1834 / 118 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

100 Arme auf Kosten der Kämmerei⸗Kasse bewirthet wurden. Waͤhrend auf diese Weise auch dem beduͤrftigen Theile der Ein⸗ wohner der Tag zu einem festlichen gemacht wurde, erschollen aus dem Burg⸗Garten 101 Kanonenschuüͤsse. In einem oͤffent⸗ lichen Saale fand darauf ein Festmahl von 138 Couverts statt, und fuͤr den Abend hatte die Schuͤtzen⸗Gesellschaft in zwei ver⸗ schiedenen Lokalen einen Ball veranstaltet, der bis zum Morgen des folgenden Tages waͤhrte. Abends war die Stadt, zum Theil mit recht sinnreichen Transparents, erleuchtet, und bis tief in die Nacht hinein durchzogen Tausende die Straße und theilten die allgemeine Freude, die durch das schoͤnste heiterste Fruͤhlings⸗Wetter beguͤnstigt wurde. Sehr bedauert wurde es, daß der Buͤrgermeister von Bennigsen⸗Foͤrder, der zu der Ver⸗ herrlichung des Tages am meisten beigetragen hatte, durch koͤr⸗ perliche Leiden behindert wurde, die Lust desselben zu theilen. Das im Jahre 1822 durch die Gnade Sr. Majestaͤt des Koͤnigs fundirte St. Elisabeth⸗Hospital zu Breslau zaͤhlt egenwaͤrtig 11 maͤnnliche und 19 weibliche Hospitaliten beider⸗ ei Konfessionen; außer der Anstalt werden uͤberdem noch 7 Be⸗ duͤrftige vollständig verpflegt, und die etwa dennoch verbleibenden Ueberschaͤsse an Huͤlfsbeduͤrftige vertheilt. b 8

1u“ Miitttwoch den 23. April wurde im Opernhause gegeben: Die Cmoll-Symphonie von Beethoven, Adagio und Vartationen fuͤr die Floͤte, gesetzt und vorgetragen von Fuͤrstenau; endlich die Schoͤp⸗ fung von Haydn. Die Einnahme der Musik⸗Auffuͤhrungen am Beitage fließt bekanntlich in eine Unterstuͤtzungs⸗Kasse (Spontini⸗ Fonds) fuͤr huͤlfsbeduͤrftige Theater⸗Mitglieder; sie reicht indessen, obgleich das Haus auch diesmal ganz besetzt war, hierzu nicht aus.

Schon im Jahre 1738 wurde in London eine Gesellschaft zur Versorgung bejahrter Tonkuͤnstler und ihrer Familien gegruͤndet, zu welcher die Mitglieder groͤßere oder geringere Beitraͤge zahlen muß⸗ ten. Die Gesellschaft ward loͤblich verwäͤltet, und gewann außer⸗ dem durch Vermaͤchtnisse und Konzerte. Eilfmal ward, von 1749 bis 1759, der Messtas unter Haͤndels Leitung aufgefuͤhrt, und im Jahre 1784 gab man fuͤnf große Konzerte zu dessen Andenken. Die Einnahme von diesen Vorstellungen kam fast ganz den musi⸗ kalischen und andern milden Stiftungen zu Gute, und betrug an 160,000 Thaler.

Die Cmoll⸗Symphonie, vielleicht die vollkommenste unter allen Symphonieen Beethoven's, brachte in der letzten Auffuͤhrung, wie immer, eine ungemein große Wirkung hervor. Vergleichen wir in⸗ dessen die hiesige Auffuͤhrung mit anderen, z. B. in Paris und Dresden, so moͤchten wir den letzteren einen Vorzug zugestehen, welcher sich nicht sowohl auf die Leitung und die ausuͤbenden Kuͤnst⸗ ler, als auf die Oertlichkeit, auf das Lokale bezieht. Die Saͤle des Pariser Conservatoire und des Dresdener Zwingers sind elliptisch, hinter dem Orchester und zu den Seiten desselden fest geschlossen, und bilden einen so trefflichen Resonanzboden, daß die Instrumente stärker, reiner und voller klingen, als im hiesigen Opernhause, so⸗

bald naͤmlich das Orchester auf die Buͤhne verlegt ist. Denn der leinwandene hintere Vorhang, die Coulissen und die offene Decke verschlingen die Haͤlfte aller Anstrengungen, und nur die andere Haͤlfte der Tonmassen wirtt sich hinaus unter die Zuhdrer. Es erweiset sich also auch hier, daß unsere Buͤhnen in vieler Beziehung verloren ha⸗ ben, seitdem sich daselbst gar nichts Festes, Abgeschlossenes, den Ton Zuruͤckwerfendes mehr vorfindet, sondern Alles in Leinwand und Nenb gse⸗ in Thuͤren, Seiten⸗Oeffnungen und Durchgaͤnge aufge⸗ loͤset ist.

Herr Fuͤrstenau zeigte sich als Meister, wir moͤchten sagen auf der Deutschen Ildte, oder in Deutscher Vehandlung derselden.

Denn in den Italiaͤnischen Orchestern hat die Floͤte einen viel schaͤr⸗ seren, durchdringenderen Ton, so daß wir sie nicht als das weichste und mildeste Instrument bezeichnen moͤchten. Noch weniger Aehn⸗ lichkeit hat unsere Floͤte mit dem Griechischen Instrumente, welches man in den Uebersetzungen Floͤte zu nennen beliebt, das aber, laut Aristoteles (Politik VIII, 7), einen durchaus heftigen, leidenschaft⸗ lich aufregenden Charakter hatte. j

Nie ist die Schoͤpfung in so großer Gefahr gewesen gar nicht zu Stande zu kommen, als diesmal; denn abgesehen von den drei ersten Saͤngerinnen, welche Berlin besitzt, die aber gar nicht mehr singen, waren auch vier sonst noch thaͤtige Saͤngerinnen aus ver⸗ schiedenen Gruͤnden ebenfalls nicht zur Stelle, und nur Demoiselle Boͤtticher sang die ihr urspruͤnglich zugetheilte Rolle. Desto mehr Dank verdient Madame Schroͤder⸗Devrient, daß sie mit seltener Gefäalligkeit schnell eine starke Partie uͤbernahm, welche sie noch nicht gesungen hatte.

Als die Schoͤpfung und die Jahreszeiten zum erstenmale gegeben wurden, erhov sich, neben lautem Beifalle, auch mancherlei Tadel; welcher gutentheils daher entstand, daß sich beide Werke nicht in das zeitherige Fachwerk geistlicher und weltlicher Musik unterbrin⸗

gen leßen. Seitdem hat man sich uͤberzeugt, daß sie eben keine Fhechat gan eines Andern, sondern eigenthuͤmliche Erzeugnisse eines Meiners sind. Ueber Einzelnes laͤßt sich streiten, z. B. uͤber

den Text, die Behandlung der Recitative, die Malereien u. s w. Die Tadler der letztern werden indeß zugeben, daß Boteldieus aͤhn⸗ licher Versuch in der Ouvertuͤre zum Rothkaͤppchen viel ungluͤck⸗ licher ausgefallen ist, des alten Matheson nicht zu gedenken, welcher, weil dos Wort Regenbogen im Texte vorkam, die Noten so in die Partitur in krummer Linie schrieb, daß sie fuͤr das Auge die Gestalt eines Halbzickels bildeten. Ueberhaupt war Haydn gar nicht der erste große Meister, welcher sich in musikalischen Malereien ver⸗ suchte; so hat (um nur einen zu nennen) schon Haͤndel in seinem Israel in Aegypten, das Soringen der Froͤsche, das Summen der Fliegen und Muͤcken, das Niederfallen des Hagels, den Weg durch die Wuͤste, das Ertrinken von Roß und Reitern u. s. w. ö

In wie weit dies und Aehnliches gelungen, oder mißlungen ist, dar⸗

Aber laͤßt sich vielleicht ein andermal eine Untersuchung anstellen. 8 0 ³ 0

Nachdem Madame de Meöric, vom Theater zu Mailand, am 2lsten d M. zum erstenmale die hiesige Koͤnigstaͤdtische Buͤhne als Ninette in der diebischen Elster betreten, hatten wir gestern Ge⸗ legenheit, sie in der glänzenden Rolle der Semiramis in der Oper dieses Namens zu hoͤren. Fuͤr Saͤnger und Saͤngerinnen der Ita⸗ liaͤnischen Oper ist die Deutsche Sprache, oder richtiger zu sprechen, der Veutsche Opern⸗Text, ein unuͤberwindliches Hemmniß, und so fanden wir denn auch, daß Madame de Mérie sich bei weitem freier in dieser letzteren Rolle, als in jener bewegte. Die Kuͤnstlerin hat indeß, gerade als Semiramis, hier in Berlin große Vorgaͤngerinnen g habt, weshalb wir uns, ohne weitere Vergleichungen anzustellen, auf die Bemerkung beschraͤnken, daß, wenn man den fruͤheren Saͤnge⸗ rinnen ihren Ruhm dadurch zu schmaͤlern suchte, daß man ihnen Schuͤld gab, sie ahmten die Fodor die Pisaroni oder die Malivran nach, Madame de Möriec in ihrer Gesangweise, wie in der Auf⸗ fassung der Rolle eine ihr nicht abzusprechende Eigenthuͤmlichkeit zeigte. Jyr ward daher in manchen Scenen rauschender Beifall zu Theil; der ungestuͤmere Theil des Publikums noͤthigte sie sogar, eine Steule des annrengenden Duettes mit Assur im zweiten Akte zu wiederholen und rief sie am Schlusse hervor. Mlle. Hahnel, die den Aesaz ungvertrefflich schoͤn singt, und der unseres Erachtens uͤberhaupt der Preis in der Semiramis gebuͤhrt, wie auch die Her⸗ ren Fischer und Holzmiller erheben die Vorstellung dieser Over zu jenen seltenen Erscheinungen zuf der Buͤhne, wo wir einen Feden an seiner Stelle finden. Außerdem ist aber auch noch die treffliche Direction des Herrn Kapellmeisters Glaͤser anerkennungs⸗ werth, der, wo es schwanken will, die strenge Fuͤhrung gut zu handhaben weiß⸗ 6.”

v111““

von Venedig, Oper in 3 Abth., mit Tanz.

Preise

en fuͤr die Preußische Monarchie bedeutendsten Marktstaͤbten im Monat Maͤrz 1834,

u“ 1

Namen der Städte. [wenen

49 22 36 92 4492 36 „†z 40 32 09 2 Danzig.. 46 1 12 S2 Elbing.. 45 13 2% Konitz.. 55 2 ½ 16 Graudenz. 8 16 57 z 8., 115 2 he. 47 1 14 ¼ 93 46 16 n, Bromberg 42 8 11 Faustage SHeen 15 82 awitsch.. 8 18 2u, Kempen .... 1 j bö171 .... 8 5, 23 Brandenburg.. 24 Kottbus... 20 a. d. * 8 19 1 andsberg a. d. 329 e- Stettin 3 21 18 Stralsund. Kolberg... 16 92 Stolpe 16„2 Breslau... 16 89, Gruͤnberg. 20 9, Glogau 182, Liegnitz Goͤrlitz irschberg. chweidnitz.

noggen Gerste Hafer 15- 16 „92 15 13

Koͤnigsberg. Memel.. Insterburg. Rastenburg. Neidenburg.

2 80

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Leobschuͤtz.. Ratibor

2* 4 276SOE;O0OSOSSUò

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8 nach einem m

Durchschnitte in Preußischen Silbergroschen und Scheffeln angegeben.

Namen der Stäͤdte. Wetze Y Roggen bxenssv Hrxxr

Magdeburg Feterstohh 1 ordhausen Muͤhlhausen

31 1 30 ,* 29,4 281½ 28, 28

3 1 18 35 17 81 2 3 1 9,

Muͤnster.. Minden. Paverhevn ortmund Koͤln Elberfeld Duͤsseldorf. Krefeld.

Malmedy

Trier Saarbruͤck. Kreuznach Simmern Sen .. EVE 14“

Durchschnitts⸗Preise

der 11 Preußischen Staͤdte 5 Posenschen Staͤdte 8 Brandenb. u. Pom⸗

merschen Staͤdte.. 11 Schlesischen Staͤdte 8 Saͤchsischen Staͤdte 4 Westfaͤl. Staͤdte .. 14 Rheinischen Staͤdte

Gäöö—

e““ 1834. Morgens Abends Nach einmaliger 26 April. 6 Uhr. 2 Uhr. 10 Uhr. Beobachtung.

desrgh 5 u 8 b 189 1 89 Quellwärme 6,5 °R.

Dunstsaͤttg. 84 pCt. 37 pCt. 53 pCt. Bodenwärme 6,4 °R.

Wetter... heiter. heiter. 8r Ausdünst. 0,09 5˙Rh. Folieederschlag 0.

SW. SW. Wolkenzug SW.

Auswärtige Börsen. uu“ Amstoerdam, 22 April „Niederl. wirkl. Schuld 49 ½. 5 8 d. 9., 4 ¾ Ausgesetzte Schuld 1 *21. Kanz-Bill. 22 ½. 4 3 Amori. 80. 3 ½ 9 71 ½. Oesterr. 9 P'reruss. f'räunen-Scheine 97. Russ. (v. 1831) 95 1 ½. 59 Span. 649½. 39 42. Antwerpen, 21. April.

n. 58 64 ½. 3 % 41 ¾. Meiall. 99 ½. Neap. 87 ¾. Zinsl. 14 ½.

London, 22. April. Cons. pr. compt. 90⅛. dito pr. 27. Mai 90 ⅞, 3. Belg. 99 ¼. Span. v. 1821 34 ¼, ⁄. 38 41 à ½¼ Griech. v. 1825 31, 32. Integr. 50 ½. 5 98 Holl. 95¹43 Fortug. v. 1831 73 RKuss. v. 1822 104 ⅛. 104 ½. B v. 1821 73. Columb v. 1824 25. Mex. v. 1825. 40 ½. 40.

, 22 April. A .

Koͤnigliche Schauspiele.

Montag, 28. April. Im Schauspielhause: Die Dame auf

Schloß Avenel, Oper in 3 Abtheilungen, mit Tanz. Musik von Boyeldieu.

In Potsdam. Zum erstenmale: Die Bekenntnisse, Lustspiel in 3 Abth., von Bauernfeld. Hierauf: Die Eifersuͤchtigen auf dem Lande, komisches Ballet in 1 Akt. In Scene gesetzt von Herrn Hoguet.

Dienstag 29. April. Im Opernhause: Othello, der Mohr

Musik von Rossini. (Mad. Schroͤder⸗Devrient: Desdemona, als Gastrolle.)

Im Schauspielhause: 1) Le réêve du mari, comédie en 1 acte et en vers, par Andrieux. 2) Une meère, drame-vaude- ville en 2 actes, par Mr. Bayard.

Koöͤnigstaädtisches Theater.

Montag, 28. April. Norma, Oper in 2 Akten. Musik von Bellini.

Dienstag, 29. April. Letzte Vorstellung des 12jaͤhrigen Bur⸗ ton (in Englischer Sprache): Arzneikunde und Taktik, oder: Der Doktor als Soldat, Posse in 2 Akten. Hierauf: A B C, Posse in 2 Akten, von Kettel. Zum Beschluß (in Englischer Sprache); Der Kaufmann von Venedig, von Shakespeare. (Vierter Akt.)

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RNeueste Nachrichten.

Paris, 21. April. Der Griechische Gesandte Zuͤrst Suzzo, der zum Gesandten in St. Petersburg ernannt worden ist, hatte vorgestern Mittag die Ehre, dem Koͤnige in einer Privat⸗Audienz sein Abberufungs⸗Schreiben zu⸗uͤberreichen.

Formen zu berathschlagen.

Die Pairs⸗Kammer trat heute Mittag um 1 Uhr bei verschlossenen Thuͤren als Justizhof zusammen, um uͤber die bei dem ihr aufgetragenen gerichtlichen Verfahren zu beobachtenden Hiernaͤchst konstituirte sie sich wus der als gesetzgebende Versammlung und beschaͤftigte sich als solche

mit der Eroͤrterung des Gesetz⸗Entwurfes in Betreff der in

Frankreich anwesenden politischen Fluͤchtlinge.

der waͤhrend der letzten Unruhen in Lyon, Paris u. a.

) Nach einigen Bemerkungen der Grafen von Montlosier und von Argont nahm sie diesen Gesetz⸗Entwurf mit starker Stimmen⸗Mehr heit an.

In der heutigen Sitzung der Deputirten⸗Kammer hre richtete Herr Etienne uͤber den kuͤrzlich vorgelegten Gesetz⸗Ent⸗ wurf, wodurch eine Summe von 4ℳ „000 Fr. zur Unterstuͤtzung O. Ver⸗ wundeten, so wie der Familien der Gebliebenen verlangt wird. Die Berathung uͤber diesen Gegenstand wurde auf den 2 sten angesetzt. Der Marschall Soult legte de naͤchst zum zwei⸗

1 tenmale den von der Pairs⸗Kammer modificirten Gesetz⸗Entwurf

uͤber die Stellung der Offiz ere der Land⸗ und Seemacht vor.

92¼. G. 5 proc. Span. Rente 63 ¼. 63 ¼. Jproc. do. perp. 421.

Den uͤbrigen Theil der S tzung fuͤllten die Berathungen uͤber das Budget des Kriegs⸗Ministeriums. Das 15te Kapitel, welchtes eine Summe von 13,07 6,000 Fr. fuͤr das Artillerie⸗Maternal enthaͤlt, erlitt nach einer langen Debatte eine Reduction von 4,673,000 Fr. und das 16te Kapitel (Ingenieur⸗Maternal 14,875,000 Fr.) eine solche von 2,751, 00 Fr.

Herr Armand Marrast, der Hauot-Redacteur der „Tri⸗ bune“, ist gestern in einem Landhause bei Paris, wohin er sic seit der Versiegelung der Expeditons⸗Zimmer dieses Blattes ge⸗ fluͤchtet hatte, verhaftet worden. Der National glaubt indeß sen, daß er bald wieder in Freiheit gesetzt werden wird, da er nicht verantwortlicher Herausgeber der Tribune war. Von

dem Expeditions⸗Lokale dieses Blattes waren gestern uͤbrigens

die Siegel wieder abgenommen worden, um unter Zuziehung der Herren Lionne und Sarrut eine Untersuchung anzustellen. Nach Beendigung dieser letztern wurden die Siegel aufs Neue ange⸗ legt, und die gedachten beiden Herren, wovon der eine bekannt⸗ lich verantwortlicher Herausgeber, der andere aber Mitredacteur ig „Tribune“ ist, nach dem Gefaͤngnisse Ste. Peélagie zuͤruͤck⸗ ebracht. 8 Das 8te und 36ste Linien⸗Regiment stehen im Begriff, die Hauptstadt zu veriassen, da ihnen eine andere Garnison, man weiß noch nicht, welche, angewiesen worden ist.

Die in Lyon fuͤr die Opfer des letzten Aufstandes eroͤffnete Subscription belief sich am 18ten d. M. bereits auf 58,229 Fr.

Heute schloß 5proc. Rente pr. compl. 103. 95. sin cour. 104. 5. 3proc. pr. compl. 77. 65. sin cour. 77. 70. 5proc. Neap. pr. compt 94. 70. fin cour. 94 80 5proc. Span.

66 ¼. 3Iproc. do. 41 ¼. 5proc. Belg. 97 ¼. 5proc. Roͤm. 953.

Frankfurt a. M., 24. April. Oesterr. 5proc. Metall 98 ½. Aproc. 89 ¼, 89 1 2 ½proc. 52 ½. 1oroc. 23 ½ Br. Bank⸗ ien 1509 ½. 1508 ½. Part.⸗Obl. 139 ½ 138 ¾. Loose zu 100 G 207. Br. Holl’ 5proc. Obl. von 1832 94 92⁄. 94 ½ Poln. L. 622 6 1¼. Preuß. Praͤm.⸗Sch. 54 ¼. 54 ½ g4oroc. 2 42†.

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rungen, deren der Postdienst noch faͤhig zu seyn scheint. lͤngst verkuͤndigten die Londoner Blaͤtter, daß die Englische

Souverainetaͤt entfernen, so

1 11114*“

Angekommen: Der Herzog von Villequier, von

Dresden. 2. Abgereist: Der General⸗Major und Kommandant von

Glatz, von Sandrart, nach Breslau.

lsich aris, 21. April. Gestern arbeitete der Koͤnig Ministern des Krieges, des Innern und der auswaͤrtigen An⸗ elegenheiten, und ertheilte darauf dem Marschall Gérard eine rivat⸗Audienz. b Man spricht davon, daß Herr Thiers den Kammern ein Gesetz vorlegen werde, wodurch die Regierung ermaͤchtigt werden soll, alle Personen, die an republikanischen Vereinen

Cheil naͤhmen, ohne irgend eine prozessualische Weitlaͤuftigkeit

aus Frankreich zu entfernen.

Der Moniteur enthaͤlt Folgendes: „Die am 14. Juni vorigen Jahres zu London abgeschlossene Post⸗Convention hat weder in Frankreich noch in England den Erwartungen des Pu⸗ blikums vollstaͤndig entsprochen; man verkennt zwar nicht die Vortheile einer taͤglichen und schnelleren Verbindung zwischen den beiden Hauptstaͤdten, aber man tadelt die Mittel, die zur Errei⸗ chung dieses Zweckes gewaͤhlt worden, und bedauert allgemein die Vertagung vieler anderer nicht minder wichtigen

n⸗

Post⸗Verwaltung es fuͤr angemessen befunden habe, in einer dem Unterhause mitgetheilten Denkschrift die Vorwuͤrfe zuruͤckzuwei⸗

n, die ihr in Bezug auf jene Convention gemacht worden; ezt hat auch die Franzoͤsische Post⸗Verwaltung, um die Kam⸗

ern uͤber diesen Gegenstand gehoͤrig aufzuklaͤren, den verschie⸗ denen Finanz⸗Kommissionen sehr genaue Aufschluͤsse uͤber die dem Abschluß der gedachten Convention vorangegangene Unter⸗ andlung gegeben.“

Das Journal des Débats publicirt heute seine zweite Gubscriptions⸗Liste, welche sich nur auf 350 Fr. belaͤuft.

Der Herausgeber des hier erscheinenden kleinen legitimisti⸗ chen Blattes: „la Mode“ hatte den Vicomte von Chateaubriand

aufgefordert, dem Vereine von Aectionairs beizutreten, die dieses

zournal hinfuͤhro in Entreprise nehmen wollen. Als Antwort

auf dies Anerbieten liest man jetzt in den oͤffentlichen Blaͤttern

in Schreiben des Herrn von Chateaubriand, in dessen Eingang tsagt: „Schon in der Rede, mit der ich von der Pairs⸗Kam⸗ mer Abschied nahm, hatte ich dem neuen Koͤnigthume prophezeit, baß es ihm unmoͤglich seyn wuͤrde, mit den Volks⸗Freiheiten Hand Hand zu gehen. Eine Regierung, die aus Gewaltthaͤtigkeiten

bervorgegangen, muß uͤber kurz oder lang zum Despotimus ihre

dufiucht nehmen; sie bedient sich desselben, um sich zu retten, und er toͤdtet sie. Will sie sich von dem Systeme der Volks⸗ 8 tritt diese ihr in den Weg; es bleibt ihr alsdann nichts uͤbrig, als ihren Ursprung zu ver⸗ säugnen und ihrem eigenen Prinzipe den Krieg zu erklaͤren. So begeht denn die Revolution vom 7. August dieselben Hand⸗ lungen, die man der Legitimitaͤt als ein Verbrechen anrechnete; bur die Bedeutung der Worte hat sich geaͤndert: Man nennt Mord, was man damals Heldenmuth, Gesetzlichkeit, was man

kamals Willkuͤr nannte, und ein Ausnahme⸗Gesetz gilt nicht

ehr fuͤr ein Ausnahme⸗Gesetz, weil man es fuͤr immer erlaͤßt.“ derr von Chateaubriand geht hierauf naͤher in den ihm ge⸗ achten Antrag ein. Nachdem er erklaͤrt, daß er nicht Actionair werden koͤnne, ds er kein Geld habe, schließt er in folgender Leise: „Es wuͤrde sich hiernach nur noch um meinen bloßen Geitritt zu dem beabsichtigten Vereine handeln, und diese Frage vvingt mich zu einigen Erklaͤrungen, die ich lieber vermieden vatte. Ehrenmitglied verschiedener Akademieen, gehoͤre ich doch enner Gesellschaft als ordentliches Mitglied an. Soll ich Ihnen agen, weshalb nicht? weil alle solche Gesellschaften mich lang⸗ weilen. Noch vor wenigen Tagen haͤtte nichts mich bewegen onnen, einen thaͤtigen Antheil an irgend einem Vereine zu neh⸗

en; aber die letzten Maßregeln der Regierung haben meine

Gesinnungen in dieser Beziehung geaͤndert; das Gesetz bedroht bie Associationen; unter diesen Umstaͤnden wuͤrde es feigherzig in mir seyn, wenn ich mich bei Seite halten wollte; ich bin aher bereit, jedem Vereine beizutreten, der, in Uebereinstimmung nit meiner politischen Ueberzeugung, die Vertheidigung der Preß⸗ der der versoͤnlichen Freiheit, die Heilighaltung des Altars und se Unverletzlichkeit des Domicils bezweckt.“ hn Die Mitglieder der Gesellschaft der Menschenrechte tragen 8 als Abzeichen das Kopfhaar à la Benjamin Constant (hinten eng herunter haͤngend). Viele Fabrikanten haben ihren Arbei⸗ nangedeutet, daß sie entlassen werden wuͤrden, wenn sie sich s Haar nicht abschneiden ließen. 58 Fahl der in St. Etienne bei den dort stattgehabten bn- hen Verhafteten belaͤuft sich auf 135, groͤßtentheils Arbeiter. ver den Verhafteten befindet sich Aimé Baune, Bruder des raͤsdenten der Gesellschaft der Menschenrechte zu Lyon. hr Der Observateur de l'Aisne meldet, daß zu Soissons Le Verhaftungen unter dem Militair und den Arbeitern statt⸗ efunden haͤtten. Nismes meldet man unterm 14ten d. M.: „Gestern 8 2 wollten einige Aufwiegler die ungluͤcklichen Ereignisse von 8 EE“ rotteten sich unter Absingung der Marseillaise N. 8 Rufe: Es lebe die Republik! zusammen. Die Behoͤrde 8 i diesen Symptomen der Unordnung nicht unthaͤtig; Alles in Bereitschoc. esetzt, um die Ruhestoͤrer zu Paaren zu

treiben, wenn sie irgend einen strafbaren Angriff wagen sollten. Gewisse Kaffeehaͤuser, wo sie sich wechselseitig durch ihre Reden exaltirten, wurden nach einem leichten Widerstande gesaͤubert. Spaͤter traten etwa 50 Individuen in das Kaffeehaus de la Comedie, das man offen gelassen hatte, und dort ward eine re⸗ publikanische Rede gehalten. Der Verfasser der Rede ist in den Haͤnden der Justiz.“

In Montpellier haben ebenfalls einige Unruhen stattge⸗ funden, die aber schnell und ohne Blutvergießen gedaͤmpft wur⸗ den. Herr Lallemand, Professor an der dortigen medizinischen Fakultät, wurde bei dieser Gelegenheit wegen republikanischer Umtriebe verhaftet.

Der Courrier de Lyon vom 17ten d. enthaͤlt Folgendes: „In diesem Augenblick zaͤhlen wir 700 gefangene Arbeiter; der unter denselben befindliche beruͤchtigte Lagrange hat sich eine Ku⸗ gel durch den Kopf gejagt, indem er rief: „So stirbt ein tapferer Republikaner!“ Vorgestern erdolchte sich ein Gefangener im Praͤ⸗ sektur⸗Gebaͤude. Die Lage unserer Stadt wird immer beruhigender; sie verliert allmaͤlig das kriegerische Ansehen. Die Barrikaden sind gaͤnzlich verschwunden. Indeß sind die Ausgaͤnge der Bruͤcken und der Hauptstraßen noch durch zahlreiche Posten be⸗ setzt. Der Platz Bellecour gleicht fortwaͤhrend einem Lager. Die Soldaten haben daselbst Barracken und bivouakiren bei gro⸗ Ben Feuern. Man sieht dort einen Feld⸗Artilleriepark, zwei 24 Pfuͤn⸗ der und zwei Haubitzen. Die Menge besucht fortwaͤhrend die Stra⸗ Ben, Quais und Plaͤtze, die der Schauplatz der verschiedenen Ge⸗ fechte waren, um die durch den Kampf angerichteten Verwuͤstun⸗ gen zu sehen. Zahlreiche Truppen kommen von allen Seiten an. Man versichert, daß binnen Kurzem nicht weniger als 40,000 Mann in der Stadt und Umgegend kantonniren werden. Will man den umlaufenden Geruͤchten glauben, so waren in den Tagen des Kampfes drei Comités, naͤmlich der Gesellschaft der Menschenrechte, der Karlisten und der Mutuellisten, in Perma⸗ nenz im Viertel St. Louis. Wenige Mutuellisten schlugen sich; einige Karlisten und eine große Anzahl Mitglieder der Gesell⸗ schaft der Menschenrechte nahmen Theil am Kampfe. An vielen Orten bemerkte man gut gekleidete Individuen, welche Geld und Hroclamationen unter die Insurgenten austheilten. In dem Viertel Saint⸗Georges litt die seit mehreren Tagen blokirte Be⸗ voͤlkerung Mangel an Lebensmitteln. Die Soldaten, welche die vortigen Posten besetzten, theilten ihre maͤßige Ration mit den Einwohnern. Die Chefs der Insurrection nahmen zu jeder Art von List ihre Zuflucht, um den wankenden Muth ihrer Truppen wieder aufzurichten. So ließen sie in der Straße Tupin einen vorgeblichen Courier von Paris ankommen. Man hielt ihn an, durchsuchte ihn und fand bei ihm Devpeschen, welche meldeten, daß Ludwig Philipp gestuͤrzt und die Republik zu Paris proklamirt worden sey. Sie hatten ebenfalls unter ihren Anhaͤngern das Geruͤcht von der nahen Ankunft Lucian Buonaparte's verbreitet. Die Insur⸗ genten haben sich uͤberall, wo sie eindrangen, desjenigen bemaͤch⸗ tigt, was ihnen anstand. Die Opferstoͤcke der Kirche Bonaven⸗ tura wurden zertruͤmmert und gepluͤndert. Mehrere Kleider⸗Ma⸗ gazine wurden verwuͤstet, und die Insurgenten erneuerten ihre Garderobe. Man spricht von einem Tuch⸗Magazine an dem Platz de la Fromagerie, wo sie fuͤr ungefaͤhr 100,000 Fr. Tuch weggenommen haben sollen.“

Ein hiesiges Blatt macht die Bemerkung, Lyon werde entvoͤlkert, die Pairs⸗Kammer dagegen bevoͤlkert.

Die Contemporaine (Madame St. Elme) hat sich nach London begeben, um dort ein Werk unter dem Titel: „le Géo- er devenn Roi“ erscheinen zu lassen. Man sagt, sie habe es nicht gewagt, dieses Werk, das voll von Anspielungen auf den gegenwaͤrtigen Zustand der Dinge in Frankreich sey, in Paris herauszugeben.

Aus Madrid meldet man: „Durch ein Dekret der Koͤni⸗ gin vom 6. April ist der General⸗Lieutenant Don Cayetano Valdes, ehemaliger Deputirter und Minister unter den Cortes, der kuͤrzlich nach Spanien zuruͤckkehrte, zum General⸗Capitain von Cadiz ernannt worden. Ein anderes Dekret ernennt den General⸗Lieutenant Don Geronimo Valdes zum General⸗Capi⸗ tain von Valencia.“

Es ist jetzt keinem Zweifel mehr unterworfen, daß die mi⸗ nisteriellen Blaͤtter, die vor einigen Tagen die am 8ten d. M. erfolgte Veraͤnderung des Spanischen Ministeriums meldeten, getaͤuscht worden sind, da die Madrider Zeitungen vom 10ten und die Briefe vom 13ten d. eines solchen Ereignisses mit kei⸗ ner Sylbe Erwaͤhnung thun.

Großbritanien und Irland.

Parlaments⸗Verhandlungen. Oberhaus. Sitzung vom 21. April. (Nachtrag.) Der Lord⸗Kanzler stimmte in dem Vortrage, worin er sich gegen die vom Herzoge von Glou⸗ cester vorgelegte Petition und fernere Ausschließung der Dissen⸗ ters von den akademischen Graden, erklaͤrte, mit dem Grafen Grey darin uͤberein, daß sich ein passenderer Zeitpunkt zur gruͤnd⸗ lichen Eroͤrterung dieses Gegenstandes finden duͤrfte, da dem Un⸗ terhause jetzt eine darauf bezuͤgliche Bill vorliege, die aller Wahr⸗ scheinlichkeit nach auch ins Oberhaus gelangen wuͤrde; indeß bat er um die Erlaubniß, einige Bemerkungen uͤber die Aeußerun⸗ gen der beiden edlen Herzoge (von Gloucester und von Welling⸗ ton) machen zu duͤrfen, indem es ihn freue, daß Beide wenig⸗ stens zugegeben haͤtten, die Beschwerden der Dissenters koͤnnten wohl beruͤcksichtigt werden, wenn man nur dabei in die jetzige Ver⸗ fassung der beiden Universitaͤten Cambridge und Orford nicht ein⸗ greife, und die Dissenters moͤchten sich anderwaͤrts nach akademischen Graden umsehen; wenn sie dies aber zugaͤben, so muͤßten sie nach der einfachsten Logik auch ein Drittes statuiren, naͤmlich, daß die Befugniß zur Gradutrung noch einer anderen Univer⸗ sitaͤt außer jenen beiden verliehen wuͤrde. Da hier der Ruf: „Nein, nein!“ sich vernehmen ließ, bemerkte der Lord⸗Kanzler scherzhaft, er habe ja nur den Kommentar zu dem Text der ed⸗ len Herzoͤge gegeben, er habe nur seine geringen Talente anwen⸗ den wollen, um ihre Aeußerungen zu beleuchten; wenn Andere einen besseren Schluß daraus zu ziehen wuͤßten, so wuͤrde er

sich gern darein fuͤgen, sicht bleiben. nicht leiht

aber bis dahin muͤsse er bei seiner An⸗ „Wenn man“, fuhr er fort, „die Dissenters an den Universitaͤten privilegiren will, warum ver⸗ man dann nicht wenigstens mit Ruͤcksicht auf die

medizinische Fakultaͤt dem aͤrztlichen Kollegium die Befugniß

der Graduirung? Dies ist es, was in diesem Augenblick verlangt wird. Eine gelehrte Koͤrperschaft in der Hauptstadt, die Londoner Universität, fordert dies Recht, und es liegt dem Koͤnige in dieser Hinsicht eine Bittschrift vor. Die Berathung daruͤber wird in Kurzem stattfinden, und man bedenke, in welche verkehrte Lage sich Oxrford und Cambridge versetzen wuͤrden, wenn sie ihre Kollegien nicht den Dissenters oͤffnen und sich hartnaͤckig der Petition widersetzen wollten. Sie wollen thoͤrichter Weise selbst die nachgesuchten Privilegien verweigern und auch Ande ren die Haͤnde binden, um dieselben nicht verleihen zu koͤnnen Wir wollen, sagen sie, Leute, die ihren Gott nach den Vorschrif ten ihres eigenen Gewissens verehren, nicht zu Doktoren crei ren, und wir werden auch alles Moͤgliche aufbieten,

kein Anderer sie dazu creirt. (Hoͤrt, hoͤrt!)

denn doch die Unvernunft und das kollegialische

aufs hoͤchste schrauben! Ich will den beiden Englischen Universitaͤten ihre großen Verdienste keinesweges abstreiten; im Gegentheil, ich verehre ihre heiligen Kollegien. Zwar habe ich, und vielleicht zu meinem Nachtheil, nicht aus den Quellen ihre Gelehrsamkeit getrunken, nicht da, wo sie seit Jahrhunderten ihren Sitz aufgeschlagen, Weisheit und Kenntnisse geschoͤpft; ich habe außerhalb ihrer Mauern studirt, aber ich werde stets ihren ehrwuͤrdigen Charakter heilig halten. Sie haben Maͤnner her⸗ vorgebracht, die der Schmuck und das Licht ihres Zeitalters wa ren. Newton, die Zierde des Menschengeschlechts, dessen er⸗ staunenswuͤrdiger Verstand ganze Welten erschoͤpfte und darstellte, war ein Mitglied der Universitaͤt Cambridge. Er studirte dort, aber ich glaube nicht, daß er die 39 Artikel unterzeich⸗ net hat, denn damals wurde die Unterzeichnung noch nicht allgemein gefordert.“ Zur Widerlegung der Ansicht, daß, da die Mitglieder der Universitaͤts⸗Kollegien im Besitz eines an⸗ sehnlichen Kirchen⸗Patronats seyen, deshalb keine issenters in diese Kollegien zugelassen werden koͤnnten, weil diese die Glau⸗ bens⸗Artikel der bischoͤflichen Kirche nicht unterschreiben wuͤrden, fuͤhrte der Redner an, daß er selbst, als Lord⸗Kanzler, 8 900 Pfruͤnden zu vergeben habe und doch nicht 9 sey, die 39 Artikel zu unterzeichnen, was er auch niemals gethan; also koͤnne nach den gegenwaͤrtigen Sc Einer Lord⸗Kanzler seyn und die wichtigsten Pflichten zu erfuͤllen habe, ohne daß er zur herrschenden Kirche zu gehoͤren brauche, denn ihm sey nie, weder vor noch nach dem Antritt seines Amtes, ein Testeid ab; gefordert worden; auch der Kanzler des Herzogthums Lancaster, der ebenfalls viele Kirchenstellen zu vergeben habe, brauche die 39 Artikel nicht zu unterschreiben, eben so wenig der Premier⸗ Minister; sie koͤnnten ihr Patronat ohne alle Kontrolle ausuͤben; die Besorgniß in Bezug auf die Universitaͤten stehe also in gar keinem Verhaͤltniß zu der Gefahr; das heiße „Muͤcken seihen, nachdem man ein Kameel verschluckt.“ Schließlich sagte der Redner noch dem Herzoge von Wellington einige Schmeicheleien, indem er die durch ihn bewirkte Emancipation der Katholiken eine seiner groͤßten und herrlichsten Thaten nannte, ein Werk, wodurch derselbe eine Nation gerettet und sich unsterblich gemacht habe; und er knuͤpfte daran die Hoffnung, daß der Herzog sich auch in dem vorliegenden Fall von eben so weiser Duldung werde leiten lassen. Der Bischof von London, der hieraus das Wort nahm, machte besonders auf die religioͤsen Spaltun⸗ gen, die seiner Meinung nach aus der Zulassung der Dissenters zu akademischen Wuͤrden auf den Universitaͤten entstehen muͤß⸗ ten, und auf den Nachtheil, den diese auf die Bildung der Ju- gend ausuͤben wuͤrden, aufmerksam und bestritt der Regierung das Recht, sich in die Angelegenheiten der Universitaͤten einzu⸗ mischen. Der Bischof von Gloucester erhob sich bloß, um die Behauptung des Lord⸗Kanzlers, daß Sir Isaac Newton die 39 Artikel nicht unterschrieben habe, zu widerlegen; er wies nach, daß derselbe sogar Mitglied einer Kommission ge⸗ wesen sey, die von der Universitaͤt Cambridge ernannt worden, um sich der Verfuͤgung Koͤnig Jakob's II. zu widersetzen, als dieser zu Gunsten von Alvan Francis die Universitaͤts⸗Statuten umgangen wissen wollte; uͤbrigens, fuͤgte er hinzu, sey es auch ganz ungebraͤuchlich, daß die Universitaͤten sich mit einer Adresse an das Parlament oder an die Krone wendeten, und es sey dies, so viel ihm bekannt, nur zweimal geschehen, naͤmlich bei der Ermordung Perceval's und bei der Unterdruͤckung der Re⸗ bellion von 1715. Ausfuͤhrlicher ließ sich der Bischof v. Exe⸗ ter vernehmen und beleuchtete den Nutzen, der, seiner Ansicht nach, aus der Unterzeichnung der 39 Glaubens⸗Artikel von Seiten der zu Graduirenden und in Oxford auch von Seiten aller Studen⸗ ten fuͤr die Erhaltung der reinen Kirchenlehre erwachse; den Dissen⸗ ters, behauptete er, sey es nur um den Umsturz der herrschenden Kir⸗ che zu thun. Diese Aeußerungen veranlaßten den Lord⸗Kanzler, noch einmal das Wort zu ergreifen und es in den heftigsten Aus⸗ druͤcken zu tadeln, daß man junge Leute, die den Inhalt der Glaubenslehre noch nicht begriffen, jene 39 Artikel ganz blind zu unterzeichnen noͤthige; er nannte dies, in welchem Gehirn es auch ausgebruͤtet worden seyn moͤchte, einen bloßen Deckmantel fuͤr die niedertraͤchtigste Scheinheiligkeit und Heuchelei. Bei die⸗ sen Worten wurde er vom Marquis von Salisbury zur Ord⸗ nung gerufen, weil er, wie dieser meinte, nicht nur die Aeuße⸗ rungen des Bischofs von Exeter ganz entstellt, sondern auch ei⸗ nen unverantwortlichen Angriff auf eine der aus Sxweg sten Institutionen des Landes gemacht habe. es be⸗ stritt Lord Brougham, worauf ihn auch Lord Wynford zur Ordnung rief. Er rief nun seinerseits wieder diesen zur Ordnung, indem er nchereed. daß er das Recht habe, in sei⸗ nem Vortrage fortzufahren, und wenn ihm das nicht zugestan- den wuͤrde, wollte er auf ein Amendement antragen. Lord Wynford: „Ich fuͤrchte, daß dies jetzt zu spaͤt ist.“ Der Lord⸗Kanzler: „Dann will ich meine Rede zu Ende bringen.“ Lord Wynford: „Haͤtten Sie ein Amendement vorschlaaen