1839 / 180 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Man sieht also unaufhoͤrlich die direkten und indirekten An⸗ griffe auf die Regierung sich fortsetzen, und von jeder Seite vernimmt man andere Erwartungen und Lehren uͤber den Aus⸗ gang dieses Kampfes. In der eingeschlagenen Richtung hoffen die Einen das Ende und das Heil: „unter der entschiedenen Vormundschaft der Kammer die Regierungs⸗Geschaͤfte besorgt zu sehen. Wenn Aufruhr tobt, oder Anarchie und sonstige Ge⸗ fahr droht, dann wird die Kammer schon hinzutreten und die Regierung verstärken!“ Ist das denn aber ein erwuͤnschter Zu⸗ stand, alle ein oder zwei Jahre in den Straßen sich herumzu⸗ schlagen, und wird die Autoritaͤt der Kammer, wenn die der Regierung erst ganz vernichtet ist, von den Verschwoͤrern mehr

geachtet und gefuͤrchtet werden? Wird ihr Beistand nicht end⸗ lich einmal zu spaͤt kommen? Warum sollten die Proletarier we⸗ niger luͤstern nach den Schaͤtzen der Reichen und mehr mit den Gesetzen überhaupt zufrieden seyn, wenn die Kammer der Wirklichkeit nach die meisten Rechte der Krone erobert haͤtte? Daß dann die Polizei kraͤftiger, die bewaffnete Macht disziplinirter und loyaler seyn werde, wenn sie mehr noch die demoskratische At⸗ mosphäͤre eingeathmet haben muͤrde, das duͤrfte wohl nicht zu er⸗ warten stehen. So koͤnnte man also den Verschwoͤrungen und Tumulten weniger vorzubeugen und mit noch wenigerem Nach⸗ druck sie, nach ihrem Ausbruche, zu unterdruͤcken hoffen. Und am Ende waͤren diese Uebel noch die geringsten. Die sich selbst berlassenen hundert Parteien und Interessen in der durch den Zufall zusammengebrachten Kammer, was wuͤrden daraus fuͤr das Innere und fuͤr das Aeußere, fuͤr Kaͤmpfe und Erfolge hervor⸗ gehen! Wer sich dieses nicht aus der Natur der Sache, ihrer innern Nothwendigkeit, ableiten kann, der frage die Ge⸗ schichte! „Was wollt bhr denn aber Anderes an die Stelle setzen?“ rufen jene dann. „Soll der Kampf so enden, daß die Macht der Kammer vernichtet werde?“ Darauf erwiedern dann Andere: Keines von beiden soll seyn; der Kampf wird sich schon aus⸗ gleichen, wenn erst die politische Bildung weiter vorgeruͤckt seyn woird; es sind dies nur voruͤbergehende, unvermeidliche Erschuͤt⸗ terungen; lassen wir der Sache nur ihren Lauf!“ „Das st nun schon ganz schoͤn und wahr“, bemerken wieder Andere, „daß die Bildung die einzige Loͤsung der uralten Aufgabe des vollendeten Staates ist. Diese Bildung aber, sowohl als sitt⸗

man will nur, daß kein vom Parlament bewilligtes Geld zu Unterrichtszwecken anders als fuͤr das von der herrschenden Kirche gebilligte Unterrichts⸗System verwendet werden soll. Doch scheint unter den ehrenwerthen Herren keine vollkommene Ueber⸗ einstimmung in dieser Beziehung zu herrschen, und sie haͤtten daher die Sache ihrerseits wohl zu einer offenen Frage machen koͤnnen, obgleich ich nicht gerade ein Freund der offenen Fragen bin. Jedenfalls aber sollten sie es wohl erwaͤgen, ob es ange⸗ messen sey, den ganzen Unterricht des Landes in die Haͤnde der herrschenden Kirche zu legen oder den Grundsatz anzunehmen, nach welchem die Britische und auslaͤndische Schul⸗Gesellschaft verfaͤhrt, der von Georg III. und dem Herzoge von Kent un⸗ terstuͤtzt wurde, und den auch die Regierung zu dem ihrigen machen will.“ Lord Mahon, der sich hierauf erhob, stellte dem ministeriellen Antrage als Amendement ein direktes Nein entgegen. „Nicht die verlangte Summe ist es“, sagte er, „der wir uns widersetzen, sie moͤchte immerhin noch groͤßer seyn, wenn sie nach demselben Grundsatz wie im vorigen Jahre beantragt wuͤrde, sondern nur das Prinzip, welches bei die⸗ ser Forderung jetzt zu Grunde gelegt wird. Wir wuͤnschen recht sehr die moͤglichste Ausdehnung des Unterrichts, aber wir wollen keinen Unterricht beguͤnstigt sehen, der nicht auf die Leh⸗ ren der herrschenden Kirche gegruͤndet ist. (Hoͤrt, hoͤrt! von der ministeriellen Seite.) Und uͤberzeugen die 3300 Petitionen, welche gegen den ministeriellen Plan eingegangen sind, das Ministerium noch nicht, daß das ganze Land ihn mißbilligt? Selbst wenn die Maßregel heilsam waͤre, duͤrfte sie dem Lande nicht aufgezwungen werden. Ein Unterrichts⸗System, das den Gefuͤhlen des Volks zuwider waͤre, wuͤrde auch ganz wickungslos bleiben; die Aeltern wuͤrden ihre Kinder nicht in die Schulen schicken, und

faͤngliche ministerielle Plan nicht aufgegeben waͤre, gegen den sich allerdings Manches haͤtte einwenden lassen; jetzt aber sey von der Anstellung von Kaplaͤnen, oder DissenterGeistlichen, oder katholischen Priestern an gemischten Normal⸗Schulen keine Rede mehr, eben so wenig von drei verschiedenen Bibel⸗Ueber⸗

liche und geistige uͤberhaupt, wie insbesondere als politische, wie setzungen; man sage zwar, durch den Geheimerathsbefehl

weit ist sie bei uns noch von ihrer Vollendung enifernt! Wie lange wuͤrde dieser Kampf also noch dauern muͤssen, um durch sie beendet zu werden! Es noͤchte leicht daruͤber Alles zu Grunde gehen und waͤre daher wohl sehr zu rathen, die Sache nicht so ganz ihrem Laufe, den sie eben genommen, zu uͤber⸗ assen, sondern mit voller, ganzer Klarheit und Kraft sich der Angelegenheiten zu bemaͤchtigen, und sie auf eine feste Grund⸗ age zuruͤck zu fuͤhren. Diese ist schon in der Charte gegeben; ihrer Wahrheit, ihrem Geiste nach, halte man daran fest; von diesem geleitet, sind Modificationen moͤglich, das

vom 3. Juni sey der Regierung auch die Befugniß vorbe⸗ halten, jenen ersten Plan wieder hervorzuholen; habe dann aber, wenn dies geschaͤhe, das Unterhaus nicht die Macht, es zu hindern? Herr Litton erneuerte wieder den Vorwurf gegen die Minister, besonders gegen Lord J. Russell, daß sie den Katholizismus foͤrdern wollten. Der edle Lord, sagte er, lasse keine Gelegenheit voruͤbergehen, wo er der herrschenden Kirche Schmach zufuͤgen koͤnne; jedes Wort, das er spreche, und Alles, was er thue, ziele darauf ab, das Ansehen dieser Kirche zu schmaͤlern und sie herabzuwuͤrdigen. Herr J. O (Connell

Besen aber bleibe unangetastet: „eine constitutionnelle Monarchie“, wonach der Regierung Kraft und An⸗ sehen, den Regierten hinlängliche Garantieen gegen den Miß⸗

auch der Gewalt und Antheil an der Gesetzgebung verliehen sind. Ohne Kampf kann es denn freilich nicht abgehen, aber er darf sich nicht gegen die Grundlagen selbst richten, sondern nur auf die einzeln konkreten Punkte, uͤber welche eine Ver⸗ staͤndigung nothwendig und nicht sofort moͤglich wird, und zwar nur als ein Kampf in constitutionneller Weise. Der gegenwaͤr⸗ tige Kampf aber ist kein voruͤbergehender, nothwendiger um

Einzelnes; er ist ein Lebenskampf und dauert er lange fort, so

treibt er zu Extremen, aus denen man erst nach langen und bittern Erfahrungen zu dem Versuche ihrer Versoͤhnung ihrer Vereinigung, welches eben die Aufgabe der hoͤchsten Vildung ist, spaͤt wieder zuruͤckkehren duͤrfte. Man hat die zu durchlau⸗

nden Phasen schon durchgemacht.“ Diese und andere Reden kann man uͤberall vernehmen. Kommen wir aber nun zu dem Punkt, von dem wir ausgegangen sind, zuruͤck, lassen die Zukunft un⸗ besprochen, und wenden unsern Blick auf die Gegenwart hin, so werden wir gewahr, daß der Waffenstillstand, der zwischen den zwei streitenden Maͤchten zu Stande kam, als ein gemein⸗ schaftlicher Feind urploͤtzlich erschien, eher wieder zum Kriege zuruͤckkehren, als sich in einen definitiven Frieden umwan⸗ deln will.

Großbritanien und Irland.

Parlaments⸗Verhandlungen. Oberhaus. Siz⸗ zung vom 24. Juni. Auf den Antrag des Marquis von Lansdowne wurde eine Bill uͤber die Wechsel in den Aus⸗ schuß gebracht. Der Zweck dieser Maßregel war, einem tem⸗ poraͤren Gesetze, durch welches zu Gunsten des Diskontirens der Wechsel derjenige Theil der Wuchergesetze aufgehoben wurde, V der mehr als 5 pCt. Zinsen zu eähen verbietet, immerwaͤhrende Dauer zu geben. Jene Akte besteht seit zwei Jahren und hat, wie der Minister versicherte, die heilsamsten Folgen gehabt, in⸗ dem sie sich nicht nur als unschaͤdlich, sondern in kommer⸗ zieller Hinsicht als hoͤchst nuͤtzlich, ja als unumgaͤnglich nothwendig erwiesen. Die darin enthaltene Verguͤnsti⸗

gung soll nach der Absicht der Minister auch auf Schatz⸗

kammer⸗Scheine, Obligationen der Östindischen Compagnie und aͤhnliche Schuldbriefe ausgedehnt werden. Bei der Be⸗

athung im Ausschusse trat aber der Herzog von Wel⸗ ge 1 2 noͤthigt sehe, der Opposition, die das von ihm vorgeschlagene

lington mit einem Amendement hervor, demzufolge das betref⸗ fende Gesetz fuͤrs erste nur bis zum 1. Januar 18 32 verlaͤngert werden sollte, weil der Herzog der Meinung war, daß die im⸗ merwährende Guͤltigkeit eines solchen Gesetzes zu Wucher und

onderen Unrechtlichkeiten allzuleichte Gelegenheit geben wuͤrde.

Vergebens berief sich der Marauis von Lansdowne darauf, daß des Gesetz e seit zwei Jahren existire und sich vortreff⸗ lich bewaͤhrt habe; das Amendement, dem sich auch Lord Afh— burton anschloß, wurde mit 69 gegen 52 Stimmen angenom⸗ men. In dieser veraͤnderten Gestalt ging die Bill dann durch

den Ausschuß.

Oberhaus. Sitzung vom 25. Juni. hope uͤberreichte eine Reihe von Chartisten⸗Petitionen und ließ sich zu Gunsten derselben vernehmen. Die Bittschriften wur⸗ den angenommen und auf die Tafel des Hauses niedergelegt.

Unterhaus. Sitzung vom 24. Juni. Als das Haus sich, dem Antrage Lord J. Russell's gemaͤß, in einen Sub⸗ sidien⸗Ausschuß verwandelt hatte, beantragte der Minister die Bewilligung einer Summe von 30,000 Pfd. zu Unterrichts⸗ zwecken. „Es handelt sich darum“, sagte er, „ob Sie diese Subsidie bewilligen oder den Unterricht, ohne Einmischung des Staats, ganz dem Volke uͤberlassen wollen. Man widersetzt sich unserem Plane angeblich deshalb, weil die verlangte Summe in die Haͤnde eines aus Mitgliedern des Geheimen Raths beste⸗ henden Kollegium anvertraut werden soll, waͤhrend fruͤher ein Ausschuß der Mitglieder des Schatzamts daruͤber zu verfuͤgen

Graf Stan⸗

dagegen fand in diesem Vorwurf einen neuen Beweis, daß alle Op⸗ position der Tories in diesem Falle nicht sowohl gegen die Dissenters, als gegen die Katholiken gerichtet sey, die man allein von den Wohl⸗ thaten ausschließen wolle, welche man anderen Religionsparteien nicht vorenthalten wuͤrde. Sir G. Clerk machte bemerklich, daß Lord J. Russell zu Anfang habe hoffen lassen, er werde seinen Un⸗ terrichts⸗Plan dem Hause in Form einer Bill vorlgen, damit man ihn gehoͤrig erwaͤgen und damit auch das Oberhaus an dieser Erwaͤgung Theil nehmen koͤnne; statt dessen habe er nun zu einem bloßen Subsidien⸗Antrage seine Zuflucht genommen, und so das andere Haus von aller Theilnahme an der Sache ausgeschlossen; dies sey ein durchaus verwerfliches Verfahren, dem man sich aufs entschiedenste widersetzen muͤsse. Auch auf Schottland wolle man, wie er aus dem Plan der Minister er⸗ sehe, das neue System ausdehnen, daß nur diejenigen Schu⸗ len vom Staate unterstuͤtzt werden sollten, die sich der Aufsicht des Geheimeraths⸗Kollegiums unterwuͤrfen; das Schottische Presbyterium werde sich aber einer solchen Zumuthung nimmermehr fuͤgen, und daher wuͤrden die Schot⸗ tischen Schulen, die so trefflich eingerichtet seyen, auf alle Un⸗ terstuͤtzung aus Staatsfonds verzichten muͤssen; vielleicht wolle man auch die Errichtung katholischer Schulen in Schottland

beguͤnstigen; wenn man dies thaͤte, so wuͤrde sich ein allgemei⸗

ner Schrei des Unwillens daselbst erheben, und wenn das Schottische Volk uͤberhaupt vorher nur irgend eine Andeutung erhalten haͤtte, daß die Minister ihren Plan auch auf Schott⸗ land ausdehnen wollten, so wuͤrden aus allen Staͤdten dieses Landes, wie es in England geschehen, Petitionen dagegen ein⸗ gelaufen seyn. Es sprachen hierauf noch Herr Shiel üuͤr und Herr Goulburn gegen den ministeriellen Antrag, und nach⸗ dem Lord J. Russell noch einmal das Wort genommen hatte, um die Absichten der Minister gegen faͤlschliche Auslegung zu vertheidigen, wurde zur Abstimmung geschritten, und es erga⸗ ben sich 275 Stimmen fuͤr und 273 Stimmen gegen den An⸗ trag des Ministers, so daß die geforderte Subsidie nur mit der geringen Majoritaͤt von 2 Stimmen bewilligt wurde.

Unterhaus. Sitzung vom 25. Juni. Aus einer An⸗ zeige des Staats⸗Secretairs fuͤr Irland, Lord Morpeth, ging

hervor, daß das Ministerium wieder einen seiner Plaͤne hat auf⸗

geben muͤssen. Der Minister erklaͤrte naͤmlich, daß er sich ge⸗ Irlaͤndische Eisenbahn⸗System gefunden, zu weichen und daß er daher die betreffende Resulution, auf welche er eine Bill be⸗ gruͤnden wollte, fallen lasse. Hierauf eroͤrterte das Haus einen Antrag des Herrn Ward, der zum Zweck hatte, daß die wuͤst liegenden Laͤndereien in Großbritanien und Irland zum Nutzen der Armen verwendet werden sollten, indem er vorschlug, die⸗ selben urbar zu machen und aus ihrem Ertrage die Auswan⸗ derung nach den Kolonieen zu befoͤrdern. Diese Motion fand Anklang bei den Ministern, doch glaubte Herr Labouchere, daß die Initiative in der Sache dem Kolonial⸗Minister gebuͤhre.

London, 25. Juni. Ungeachtet der beiden geringen Ma⸗ joritaͤten von 5 und 2 Stimmen, welche das Ministerium bei den Abstimmungen uͤber seinen Unterrichtsplan gehabt, dringen die Blaͤtter der Whig⸗Partei darauf, daß es am Ruder bleiben muͤsse. Sie halten dem Premier⸗Minister vor, daß es ein Ver⸗ rath von ihm an seiner Souverainin und an seinem Vaterlande seyn wuͤrde, wenn er seinen Posten anders als im aͤußersten Nothfalle verlassen wollte. Dieser Fall scheint ihnen aber jetzt jnoch nicht vorhanden zu seyn, denn, sagen sie, nur religioͤse In⸗ toleranz, Parteigeist und absichtliche Blindheit haͤtten zu jenen Resultaten gefuͤhrt. Die bedeutende Minoritaͤt gegen die vor⸗ geschlagene Bewilligung zu Unterrichts⸗Zwecken verdiene keine Beachtung, weder im Parlament, noch außerhalb desselben, weil sie nur durch die ruͤcksichtsloseste Mystifizirung und durch gaͤnz⸗ liche Entstellung der Absichten des Ministeriums erlangt worden sey, denn Alles, was die Tories an den vier Abenden dieser

hatte. Dieser Oppositionsgrund ist aber ein bloßer Vorwand; , Debatte gesagt, habe nicht dem verlangten

so wuͤrde die Verbreitung des Unterrichts nicht e fog⸗ dern nur aufgehalten werden“. Herr Baines machte bemerk⸗ den Lord lich, daß 118 efse immer noch so thue, als ob der an⸗ des mehrerwaͤhnten Geheimeraths⸗„Befehls abgestimmt wurde,

1— waren 280 Mitglieder anwesend, die fuͤr die Minister stimm⸗

ten, und 275 Gegner; gestern, bei der Abstimmung uͤber die

ubsidien⸗Votum gegolten, sondern nur dem Plane, den die Minister anfangs bezweckt, nachher aber wieder aufgegeben haͤtten, näͤmlich den Plan der gemischten Musterschulen, an welchen Geistliche ver⸗ schiedener Konfessionen angestellt werden sollten. Bei dem gestrigen Vorum dagegen habe es sich nur darum ge⸗ handelt, die in fruͤheren Jahren zu Unterrichts⸗Zwecken bewilligte Summe von 20,000 Pfd. auf 30,000 zu erhoͤhen. Nun lautete allerdings der Antrag nicht anders, aber aus den vorangegangenen Debatten uͤber die Stanleysche Motion leuch⸗ tete zur Genuͤge hervor, daß diese Summe nicht so wie fruͤher verwandt werden sollte. Die Minister selbst machten kein Hehl aus ihren Plaͤnen, der Geheimeraths⸗Befehl in Bezug auf den Volks⸗Unterricht stellte die Vertheilung unter die Kontrolle der Regierung, und ein ministerielles Blatt sagt auch jetzt geradezu, das Unterhaus habe gestern die Regierung ermaͤchtigt, 10,000 Pfd., also die geforderte Erhoͤhung der Subsidie, unter die ka⸗ tholischen und unter verschiedene Dissenter⸗Schuten zu verthei⸗ len. Diejenigen, welche nun einmal keinen anderen Unterricht vom Staate unterstuͤtzt sehen wollen, als den, welcher unter Leitung der beiden beguͤnstigten Schul⸗Gesellschaften, der hoch⸗ kirchlichen mit dem Anglikanischen Katechismus und der non⸗ konformistischen ohne diesen Katechismus, aber doch mit der all⸗ gemeinen protestantischen Bibel⸗Uebersetzung als Grundlage des

Religions⸗Unterrichts, hatten von ihrem Standpunkt aus na⸗

tuͤrlich allen Anlaß, sich dem Antrage des Ministeriums zu wi⸗ dersetzen, so intolerant ihr Verfahren auch erscheinen mag. Dazu köoͤmmt die Abneigung, welche in England gegen jede Einmischung des Staats in den Volks⸗Unterricht herrscht, und die wohl auch einige sonstige Anhaͤnger des Ministeriums bewegen mochte, entweder mit der Opposition zu stimmen oder sich doch wenigstens von der Abstimmung fern zu halten. An dem Abend, wo uͤber Lord Stanley's Antrag auf Zuruͤcknahme

Unterrichts⸗Subsidie, fehlten von diesen 275 zwar auch 2, von

jenen 280 aber 5, trotz der vorhergeschickten dringenden Auf⸗

forderungen der ministeriellen Blaͤtter, daß die Liberalen sich so zahlreich als moͤglich einfinden moͤchten. Dieses Ausbleiben laͤßt sich wohl eher aus jener Abneigung erklaͤren, als aus der Entschuldigung, welche die Whig⸗Presse jetzt dafuͤr aufzufinden sucht, naͤmlich, daß die immer noch viel zu geringe Summe, welche die Minister zum Besten des Unterrichts gefordert haͤt⸗ ten, vielleicht den Eifer manches liberalen Mitgliedes abgekuͤhlt habe. Um nun noch einmal kurz zusammenzufassen, welches in diesem Falle die Haupt⸗Gruͤnde der Opposition sind, so wurden die 20,000 Pfd., welche das Parlament sonst jaͤhrlich zu Unterrichts⸗Zwecken bewilligt, von einem Ausschuß der Schatz⸗ Amts⸗Mitglieder an die beiden bevorzugten und durch diese Unter⸗ stuͤtzung gleichsam vom Staate autorisirten Vereine, die bischoͤfliche National⸗Schul⸗Gesellschaft und die nonkonformistische Britische und auslaͤndische Schul⸗Gesellschaft, von welcher aber nicht nur die Katholiken, sondern auch die Unitarier und einige andere Dissenter⸗Sekten ausgeschlossen sind, nach Verhaͤltniß der von beiden aufgebrachten freiwilligen Beitraͤge, als Aufmunterung vertheilt. Die Verwendung dieser Unterstuͤtzungen und ihre Vertheilung unter die einzelnen Schulen war aber ganz den beiden Vereinen uͤberlassen, ohne daß die Regierung sich darum kuͤmmerte. Nach dem neuen Geheimerathsbefehle jedoch sollen die Schulen und Schul⸗Gesellschaften, welche Unterstuͤtzung von der Regierung empfangen, unter Aufsicht eines Geheimeraths⸗ Ausschusses oder Kollegiums stehen; wenn also einer der beiden Haupt⸗Vereine sich etwa diesem oder jenem Vorschlage der Re⸗ gierung nicht fuͤgen wollte, so wuͤrde es in der Macht der Regie⸗ rung stehen, ihm einen Theil der bisherigenUnterstuͤtzung zu entziehen und dafuͤr dem anderen desto mehr zukommen zu lassen oder die Sub⸗ sidie auf sonstige Unterrichts⸗Vereine und Schulen zu uͤbertragen, da auch der Grundsatz der nach dem Verhaͤltniß der aufgebrach⸗ ten Subscriptionen sich richtenden Unterstuͤtzung nicht ferner mehr gelten soll. Die herrschende Kirche ist es nun hauptsaͤch⸗ lich, die hierbei zu verlieren fuͤrchtet, da sie am wenigsten sich Eingriffen der Regierung in ihr Lehr⸗System und in ihre Schul⸗Disziplin unterwerfen wuͤrde. Auf diesem Felde will sie allein regieren, und sie besorgt, daß ein liberales Ministerium eine andere Religions⸗Partei uͤber die Gebuͤhr beguͤnstigen, uͤberhaupt aber seiner Macht uͤber den Volks⸗Unterricht zu po⸗ litischen, ihrem Ansehen und Einfluß feindlichen Zwecken sich bedienen moͤchte. Daher hat sie Alles aufgeboten, um das Land gegen den Plan der Minister aufzuregen, den sie Unterricht ohne Religion nennt; daher ist die große Menge von Bittschrif⸗ ten zu erklaͤren, welche gegen den Plan eingegangen, und die auch auf die Parlaments⸗Mitglieder ihre Wirkung nicht ver⸗ fehlt zu haben scheinen, so daß nur 275 derselben fuͤr den ÜUnterricht mit Religions⸗Freiheit, 273 aber fuͤr den Unterricht nach ausschließenden, engherzigen und intoleran⸗ ten Prinzipien, wie die ministeriellen Blaͤtter die beiden Par⸗ teien charakterisiren, ihre Stimme gaben. „Wenn der Factions⸗ geist zu solchem Aeußersten gelangt ist“, sagt ein dem Ministe⸗ rium ergebenes Blatt, „dann neigt sein Recht sich zu Ende. Es moͤchte dies wohl die letzte Session seyn, die das Volk mit so jaͤmmerlichen Partei⸗Gefechten vergeuden laͤßt. Die gegen⸗ waͤrtige Session uͤbertrifft an Unfruchtbarkeit noch die beiden vorhergehenden. Diese Bewilligung eines Zuschusses von 10,000 Pfd. zu Unterrichtszwecken ist am Ende Alles, was ihr noch einen Anspruch auf die oͤffentliche Achtung giebt. Die Angelegenheiten von Jamaika und Kanada muͤssen nothwendig aufgeschoben werden, weil alle gehoͤrige Berathung uͤber diese verwickelten Interessen bei dem jetzigen Stande der Parteien unmoͤglich ist. Werden die Minister nichts thun, um ihre Freunde aus ihrer gegenwaͤrtigen Apathie und Lethargie her⸗ auszureißen? Sie duͤrfen nicht weichen. Die Schlacht muß bis zum letzten Athemzuge ausgefochten werden, und ist eine Masoritaͤt nicht anders zu erlangen, so muͤssen sie das Par⸗ lament aufloͤsen. Ohne die Zusicherung der Konzessionen aber, welche die liberale Partei fast einmuͤthig fordert, wuͤrden wir wieder ein ganz aͤhnliches Unterhaus bekommen, wie das jetzige, mit dem weder Whigs noch Tories das Land zu regieren im Stande sind.“ Hierauf ließe sich antworten, daß der letzte Ver⸗ such, die geheime Abstimmung durchzufuͤhren, gerade nicht von so großem Verlangen des Volkes nach neuen Reformen gezeigt hat, denn das Land gab wenig Sympathie dafuͤr kund; die Zahl der zu Gunsten dieser Maßregel eingegangenen Bittschrif⸗ ten war keinesweges bedeutend. Es waͤre daher leicht moͤglich, daß eine neue allgemeine Wahl, selbst wenn sie unter dem Ein⸗ fluß neuer liberaler Versprechungen geschaͤhe, der Reform⸗Par⸗ tei keinen Zuwachs braͤchte, und daß sie, unter Leitung eines konservativen Ministeriums vorgenommen, diesem sogar eine ziem⸗ liche Majoritaͤt gaͤbe.

An mehreren Orten des Landes regen sich die Chartisten

wieder. Eine Adresse von Chartisten zu Brighton, worin diese die Koͤnigin um die Entlassung der gegenwaͤrtigen Minister bit⸗ ten, hat Lord John Russell selbst uͤbergeben und in Folge des⸗ sen dem Kirchspiels⸗Beamten daselbst schriftlich angezeigt, Ihre Majestaͤt habe die loyale und ehrerbietige Adresse sehr huldreich aufgenommen.

Die hiesigen Zeitungen sind mit Berichten uͤber die zum Theil verheerenden Wirkungen von Gewittern in verschiedenen Theilen des Landes angefuͤllt. 8

Gestern war die Zufuhr von inlaͤndischem Weizen nur ge⸗ ring, sie bestand aber meistens aus guter Waare, die zu eben so guten Preisen wie vor acht Tagen Abnehmer fand. Die besten Sorten von fremdem Weizen fanden ebenfalls guten Ab⸗ satz, wogegen schlechtere zu sehr niedrigen Preisen ausgeboten wurden, ohne Kaͤufer zu finden. 1

Aus Kanada gehen die Nachrichten bis zu Ende Mai. Eine Bande Marodeurs, die an den Graͤnzen Haͤuser in Brand gesteckt und gepluͤndert hatte, war festgenommen und nach Mont⸗ real geschickt worden. Sie waren mit Messern und Feuerge⸗ wehr bewaffnet, und unter ihnen befand sich ein Individuum, das auf Befehl Lord Durham's nach Bermuda transportirt worden war. Sir George Arthur war auf dem Wege nach Brockville, um uͤber die Wegnahme des Nord⸗Amerikanischen

Schooners durch die Kanadische Miliz Untersuchungen anzu-⸗

stellen. Die große Jury in dem Distrikt von Newcastle in Ober⸗Kanada hatte Lord Durham's bekannten Bericht als schaͤdlich fuͤr die oͤffentliche Wohlfahrt erklaͤrt. Eine An⸗ zahl waͤhrend des letzten Aufstandes zu Windsor gefangen genommener Rebellen sollte von Quebek aus nach Neu⸗Suͤd⸗ Wales abgefuͤhrt werden. Die Kanadischen Blaͤtter aͤußern bit⸗ tere Klagen, denen auch die der Vereinigten Staaten beistim⸗ men, uͤber das Spionirungs⸗System, welches vom speziellen Rath des Gouverneurs in Nieder⸗Kanada gegen Fremde, die diese Provinz besuchen, ausgeuͤbt wird, und welches nicht allein persoͤnlich beleidigend und quäaͤlend, sondern auch in inquisito⸗ rischer Hinsicht sehr verkehrt seyn soll.

Zu New⸗York war am 6. Juni der Geldmarkt in ent⸗ schiedener Besserung, der Baumwollen⸗Markt dagegen noch in gedruͤckten Zustande. Um die Inhaber von Baumwollen⸗Vor⸗ raͤthen gegen die Nothwendigkeit zu schuͤtzen, ihre Waare zu den gegenwaͤrtigen niedrigen Preisen zu verschleudern, projek⸗ tirte man in Philadelphia, mit Huͤlfe der Bank der Vereinig⸗ ten Staaten, einen Plan zu Stande zu bringen, wonach sie darauf Vorschuͤsse leisten und die Baumwolle wenigstens noch 3 Monat hier im Lande zuruͤckhalten sollte, oder auch den groͤ— ßeren Theil der nun zu erwartenden Baumwolle bei einem Hause in Liverpool zu konzentriren. Das letzte von diesen Pro⸗ jekten scheint realisirt worden zu seyn, und demzufolge sollen drei Viertheile des Belaufs auf Consignationen an die Herren Humphreys und Biddle in Liverpool vorgeschossen werden, wel⸗ chen man die Leitung des Geschaͤfts uͤbertragen wird.

Nach den neuesten Nachrichten aus Havasia soll unter unter den dortigen Eingeborenen großes Mißvergnuͤgen herr⸗ schen. Sie sollen gegen die Europaͤischen Spanier große Erbit⸗ terung hegen, Raub, und Mord und Brandstiftung sollen an der Tages⸗Ordnung seyn.

Die Nachricht von einer Niederlage der Foͤderalisten in Mexiko ist uͤber New⸗York hier eingegangen; es wird aber nicht gesagt, an welchem Tage dieselbe stattgefun⸗ den; die Berichte, die man dort aus Veracruz uͤber dies Ereig⸗ niß hatte, reichten bis zum 16. Mai. Die Foͤderalisten⸗Trup⸗ gen wurden von den Generalen Mejia und Urrea befehligt, die Regierungs⸗Truppen von den Generalen Valencia und San⸗ tana. Der Letztere fuͤhrte, ungeachtet er bei Veracruz ein Bein verlor, an der Spitze seiner Kavallerie, die 600 Mann stark war, den Angriff auf die Foͤderalisten bei Acäajete in der Um⸗ gegend von Puebla und brachte ihnen eine gänzliche Niederlage bei. Von den Generalen der Foͤderalisten entkamen Urrea und Escalada, aber Mejia fiel den Siegern in die Haͤnde, ward so⸗ fort vor ein Kriegs⸗Gericht gestellt und in Folge dessen, mit dem Ruͤcken gegen das Executions⸗Kommando gewandt, als Landesverraͤther erschossen, nachdem er noch vorher von Santana mit den demuͤthigendsten Schmaͤhungen uͤberhaͤuft worden war. Urrea soll nach Tampico zu dem Ueberrest seiner Truppen entflohen seyn, von welchem Platze Bustamente und Arista, auf Verstaäͤrkung wartend, am 8. Mai nur noch 15 Le⸗

uas entfernt waren. Sobald diese angekommen seyn wuͤrde,

eabsichtigte er, jenen Platz einzunehmen. Zwischen Bustamente, der das Militair und die Geistlichkeit auf seiner Seite hat, und Santana, der durch seinen Sieg uͤber die Foͤderalisten beim Volke, besonders bei den Farbigen und Mischlingen, wieder sehr beliebt geworden ist und die durch seine ungluͤckliche Expedition gegen Texas verlorene Popularitaͤt wieder wieder gewonnen hat, schien sich eine Rivalitaͤt mit Bezug auf die diktatorische Ge⸗ walt entspinnen zu wollen; ehe sich aber dieser Streit entschei⸗ det, duͤrfte, dem New-York Star zufolge, die Republik Texas auftreten und dem Reiche der Montezuma's einige Ver⸗ legenheiten bereiten. Bustamente ist uͤbrigens auch persoͤnlich tapfer, er hat seine Energie und Ausdauer in dem Streite mit Frankreich hinlaͤnglich bewaͤhrt und stuͤtzt sich vorzuͤglich auf den polititschen Klubb der Schottischen Freimaurer, zu dessen Mitgliedern viele Offiziere, unter Anderen auch der General Bravo gehoͤren. Den letzten Nachrichten zufolge, hatte Bustamente in der Hauptstadt Mexiko als Praͤsident eine Proclamation erlassen, worin er den von den Regierungs⸗Truppen erfochtenen Sieg verkuͤndigt und das Volk auffordert, sich um die Central⸗Regierung zu schaaren. Man erwartete, daß die Regierungs⸗Truppen sich Tampico's ohne Widerstand bemeistern wuͤrden. Eine Englische und eine Franzoͤsische Kriegs⸗Schaluppe lagen bei der Stadt vor Anker an deren Bord dort ansaͤssige Englaͤnder und Franzosen in Voraussetzung einer bevorstehenden Pluͤnderung, Zuflucht ge⸗ sucht hatten. Die Franzoͤsische Escadre unter Admiral Baudin welche bekanntlich die Kuͤste von Texas besucht hat, war am 15. Mai von Galveston abgesegelt, um sich nach Havana zu begeben. Der Gesandte der Vereinigten Staaten bei der Mexikanischen Regierung, Herr Ellis, der sich vor einiger Zeit aus Mexiko entfernt hatte, weil er die Hoffnung aufgab, daß man die Reclamationen von Buͤrgern der Vereinigten Staaten beruͤcksichtigen wuͤrde, war nun, nachdem eine Uebereinkunft

deshalb zu Stande gekommen, uͤber Veracruz wieder dorthin

ines erehhs ach Briefen aus Guayaquil vom 25. Maͤrz, war

Santa⸗Cruz dort mit einigen seiner Generale an 1 inigen e angekommen und⸗ schien, nach der von ihm bei Yungay erlittenen Niederlage,

alle ferneren kriegerischen Versuche aufgeben zu wollen. Die beiden von dem Franzoͤsischen Geschwader zu Buenos⸗ Ayres genommenen Nord⸗Amerikanischen Briggs waren, nacht

Berichten aus Buenos⸗Ayres vom 7ten und aus Montevideo

vom 16. Mai, wieder freigegeben worden, aber die dauerte ununterbrochen fort. 1 ve n

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welche die Landschaften genießen. Talent, Rechtschaffenheit, Patriotismus, Nichts haͤlt Stich ge⸗

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Bruͤssel, 25. Juni. Man glaubt hier allgemein, daß von Niederlaͤndischer Seite Herr Mazel! zum Geschaͤftstraͤger in Bruͤssel ernannt werden wird. Herr Mazel war es bekannt⸗ lich, welcher Herrn Fabricius in Paris eösetzte, als dieser von seinem Hofe zuruͤckberufen worden war.

Man liest im Observateur: „Die Macht und die Kuͤhn⸗ heit unserer hierarchischen Gegner wird von Tag zu Tage grö⸗ ßer. Bei den Wahlen, in den Kammern, bei der Regierung, im öoͤffentlichen Unterricht geht Alles nach ihrem Willen. Ein Wahlgesetz, das nur fuͤr gewisse Umstaͤnde gepaßt hat und das sie fuͤr immer in Kraft erhalten wollen, giebt ihnen die parla⸗ mentarische Majoritaͤt, indem es die Staͤhte der Rechte beraubt, Was ist die Folge davon?

gen die Eine Eigenschaft, die sie an einem Kandidaten schaͤtzen, und das ist: Anhaͤnglichkeit an ihre Interessen. Sobald dies

dung versuchen. Es heißt allgemein, daß an demsel naͤmlich am vorigen Sonntage, die Großherrcheegen age, Marsch gegen den Feind begonnen habe. Dies ist jedoch nicht wahrscheinlich.“ Wenn sich die Nachricht der Entsetzung Meh⸗ med Ali's und seines Sohnes bestaͤtigt (s. das nachfolgende Schreiben), so kommt diese Thatsache einem formellen Bruche gleich, dem hoͤchst wahrscheinlich die Eroöͤffnung der Feindselig⸗ keiten auf dem Fuße folgen werden.

Wien, 25. Juni. In meinem gestrigen Schreiben theilte ich Ihnen einen Handelsbrief aus Konstantinopel vom 12ten d. M. mit, welcher die Angabe enthäͤält, daß der Sultan Mehmed Ali und seinen Sohn Ibrahim Pascha ihrer Wuͤrden entsetzt habe. Ich fuͤgte jedoch hinzu, daß diese Nachricht der Bestaͤtigung beduͤrfe. Seitdem sah ich mehrere andere Briefe aus der Hauptstadt des Tuͤrkischen Reiches, welche hiervon nichts melden, den Erlaß eines solchen Hattischerifs jedoch fuͤr nahe bevorstehend halten. Eines dieser Schreiben enthaͤlt fol⸗

Eine da ist, uͤbersehen sie Unwissenheit, Unfahigkeit und alle gende Angaben, an deren Richtigkeit ich nicht zweifle:

moͤglichen Fehler. Daher die Erbaͤrmlichkei der Kammer, die sie uns

„Konstantinopel, 12. Juni. Der nahe, ja unmittel⸗

zu Stande gebracht. Auf gewissen Baͤnken derselben sitzen Leute, V bare Ausbruch des Krieges ist mehr als gewiß. Der Sultan die, wenn sie sich selbst uͤberlassen waͤren und ihr Vermoͤgen, wie ihren ist fest entschlossen, die Aegyptier anzugreifen, und die Geschicke

Deputirten⸗Titel verlieren wuͤrden, kcum im Stande waͤren, sich selbst auf irgend eine Weise ihr Brod zu verdienen; ja, so unwissend sind sie, daß ein Sextaner ihnen in der Orthographie Unterricht geben koͤnnte. Heißt das nicht die Nation beschim⸗ pfen, wenn man ihr solche Repraͤsentanten giebt? Man soll den Baum nach seinen Fruͤchten beurtheilen und dann sagen, ob einem System, das solche Resultate hervorbringt, nicht fuͤr

immer der Stab gebrochen ist. Und gleichwohl greift dies Sy⸗ stem immer mehr um sich. Den oͤffentlchen Unterricht und die

drei Gewalten des Staats, die gesetzgebende, die exekutive und die richterliche, unter ihre Botmaͤßigkeit zu bringen, das ist das

Ziel der hierarchischen Partei. Wie weit sie in ihrem Streben

schon vorgeruͤckt ist, sehen wir tagtäglich; wenn das so fortgeht, wird sie in einigen Jahren am Ziele seyn.“

Im Messager de Gand liest man: „In Frankreich ist unter den Zeitungen ein heftiger und endloser Federkampf uͤber die Maxime entstanden, ob der Koͤnig zugleich herrschen und regieren soll. Bei uns ist die Frage, die unseren Nachbarn so viel Kopfbrechen verursacht, auf ganz einfache Weise entschieden worden: in Belgien naͤmlich kann der Koͤnig, Dank den unei⸗ gennuͤtzigen Bemuͤhungen unserer Bischoͤfe, weder herrschen noch

seines Reiches von dem Gluͤcke seiner Waffen abhaͤngig zu machen. Am Sten und gten ist die Tuͤrkische Flotte ausgelau⸗

fen, sie hat die Bestimmung, nach einem kurzen Aufenthalte in

der Meerenge der Dardanellen, wo sie Munition und Landungs⸗

Truppen aufnehmen wird, nach dem suͤdlichen Archipel zu segeln. Sie besteht aus neun Linienschiffen, worunter 2 Dreidecker und 7 Zweidecker von 74 bis 96 Kanonen; ferner aus 11 Fregatten

von 54 bis 60 Kanonen, 2 Korvetten, 3 Briggs, 2 Schoonern und 2 Dampsschiffen, also im Ganzen aus 29 großen und klei⸗ nen Fahrzeugen. Den Oberbefehl uͤber die Flotte fuͤhrt der Groß⸗Admiral Ahmed Femwzi Pascha, und es ist demselben Muschin Efendi, bisheriger Secretair beim obersten Reichsrathe, in der Eigenschaft eines Bahrie Musteschari, oder Staatsraths fuͤr die Marine beigegeben worden. Am Tage der Abfahrt begab sich der Sultan an Bord des Admiralschiffes und verließ dasselbe erst, als es die Hoͤhe von St. Stefano erreicht hatte. Hafiz Pascha, Ober-Befehlshaber der bisher in der Umge⸗ gend von Malatia stationirten Truppen, ist zum Range eines Schark Seriaskeri oder Generalissimus der oͤstlichen Armee er⸗ nannt worden. Mehmed Ali Bei, einer der Kabinets⸗Secre⸗ taire des Sultans, wird morgen an Bord des Dampfbootes

regieren.“

In Gent ist das erste Schiff unter Niederlaͤndischer Flagge von dem lauten Jubel der Bevoͤlkerung begruͤßt worden. Am meisten sollen sich bei diesen Demonstrationen die bekanntesten Goͤnner der Revolution von 1830 ausgezeichnet haben. Die Gemuͤther in Belgien scheinen jetzt voͤllig ausgesoͤhnt mit Hol⸗ land zu seyn und Viele sehen das Unrecht ein, welches dem ehrwuͤrdigen Koͤnig Wilhelm im Jahre 1830 zugefuͤgt worden.

E Muͤnchen, 25. Juni. (M. p. Z.) Nach Briefen aus St. Petersburg hat unser beruͤhmter Schlachtenmaler Peter Heß von dem Kaiser den Auftrag erhalten, einen Cyklus von Gemaͤlden aus der neueren Russischen Geschichte seit Peter des Großen Zeit in Ausfuͤhrung zu bringen. Herr von Klenze soll gleichfalls zu einigen Bauentwuͤrfen beauftragt seyn, namentlich zu dem eines National⸗Museums und einer Gemaͤlde⸗Gallerie, so wie ihm auch die Anordnung des Innern der Jakobskirche uͤbertragen werden wird. Beide Kuͤnstler erfreuen sich der eh⸗

renvollsten Aufnahme und Anerkennung ihres ausgezeichneten

Talentes und Rufes.

Hannover, 28. Juni. (Hannoversche Zeit.) Seine Ma⸗ jestaͤt der Koͤnig sind heute nach Schelenburg abgereist, um in dortiger Naͤhe das Regiment Koͤnigin Husaren morgen zu in⸗ spiciren. denz wieder eintreffen.

Stuttgart, 25. Juni. Ueber den Wollmarkt in Kirchheim wird Folgendes vom 24. Juni berichtet: „Die starken Zufuhren der letzten Tage haben das Quantum der zu Markt gebrachten Wolle auf mehr als 12,000 Ctr. gesteigert, was um so bemerkenswerther ist, als große Partien schon vor dem Markt auf dem Lande auf⸗ gekauft worden sind. Hiervon wurde mehr als ein Viertheil aus Bayern zugefuüͤhrt. Kaͤufer fanden sich in so großer Zahl ein, daß voraussichtlich die Nachfrage nicht befriedigt werden wird. Der Verkehr war deshalb gestern und heute so lebhaft, wie er auf fruͤheren Maͤrkten in gleichem Grade nicht zu be⸗ merken war. Viele Partieen fanden sogleich bei ihrer Ankunft auf den Wagen Kaͤufer. Was bisher abgesetzt wurde, ist zum groͤßeren Theil von Auslaͤndern, namentlich von Franzoͤsischen Haͤndlern und Fabrikanten, angekauft worden. Sollten die Zu⸗ fuhren nicht wie bisher fortdauern, so werden die inlaͤndischen

Tuchfabrikanten ihren Bedarf nicht vollstaͤndig befriedigen koͤn⸗

nen. Auch feinere Wolle findet in diesem Jahre mehr Nach⸗ frage und es wurden davon einige Partieen zu annehmbaren

Preisen abgesetzt. Die Preise sind im Durchschnitt um 10 bis

12 pCt. hoͤher, als im vorigen Jahre; bei einzelnen Part hat sich das Verhaͤltniß auch noch guͤnstiger herausgestellt.“

Hildburghausen, 26. Juni. Hier und in Koburg ha⸗ ben sich Vereine zur Unterstuͤtzung der Abgebrannten in Neu⸗ stadt an der Haide gebildet. Drei Viertheile der Stadt liegen in Asche und mehr als 1400 Bewohner sind ihres Obdachs und ihrer Habe beraubt. .

eerri Wien, 25. Juni. Ihre Majestaͤten der Kaiser und die Kaiserin sind gestern von Ihrer Reise nach Ungarn im erwuͤnsch⸗ testen Wohlseyn zuruͤckgekommen und in dem Lustschlosse Schoͤn⸗ brunn abgestiegen.

Wien, 24. Juni. Einem Handels⸗Schreiben aus Konstantinopel vom 12ten entlehne ich folgende Stellen. „Seit dem Abgange der letzten Post vom 5ten ist das merk⸗ wuͤrdigste Geruͤcht das von der Absetzung Mehmed Ali's und Ibrahim Pascha's, welche Se. Hoheit in einem am vorigen Sonnabende erlassenen Hattischerif aussprachen. Hafiz Pascha

„Stambul“ nach Samsun abgehen, und sich von dort uͤber Malatia zu Hafiz Pascha begeben, um demselben seine Erhebung zum Generalissimus anzukuͤndigen und ihm den Nischan in Brillanten zu uͤberreichen. Außerdem sind mehrere Avancements in der Armee vorgenommen worden. Der bisherige Ferik (Di⸗ visions⸗Genera!) Said Pascha ist zum Muschir oder Pascha von drei Roßschweifen, und der Miriliai (General⸗Major) Mustafa Pascha zum Ferik in der Armee Hafiz Pascha's er⸗ nannt worden. Ferik Efendi, Mitglied des Reichsraths, hat die Stelle eines Harbie Mustenhari, oder Kriegsraths erhalten. Aus Trapezunt wird gemeldet, daß Osman Pascha den Befehl erhielt, 16,000 Mann irregulaire Truppen auszuheben, und sie der Armee des Hafiz Pascha zuzufuͤhren. Von Bitoglia sind 6000 Mann dahin im Marsche begriffen. Allenthalben wird Mannschaft ausgehoben, die Kriegsruͤstungen mit groͤßtem Eifer betrieben und alle Kraͤfte des Reiches aufgeboten, um dem nu⸗ merisch weit schwaͤcheren Feind mit Hoffnung auf gluͤcklichen Erfolg entgegen zu treten. Aus Bagdad wird geschrieben, daß Chur⸗ schid Pascha gegen Passora anruͤcke, Einige wollen sogar wissen, daß dieser Aegyptische Feldherr sich in den Besitz dieser reichen

und wichtigen Handelsstadt gesetzt habe. Wie dem auch sey, gewiß ist es, daß die Bewegung Churschid's von dem Divan als eine hinlaͤngliche Rechtfertigung betrachtet worden, ohne weiteres Zoͤgern die Feindseligkeiten in Syrien zu beginnen. Nach den letzten Nachrichten aus Tauris scheint der Schach

Hoͤchstdieselben werden uͤbermorgen in hiesiger Resi⸗ von Persien wirklich eine der Pforte feindselige Demonstration

im Schilde zu fuͤhren. In Sultanieh, auf halbem Wege zwi⸗ schen Teheran und Tauris, ist bereits eine imposante Streit⸗ macht versammelt (wie gestern auch bereits nach dem Journal de Smyrne gemeldet wurde), und obgleich sich der Hof von Teheran noch nicht uͤber die Bestimmung derselben aussprach, so zweifelt man kaum mehr daran, daß zwischen dem Schach und dem Pascha von Aegypten ein geheimes Einverstaͤndniß bestehe. Schiffer, die aus Odessa kommen, sprechen von großen Ruͤstungen, die in Sebastopol und anderen Russischen Haͤfen des Schwarzen Meeres geschehen, auch soll ein Armee⸗Corps von 15,900 Russen ganz neuerlich an den Kuͤsten von Tscher⸗ kessien gelandet haben. Die beunruhigenden Geruͤchte uͤber die Gesundheit des Sultans haben jetzt aufgehoͤrt. Se. Hoheit Zeigt sich taͤglich zu Pferde, und scheint nicht so leidend zu seyn, als man anfangs befuͤrchtete.“

Spanien.

Madrid, 18. Juni. Die heutige Hof⸗Zeitung enthaͤlt einen von dem Herzog von Victoria (Espartero) unterzeichne⸗ ten Bericht, worin die Einnahme von Amurrio, Arcienaga und Balmaseda gemeldet wird. Die verwittwete Koͤnigin wird heute zwei zur Verstaͤrkung der Armee des Centrums bestimmte Bataillone die Revue passi⸗ ren lassen. 1 Die Regierung hat den Befehl zur Aufhebung des Be lagerungszustandes von Cadix ertheilt. Man hofft durch diese Maßregel auf die Waͤhler einzuwirken und sie zur Erwaͤhlung gemaͤßigterer Personen zu bewegen. Bei der Belagerung von Montalban (welches bekanntlich von den Truppen der Koͤnigin geraͤumt worden ist) eichnete sich ein junges Maͤdchen von 22 Jahren, Maria Cirugeja, durch ihr heroisches Benehmen aus. Mit einer Flinte bewaff⸗ net, unterhielt sie waͤhrend mehrerer Tage ein lebhaftes Feuer auf den Feind und verließ die Bresche erst, als ihre Kraͤfte erschoͤfft waren und sie in ein hitiges Fieber verfiel. Der Kommandant des Forts ließ ihr die einem Offizier gebuͤhren⸗ den Ehrenbezeugungen beweisen und sie durch einen Sergeanten und vier Mann in ein Hospital fuͤr Frauen bringen. Man hofft, sie zu retten. 3 Turkei. Konstantinopel, 5. Juni. (Journ. de Smyrne.)

soll bereits mit den noͤthigen Vollmachten zur Ausfuͤhrung die⸗

Die Tuͤrkische Flotte liegt noch immer im Bosporus vor Anker,

ser Maaßregel versehen worden seyn. Es hieß, daß ein Com⸗ missair nach dem Hauptquartier abgehen wuͤrde, um die her⸗ koͤmmliche Investitur vorzunehmen, und Hafiz Pascha zugleich den Befehl zum Angriffe zu uͤberbringen. Sonntags ist die Flotte ausgelaufen; die Landungs⸗Armee, welche sie am Bord hat, wird mit den Verstaͤrkungen, die sie in den Dardanellen erhalten soll, sich auf ungefaͤhr 18,000 Mann belaufen. Sie

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wird die Richtung nach Syrien nehmen, und dort eine Lan⸗ V1 EEEEEII’I’“

d die Vorbereitungen zum Auslaufen werden eifrig fortge⸗ sest (s. die unter Wien mitgetheilten Nachrichten aus eehgn⸗ 1 tinopel). Im Arsenal bleibt nur ein einziges Schiff zuruͤck. Man glaubt, die erste Abtheilung der Flotte werde unter dem Befehl Riala Bey's unter Segel gehen, sobald der Wind guͤn⸗ stig werde. Die Flotte ist uͤbrigens sowohl hinsichtlich des Ma terials, als der Bemannung im besten Zustande. Die Mann, schaft uͤbt sich fortwaͤhrend und fuͤhrt die schwierigsten Manoͤbve