1836 / 14 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

ten, Daniel Webster, den Sohn eines Soldaten der Revolution, den Zoͤgling der Schulen Neu⸗Englands, den eigenen Gruͤnder seines Ruhms und seines Gluͤcks, der als Buͤrger, als Redner, als Staatsmann und als Patriot im ganzen Lande bekannt und geachtet ist, und wir fordern sie auf, alle ihre Anstrengungen dahin zu vereinigen, daß das hoͤchste Amt, welches die Constitu⸗ rion verleihen kann, ihrem geschicktesten Vertheidiger uͤbertra⸗ gen werde.“

Berlin, 11. Jan. Auf der hiesigen Friedrich⸗Wilhelms⸗ Universitaͤt befanden sich in dem Semester von Ostern bis Mi⸗ chaͤelis 1835 1651 Studirende; davon sind 386 abgegangen und dagegen fuͤr das Semester von Michaelis 1835 bis Ostern 1836 hinzugetreten 508, so daß die Gesammtzahl der gegenwaͤrtig im⸗ matrikulirten Studirenden 1773 betraͤgt. Hiervon zaͤhlt die theo⸗ logische Fakultaͤt 507 (worunter 129 Auslaͤnder), die juristische Fakultaͤt 559 (141 Auslaͤnder), die medizinische Fakultaͤt 366 (139 Auslaͤnder) und die philosophische Fakultaͤt 341 (109 Aus⸗ Under). Außer diesen immatrikulirten Studirenden besuchen die Universitaͤt noch als zum Hoͤren der Vorlesungen berech⸗ tigt: 169 Personen, so daß im Ganzen 2242 an den Vor⸗ lesungen Theil nehmen. Die Zahl der Lehrer, sowohl an ordent⸗ lichen und außerordentlichen Professoren, als an Privat⸗Docenten, betraͤgt in der theologischen Fakultaͤt 15, in der juristischen 12, in der medizinischen 41 und in der philosophischen 77; in Summa also 145, wozu noch 7 Sprach⸗ und Exerzitien⸗Meister kommen.

Der in Marienwerder bestehende Verein zur Blin⸗ den⸗Unterstuͤtzung in Westpreußen hat kuͤrzlich seinen acht⸗ zehnten Jahres Bericht abgestattet. Es ergiebt sich aus dem⸗ elben, baß im Laufe des verflossenen venen seitdem 3 verstorben, mit 641 Rthlr. 15 Sgr. 6 Pf. un⸗ terstözst worden sind. Die Neben⸗Ausgaben beliefen sich auf

üthir. 7 Sgr. 6 Pf., so daß die Gesammt⸗Ausgabe 708

hir. 23 Sgr. betrug, das ist 31 Rthlr. 28 Sgr. mehr als im hre 1834. Die Einnahme belief sich auf 300 Rthlir. 6 Sgr. Pf, das ist 15 Rthlr. 26 Sgr. 6 Pf. weniger als im Jahre 887. Die Mehr⸗Ausgabe von 408 Rthlr. 16 Sgr. 4 Pf. hat zonach aus den Zinsen des bestehenden Stamm⸗Vermoöoͤgens von 56 Rthlrn. und aus den fruͤher gesammelten Bestaͤnden bestri⸗ weeden muͤssen.

—Eine summarische Zusammenstellung der eingegangenen eisten über die Brunnen⸗ und Bade⸗Gaͤste, welche in der Bade⸗ Samon des Jahres 1835 die vorzuͤglichsten Baͤder und Brunnen⸗

der Provinz Schlesien besucht haben, ergiebt folgende Re⸗ muitaie In Warmbrunn waren 10360 Familien und einzelne Gezste; in Salzbrunn 905, in Landeck 342, in Altwasser 339, in

ner; 146, in Cudowa 138, in Langenau 73 und in Charlotten⸗ brung 60; in Summa 3039. Aus einer Vergleichung dieser Reuitote mit denen des Jahres 1834 stellt sich bei diesen saͤmmt⸗ chen Bade⸗ und Brunnenorten eine Abnahme der Frequenz und zwar bei Warmbrunn um 127 Familien und ein Gaͤste, bei Salzbrunn um 210, bei Landeck um 57,

Iltwasser um 95, bei Reinerz um 152, bei Cudoma

4*¹, bei Langenau um 27, und bei Charlottenbrunn um 9. Der Gesaiumtausfall betrug hiernach im Vergleich mit dem Jahre 1834 726. Außer der bei Warmbrunn angegebenen Zahl von Badegzaͤsten kamen im verflossenen Sommer theils zum Vergnuͤ⸗ gen, theils in Geschaͤfts⸗Angelegenheiten dorthin: 650 Famtlien und eluzeine Personen.

Der zu Goͤrlitz verstorbene Rentier von Schrickel hat der dasigen Kommune die Summe von 5000 Rthlr. zur Errich⸗ tung einer Armen⸗Beschaͤftigungs⸗Anstalt ausgesetzt.

Das zu Brrslau verstorbene Stifts⸗Fraͤulein Franziska von Aulock hat zum massiven Bau der katholischen Kirche in Seichwitz, Regierungs⸗Bezirk Oppeln, 1000 Rthlr. in Pfand⸗ briefen vermacht.

Man schreibt aus Koblenz unterm 8ten d. M.: „Zu der in diesem Jahre stattfindenden tausendjaͤhrigen Jubelfeier der Einweihung unserer St. Castorkirche hat die Koͤnigl. Cisen⸗ huͤtto zu Sayn ein kleines Basrelief anfertigen lassen. Dieses schoͤne Etablissement läͤßt naͤmlich jedes Jahr ein Basrelief nut

e Reinet

F gr vLwnn,

irgend einem interessanten, zeit⸗ und ortsgemaͤßen Gegenstande

modeltiren, wovon Abguͤsse in Eisen mit der entsprechenden Jahreszahl ausgegeben werden und auch kaͤuflich zu haben sind. Zn den Darstellungen sind manche interessante antiquarische oder architektonische Denkmaͤler, wovon die Originale sich in den Pro⸗ vinzen des Rheines und von Westphalen befinden, gewaͤhlt wor⸗ den. Noͤggerath's Rheinische Provinzial⸗Blaͤtter, 1834, 12. Heft, haben eine beschreibende Uebersicht der bereits erschienenen kleinen Gallerie geliefert. Die Darstellung der St. Castorkirche ist ganz besonders gelungen; die Inschrift des Basreliefs: „S. Castor- kirehe zu Koblenz, einge weiht DCCCXXXVI. Zur tausend- fährigen Jabelfeier“ ist mit den Schriftzuͤgen jener Zeit gegeben. Das Eisen⸗Basrelief ist von einer gedruckten Notiz begleitet, fol⸗ genden Inhalts:

„„Die Castorkirche zu Koblenz, vom Trierschen Erzbischofe Hetti erbaut, ward 835 eingeweiht und in dem naͤmlichen Jahre vom Kaiser Ludwig dem Frommen besucht und begabt, 860, 922 und oͤsters zu Kirchen⸗Versammlungen gebraucht, dann schon im 11. Jahtrh, durch Verfall und Brand beschaͤdigt. Hier predigte im 12 en Jahrhundert Bernard, Abt von Clairvaux, mit solchem Feuer⸗Eifer, daß uͤber tausend Grafen, Ritter und Buͤrger, zuerst ein Herr auf Ehrenberg, das Kreuz nahmen. Viel historisch Denkwuͤrdiges ist sonst noch von der Kirche bekannt. Ein Propst Bruno erbaute zwischen 1157 und 1201 einen neuen Chor (wahrscheinlich nur den aͤußern Mantel desselben) mit bei⸗ den Nebenthuͤrmen, Erzbischof Johann das Schiff und Transept und weihte die Kirche aufs Neue 1208. Das reich verzierte Gewoͤlbe des Mittel⸗Schiffs ersetzte um 1498 die sruͤhere Holzdecke. Restaurationen den statt, einmal 1785 nach der großen Ueberschwemmung, und dann 1830. Der Grundriß der Kirche gehoͤrt zu den besten; die Weite des Schiffes und die gluͤcklichen Verhäͤltnisse der Arkaden machen das Innere wahrhaft erhebend. Die vier⸗ eckigen Pfeiler sind auf jeder Seite mit Halbsaͤulen verziert, und zeigen den Anfang des Ueberganges von den Roͤmischen Bo⸗ genstellungen zu den gebuͤschelten Pfeilern der Kirchen des 13ten Jahrhunderts. Im Chore herrscht noch der Halbkreisbogen, aber die Giebel der Thuͤrme sind schon spitzig und scheinen eben⸗ falls den Uebergang zu der spaͤtern sogenannten gothischen Bau⸗ art vorzubereiten. Wie viel von dem urspruͤnglichen Baue in den dermaligen aufgenommen ist, moͤchte schwer ganz genau zu ermitteln seyn.““

Verichtigung: In Nr. 11 der Staats⸗Zeitung Seite 46, Spalte 3, Zeile 26 statt „Fabel“ ist „Gabel“ zu lesen.

ü t gefaͤhrlichen Nebenbuhler. Jahres 105 Personen, von

lers dankbarer vergdolte.

farbigen Malerei moͤglich sind. breingen zeigte

den Engolischen messen

der Kirche fan⸗

54 iteratur und Kunst.

Neue Kupfer⸗ und Stahlstiche. Viele Ursachen kamen zusammen, um das Gedeihen des Kupfer⸗ stiches bei uns auf laͤngere Zeit zu hemmen. Unter diesen nachthei⸗ ligen Einfluͤssen steht wohl eine allgemeinere obenan, das Aufbluͤhen einer rivalisirenden Kunst, einer leichtern und wohlfetlern Art der Vervielfaͤltigung, des Steindrucks. Und doch war dieser nicht im Stande, durch sich selbst den Nachtheil zu verguͤten, welchen er dem Kupferstich anfangs gebracht hat. Er kann ihn nicht ersetzen, weder in der Praͤcision, noch Eleganz, weder in der Faͤhigkeit, das Farbige wieder zu geben, noch auch an geistreicher, durch und durch belebter Zeich⸗ nung. Der Cragyon ist freilich viel foͤrderlicher, eine Flaͤche zu be⸗ decken, als der immer einzelne Strich der Nadel oder des Stichels, allein die letzteren geben nicht bloß im Umriß eine viel ausdrucksvollere Schaͤrfe, sondern auch bei dem Schatten giebt die Lage der Schraf⸗ firungen und Taillen außer dem Dunkel auch noch bestimmteste Zeichnung der Form an jeder Stelle. Endlich ist aber die bald fei⸗ nere und engere, bald staͤrker und durchsichtiger angelegte Haltung der Lagen beigleichem Gradeder Dunkelheit doch der Wirkung nach durch⸗ aus verschieden, und vollends geben die mannigfaltigen Kreuzungen, bald geradlinig und rechteckig, bald in Curven verschiedentlich ver⸗ schoben, einen großen Umfang von Toͤnen, wogegen der Lithograph, bloß abhaͤngig von dem Korn des Steins nichts aͤhnliches erreichen kann. Also fuͤr alles, wo es auf feste Sicherheit und eine gleichsam abschließende Vollendung der Zeichnung ankommt, und wiederum, wo es gilt, dem Maler die gelungensten Effekte der Farben⸗Erscheinungen nach⸗ zubilden, wird der Kupferstich auch neben dem Steindruck sein un⸗ geschmaͤlertes Recht behaupten. Ja, beide Kunstarten koͤnnen hier⸗ nach kaum mwit einander collidiren; aber waͤhrend der vollendende Grabstichel zu hoch uͤber dem leichter entwersenden Crayon des Li⸗ thographen steot, scheint eigentlich nur die Radirung gelitten zu haben, um so mehr, als man auch schon mit leicht skizzirender Fe⸗ der auf Stein zeichnet; hat doch sogar der Holzschnitt auf seinem Felde an dem sogenannten lithographischen Hochdruck schon enen

Aber noch von einer ganz anderen Seite her hatte der Kupferstich eine Uebersluͤgelung zu befuͤrchten. Waͤhrend der Kuͤnstler oft Jahre lang, gebuͤckt, unter der Lupe arbeitend, uͤber sei⸗

ner Platte sitzt, haͤlt nachher das fertige Kunstwerk nur eine maͤßige ist geringer als der vorhergehende;

aus. Jeder spaͤtere Abdruck man weiß, wie Werth und Preis sich vor und nach der Schrift unterscheiden, und nach einigen hundert Abzuͤgen ist die Platte unbraͤuchbar. Man⸗ mußte also lebhaft nach einem andern Material suchen, das durch groͤßere Haͤrte sich laͤnger erhtelte, und also den Fleiß des Kuͤnst⸗ Dies fand man in dem auch wohl scwon von aͤlteren Meistern einzeln angewendeten Stahl. Man hat von der gravirten Stahlplatte 20,000 Abzuͤge gemacht, und den letzten fast dem ersten gleich befunden. Welche Aussicht also fuͤr die In⸗ dustrie. In der That fiel die neue Kunstuͤbung nur allzuseyr in die

Anzahl von Adbdruͤcken

Haͤnde derselben, und zwar zunäͤchst in dem Lande der Industrie, in

England. Alsbald blieb man auch nicht mehr bet der kuͤnstlerischen Hand stehen: man wendete Maschinen an, und die so erreichte mi⸗ kroskopische Feinheit schien Negesehenes zu leisten Man erreichte eine Zartheit der Toͤne, de sich besonders fuͤr Landschaft empfahyl, fuͤr den Himmel und die Ferne; und man konnte so unendlich feine

Abstufungen der kaum mit unbewaffnetem Ange erkennbaren Schraf⸗

firungen bis ins heuste Weiß des blendenden Paviers geben, daß sich dadurch sogar noch groͤßere Licht⸗Effekte gewinnen ließen, als sie der Wir Deutschen staunten diese Dinge mehrere Jabre lang an, außer Stand, etwas Aehnliches hervorzu⸗ Da maͤchte Frommel eine Reise nach England; er die Weekstaͤtten, man verschloß ihm nichts, man ihm Alles, und nach seiner Ruͤckkehr gab es bald Deutsche Staͤhlstiche, die sich freilich noch nicht mit konnten. Mittlerweile hatte man sich aber auch von dem Staunen erholt, und begann die Sache auch noch von einer anderrn Seste anzusehen. Die Feutheit der Maschinen⸗Arbeit bebhaͤlt zuletzt doch etwas Todtes, eine Rich⸗ tung auf den bloßen Licht⸗Effekt fuͤyrt zu Overflaͤchlichkeit und Ma⸗ nier, und selbs die Wirkung stumpft sich durch die Wiederkehr ab. Man will gern ein gut Theil jener mechanischen Vollendung mis⸗ sen und sehnt sich, in den freien Zuͤgen der Kuͤnstlerhand Charakter und Auffassung, Leben und Geist zu erblicken. In solchem Sinn ist denn das, was den Deutschen Stahestichen im Vergleich zu den Englischen fehlt, nicht immer zu beilagen: man ist naͤber zuruͤckge⸗ gangen zu einer Behandlung, aͤhnlich der des Kuͤpferstichs, und ist nur um einige Grade der Sauberkeit vorgeschritten. In der That steht, eben weil man die richtige Mitte teifft, gegenwaͤrtig der Oeut⸗ sche Stahlstich schon auf einer bedeutenden Hoͤhe, und wenn der Nichtkenner noch oft die mehr aͤußerliche Feinbeit selbst dee gewoͤhn⸗ lichen Englischen Fabrik⸗Blaͤtter vorzieht, so ist doch vo auszusehen, daß sich auch dies aͤndern werde mit dem wachsenden Geschmack.

befuchte

uch

Dennoch hat auch der Stahlstich den Kupferstich auf seinem

eigenthuͤmlichen Felde kaum beeintraͤchtigen koͤnnen. Jener ist doch nur mehr fuͤr Miniaturstuͤcke, fuͤr Arbeiten von minutioͤser Ausfüͤh⸗ rung; allein fuͤr die kraͤktige Handhavung des freien Grabstichels, kurz fuͤr die hoͤchsten Leistungen der Gravirkunst wird doch nach wie vor das Kupfer verbleiben. So kehrt man denn auch bei uns, nach⸗ dem anfangs eine gewisse Pause eingetreten schien, wieder dahin zu⸗ ruͤck, und zuversichtlich gebht man fort auf der alten Bahn. Wir haben hier zunäaͤchst ein neu erschienenes treffliches Blatt von J. Casper, Titian's Tochter darstellend, Sr. Maj. dem Kdnige gewidmet, nach einer Zeichnung von Eichens. Herr Eduard Eichens nahm vor mehreren Jahren diese Zeichnung nach dem be⸗ wunderten Bilde in Florenz, einem der trefflichsten Werke von Ti⸗ tian's Pinsel, in der Absicht, selvst einen Kupferstich danach zu ar⸗ beiten. Allein anderweitig in Anspruch genommen, trat er die Ar⸗ beit ab, und wir haben dabei wenigstens nichts verloren, da beide Kuͤnstler in ruͤhmlichem Wetteifer begriffen sind. Ein guͤnstiges Schicksal wollte unterdessen, daß das Bild selbst in den Besitz unseres Museums kam, als eine der bedeutendsten Acquisitionen: der Kupferstecher war nun um so besser unterstuͤtzt, aber auch die Forderungen steigerten sich. Das Gemaͤlde stellt des Kuͤnstlers Tochter Lavinia dar, von kraͤftiger unter⸗ setzter Gestalt, von hellblondem Haar und leuchtender Carnation, ge⸗ kleidet in schweren Goldstoff; sie haͤlt eine mit Fruͤchten beladene silber ne Schuͤsselempor, als ob sie eben dieselbe herabgelangt haͤtte: ein einfaches Motiv, was ganz besonders geeignet ist, eine lebendige Wendung der

Gestalt zu zeigen, welche bier mit frischem Koͤpschen aus dem Bilde

herausschaut. Bekanntlich giebt es Wiederholungen dieses Bildes, unter andern in Spanien (mit einem Kopf auf der Schuͤssel); aber das unsrige ist nicht bloß das anmuthigste, sondern auch das ein⸗ fachste, und insofern gewiß das urspruͤnglichste, der Natur unmittel⸗ bar abgesehene. Wir besitzen darin auch zugleich ein Werk aus Ti⸗ tian’'s Culmination, denn waͤhrend er hier schon zur freiesten Meister⸗ schaft und kuͤhnsten Behandlung der Farbe gediehen war, zeigt sich doch noch nicht jene bequemere Schnellfertigkeit seiner alternden Hand. Gewiß also keine kleine Aufgabe fuͤr den Kupserstecher, denn er durfte sich weder die Kraft des Farben⸗Zaubers, noch auch den Reiz, welcher in der Energie dieses sichern, breiten Pinsels liegt, entgehen lassen. Nach unserm Gefuͤhl war nun der Kuͤnstler in der Behandlung des Fleisches am gluͤcklichsten; in dem Ausdruck⸗ der Stoffe, in der Nachahmung der Farbentoͤne und namentlich in dem Wiedergeben des Titianischen Pinsels scheint er zwar noch nicht das Aeußerste erreicht zu haben, ganz besonders aber gelang es ihm, die Fruͤchte auszudruͤcken, wo er uͤberall mit Geist den Laͤunen der freien Meisterhand Titian's nachgefolgt ist

Hier schließt sich eine treffliche Arbeit des obengenannten Herrn Eduard Eichens an, welche vor einigen Wochen an die Mitglieder des Kunst⸗Vereins unter andern Blaͤttern ausgegeben wurde. Sie stellt die von der vorletzten Ausstellung her bekannte Madonna von Steinbruͤck dar, welche, das Christkindlein auf dem Arm, eben aus der Thuͤr ihres Hauses in ihr Gaͤrtlein tritt, die Hand in dem Griff der geoöffneten Thuͤr ein eben so einfacher,

als gluͤcklicher und eigenthuͤmlich malerischer Gedanke. Und so hatt auch das ganze Gemäaälde in seiner Durchfuͤhrung eine einfache d artigkeit und eine edle Ruhe: in diese Stimmung nun ist der empfän liche Kuͤnstler vortrefflich eingegangen, und man sieht durchhin eine solide, aber nicht prahlerische, sondern anspruchslose Behandlunn bei welcher allein diejenige Lieblichkeit und Innigkeit wieder ersche nen konnte, welche das Bild besitzt. Diese Sinnesart macht denn auch Herrn Eichens ganz besonders berufen, das kostbare Jugenn werk Raphael's, welches neuerdings in den Besitz unseres Museums gekommen ist, auf die Kupferplatte zu uͤbertragen. Vielleicht ist die Vollendung nicht mehr fern.

Die uͤbrigen fuͤr das Jahr 1835 von dem Kunst⸗Vereine ausge gebenen Blalter, bekanntlich nach den jedes Mal erworbenen um an die Mitglieder verloosten Gemaͤlden und Skulpturen, sind dieg⸗ mal in Stahl gestochen. Wahrscheinlich noöͤthigte hierzu die wach⸗ sende Zahl der Mitglieder; der Steindruck wenigstens reichte in fruͤheren Jahren bei weitem nicht aus, fuͤr alle Mitglieder gut, Abdruͤcke herzugeben. Aber diese Stahlstiche haben nichts gemein mit den Englischen; viel eher ließen sic sich mit der Behanz⸗ lung aͤlterer Deutschen Meister vergleichen. Es sind Umrisse mit wenig Schattirung: als solche zunaͤchst geeignet, mmn Skulpturen abzubilden, denn bei den ausgefuͤhrten den mußte man die Lichtwirkung und allgemeine großentheils aufgeben, und die Bilder erhielten ein gleich⸗ sam reltefaͤhnliches, also zuweilen fremdartiges Ansehen. Her. Mandel, einer unserer ausgezeichnetsten Kupferstecher, hat aber der bewiesen, daß dieser Uebelstand sich auch in der gewaͤhlten Man⸗ durch Geschick und namentlich durch Benutzung der kalten Nazt recht gut vermeiden lasse. Seine Stahlstiche fuͤr den Kunst⸗Veren baben etwas sehr Zartes und Ansprechendes, vor allem der nach van Kloͤbers vortrefflichem Bilde, „Bachus und Nymphen, das Panthe⸗ gespann traͤnkend.“ Gr.

Haltun

EI1n““ Meteorologische Beobachtung. 1836. Morgens Nachmittags Abends Nach einmaliger 11. Januar. 6 Uhr. 2 Uhr. V 10 Uhr. Beobachtung. CAà FENIIneön 8 —— Luftdrubcb 335 64“ Par. Luftwärme. Thaupunkt... Dunsisättig. Wetter

Quellwärme 7,0 0 . Flußwärme 0,0 °) R. Bodenwärme 0,9 0 8%

95 pEt. Ausdünstung 0,036“ SW. Niederschlag 0,051 N; 1 Nachtkälte 1,109

1,6 0 R. 3,60 R. 84 vCt.

33 4,54“Par. 333,55“‧ Par. 1,00 R. 80 pCt. halbheiter.

1

0,8 0 R. 1,4 9 R.

4379„2 SW.

Wolkenzug SW. Tagesmittel: 334,58“ Par...

8 Den 12. Januar 1836. Amtlicher Fonds- und weld-Cours-Zettel. 2 Pr. Cour. 8 Pr Gonc Brief. Geld. 8 Brick. Geld. 102 101 ½ sostpr. Pfandbr. 4 1025 ⁄8 1005 6 100] Pomm. do. 4 105 1 4 61 1½2 %60 Kur- u. Neum. do. 4 101 1 Kurm. 0 b l. m. I. C. 101 ¾ 101 9 Schlesische do. 4 197 —/½ Nm. Iut. Sch. do. 1901 Rückst C. und Z. Berl. Stadt-Obl. 102 Sch. d. K. u. N. Königsb. do. Elbinger do. [1⅔ Gold al marco Danz. do. in 44 Neue Duk.

St.-Schuld-Sch. Pr. Engl. 0b1. 30.* PrämSch d. Sech-

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10⁄¾ 100 %G

1 102 ¼ 103 ¼

. Westpr. Pfandbr. 4 102 ¾ Friedrichsd'or Grossh. Pos do. Disconto

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Groß⸗

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250 Fl. Kurz 250 Fl. 2 Mt. 300 Mk. Kurz 300 Mb. 2 Mt. 1 LSt. 3 Mt. 300 Fr. 2 Mt. 150 Fl. Mt. 150 Fl. 2 n 400 Thl. 2 Mt. 100 Thl. 8 Taoge 103 150 Fl. 2 Mt. 103 ½ 100 Rbl. 3 Woch.

Amsterdam

do. r,

8 81571 103 103 ¾ 1035⁄8 691„ 9 G

Wien in 20 Augsburg Breslau Leipzig Frankfurt à Petersburg

Auswärtige Börsen. Amsterdam, 7. Januar. Niederl. wirkl. Schuld 56 5 % do. 103. Kanz-Bill. 241 ⁄6. 5 % Span 52 ¼⁄ 1. Passive 17 ½1. Ausg. Schuld 26 ELinsl. 10 ¾.

260 Preuss Priüim.-Scheine 105 ½. Poln 127 Oesterr. Met. 99716. Antwerpen, 6 Januar.

Ausg. Schuld —. Zinsl. 195⁄1. Br. u. G. Neue

Passivée 17 ⅛. Anl. 51 . 9. Januar.

40 % 99 16 99 1

Frankfurt a. M.,

Oesterr. 5 % Metall. 102 ¼. 102 G 1 A6 2 1 1 59 . 1 % 25 G Bank-Actien (669. 1668 Fartial-Obl. 140 G Loose zu 500 Fl. 118 ⅞. 118 ⁄¾. Loose zu 100 Fl. 2 98 Br. Preuss. Präm.-Sch. 60 ⅛6 59 ¼ do. 4 % Anl. 98 ⅛⅞. G. Polga. Loose 70 6. 5 % Span. Anl. 51 ¼2. 51. 2 ½ % Hol.

92615 2₰ 70201.

Paris, 6. Januar.

5 % Rente pr. compt. 108. 70. iin cour. 108. 90. 3 % compt. 81. 20. fin cour. 81. 45. 5 % Neap. 98. 55 5 % Spa. Rente 51. Passive 16 ¾. Neue Ausg. Sch. Ausg. Sch. 18 ¾ 3 % Portug. —.

Koͤnigliche Schauspiele. Mittwoch, 13. Jan. Im Opernhause: Wallenstein's La⸗ ger, Schauspiel in 1 Akt, von Fr. v. Schiller Hierauf: Die jungen Pensionairinnen, komisches Ballet in 1 Akt, von Ph. Taglioni. 1 Im Schauspielhause: 1) La lectrice, drame-vaudeville en 2 ackes, par Mr. Bayard. 2) Le jeune homme à marier, vaudeville en 1 acte, par Scribe. 1 Donnerstag, 14. Jan. Im Schauspielhause: Zum ersten⸗ male: Kerker und Krone, Schauspiel in 5 Abth., vom Baron v. Zedlitz. 1 1 .

—,.———

Koͤnigstädtisches Theater.

Mittwoch, 13. Jan. Die Familien Capuletti und

tecchi, Oper in 4 Abth., mit Tanz. Musik von Bellini. Gerhardt: Guilietta. Dlle. Haͤhnel: Romeo.)

2

———y—

Mon⸗ (Dlle.

Belmonte und Constanze“ nicht gegeben werden. Die dazl 71 1I“ 2 . 468 8 941 5 SArJ i ulti bereits gekauften Billets bleiben zur heutigen Vorstellung guͤltig,

nommen werden. Donnerstag, 14. Jan.

sten, Posse in 5 Akten, von L. Angely. Vorher:

trank, Posse in 1 Akt, von W. Achat.

Die Reise auf gemeinschaftliche Ko⸗ Der Liebes⸗

Gedruckt bei A. W. Hayn.

Wegen Unpaͤßlichkeit der Dlle. Muzzarelli kann die Oper: sch

oder kann der Betrag dafuͤr bis 6 Uhr Abends in Empfang ge⸗

Allgemeine

reußische Staats⸗Zeitu!

DBerlin, v geneor

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=

Amtliche Nachrichten. Kronik des Tages.

Se. Koͤnigl. Hoheit der Prinz Karl ist von Tilsit hier

ble .

Rußland.

St. Petersburg, 5. Jan. Se. Majestaͤt der Kaiser haben dem Kommandanten der hiesigen Festung, General der Infanterie, Ssukin, den Andreas Orden, dem General⸗Lieutenant Ssulima den Alexander⸗Newski⸗Orden, den General Lieutenants Graf Apraxin I., Bernikof und Annenkof I. den Wladimir Or⸗ den zweiter Klasse und dem General⸗Major Wachsmuth I. den Annen⸗Orden erster Klasse verliehen. 1

In Russischer Sprache sind „statistische Nachrichten uͤber Rußlands auswaͤrtigen Handel“ erschienen, deren Verfasser, Herr Nebolsin, von Sr. Mafestaͤt dem Kaiser einen Brillant⸗ Ring erhalten hat.

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Paris, 7. Jan. Der Koͤnig fuͤhrte gestern den Vorsitz in Minister⸗Rathe und ertheilte dem Marschall Gérard eine Audienz.

Nachstehendes ist die Rede, die der Herzog von Broglie in der gestrigen Sitzung der Pairs⸗Kammer auf die Declama⸗ ionen der Grafen von Tascher und Montalembert zu Gunsten der Polnischen Nationalitaͤt hielt:

„M. H. Mit Vergnuͤgen pflichte’ ich den Gesinnungen der Nenschlichkeit, Billigkeit und hochherzigen Theilnahme bei, die dem

sten Redner seinen Vortrag eingegeben haben; indessen nehme ich ir die Freiheit, ihn daran zu erinnern, daß er ungerecht egen das Ministerium von 1831 ist, wenn er zu verstehen giebt, die damalige schwierige Lage der Regierung es unserm kabinette nicht gestattet habe, der Polnischen Nation die⸗ nige Theilnahme zu widmen, die sie uns immer einflͤ⸗ len wird. Selbt in jener gefahrvollen Zeit, wo die innern ngelegenheiten Frankreichs dem Ministerium so viel zu schaffen machten, hat dasselbe fuͤr die Polnische Nation gethan, was es nur mnmer vermochte; es hat mehr als irgend ein anderes Kabinet ge⸗ an, und wenn jemals die Geschichte die damalige diplomatische orrespondenz ans Tageslicht foͤrdern sollte, so darf ich mir schmei⸗ eln, daß man dem beruͤhmten Staatsmanne, der zu jener Zeit im inister Rathe praͤsidirte, Gerechtigkelt widerfahren lassen werde. as damals in dem Interesse der Menschlichkeit und der Gerech⸗ gkeit geschehen, das hat die Regierung seitdem auch im⸗ er gethan, so lange sie glauben durfte, daß ihre Verwen⸗ ung den Polen von Rutzen seyn koͤnne. Gewiß habe ich icht erst noͤthig, eine so einsichtsvolle Versammlung, wie die airs⸗-⸗Kammer, daran zu erinnern, mit wie vielen Ruͤcksich⸗ in und mit welcher Schonung die Einmischung eines Staates ndie innere Verwaltung eines andern stattfinden muͤsse, wie leicht uan durch eine solche Einmischung politischen Groll weckt und erade das, was man gut machen will, nur noch mehr verdirbt. Die kammer wird mich hoffentlich verstehen. Ich sage, daß die Fran⸗ isische Regierung ihre Verwendung in dem Interesse der Mensch⸗ schkeit niemals vorenthalten habe; indessen duͤrfte der gegenwaͤr⸗ ige Augenblick nicht gerade geeignet seyn, der Menschlichkeit zu enen, ja es duͤrfte der guten Absicht der Kammer geradezu zuwi⸗ er laufen, wenn man von dieser Rednerbuͤhne herab in die Regie⸗ 1- dringen wollte, noch mehr zu thun, als sie bereits gethan hat. 8 sst oft zu befuͤrchten, daß Worte, die von einem hochherzigen ffuüͤhle eingegeben werden, gerade die entgegengesetzte Wirkung dervorbringen, daß sie im Auslande die Erbitterung nur vermehren, ünd daß die Sache der Menschlichkeit nicht den mindesten Nutzen araus zieht. Doch genug: der vorige Redner hat selbst die Bemer⸗ ing gemacht, daß die Sprache eines Organs der Negierung eine dere, als die eines einzelnen Mitgliedes dieser Kammer seyn muͤsse. ch enthalte mich daher, auf die einzelnen Betrachtungen der vori⸗ ee Redner einzugehen, indem ich leicht zu viel oder zu wenig sagen no falsch verstanden werden koͤunte. Was dagegen die Frage uͤber e bestehenden Traktaten betrifft, so will ich sie noch ganz kurz be⸗ andeln. Niemand in Europa wird in Abrede stellen, daß alle Ver⸗ üge nach ihrem Buchstaben und nach ihrem Geiste getreutich er⸗ Utwerden muͤssen; was nun aber den Artikel desjenigen Traktats betrifft, uf den die beiden vorigen Redner angespielt haben, so befinden sich in emselben verschiedene Prinzipien, die an sich zwar nicht unverein⸗ ar sind, doch aber beiden Theilen zu Gute kommen muͤssen ich 1 die Unabhaͤngigkeit Polens einerseits und dessen Vereinigung iit Rußland andererseits. Der Artikel, der diese beiden Grundseaͤtze uthaͤlt, ist nicht mit derjenigen Klarheit abgefaßt, die man wohl bünschen koͤnnte; er gestattet den verschiedenen Maͤchten, welche die bfsct Kongreß⸗Akte unterzeichnet haben, denselben verschiedenartig unzulegen. Gesetzt nun, diese Maͤchte waͤren nicht einerlei Mei⸗ 11 uͤber den Sinn des mehrerwaͤhnten Artikels; gesetzt, die Ei⸗ 18 güäben dem Prinzipe der Unabhaͤngigkeit und Nationa⸗ 9 Polens, die Anderen dagegen dem Prinzipe der Ein⸗ un zwischen den beiden Kronen Rußland und Polen eine e Ausdehnung; gesetzt, man koͤnnte sich hieruͤber nicht sofort aͤndigen, „soll deshalb gleich zu den Waffen gegriffen werden? schwerlich duͤrfte die Kammer dieser Meinung seyn. Es verhaͤlt ghemit der Aufrechthaltung der Verbindungen zwischen den ver⸗ een Regierungen, wie mit der Aufrechthaltung des Einver⸗ esh füses zwischen den verschiedenen Staats⸗Gewalten im Innern: iche b, daß Meinungs⸗Verschiedenheiten obwalten, braucht man . gleich zu den aͤußersten Mitteln zu schreiten. Es ist Sache ie Pölitit, der freien Eroͤrterung, der Vernunft, der Zeit, dem eaca Rechte und der Wahrheit den Sieg zu verschafen. Eben so W1 t es sich hier. Wir vertrauen auch in der vorliegenden Streit⸗ 9* der Vernunft und der Zeit, und hoffen, daß Sie dieses Ver⸗ en mit uns theilen werden.“ wiNachdem noch die Herren Villemain, Barbé⸗Mar⸗ ü h Dubouchage ihre Meinung abgegeben hatten, wur⸗ 8 ie 5 ersten Paragraphen der Adresse unveraͤndert angenom⸗ Bei dem sechsten, der von Spanien handelt, verlangte

Herr Dreux⸗Brézé das Wort, und aͤußerte sich im Wesent⸗ lichen folgendermaßen:

„Meine Herren, ich kann diesen Paragrapben nicht voruͤberge⸗ hen lassen, ohne Einiges uͤber die Lage zu bemerken, in welche die von dem Ministerium in Bezug auf Spanien befolgte Politik uns versetzt hat. Der Quadrupel⸗Allianz⸗Traktat ist der einzige große diplomatische Akt der Juli⸗Regierung. Die Revolution von 1830 hatte die Verhaͤltnisse, die zwischen Frankreich und den benachbarten Maͤchten bestanden, ganfaich veraͤndert. Frankreich stand gleichsam moralisch isolirt da; der Buͤrgerkrieg, der in Spanien ausbrach, verschaffte der Regierung eine Gelegenheit, wenn auch nicht die al⸗ ten Verhaͤltnisse wieder anzuknuͤpfen, doch andere zu schaffen, die den Maͤnnern, welche mit der Leitung der oͤffentlichen Angelegen⸗ heiten beauftragt waren, und der neuen Existenz des Landes ange⸗ messener schienen. England, dessen Politik auf einem gro⸗ ßen merkantilischen Gedanken beruht, üuͤberließ sich kurz nach der Juli⸗Revolution ebenfalls einer Bewegung, die sich mit dem, was in Frankreich vorgefallen war, zu vermischen schien, die sich aber bis heute nur als eine Modisication gewisser Formen darstellt. Diese gleichzeitigen Umstaͤnde, so unaͤhn⸗ lich sie im Grunde waren, trugen nichtsdestoweniger dazu bei, daß die beiden Regierungen sich einander naͤherten. Die Regierungen der Pyrenaͤischen Halbinsel, in ihrer neugeschaffenen und zweifelhaf⸗ ten Stellung, nahmen keinen Augenblick Anstand, die ihnen von England und Frankreich angebotene Allianz anzunehmen, und so wurde der Quadrupel⸗Traktat abgeschlossen. Dieser Traktat, der in seiner Form einen rein politischen Charakter hat, gehoͤrt zu jenen Beschluͤssen, die eine innige Gemeinschaft der Interessen voraussez⸗ zen. Ist dem wirklich so? England ist das Land, welches in neuern Zeiten die meisten Handels⸗ und Schifffahrts⸗Vertraͤge mit allen Voͤlkern der Erde abgeschlossen hat. Seine Politik ist in den letzten hundert Jahren stets dieselbe geblieben. Die politischen Tenden⸗ zen des Auslandes sind ihm immer nur insofern von Interesse, als sie seinen Handel und seine Industeie hemmen oder beguͤnstigen. England unterstuͤtzt, wie man weiß, te nachdem die Vortheile seines Handels es erheischen, die entgegengesetztesten politischen Grundsaͤtze; es erlaubt Ausruͤstungen fuͤr die Legitimitaͤt und fuͤr die Usur⸗ pation, fuͤr die Freiheit und fuͤr die Tyrannei; es giebt Po⸗ len auf, um die Russischen Maͤrkte zu behalten; es erklaͤrt Napoleon den Krieg, und erkennt die Juli⸗Revolution an; es un⸗ terdruͤckt Irland, und redet in Madrid und Lissabon die Sprache der Freiheit. Es ist also erlaubt, zu behaupten, daß es nicht poli⸗ tische Prinzipien sind, die England zum Eintritt in die Quadrupel⸗ Allianz bewogen haben, sondern daß es dazu durch andere Ruͤcksich⸗ ten veranlaßt worden ist. Großbritanien, sagt der Traktat, hat seine Mitwirkung und die Befesttgung der neuen Regierungen mit Ruͤcksicht auf diejenigen besonderen Verpflichtungen versprochen, die aus seiner alten Alllianz mit Portugal hervorgehen. Diese alte Al⸗ lianz ist nun aber eben nichts Anderes, als der im Jahre 1703 un⸗ terzeichnete Traktat von Methuen, durch den, wie Sie wissen, Eng⸗ land ungeheure Handels⸗Vortheile erkangte. Wer England kennt, wird nicht daran zweifeln, daß es keinen andern Zweck hat, als in moͤglichster Ausdehnung diese Vortheile wiederzuerlangen; und wer weiß, ob es dem immer wachsenden Einfluß der Englischen diplo⸗ matischen Agenten in Madrid und Lissabon nicht zuletzt gelingt, dieses Ziel zu erreichen? Wie gut es unser Verbuͤndeter mit uns meint, koͤnnen wir schon daraus ersehen, daß er so sorgfaͤltig bemuͤht ist, die in Frankreich regierende Familie von jedem Einflusse in Europa auszuschließen. Wir brauchen nur an die Koͤnigs⸗Wahlen in Belgien, Griechenland und Portugal zu erinnern. Was den gegenseitigen Beistand betrifft, den sich Spanien und Portugal in dem Quadru⸗ pel⸗Allianz⸗Traktat versprachen, so ist er der Natur ihrer precairen Erxistenz und ihres abenteuerlichen Lebens gemaͤß. Die Politik der Regierungen Spaniens und Portugals, unter den Schutz des Bri⸗ tischen Botschafters gestellt, hat zwischen den drei Maͤchten, die die Halbinsel regieren, wenn aguch nicht eine vollkommene Gleichheit der Interessen, doch wenigstens Entschaͤdigungen festgestellt, die den Traktat fuͤr alle drei nuͤtzlich machen. Die Franzoͤsische Regierung konnte, indem sie jenem Traktate beitrat, kein anderes politisches Interesse haben, als den Grundsaͤtzen, denen ste ihre Existenz ver⸗ dankte, den Sieg zu verschaffen. Wie haben sich aber diese Grund⸗ saͤtze seitdem geaͤndert! Waͤhrend man in Frankreich von dem Be⸗ duͤrfnisse spricht, die moralische Ordnung wiederherzustellen, waͤhrend man den Grundsaͤtzen wieder Eingang zu verschaffen sucht, die fuͤr die Stabilitaͤt und fuͤr die Sicherheit der Staaten nothwendig sind, reicht man in Spanien den Raͤubern der Kirchenguͤter und den Maͤnnern freundlich die Hand, die durch ihre Lehrsaͤtze wie durch ihre Handlungen mit jenen Leuten sympathistren, welche man in Frankreich verfolgt und unserer Gerichtsbarkeit uͤberliefert. Ich frage Sie, m. H., was ist das fuͤr ein Traktat, der uns zwingt, jenseits der Pyrenaͤen revolutionair zu seyn, waͤhrend wir hier die Revolution auf's Aeußerste verfolgen? Frankreich, welches fruͤher seine Theilnahme nur edlen Bewegungen widmete, macht sich gegen⸗ waͤrtig fuͤr die blutgierigen Handlungen verantwortlich, die ein Ge⸗ neral der „unschuldigen Isabella“ an die Stelle der Schlachtfelder setzt. Fremden vertraut es den Ruhm unserer Armeen an. Auslaͤn⸗ dische Hoxden sind damit beauftragt, den Spaniern ein neues Koͤnig⸗ thum aufzuzwingen; Fremde sind es, die zwischen Spanien und dem tapferen Prinzen einschreiten, der durch das Recht der Geburt zum Herrscher uͤber das Land berufen ist. Ich koͤnnte hier, m. H. eine Parallele ziehen, die nicht ohne Interesse waͤre; zwischen Karl V., seinem Muthe, seiner Ausdauer, seiner edlen Hingebung fuͤr das Gluüͤck Spaniens und fuͤr die Aufrechthaltung seiner legitimen Rechte auf die Krone, und dem strafbaren Ehrgeize einer Frau, die die letz⸗ ten Augenblicke eines sterbenden Koͤnigs mißbraucht, um den wahren Erben seiner Rechte zu berauben, um das Land in den Abgrund der Revolutionen zu stuͤrzen.. (Unter⸗ brechung) Herr von Broglie: „Ich verlange das Wort.“ Herr von Dreur⸗Bréz6: „Ich koͤnnte, sage ich, eine solche Parallele aufstellen; aber ich bin in diesem Augenblicke nur mit der Ehre und den Interessen Frankreichs beschaͤftigt. Die kurzen Be⸗ trachtungen, die ich angestellt habe, reichen, glaube ich, hin, um Sie zu uͤberzeugen, daß unsere Politik nicht allein inkonsequent ist, son⸗ dern sich auch zur Mitschuldigen feiger Grausamkeiten macht. Soll⸗ ten die Zwecke der Quadrupel⸗Allianz erreicht werden, so wird das Ministerium finden, daß es ein politisches System unterstuͤtzt hat, welches nicht das seinige ist, und daß es zum Ueberfluß noch die materiellen Interessen Frankreichs aufgeopfert hat.“

Der Minister der auswaͤrtigen Angelegenheiten erwiederte auf die Bemerkungen des vorigen Redners:

„In dem Augenblick, wo die Juli⸗Regierung eingesetzt wurde, fand sie die Erbfolge in Spanien schon veraͤndert; ein durch Karl IV. den Cortes von 1789 vorgelegtes Dekret schaffte das Salische Gesetz ab. Dieser Akt hatte mit Wissen unserer vorigen Regierung stattgefunden, und sie hatte nicht dhegen protestirt. ie Juli⸗Re⸗ gierung fand diesen Zustand vor, sie hat ihn nicht veranlaßt. Bei

dem Tode Ferdinand's VII. traten zwei Praͤtendenten auf; der Eine stuͤtzte sich auf das bestehende, der Andere auf ein abgeschafftes Ge⸗ setz. Die Wahl konnte nicht zweifelhaft seyn. Die gesetzlich einge⸗ fuͤhrte Regierung in Spanien forderte ihre Verbuͤndeten zum Bei⸗ stande auf, um die Ordnung in den Graͤnzen des Voͤlkerrechts wie⸗ derherzustellen. Die Englische Regierung verpflichtete sich, durch ihre Flotten den Insurgenten die Zufuhr abzuschneiden. Frankreich uͤbernahm es, an seinen Graͤnzen die Einfuhr zu Lande zu verhin⸗ dern. Wurde aber dadurch der Handel gehemmt? Nein; denn das Verbot beschraͤnkte sich bloß auf Kriegs⸗Beduͤrfnisse, ein Handel, der auch in Frankreich selbst niemals erlaubt ist. Den Handel mit Spanien hat der Prinz unterbrochen, der in den noͤrdlichen Provin⸗ zen Spaniens die Fahne des Aufruhrs aufgepflanzt hat. In wel⸗ chem Punkte ist England besser behandelt worden, als wir? Wel⸗ ches sind die Vortheile, die man seinem Handel eingeraͤumt hat? Richts ist geaͤndert worden. Diese Erklaͤrungen widerlegen den Haupt-⸗Inhalt der Bemerkungen des vorigen Redners. Es sey mir erlaubt, noch einige Worte uͤber die Taktik hinzuzufuͤgen, mit welcher man alte, laͤngst bestehende Thatsachen hervorzieht, um sie der Regierung zum Vorwurfe zu machen. Man hat an die fruͤ⸗ heren Verhaͤltnisse in Belgien, Griechenland und Portugal erinnert und hat behauptet, daß die Interessen Frankreichs und seine Wuͤrde bei allen Gelegenheiten aufgeopfert worden waͤren:; aber ich wende mich an alle diejenigen, die die Debatten des Parlaments mit Aufmerksamkeit verfolgen hat man dem Englischen Kabinet nicht immer dieselben Vorwuͤrfe gemacht, und muß man nicht aus solchen Widerspruͤchen schließen, daß dieselben mehr ihren Grund in persoͤn⸗ lichen Ruͤcksichten, als in der Foͤrderung der allgemeinen Interessen haben?“ (Beifall.

Der folgende Redner, Baron von Freville, ruͤhmte die Vortheile der Quadrupel⸗Allianz, und schilderte den Nutzen, der fuͤr Frankreich und fuͤr die Rutz⸗ Europas im Allgemeinen aus der engen Verbindung zwischen Frankreich und Großbritanien entspringen muͤsse. Der Herzog von Noailles sagte, er wuͤrde das Wort nicht genommen haben, wenn die Spanische Frage nicht angeregt worden waͤre; so aber wolle er nicht den

Schein haben, als ob er durch sein Stillschweigen eine Politik

billige, die er als mit den Interessen Frankreichs im Widerspruch stehend betrachte. Er behauptete, daß die in der Spanischen Thronfolge vorgenommene Aenderung in dem politischen Syste⸗ me Frankreichs eine gefaͤhrliche Neuerung hervorgebracht habe. Der Redner brachte die Einwendungen des Herrn Dreux⸗Brézé nochmals vor, und gab sein Erstaunen daruͤber zu erkennen, daß eine Regierung, die sich mit dem Namen einer Regierung des Widerstandes schmuͤcke, die Entwickelung revolutionairer Grundsaͤtze in einem benachbarten Lande beguͤnstigen koͤnne. Der Minister des Innern nahm hierauf das Wort und sagte: „Wir ÄEnd wahrhaft erstaunt, daß man, ich will nicht sagen, so lange, aber so lebhaft auf einer Frage dieser Art besteht. Der Regierung wird ihre Politik in Ruͤcksicht auf die Spanische Halbinsel durch ihren Ursprung, durch die gegenwaͤr⸗ tigen Interessen und, ich fuͤge hinzu, durch die ewigen Interes⸗ sen Frankreichs so bestimmt vorgezeichnet, daß es mir nicht moͤg⸗ lich schien, man koͤnne uns den Vorwurf machen, den ich so eben gehoͤrt habe. Man hat, und zwar mit Recht, die Politik Lud⸗ wigs XIV. angefuͤhrt. Diese Politik war zu allen Zeiten die Politik Frankreichs, und stets gab es Umstaͤnde, die Frank⸗ reich und Spanien einander naͤherten und auf beiden Thronen dieselbe Politik, dieselben Prinzipien hervorriefen. Frankreich fuͤhrte, wie Ihnen bekannt ist, Kriege ohne Ende mit Spanien, bis Ludwig XIV. den großen Gedanken faßte, diese Streitigkeiten dadurch zu beendigen, daß er in beiden Laͤn⸗ dern dasselbe Geschlecht auf den Thron setzte. Ein aͤhnliches Beduͤrfniß der Assimilirung fuͤhlte Napoleon; obgleich er Fehler in der Ausfuͤhrung beging, so hatte er doch ganz denselben Ge⸗ danken wie Ludwig XIV. Die Restauration, welche nicht so große Motive hatte, wie wir, glaubte doch, in Madrid nicht eine Po⸗ litik dulden zu duͤrfen, welche der in Paris herrschenden feindlich gesinnt war, und die jetzige Regierung hat, wie alle vorhergehenden, geglaubt, daß in Madrid und Paris dieselbe Politik und analoge Prin⸗ zipien herrschen muͤßten. Wir wuͤrden allerdings nicht Revolutionen machen, um irgend Jemand auf einen benachbarten Thron zu setzen, denn wir sind keine Regierung der Propaganda; sobald jedoch in unserer Naͤhe sich auf natuͤrliche gesetzliche Weise ein dem unsrigen aͤhnliches Prinzip entwickelt, so werden wir es nicht unterdruͤcken, sondern als Freunde uns seiner annehmen. Die Regierung in Spanien ist ohne unser Zuthun eingesetzt worden; sie ist aͤlter als diejenige, der wir zu dienen die Ehre haben. Das Spanische Erbfolge⸗Gesetz war schon vor der Juli-Revolution geaͤndert und wurde in Spanien mit allgemeiner Zustimmung eingefuͤhrt. Nach Ferdinand's VII. Tod wurde Isabella II. als Koͤnigin proklamirt, und wir thaten, wa wir mußten, wir erkannten die gesetzliche Regierung an, und zwar um so lieber, als sie sich als eine Regierung des Fortschrittes, als eine constitutionnelle Regierung ankuͤndigte. Wenn man uns daher fragt, warum wir diese Regierung beguͤnstigen, warum wir Isabella II. dem Don Carlos vorziehen, so ist das eben so, als wenn man uns fragt, warum wir das sind, was wir sind, warum wir der Regierung dienen, der wir dienen, und warum wir zu allen Zeiten bei der Politik Frankreichs beharren. Wir ziehen Isabella II. aus demselben Grunde dem Don Car⸗ los vor, aus dem wir das Koͤnigthum, welches jetzt Frankreich beherrscht, dem emigrirten Koͤnigthume vorziehen. Sie sagen, wir haͤtten das Interesse Frankreichs dem Interesse einer Dy⸗ nastie aufgeopfert. Ich bin nicht mehr als irgend ein Anderer fuͤr jene Politik der Gefuͤhle eingenommen, welche die bleibenden Interessen des Landes voruͤbergehenden Interessen aufopfert. Koͤnnten aus einem ephemeren Buͤndnisse Gefahren fuͤr die Zu⸗ kunft unseres Landes hervorgehen, so muͤßten wir uns beeilen, dasselbe aufzuloͤsen; aber ich betrachte es als ein bleibendes In⸗ teresse, daß keine feindseligen Gesinnungen zwischen den beiden durch die Pyrenaͤen getrennten Nationen herrschen. Man sucht uns mit der Abschaffung des Salischen Gesetzes Schrecken einzu⸗ jagen; man gefaͤllt sich darin, uns einen zweiten Karl V. in der Zukunft zu zeigen. Diese chimaͤrische Aussicht, ich muß es gestehen, ruͤhrt mich wenig. Wenn Sie Blicke in die Geschichte thun wollen, so muͤssen Sie auch recht sehen und sich an die Unruhen