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sagen, ist bei Gelegenheit der Polnischen Frage und be⸗ eese ke Gelegenheit der Schweizerischen, geschlagen diese doppelte Niederlage muß es erschuͤttern und stuͤrzen. Wir unsererseits sind dagegen der Meinung, daß das Ministerium nur erschuͤttert ist, wenn es erschuͤttert seyn will, und daß, wenn es morgen sterben sollte, dies nur durch einen Selbstmord ge⸗ schehen koͤnnte, und zwar durch den albernsten aller Selbstmorde, naͤmlich durch einen Selbstmord ohne Grund. Moͤge das Mi⸗ nisterium ruhigen Blickes seine Lage betrachten; moͤge es sich besonders fest uͤberzeugt halten, daß es in der Kammer bei allen
roßen Fragen eine energische und treue Majoritaͤt hat, und dann
ann es sich uͤber die Neckereien der Opposition und des liers- arti und uͤber die Prophezeiungen der Journale leicht hinwegsetzen.
as Ministerium hat sich uͤbrigens, als es ans Ruder gelangte, nicht verhehlt, daß es vor Ueberrumpelungen und Fallstricken auf seiner Hut seyn muͤsse. Die vorgestrige Sitzung ist eine solche eberrumpelung und weiter nichts. Und wenn sich ein Kabinet durch diese Sitzung erschuͤttern oder stuͤrzen ließe, so waͤre es schon vor der Sitzung erschuͤttert und gestuͤrzt gewesen. Was ist denn eigentlich geschehen? Das Einfachste von der Welt fuͤr den, der die Parteien und ihre Handlungsweise kennt. Zwischen Frankreich und der Schweiz waren Mißhelligkeiten ausgebrochen, zum großen Leidwesen aller aufrichtigen Patrioten beider Laͤnder. Die Versoͤhnung ist zu Stande gekommen und die Streitigkeiten, die jenes Mißverstaͤndniß herbeigefuͤhrt hatten, sind jetzt ver essen. Was thut nun die Opposition? Sie diesen alten Streit wieder an, sie erweckt aufs neue die Beschwerden, die die Schweiz gegen Frankreich geltend machen zu koͤnnen glaubte, und schmiedet sich daraus eine Waffe gegen das Ministerium. Die Schweiz hatte Frankreich eine Beleidigung zugefuͤgt; kaum daß eine Silbe uͤber diese Beleidigung geaͤußer! worden waͤre.
Ainser Botschafter war auf eine skandaloͤse Weise vor ganz Eu⸗
ropa als ein Faͤlscher denunzirt worden und man hatte gegen ahn eine beleidigende Untersuchung angestellt, in welcher man blind⸗
lings dem Zeugnisse eines Elenden glaubte, den andere Elende erkauft
hatten. Die Opposition kuͤmmert sich aber eben so wenig um diese Beleidigung, als um die verlangte und erhaltene Genug⸗ thuung. Dies betrifft ja nur die Ehre und die Interessen Frank⸗ reichs, nicht die Interessen der Opposition. Sie erblickt in die⸗ ser Schweizerischen Angelegenheit nur einen einzigen Punkt, naͤmlich die Episode des Fluͤchtlings Conseil. Dieser hat erklaͤrt, daß er ein Franzoͤsischer Spion sey. Also, ruft man aus, Fraͤnk⸗ reich schickt Spione in's Ausland! — Ja, erwidert Herr Thiers, Frankreich schickt Spione in's Ausland, wie das Ausland Spione
zu uns schickt, und wir fuͤgen hinzu, daß es besonders zu jener
Zeit wohl erlaubt war, Spione nach der Schweiz unter die Fluͤchtlinge zu schicken, d. h. unter die Leute, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, die Ruhe in Europa auf alle moͤgliche Weise zu stoͤren. Es handelte sich, wie auch heute noch, um das Leben des Koͤnigs, das durch die revolutionairen Komplotte der Klubs in der Schweiz bedroht ward. Und so sind wir nun! Wenn der Koͤnig durch ein Wunder den Haͤnden der Moͤrder entgeht, so moͤchten wir, noch ganz erschuͤttert von der Gefahr, der er entronnen ist, die Wachen und die Polizei um seine geheiligte Person verdoppeln, und jetzt wollen wir es nicht einmal einem Polizei⸗Minister gestatten, ein einziges der Ge⸗ heimnisse seiner Verwaltung zu verbergen! Wir bewilligen der Peuches geheime Fonds und verlangen, daß sie in oͤffentlicher
Versammlung rede! War Conseil ein Spion? Ja, oder Nein?
Nichts beweist es, als seine Erklaͤrung, eine mit offenbaren Luͤ⸗ gen vermischte Erklaͤrung, aus der die Opposition aber doch einige Truͤmmer der Wahrheit zu retten sucht, um damit auf das Ministerium loszustuͤrmen. Aber waͤre auch Con⸗ seil ein Spion “ wem fiele diese Thatsache zur Last? Dem Ministerium vom 6. September? Dieses hat sich in die Schweizerische Angelegenheit nur gemischt, um sie auszugleichen. Wenn Conseil nach der Schweiz geschickt wor⸗
den ist, so geschah es durch das Ministerium vom 22. Februar;
dieses also hat die ganze Sache zu verantworten. Aber, wendet
nister, der in dem Kabinette vom 22. Februar Unter⸗Staats⸗ Secretair war, er moͤge antworten! Es is 8 Geheimniß, es ist das Geheimniß des Ministers, dessen Be⸗ fehle er ausfuͤhrte. Wohlan, so verlange er von dem Mi⸗ nister, von dem er abhing, die Erlaubniß, zu sprechen. Was ist die Absicht der Opposition? Wahrscheinlich dech, das Geheimniß zu erfahren, wenn eines existirt, dies ist eine sehr natuͤrliche Wö1 aber wahrscheinlich verband sie noch eine andere Absicht mit der von ihr angeregten Debatte. Sie wollte zu aͤrgerlichen Auftritten Anlaß geben. Das Ministerium vom 6. September kann man nicht anklagen, weil es damals noch gar nicht bestand, und das Ministerium vom 22. Februgr will man nicht anklagen, weil man sich von ihm einigen Beistand verspricht. Man beschraͤnkt sich also darauf, Skandal zu er⸗ regen.“
Aus der gestrigen Sitzung der Deputirten⸗Kammer sind
noch die Reden des Grafen Molé und des Herrn Thiers, in soweit sie die Spanischen Angelegenheiten betrafen, nachzu⸗
holen. Der Conseils⸗Präaͤsident aͤußerte sich im Wesentli⸗ b
chen also:
„Die Spanische Frage ist Schuld daran, daß das vorige Kabi⸗ net sich aufgelöst und dem jetzigen Platz gemacht hat. Wir haiten es daher für unsere Pflicht, Ihnen, m. H., namentlich in dieser Be⸗ iehung, das System unserer Polltik offen und unumwunden darzu⸗ 8 Es würde in⸗ teressant seyn, die damaligen Oppositions⸗Blätter nachzuschlagen. Als
egen. Versetzen Sie sich in das Jahr 1835 zurück.
man um diese Zeit glaubte, daß das Kabinet über die Interven⸗ tionsfrage schvauke, erhob die Presse ein einmüthiges Geschrei. Das Ministerium, so sagte man, wolle in Spanien ein System der richtigen Mitte einführen, es wolle die National⸗Unabhängigkeit und den im Jahre 1830 aufgestellten Grundsatz der Richt⸗Juntervention mit Füßen treten. Spanien sollte sich selbst überlassen bleiben, und die Preßfe hatte nicht Schimpfnamen genug für die angebliche Ab⸗ sicht, der Königin Christine mit unseren Waffen zu Hülfe zu kom⸗ men. Weshalb führte die Opposition im Jahre 1835 diese Sprache? Weil wir in Spanien eine Verfassung, die der unsrigen ähnlich sah, unterstützen und der Entwickelung des revolutionairen Prinzips ent⸗ gegenwirken wollten. Lassen Sie uns die Frage von allen Seiten mit Ruhe und mit Unparteilichkeit beleuchten. Kaum war das Testament Ferdinand's VII. bekannt geworden, als zwei Parteien einander gegenüber traten, wovon die eine den Absolutismus, die andere eine Reform ohne alle Gränzen verlangte. Unrer solchen Umständen und nachdem der Bür⸗ gerkrieg bereits ausgebrochen war, wurde der Quadrupel⸗Allianz⸗ Traktat abgeschlossen, dessen wesentlicher Zweck die Aufrechthaltung des allgemeinen Friedens war. Das Umsichgreifen des Bürgerkrieges in Spanien machte einige Monate später die Unterzeichnung zweier Zusatz⸗Artikel nöthig, in der Absicht, den Karlisten jede Zufuhr aus Frankreich abzuschneiden und der Königin Christine aus England Faga⸗ und Kriegs⸗Munition zuzuführen, ihr auch mit einer Schiffs⸗ Division beizustehen. Hierauf beschränken sich die übernommenen Berpflichtungen.“ — Der Minister suchte bierauf zu bewessen, daß es auch unpolltlsch gewesen wäͤre, wenn Frankreich sich tiefer einge⸗ 2 8 1
Es ist aber nicht sein gründlig crörtert zu werden. Wenn ich die Rede des Herrn Conscils⸗Präsi⸗
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lassen hätte. Man solle ja nicht glauben, bemerkte er, daß die Efen. 8 der Vertreibung des Don Carlos abgemacht wäre. 558 die Entfernung desselben, ja sogar durch seinen Tod 2 noch nichts entschieden seyn, da immer noch seine Partei übrig eibe. Die Zeit allein könne die Uebel heilen, an denen Spanien leide. „Es bieten sich uns aber“, fuhr der Redner fort, „noch Betrachtun⸗ gen anderer Art dar, die es uns nicht räthlich erscheinen lassen kön⸗ nen, eine Französische Armee nach Spanien zu schicken. Wie, weun mittlerweile, und während der Kern unserer Trüppen in Spanien und Afrika stände, sich auf irgend einem anderen Punktr von Europa Begebenheiten zutrügen, denen wir nicht gleichgültig zuschen köunten, welchen Einsluß könnten wir alsdann geltend machen? Gestatten Sie, m. H., daß ich mich über diesen Punkt nicht weitläuftiger auslasse. Meine wenigen Worte werden hingereicht haben, Sie daran zu erinnern, wie wichtig es für Frankreichs Macht und Würde ist, auf jedes Er⸗ eigniß gefaßt zu seyn. Wir müssen uns immer die Hände freihalten; eine solche Stellung um eines Krieges um Prinzipien willen, der uns überdies nicht den mindesten Vortheil brächte, aufgeben, dem Lande Lasten auflegen, um sich in ein Unternehmen zu stürzen, dessen Resultat Riemand abzusehen vermag, — würde eine Politik seyn, eben so wenig würdig ihres Patriotismus, als ihrer Vorsicht. Erinnern Sie sich der Expedition von 1823. Der Erfolg war damals gewiß vollständig; das Volk fam uns überall entgegen. Kaum hatte aber Ferdinand VII. seine Freiheit wieder erlangt, als er uns verstieß, um Uicht selbst verstoßen zu werden. Dies war das Refultat unserer Jutervention von 1823, und in unserem Schatz fehlen neoch die ungeheuern Summen, die wir für das Unternehmen verwendet haben.“ — Der Minister erinnerte hier daran, daß, als im Juni 1835 die Königin Christine den militairischen Beistand Frankreichs ver⸗ langt und letzteres hierüber England zu Rathe gezogen, das Lon⸗ doner Kabinet selbst sich dawider erklärt habe. Von diesem Zeitpunkte ab bis zum Monat März v. J. wären Frankreich und England über das Unzulässige einer direkten Einmischung stets einerlei Meinung gewesen. „Um diese Zeit“, fuhr der Redner fort, „machte die Eng⸗ lische Regierung uns den Vorschlag, den Passagehafen, Fuentara⸗ bia und das Bastanthal zu besetzen Mein Vorgänger (Herr Thiers) wies diesen Antrag entschieden zurück, indem eine sol⸗ che Mitwirkung nothwendig die direkte Intervention zur Folge haben würde. Bis zum Monat August wurde die Lage Spaniens mit jedem Tage schlimmer; die Regierung verlor alles Ansehen, die Zuchtlosigkeit in der Armee nahm überhand, und es erschien wenigern
als je gerathen, sich in die Spanischen Angelegenheiten zu mischen.
Richtsdestoweniger änderte unser Kabinet plötzlich seine Politik, und Herr Bois⸗le⸗Comte erhielt den Auftrag, eine kräftige Cooperation
anzubieten. Bis dahin hatte das Ministerium seine Weigerun stets
durch den revolutionairen Zustand und den Maugel an jeder Regie⸗
rung in Spanien meotivirt; und als die Anarchie ihren Gipfel er⸗ widersetzt, und zwar weil man nicht haͤtte wissen koͤmaa
reicht hatte, als mehr Grund als je vorhanden war, eine In⸗
tervention von der Hand zu weisen, entschließt es sich dazu. Ja, noch mehr: eine Handvoll Soldaten ändert kurz darauf die Verfassung und zwingt die Königin, die Constitution von
1812 anzunchmen. Wer hätte unn nicht wenigstens glauben sgllen, daß das Kabinet zu seiner früheren Politik zurückkehren würde 7 Aber nein. Das lebrige, m. H., wissen Sie. Das große Unglück für Spanien ist, daß die Parteien sich gegenseitig die Wage halten. Man fragt mich, was geschehen würde, wenn Don Carlos ecinen Angenblick die Oberhand gewinnen sollte; meine Antwort ist kurz und kategorisch. Wir verabscheuen den Absolutismus; sollte er da⸗ her von Spanien aus einer Partei die and reichen, bei welcher er in Frankreich Anklang zu finden hoffte, so würden wir uns mit einer Genugthuung, wie die von der Schweiz verlangte, nicht begnügen.
Ich würde Sie alsdann daran erinnern, daß wir einen Krieg mit Spanien nicht fürchten, daß wir uns nur in seine inneren Angelegenheiten nicht mischen mögen. — Die Kammer wird mir ver⸗
geben, daß ich mich über einen einzigen Paragraphen der Adresse, nach einer an sich schon langen Debatte, so weitläuftig ausgelassen
habe; ich glaubte, ihr aber einige offene Erklärungen über cine Frage schnidig zu seyn, die den letzten Ministerwechsel herbeigeführt hatte⸗
Meine Absicht war nur, sie in den Stand zu setzen, mit voller Sach⸗
kenntniß entscheiden zu können; ich kann jetzt dieser Entscheidung mit festem Vertrauen entgegen sehen.“ Nach dieser Rede, die auf die große Mehrzahl der Ver⸗ sammlung einen tiefen Eindruck zu machen schien, wurde die Sitzung einige Minuten “ worauf Herr Thiers des Wort ergriff und also begann: 8 “ „M. H. Als ich so eben hörte, daß der Herr Conseils⸗ Präsi⸗ dent sich gewissermaßen entschuldigte, die Rednerbühne 3 Stunden
B “ ig behaup n haben, bemächrtigte sich meiner eine gewisse Ver man ein, es sitzt in dem Kabinette vom 6. September ein Mi⸗ lang behauptet zu haben, ach
genheit, denn ich glaube mich in der Nothwendigkeit zu besinden, Ihre Aufmerksamkeit weit länger in Anspruch zu nehmen. Der Ge⸗ genstand scheint mir wichtig genug, um vollkommen und gründlich
denten richtig verstanden habe, so hat er in derselben hauptsächlich zu beweisen gesücht, daß die Politik des 6. September sich nicht von der Politik des 22. Februar unterscheide. Wie dem guch seyn mag, so habe ich Aufschlüsse zu geben, und obgleich ich mich keiner großen Schonung zu erfreuen gchabt habe, so werde ich mich doch bemühen, alle die Rücksichten zu beobachten, die ich so gern von Stiten Ande⸗ rer gegen mich beobachtet zu sehen gewünscht hälte. Man hat gesagt, daß das Ministerium vom 22. Februar sich in der Hoffnung zurück⸗ gezogen habe, entscheidend darzuthun, daß es die Majorität. in der Kammer besitze. Man hat gesagt, daß wir uns in der Zuversicht zu⸗ rückgezogen hätien, uns dadurch einen schnellen, Sieg zu sichern. Nein, m. H. das Ministerium vom 22. Februar überließ sich keinen Täuschungen; es ist aus Ueberzeugung, aus tiefer, inniger Ueber⸗ zeugung vom Schauplatz abgetreten. Ven acht Ministern waren unse⸗ rer sieben derselben Meinung. Was mich betrifft, m. H., so sage ich es mit wahrhaftem Bedauern einer Regierung, der ich gänzlich ergeben bin, daß sie sich, meiner inneren Ueberzengung nach, im Irrthume besin— det. (Bewegung.) Ich bin, sage ich, dieser Regicrung ergeben und das ist natürlich, denmn ich habe niemals cine andere geliebt, ich habe niemals ciner anderen gedient. In den Tagen der Gefahr habe ich aus allen Kräften für sie gekämpft, und wenn ich mich über cine Frage von ihr getrennt habe, so kann man sicherlich nicht sagen, daß dies in eciner Zeit geschah, wo eine solche Trennung auf Schwäche
deutete. Ich habe mich täuschen können, meine Kollegen haben sich
äuschen können, aber wenigstens darf ich verlangen, daß man dem aschtar nn vom 22. Fer die Ehre seines Rückzuges läßt, denn derselbe war durchaus uneigennützig.“ Beifall im linken Centrum.)
Der Redner ging nun zu der Spanischen Frage uͤber und begann mit Bemerkungen uͤber die Lage, in der sich Frankreich zu allen Zeiten, in Bezug auf die Pyrenaͤische Halbinsel, befun⸗ den habe. Dann, auf die gegenwaͤrtigen Zustaͤnde Spaniens uͤbergehend, fuͤhrte er seine Bemerkungen bis zu dem Ministe⸗ rium Toreno, wo er, mehr 8 den gegenwaͤrtigen Streit einge⸗
sich folgendermaßen aͤußerte: 3
henb, sich of Zeit 19- in Spanien nur Eine Meinung darüber, daß der Beistand Frankreichs unumgänglich nöthig sey Da man viel von der Opposition gesprochen hat, anf welche die Intervention im Jahre 1835 gestoßen, so erlauben Sie mir, einige Thatsachen anzuführen Alle Welt in Spanien, mit Ausnahme der Oppo⸗ sition — und ich werde gleich sagen, in welcher Lage sie sich befand — wünschte zuletzt die Intervention. Martinez de la Rosa hatte sie anfänglich gefürchtet; später aber verlangte er nicht etwa eine In⸗ tervention, die der Spanischen Regierung Gewalt anthäte, sondern einen Beistand, der sich bis zum Ebro erstreckte, und die Insurrec⸗ tion zerstörte. England, welches derselben aufänglich nicht günstig Se, war, wünschte siec zuletzt auch und suchte Frankreich zur In⸗ tervention zu bewegen. Die ganze Spanische Armee verlangte sie nach der Niederlage bei den Amescoas. Uuser Botschafter verlangte sie dringend und ich crinnere mich, daß alle damals nach Spanien gesandten Personen einstimmig der Meinung waren, daß nichts leichter seb, als den Unruhen in Spanien ein Ende zu machen. Was mich betrifft, so erklaͤrte ich immer, daß schon
die Möglichkeit des Sieges des Absolutismus in Spanien un 1ia denahge.⸗ je eher, - lieber zu interveniren, denn je span geschehe, desto größer würden die Schwierigkeiten seyn. Das net war, aus Gründen, die ich chre, nicht meiner Ansicht. J langte zu dieser Zeit förmlich meine Entlassung (Aufsehen), 21 sitzen Männer in diesem Saale, die mir widersprechen können, ich nicht die Wahrheit sage. Aber ehe man meine Entlassun nahm, wollte man sich an England wenden, und ich muß einrz daß England, welches sich natürlich nur schwer dazu
schließen konnte, eine Französische Armec in Sp,
einrücken zu sehen, keine so bestimmte Antwort 2 te, als man gehofft hatte. Es widersetzte sich zwar wie man damals behauptet hat, einer Intervention, a2. erklärte doch, daß, seiner Ansicht nach, der rechte Augenblh nicht gekommen sey. Einige Mitglieder des Kabinettes theilts Meinung, aber nicht auf eine so bestimmte Weise; und anden ganz entschieden gegen die Intervention, namentlich der jes nanz⸗Minister; noch andere Mitglieder aber waren der Jutem nicht so abgeneigt, wie sie es jetzt sind. Wenn ich nicht si daß es mir als eine Persönlichkeit ausgelegt würde, und na Minister des öffentlichen Unterrichts es mir erlaubte, so rch Ihnen wiederholen, was er mir damals sagte. (Herr
„Ohne alles Bedenken.“) Der Herr Minister sagte mir dag man füglich einen oder den andern Weg einschlagen, daß N.
so gut interveniren als nicht interveniren könne. (Gelächne
Guizot nimmt Noten und deutet durch Zeichen an, daß 8
antworten werde.) Er war also damals nicht so innig ils daß es mit der größten Gefahr verbunden sev, sich in die Sy⸗
Angelegenheiten zu mischen.“ (Eine Stimme im Centrum.
stände verändern die Sache!“)
Herr Thiers erzaͤhlte nun weiter, wie man ihm,“ im Kabinette zu behalten, den Vorschlag einer Cooperan macht habe. Man haͤtte darauf die Fremden⸗Legion a nien abgetreten. Wenn diese Mitwirkung nicht ganz wuͤnschten Erfolg gehabt habe, so sey dies nicht seine 6
er habe dieselbe nicht erfunden. Er haͤtte die Intervennn
langt, und man habe ihm gewissermaßen vergleichsvest Cooperation bewilligt. Herr Thiers schilderte demnäch nachtheiligen Folgen, die fuͤr Spanien aus der Verwei der Einmischung entsprungen waͤren: die Verbreitung her listischen Insurrection uͤber Valencia und Asturien und e⸗
schritte der republikanischen Partei in Madrid. Jetzt fün⸗
land auf eine offene und direkte Einmischung ge drungen, Franzoͤsische Kabinet haͤtte sich nun aber seinerseit ders
Regierungs⸗Form man eigentlich unterstuͤtzen sels selbst (Herr Thiers) habe damals als Conseils⸗Püt eine Note an das Spanische Kabinet gerichtet, die Gruͤnde auseinandergesetzt gewesen waͤren, me
eine direkte Einmischung nicht stattfinden koͤnne. In diesen
habe er von den unberechenbaren Folgen einer sosch rekten Einmischung gesprochen, und er muͤsse es als eint kleinliche Malzce gegen das Ministerium vom 22. Februar! ten, daß man sich in der Thron⸗Rede in dem Paragraphen Spanischen Angelegenheiten gerade dieses Ausdrucks, dern in einem ganz anderen Sinne gebraucht worden sey, bedien Unterbrechung.) Herr Guizot: „Es war keine Malie Es war ein bloßer Zufall, daß man sich eben dieser We diente.”“ Als Gomez, so fuhr Herr Thiers fort, entschiedenem Gluͤck die Provinzen Spaniens dun te, sey eine neue Unterstuͤtzung Seitens Frankreich mer nothwendiger geworden, und man habe dame Bildung eines Huͤlfs⸗Corps beschlossen, das bens Pau versammelt und vellstaͤndig organisirt gewesss „Nun“ sagte Hr. Thiers, „wurden die Ereignisse von . bekannt. Die Furcht hatte die Spanische Revolution” neue Krisis gedraͤngt. Indeß behauptete das Kab inck ne Febr., daß, wenn man jetzt die in Pau gebildenmn Cnuns loͤste, wenn man jetzt einen Augenblick die Sache Cpat aufgaͤbe, dies dieselbe unwiderruflich aufgeben wd —. ernstesten Folgen aussetzen hieße. Da diese Ansiht det nettes vom 22. Febr. nicht getheilt wurde . .. (Deweg Eine Stimme zur Linken: „Von wem nicht getheilt wu (Lebhafte Unterbrechung) Herr Thiers: Da diese Meinun getheilt wurde, so zog sich das Kabinet zuruͤck. 8 es mir erlaubt zu bemerken, daß man die gative und die Freiheit der Krone beeintraͤchtigen wenn man behaupten wollte, daß sie nicht immer ses Anwesenheit als in Abwesenheit der Kammern ern ne binet bilden koͤnnte. (Beifall.) Also, Achtung vor der der Krone; aber man erlaube mir, hinzuzufuͤgen: auch vor einer dem Lande eben so nothwendigen Freiheit, Freiheit der Minister, und wenn ihre Ueberzeugung theilt wird, so erfuͤllen sie eine Pflicht, indem sie sch ziehen.“ — Zum Schluß beleuchtete Herr Thiers noch drei Fragen: Haben wir Spanien gegenuͤber Verpfth uͤbernommen? Ist es uns moͤglich und leicht, etwaes s nien zu thun? Ist es von dringendem Interesse fuͤr ü wir etwas thun? Zur Beantwortung der ersten Frag der Redner den Text des Quadrupel⸗Allianz⸗Traktates,! klärte aus demselben, daß Frankreich in den Aus rechtlichen Leute Verpflichtungen gegen Spanien üͤbe habe. Wenn sich, sagte er, Frankreich durch diesen nichts verpflichtet haͤtte, warum figurire es denn in der Entweder man habe durch diesen Traktat Verpflichtung nommen, oder man habe Frankreich und die Welt denn die ganze Welt habe geglaubt, daß Frankreich im land nicht umsonst einen solchen Traktat unterzeichnme Was ihn selbst betreffe, so erklaͤre er laut, daß, als er“ Akt Theil genommen, er nicht gesonnen gewesen s⸗⸗ nigin von Spanien die Krone entreißen zu lassen, 1 bei der Unterzeichnung des Traktats fest geglaueam sich zur Aufrechthaltung der constitutionnellen Meins Spanien verpflichte. (Stuͤrmischer Beifall im linn Gah Wenn irgend Jemand sage, daß man einen Nic d dabei gehabt, daß man sich zu nichts zu verpfächten e habe, so weise er eine solche Behauptung zuruͤck, und e fuͤr schimpflich halten, sich ihr zuzugesellen. Behauyr⸗ wa, daß man nur gemeint habe, Spanien einen ü(c Beistand zu leihen? Dieser moralische Beistand liege in der Erklaͤrung Frankreichs, daß es die Sachen gin kraͤftig unterstuͤtzen werde. Halte man aber dlesenes 8 nicht, so leiste man nicht der Koͤnigin, sondern einen moralischen Beistand. Mit schmerzlichem Be-n gesehen, daß dieser moralische Beistand sogar in 18 Phin Karlisten geleistet werde. (Bewegung im Centt Irie⸗ naͤmlich in der Thron⸗Rede gesagt werde, daß 6neg oder Cooperation unberechenbare und wenig ehc imm⸗ nach sich ziehen muͤsse, so ziehe man dadurch fuͤr d’de Hand von der constitutionnellen Sache ab; man fi 1 der Koͤnigin dadurch allen moͤglichen Schaden I 5 Sache des Don Carlos allen moͤglichen Vor Fariigen stand der Franzoͤsischen Regierung sey auf die Karsn
gangen; denn die Karlisten wuͤßten, daß man nichts mehr
gegen sie unternehmen wuͤrde. (Heftiger Tumult.) Die Regierung habe ihre Pflicht verletzt, indem sie den Trak⸗ tat nicht in dem Sinne, in dem er abgefaßt worden, ausgefuͤhrt habe! Mindestens habe sich die Regierung die hoͤchste Inkonsequenz zu Schulden kommen lassen. (Abermalige sebhafte Unterbrechung. Die Herren Guizot, Molé und Gaspa⸗ rin nehmen Noten.) Zu der zweiten Frage uͤbergehend, be⸗ merkte Herr Thiers, daß die große Majoritaͤt der Einwohner Spaniens dem justeée-milieu angehoͤre, d. h. derjenigen Partei, die einen Abscheu vor allen Extremen habe. Nicht allein Spa⸗ gien, sondern ganz Europa befinde sich auf diesem Punkte; Frankreich verabscheue den Karlismus eben so wie den Republika⸗ ismus; England hege gleichen Widerwillen gegen die Tories und gegen die Radikalen. Die ungeheure Masoritaͤt der Bewohner Spa⸗ niens sey rechtlich, gemaͤßigt, und wuͤnsche, daß man sich von den Excessen der beiden Parteien lossage... (Unterbrechung auf der Bank der Minister). Herr Thiers: „Ich sehe mich genoͤ— thigt, um Ruhe zu bitten. Als ich die Meinungen gewisser Maͤnner vertheidigte, da hoͤrten sie mir aufmerksam zu; jetzt,
„wo ich sie bekaͤmpfe, waͤre es wohl hoͤflich von ihrer Seite,
wenn sie auch mich ruhig anhoͤrten.“ Bis an den Ebro, meinte der Redner weiter, haͤtte man gehen muͤssen, um den Karlismus zu vernichten; dadurch wuͤrde man dem ganzen Lande die Ruhe wiedergegeben haben. Dies sey sein Gedanke gewe⸗ sen; er glaube noch, daß eine gesunde Politik die Aus⸗ fuͤhrung dieses Gedankens erheische, und er wolle wuͤnschen, daß Frankreich es nicht bereuen moͤge, einen andern Weg eingeschlagen zu haben. Die dritte Frage, ob Frankreich ein Interesse dabei habe, etwas fuͤr Spanien zu thun, glaubte Herr Thiers keinem Zweifel unterworfen. Er schilderte die nachtheiligen Folgen, die es fuͤr Frankreich haben muͤsse, wenn Don Carlos in Spanien ssege, und wies auf den uͤberwiegenden Einfluß hin, den sich England in jenem Lande sichere, wenn die Sache der Koͤnigin definitiv die Oberhand behalte. Endlich schloß Herr Thiers en nen drittehalbstuͤndigen, aus dem Stegereif gehaltenen Vortrag in solgender Weise: „Mit kurzen Worten also, m. H, Sie mußten etwas fuͤr Spanien thun; Sie konnten etwas fuͤr Spa⸗ nien thun, und Sie haben nichts gethan. Sie haben sich von Eng⸗ land getrennt, und bei der ersten Gelegenheit wird es sich von Ihnen rennen. Wenn man behauptet, daß man der Politik des juste⸗ milicu treu geblieben sey, und daß ich mich von derselben ent⸗ fernt habe, so antworte ich, daß ich der Meinung gewesen bin, daß die Politik des juste-milicu gemaͤßigt im Innern und friedlich nach Außen seyn muͤsse; daß ich nicht das Unmoͤgliche, vwvie in Polen und Italien, wohl aber das Moͤgliche, wie in Spanien, gewollt habe. Man wird mir vielleicht zugestehen, daß einiger Muth dazu gehoͤrte, diese Frage so ausfuͤhrlich vor einer Mazoritaͤt zu eroͤrtern, die ich im Voraus eingenommen weiß; aber ich habe meine Pflicht gethan, und um durch ein letztes Wort zu zeigen, daß die. gegenwaͤrtige Politik nicht mehr die ist, an der ich Theil nahm; und so sage ich schließlich: Die Politik des 6. Sept. wuͤrde keine Armee nach Antwerpen geschickt ha⸗ ben. — Dieser Rede folgte eine ungemeine Aufregung; fast alle Mitglieder verließen ihre Plaͤtze, und die Sitzung blieb eine Viertel Stunde lang unterbrochen. Alsdann hielt noch Herr Hebert einen kurzen Vortrag zu Gunsten der Adresse, worauf die Sitzung aufgehoben und die Fortsetzung der Debatte auf künftigen Montag festgesetzt wurde.
In der Gazette des Tribunauy liest man: „Gestern Abend war im Foyer der Italiaͤnischen Oper das Geruͤcht ver— breitet, daß ein neues Attentat gegen das Leben des Koͤnigs ver⸗ sucht worden sey. Es zirkulirten verschiedene Versionen uͤber die⸗
wo Gegenstand; aber obgleich die Thatsache von dem Bruder nes bekannten Diplomaten bestaͤtigt wurde, so scheint sie gluͤck ⸗
scherweise doch ungegruͤndet zu seyn.“ Der Moniteur giebt heute eine Uebersicht des Ertrages der direkten Steuern im Jahre 1836. Es geht daraus hervor,
daß diese Steuern im abgelaufenen Jahr 37,757,000 Francs
mehr als im Jahre 1834 und 26,365,000 Francs mehr als im
Jahre 1835 eingebracht haben. Nur 2 Artikel, Pulver und
Salz, haben eine unbedeutende Verminderung erfahren. Bei
allen uͤbrigen Gegenstaͤnden aber ergiebt sich eine Vermehrung.
Es sind endlich Nachrichten aus Bong vom 22sten v. M. hier eingetroffen. Sie melden den Abmarsch der Truppen, die fruͤher aus Oran und Algier dorthin gekommen waren, um an der Expedition nach Konstantine Theil zu nehmen. In Bona sind nur die fuͤr den inneren Dienst nothwendigen Truppen zu⸗ gsichert, und das Ingenieur⸗Corps arbeitet mit großer Thaͤtig⸗ kit an der Befestigung dieses Punktes, um denselben gegen inen Handstreich von Seiten der Araber sicher zu stel— len, obgleich diese sich bis jetzt nur von Zeit zu Zeit und in sehr geringer Anzahl gezeigt haben. Es scheint sich Alles in der Um⸗ gegend von Konstantine zu konzentriren. Die Emissaire Achmet Bey's durchziehen das Land und heben Mannschaften aus. Die ungluͤcklichen Staͤmme fuͤrchten eben so sehr die Rache der Franzosen, als die des Bey's von Konstantine. In Bona
segt man Hand an bedeutende Arbeiten fuͤr die Aufnahme der
Kruppen, die fuͤr die zweite Expedition bestimmt sind, und es ist Befehl ertheilt worden, diese Arbeiten so viel als moͤglich zu beschleunigen, damit die Soldaten, sobald sie den Fuß ans Land setzen, gehoͤrig untergebracht werden koͤnnen.
Paris, 16. Januar. Die Regierung hat nachstehende telegraphische Depesche aus Bayonne vom 14. Januar Nachmit⸗ tags 4 Uhr erhalten: „Herr Erro hat seinen Abschied genom⸗ men. Der Bischof von Leon ist zum Conseils⸗Praͤsidenten und zum Justiz⸗Minister ernannt worden. Die uͤbrigen Minister hat Don Carlos aus der Zahl seiner Unter⸗Staats⸗Secretaire gewaͤhlt.“ 8 “ 8
— 8 „ —, ) 8 b der Straßburg, 15. Jan. Komplott des 30. Oktober. Jn 8 heutigen a chten Sitzung des Assisenhofes hatte der Königliche brokurator Herr Gérard das Wort. Da alle auf die Verabredung und Ausführung des Attentats bezüglichen Fragen bereits in dem gestrigen Requisitorium des General⸗Prokurators erschöpft worden, so hatte Herr Gérard sich darauf zu beschränken, den Geschwornen den mehr oder minder thätigen Antheil auseinanderzusetzen, den die Angeklagten an der Empörung vom 30. Oktober gehabt haben. Es würde überflüssig seyn, diese Anklage⸗Punkte hier noch zu analysiren, a sie bereits hinlänglich bekannt und von den Angeklagten größten⸗ ts eingestanden worden sind. Herr Görard schloß sein Requtsito⸗ Fam⸗ indem er die Geschwornen daran erinnerte, wie gefährlich die vürgen Eüns Freisprechung bei so klar erwiesenen Thatsachen seyn Derselb. Rach ihm ließ sich sein Substitut, Herr Carl, vernehmen. e be 88 zunächst die Haupt⸗Ursachen zu ermitteln, die 8e ges so, viele Leute in eine für den gesellschaft⸗
Whhe gefährliche Bahn würfen. Dem Mangel an 8 8 n und Sittlichkeit und einem ungemessenen Ehrgeize schrieb vandinb sächlich diese krankhafte Erscheinung unserer Zeit zu. Er
undte sich dann zu den verschiedenen Anklage⸗Punkten, die guf
Bruc, Querelles und Gricourt lasten, während sein Vorgänger sich bloß mit den Angeklagten Vaudrey, Parquin, Lauy und Wittwe Gordon beschäftigt hatte. Gegen 12 Uhr wurde die Sitzung 20 Mi⸗ nuten lang suspendirt, worauf der Advokat Barrot als Defensor des Obersten Vaudrey sich also vernehmen ließ:
„Meine Herren Richter und meine Herren Geschwornen! Nicht dem Vertheidiger des Obergeen Vaudrey kam es zu, der erste in die⸗ sem Prozesse das Stillschweigen zu brechen. Einem Anderen gebührte die Ehre der ersten Vertheidigung. Dieser hatte die sicherste und ge⸗ naueste Kenntniß von Allem, was sich zugetragen; Alles ist von ihm ausgegangen und Alles scheint auch wieder zu ihm zurückkehren zu sollen; er war die Ursache dieses Prozesses; er hatte das Komplott geschmiedet und war dereigeutliche Leiter desselben gewefen. Woher kömmt es, daß erabwe⸗ send ist, daß er, der so viele Aufschlüsse hätte geben können, zur Erleuchtung Ihres Urtheils fehlt? Flicht er etwa Ihre Gerechtigkeit?! Nein, denn er hatte wohl begriffen, daß in jeder gesellschaftlichen Organisation derjenige, der zur Gewalt seine Zuflucht nimmt und unterliegt, auch dem Gesetze Rechenschaft schuldig sey von seinen Handlungen. Als Prinz fühlte er Kaiserliches Blut in seinen Adern rollen, und doch hatte er nicht geglaubt, daß, im Falle des Mißlingens, sein Kopf dem Schwert des Gesetzes entrinnen würde. Er war bereit, seinen An⸗ theil an der Strafe zu fordern, aber Andere haben sich beeilt, den Neffen des Kaisers, dem sie einen Ausgang geöffnet, der Gerechtig⸗ keit des Volkes zu entziehen. Was haben sie aus dem Gesetze ge⸗ macht? Ist das Gesetz nicht mehr souverain? Das Gesetz, diese unverletzliche Macht aller constitutionnellen Gesellschaften, hat vor Einem zurücktreten müssen, der noch größer und unverletzlicher ist, wie das Gesetz. Man hat behauptet, daß die Gleichheit vor dem Gesetze vorhanden seyv. Man hat gesagt, daß wir übrigen Bürger Alles von den Gesetzen verlangen und Alles von ihnen erhalten könn⸗ ten, daß unsere Interessen, unsere Rechte und unsere Pflichten, aus ihnen, als der gemeinsamen Quelle, herflössen, und daß unsere Lei⸗ denschaften sich unter diese Gewalt beugen müßten. Das ist die Lage, in der wir als Bürger uns befinden; aber, hören Sie es! es giebt privilegirte Menschen, welche außerhalb des gesellschaftlichen Kreises geboren werden; diese stehen über dem Gesetz. Doch müssen wir die Folgen, welche solche Lehren haben, herausstellen. Sie sind eine Verletzung des Prinzips unserer Verfassung, und wirklich wollen wir den Männern sagen, welche, indem sie gegen die Charte freveln, die Rechte gewisser Prätendenten anerkennen und zu ihren Gunsten das erceptionelle Recht der fürstlichen Gnade errichten, — wir wol⸗ len ihnen sagen, daß sie Revolutionen bereiten und sie gewissermaßen heiligen. Zugeben, daß Jemand ungestraft auf den Thron Frank⸗ reichs Anspruch machen koͤnne, heißt das nicht anerkennen, daß das Herrscher⸗Recht höher stehe, als die Souverainetät des Volkes, und daß, wenn das Volk in seiner Souverainetät einen König erwählt hat, hiermit noch nicht Alles beendet ist und noch Jemand kommen kann, um die Krone Frankreichs dem, der sie trägt, zu entreißen? Das führt zu dem Ausspruch, daß wir ein Volk sind, dessen Thron dem Ersten Besten, welcher ihn einnimmt, angehöre, und daß es nicht ein für Alle gleiches Gesetz giebt. Sie dürfen das nicht zugeben; nein, es giebt kein Recht, welches sich ge⸗
gen das Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetze auflehnen dürfte.
Als der Prinz Ludwig Buonaparte den Versuch wagte, eine Revo⸗
lution in Frankreich zu erregen, hatte er sich auch allen Folgen sei⸗
ner Handlung im Voraus unterworfen. Zittern Sie jetzt, wo er den—
noch auf freien Fuß gesetzt worden, nicht bei dem bloßen Ge⸗
danken, daß zwanzig andere Prätendenten zum Franzbsischen Throne, gestützt auf erloschene Titel, auch ihrerseits zu uns kommen könnten, um das Glück des Sieges zu versuchen? Der General⸗Prokurator hat Ihnen gesagt, daß jener Begnadigungs⸗ Akt Ihrem Tadel entgehen müsse, weil es ein Akt der Königlichen Prärogative sey. Ich will nicht in die gerichtlichen Debatten einen Ramen hineinziehen, welcher außerhalb jeder Diskussion bleiben muß und aus dem Niemand einen Schild sich bereiten darf; aber ich kann behaupten, daß die Regierung dieses Recht der Begnadigung schlecht angewandt hat, und daß sie nicht den gerichtlichen Verhandlungen vorgreifen durfte. Soll ich in der Zeit, in der wir leben, und in welcher man die Woylthat einer Begnadigung so theuer erkaufen läßt, mich nicht über den Eifer wundern, mit welchem man demjeni- gen diese Begnadigung aufdringt, der sie gar nicht verlangte! Das Recht der Begnadigung steht allcin dem Könige zu. Der Punnz ist aber nicht sowohl in Folge einer solchen Begnadigung, als eines Mi⸗ nisterial⸗Befehls auf freien Fuß gesetzt worden, und es ist dies eine
Handlung der Willkür und cine offene Verletzung der Gesetze. Man
hat mit vollem Grunde behauptet, daß das Recht eine Bürgschaft sey. Diese Wahrheit wird in dem Maße einleuchtender, als wir in die von uns vertheidigten Prinzipien tiefer eingehen. Die Justiz muß eins seyn, wie die Wahrheit; sie kann nicht bei gleichen Thatsachen auf verschiedene Weise geübt werden; es fände sonst eine Ungerechtigkeit statt, und die Ungerechtigkeit ist eine Immoralität. Sehen Sie nun, was geschicht. Das Verbrechen ist begangen, die Urheber desselben sind verhaftet, die öffentliche Straf⸗ gewalt bewaffnet ihren Arm und das Gesetz erwartet Befriedigung. In diesem feierlichen Augenblicke tritt eine Gewalt ohne Recht auf und befreit denjenigen, der unr durch richterlichen Spruch befreit
werden konntc. Und diese Verletzung der Formen der Justiz geschicht
— . gerade zum Vortheile des Schuldigsten von Allen. Die übrigen wirft rͤckgeblieben. Die Verbindung mit Guelma ist noch immer b
man ins Gefängniß. Sie waren nichts als Werkzeuge des Haupt⸗ schuldigen und sie erklärt man für verautwortlich. Jetzt verlangt man von Ihnen, meine Herren Geschworencn, daß Sie eine so handgreifliche Ungerechtigkeit heiligen sollen. Wenn aber die Regierung Ihren Willen in die eine Wagschale geworfen, so hat sie in der an⸗ deren die Redlichkeit Ihrer Gewissen gelassen. Ja, mich beruhigt der Gedanke, daß ich hier vor den trefflichen Bürgern des Elsasses rede, — dieses Landes, in welchem sich noch die Ueberlieferungen von Ehre und Rechtlichkeit erhalten haben, die anderswo bereits erloschen sind. Ja, ich rechne mit Bestimmtheit auf den Eid, den Sie gelei⸗ stet haben. Als ich jeden Einzelnen von Ihnen mit erhobener Rechten schwören hörte, daß er als rechtschaffener und freier Mann richten wolle, da sagte ich mir, daß Sie, diesem Schwure getreu, vor einer Verurtheilung zurückschaudern würden, die nichts als eine Heiligung 1 Verletzung unseres Grund⸗ Gesetzes, des Gesetzes der Gleichheit wäre.“
Nach diesem Eingange schritt Herr Barrot zur eigentlichen Ver⸗ theidigung seines Klienten, wobet er zunächst ein Gemälde seiner ganzen militairischen Laufbahn entwarf. Es ergiebt sich aus demsel—⸗ ben, daß der Oberst Vaudrep, nachdem er im Jahre 1804 die poly⸗ technische Schule verlassen, zwei Jahre später in die aktive Armee eintrat, in der er bis zum Jahre 1809 in Italien als Lieutenant diente. Im Jahre 1810 wurde er zum Capitain ernannt, und machte als solcher im Jahre 1812 den Feldzug in Rußland mit, in welchem er sich bei mehreren Gelegenheiten auszeichnete und den Orden der Ehren⸗Legion erhielt. Später wurde er zum Eskadrons⸗Chef er⸗ nannt. Bei der Rückkehr der Bourbonen schied er aus, nach Na⸗ poleon’s Landung in Cannes aber schloß er sich wieder dem Kaiser an und machte den kurzen Feldzug von 1815 mit. Nach der zweiten Restauration lebte er drei Jahre lang in der Zurückgezogenheit, trat daun aber wieder in den aktiven Dienst. Zur Zeit der Juli⸗Revo⸗ lution war er Oberst⸗Lieutenant und bestümmte die in Straßburg befindlichen Generale und Offtziere, der Pariser Bewegung zu folgen. Einige Zeit darauf wurde er zum Obersten befördert.
Der Advokat ging hierauf nacheinander sämmtliche Anklage⸗ Punkte durch und suchte seinen Klienten, so gut es sich thun ließ, zu rechtfertigen. Schließlich ermahnte er die Geschworenen noch ein⸗ mal, bei ihrem Urtheilsspruche ja die exceptionelle Lage zu berücksich⸗ tigen, in welche die Vertheidiger der Angeklagten sich durch die Ab⸗ wesenheit des Hauptschuldigen versetzt sähen Die Rede des Herrn Barrot dauerte volle zwei Stunden. Nach Beendigung derselben be⸗ fahl der Präsident, daß solche für die der Französischen Sprache nicht besonders kundigen Geschworenen übersetzt werde.
— Großbritanien und Irland. London, 13. Jan. Die Herzogin von Kent und die Prinzessin Vietorig wollen bis zum
Fruͤhling in Claremont
bleiben und nur hin und wieder einen Besuch im Kensington⸗ Palast machen.
Graf Mulgrave hat am Dienstage in Dublin sein zweites Lever, als Lord⸗Lieutenant von Irland, waͤhrend dieser aison gegeben; unter den Personen, die sich dazu einfanden, waren auch die Herren O'Connell und Shiel.
Waͤhrend die beiden Fractionen, in welche die Tory⸗Parter eefele, die eigentlichen alten Tories, an deren Spitze Lord kyndhurst steht, und diejenigen, die sich vorzugsweise Konserva⸗ tive nennen und deren Leitung Sir Robert Peel uͤbernommen hat, bis jetzt durch das gemeinsame Interesse en zusammenge⸗ halten worden sind, scheint es in der liberalen Partei, in wel⸗ cher bekanntlich ein analoger Zwiespalt zwischen den Anhaͤngern des Whig⸗Ministeriums und den entschiedenen Demokraten, den sogenannten Radikalen, besteht, auf Veranlassung der Letzteren zu einer voͤlligen Trennung kommen zu sollen, welche, wenn anders die Radikalen nicht die Staͤrke und den Einfluß ihrer Par⸗ tei uͤberschaͤtzt haben, nicht ohne bedeutende Einwirkung auf die Resul⸗ tate der binnen kurzem beginnenden diesjaͤhrigen Parlaments⸗Session bleiben kann. Das Manifest der Radikalen, durch welches sie sich, wenn auch nur eventuell, von den Whigs lossagen, erschien vor kur⸗ zem in dem von einem der Haͤupter dieser Partei herausgege⸗ benen London and Westminster Review und scheint von dem Herausgeber selbst, dem bekannten Sir William Mo⸗ lesworth, herzuruͤhren. Es wird darin sowohl der bisherigen Politik als den Erfolgen der? Kinister aller Werth abgesprochen, ihren Handlungen eine entschieden antipopulaire Tendenz beige⸗ messen und ihnen endlich die Unterstuͤtzung der radikalen Partei fuͤr den Fall gaͤnzlich aufgesagt, daß sie nicht auf das Verlan⸗ gen derselben eingehen sollten, die Fragen wegen der geheimen
Abstimmung, wegen kuͤrzerer Parlamente und wegen des allgemei⸗ nen Stimmrechts, welches bekanntlich die Hauptpunkte des Zwie⸗ spalts der Whigs und Radikalen sind, zu sogenannten offenen Fragen, Mitgliedern des
d. h. solchen zu machen, bei denen es allen Kabinets, ohne Ruͤcksicht auf die An
ben, gestattet seyn soll, ganz nach i zu stimmen, ein Verlangen, welches wesentlich auf die Voraussetzung begruͤndet ist, daß mehrere Mitglieder des Kabinets bei einzel⸗ zen jener Fragen der radikalen Ansicht angehören. Die mini⸗ steriellen Blaͤtter lehnen sich natuͤrlich sehr gegen diese Forderung auf und behaupten, dieselbe sey nur geeignet, Zwiespalt in das Kabinet zu bringen und die Erreichung der Absichten desselben zu gefaͤhrden, so wie denn uͤberhaupt der Schritt, den die radikale Partei jetzt zu thun beabsichtige, ihre Isolirung, keinesweges ge⸗ eignet erscheine, die Durchfuͤhrung derjenigen Maßregeln zu foͤrdern, deren dringende Nothwendigkeit sie in Uebereinstimmung mit den Whigs anerkenne. Die Morning⸗Chronicle behauptet, daß nur ein sehr kleiner Theil der Radikalen auf die Ansichten des Sir Wm. Molesworth eingegangen sey, und daß von Mit⸗ gliedern des Parlamentes eigentlich nur Herr Roebuck und Herr Leader ihm unbedingt folgten. Gewiß scheint es wenig⸗ stens zu seyn, daß die Irlaͤndischen Radikalen sich ihm nicht anschließen werden, da O Tonnell zu oft und zu bestimmt erklaͤrt hat, daß es zunaͤchst darauf ankomme, das jetzige Ministeriur am Ruder zu erhalten, eine Erklaͤrung, die Herr Roebuck bei dem schon erwaͤhnten Bankett, welches am 5ten d. in Bath zu Ehren der Parlaments⸗Mitglieder fuͤr diese Stadt, des eben⸗ genannten Herrn und des General Palmer, veranstaltet war, sehr tadelte, und die, wie er sagte, ihn mit O'Connell ganz in Widerspruch
bringe, waͤhrend General Palmer mit der Ansicht des Letzteren uͤber⸗
einstimmte und das groͤßte Vertrauen zu Lord Melbourne aus sprach, begruͤndet auf eine dreißigjaͤhrige Bekanntschaft mit dem⸗ selben. Herr Roebuck aber meinte gerade im Gegentheil, die Whigs meinten es nicht aufrichtig mit den Radikalen und wuͤr den gern ihren Frieden mit den Tories machen, wenn sie nicht dadurch vom Ruder zu kommen fuͤrchteten. Oberst Napie aͤußerte sich in demselben Sinne, wie Herr Roebuck; Sir W. Molesworth aber stellte in dieser Versammlung die Frage nicht so auf die Spitze, sondern erklaͤrte, daß die Radikalen der jetzigen Verwaltung ihren Beistand angedeihen lassen muüͤßten so lange sie nur ein Titelchen mehr von derselben zu erlangen hoffen duͤrften, als von einem Tory⸗Ministerium; uͤbrigens abe war er eben so, wie Herr Roebuck, der Meinung, daß die Teo⸗ ries gar keine Hoffnung haͤtten, wieder ans Ruder zu gelangen, und daß die Whigs, wenn sie diese Moͤglichkeit in Aussicht steil⸗ ten und deshalb so sehr auf Eintracht unter der liberalen Har⸗ tei und auf unbedingte Zustimmung der Radikalen zu allen mi⸗ nisteriellen Maßregeln draͤngen, damit die Letzteren nur ein schuͤchtern wollten.
HBelgte
Bruͤssel, 16. Jan. Durch Koͤnigl. Verfuͤgung vom 13. d. M. ist ein neues Ministerium, das Departement fuͤr die oͤf⸗ fentlichen Arbeiten, gebildet und Herr Nothomb zum Minister dieses Departements ernannt worden. Das Ministerium der auswaͤrtigen Angelegenheiten ist dagegen mit dem des Inner: vereinigt, welches in Zukunft Ministerium des Innern und der auswaͤrtigen Angelegenheiten heißen wird. Der Baron E T'Serclaes ist zum General⸗Sekretair fuͤr die auswaͤrtigen An⸗ gelegenheiten ernannt.
Der Senator Herr von Schiervel ist zum Gouverneur der Provinz Ost⸗Flandern ernannt worden. 1
Daͤnemark.
1 Kopenhagen, 14. Jan. (Hamb. Korr.) Nach den offiziellen Bulletins schreitet die Besserung Sr. Majestaͤt des
Koͤnigs, wenn auch sehr langsam, vorwaͤrts; indessen sind noch
keinesweges alle Besorgnisse in dieser Hinsicht gehoben. Zwar ist das eigentliche Uebel des Monarchen von keiner sehr bedenk lichen Art, indessen ist die Koͤrper⸗Schwaͤche und vollkommene Entkraͤftung, die sich leider bei dieser Veranlassung gezeigt hat, die aber der kraͤftige Wille Sr. Majestaͤt sonst auf eine wahr⸗ haft bewunderungswuͤrdige Weise zu beherrschen weiß, wohl ge⸗ eignet, die allgemeine Bekuͤmmerniß zu erklaͤren, welche einen neuen Beweis liefert von der Liebe, mit der das Volk seinem treuen Fuͤrsten ergeben ist. Es ist daher kein Wunder, wenn die umlaufenden Geruͤchte einigen Glauben finden, denen zufolge es beabsichtigt wuͤrde, den Functionen des Prinzen Christian als ersten Mitgliedes des Staatsraths eine solche Erweiterung zu geben, daß er, ohne foͤrmlich als Mitregent anerkannt zu wer⸗ den, doch die druͤckende Last der Regierungs⸗Geschaͤfte theilweise uͤbernehmen wuͤrde.
DBeutschland.
—,— Frankfurt a. M., 15. Jan. Seit le nger Zeit hat kein politisches Ereigniß eine so unangenehme Sensation, und zwar nicht bloß hier, sondern gewiß in ganz Deutschland er⸗ regt, als die Kunde von der Entweichung der hier inhaftirt ge⸗ wesenen zu lebenslaͤnglicher Zuchthausstrafe verurtheilten politi⸗ chen Verbrecher. Man faßte mit Recht, nach dem was vor,