1838 / 174 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

im Jahre 1831 abgeschlossenen Vertrage die unverzuͤgliche Ausfuͤhrung desselben zur Bedingung gemacht worden sey. Das Journal de la Haye weist nun nach, daß von „unverzuͤg⸗ sicher“ Ausfuͤhrung in den Worten des Träͤktats durchaus nichts vorkomme. Dies giebt zwar der Independant zu, doch behauptet er, es sey jener zusdruck in einer Note enthal⸗ ten, welche die Belgische Regierung spaͤter an die Londoner Konferenz gerichtet habe.

Herr Tonstantin, erster Decretair des Baron James von Rothschild, befindet sich seit einigen Tagen in Bruͤssel. Man bringt sein Verweilen hierselbst mit einer beabsichtigten sinan⸗ ziellen Operation in Verbindung, und man Grund, dies 2 glauben, als die Gebruͤder Rothschild einen Vorschlag zur Realisation der neuen Anleihe von 37 Millionen

eingereicht haben. „as 7. 90 80 veeni vnh Schweden und Norwegen. Christiania, 12. Juni. (Leipz. A. Z.) Waͤhrend des verwichenen Monats sind am hiesigen Zoll⸗Amte 79,000 Ton⸗ nen Getraide, meist aus Daͤnemark und dem Holsteinschen, aus⸗ klarirt worden. Es e daher weder in dieser, noch in ir⸗ gend einer Gegend des Landes, wo es Geld oder Kredit giebt, an dem ngine sgeg Lebens⸗Beduͤrfnisse; zwar sehen sich durch die Mildthaͤtigkeit der Reicheren auch die aͤrmeren Landbewoh⸗ ner im Stande, ihre Felder zu besaͤen und zu bestellen; dennoch aber herrscht fortwaͤhrend große Noth in den entlegenen Thaͤ⸗ lern, aus denen noch in der Mitte des Mai Schnee und Frost nicht gewichen waren. Man bereitet sich da sein Brod aus Is⸗ loͤndischem Moos und der inneren Fichtenrinde. In der Stadt Drammen aͤscherte eine Feuersbrunst zwoͤlf Ge⸗ bäude ein, die doch in der Brand⸗Kasse nur zu einem Gesammt⸗ werthe von 6000 Spthlrn. versichert waren. Das Kongs⸗ berger Silberwerk gab in den eben verflossenen fuͤnf Bergmo⸗ naten eine Ausbeute von 6538 Mark 8 Loth Silber. Ueber Stockholm traf Hr. Marmier nebst den Naturforschern, welche die Franzoͤsische Regierung zu wissenschaftlichen Zwecken nach Spitzbergen sendet, hier ein, reiste aber nach einem kur⸗ en Aufenthalte nach Drontheim ab, wo die Korvette „Recherche“ 5 erwartet. Norwegischerseits machen ein Offizier und der Lektor Boeck, ein ausgezeichneter Naturforscher, diese Reise mit. Man sieht hier der Ankunft unseres beruͤhmten Lands⸗ mannes, Ole Bull, entgegen. Ex ist von St. Petersburg in Stockholm eingetroffen. In Christiania, wo er viele Jugend⸗ freunde zaͤhlt Und die ersten Bewunderer seiner Kunstfertigkeit fand, gedenkt er mit seiner Frau, einer Franzoͤsin, sich haͤuslich

niederzulassen und von hier aus seine weiteren Kunstreisen an⸗ zutreten. 18—☛☚ 29642 vn

217807 22 „6 vnunc äg Dnemark. (Hannov. Ztg.) Bei der Schleswig⸗ wird das Recht der Petition nicht bloß, sondern auch das echt der Proposition, welches den ständischen Mitgliedern zusteht, auf eine ungemessene Weise ausgeuͤbt. Käaͤmen alle bisherigen Petitionen und Propositionen zur Verhandlung und Abstimmung, so wuͤrde das Ende der Diaͤt nicht abzusehen seyn. Unter den Propositionen ist, nach ihrer Bedeutung fuͤr die Verfassung, die wichtigste die des Ab⸗ geordneten Henningsen, welche auf Vereinigung der Schleswig⸗ schen mit der Holsteinschen Staͤnde „Versammlung gerichtet ist. Nur eine einzige Stimme hat sich gegen die Erwaͤgung der⸗ selben in einem Comite erklaͤrt, in welches, außer dem Propo⸗ nenten, der Prinz von Schleswig⸗Holstein⸗Augustenburg (Neffe Sr. Majestaͤt) und der Hof⸗Jägermeister von Cronstern ge⸗ waͤhlt wurden. 1

Der Daͤnische Gesandte am Russischen Hofe, General Graf von Blome, welcher seit einiger Zeit auf Urlaub sich auf seinen Guͤtern in Holstein aufhaͤlt, hat sich, der bevorstehenden Ankunft des Russischen Thronfolgers halber, nach Kopenhagen begeben. Dem Geruͤchte zufolge, wird der Großfuͤrst von Ko⸗ penhagen uͤber Hamburg seine Reise sortsetzen. Auf diesen Fall enthaͤlt das Korrespondenzblatt die Bitte mehrerer Einwohner der Stadt Kiel an den Russischen Gesandten, Baron von Ni⸗ colai, derselbe moͤge dem hohen Reisenden vorstellen, daß der bequemste Weg von Kopenhagen nach Hamburg nicht uͤber Luͤ⸗ beck, sondern uͤber Kiel gehe. 88 8* Deutschland.

Schwerin, 20. Juni. Das bereits erwaͤhnte Uebungs⸗ Lager liegt hart an der Ludwigsluster Chaussee, ¼4 Meile von hier, am Saume des Haselholzes, suͤdwaͤrts von der Stadt, in einer Vertiefung der im Vordergrunde von einzelnen Huͤgelket⸗ ten durchzogenen Flaͤche. Am Rande des Gehoͤlzes zieht sich eine Reihe von Buden und Marketender⸗Gezelten hin. Hier sind Konditoreien, Weinschenken, eine Materialwaaren⸗Hand⸗ lung, Restaurationen ꝛc. In ungefaͤhr 100 geeigneten Stroh⸗ huͤtten lagern die Truppen, welche circa 1400 Mann stark sind. Ein recht schoͤn dekorirter Speisesaal, aus Brettern zusammen⸗ gefuͤgt, ist fuͤr die Offiziere errichtet, waͤhrend einzelne weißblenkende Zelte fuͤr den Hof, den Stab, die Wacht⸗ posten und so weiter zerstreut umherstehen. An Koch⸗ stellen, Wasser⸗Behaͤltern und so weiter fehlt es nicht, und ein Caroussel dient u. a. zur Belustigung der Mannschaft, vor wel⸗ cher auf Allerhoͤchste Verflgung auch die hier anwesenden Be,⸗ ihre athletischen und gymnastischen Uebungen juͤngst produzirten. Die ganzs Einrichtung ist nett und zweckmaͤßig und gewaͤhrt einen angenehmen Ueberblickk. Morgens 4 Uhr weckt ein Kanonenschuß die Krieger gus dem Schlafe, welche bis 6 Uhr zum Putzen, Zurichten, Reinigen und Fruͤhstuͤcken Zeit haben, dann beginnen die Exerzitien, die bis 11 Uhr dauern; der Nachmittag verstreicht unter sachdienlichen Uebun⸗ gen und Beschaͤftigungen, der Abend unter Zerstreuungen; um 9 ½ Uhr giebt ein Kanonenschuß das Signal zur Ruhe⸗.

Hamburg, 22. Juni. Gestern hatte Herr Syndikus Sie⸗ veking die Ehre, Sr. Mgjestaͤt dem Koͤnig von Hannover bei Allerhoͤchstdessen dig hei 5n das benachbarte Harburg die Ehrerbietung des Senats zu bezeugen. 1

. SLir02. 20. Jau. eFannov. Ztg.) Die erste Kammer hat sich bei der zweiten Berathung der Verfassungs⸗ Urkunde in den Sitzungen vom 31. Mai und 1. Juni mit dem zten Kapitel, welches von den Gemeinden und Koͤrperschaften handelt, beschaͤftigt. Dieses Kapitel wurde mit mehreren Mo⸗ dificationen unter Dissens von 3 Stimmen angenommen.

Man schreibt aus Celle vom 19. Juni: „Nachdem Se. Mafestuͤt der Koͤnig gestern Nachmittaäg in der Nähe unserer Stadt das hiesige Dragoner⸗Regiment in den genauesten Au⸗ genschein genommen, war um 4 Uhr Diner auf dem Koͤnigl. Schlosse, zu dem einige Gaͤste aus dem Civil⸗ und Militair⸗ sande geladen waren. Um 2 Uhr nahmen Se. Majestaͤt die Cour der gesammten hiesigen Koͤnigl. Dienerschaft, worunter auch die staͤdtischen Behoͤrden, an. Se. Majestaͤt geruhten dar⸗

Kiel, 18. Juni. schen Staͤnde⸗Versammlung

duinen

hat um so mehr

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auf, einer Solrée beim Staats⸗ und Kabinets⸗Minister von Ompteda beizuwohnen. Auf das Schloß zuruͤckgekehrt, wurden Se. Majestaͤt mit einem glaͤnzenden Fackelzuge der hiesigen Gar⸗ nison begruͤßt. Die Musik⸗Corps spielten das God save the bing und mehrere Stuͤcke. Ungeachtet des nassen Wetters, hatte sich auf dem Schloßplatze, da nur wenige auf den Schloßwall zugelassen wurden, eine große Menschenmenge versammelt. Heute Morgen gegen 10 Uhr setzte der Koͤnig seine Reise nach Lͤne⸗ burg fort, um auch dort, so wie in Stade, Verden und Osna⸗ bruͤck, die Garnisonen in Allerhoͤchsten Augenschein zu nehmen.

Dresden, 22. Juni. Se. 8 Hoheit der Prinz von Oranien ist, auf der Ruͤckreise aus Schlesien, unter dem Namen eines Grafen v. Heinrichsau, gestern Abend hier angekommen, und im Hotel de Sagxe abgestiegen.

1 Oesterreich. Wien, 19. Juni. Gestern ist das letzte Buͤlletin uͤber das Befinden Sr. Majestaͤt des Kaisers ausgegeben worden, da alle Umstaͤnde eine baldige vollkommene Wiedergenesung hoffen lassen. 1

Bei Teplitz wird, wie man vernimmt, in diesem Sommer ein Lustlager errichtet, zu welchem Behuf bereits einige Trup⸗ pen in Bewegung seyn sollen.

Die Leipz. Allg. Zeitung berichtet aus Wien: „Der Entwurf uͤber das bei der Kroͤnung in Mailand zn beobachtende Ceremoniel unterliegt noch schwierigen Verhandlungen. Wenn schon die Formel des hierbei von dem Kaiser zu leistenden Eides allerlei neuerlichen Bearbeitungen unterzogen werden mußte, um sie den politischen Zustaͤnden Italiens anzupassen und uͤberhaupt zeitgemaͤß zu verfassen, so waren uͤber das Ceremoniel selbst nicht weniger Einwuͤrfe zu hoͤren, da seit Karl V. kein Koͤnig von Italien gekroͤnt wurde, und die Kroͤnung des Kaisers Na⸗ poleon in neuerer Zeit wohl nicht zur Grundlage hierbei ge⸗ nommen werden konnte. Dem Vernehmen nach, werden die beiden Kron-Bischoͤfe von Italien die Lombardische Krone dem Kaiser auf das Haupt setzen. Die Deutsche, Ungarische und Italiaͤnische Garde werden im Dienste abwechseln und nur dort gleichzeitig dienen, wo der Kaiser als solcher einen feierlichen Akt begehk, z. B. beim Einzuge in Mailand. Imposant wer⸗ den die Deputirten der 70 80 Munizipalstaͤdte Italiens seyn, von denen jede drei mit einem Herolde zu Pferde in Alt⸗Italiaͤ⸗ nischem Kostuͤme zum Kroͤnungs-Akte absendet. Briefe aus Mailand melden, welche thaͤtige Vorbereitungen stattfinden und wie keine Kosten gespart werden, um dieses Fest so glanz⸗ voll als moͤglich zu feiern. Glanz und Prunk liegt in dem Cha⸗ rakter des Italiaͤners, daher insbesondere auch auf den seit 1386 erbauten Mailaͤnder Dom, in welchem die Kroͤnung vor sich geht, Schaͤtze aufgewendet werden, um denselben praͤchtig aus⸗ zuschmuͤcken.“ .

89 *

†2 9789 M. 228 9

* 2ö92 vII 1

Der Nouvelliste Vaudois giebt folgenden Bericht uͤber die neusten Vorgaͤnge im Kanton Schwyz: „Die Bun⸗

des⸗Kommissarien haben zweierlei Berichte beim Vorort einge⸗ reicht, in welchen sie verschiedene Vorschlaͤge zur Wiederherstel⸗ lung der Ruhe im Kanton Schwyz machen. Nach dem einen sollte eine allgemeine Landsgemeinde zusammenberufen werden;

der andere beantragt eine geheime Abstimmung in den einzelnen

Bezirken, damit das Volk Gelegenheit erhalte, sich uͤber die Aufrechthaltung oder Abschaffung der jetzigen Verfassung aus⸗ zusprechen. Die Bundes⸗Kanzlei hat sich uͤr den ersten Antrag entschieden; nun aber scheinen die Fuͤhrer der aristokratischen Par⸗ tei in Schwyz die Oberhand zu gewinnen. Kaum hatten die Kommis⸗ sarien den Kanton verlassen, als die Herren Schmid und Holdner in Rothenthurm die Wiederherstellung der Landsgemeinde veran⸗ laßten, von welchen aus am 6. Mai das Signal zu jenem bedauerns⸗ werthen Handgemenge gegeben worden. Der Angriff ist offenbar von der herrschenden Partei ausgegangen, und man hat allen

Grund zu fuͤrchten, daß ihr schaͤdlicher Einfluß sich auch in der wenn dieselbe Bezirke und gegen die neue ungeachtet, sowohl von Seiten des Schiffers, des Steuermanm In Ein⸗

neuen Volksversammlung geltend machen werde, zu Stande kommen sollte. Uebrigens scheinen die vier sich ruhig verhalten zu wollen, welche man sie setzen will, auf ihrer Hut zu seyn. siedeln ist die Spaltung weiter als je gediehen, und auch im Muotta⸗Thale ist die Aufregung sehr groß. Die Liberalen oder Klauenmänner tragen sich mit dem Plane, eine Regentschaft oder provisorische Regierung der Regierung in Schwyz gegenuͤber zu errichten. So koͤnnten sie vielleicht aus der untergeordneten Stel⸗

lung, die sie in Ermangelung einer festen Organisation einnehmen, welche jetzt noch den Namen der

heraustreten. Diejenigen, Regierung von Schwyz fuͤr sich in Anspruch nehmen, scheinen vorzuͤglich von dem Zweifel beunruhigt zu werden, ob die Tag⸗ satzung ihre Abgesandten als Deputirte des Kantons anerkennen, sie zu den Sitzungen zulassen, und ihnen gestatten werde, ihre Stimme auch in den eigenen Angelegenheiten abzugeben. Die Korrespondenz zwischen den Herren in Schwyz und ihren Freun⸗ den in den uͤbrigen Kahtonen ist sehr lebhaft im Gange. Sie wuͤrden es selbst zum Aeußersten kommen lassen, und wenn nur der Wind etwas guͤnstig weht, die Auftritte des Jahres 1833 erneuen. Naͤmlich, wenn die Mehrzahl der Kantone die ver⸗ meintlichen Abgesandten von Schwyz nicht anerkennen wollte, so wuͤrden die Abgesandten der Staaten, welche sich zu ihren Ansichten bekennen, gemeinschaftliche Sache mit ihnen machen, und ihre Zelte in einem neuen Sarnen aufschlagen. Es ist leicht einzusehen, zu welchen Verwickelungen ein solches Ereig⸗ niß Anlaß geben koͤnnte, und wie viel Gutes oder Uebeles zu thun die Majoritaͤt der Tagsatzung dadurch Gelegenheit erhielte, je nachdem sie sich fest oder schwankend benehmen wuͤrde. Die Schwyzer Angelegenheiten nehmen also nicht bloß ein spezielles Interesse in Anspruch, sondern sie koͤnnten leicht so verwickelt werden, daß der gesammte Bund ihre Loͤsung uͤbernehmen muͤßte. Deshalb koͤnnen auch die großen Raͤthe bei der Er⸗ theilung der Instructionen fuͤr die Abgesandten sich nicht um⸗ sichtig und entschlossen genug bezeigen, wenn sie diese Angele⸗ genheit, die eine Lebensfrage fuͤr die ganze Schweiz geworden ist, zu einem gluͤcklichen Ende fuͤhren wollen. Bei solchen Ge⸗ legenheiten reicht eine beschraͤnkte und kleinliche Politik, welche nicht sehen kann, oder sich die Augen absichtlich zuhaͤlt, nicht aus.“

Vereinigte Staaten von Nord⸗Amerika.

New⸗York, 27. Mai. Am Schluß der Sitzung am 22sten uͤbersandte der Praͤsident dem Kongreß eine Borschaft nebst einem langen Schreiben des Kriegs⸗Secretairs, worin derselbe die Eroͤffnung neuer Unterhandlungen mit den Tschiro⸗ kis vorschlaͤgt, indem der Vertrag von 1835 auf betruͤgerische Weise abgeschlossen worden sey. Der Inhalt dieses Dokuments erregte großes Aufsehen. Die Botschaft wurde dem betreffen⸗ den Comité uͤbergeben. Es erhellt daraus, daß die Tschirokis sich dem Versuch der Regierung, sie mit Gewalt zu vertreiben,

wi

In einem ten Se. Koͤnigl. Hoheit einige Erfrischungen anzunehmen. Die

dersetzt und Blut vergossen haben. Unter Anderen wurh der Doktor John Bruster und einer seiner Diener erschossene

Der Secretair des Schatz⸗Amts, Herr Woodberry, ist zu Oberrichter des hoͤchsten Gerichtshofes von Neu⸗Hampshira naännt worden. Die Stelle als Secretair des Schatzamts wis wie es heißt, der General⸗Postmeister, Amos Kendall, erhalten der durch Isaac Hill ersetzt werden soll. an

Der Prinz von Joinville ist am 20. Mai am Vord d „Hercules“ in Norfolk angekommen und hat am folgende Morgen diese Stadt verlassen, um sich nach Richmond 8 Washington zu begeben. Der Rochester Democrat meldet Folgendes: „Eine n

New⸗Market in Ober⸗Kanada stationirt gewesene Compagnt

Britischer Truppen kam gestern Abend, wohlbehalten und da Dienstes der Koͤnigin herzlich uͤberdruͤssig, in unserem Haf⸗ an. Die Soldaten mußten viele Meilen durch die Wälde marschiren, ehe sie eine Gelegenheit, uͤber den See zu kommen fanden. Sie verkauften waͤhrend des Marsches ihre Flinte an die Radikalen, um sich Lebensmittel zu verschaffen.“ 2

Inland.

Breslau, 21. Juni. Am 18ten Abends 8 Uhr sas e⸗ Majestaͤt der Koͤnig und die Frau Fuͤrstin von Liegnitz Durch⸗ laucht im besten Wohlseyn in Erdmannsdorf eingetroffen.

Trier, 17. Juni. Se. Koͤnigl. Hoheit der Prim Fio⸗ helm von Preußen (Sohn Sr. Majestaͤt) sind am 15ten Pabe 11 Uhr wieder von Luxembourg hier eingetroffen. Se. Köag. Hoheit wohnten dem im Kasino⸗Lokale veranstalteten staͤdtischen Balle bei, ließen sich auf demselben viele Herren und Damng vorstellen und verweilten daselbst bis gegen Mitternacht. 16ten besahen Hoͤchstdieselben in der auf dem Hofe der Kasen zu St. Maximin befindlichen großen Reitbahn das hiesg Landwehr⸗Bataillon und traten sodann gegen 10 Uhr die Rist uͤber Bitburg nach Pruͤm an, woselbst Hoͤchstdieselben uͤbernah teten. In Bitburg war, obgleich Se. Koͤnigl. Hoheit aäͤh Empfangsfeierlichkeiten verbeten hatten, dennoch, im Drang der Gefuͤhle dem geliebten Koͤnigssohne einen schwachen N. weis der allgemeinen Huldigung darzubringen, zu Hoͤchstden Empfange eine Ehrenpforte erbaut worden, wie dergleichen aut bei Ihrer Durchreise durch den Kreis Bernkastel errichtet woh den waren. Se. Koͤnigl. Hoheit begaben sich von Bitburg nag Fließen, wohin Hoͤchstdieselben von dem Regierungs⸗Praͤsidenn von Ladenberg begleitet wurden, um die dortigen Roͤmischn Alterthuͤmer in Augenschein zu nehmen. Sodann verfuͤgten Sie sich auf den nahe dabei belegenen Uebungsplatz der beiden Eskadronen des 1sten und 2ten Bataillons des 30sten Land⸗ wehr⸗Regiments und inspizirten dieselben. Auf dem Exerzir⸗ platze hatte sich eine uͤberaus große Menge Einwohner des Krei⸗ ses eingefunden, um Se. Koͤnigl. Hoheit freudig zu begruͤßen. von dem Landrath Thilmany errichteten Zelt geruh⸗

Freundlichkeit des Prinzen und die gnaͤdige Aeußerung der zu— friedenheit begluͤckte die Menge und es brach dieselbe bei dem Scheiden in ein enthusiastisches Lebehoch aus auf Se. Majestit den Koͤnig und das Koͤnigl. Haus.

Aachen, 19. Juni. Se. Koͤnigl. Hoheit der Prinz Win helm sind gestern Abend von Juͤlich, wo Hoͤchstsie die Truppen inspizirten, uͤber Eschweiler und Stolberg noch einmal nach Aachen zuruͤckgekehrt, und haben heute Morgen nach 5 Uhr Ihre Reise nach Montjoie und Malmedy angetreten.

St. Goarshausen,

Uhr passirte der Schiffer H. C. de Haas aus Rees mit einer

zu Rotterdam eingenommenen und nach Mannheim bestimmten

Kaufmannsguͤter. In dem Mao⸗ ment, als derselbe die sogenannte Bank passiren wollee, war dieselbe sehr wild und bei dem hohen Wasserstande außerst be⸗ schwerlich. Das reißende Wasser und die falschen zZuschlaͤge desselben verursachten einen momentanen Stillstand, bis die beit den neuen Fahrseile durchbrachen. Das Schiff, welches bel dem ploͤtzlichen Springen der Seile sich uͤberkruͤmmte und Wasser schoͤpfte, trieb zuruͤck und konnte aller Anstrengungen

Ladung von 3732 Centnern

und der Mannschaft, als der von hier aus zur Huͤlfe gekom⸗ menen Leute, erst unterhalb St. Goarshausen gelandet werdu. Mehrere Leute, und unter Anderen der Schiffer, wurden mißt oder weniger beschaͤdigt. Den ungeheuren Anstrenqgungen sle folge wurde Schiff und Ladung zwar erhalten, wie groß altt die Beschaͤdigung der im Boden des Schiffes befindliche Guͤter seyn mag, laͤßt sich noch nicht ermessen. Schiffer d Haas wird mit der groͤßten Eile seine Reise fortsetzen, um is dem ihm bestimmten Hafen entladen zu werden, was hier nich

geschehen konnte. Koͤln, 19. Juni. Post auf demselben Fuß, lau besteht, zu erfreuen haben, wohner der Stadt gerichteten, in derselben mit den Posten ankommenden Briefe besorgt, sondern auch aub den vom Postgebaͤude entlegeneren Stadttheilen die Befoͤrderung der Briefe dahin erleichtert, indem sie an den verschiedene dazu bestimmten Stellen alle nach dem Inland bestimmte ftan kirte und selbst unfrankirte Briefe annimmt und gegen ein ge ringes Bestellgeld zur Post befoͤrderrt. 14““

Auch wir werden uns bald einer Stadt⸗ wie sie bereits in Berlin und Brtz welche nicht nur die an Ei⸗ aufgegebenen oöden

ro zeß⸗Gesetzgebun g. Mit der fremden Rechte in Deutschlaud versche ällmälig die einfache Sitte des gerichtlichen Vexfahrens unserer 7 vordern, wonach Kläger und Beklagte mit ihren Fürsprechern raage sammeltem Gerichte erschienen und ungelehrte Richter ans dem ggit⸗ den angehörten Streit auf der Stelle entschieden. Aus der 8 schule zu Bologna kamen die dort gebildeten Doktoren nach Dencs land und nahmen bald ihren Sitz in den Gerichten, wie igeag Rath der Fürsten. Insbesondere aber war es das fanouische Ne⸗ welches, unterstützt von dem Einslusse der Geistlichkeit, dem bm lichen Verfahren in Deutschland seine nachmalige Gestalt 98 in dieser Beziehung selbst die Oberhand über das Römische Der politische Zustand Deutschlands ließ es nicht zu; 8 Gesetzgebung sich ernstiich und anhaltend mit der Verbisferün⸗ Rechtöpflege beschäfligen fonnte. Der wichtigste Schritt, ber g ser Hinsicht erst auf vielfache Beschwerden und nach laugen eie reitüngen geschab, war die Errichtung, oder vielmehr verbesserle a richtung des Reichs⸗Kammergerichts im Jahre 1495. Dieses vacemg Gericht und die demselben ertheilten, von Zeit zu Zeit, ernzc 1 Ordnungen wurden das Vorbd, welchem die Gerichte ein 8e zelnen Deutschen Staaten, hier mehr, dort weniger nachfelatrn ig Die Reichs⸗Gesetze halten indeß mehr die Gerichts⸗Versae ggh als das gerichtliche Verfabren, und in v auf dieses 2. dirfech stellung einzelner Mißbräuche zum Gegenf ande. Eine dur g ngg und woblthätige Reform des Prezesses bewirkte erst der uling Reichs⸗Abschied im Jahre 1654 durch Aufhebung des ar! Verfahrens. Seit dieser Zeit ist nichts weiter gescheben. Ein vollständiges Gesetz über das gerichtliche Verfahre

Staats⸗Verbandes wirkt, auch am meisten die Liebe zum Fürsten und

publizirte neue Gerichts⸗Ordnung hatte, wie die Vorrede besagt, zum 11. Juni. Heute Mittags um!

und verwickelt erschien, um sich auf der Stelle darüber erklären zu

Au ziehen.

echtsstreitigkeiten, eine Prozeß⸗Orduung, gab gnncen, nicht. Die weitere Ausbildung des Prozesses nach den einzelnen Bestimmungen der Reichs⸗Gesetze, nach den Vorschriften des Römischen und besonders des kanonischen Rechts, so weit diese mit jenen vereinbar wären, blieb den Rechtsgelehrten und den Ge⸗ richten überlassen. Und hier, wie in andern Dingen, zeigte sich die Eigenthümlichkeit des Deutschen Geistes. .

Sorgfältig war man bemüht, aus den Fragmenten jener für an⸗ dere Zeiten und Verhältnisse gegebenen Gesetze ein vollständiges und regelrechtes Svstem des Prozesses herzustellen. Wo sich Lücken fan⸗ zen, da suchte man durch Prinzipien zu helfen, welche aus allgemei⸗ en Betrachtungen über die Natur eines Rechtsstreits und das Ver⸗ bälrniß der streitenden Theile geschöpft wurden. Man trennte und theilte, was zu. trennen und zu theilen möglich war, und unterschied, was sich unterscheiden ließ. Man machte jeden hierdurch gefundenen Abschnitt des Prozesses, jede Einrede von eigenthümlicher Beschaffen⸗- beit, jeden Inzident⸗ und Rebenpunkt zum Gegenstande eines beson⸗ dern Verfabrens und ließ eine abgesonderte Verhandlung und Ent⸗ scheidung darüber zu. Um endlich Uebereilung und Irrthum zu ver⸗ büten, gab man Fristen und Rechtsmittel, so oft jene begehrt wur⸗ den, und so oft es dieser zur Abhülfe irgend einer vermeintlichen Beschwerde zu bedürfen schien.

an glaubte, durch dieses System den Forderungen der strengsten Gerechtigkeit genügt zu haben. Allein man hatte nicht bedacht, oder blieb doch unbekümmert dabei, daß, um auf diesem Wege einen Rechts⸗ it iu Ende zu bringen, oft ein Menschenalter nicht zureichte. Die sche Sorge, kein Unrecht zuzulassen, hatte es eben so sehr er⸗ schwert, sein Recht zu erbalten. So wenig hatte man das Mittel in Perbältnis zum Zwecke gesetzt, daß die Parteien, um einen Theil ib⸗ us Vermögens sa retten, oft ihrr ganzes Hab und Gut anfopfern maßten, und so sehr waren dem Richter durch die Fesseln dieses Systems die Häͤnde gebunden, daß er das Endurtheil nicht selten gegen seine zafere Ueberzeugung sprechen mußte!

Kann es verwundern, daß die Advokaten von den zahllosen Rechts⸗ behelfen und Ausflüchten, welche ihnen diese Prozeß⸗Ordnung an die HFand gab, zum Vortheil ihrer Klienten Gebrauch machten; das sie, üneinagedenk ihres ehrenwerthen Berufs, das Recht zu vertheidigen, die Verfolgung desselben vielmehr zu vereiteln suchten und außer Stande, die Chikanen eines bösen Gegners zu überwinden, im besten Falle nur bemüht waren, die Streitsache kunstgerecht durch die Irr⸗ gänge dieses Labvrinths zu führen; daß sie endlich, obne Aussicht eines anderen Erfolgs und ohne ein mwürdigeres Ziel, in den Rechts⸗ händeln nur eine Quelle des Geld⸗Erwerbs sahen, die nicht minder erglebig für Richter und Gerichtsherren floß?

Dahin war es gekommen, daß es für ein Unglück galt, zum Rich⸗ ter gehen und seine Hülfe in Auspruch nehmen zu müssen, daß die Advokaten für eine Landplage gehalten wurden.

So war die Rechtspflege noch im 17ten Jahrhundert allgemein in Deutschland beschaffen.

Einzelne Landes⸗Fürsten suchten dem Uebel in ihren Staaten zu steuern, jedoch ohne dasselbe in seiner Wurzel zu erfassen, und ohne großen Erfolg. Vor allen anderen widmeten Preußens Könige die⸗ sem Gegenstande eine fortgesetzte Aufmerksamkeit und Sorge. Sie erkannten es, daß unter allen Zweigen der Staats⸗Verwaltung es die Rechtspflege ist, von welcher am meisten die Rube und Wohlfahrt der Unterthanen abhängt, welche dem Gesetze erst Achtung verschafft, die sichersten Bürgschaften für Freiheit und Eigenthum giebt, und welche, da sie hierdurch am unmittelbarsten für den Zweck alles

Paterlande nährt. Wir sehen sie daher ihre Bemühungen für die Perbesserung der Rechtspflege in eben dem Maße verdoppeln, als Preußen an politischer Selbstständigkeit gewann.

Diese Bemühungen umfaßten sowohl die Gerichts⸗Verfassung, die bessere Einrichtung und Besetzung der Gerichte und die Aufsicht üder dieselben, als das gerichtliche Verfahren.

Die am 3. April 1748 unter dem Titel eines:

Projekt des Codicis fridericiani Marchici

Zwecke: 1) ein gleichmäßiges Prozeß⸗Verfahren in den verschiedenen Pro⸗ vinzen der Monarchie einzuführen, und 2) die vielen unnützen Formalitäten und Weitläuftigkeiten abzu⸗ schaffen, mit welchen dasselbe bis dahin angefüllt war, und welche machten, daß die Prozesse kein Ende nahmen. du diesem Zwecke wurde bestimmt, daß alle dazu geeigneten Sachen auf mündliches Verhör (worüber ein Protokoll aufgenommen ward) pon den dazu ernannten Verhörs⸗Deputationen sofort entschieden und nur die wichtigeren und weitläuftigeren Prozesse entweder zu einem ahgekürzten schriftlichen Verfahren (loco oralis) oder zum förmlichen Schriftwechsel verwiesen werden sollten. Schriftliche Eingaben im Laufe des Prozesses waren nicht ge⸗ sattet, sondern es mußten die sämmtlichen Advokaten an den dreit

essionstagen persönlich im Gericht erscheinen und hier vor zwei dazu

deputirten Räthen ihre Gesuche, welche die Instruction des Prozesses zder die Execution betrafen, mündlich vortrkagen, worüber sich der

Gegentheil sofort zu erklären hatte. Au eben diesen Tagen wurden

uch in den Sachen, worin ein Schriftwechsel stattfand, die Schr.f⸗

ten übergeben, und zwar zwiefach, weil der Gegner sogleich ein Exem⸗ plar derselben erhielt. tioniren nannte, wurde ein Protokoll aufgenommen, und die hierzu

deputirten Räthe sollten sofort auf. die gemachten Anträge die nöthi⸗ Kien Verfügungen erlassen, welche am nächsten Sessionstage den Ad-d:

dokaten publizirt wurden. Nur wenn der Gegenstand zu weitläuftig können, stand es den Parteien frei, auf ein Verhör oder ein Verfah⸗ eisszc⸗ oralis anzutragen, welches in diesem Falle eingeleitet werden

„Der Versuch der Sühne wurde ernstlich eingeschärft und sollte gleich beim Anfang des Prozesses, „ehe noch dee Parteien in eine Perbitterung gerathen“, stattbaben.

Zum Beweise wurde in der Regel Niemand zugelassen, ais bis ihm solcher durch Erkenntniß anferlegt oder gestattet war. Jedoch had gegen ein Erkenntniß der Art nur die Appellation und nur mit Hevolntiv⸗Effekt, nicht aber die dritte Instanz statt. Wenn Präjzu⸗ jial⸗ Fragen und Inzidentpunkte vorkamen, so mußten diese zwar zuvörderst entschieden werden; doch sollte, so weit es thunlich, in der Hauptsache zugleich erkannt werden.

Zahl der Instanzen wurde auf drei festgesetzt und die Ver⸗ sendung der Akten an auswärtige Spruch Kollegien verboten. 8 Die Vollstreckung rechtskräftiger Erkenntnisse sollte unter keinerlei orwand aufgehalten werden. santaß 4 diese Vorschriften genau beobachtet würden, darüber suss er Adjunctus fisci wachen, sich zu diesem Behufe täglich in den üdienzen einfinden und denselden von Anfang bis Ende beiwohnen. veen kann es nicht verkeunen, daß diese Anordnungen weise und wohl nnc aees- um die Prozesse abzukürzen und zu vermindern, und die rdung schien ansangs den davon gehegten, Erwartungen zu ent⸗ ee. Sie würde denselben vielleicht noch längere Zeit und mehr 89 hin haben, hätte man das Einschleichen neuer Mißbräuche 8 indern können, und wäre man mehr darauf bedacht gewesen, de⸗ e zu verstopfen. Allein die Grundlage der neuen Prozeß⸗ 47 war dieselbe geblieben, wie früher; sie selbst war, wie nG b4. der Große sich nachmals in der Kabinets Ordre vom ess 9h 1780 darüber ausdrückte „noch eben das unschickliche Ge⸗ ce es geistlichen Rechts, über welches ganz Deutschland schon selt 19 Fuß sren geklagt hatte.“ Für die Thätigkeit des Richters ncgS; e es an einem belebenden Prinzipe, und den Advokaten war vnnideumer ein weiter Spielraum gelassen, durch eine Menge von 8 zistreitigkeiten die Prozesse zu vervielfältigen und in die Länge Die Klagen über verzögerte Justi jer zögerte Justiz erneuerten sich und erreichten dec Shr des steis wachsamen Königs. Von neuem, und ernftlicher jch, als zuvor, dachte jetzt Friedrich II. auf die Reform der Ju⸗

Ueber dieses Verfabren, welches man Constitug

i⸗ Verwaltung, welch - „welche er nie aus den Augen verloren hatte. Dem f das Praklische gerichteten Scharfblicke-des großen Monarchen

8 u „hb .1 121e a1 entging es nicht, daß die Rechtspflege das Recht zu lange in üngewißbeit säßt. Er wollte daher und befahl auf das Bestimmteste: daß alle Prozesse binnen Jahresfrist beendet seyn sollten. 85ℳ8 Da die bisher zu diesem Zwecke erlassenen Verordnungen wenig oder nichts gefruchtet hatten, so schien dem Könige die Rechtspflege einer völligen Umgestaltung zu bedürfen. Er glaubte, das Uebel nicht an⸗ ders ausrotten zu können, als durch Zurückführung derselben auf die alte und einfache Grundform und durch Verbannung aller Formali⸗ täten, welche er als eine Barbarei späterer Zeiten und als eine Er⸗ findung des Eigennutzes der Advokaten, oder der Bequemlichkeit der Ann elah ieser Ansicht kam ein Plan zur Justiz⸗Verbesserung entgegen, welchen der Minister von Carmer 1 Jasi 18. Feruns 1772 E Könige überreicht hatte und welcher im Wesentlichen dahin ging: die Advokaten ganz zu entfernen und die Führung der Prozesse dem Richter zu übertragen, welcher, wie im Kriminal⸗Prozeß, die Wahrheit der dem Rechtsstreite zu Grunde liegenden Thatsachen seibstständig (per modum inquisitionis) ermitteln sollte. Spowohl dieser Plan, als der hiernach ausgearbeitete ausführliche Entwurf eines neuen gerichtlichen Verfahrens, welchen der Minister von Carmer dem Könige im folgenden Jahre übergab, fanden je⸗ doch einen lebhaften Widerspruch bei dem damaligen Groß⸗Kanzler von Fürst und dem Kammergerichts⸗Präsidenten von Rebeur. In einer von Friedrich dem Großen am 4. Januar 1776 mit dem Groß⸗Kanzler von Fürst und dem Minister von Carmer 9es verer, z. 5 des Königs Majestät: die Inquisitions⸗Methode in den Civil⸗Prozeß ni eing beger ie t vil⸗Prozeß nicht eingeführt die Parteien nicht gehalten seyn könnten, persönlige richt zu erscheinen, und daß die Instruction der Prozesse nicht durch einzelne Kommissarien, sondern vor dem ganzen Gerichte geschehen müsse. Hiermit war der von Carmersche Entwurf vorerst beseitigt,

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ümn

und als Folge jener Konferenz erschien die Verordnung wegen Ab⸗ kürzung der Prozesse vom 15. Januar 1776, welche wesentliche Ab⸗:

ändernngen des bisherigen Verfahrens nicht enthielt.

Nachdem jedoch gegen Ende des Jahres 1779 der Groß⸗Kanzler von Fürst entlassen worden und der Minister von Carmer an dessen Stelle getreten war, so erging unterm 14. April 1780 die merk⸗ würdige Kabinets⸗Ordre, durch welche Friedrich der Große den Letzteren beauftragte, unter Zuziehung der geschicktesten und redlich⸗ sten Männer, welche er finden könne, nicht bloß eine neue Prozeß⸗ Ordnung, sondern auch ein allgemeines Gesetzbuch zu entwerfen.

Der König hatte in dieser Kabinets⸗Ordre das Grund⸗Prinzip der neuen Prozeß⸗Ordnung selbst ausgesprochen: „Es ist“, so heißt es darin, „Mein ernstlicher Wille:

daß der Richter künftig die Parteien mit ihrer Klage und Verant⸗

wortung selber hören, ihre Erzählungen und mitzubringenden Be⸗

weisthümer gegen einander halten und so den wahren Zusammen⸗ hang der Sache, welche zu dem Rechtsstreite Anlaß gegeben, eruni⸗ ren, hiernach aber denselben den Rechten und der Billigkeit gemäße

Vorschläge zum Vergleich machen solle.“

Den Parteien sollten zwar Rechts⸗Beistände, um sowohl den Richter bei der Untersuchung der Thatsachen zu kontrolliren, als auch die Rechtsgründe zu deduziren, nicht versagt seyn, jedoch diese auf Finre Besoldungen gesetzt werden und den Namen „Assistenz⸗Räthe“ ühren.

Der Groß⸗Kanzler von Carmer ließ hierauf den schon im Jahre 1775 eingereichten ausführlichen Entwurf einer neuen Prozeß⸗Ord⸗ nung nochmals umarbeiten, theilte solchen mehreren angesehenen prak⸗ tischen Rechtsgelehrten zur Prüfung und Abgabe ihrer gutachtlichen Bemerkungen mit, und nach deren Benutzung wurde der Entwurf bs am 26. 1 1781 unter dem Titel:

Dorpus juris fridericianum, erstes Buch, von der ß⸗ als Gesetz publizirt. 3 1b

Man nannte die Prozeß⸗Ordnung das erste Buch des corp. jur. frider., weil es die Absicht war, die materiellen Gesetze als zweites Buch folgen zu lassen.

Will man das Eigenthümliche dieser neuen Prozeß⸗Ordnung, wodurch sich dieselbe von dem bisherigen Verfahren und allen sonst geltenden Prozeß⸗Ordnungen unterschied, kurz zusammenfassen, so kann man es in folgenden Sätzen darstellen:

1) der Richter sollte das einem jeden Rechtsstreite zum Grunde liegende Faktum von Amtswegen untersuchen und die Wahrheit dsdesselben durch Auwendung aller an sich erlaubten Mittel zu erforschen bemüht seyn, ohne sich hierbei an die Angaben der Parteien schlechterdings zu binden.

Die Parteien sollten schuldig seyn, in der Regel, und so oft es der

Richter fordern würde, in Person vor ihm zu erscheinen, ihm die

Sache der Wahrheit gemäß vorzutragen und auf alle seine Fra⸗ gen bestimmte Antwort und Auskunft zu ertheilen. Gegen die⸗ jenigen, welche sich dessen beharrlich weigern würden, sollte das

Faktum zu ihrem Nachtheile entweder für zugestanden oder für

nicht angebracht erachtet werden. Die Advokaten, wie sie bis dahin fungirt hatten, wurden abge⸗ schafft. An ihre Stelle traten die Assistenz⸗Räthe, befoldete

Staatsdiener, welche den Parteien vom Gerichte zugeordnet

wurden und den Richter bei Ausmittelung der Wahrheit unter⸗

stützen, aber auch konzrolliren sollten. 1

Jede Streitsache sollte (vorbehaltlich der Rechtsmittel) durch

Ein Urtheil definitio entschieden werden und weder über den

Beweis, noch über vorkommende Inzidentpunkte ein abgeson⸗

dertes Verfahren und Erkenntniß gestattet seyn.

Diese sollten vielmehr von dem Richter vorläufig durch ein Dekret regulirt und in dem End-⸗Urtheile mit entschieden werden, und eine Beschwerde nur gegen das letztere zulässig seyn.

Das Verfahren war hiernach inquisitorisch in dem Sinne, daß der Richter die Thatsachen und Alles, was von der einen Seite zur Begründung und von der anderen Seite zur Widerlegung des streiti⸗ gen Anspruchs dienen konnte, den Parteien, insofern diese es nicht unaufgefordert vortrugen, abfragen und hiermit so lange fortfah⸗ ren sollte, bis nichts mehr zu erfragen war. Bei dieser Erforschung des Sach⸗Verhältnisses, durch Frage und Antwort, konnten jedoch einerseits die Parteien oft übereilt und zu irrigen oder mißverstande⸗ nen Erklärungen verleitet werden; andererseits konnte auch der Rich⸗ ter, der bald die eine, bald die andere Partei zu befragen, und bald das Für, bald das Wider aufzusuchen hatte, leicht den eigentlichen Gegenstand des Streits aus den Augen verkieren; er konnte erheb⸗ liche Umstände übersehen und nicht zur Sache Gehöriges eingemischt haben. Um dieser doppelten Gefahr zu begegnen, sollte der instrui⸗ rende Richter am Schlusse seiner Vernchmungen den Status causae et controversiae mit den Parteien reguliren. Hierdurch sollten letz⸗ tere erfahren, was eigentlsch unter ihnen streitig seyv, und worauf es dabei ankomme. Sie sollten durch diese Uebersicht zugleich in den Stand gesetzt werden, etwanige Irrthümer oder Mißverständnisse zu berichtigen und übersehene oder vergessene Umstände zu ergänzen. Für den Richter sollte diese Operation gleichsam als eine Kontrolle seines eigenen Verfahrens dienen und ihn auf die Mängel und Lücken des⸗ selben aufmerksam machen.

In der Natur dieses inquisitorischen Verfahrens lag es, daß der Richter hierbei an keine Fristen und Formalitäten gebunden seyn, und daß auch kein Unterschied zwischen den früher gesonderten Pro⸗ zeß⸗Arten gemacht werden konnte. Die einzige Norm seines Verfah⸗ reus war, die Wabrheit auf dem kürzesten und sichersten Wege zu er⸗ mitteln. Diese Norm mußte aber in der Anwendung nach der Be⸗ schaffenheit jedes besonderen Falles modifizirt werden. Wiewohl die Prozeß⸗Ordnung das Verfahren hierbet sehr umständlich und genau vorschrieb, so sollten und konnten diese Vorschriften doch nichts anders seyn, als ein Unterricht und eine Anweisung für den Richter, wie dieser in den meisten Fällen am zweckmäßigsten werde verfahren kön⸗ nen. Sie waren kelne Prozeß⸗Formen, auf deren Beachtung die Partei ein Recht batte. G

Daß der so oft angekündigte Zweck der Justiz⸗Reform, die Pro⸗

zesse in Einem Jahre zu beendigen, durch diese neue Ordnung werde

ihren Zweck verfehle, weun sie

nnn 8 1 6 * na2 iastc erre werden diese Erwartung kounte sich eben des die Thätigkeit und Geschicklichkeit der Richter gründen. 1— teien war dafür und für die gründliche und unparteiische Untersuchung ihrer Rechte keine andere Bürgschaft gegeben, als welche sie in der Dualification und in dem guten Willen der Richter und in der Auf⸗ sicht des Staats über die Rechtspflege finden konnten. —2 Es war natürlich, daß eine Prozeß⸗Ordnung, welche so sehr von dem bis dahin üblich gewesenen Verfahren abwich, bei ihrer Anwen⸗ dung auf Schwierigkeiten stoßen mußte. Insbesondere liefen häufige Klagen ein über die Kosten und Beschwernisse, welche den Parteien durch das persönliche Erscheinen im Gericht verursacht wurden; und auch das Amt der Assistenz⸗Räthe erhielt nicht den Beifall und das Vertrauen des Publikums. In der Ungewißheit, ob sie dieselben für ihre Richter oder Sachwalter halten sollten, sahen die Parteien sie nur mit mißtrauischen Augen an, bewiesen sich zurückhaltend gegen 5Ä9 gaben ihnen endlich die Schuld, wenn die Sache unglüccklich ausfiel.

In beider Hinsicht sah man sich daher bald genöthigt, den Par⸗ teien einige Erleichterung und mehr Freiheit zu geben. Dies geschah durch die Cirkular⸗Verordnung vom 20. September 1783, welche zwar nach ihrer Aufschrift nur zur Erläuterung einiger Vorschriften der Prozeß⸗Ordnung dienen sollte, in der That aber wesentliche Ab⸗ änderungen derselben enthielt. Denn sie bestimmte:

1) in Ansehung des persönlichen Erscheigens mehrere Fälle, ju welchen die Parteien davon befreit seyn sollten, und verordnete zugleich, daß auch in anderen Fällen, wo die Partei persönlich zu erscheinen verbunden war, wenn sie statt dessen einen Bevoll⸗ mächtigen schicken würde, die Instruction mit diesem, soweit es möglich, fortgesetzt werden solle.

Sie gestattete ferner in Bezug auf das Amt der Assistenz⸗ Räthe den Parteien, nicht bioß in den Fällen, wo sie vom persönlichen Erscheinen befreit waren, sich der Justiz⸗Kommissa⸗ rien als Stellvertreter zu bedienen, sondern auch, wenn sie per⸗ sönlich erschienen, diese als Beistände mitzubringen; so daß die Zuerhaang, er BE“ nur dann noch

tattfand, wenn die Parteien erklärt hatten, sich keines tz⸗ Kommissarins bedienen zu wollen. 1 dich es Iußtt Man hatte mit der Einführung der nenen Prozeß⸗Ordnung ge⸗

eilt, weil der König sie besohlen hatte, und der Zustand der Rechts⸗ pflege eine schleunige Reform zu erfordern schien, widmete derselben

jedoch fortwährend eine große Aufmerksamkeit, zog die Erfahrung zu Rathe und war sorgfältig bemüht, die Mängel derselben nere Zu dem Ende wurden die eingekommenen Erinnerungen Sach⸗ verstaändiger gesammelt und die Landes⸗Justiz⸗Kollegien wiederholt aufgefordert, die Bemerkungen, welche sie bei Anwendung der Pro⸗ zeß⸗Ordnung gemacht haben würden, einzusenden. Die hierdurch veranlaßten Berichte und Gutachten betrafen je⸗

doch nicht sowohl die Prinzipien der Prozeß⸗Ordnung, als nur ein⸗

zelne Bestimmungen derselben, da dieser letztere Gesichtspunkt aus⸗ drücklich vorgeschrieben war.

Die eingekommenen Vorschläge, Bemerkungen und Erinnerun⸗ gen wurden geprüft, und, so weit sie gegründet erschienen, die Pro⸗ zeß⸗Ordnung hiernach umgearbeitet, zugleich auch die bereits ergan⸗ genen Declarationen gehörigen Orts eingeschaltet.

Unterm 6. Juli 1793 genehmigten des Königs Majestät diese Umarbeitung und verordneten mittelst Patents von demselben Tage deren Publication unter dem Titel: .

Allgemeine Gerichts⸗Ordnung für die Preußischen Staaten. In den, Grundsätzen, so wie in den wesentlichen Theilen des Verfah⸗ rens, stimmt die Gerichts⸗Ordnung mit dem Corpus jur. Frider. über⸗ ein und sollte auch, wie das Publications⸗Patent besagt, nichts mehr als eine revidirte Ausgabe desselben seyn. Nur das Institut der Assistenz⸗Räthe war darin nicht aufgenommen.

Die Functionen derselben, welche schon das Cirkulare vom 20. September 1783 sehr beschränkt und theilweise den Justiz⸗Kommissa⸗ rien (die nach dem Corp. jur. Frider. nur zum Betriebe der nicht prozessualischen Rechts⸗Augelegenheiten bestimmt waren) überlassen hatte, wurden diesen jetzt ganz übertragen. Jedoch war es der Par⸗ tei unbenommen, ihren Prozeß persönlich ohne allen Rechts⸗Beistand zu führen, und wenn sie bei Gericht auf die Zuordnung eines Be⸗ vollmächtigten oder Assistenten antrug, so konnte ihr auch ein Bei⸗ sitzer desselben oder ein geübter Referendarius zugeordnet werden.

Allg. Gerichts⸗Ordnung Th. I. Tit. 3, §§. 14 und 23. Uebrigens aber sollte hierdurch in dem Verfahren selbst nichts geän⸗ dert, sondern es sollten die Justiz⸗Kommissarien ganz auf dieselbe Seg . Richter vernommen werden, wie die persönlich erscheinen⸗ en Parteien.

Allg. Gerichts⸗Ordnung §. 71. a. a. O.

So viel über den früheren Zustand der Rechtspflege und die Entstehung der Gerichts⸗Ordnung. Es bleibt nunmehr noch von den Vorzügen und Mängeln des durch letztere geschaffenen Prozeß⸗Ver⸗ letreng zu reden übrig, was in einem bald folgenden Artikel gesche⸗

en soll.

Wissenschaft, Kunst und Literatur.

London. In der Sitzung der geograpischen Gesellschaft am 11. Juni theilte der Capitain Beaufort die Beobachtungen des Capitain Belcher über den Sacramento⸗Fluß in Californien mit. In Lat. 370 48⸗ N. und Long. 1220 27 W. Grw. (104° 48⸗ W. Ferro), an der Westküste von Nord⸗Amerika liegt der Hafen San Francisco in Neu⸗Californien. An dem Nordende dieses Hafens liegt die weite, aber seichte St. Pauls⸗Bucht, die etwa 12 Engl. Meilen im Durch⸗ messer hat und an ihrer Ostseite den Sacramento⸗Fluß und wahr⸗ scheinlich noch andere aufnimmt, mit denen sie durch die 12 Meilen breite und 20 Meilen lange Karquines⸗Straße in Verbindung steht. Außer dem Eingang dieser Straße, der in den Jahren 1827 1828 von Capitain Beechey aufgenommen wurde, war bisher nichts über dieselbe bekannt. Am 26. Oktober 1837 verließ Capitain Belcher mit fünf Böten das Schiff und fuhr den Fluß anfangs in östlicher, dann in nördlicher Richtung hinauf. Da, wo sich der Fluß so ausbreitet, daß er das Ansehen eines Binnensees hat, suchten die Reisenden umsonst die angeblichen Mündungen der Flüsse Maria und San Joaquim. Gegen Norden zeigte sich zwar eine weite Oeffnung, al⸗ lein es war, wie Capitain Belcher von einem Berge bemerkte, nur ein mit Inseln angefüllter Arm des Hanptstroms. 15 Meilen weiter zeigte sich zur Rechten ein anderer Arm, der mit einer großen Bucht zusammenhing, den der Pilot für den San Joaquim⸗Fluß erklärte. Die Reisenden verfolgten den Sacramento⸗Fluß, die Krümmungen mit eingerechnet, etwa 150 Meilen weit, und erreichten in fünf Tagen den äußersten Punkt der Schiffbarkeit desselben unter Lat. 385 46 ½ N. und Long. 1210 346 W. Grw. (103⁰0 55 W. Ferro.), wo er sich gabelt. Das Land ist, von der Mündung des Flusses an, gleichförmig eben und wird in der Ferne von der Sierra Bolbones, die sich his zu 3770 Engl. Fuß absoluter Höhe erhebt, der Sierra Diablo im Westen und Nordwesten und der Sierra Revada begränzt; auf der zuletzt genannten entspringt ohne Zweifel der Sacramento⸗Fluß. Die Ufer desselben sind etwa 20 bis 30 Fuß hoch und bestanden aus einer Alluvial⸗Ablagerung von Thon und loser Erde, zuweilen zeigte sich auch etwas Sand, aber nicht ein Stein war aufzusfinden. Sie waren mit Weiden, Eschen, Eichen, Platanus oceidentalis von ungeheurer Größe, Wallnuß⸗ und Kasta⸗ nienbäumen und dunklen Birken bewachsen. Eine Eiche hatte 18 Fuß im Umfange und eine andere erhob sich 60 Fuß, ehe sie einen Zwei aussandte und hatte mehr als 6 Fuß im Umfange. Die Bäume auf den Ufern zeigten deutliche Spuren von der Gewalt des Stromes⸗ und eine Schlammlinie an einem derselben bewies, daß vor kurzem das Wasser 10 Fuß über dem jetzigen Niveau gestanden hatte. Wäh⸗ rend der Regenzeit soll der Sacramento zuweilen über seine Ufer treten und dann wegen seiner reißenden Strömung nicht zu beschif⸗ fen sevn. Das ganze Land ist dann ein unermeßlicher See, aus dem nur wenige zerstreute Erhöhungen wie Inseln hervorragen und auf denen dann die das Land bewohnenden Stämme Zuflucht suchen. Diefe Erhöhungen sind hauptsaͤchlich künstlicher Art und bestehen aus run⸗ den Schlammhaufen, die etwa 15 Fuß hoch sind und 200 Fuß im

Den Par⸗ 8*