Er half uͤberhaupt, so viel er konnte, allein die Last, welche ihn und
das Volk druͤckte, ließ als Frucht der bestgemeinten Bemuͤhungen
nur eine Ertraͤglichkeit nicht aber Wohlseyn hervorgehen. In vihi⸗ gen Zeiten wuͤrde unter des Fuͤrsten Vaterhand Gluͤck und Wohl⸗ fahrt des Volkes aufgebluͤht seyn, und deshalb bleibt sein Andenken uns hoͤchst verchrungswuͤrdig. Er starb am 6. Januar 1711. Wenn man von Johann Hugo's Monumente weiter fortgeht, so gewahrt man rechts an der Wand einen alten, nun aber vermauerten Ausgang, welcher durch das sogenannte Paradieschen in die Kirche U.
*) Prodrom. Histor. Trev. tom. II. pag. 905.
Wyttenbachs Versuch ei 2. V“ chs Versuch einer Ge
L. F. fuͤhrte. Die uͤber der Thuͤre angebrachten Figuren von hohem Alterthume. 8 2. Der Allerheiligen⸗Altar.
An der dritten Saͤule ist der Allerheiligen⸗Altar vom Erzbischofe Lothar v. Metternich errichtet worden. Er besteht aus feinem Sand⸗ steine und ist ein Werk des Bildhauers Ruprecht Hoffmann, welcher dasselbe im Jahre 1614 vollendete. Der Altar hat einige gute Bas⸗ reliefs, allein auch diese sind nicht ohne bedeutende Vertetzungen davon gekommen. — Der Erzböischof knicet im Ornate auf einem kleinen Vorsprunge. Die Platte, welche eine Inschrift erhalten sollte, ist noch frei. Brower theilt indeß eine Inschrift mit, und ich vermuthe, daß diese sich auf einer ehernen Tafel befand, die ent⸗ wendet und dann durch eine Schieferplatte ersetzt wurde. Vor die⸗ sem Altare hat der Erzbischof seine Ruhestäͤtte, welche er sich eben⸗ falls im Jahre 1614 hatte bereiten lassen. Bei dieser Gelegenheit wurde, wie schon oben bemerkt worden, der vor dem Pome liegende Truͤmmer eines Saͤulenschafts zu Tage gefordert.
Lothar von Metternich wurde im Jahre 1548 geboren und folgte dem Erzbischofe Johann von Schoͤnberg, unter welchem er schon thaͤtig in der Verwaltung des Erzstifts gearbeitet hatte, am 7ten Juni 1599 auf dem erzböbischoͤflichen Stuhle nach. Er verschoͤnerte den Dom und ließ die große Glocke dessel⸗ ben, welche sein Vorgaͤnger Richard von Greiffenklaw hatte gießen lassen, aufhaͤngen. Im Jahre 1614 begann er den Bau des Pa⸗ lastes, aber er erlebte nicht mehr dessen Vollendung, denn er starb am 7. Sept. 1623.
3. Denkstein des Erzbischofs Heinrich von Vinstingen
Das eigentliche Denemal dieses Erzbischofs, wie auch der von ihm gestiftete St. Erasmus⸗Altar, ist untergegangen. Nur ein uͤber⸗ tuͤnchter Stein, welcher sich in der Wand, fast dem Allerheiligen⸗ Altare gegenuͤber, befindet, erinnert noch an ihn. Die Insch ift darauf lautet wie folgt:
1)c Pinstinga Presul fuit hic oriundus
Morihus et vito mülli sfuit orbe secunduas.
Nobilis Henrieuas Treberis tibi fidus amieus: .
Cura tuis morbis. hunor et pax urhis el orbis
Rector erat magnis, devotis exstitit agnus.
His pia vola dabat; tumidos tibi suppeditabat.
Ipse tibi caulas multas construaxit et aulas,
Te bene dotavit, tibi fortia castra paravit.
Nunc Previr plora. Dominum cum Hletibus ora,
Quod sibi solamen prestet Christus Deus. Amen.
Hie obiit sevto kal Maji anno Domini MCCLXXXVI
Cujus anima requiescat in pave. 8
Heinrich von Vinstingen (venétranze in Deutsch-Lothringen) war Oechant des Domkapitels zu Metz und gelangte auf eine etwas sonderbare Weise zum erzbischoͤflichen Stuhle von Trier. Der Erz⸗ bischof Arnold von Isenburg war am 5. Nov. 1259 gestorben. Das Domkapitel schritt bald darsuf zur Wahl eines neuen Erzbischofs; allein es bildeten sich Parteien, von denen die eine den Archidia⸗ kon Arnold von Schleiden und die andere den Archidiakon Hein⸗ rich von Bolanden waͤhlte. Da nun keiner von beiden zu Gunsten des anderen zuruͤcktreten wollte, so wandte man sich an den Papft. Vier Monate spaͤter als die Praͤtendenten kam auch Heinrich von Vinstingen nach Rom, um die Angelegenheiten des neugewaͤhlten Bischofs Walter von Straßburg zu betreiben. Er hoͤrte von den Bewerbungen der beiden Trierer, und bald entstand in ihm der⸗ Wunsch, aus den sich ihnen entgegenstellenden Schwierigkeiten fuͤr sich selber Vortheil zu ziehen. Zu dem Ende machte er mit beiden die genaueste Bekanntschaft, schlich sich in ihr Vertrauen, entlockte
zeugen
4
“
ihnen manches Geheimniß, erwarb sich Freunde unter den Kardinaͤ⸗
len und trug nun der Curie Alles vor, was den Trierschen Gewaͤhlten nur immer schaͤdlich seyn konnte. Durch diese Kunstgriffe und andere viel⸗ geltende Mittel brachte er es dahin, daß die Wahlen der beiden Parteien des Trierschen Domkapitels durch Vermittelung der gewonnenen Kar⸗ dinaͤle vom Papste Alexander 1V. vernichtet wurden. Damit jedoch der Zustand der Trierschen Kirche durch eine laͤngere Verwaisung nicht schlimmer werde, wuͤnschte der Papst die baldige Besetzung des erzbischoͤflichen Stuhls. Fetzt war es Zeit fuͤr Heinrich von Vinstingen. Im erkauften Besitze der Gewogenheit des Kardinal⸗ Kollegiums war er der geeigneteste Kandidat, uͤnd der Papst weihete ihn wirklich am 13. November 1260 zum Erzbischofe von Trier. Das Pallium wurde ihm aber jetzt noch nicht ertzeilt. Der Archidiakon Arnold von Schleiden, nicht eingeweiht in die Intrigue, schrieb die Ursache, warum er in Rom durchgefallen, dem Abte Theodorich von St. Matthias, welcher den Heinrich von Bolanden begleitet hatte, auf Rechnung und er sehnte sich nach Rache. Sich selbst zu schwach fuͤhlend, dieselbe zu befriedigen, suchte er den neuen Erzbischof mit ins Spiel zu ziehen. Er setzte naͤmlich diesem in den Kopf, daß der Abt Theodorich dem Vinstin⸗ gischen Geschlechte uͤberhaupt, dem Erzbischofe aber insbesondere sehr abhold sey, weshalb es zweckdienlich seyn duͤrfte, ihn aozusetzen und aus der Abtei zu entfernen. Heinrich maß der Sache Glauben bei und begann im Jahre 1262 seine Angriffe auf die Abtei St Matthias, inem er mit seinen Soldaten Krettnach und Nennich feindlich uͤberfiel. D'ie Moͤnche suchten Schutz und Huͤlfe bei dem Domkapitel, und als der Eczbischof die erhaltenen Ermahnungen unbeachtet ließ, so wurde die Sache zu Rom anhangig gemacht, iwo man schwere Anklagebunkte gegen ihn vorbrachte. Der Pavft Ur⸗ ban IV. verordnete eine Untersuchung. Der Erzbischof ließ sich aber dadurch in seinen Schritten gegen die Abtet so wenig auf halten, daß er jetzt nachdruͤcklicher, als je, die Entfernung des Abts Theodorich zu bewirken suchte. Ihm wurde nun die Auszuͤbung der erzbischoͤflichen Functionen untersagt. Dadurch wurde er aber nicht gebeugt, sondern nur heftiger gereizt. Der Abt Theodorich, der unsaͤglichen Verfolgungen und Reckereien muͤde, zog sich nach Lothringen zuruͤck. Der Erzbischof suchte nun den Moͤn⸗ chen einen neuen Praͤlaten aufzudringen. Diese wiesen den⸗ selben aber zuruͤck und appellirten nach Rom. Nichtsdesto⸗ weniger wurde Wilhelm von Meisburg, ein unruhiger und ausgelassener Moͤnch von St. Maximin, als Abt bestellt. Da die Moͤnche von St. Matthias kein Ende der Bedruͤckungen sahen, und auch von dem neuen Vorsteher uͤberfallen wurden, damit sie bei ei⸗ ner heimlichen Auswaͤnderung die Schaͤtze des Klosters nicht mit⸗ nehmen koͤnnten, so wanderten sie mit den Reliquien des Apostel; Matthias in die Stadt. Der Papst erhob sich nochmals gegen den Erzbischof Heinrich, allein dieeer trieb sein bitteres Gespoͤtte, als ihm die Paͤpstlichen Briefe, welche er fuͤr unterschoben erklaͤrte, im Konvente der Dominikaner vorgelesen wurden. Er setzte hierauf den neuen Abt zu St. Matthias foͤrmlich ein und des Klosters Ruin war damit entschieden. nen Moͤnchen das Kloster wieder eingeraͤumt und daß der neue Abt zu St. Maͤrximin in sorgfaͤltigem Verwahr eingesperrt werden solle. Auch gegen Heinrich wurde mit mehr Strenge verfahren. Am Ende kam es zu den Wassen, die aber dem Erzbischofe nicht guͤnstig wa⸗ ren. Dieser sah nun wohl ein, daß sein offenbarer Trotz das Un heil nur aͤrger machen koͤnne, und suchte einzulenken, jedoch mehr in der Absicht, Zeit zu gewinnen, als das angerichtete Uebel wieder gut zu machen. Er entsetzte den aufgedrungenen Abt und wies ihn und seine Anhaͤnger aus dem Kloster, in welches hierauf die ver⸗
triebenen Moͤnche, mit denen eine scheinbare Aussoͤhnung zu Stande
gekommen war, ungesaͤumt zuruͤckkehrten. Jetzt galt es nur noch, sich mit dem Roͤmischen Stuhle wieder in ein gutes Einverstaͤndniß zu setzen. Um auch dieses zu bewirken, entschloß er sich zu einer Reise nach Rom, wozu ihn die Kardinaͤle, welche noch immer auf seiner Seite waren, sehr ermuthigten. In Rom angekommen, be⸗ gann der Prozeß gegen ihn. Da aber die Vorakten verloren ge⸗ gangen, so wollte der Papst sich diese durch den Abt von St. Mat⸗ thias uͤberschicken lassen. Dieser unternahm, um die Akten⸗Samm⸗ lung recht vollstaͤndig zu machen, eine Reise an den Rhein; allein die Bruͤder Heinrich und Thiethard von Pfaffendorf, Triersche Amt⸗ leute, fingen ihn auf und schlossen ihn in die Burg Thuron ein In Rom entstand der Verdacht, daß der Erzbischof die Gefangen⸗ nehmung des Abtes veranlaßt habe. Vom Papste daruͤber zur Rede
*⁷) Versuch einer Geschichte von Trier. ötes Pandchen. Seite 20
gestellt, gab er sich den Anschein, als wenn er von dieser Sache
bestieg, seinen unbeugsamen, trotzigen⸗Sinn, sein unedles Verfaßeh
* Musik von Kauer.
Urban befahl aufs Neue, daß den entstohe⸗?
durchaus nichts wisse. Die schleunigste Befreiung des Abtes warz ihm indeß zur strengsten Pflicht gemacht. Er versprach's, that aber! nichts. Der getaͤuschte Papst erklaͤrte ihm nun, daß er ihn nie wie⸗ der nach Trier zuruͤckkehren lassen werde, wenn der Abt Theodorich und seine Genossen nicht in Freiheit gesetzt wuͤrden. Heinrich wurde hier. auf foͤrmlich suspendirt und in engeren Verwahr gebracht, dann vor Ge⸗ richt gestellt und seines Amtes entsetzt. Der Roͤmer Bernard von Castine wurde Verwalter der Dideese Trier. Der bald erfolgende Tod des Parstg fuͤhrte fuͤr den Erzbischof Heinrich eine guͤnstige Wendung der Ding, herbei. Er benutzte die Wahlstreitigkeiten zu seiner Flucht. Datn indeß sich nicht getraute, geradezu nach Trier zu gehen, so kehrteg er auf dem Schlosse Vinstingen ein, und bewickte von hier Theode⸗ richs Freiheit. Mit diesem kam eine neue Suͤhne zu Stande, de aber nur dann Guͤltigkeir haben sollte, wenn die Noͤmische Kune sie bestaͤtigen wuͤrde. Heinrich begab sich deshalb im Jahre 12† wieder nach Rom, und hier entschieden die von beiden Seiten ge⸗ waͤhlten Schiedsrichter, daß er dem Abte 1000 Pfund Triecischer Waͤhrung als Entschaͤdigung bezahlen solle. Er kam hierauf bei den Papste wieder zu Gnaden und zwischen ihm und dem Abte Theode⸗ rich entwickelte sich die innigste Freundschaft. Jetzt hatte Heäntsc die lange verschcuchte Ruhe wieder errungen, sein Sinn war gehr⸗ chen, und friedlich und aussoöhnend war das Streben seines umg uͤbrigen Lebens. In der letzten Zeit war er außerordentlich m dem Podagra behaftet, und wurde zuletzt so fromm, daß er m Wallfahrt nach Italien zu den Reliquien des h. Jodokus unternasz Er erkrankte aber auf dem Wege und starb zu Bologna am. April 1286. Der Archidiakon Werner, welcher ihn auf dieser; begleitet hatte, ließ den Leichnam nach Trier bringen, wo cer Dome ein feierliches Begraͤbniß erhielt. Betrachtet man nun in dieser Geschichte die Art und Vah wie Heinrich von Vinstingen den erzbischoͤflichen Stuhl von T
Amtliche Nachricht Freoönik ages.
Se. Majestaͤt der Koͤnig haben dem Kammerherrn und Le⸗ nlions⸗Secretair, Grafen von Redern, den St. Johanniter⸗ veden zu verleihen geruht.
—, ——qq;
2 ev. 0 S5
Der Justiz⸗Kommissarius Taubenspeck in Neu⸗Ruppin t zum Justiz⸗Kommissarius fuͤr die West⸗Priegnitz, mit An⸗ beisung seines Wohnsitzes in Havelberg, bestellt worden.
L 1
gegen die Abtei St. Matthias, die Entwuͤrdigung seines hohen 4 Eingetretener Hindernisse wegen kann die Koͤnigl. P fauen⸗
tes, so sieht man, daß die Inschrift des Denksteins selbst dann meüblhnsel am Donnerstag den 30sten d. M- vom Publikum
uͤbertrieben erscheinen muß, wenn man auch geneigt ist, sich mit allhlicht besucht werden, welches hierdurch zur oͤffentlichen
Erzbischofe wegen seines Benehmens in seinen letzten Lebenstweenamiß gebracht wird.
auszusoͤhnen. verlin, den 26. August 1830.
“ 5 bes Koͤnigl. Hof⸗Marschall⸗Amt. Meteorologische Beobachtung. 1
Morgens Nachmitt. Abends Nach einmaliaee
6 ÜUhr. 2 Uhr. V 10 Uhr. Beobachtung
“
Angekommen: Se. Excellenz der Geheime Staats⸗Mini⸗ ir, Freiherr Wilhelm von Humboldt, von Magdeburg. *Der Kaiserl. Russische General⸗Major und Chef der Inge⸗ jeur⸗Haupt⸗Schule, Freiherr von Elsner, von Eger.
25. August.
337,30 Par.] Quellwärme 8,2 %
10,3 °R. [Flußwärme 16,2 %
7,2° R. Bodenwärme 12,7%
86 pCt. 43 pCt. 78 pCt. Ausdünstunc 1008 heiter. heiter. heiter. Niederschlag 0.
W. W. O. Abends sternhell, gu⸗ W. WSW. wenig Thau
S. 1u“ 2; 337,8 Par. 337,9“ Tar. 9,8 ° MN. 15,42 R.
7,D N. . 6 R.
Luftdruck.. Luftwaͤrme. Thaupunkt. Dunstsaͤttg. Woeites 91IS1E
Wolkenzug.
Auswärtige Börsen. Amsterdam. 22. August. * . Nied. wirkl. Schuld 43 ½. 5 8 neue do. 83 9%. Kanz-Bill. 89
92 Anl. 96 ⅜˖ Russ. (v. 18½ ½) 97 ½¼. do (v. 1-31) 86 ¼. Oest. 59 Met 8 K “ “ ““ G 1 4* )8 8e S8 Paris, 20. Aug. Se. Majestaͤt der Koͤnig ist gestern gegen
Oest, 59% Met. 87 ½. 49 l0. 76 ½. Bank-Actien 1134. Russ. RN bend, wie angekuͤndigt wat, nach dem zwischen Dieppe und Anl. 97 ⅛. Preuss. Präm. Scheine 103 ¾. Poln. 110 ⅞. bbeville im Departement der Niederen Seine liegenden Staͤdt⸗ St. Petersburg. 18. August. . ppben Eu abgegangen. “ IIaAburg 3 Mon 9 ¼ ½. Silbec-Rubel 365 Kp. . Der Großsiegelbewahrer ist noch immer krank und seit Warschaun, 22 A liner Ruͤckkehr von Compiègne noch nicht in den Tuilerieen ge⸗
22 August. Pfandhbriefe 88. 88 ½. Part.-Obl. 342 Kuss. Assign. 181 ½. 18. gesen: Auch der Minister
Wien. 21. August 59 *Met. 87 ¼½ Part.-Ohl. 126 ½ zonk-Aetien 1143 ½. 0 ͤqeeee* “ 8 KSII9liö Montag, 27. Aug. Im Schauspielhause: Der Dovppet ger, Lustspiel in 4 Abtheiluͤngen, von F. v. Hollbein.“ Hint Der Spiegel des Tausendschoͤn, Burleske mit Gesang in 11 von C. Blum. 92 2 8
82 111 8 18 KS Montag, 27. Aug. Das Donauweibchen (zweiter Tham romantisch⸗komisches Volks⸗Maͤhechen mit Gesang in 3 Mn
bbel noch nicht wieder hergestellt.
nz mit dem interimistischen Minister der auswaͤrtigen Ange⸗ mheiten, Grafen von Argout.
Der Praͤfekt des Seine⸗Dapartements und die Maires sind gegenwaͤrtig mit den Vorarbeiten zur Entwer⸗ hg der Liste der fuͤr die mobile National⸗Garde tauglichen arger beschaͤftigt; zunaͤchst⸗sollen alle Buͤrger von 20 bis 60 Uihren gezahlt und dann die von 20 bis 33 Jahren, welche dem isetze zufolge zum Dienste in der mobilen⸗National⸗Garde ver ichtet sind, in die Liste eingetragen werden. ⸗ „Gestern verejnigtzn sich mehkere Deputirte von der Oppo⸗ stion bei Herrn Laffitte. Eine andere’ Zusammenkunft, wahr⸗ scheinlich zu döͤllig entgegengesetztem Zwecke, fand ebenfalls gestern bei dem, ehemaͤligen Praͤfekten, Grafen von Floirac, statt, wo sich die hier anwesenden angesehensten Anhaͤnger der vorigen Dy⸗ nastie einfanden. 8 t g „Die Oppositions⸗Baͤtter fuͤllen heute den groͤßten Theil ih⸗
rer Kolumnen mit Beschreibungen des festlichen Empfagges, der den Oppositions⸗Deputirten Odilon⸗Barrot, Coulmann und Koͤch⸗ lin in Straßburg am lüten d. M. zu Theil geworden ist, so wie mit den Toasts, Reden und Gegenreden, die bei dem von der Straßburger Buͤrgerschaft veranstalteten Festmahle gehalten wurden., Besonders heben die bezeichneten Blaͤtter die Roͤde des Herrn Baxrot hervor, der alle gegen die gegenwaͤrtige Ver⸗ walttung von der Opposition vorgebrachten Beschwerden rekapi⸗ kulirte, sich fuͤr die Aufhebung der Centralisation in der Ver⸗ waltung erklarte und mit einem Toast auf die Stadt Straßburg und, den Elsaß schloß. — Die Gazette de France bemerkt ber dieses Ereigniß: „Der Niederrheinische Courier koͤmmt us heute mit einem Supplemente zu, worin alle Details des ihn zur Annahme der außerordentlichen Mission nach Et APlbrlichen Empfangs des Hern Ooilon⸗Barrot in Straßburg tersburg, so wie zu seinem spaͤtern Zuruͤcktritte in das aug azalten sind. Nichts ist gegenwaͤrtig wichtiger, als dieser Vor⸗ leben bewogen haben. ]Til,
Aus Angouléme wird unterm 16ten d. M. gesömeszan Beifallrufe einer großen Stadt dargelegt worden. ⸗Diese daß die Freisprechung der in. die Unruhen des Westens uwehvation des Herrn Odilon⸗Barrot ist derjenigen aͤhnlich, die kelten Herren v. Beauregard und v. Lapinibdere durch du derskafapette im Jahre 1829 in Lyon hielt, und die das Vorspiel zu gen Gerichtshof einen heftigen Volks⸗Aufstand erregt du, der Sturmglocke der Juli⸗Revolutioön war. Die bevorstehende durch die Truppen und National⸗Garden mit Muͤhe umtend ssion der Kammern wird alles dasjenige, was in Straßburg wurde, Die beiden Freigesprochenen mußten in einer Neielegekuüͤndigt worden ist, realisiren. Die Toasts der Gaͤste und dung den Nachforschungen des aufgebrachten Volkes entechije Rede des Herrn Barrot zeigen das ganze System des kuͤnf⸗ werden. Mehrere Personen wurden verwundet. Agen Ministeriums. Man sieht, wie ohnmaͤchtig das Dupinsche
Der in Nantes erscheinende Breton meldet, der Gene Ninisterkum unter den Umstaͤnden sehn wird, die seit dem 6ten Lieutenant Graf v. Erlon habe den Befehl erhalten, die von zuni vorbereitet werden, und nichts beweist besser, wie sehr wir angenommene Maßregel, bei den Chouans, welche die Wüe nicht ausliefern oder deren milttairpflichtige Soͤhne abbe
Kecht hatten, als wir sagten, das Ministerium muͤsse, statt Pa⸗ 8186 1 ait is in den Belagerungs⸗Zustand zu versetzen, die Kaminer sofoͤrt sind, Presser einzuquartieren, zuruͤckzunehmen. „ Aus dem Fort Ham wird gemeldet, daß Herr v. Pen net sich gaͤnzlich von seinen Kollegen abgesondert habe und arbeite. 8 Von vorgestern auf gestern sind hier 28 Personen an Cholera gestorben. 1 — Heute schloß 5proc. Rente pr. compt. 99. 5. fig 1b 99. 10. 3 proc. pr. compt. 69. 30. fin cour. 69. 35. ö5proc. M pr. compt. 81. 30. sin cour. 81. 35. 5proc. Span. Rente.] Vorgestern fand die Einfuͤhrung der neugewaͤhlten Mitglie⸗ 57 ¼. 5proc. Belg. Anl. 77 ¼. 5proc. Roͤm. Anl. 80 ¹. Meer des hiesigen Handelsgerichts statt; der Praͤsident desselben, neues Anlehn Rothschild 100. 40. AUherr Aubé, gab in seinem bei dieser Gelegenheit gehaltenen Frankfurt a. M., 23. Aug. Oesterr. 5proc. Metall Täortrage eine Uebersicht von den im verflossenen Jahre von dem 87 ¼, gproc. 76 9 x 76 ¾, 28 proc. 45 ½. 1proc. 19 ¾. Br. Meribunale erledigten Geschaͤften; es erhellt daraus, daß seit dem Actien 1366. 1364. Part.⸗Obl. 125 ¼. 125 ½3 Loose zu 1 NI. August v. J. 25,250 Sachen vor das Gericht gebracht und 179 ⅞. G. Holl. 5proc. Obl. v. 1832 83 ½. Br. Pol Loose b6. son ihm entschieden worden sind; vom August 1830 bis dahin v“ l belief sich die Zahl der Prozesse bis quf 42,000; jene bedeu iende Abnahme zeigt sonach, daß die durch die Juli⸗Revolution in
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Paris, 20. Aug. Gestern war im Marine⸗Ministerir eine aus Contre-Admiraͤlen und hoͤheren Marine-Offtzieren! stehende Kommission unter dem Vorsitze des Ministers vene melt, um den Bericht uͤber ein neues Werk uͤber die Sinn und die Schiffs⸗Taktik zu vernehmen. “
Der Minister der oͤffentlichen Arbeiten hat fuͤr die vrt figen Arbeiten zur Vergroͤßerung von Grenoble die Sm von 130,000 Fr. angewiesen; da diese Arbeiten zunaͤchst in nen des Terrains bestehen, so wird die dortige arbeitende §. darin fuͤr den kuͤnftigen Winter eine Quelle des Erwerbes fie
Der Herzogevon Mortemart wird; wlie es heißt, naͤct eine Rechtfertigung seines politischen Benehmens erscheinen sen und darin auseinandersetzen, wodurch er am 29. Juli vexhindert worden, sich des ihm von Karl X. gewordenen! trages zu entledigen; auch wird er darin die Gruͤnde darlegen,
ane andere Kammer, oder, wenn es Frankreich retten wolle, die heneralstaaten zusammenberufen. Dieses Ereigniß ist, wie ge⸗ ngt, im hoͤchsten Grade wichtig; es luͤftet einen Zipfel des Schleiers, der uͤber der Zukunft haͤngt. * Auch zwei andere deputirte der Opposition, Hr. Arago und der Marschall Clauzel, aben, der erstere in Narbonne, der letztere in Bagneères, einen festichen Empfang gefunden.
Redacteur Cottel.
Gedruckt bei A. W. 9 09,
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n 28sten August
den Handelsverhaͤltnissen hervorgebrachte Erschuͤtterung sich seit einem Jahre gelegt hat; die Zahl der seit dem August vorigen Jahres ausgesprochenen Bankerotte ist um die Haͤlfte geringer gewesen, als im vorhergegangenen Jahre; sie betraͤgt näͤmlich nur 3. Da die Hauptstadt 55,000 patentirte Kaufleute besitzt, so ergeben sich auf 400 Kaufleute nicht einmal drei Bankerotte. 8 Obgleich das Journal des Débats vor einigen Tagen erktaͤrte, es habe nichts zu sagen und werde also schweigen, so scheint es dennoch seitdem seinen Entschluß geanderr zu haben; denn es enthaͤlt heute einen ziemlich langen raisonnirenden Arti⸗ kel, in welchem es der Gazette de France den Fehdehandschuh hinwirft, und der um so weniger mit Stillfchweigen uͤbergangen werden darf, als er gewiß nicht unbeantworeet bleiben wird. „Es giebt ein Blatt“, so beginnt dieser Artikel, „das sich mit einer wahrhaft komischen Selbstgefaͤlligkeit bewundert und sich Schmeicheleien sagt; dieses Blatt ist die Gazette, deren Selbst⸗ vertvauen durch nichts erschuͤttert wird. Wenn man die Gazette hoͤrt, so, hat sie allein seit zehn Jahren in der Verwirruͤng un⸗ serer Verhaͤltnisse klar gesehen, sie allein immer Recht gehabt. Beson⸗ deys aber seit der letzten Revolution, seit den Juli⸗Verordnungen und dem Sturze der vorigen Dynastie triumphirt die Gazette und erstaunt uͤber ihre eigene Weisheit. Niemals erhielt Jemand mehr Schlaͤge und war dennoch zufriedener, als sie. Was auch geschehen mag, ob friedliche oder kriegerische Nachrichten eingehen, ob die Vendée aufsteht oder sich ruhig verhaͤlt, ob ein Kandidat der Gazette, dessen Erwaͤhlung sie als gewiß vorher verkuͤndet hat, mit großer Stimmenmehrheit durchfaͤllt oder siegt, ob die richtige. Mitte oder die Opposition Fortschritte im. Lande macht, aus Allem zieht die Gazette den Bewels, daß sie Recht hat. Sie hat Recht gegen die Débats, gegen. den National, gegen die, Quotibienne, Recht gegen Freunde und Feinde; ja, was noch mehr ist, Alls
arbeitet der Gazette in die Haͤnde: Legitimisten, Republtkaner
oder Constitutionnellgesinnte, alle foͤrdern die Sache der Gazette; sie hat nichts zu thun, als unsere Artikel in ihr Blatt außzu⸗ nehmen und die wenigen Worte hinzuzufuͤgen: „„Hieraus folgt, daß die Gazette Recht hat, und daß ihre Prigzipien allein Frank⸗ reich ratten und beruhigen koͤnnen.““ Wir wollen ein wenig auf die Vergangenheit zuruͤckblicken und sehen, ob dieses Blatt
des Innern ist von seinem Gicht⸗
Der Spaͤnische Botschafter hatte vorgestern eine lange Kon⸗.
8 20 zwoͤlf hiesi⸗
die ganze Lage der Opposition ist bei diesem Feste unter
züflösen und, wenn es nur auf seine eigene Rettung bedacht sey,
sich wirklich zu ruͤhmen Ursache hat. Har es nicht unter Herrn von Villèle, Herrn von Martignac, Herrn von Polignac Recht gehabt? Unter Herrn von Villeèle, der die Wahlunterschleife, die Censur, das Sakrilegiums⸗Gesetz und das Gesetz der Liebe und der Gerechtigkeit vertheidigt hat? Ist nicht durch alles dies die Restauration in der Liebe des Volkes wunderbar befestigt worden? Man erinnere sich des ginen Eindrucks, den das Erst⸗ geburtsrecht und die Censur vor den Wahlen von 1827 havor⸗ brachten. War die Aufloͤsung der Pariser National⸗Gaͤrde nicht auch ein Meisterstuͤck, dessen die Muster⸗Verwaltung der Gazette 'sich ruͤhmen darf? Hat man vergessen, mit welchem Eifer die Gazette durch Beleidigungen alle diejenigen Mitglieder ihrer eigenen Partei, die nur im mindesten die Charte und die Frei⸗ heit liebten, zur Opposition hinuͤbertrieb? Wahrlich, wenn die Gazette nicht Alles gethan hat, so hat sie doch viel gethan; das muß man zugeben. Noch trefflicher nahm sie sich unter dem Ministerium Martignac. Hatte doch dieses abscheuliche Mini⸗ sterium es unternommen, dietiefen Wunden, welche cdie vorige Verwaltung der Restauration geschlagen, zu heilen, das Vertrauen wiederherzustellen und den Thron der Bouxbonen mit dem Lande zu versoͤhnen. Bei jeder von Hrn. v. Martigntac⸗vorgeschlagenen Maßregel der Versoͤhnung erhob die Gazette ein entsetzliches Geschrei. Wie? Keine Censur mehr, keine Wahl⸗Unterschleife mehr? Die Monarchie ist in den Haͤnden der Empoͤrer. Die Gazette wußte wohl, daß man ihr in den Tutilerieen ein williges und aͤngstli⸗ ches Ohr lieh, und waͤhrend Herr v. Martignac den Rest seines edlen Lebens im Dienste der Monarchie aufopferte, fand er bei Hofe nur Mißtrauen und Aerger. Die Opposition der Kammer ware nichts, die Opposition der Tuilerieen war Alles. Der 8. August trat ein, die Gazette erhielt den Lohn ihrer Muͤhe; das Versoͤhnungswerk, dessen Gekingen die Gazette so sehr gefuͤrchtet hatte, scheiterte; eine Revolution war vor der Thuͤr, woraus, wie man sieht, folgt, daß die Gazette vollkommen Recht hatte. Jetzt kommen die schoͤnsten Tage der Gazette“ jetzt strahlt ihre Klugheit in vollem Glanze. Sie fuͤhrte die Restaura⸗ tion in einen Engpaß, aus dem dieselbe nur durch einen Staatsstreich herauskommen konnte. Bis dahin hatte man geglaubt, die Kammern haͤtten eine berathende Stimme; siee sollten jetzt nur noch eine konsultative Stimme haben; bis dahin hatte man geglaubt, ein constitutionneller Koͤnig muͤsse, wenn er verstaͤndig handeln wolle, seine Minister nicht ars der Minoritat waͤhlen. Jetzt hieß es, der Koͤnig kann seine Minister waͤhlen, wo er will. — Aber das Land wird Widerstand leisten. — Die Armee ist auf unserer Szite; jetzt ist die Zeit, zu wagen und der Sache ein Ende zu machen. Wir wollen endlich einmal uͤber den Liberalismus Recht erhalten; das Land wird lieber Alles dulden, als eine Revolution wagen; der Sieg ist uns gesichert. — Auf diese Weise hat die Gazette die Juli⸗ Verordnungen herbeigefuͤhrt, die eine Folge der Ernennung des Polignacschen Ministeriums waren. Eine Revolution brach aus; in 3 Tagen wurde der Thron Karls X. umgeworfen. Man ur⸗ theile nun: hat die Gazette ihre Zeit und ihre Muͤhe nicht gut angewandt? Hat sie nicht hundert Mal Recht gehabt?“ Der Nouvelliste meldet: „In der Nacht vom 12ten auf den 13ten hat sich in Nimes auf dem Spaziergange, der „Cours neuf“ genannt, ein Kampf mit Steinwuͤrfen zwischen den ver⸗ schiedenen Parteien angehoͤrenden Einwohnern dieses Stadtvier⸗ tels entsponnen. Ein auf diesem Spaziergange stehender Posten des 30sten Linien⸗Regiments eilte herbei, um der Unordnung ein Ende zu machen; ein Individuum wurde dabei toͤdtlich verwun⸗ det. Man will wissen, daß unter den Ruhestoͤrern mehrere mit Flinten bewaffnet gewesen waͤren; einige Militairs behaupten, es sey auf die Truppen geschossen worden, hierauf habe ein Ser— geant und ein Voltigeur feuern zu muͤssen geglaubt; nur das Gewehr des Letzteren sey losgegangen. Das verwundete Indi⸗
tionab⸗Garden
viduum soll ein National⸗Gardist seyn, der einen Bajonettstich erhalten hat. Die Truppen waren entruͤstet daruͤber, daß man sie mit Steinwuͤrfen angegriffen hatte.“
Den neuesten Nachrichten aus der Vendée zufolge, waͤre dort Seitens des Ministeriums der Befehl eingegangen, die Zwangs⸗Einquartirungen aufzuheben. Der Breton, ein in Nantes erscheinendes Blatt, 1S. sich uͤber diesen Gegenstand folgendermaßen: „Wir erfahren auf das bestimmteste, daß der General⸗Lieutenant Graf Drouet d'Erlon den Auftrag erhalten hat, die seit einiger Zeit getroffene Anordnung, wonach bei den⸗ jenigen Chouans, die die Auslieferung ihrer Waffen verweiger⸗ ten, so wie bei den Eltern der widerspaͤnstigen Militairpflichti⸗ gen und in die Wohnungen der fluͤchtig gewordenen Theilnehmer an den Unruhen im Westen, Presser eingelegt wurden, zuruͤckzu⸗ nehmen. Hier wird also eine an sich zwar strenge, aber fuͤr die Ruhe des Landes und die Sicherheit der Patrioten ersprießliche Maßregel, bloß um einem elenden Geschrei ein Ende zu machen, wieder eingestellt. Warum treten die Minister, wenn sie doch uͤberall nur Beweise ihrer Schwaͤche geben wollen, nicht lieber ihren Platz an energischere und tuͤchtigere Maͤnner ab, die zur gehoͤrigen Zeit einen nuͤtzlichen Entschluß zu fassen und ihn trotz aller Gegenrede zu behaupten wissen, sobald er dem Lande frommt und von demselben einmuͤthig gebilligt wird.“ Die Gazette de France meint, der Breton raͤume durch diese Ansicht ge⸗ wissermaßen ein, daß die jetzige Regierung im Westen nicht an— ders als durch den Terrorismus aufrechterhalten werden koͤnne.
Das Linienschiff „Suffren“ und die Korvette „Créole“
sind mit Marine⸗Truppen am 15ten d. M. aus Toulon in „Brest angekommen.
Ueber die Unruhen in Angoulème meldet das Journal des Débats nach einem Privat-⸗Schreiben von dort vom 16ten d. M.: „Unsere gewoͤhnlich so ruhige Stadt ist der Schauplatz ernster Ereignisse gewesen, deren Hergang folgender war: Der Prozeß der Marquise von Larochejacquelein hatte nach viertaͤgi⸗ gen Verhandlungen mit der Freisprechung der beiden Angeklag⸗ ten, dder Herren von Beauregard und von Lapinidère, geendigt; bei diesem unvorhergesehenen Ausgange (denn man hatte eine mehr oder weniger strenge Verurtheilung erwartet) brach das Rachegeschrei der Menge, die bis dahin nur mit Muͤhe hatte ruhig erhalten werden koͤnnen, mit Gewalt los. Ein Haufe der Ruhestoͤrer drang nach der Thuͤr und griff das dort stehende Truppen⸗Detaschement mit Steinen an, das sich nach der Ka⸗ serne zuruͤckzog und mit der bei dem Gefaͤngniß aufgestellten schwachen Truppen⸗Abtheilung vereinigte. Von 300 Mann Na⸗ waren kaum 50 Mann noch gegenwaͤrtig; die uͤbrigen waren, weil sie den Unwillen der Menge theil⸗ ten, nach Hause gegangen. Der Praͤfektur⸗Rath Rivaud und der Oberst der National-⸗Garde stellten sich an die Spitze dieses schwachen Pelotons und ließen hinreichende Streit⸗ kraͤfte zur Bewachung des Justizpalastes und zur Beschuͤtzung der beiden Vendéer zuruͤck; diese wurden durch eine Verkleidung den Nachsuchungen, die nach ihnen angestellt wurden, entzogen und spaͤter bei eintretender Dunkelheit fortgeschafft; ein Buͤrger beschuͤtzte großmuͤthig ihre Flucht, indem er sie eine halbe Stunde weit von der Stadt Als bei einem zweiten Angriffe auf den Justizpalast ie oͤffentliche Ruhe ernstlich gefaͤhrdet wur⸗ de, fand die National⸗Garde sich wieder ein und bildete mit den Truppen eine Masse, die imposant genug war, um die Plaͤne der Ruhestoͤrer zu vereiteln, die sich nun uͤberallhin zerstreuten. Kein Ruf gegen den Koͤnig und die Regierung wurde vernommen, sondern nur Geschrei der Rache gegen die Chouans; unter den Verwundeten befinden sich der Adjunkt des Maire und einer der Richter. Die vollkommenste Ruhe ist zuruͤckgekehrt. Der Praͤ⸗ fekt, Herr Larregny, der abwesend war, ist in 6 Stunden vom aͤußersten Ende des Departements angekommen. Eine strenge Untersuchung ist angeordnet; bereits sind 15 Personen verhaf⸗ tet worden.“
Das Memorial bordelais berichtet, daß am 9ten d. M. in Armendarits, einer Ortschaft im Baskischen Lande, ernsthafte inruhen stattgefunden haben, zu denen die Ankunft einiger Steuer⸗Beamten und Gendarmen Anlaß gab, welche die dort vorhandenen gesetzwidrigen Tabak⸗Pftanzungen zerstoͤren wollten; die Einwohner trieben die Agenten der Behoͤrde mit Flinten⸗ schuͤssen, Heugabeln und Sensen zuruͤck.
Der National enthält in seinem heutigen Blatte eine Uebersicht der in der vorigen Session von den verschiedenen De⸗ putirten eingebrachten Gesetz-Vorschlaͤge und das Reglement betreffenden Propositionen.
Das hiesige Tribunal erster Instanz hat erkannt, daß gegen den Professor der Geschichte an dem Gymnasium Ludwigs des Großen, du Rozoir, der nach dem Aufstande des 5. und 6. Juni verhaftet wurde, aber bereits seit einem Monat auf sein Ehren⸗ wort in Freiheit gesetzt worden ist, kein Anlaß zu einer gericht⸗ lichen Verfolgung vorhanden sey.
Die Gazette de France aͤußert: „Man glaubt, der große Wahlkampf in England werde am 7. Oktober stattfinden. Um dieselbe Zeit werden wahrscheinlich auch die Franzoͤsischen Kam⸗ mern zusammenberufen werden. Alles verkuͤndigt fuͤr den Herbst eine große Bewegung in der inneren Politik der großen Staa⸗ ten Europa's.“
Der ehemalige Major Guillemot ist wegen seiner Theil⸗ nahme an dem Aufstande der Vendée von dem Koͤnigl. Gerichts⸗ hofe zu Rennes zur Deportation verurtheilt worden.
.„. Großbritanien und Irland.
London, 21. Aug. Der Courier sagt: — „Heute ist der Geburtstag unseres gnaͤdigen Monarchen. Der Gebrauch
hat einen anderen Tag festgesetzt, wo das Volk von Großbrita⸗
nien alljaͤhrlich sich in oͤffentlichen Bezeigungen der Anhaͤnglich⸗ keit fuͤr seinen Koͤnig vereinigt; aber die Feierlichkeiten, welche den heutigen Tag auszeichnen, druͤcken, wenn auch mit weniger aͤußerlichem Pomp, doch mit nicht geringerer Aufrichtigkeit die