88
eize hlbstuͤndige Pause ein.
uͤberging.
Muͤnchen, 14. Juni. Eine
Zuckers ist folgenden Inhalts: 1) Die Fabricatton des Runkelrüben⸗Zuckers
der freien Konkurrenz der Landwirthe überlassen. 2) Lebhafter Sr. Königl. Majestät ist es, daß die Extraction des als Düngermittel zu thunlich erscheint, dem Wirthschafts⸗Betriebe des Rüben⸗P selbst zun Güte gehe. 3) Dar gern sehen, wenn die Kreise Behufs der späteren kostspieligeren,
Mitbetheilign
verreinten Kräften
ind nachhaltige Konkurrenz zu halten vermöge. werden solchen Gesellschaften die, nach den Ge Bereinsbildung bedingende,
das sowohl die in solcher Weise sich bildenden Vereine, töre Rüben bis zur gänzlichen Vollendung des Zuckers beitenden einzelnen Gutsbesitzer, sich in der feenerungs⸗ und
ten Wege festgesetzt werden könnten.
Lissabon, 24. Mai. (Allg. Ztg.) Ir. Be Kieht sie taͤglich zusammen spazieren vollen offenen geckeys dienen als Vorreiter.
cher mit vier Maulthieren bespannt ist.
In der vorgestrigen Cortes⸗Sitzung kam eine Scene vor, sich deutlich zeigte, in welcher geringen Achtung die Mi⸗
in der nister bei den Volks⸗Repraͤfentanten stehen. Der Justiz⸗Mini⸗ ster sprach darin ironisch seinen Dank gegen die Kammer aus wesen der Art und Weise, wie man ihn in der letzten Sitzung in seiner Abwesenheit behandelt, wo man ein so großes Gewicht auf dee Anklage eines Menschen gelegt habe, der ohne Ueber⸗ weisung eines Verbrechens sieben Monate im Gefaͤngniß ge⸗ senen haben soilte. die Schuldhaftigkeit dieses Menschen.
ganze Kannner wegen der Ungerechtigkeit ihrer Klagen auf da surchtbarste herunter; einige Deputirt⸗ haͤtten sich der inde⸗ centesten und beleidigendsten Ausdruͤcke gegen das Ministerium bedient. Er wies auf das Unpolitische eines solchen Verfahrens in einem Zeitpunkte, wo das Land sich in einer so mißlichen, und Spanien in einer so kritischen Lage besinde. Jene Dis⸗
kussion sey der Bildung eines neuen Ministeriums sehr hinder⸗ 87 . 8. 28l 8 — essbses 116* 8 188 sehr9 bden im Suͤden der Europaͤischen Tuͤrkei allein auf die Provinz
lich gewesen, denn kein rechtlicher Mann wolle Minister seyn, wenn man fernerhin die Ungeschlissenheiten einer groben und atolenten Sprache zu ertragen habe. (Laͤrm im Saal und auf den Gallerieen.) Er freue sich immer mehr, seine Dimissior eingegeben zu haben, und die Herren Deputirten koͤnnten ver⸗ sichert seyn, daß ihn keine menschliche Macht wuͤrde vermoͤgen koͤnnen, sein Portefeuille wieder anzunehmen. Er gehe äͤrmer vus dem Ministerium, als er eingetreten, allein reich und sogar übersatt an unverdienten Kraͤnkungen. Der Kongreß duͤrfe übrigens nicht glauben, daß er in dieselbe grobe und insolente Sprache verfallen werde, deren man sich gegen ihn bedient habe, sewohl sein Charakter als seine bessere Erziehung hinderten ihn daran. — Valentin dos Santos, welcher eben in der vorigen Sitzung die derbste Sprache gegen das Ministerium gefuͤhrt hatte, hielt eine stundenlange Rede, um darzuthun, daß seine Worre einzig den Zweck gehabt hätten, das Recht zu vertheidi⸗ gen. Der Minister des Innern bemerkte in Antwort darauf, man wolle zu verstehen geben, daß die Deputirten, welche mit den Mi⸗ nistern stimmten, ihre Angestellten waͤren. Der Redner sey auch An⸗ gestellter gewesen und habe es so lange mit dem Meinisterium
Sehalten, bis man ihn bei den letzten Stellenvergebungen uͤber⸗
gangen habe. Diese Aeußerung brachte einen großen Aufruhr hervor, unaufhoͤrlich schrie man zur Ordnung, zur Orduung, waͤhrend Andere dazwischen ums Wort baten. Der Minister des Innern wollte zu reden fortfahren, allein jedesmal, so wie er affstng, entstand ein solcher Laͤrm, daß er sich genoͤthigt sah, zu jchweigen; bloß dadurch wurde die Ruhe wieder hergestellt. Endlich, attentioͤs wie die Portugiesen zu seyn pflegen, brachte jeder seme Entschuldigungen vor, um zu zeigen, daß er Nie⸗ maaden habe beleidigen wollen. Dieses geschah Alles mit dem nwerstͤsügsten Wortkram, so daß die ganze Zeit der Sitzung rerloten ging. 1b
Am 21sten fruͤh zwischen 7 und 8 Uhr verspuͤrte man hier eine kieine Erderschuͤtterutßg, doch war sie so unbedeutend, daß die wenigsten Menschen etwas davon empfunden haben. Die Atmosphaͤre fing aber von der Zeit an sich zu truͤben, ein trock⸗ ner Nebeldust ließ kaum die Umrisse der entlegenen Gebirge er⸗ kennen, und die Sonnenstrahlen verloren ihre Macht. Waͤhrend drei Tagen hat dieser Nebel nun angehalten. Er pflegt beson⸗ ders be; Untergang der Sonne gewoͤhnlich staͤrker zu seyn, so
daß diese ungefähr in 150 üͤber dem Horizonte schon wie eine
dunkle glühende Scheibe erscheint; dabei weht den ganzen Tag
üͤver ein aͤußerst empfindlich kalter Nordost⸗, Nord⸗ oder Nord⸗
westwind abwechselnd, der erst bei eintretender Nacht sich etwas legt.
weiche in voriger Nacht vorgefallen seyn sollen, unter Anderem in der Wohnung des Marquis von Valenga, wo man auch einen
Bedienten ermordet haben soll. Alle solche Streiche giebt man den Miguelisten Schuld. Es geht das Geruͤcht, daß naͤchstens
leben von denen, die man bei Loires gefangen genommen hat, auf dem Tampo d⸗HOurique erschossen werden sollen. Endlich hat man es doch so weit gebracht, eine Fregatte,
eine Charrua und eine kleine Brigg auszuruͤsten, welche in diesen
Tagen nach Goa absegeln sollen, um die dortigen Unruhen zu Killen und ein ordentliches Gouvernement wieder einzusetzen.
Da diese Expedition zuerst an den Kap⸗Veydischen Inseln landen soll, um auch da die schon so oft unterbrochene Ordnung der
Angola besuchen wird, um zu eemacht hat, um unruhige 8 8
“ u“
Dinge herzustellen, und auch zeigen, daß Portugal noch eine
e hb. 1 ein. Nach Verlauf derselben wurde beschlossen, die weitere Diskussson uͤber den Etat des Landgestuͤts auszusetzen, worauf die oͤffentliche Sitzung in eine vertrauliche
so eben erschienene Koͤnigl. Entschließung in Betreff der Fabrication des Runkelruͤben⸗
1 ist in Gemäßheit Art. 8. Ziff. 2. der gesetzlichen Grund⸗Bestimmungen für das Ge⸗ werbsweken vom 11. September 1825 in allen Theilen des Reiches Wunsch ß das erste Fabrications⸗Stadium, nämlich Zuckerstoffes, möglich lokal stattfinde, damit das verbranchende Residuum, so wie dies nur immer roduzenten egen werden Allerhöchstdiefelben es sehr Landwirthe einzeluer Distrikte oder ganzer einen größeren Appa⸗ rat und ermeiterte Technik voraussetzenden Fabrications⸗Momente sich in förmliche Gesellschaften, und zwar nach Umständen unter ig nicht gükerbefitzender Kapitalisten vereinigen, da⸗ mit die Baverische Zucker⸗Fabrication neben der möglichsten Lokalisi⸗ rung des Lokalisirbaren, auch die erforderliche Concentration des mit leichter Durchfübrbaren darbiete, und auf solche Weise mit den zum Theil kolessalen Societiten des Auslandes volle 4) Se. K. Maj. etzen des Reiches jede - 1 K. Genehmigung auf erfolgendes Ansu⸗ chen und bei entsprechendem Befunde der mit vorzulegenden Statn⸗ ten mit Vergnügen ertheilen. 5) Uebrigens versteht sich von selbst, als auch die selbst verar⸗ 1 Folge allen jenen Be⸗ Kontrolle⸗Aunordnungen zu fügen haben, welch etwa auf dem durch Tit. VII. §. 2 der Verfassungs⸗Urkunde vorgezeichne⸗
1 Die Koͤnigin und Gemahl befinden sich jetzt im besten Wohlseyn, und man - fahren in einem geschmack⸗ Wagen mit vier Schimmeln bespannt; zwei kleine Die Oberhofmeisterin, eine Hof⸗ deme nehst dem dienstthuenden Kammerherrn und dem Adjutan⸗
des Prinzen, nehmen einen andern offenen Wagen ein, wel⸗ schildert wird.
Kolonieen zuͤchtigen zu koͤnnen, worauf sie den neuen Gouperneur von Mozambique, Marquis d'Aracaty (Carlos d'Oeynhausen), an seinen Bestimmungsort bringt, so kann wohl uͤber ein Jahr vergehen, bevor diese Expedition in Goa ankommt. Das Uebelste bei diesem Unternehmen ist, daß bei dem gegenwaͤrtigen Zustande Portugals, wo man nicht weiß, ob morgen noch aufrecht steht, was man heute gebaut hat, diese Expedition aller moralischen Kraft entbehrt. Das schoͤne Geschenk von mehreren Hundert Verbrechern, welche bei dieser Gelegenheit der Mutterstaat seinen Kolonieen zuschickt, ist auch nicht sehr geeignet, dort große Freude zu erregen. Taͤglich wird das Schiff erwartet, welches den fluͤchtigen Vice⸗Koͤnig von Indien, Don Manoel de Portugal e Castro, an Vord hat, und schon seit 14 Monaten unterwegs ist. Es hatte in alle Afrikanischen Haͤfen einlaufen müssen, um Lecke zu stopfen; vielleicht, daß man deshalb die Abreise der
Fnyal seyn soll, verschiebt. 2
TLuürkei. 8
Belgrad, 30. Mai. (Allg. und Schles. Ztg.) Der Sultan ist, Berichten aus Adrianopel zufolge, bereits in dieser zweiten Stadt seines Reichs auf der Ruͤckreise nach Konstantinopel eingetroffen und mit unbeschreiblichem Jubel von einer zahllosen Menschenmasse begrüßt worden. Wie aller Orten, hielt auch hier der Sultan Anreden an die Tuͤrkischen Vorsteher der Stadt und die Oberhaͤupter der verschiedenen anderen Nationen, worin er das Gluͤck all seiner Unterthanen als das einzige Ziel seiner Wuͤnsche und seiner Sorgfalt bezeichnet, und einen Grad von Duldung predigt, der das civilisirteste Volk Europa's ehren wuͤrde. Dabet erkundigte sich der Sultan angelegenlichst nach den Maͤngeln und Beduͤrfnissen seiner Unterthanen, und wo er Noth sah, war seine Hand zur Huͤlfe bereit. In einigen Ge⸗ genden, besonders denen, die durch den letzten Krieg stark gelit⸗ ten, hat er die Steuern gaͤnzlich erlassen, in andern sie bedeu⸗ tend erleichtert. In Adrianopel, wo vor kurzer Zeit eine Feuers⸗ brunst so großes Ungluͤck angerichtet hat, gab er Befehl, die Woh⸗ nungen von Hunderten der aͤrmeren Abgebrannten auf seine Ko⸗ sten wieder aufzubauen. Veranlassungen, die Noth zu lindern, fanden sich uͤberall, so daß man sich nicht wundern darf, wenn die Wirkung, welche diese Reise des Sultans auf die Stim⸗ mung des Volkes im Allgemeinen aͤußerte, als allmaͤchtig ge⸗ Leute, welche im Rufe der besten Kenntniß des Landes stehen, sind unerschoͤpflich in Folgerungen von den wohl⸗ thaͤtigen Resultaten dieser Reise fuͤr das Land; sie gehen so
weit, zu behaupten, daß damit wenigstens fuͤr Rumelien und
Bulgarien eine neue Epoche beginne, indem in dem oͤffentlichen
fuüuͤr das Gouvernement genommen habe. b si bis in die letzten Monate in diesem Theile der Tuͤrkei sich hin
Der Minister zeigte nun aus den Akten zeig
Darauf machte er die — 14 “ qüif, macs Himmel flehten, so seyen nun auch diese fuͤr den Sultan gewon⸗
Man spricht abermals von mehreren Pferdediebstaͤhlen,
vorgegangen und derselbe nun eine bestimmt guͤnstige Richtung Wenn, sagen sie, noch
und wieder Spuren von Unzufriedenheit bemerebar machten, wean vor kurzem noch manche Rayas, wie dies fruͤher allgemei⸗ ner Gebrauch war, um einen Herrscher ihres Glaubens zum
nen, und es sey nur zu wuͤnschen, daß es diesem Monarchen durch den Besuch seiner uͤbrigen Provinzen auch dort gelingen moͤchte, den oͤffentlichen Geist zu regeneriren. Wir lassen dahingestellt, wie viel Uebertreibung in diesen Versicherungen liegen und wie viel bloß
dem Eindruck des ersten Moments angehoͤren mag. — Neue aus
Bitoglia hier eingegangene Briefe versichern, daß sich die Unru⸗
Thessalten beschraͤnken. Dies bestaͤtigt, daß die bisherigen Nach⸗ richten daruͤber in hohem Grade uͤbertrieben waren. — Aus Konstantinopel berichtet man, daß die Truppensendungen von Odessa nach Sebastopol fortdauern, und daß es keinem Zweifel unterliege, daß diese Ruͤstungen gegen die Tscherkessen gerichtet seyen. — Briefe aus Bucharest melden, daß Fuͤrst Ghika nach bestandener Quarantaine am 2lsten d. von Silistria zuruͤck wieder in seiner Residenz eingetroffen sey. — Herr Urquhart ist in Bel⸗ grad eingetroffen, und will morgen in die Semliner Kontumaz eintreten. — Der Englische Konsul fuͤr Serbien, Oberst Hodges, sosl bei seinem ersten Besuch von dem Pascha von Belgrad, Jussuff Pascha, nicht mit der Achtung und Hoͤflichkeit empfan⸗ gen worden seyn, welche zu fordern seine Stellung ihm zur Pflicht macht. Er soll deshalb, ohne ein Wort mit dem Pascha zu wechseln, dessen Palast sogleich wieder verlassen haben. Man ist begierig, etwas Naͤheres hieruͤber zu erfahren. Jussuff Pa⸗ scha ist bekannt als Gouverneur von Varna, als welcher er im letzten Kriege diese Festung den Russen uͤberlieferte, und sich selbst unter ihren Schutz begab. Der Sultan konsiszirte damals seine Guͤter, und gab sie ihm erst spaͤter auf Verwenden Ruß⸗ lands mit der Wuͤrde eines Pascha's von Belgrad zuruͤck.
Smyrna, 22. Mai. Ein Tuͤrkischer Kutter, welcher einen Abgeordneten der Pforte an Bord hat, ist des schlechten Wetters wegen in dem hiesigen Hafen vor Anker gegangen. Sobald die Witterung es erlauben wird, beabsichtigt er wieder unter Segel zu gehen, und die Reise nach Alexandrien, wohin seine Bestimmung lautet, fortzusetzen. Der Abgeordnete ist mit einer speziellen Mission an Mehmed Ali beauftragt. Man vermuthet, daß er dem Pascha zu insinuiren habe, sich der gro⸗ ßen Belaͤstigungen zu enthalten, womit er wieder gegen den fremden Handelsstand vorgeht, und ihn besonders aufmerksam zu machen, daß es ihm nicht zustehe, irgend ein ausschließli⸗ ches Handes⸗Monopol anzusprechen; es wird ihm dabei bemerkt, daß die darunter leidenden Natonen wiederholte Beschwerde bei der Pforte uͤber ihn gefuͤhrt haben. Um diesen Beschwerden abzuheifen, und dem Englischen und Franzoͤsischen Kabinette die verlangte Genugchunng zu geben, soll der Abgeordnete, der zu⸗ leich mit einem Ferman der Pforte versehen ist, wodurch die Aus⸗ und Einfuhr in Aegypten auf Befehl des Sultans regu⸗ lirt wird, brauftragt seyn, Mehmed Ali anzudeuten, daß die Pforte die Veroͤffentlichung und Befolgung jenes Fermans von ihm erwarte; dadurch wuͤrden die Unterhandlungen erleichtert, welche die Pforte im gegenwaͤrtigen Augenblick fast mit allen
Europaͤischen Regierungen zur Festsetzung eines Handels⸗Tariss Diese Sache ist also wichtig; sie wird dazu dienen,
betreibe. die Unterwuͤrfigkeit zu pruͤfen, welche Mehemed Ali fortwaͤhrend fuͤr die Pforte zu haben assektirt. Ehes tse⸗
8 8 4 111““ J nland.
öL“ II1“ ““ “
Berlin, 17. Juni. Am 15ten sind zum Wollmarkte in Stettin 932 Ctr. 44 Pfund seine und 1378 Ctr. 17 Pfund mittel, zusammen 2310 Ctr. 61 Pfund Wollen eingetroffen; das
“
gesammte daselbst bis zum Schlusse des genannten Tages ein⸗ gegangene Wollquantum betraͤgt mithin 25,400 Ctr. 34 Psund. Selbst am 16ten, als dem letzten Markttage, gingen noch einige
Posten Wolle ein. Besonders lebhaft war der Markt am 15ten,
indem, angeblich durch eingegangene guͤnstigere Nachrichten vom
Auslande veranlaßt, bis spaͤt am Abend so lebhaft gekauft wur⸗,
Expedition noch bis zur Ankunft dieses Schiffs, welches jetzt in
Geiste der Bewohner dieser Provinzen eine sichtbare Aenderung
auch die Stelle als Historiograph des
de, daß nur ein unbedeutendes Quantum fuͤr den letzten Ma. tag uͤbrig blieb und der Markt mit dem erstgenannten Tage beendigt angesehen werden kann. Die Preise blieben denen Vortage mit geringen Schwankungen gleich, neigten sich sede mit der Abnahme des Tages mehr zum Sinken und waren; l6ten noch gedruͤckter. — In der Nacht vom 1lten auf den 12ten d. M. stt große Spinnerei der Herren C. H. und A. Bauendahl in 1 drichsthal, eine Stunde von Lennep, durch eine Feuecebra gaͤnzlich in Asche gelegt worden. Berichtigung. Im gestrigen Blatte der St
S. 668, Sp. 2, Z. 17 v. u., lies: wilde, statt: „milde 98
Friedrich Aneillon.
Ulm den Nekrolog des verewigten Staats⸗Ministers! eillon würdig zu schreiben, müßte man, wie er, die Höhen den Glanz der Rede mit der Kraft und der Seele des druckes vereinigen und der Schriftsteller Ancillon selber Billig und schön wäre es in der That, wenn sein merkwg ger Lebenslauf, seine außerordentlichen Geistesgaben und- noch bewundernswürdigeren Eigenschaften seines Herzent 8 vorgehoben und mit Meisterhand geschildert würden, winf selbst in seinen zahlreichen Schriften und bei so vielen Ge heiten an Anderen gethan hat und erhebend, begeisternd zu verstand. Dies scheinen auch Viele zu erwarten, wenn be nem Aufsatze über ihn in diesen Blättern die Rede ist; sie nen vorauszusetzen, daß, wer sich an den hohen Gegeniag wagt, auch demselben gewachsen seyn müsse. Ein für den Ah fasser des gegenwärtigen Nekrologs so gefährliches gh verständniß muß derselbe vor allen Dingen zu verichtigin müht seyn. Niemand würde herzlicher, dankbarer, wie tr, g. eillon's Grab mit dem verdienten Denkmale eines niin Nachrufes, mit den Blüthen und Kränzen seiner Ber h schmücken. Niemand fühlt aber auch niederschlagender, vr daß er, bei dem redlichsten Willen, in Ansehung der Behe lung doch stets unter seinem Gegenstand bleiben würde. ter diesen Umständen zieht er es denn vor, jedem Bestrebe sich auf die ganze Höhe seines Gegenstandes hinaufzuschwing vorweg zu entsagen und sich dagegen die größte Einfacht und die schlichteste Darstellung zum Gesetze zu machen. I. Absicht sindet übrigens auch seine Rechtfertigung in Am lon's wohlwollender, gemüthlicher Persönlichkeit selbst, die nie verleugnete, wenn auch vielleicht sein öffentliches Wirken Staatsmann und Schriftsteller, und die würdevolle Halta die er dabei zu behaupten wußte, zuweilen eine andere Mein über ihn hervorgerufen haben mögen.
Von einem weltbekannten Schriftsteller des vorigen Imh hunderts wurde gesagt, daß aus dem bei ihm vorhandenen stigen Schatze mehrere ausgezeichnete Philosophen, Geschie schreiber, Dichter und Schönschreiber gebildet werden könm Ein Aehnliches würde sich auch von Ancillon behaup lassen. Zu dem scharfsinnigen, hinreißenden und nur d Gute und Schöne bezweckenden Schriftsteller würden hier ab noch der hohe Staatsmann und der treffliche Mensch hinzutr, ten. Als Staatsmann und Schriftsteller ist Ancillon de Welt schon bekannt und es käme hierbei nur auf mehr d—. weniger vollständige und genaue Angaben an, deren Zusamm tragung oder Ermittelung nicht minder der Zukunft als der! genwart offen steht. Anders verhäalt es sich aber mit dem? vatmann, mit dem eigentlichen Menschen. Man muß ts Mann persönlich und näher gekannt haben, um sich über seme Charakter mit vollständiger Ueberzeugung aussprechen zu nen. Da dem Verfasser diese Ehre in Bezug auf den Veren ten zu Theil geworden war, da er von Jugend an fast umt terbrochen dem Leben des berühmten Mannes gefolgt ist, so es ihm hauptsfächlich gestattet, Aneillon's Persönlichkeith vorzuheben.
Voraus schickt er indessen einige Worte über die amtlt Thätigkeit des Verstorbenen. 8
Nachdem Ancillon zu Genf am 27. November 1789 Weihe zum geistlichen Stande erhalten hatte, wurde er in nem 23sten Jahre. Anfangs 1790, zum Prediger bei der P derschen Kirche der Berliner Franzöfischen reformirten Gemein und zwar durch Abstimmung derselben, erwählt. Dies war se eine Auszeichnung und die erste ehrenvolle Anerkennung se Tüchtigkeit, indem nicht nur die Werdersche Kirche damals! ter den fünf in Berlin bestehenden Französisch reformirten, chen vorzugsweise mit der Gegenwart des Königlichen 9 beehrt wurde, sondern auch weil vorschriftsmäͤßig die bei fünf Kirchen anzustellenden zehn Prediger wenigstens f. Jahre vorher das Predigtamt bei einer Provinzial⸗Pfams waltet haben mußten; — eine jetzt noch bestehende Eim Des damals regierenden Königs Majestät ernannten zwu später den Prediger Ancillon zum Professor der bei der Militair⸗Akademie, welche Stelle er, zugleich nn. . Predigtamt, im Jahre 1810, wegen des ihm um diese zütst
ine 1 Thätigkeit in Anspruch nehme gewiesenen neuen, seine volle Thätigkei 10 den Wirkungskreises niederlegte, nachdem er also 18 Professor und 20 Jahre Prediger gewesen war. 889 d ihm am Sonntage den 5. August 1810 gehaltene Predigenh die Trauerrede über die verewigte unvergeßliche Königin da
Um jene Zeit fing für Ancillon gleichsam ein nenee ben an, indem er eine, dem Anscheine nach, mehr weltli 0p bahn betrat, in welcher er wieder 26 Jahre lang für 860 mit Erfolg wirkte. Wäre er aber auch damals schoman Weltbühne abgetreten, so würde er immer einen mit 88 rühmten Namen als Kanzelredner und Geschichtschreinmeg tief denkender, glänzender, mächtig beredter politischer dn losophischer Schriftsteller hinterlassen haben. Im, Fahr8g nämlich wurde Ancillon zum Erzieher Sr. König 8 des Kronprinzen, der damals im l5ten Lebensjahre wetene nannt, — eine Stellung, in welcher er dem seitdem venz sehr verdienten Dr. Delbrüͤck folgte. . 8„ Pah
Schon ein Jahr zuvor, nach, Auflösung des (eanah supérieur der Französischen Gemeinde, war A n Müristein Staatsrath bei dem Departement des Kultus im Aisce 8 des Innern ernannt worden. Seine eigentliche volihcan bahn, für die er einen angebornen Beruf zu hag ngg ginnt aber erst im Jahre 1814, wo er zum wir n Angeh. men Legationsrath im Ministerium der ausweirtiges dert heiten, das damals der Staats⸗Kanzler leitete, beft⸗ einer Die mit dieser Ernennung verbundene Vermehrung S vul schäfte veranlaßte ihn jetzt, nicht nur seine Fe ah diesu rath bei dem benannten Departement, sorden an Akadem als Secretair der philosophischen Klasse der hiesig
der Wissenschaften, die er 1810 angetreten hatte, un Cerh ch
foln
verliehen worden waͤr,
welche ihm 1803 Allerhöchst
dögleich Ancillon's Verhaͤltniß als Erzieher Sr. Königl. zoheit des Kronprinzen schon früher aufgehört hatte, so blieben och Beide durch ein Band tief empfundener Dankbarkeit einer⸗ its und unerschütterlicher Anhänglichkeit andererseits vereinigt, as der Tod allein zu zerreißen vermochte.
Bei der im Jahre 1817 erfolgten Errichtung des Ausschus⸗ für die Bearbeitung und Einführung der Provinzialständi⸗ hen Verfassung und des Ober⸗Censur⸗Kollegiums „wurde An⸗ illon als Mitglied hinzugezogen. Auch ward er vermöge be⸗ onderen Allerhöchsten Vertrauens zum Mitgliede des Staats⸗ Naths ernannt, als diese oberste Staats⸗Behörde im Jahre 1817 s Leben gerufen wurde.
Der Zeitraum von 1817 bis 1830 führte zwar in Anecil⸗ on's amtlichen Verhältnissen keine solche Veränderungen wie er von 1810 bis 1817 herbei, gab indessen seiner Thaͤtigkeit inen weiten Spielraum. An der Spitze des Ministeriums er auswärtigen Angelegenheiten stand seit dem Jahre 1818 der Feheime Staats⸗Minister Graf von Bernstorff, bei dessen wie⸗ erholten und langwierigen Krankheits⸗Anfällen Ancillon die Geschifte der politischen Section des Ministeriums leitete; und ils endlich die zunehmende Kränklichkeit des Grafen von Bern⸗ sorff diesen allgemein verehrten Staatsmann zwang, sich eines cheils seiner Geschaͤfte gänzlich zu entledigen, ward Ancillon nütelst Allerhöchster Kabinets⸗Ordre vom 16. Mai 1831. zum witklichen Geheimen Rath mit dem Prädikat Excellenz und zu⸗ gech zum selbstständigen Chef des Departements für das Für⸗ genhum Neuchatel und Valangin erhoben. Kurz darauf, durch
ine Kabinets⸗Ordre aus Teplitz vom 25. Juli 1831, erfolgte uch seine Ernennung zum Staats⸗Secretair für die auswärti⸗ in Angelegenheiten. Durch eine Allerhöchste Kabinets⸗Ordre om 10. Mai 1832 endlich trat er als Geheimer Staats⸗ und Minister der auswärtigen Angelegenheiten ganz an die Stelle es Grafen von Bernstorff, der inzwischen bis zu seinem am 8. März 1835 erfolgten Tode nie wirklich pensionirt war. Nicht icht war es, der Nachfolger eines Mannes zu seyn, welcher sch, wie Bernstorff, unter schwierigen Umständen eben so sehr urch seine würdige Haltung, als durch seine gemäßigten Ge⸗ nnungen in der Leitung der auswärtigen Angelegenheiten so ühmlich ausgezeichnet hatte. Ancillon zeigte sich aber während her fünf Jahre, in welchen er diese Angelegenheiten leitete, der ihm istellten Aufgabe in mehr als einer Beziehung so gewachsen, daß in Hinscheiden mit Recht als ein schwer zu ersetzender und zenfalls höchst empfindlicher Verlust für den Staat betrachtet werden mußte. 1 Vieles würde über diese, sich so mannigfach gestaltende unche Thätigkeit Ancillon's zu bemerken seyn, und mehr oh, wenn man zugleich mit dem Staatsmann, den Gelehrten, den Schriftsteller, besonders aber den Privatmann zusammen⸗ haten wollte. Kein Mensch hat sich je das friedliche stille Pri⸗ batleben süßer als er geträumt, während die Vorsehung ihm beinahe sein ganzes Leben hindurch das häusliche Glück vorent⸗ bilt und ihn dagegen für das öffentliche Leben bestimmte, das biellecht auch Wenige, so herrlich ausgerüstet wie er, betraten. llemter und Stellen hat er nie nachgesucht, vielmehr hielt er sch, so lange er konnte, von denselben fern. Bei der uner⸗ sthöpflichen Fruchtbarkeit seines Geistes würde er als Schrift⸗ feller mehr Stoff zu einer ehrenvollen Beschäftigung gefunden hhen, als er zu bearbeiten im Stande gewesen wäre, und bei ner einfachen Lebensweise und seiner großen Genügsamkeit wiren seine obwohl bescheidenen Vermögens⸗Umstände nach sei⸗ mem eigenen Ermessen mehr als hinreichend gewesen, um seine Bedürfnisse zu befriedigen. Doch aber setzte er seine Pflichten gegen den Staat unbedenklich über seine persönlichen Neigun⸗ hen, und wurde ihm einmal voͤn seinem uneigennützig, tief ver⸗ Erten Könige ein Amt angewiesen, so galt ihm kein schriftstel⸗ erischer Ruhm, selbst kein häusliches Stillleben; der redlichen Erfüllung der ihm neu auferlegten Pflicht ergab er sich nun⸗ mnehr mit derselben Hingebung, als wenn er längst nach dem im anvertrauten Amte gestrebt hätte. Daß die einfluß⸗ eiche Stellung, in der er sich seit dem Jahre 1810 be⸗ ind, ihm Auszeichnungen aller Art zuwenden mußte, ver— iht sich von selbst. Es war schon kein Leichtes, bei Ab⸗ ssung der im Gelehrten Berlin enthaltenen Biogra⸗ hie Ancillon's das Verzeichniß der ihm verliehenen Or⸗ den zusammen zu tragen, und hauptsächlich nur durch die ach des Inhabers Tode vorgefundenen Insignien haben die neu hinzu gekommenen exmittelt werden können. Eben so mit den gelehrten Gesellschaften. Auch in dieser Beziehung vermag ver Verf. für jetzt nicht eine genaue Auskunft über die verschie⸗ inen Akademieen zu ertheilen, deren Mitglied Ancillon war. sur vier oder fünf lassen sich mit Gewißheit angeben. Hier gmüge es, die Königliche Akademie der Wissenschaften in
bnin zu nennen, in welche Ancillon im Jahre 1804
it auf höhere Veranlassung, sondern in Folge einer Ab⸗ finmung, was damals und in früheren Zeiten einen besonde⸗
Werth hatte, aufgenommen wurde. Im Jahre 1810 er⸗ vihlte ihn die Akademie zum Secretair ihrer philosophischen Klasse, ein ihm ohne Zweifel zusagendes gelehrtes Amt, welches er lber schon vier Jahre nachher, wegen des ihm angewiesenen neuen Geschäftskreises wieder aufgeben mußte, wie er denn, nach der
ebernahme des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten, auch als wirkliches Mitglied der Akademie ausschied, nachdem er in einer Reihe von beinahe 30 Jahren die Abhandlungen derselben mit einer großen Menge eben so nuͤtzlicher als glän⸗ zender Beiträge theils in Deutscher theils in Französischer Sprache Eereichert hatte. Zur näheren Schilderung des außerordentlichen Mannes dürfte wohl die Bemerkung nicht überflüssig seyn, daß er dennoch bis zu seinem Lebensende wirkliches Mitglied der Ver⸗ waltung des Französischen Gymnasiums blieb, dessen erste Ein— richtung wesentlich schon seinem Urgroßvater zu verdanken ge⸗ wesen war und in welchem er vor mehr als 50 Jahren seine shmnasial⸗Studien vollendet hatte. Das sogenannte consi- sa academicum beehrte er noch am 26. März d. J. zum enmale mit seiner Gegenwart, wo er an den Berathungen enselben angelegentlichen Antheil nahm, den er nur immer an 5 wichtigen politischen Konferenz hätte nehmen können. Noch * als er im Jahre 1810 seine Kirche verließ, übernahm er Stelle eines Aeltesten bei derselben und noch kurz vor sei⸗ 8 Ernennung zum Staats⸗Minister sah man ihn in den klei⸗
Lokal⸗Angelegenheiten einer vollkommen demokratischen Kir⸗ vm⸗Verwaltung, wie jedes andere ” und bei vorkom⸗
kender Gelegenheit nicht ohne gleichen Widerspruch zu finden, line Stimme abgeben. ene. den ec henheeg⸗ welche A neillon's äußeres
98 1 a.e en auch noch, bei weniger beschränktem
jchna 5 eine verschiedenen amtlichen Reisen eine besondere Be⸗ 89 vligun⸗ verdienen. Die zwei größten, die er in Beglei⸗
18 heines ehemaligen erhabenen Zöglings unternahm, waren die mnüge von 1813 und 1814. Am 20. September 1828 trat
„als Begleiter Sr. Königlichen Hoheit des Kronprinzen,
seiner Schriften glaubt aber
die Reise nach Italien bis Neapel an. Er hatte eine aus⸗ führliche Beschreibung dieser letztern angefangen, wurde aber an der Fortsetzung derselben durch überhaͤufte Geschäͤfte verhin⸗ dert. Die Beschreibung seiner Reisen in den Jahren 1813 und 1814 fand sich hingegen in seinem Nachlasse in einem höchst anzie⸗ henden und lehrreichen Briefwechsel mit seiner ersten Gattin vor. Dieser für die Geschichte jener bewegten denkwürdigen Zeit so kost⸗ bare Schatz hat aber leider nach des Verewigten ausdrücklichem Willen den Flammen geopfert werden müssen. Es war ein ent⸗ schiedener Zug in Ancillon's Charakter, daß, wenn gleich vielleicht wenige Menschen es mehr wie er verdienten, Andere mit ihrer Persönlichkeit zu beschäftigen, solches doch nie in seinen Absichten lag; vielmehr schien es ihm immer nur darum zu thun zu seyn, als ein Werkzeug zu gelten, das nach Erreichung des Zweckes, zu welchem es gedient, den Augen des Zuschauers wie⸗ der entzogen werde. Dieser bescheidene Sinn, der sich seit An⸗ cillon's erstem Auftreten als Schriftsteller und Staatsbeam⸗ ter bis zu seinem Tode stets bewährte, konnte ihn denn auch allein bewegen, sich von dem einen seiner drei Testaments⸗Vollstrecker das Versprechen geben zu lassen, gleich nach seinem Tode seine ganze Privat⸗Korrespondenz dem Feuer zu übergeben, was denn auch mit schmerzlicher Gewissenhaftigkeit geschehen ist. Aus eben demselben Charakterzuge Ancillon's läßt sich auch erklären, warum er, dem alle Waffen der scharfsinnigsten Dialektik und eines unerschöpflichen schlagenden Witzes zu Gebote standen, auf Kritiken seiner Werke zu keiner Zeit ein einziges Wort zu deren Berichtigung oder Widerlegung öffentlich vernehmen ließ. Sein Werk: „Ueber den Geist der Staats⸗Verfassungen“ be⸗ schließt das im Gelehrten Berlin im Jahre 1825 enthal⸗ tene Verzeichniß. Hierzu kommen seitdem noch, seine „Gedan⸗ ken“ und die „Vermittelung der Extreme“, welche letz⸗ tere Schrift er nicht selbst niedergeschrieben, sondern einem Schnell⸗ schreiber diktirt hat. Nach der Herausgabe dieser beiden Werke durfte man glauben, daß sein schriftstellerisches Talent, nunmehr von der Masse der Geschäfte überwältigt, geruht habe; in⸗ dessen war dies nicht der Fall. Im Jahre 1825 besaß Ancil⸗ lon noch einen ansehnlichen Vorrath hochwichtiger Manuscripte, geschichtlichen und politischen Inhalts, welche er damals der Geffentlichkeit’ noch nicht übergeben wollte, und seitdem hat- er diesen literarischen Schatz durch eine Menge bedeutender, theils diktirten, theils selbst niedergesetzten Schriften, gleichen, auch mitunter rein literarischen Inhalts, vermehrt.
Ancillon's Sprachkenntnisse dürfen hier nicht ganz mit Stillschweigen übergangen werden. Außer seinen beiden Mutter⸗ sprachen, der Deutschen und Französischen, setzen die von ihm als Kandidat der Theologie ehrenvoll bestandenen Prüfun⸗ gen eine genügende Aneignung der todten Sprachen, des La⸗ teinischen, Griechischen und Hebräischen voraus; und in den lebenden Sprachen, dem Italiänischen und Spa⸗ nischen, vorzüglich aber dem Englischen, hatte er die besten Werke gelesen. Es ist eine bekannte Thatsache, daß er beinahe bis zu der Zeit seiner Ernennung zum Staats⸗Minister noch fortwährend mit einem Philologen theils eben solche Werke las, theils auch die alten Klassiker wieder durchging.
Ancillon leistete in seinen amtlichen Verhältnissen so viel, als hätte er sich mit Schriftstellerei gar nicht beschäftigt, und r war daneben ein so fruchtbarer Schriftsteller, als ob er nur für die Presse geschrieben hätte. Zugleich erschien er bei Hofe, hatte fast täglich die Ehre, in der Gesellschaft Sr. K. H. des Kronprinzen zu seyn und entzog sich doch eben so wenig seinen alten bewährten Freunden. Um eine so vielseitige Thätigkeit und Wirksamkeit zu begreifen, muß man seine außerordentliche Auffassungs⸗ und Darstellungsgabe berücksichtigen. Er besaß sowohl im Denken wie im Ausdruck des Gedankens eine wahre künstlerische Virtuosität. Er schrieb, wie er sprach, und sprach, wie er schrieb. Die besten Stellen in seinen Schriften sind in Einem Guß zu Papier gebracht worden, ohne daß irgend eine Wortänderung hinzugekommen wäre. Auf diese Leichtigkeit, die Feder zu handhaben, legte er indeß nur den Werth des Augenblickes; was er bleibend schätzte, war ernster Verstand und Tiefe des Gemüthes, vorzüglich aber ein wohlwollendes ge⸗ fühlvolles Herz. In dem Glanze seiner Schreibart, in seinen häufigen aber treffenden Gegensätzen haben Kritiker, namentlich Herr von Sismondi, eine allzukünstliche Ueberarbeitung er⸗ blicken wollen; man kann hierauf mit Recht antworten, daß niemand weniger wie Ancillon im Schreiben zu künsteln suchte, niemand mehr, wie er, den bloßen Eingebungen seines Geistes zu folgen brauchte, in welchem sie sich augenblicklich in ihrer ganzen Fülle entfalteten.
Eine wichtigere Bemerkung in Beziehung auf den Inhalt der Verf. hier noch hinzufügen zu müssen. Sie betrifft die ihnen beiwohnende seltene Einheit in philosophischer, religibser und politischer Beziehung. Beinahe ein halbes Jahrhundert lang schrieb Ancillon; gedruckte Briefe von ihm, schon im Jahre 1788, liegen dem Verf. vor, dem auch mündliche Aeußerungen Ancillon’'s, nach seiner Rückkehr von Paris im Jahre 1789, auf durchaus authentischem Wege bekannt sind. Dies war gerade die Zeit, in welcher die Französische Revolution ausbrach und leider Viele, selbst außer⸗ halb Frankreichs, mit Bewunderung erfüllte. Was für ein Hin⸗ und Herwogen der Meinungen in Europa hat nicht seit dieser ver⸗ hängnißvollen Zeit bis zur Gegenwart stattgefunden! Welcher Stagatsmann und Publizist kann sich rühmen, in diesem Zeit⸗ Abschnitte in seinen Meinungen und Ansichten nie gewankt zu haben. Ancillon blieb sich unter allen Umständen konsequent. Es lag nicht in seinem Charakter, jemals ein Wort hierüber fallen zu lassen: vielleicht wird sogar jene Behauptung über ihn hier zum erstenmal öffentlich aufgestellt; aber sie ist deshalb nicht minder wahr. In den erwähnten Briefen finden sich bereits die ersten Keime der Hauptgrundsätze, welche er seitdem unerschütterlich fest hielt, vielseitig entwickelte und auf die unaufhaltsam vor⸗ überziehenden, verschiedenartigsten großen Weltbegebenheiten, sich selber immer gleich bleibend, anwendete. Der zwanzigjährige Ancillon beurtheilte schon bei seinem ersten Eintreten in die Welt die Ereignisse in derselben Weise, wie späterhin der gediegene Schriftsteller und erfahrene Staatsmann. Eine so seltene Er⸗ scheinung setzt, nebst den herrlichsten natürlichen Anlagen, eine hohe geistige Ausbildung und eine treffliche sittliche Erziehung voraus. Diese war aber dem jungen Ancillon auch zu Theil geworden.
Louis Fréderie Ancillon, sein Vater, war ein geistreicher und gelehrter Mann, welcher unter den damaligen berühmten Predigern der Französischen reformirten Gemeinde zu den aus⸗ gezeichnetsten gehörte und die Königliche Akademie der Wissen⸗ schaften zu Berlin, deren Mitglied er war, wie die ganze ge⸗ lehrte Welt, mit vielen gehaltreichen Abhandlungen beschenkte, von denen wenigstens drei als Preisschriften gekrönt wurden. Daß dieser Ancillon, welcher von seinen 9 Kindern, nämlich 4 Söhnen und 5 Töchtern, nur drei Töchter und einen einzi⸗ gen Sohn, den jetzt betrauerten Jean Pierre Fréderic Ancil⸗
lon, am Leben behalten hatte, diesem letzten männlichen Spröͤßling seiner Familie, eine ganz besondere Sorgfalt gewidmet Her würde nicht zu bezweifeln seyn, wenn auch die Früchte der⸗ selben minder glücklich gerathen wären. Gleich ausgezeichnet durch strenge Gewissenhaftigkeit und gediegene Gelehrsameeit war er trefflich dazu geeignet, den hohen Geistesgaben seines Sohnes die angemessenste Richtung und Nahrung zu geben und ihm zugleich als Führer und Muster zu dienen. Daher darf man sich auch nicht wundern, wenn in den vielen Notizen über Vater und Sohn, Beide so oft mit einander verwechselt und bis⸗ wesen auch nur für einen und denselben Schriftsteller gehalten werden.
Ehe wir dem jungen Ancillon in seiner ferneren geistigen Ausbildung weiter folgen, führen uns jene Mißverständnisse dar⸗ auf hin, über seine hochachtbare Familie hier genauere Nachrich⸗ ten, als die theils abgerissenen, theils widersprechenden mitzu⸗ theilen, welche darüber in den bis jetzt erschienenen Schriften, wie sie auch immer heißen mögen, zu finden sind. Die vielen, sowohl von den Réfugiés als von Anderen herrührenden Bü⸗ cher, und selbst die bekannten, 8 Bände starken „Mémoires pour servir, à l'histoire des réfugiés frangais dans les états du Roi, par Mrs. Erman et Reclam, Berlin, 1782 — 1794 geben über die Abstammung des jüngst verstorbenen Staats⸗Ministers keine genügende Auskunft. In ihm hat seine Familie mit ihrem Aus⸗ sterben zugleich ihren Culminationspunkt erreicht. In ihm ha⸗ ben alle seine Vorfahren sich abgespiegelt, und man lernt daher schon die Persönlichkeit des ausgezeichneten Mannes kennen, wenn man die glänzende Reihefolge seiner Vorältern überschaut.
Die nach dem Widerruf des Edikts von Nantes mit so vie⸗ len anderen Französischen Flüchtlingen nach Preußen ausgewan⸗ derte Familie Ancillon kam aus Metz her, wo ein anderer Zweig derselben jetzt noch leben und ansässig seyn soll. Beim Anbe⸗ ginn der Reformation war schon, nach den geschichtlichen und biographischen, dem Verfasser vorliegenden alten Werken und Handschriften, ein Ancillon Präsident eines Französischen Reichs⸗ gerichtes gewesen, eine Stelle, die er aber niederlegte, weil er zur neuen Lehre überging. Dessen Sohn Georgin war späͤter ein Hauptbegründer der protestantischen Kirche zu Metz und Pfarrer bei derselben. Abraham, ein Sohn von Geor⸗ gin, zeichnete sich wiederum als Rechtsgelehrter aus, besaß ein ansehnliches Vermögen und bildete sich in einem Zeit⸗ raum von 40 Jahren eine der bedeutendsten Privat⸗Biblio⸗ theken des damaligen Frankreichs. Sein Sohn, David Ancil⸗ lon, geboren zu Metz den 18. März 1617, war es nun, welcher unmittelbar nach dem Widerruf des Edikts von Nantes mit sei⸗ ner Familie Metz verließ und eine neue friedlichere Heimath in der Mark Brandenburg unter dem Schutze des großen Kur⸗ fürsten suchte und fand. avid Ancillon, dem Bayle in seinem bekannten Dictionnaire einen langen Artikel widmet, ist das Fa⸗ milienglied, welches zuerst nicht bloß durch seine Auswande⸗ rung, sondern auch durch seine gelehrten Kenntnisse den aus⸗ gebreiteten Ruf seines Namens in Europa begründete. Als der 69jährige Greis dem Kurfürsten zu Potsdam 1686 vorgestellt wurde, empfing der christlich menschenfreundliche Held ihn mit den Worten: „Ich danke Gott dafür, daß er Ihnen den Ge b danken eingegeben, sich in meinen Staaten niederzulassen; was ich kann, werde ich thun, damit Sie bei uns Ihre übrigen Le⸗ benstage so angenehm wie möglich zubringen mögen.“ Er wies ihm auch sogleich eine Pfarrerstelle in Berlin an und versorgte
in derselben Stunde seine beiden ihm zugleich vorgestellten Söhne. — Der Aeltere, Charles, welcher, wie sein Großvater, Jurist war,
wurde zum Oberrichter der Französischen Flüchtlinge ernannt, deren Gesammtzahl, nach seiner Berechnung, im Jahre 1700 14,844 Seelen betrug, und die in, den zwei folgenden Jahren noch um 2000 Orangisten wuchs. Der Jüngere, der ebenfalls den Namen David fuͤhrte und, erst 16 Jahr alt, seine theolo⸗ gischen Studien noch nicht vollendet hatte, wurde zu diesem Be⸗
hufe bei der Universität zu Frankfurt an der Oder auf Kosten
des Kurfürsten unterhalten. David Ancillon, Vater, starb zu Berlin den 3. September 1692, in einem Alter von etwas über 75 Jahren, und etwa 4 Jahre nach seiner Einwanderung. I
seinem langen Leben hatte er, durch die Zeitumstände nothge-
drungen, nur Vertheidigungs⸗Schriften in den damaligen kirch⸗
lichen Streitsachen herausgegeben, welche aber ein großes Aus⸗
sehen erregten und ihm bei seinen Gegnern selbst Achtung er⸗ warben. Doch war er nie zu bewegen, seinen gediegensten Pre⸗ digten, zu welchen die Katholiken selbst sich drängten, durch den Druck eine andere Oeffentlichkeit, als die rein apostolische z geben. Er war nicht bloß ein gelehrter, sondern auch ein über⸗ aus wohlthätiger Mann, der die Armen, ohne Unterschied auf Religion, kräftig unterstützte. Echter Glaube, fromme Hinge⸗ bung in den göttlichen Willen, galten ihm über Alles, und ein wahres apostolisches Leben führte er bis zu seinem gleichwürdi⸗ gen christlichen Ende. . Charles Ancillon, der Sohn des Vorigen, geboren zu Metz den 29. Juli 1659 — lin, wohin er in seinem 27sten Jahre mit seinem Vater gekom⸗ men war, erwarb sich in seiner neuen Heimath mannigfach Verdienste in der ihm durch seine juristische Ausbildung vorge⸗ schriebenen Laufbahn. Da er anfänglich Oberrichter der Fran⸗ zösischen Kolonieen war, so wird er oft mit seinem Oheim Jo⸗
seph Ancillon verwechselt, welcher gleichfalls jenen Titel hatte 94sten Lebensjahre
und den Aten November 1719 zu Berlin im starb. Außer jenem Oberrichter⸗Amt erhielt aber Charles An⸗ cillon die Stellen als Historiograph, als Aufseher des eben be
ründeten Französischen Gymnasiums, als Polizei⸗Direktor, als Vnspektor sämmtlicher Französischen Gerichte und als Hof- und
Ambassade⸗Rath. b 8 testanten nach Paris abgesandt worden, um wo möglich eine mildere Behandlung zu erwirken. Der Kurfürst Friedrich III
nachher König Friedrich I., beorderte ihn auch in wichtigen
Verhandlungen nach Basel, wo er sich seit 1695 bis 1699 auf⸗ Hecgt Mit dem letztverstorbenen Staats⸗Minister hatte Charles
neillon, gemein, daß er neben seinen zahlreichen amtlichen Geschäften literarisch thätig war und mehrere zum Schriften herausgab, welche in den biographischen Wörterbü⸗ chern angegeben werden. sein „Discours sur la vie de feu Mr. Ancillon et ses dernières heures. (Bale, 1698.)“ Buch liest, wen von beiden man glücklicher preisen soll, den Sohn, der einen solchen Vater, oder den Vater, der einen sol⸗ chen Sohn hatte. Leider sind über Charles Ancillon's Lebenslauf selbst ausführliche Nachrichten nirgends zu finden. wie der Staats⸗Minister, ganz fuͤr Andere lebte, scheint er, wie dieser, darauf bedacht gewesen zu seyn, da, wo sein Name nicht verschwiegen bleiben konnte, wenigstens seine Person so viel als möglich dem Lobe der Welt zu entziehen.
David Ancillon, der Bruder des Vorigen, war den Februar 1670 zu M
und gestorben den 5. Juni 1715 zu Ber⸗
Schon von Metz aus war er von den Pro⸗
Während er,
detz geboren und starb zu Berlin den 16,
außer seinen diplomatischen Functionen, auch noch das Theil recht schätzbare Zugleich rührend und lehrreich ist
Man weiß nicht, wenn man dieses
8 8 — 8
22.