1839 / 309 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Nr. 54 dem Feldmarschall⸗Lieutenant von Grueber als 2ten In⸗

haber verliehen worden.

Morgen, als dem Feste Allerheiligen, wird wie allläͤhrlich, in der Hofburg⸗Pfarrkirche ein feierliches Toison⸗Am: abgehalten, welchem saäͤmmtliche anwesende Ritter des Ordens vom goldenen Vließ und die ersten Hof⸗ und Staats⸗Beamten beizuwohnen eingeladen worden sind. Sonntag den 3. November findet der erste feierliche Kirchengang in der Hofburg statt, welche solenne 1Sg ee sich nun den ganzen Winter uͤber jeden Sonn⸗ und

eiertag wiederholen wird.

Au⸗ Förden berichtet, es herrsche wegen der Reise des Herzogs von Vordeaux nach Rom eine Meinungs⸗Verschieden⸗ heit zwischen der Koͤniglichen Familie, und der Graf von Mont⸗ bel sey deshalb von dem Herzog von Angouleme zu Ausgleichung derselben ebenfalls plötzlich nach Rom gesandt worden.

Ein anderer Bericht uͤber das obenerwaͤhnte Ereigniß auf der Eisenbahn lautet folgendermaßen: „Gestern hat sich auf der Nord⸗Eisenbahn wieder ein Unfall ereignet, der großes Ungluͤck haͤtte veranlassen koͤnnen. Der von Bruͤnn kommende Train war naͤmlich zur erwarteten Stunde nicht hier eingetroffen, weshalb nach der bestehenden Vorschrift eine leere Lokomotive von hier abging, um den etwa stehen gebliebenen Zug aufzusuchen und ins Schlepptau zu nehmen. Kaum hatte diese mit Einbruch der Nacht bei starkem Schneegestoͤber abgegangene Maschine den hiesigen Bahn⸗ hofeine Viertelstunde hinter sich, als sie, da ihr Fuͤhrer die Signalzeichen der den starken Bruͤnner Train langsam daher schleppende un⸗ fähig gewordene Lokomotive nicht bemerken konnte, mit solcher Gewalt auf diese stieß, daß dieselbe aus der Bahn geworfen und mehrere Wagen beschaͤdigt wurden. Zum Gluͤck wurde jedoch

durch das furchtbare Zusammentreffen außer den beiden Maschi⸗ nen⸗Fuͤhrern nur ein einziger Passagier bedeutend verletzt, meh⸗ rere Personen erhielten nur leichte Kontusionen und auch die Verletzung der Maschinenfuͤhrer soll nicht gefaͤhrlich seyn. Da beide Lokomotiven durch den Stoß fuͤr den Augenblick unbrauch⸗ bar geworden waren, so wurden fuͤr die Passagiere von Wien aus so schnell als moͤglich Wagen requirirt, womit diese dann um Mitternacht auf der gewoͤhnlichen Straße hier anlangten. Der Fuͤhrer der von hier abgegangenen Lokomotive duͤrfte eine strenge Untersuchung zu bestehen haben.“ 8 Seit gestern ist hier das Geruͤcht verbreitet, Ibrahim ascha sey im Begriff, sich in die Stellungen, die er vor der Schlacht bei Nisib inne hatte, zuruͤckzuziehen.

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anzoͤsische Blaͤtter enthalten ein Schreiben aus Pisa vom

16. Oktober, wonach der Gesellschaft der dort vereinigten Natur⸗

forscher, bevor sie auseinander ging, von der Piemontesischen Re⸗

gierung die Mittheilung zugekommen, daß der Koͤnig von Sar⸗

dinien zu der Wahl Turins als Versammlungs⸗Ort der Gesell⸗ schaft fuͤrs naͤchste Jahr seine Zustimmung ertheilt habe.

Spanien.

Madrid, 25. Okt. Die hiesigen Blaͤtter aͤußern sich je nach ihrer politischen Farbe natuͤrlich sehr verschieden uͤber die neueste Modifizirung des Kabinets. Der „Castellano“ betrachtet

die Entlassung der Minister Carramolini und Primo de Rivera als ein der Partei des Fortschrittes gemachtes Zugestaͤndniß, das dem „Eco de Comercio“ jedoch unzureichend scheint, indem, mit Ausnahme des Kriegs⸗Ministers, alle Minister hatten entlassen werden muͤssen. Der „Correo nacional“ dagegen tadelt die Nach⸗ Süeb s der Regierung und sagt, daß die einzige vernuͤnftige

MNodification des Kabinets die Entlassung des Generals Alaiyx gewesen waͤre, wenn derselbe wirklich mit seinen Kollegen nicht einig sey. Die Krone haͤtte dann, meint das genannte Blatt, von den ihr

verfassungsmäͤßig zustehenden Praͤrogativen Gebrauch machen und

die Einigkeit zwischen der Regierung und dem Kongresse, so wie zwischen diesem und dem Senat wiederherstellen koͤnnen.

Nan schreibt aus Valencia: „Die von Cabrera getroffe⸗ nen Vorbereitungen, die Festungswerke, womit er Morella um⸗ giebt, die Excesse, welche von den Karlistischen Truppen veruͤbt

werden, die Hinrichtung des General⸗Intendanten der Karlisti⸗ schen Armee, der angeblich zu den Truppen der Koͤnigin uͤberge⸗

hen wollte, die fortwaͤhrenden Verproviantirungen der Karlisten, alle diese Umstaͤnde zusammengenommen deuten keinesweges auf eine zu erwartende Uebereinkunft, auf die man vor einiger Zeit fast mit Gewißheit rechnete. Die Mißhelligkeiten, die unter den verschiedenen Behoͤrden in Catalonien ausgebrochen sind, machen die Angelegenheiten noch verwickelter und beleben die Hoffnungen der Karlisten. Es heißt, die Generale der Koͤnigin wollen eine Linie von Alcaniz bis zur Ebro⸗Muͤndung bilden, zu welchem Zwecke die Diviston des Generals Aspiroz Befehl Se en. von Murviedro nach Visaroz zu marschiren.“ Saragossa, 26. Okt. Die Truppen des Herzogs von Vi⸗ toria setzen ihre Bewegungen fort und scheinen die Absicht zu haben, die Karlisten immer enger einzuschließen. Der Graf von Be⸗ lascoain befand sich, den letzten Machrichten ufolge, mit seiner ersten Division in Monroyo, und eine andere Division mußte ge⸗ stern in Horcayo, zwei Leguas von Morella, angekommen seyn. Die Bewohner, welche aus Furcht ihre en nicht verlassen hatten, waren sehr erfreut uͤber das gute Benehmen der Trup⸗ pen. Der General O Donnell hat sich mit dem groͤßten Theil seiner Armee in San Mateo, an der Graͤnze von Valencia, auf⸗ gestellt. In einem unter dem Vorsitze von Espartero gehaltenen Kriegsrathe ist beschlossen worden, die Karlisten anzugreifen, so⸗ bald die Gelegenheit sich dazu darbiete, und fas sie den Kampf vermeiden sollten, sie in den Bergen einzuschließen. Maroto ist von Bilbao abgereist, um sich Fber Vitoria nach

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Madrid zu begeben.

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Ueber den (in Nr. 35. der St. Ztg. nach dem Journal de Smyrne erwaͤhnten) Aufstand der Drusen im suͤdlichen Theile von Syrien heißt es in einem Schreiben aus Bairut vom 1. Oktober im Echo de l’'Orient: „Der Distrikt von Hauran ist unter Anfuͤhrung eines neuen Scheichs, der eine un⸗ gewoͤhnliche Energie des Charakters und eine hinreißende Kuͤhn⸗

eit besitzt, in vollem Aufstande. Die Unzufriedenen, die seinen Fahnen folgen, haben einige Abtheilungen Aegyptischer Truppen mit Unerschrockenheit angegriffen und sie mit einem Verluste von 400 Todten und Verwundeten in die Flucht geschlagen. Die Gebirgsbewohner durch diesen Succeß ermuthigt, machen rasche Fortschritte; es ist aber nicht wahrscheinlich, daß sie ihre Gebirge verlassen werden, um in den Ebenen zu fechten, wo sie keine Aussicht zum Siege haben wuͤrden. Was jedoch beweist, daß sie Fortschritte machen und ernsthafte Besorgnisse einfloͤßen, ist der Umstand, daß Scherif Pascha eiligst von Da⸗ mascus mit 6000 Mann und 6 Kanonen gegen die Insurgenten aufgebrochen ist. Andererseits sind die Nachrichten, die man aus Jerusalem und Palaͤstina erhaͤlt, sehr beunruhigend. Man

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murrt daselbst laut gegen Mehmed Ali's Administration, weigert

sich, die Abgaben zu entrichten und alles deutet auf einen nahe

bevorstehenden Aufstand in diesen Gegenden. Ibrahim Pascha, von dem es geheißen hatte, daß er nach Aleppo zuruͤckkehren werde, konzentrirt sich vielmehr in Marasch, wo er den Winter zuzubringen gedenkt. Soliman Pascha, welchem Ibrahim das Kommando abgenommen hat, ist nach Aleppo zuruͤck⸗ gekehrt, von wo er sich nach Sard begeben will. Der zwi⸗ schen diesen Generalen ausgebrochene Zwiespalt hat große Sen⸗ sation im Lande erregt, und man befuͤrchtete allgemein, daß die Eifersucht, von der sich Ibrahim hierbei leiten ließ, traurige Fol⸗ gen haben und ihm die Gemuͤther der Sprier noch mehr ent⸗ fremden duͤrfte. Die Aegyptische Regierung läßt nicht bloß die alten Festungsweske von Saint Jean d'Acre ausbessern, sondern noch neue Werke anlegen, woraus man schließt, daß sie einen Angriff auf diesen Punkt besorgt, der fuͤr sie, als eines der Boll⸗ werke Syriens, von hoͤchster Wichtigkeit ist.“ a8. WI

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Zusammenstellung der in der Stadt Berlin zur rung der Reformation im 8 Feierlichkeiten.*)

Am 1. und 2. November d. J. feierte unsere Hauptstadt

das dreihundertjaͤhrige Jubelfest der Einfuͤhrung der Kirchen⸗Re⸗ formation in Berlin und der Mark Brandenburg.

In dem lebendigsten Gefuͤhle und der dankbarsten Anerken⸗

nung der Segnungen, welche dem geistigen Leben jedes Einzelnen 1 dem Vaterlande und der Menschheit durch die von Luther begonnene Reformation der Kirche zu Theil gewor⸗

unserer Stadt,

den, hatten die staͤdtischen Behoͤrden schon vor laͤngerer Zeit Vor⸗

bereitungen getroffen, um dieses Fest durch eine seiner wuͤrdige

Feier zu begehen. 8

Die Stadt hatte zum bleibenden Gedaͤchtnisse dieser Feier eine Denkmuͤnze praͤgen lassen, deren kuͤnstlerische Ausfuͤhrung dem Medailleur C. Pfeuffer uͤbertragen worden war. auf der Tage die wichtigen Thatsachen der Gruͤndung unserer Kirche und deren dritte Jubelfeier fallen, des Kurfuͤrsten Joachim's li. und Sr. Majestaät des Koͤnigs. Sie fuͤhrt die Umschrift: Kurfuͤrst

Joachim II. 1539 und Koöͤnig Friedrich Wilhelm III. 1839; auf

der Kehrseite ist die Feier des Gedaͤchtnißtages dargestellt.

Im Innern des alten Domes zu Berlin, am Hochaltare vor dem Bilde des Gekreuzigten, steht der Bischof von Bran⸗ denburg, Matthias von Jagow, den Kelch in der einen Hand, die andere zum Segnen aufgehoben; vor ihm knien zum Genusse

des Mahles der Buͤrgermeister und ein Rathsherr, hinter wel⸗ chen Buͤrger in andaͤchtiger Geberde aufrecht stehen und die ge⸗ sammte Einwohnerschaft andeuten. Als Zeuge dieser heiligen Handlung tritt auf der andern Seite der Kurfuͤrst von Rittern und Hofleuten begleitet vor. Das Ganze vergegenwaͤrtigt den feierlichen Augenblick, der im Abschnitt durch die Worte: Die Stadt Berlin zum 2. November 1839, ausgesprochen ist. Die Umschrift giebt zwei Bibelstellen, in welchen sich das evangelische Bekenntniß, der Kelch im Abendmahl und Gottes Wort fuͤr Jedermann, findet: „Trinket Alle daraus.“ Matth. 26. v. 27. b „Suchet in der Schrift, sie ist's, die von mir zeuget.“ oh. 5. v. 39. 1Z.n dieser Denkmuͤnze wurden am Tage vor dem Feste Sr. Majestaͤt dem Koͤnige und Sr Koͤnigl. Hoheit dem Kron⸗ prinzen ein Exemplar in Gold und Bronce, desgleichen wurden Exemplare in Silber und Bronce sammtlichen uͤbrigen Mitglie⸗ dern der Koͤniglichen hohen Familie ehrfurchtsvoll uͤberreicht. Nicht minder wurden an diesem Tage etwa 2500 Stuͤck dieser Denkmuͤnze an die hoͤchsten und hohen Behoͤrden, an die Geist⸗ lichkeit, die Universität, die Direktoren, Vorsteher und Lehrer saäͤmmtlicher hiesigen evangelischen Schulen, so wie andere angese⸗ hene Personen, desgleichen an saͤmmtliche, in der hiesigen Kom⸗ munal⸗Verwaltung mitwirkenden Mitglieder der hiesigen Buͤrger⸗ schaft, von der Stadt zur Erinnerung an das hohe Fest uͤbersendet. Auch wurden den saͤmmtlichen evangelischen Kirchen hiesiger Stadt, so wie den Magistraͤten der Nachbarstaͤdte Potsdam, Brandenburg und Spandau, Denkmuͤnzen zur Ver⸗ theilung und Aufbewahrung uͤberreicht. Demnächst hatte die Stadt zum Andenken an dies hochwichtige Ereigniß ein Stipen⸗ dium gestiftet, welches nach der Allerhoͤchsten Bestimmung: „Evangelisches Saͤkular⸗Stipendium“ genannt worden ist, und einem in unserm Vaterlande gebornen Theologen, der durch ein ruͤhmlich bestandenes Examen pro licentia Concionandi, so wie durch Promotion zum Doktor der Philosophie von der hiesigen Uni⸗ versitaͤt, eine vorzuͤgliche wissenschaftliche Bildung bekundet hat, faͤhrlich mit dreihundert Thalern auf zwei hintereinander folgende Jahre unter der Bedingung verliehen werden soll, daß er nach Ablauf dieser Zeit Licentiat der Theologie werde. Zur Einleitung des Festes selbst war Freitag der 1. Novem⸗ ber bestimmt, und vorzugsweise den Feierlichkeiten in den Schu⸗ len gewidmet.

In saämmtlichen evangelischen Schulen der Stade

war die Jugend schon mehrere Tage vor dem Feste theils durch Vortraͤge der Lehrer, theils durch die kleine Schrift: „Kurze Ge⸗ schichte der Einfuͤhrung der Reformation in der Mark Branden⸗

burg“, welche auf Veranstaltung der stuͤdtischen Behoͤrden an saͤmmtliche Schulkinder vertheilt worden war, auf die hohe Be⸗

deutung des Festes aufmerksam gemacht und uͤber dieelbe be⸗ lehrt worden.

Am 1. November wurde nun das Fest in den Vormittags⸗ stunden von 8 bis 11 Uhr in allen evangelischen Schulen und Instituten, mit Ausnahme des Berlinischen Gymnastums, dessen Schulfeier auf den Nachmittag dieses Tages, 6 Uhr, verlegt wor⸗ den war, durch feierliche Schulakte in Gegenwart der saͤmmtli⸗ chen Lehrer und Schuͤler, der Schulvorstaͤnde, Gymnastarchen und Deputirten der Koͤnigl. und staͤdtischen Schulbehoöͤrden be⸗ gangen. Choralgesaͤnge und das Lied: „Ein’ feste Burg ist un⸗ ser Gott ꝛc.“, leiteten die Schulfeierlichkeiten ein, worauf von einzelnen Schuͤlern auf die Feier Bezug habende Festgedichte vorgetragen und von den Vorstehern oder Religionslehrern der Schulen Ansprachen an die versammelte Jugend gehalten wur⸗ den. Hierauf wurde die oben gedachte Denkmuͤnze, welche, da die erforderlichen Exemplare wegen Kuͤrze der Zeit nicht ausge⸗ praͤgt werden konnten, in gelungenem Bronceguß vervielfaltigt worden war, in 4000 Exemplaren an die vorzuͤglichsten Schuͤler vertheilt, worauf die Feier durch Choralgesaͤnge geschlossen wurde.

Wie auf diese Weise in saͤmmtlichen Schulen das Fes von etwa 30,000 Kindern und unter diesen von 13,000 Kindern, *) Wir haben die Mittheilung über dies wichtige Ereigniß lieber einige Tage anstehen lassen, um etwas Vollständiges und aus zuver⸗ lässiger Quelle Fließendes unseren Lesern vorlegen zu können.

3 Die Red. der St. Z

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E66“— sichtbar geworden ist. Jubelfeier der Einfuͤh⸗ ahre 1839 stattgefundenen

Dieselbe zeigt v. 888 3r fuͤr den Koͤni Vorderseite die Bildnisse der beiden Fuͤrsten, in deren 8

Lateinischer Sprache. en G Schlemm die von ihnen selbst verfaßten Gedichte, das eine zur

welche auf Kosten der Stadt die Wohlthat des freien Schul⸗

Unterrichts genießen, in wuͤrdiger Feier begangen wurde, so ins⸗ besondere in den hoͤheren Lehr⸗Anstalten. 3 Auf dem Berlinischen Gymnasium fand die Feier am 1. November Abends zwischen 6 § Uhr statt. Alle Lehre⸗ der Anstalt, mit ihren Familien, und saͤmmtliche Schuͤler waren in dem hell erleuchteten großen Hoͤrsaale versammelt; außerdem aber auch eine bedeutende Anzahl von Mitgliedern der Koͤnig⸗ lichen und staͤdtischen Behoͤrden, so wie von anderen Goͤnnern und Freunden des Schulwesens. Die Feier begann mit einer Motette, unter Instrumental⸗Begleitung, ausgefuͤhrt von der aus etwa 80 Mitgliedern bestehenden ersten Singeklasse, deren Lehrer, Professor Fischer, diese Musik auf die Worte: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeine bauen u. s. w.“ komponirt hatte. Daran schloß sich die Declamation eines von dem Direktor des Gymnasiums, Ur. Ribbeck, ver⸗ faßten Fest⸗Gedichts: „Der Fels der Kirche“, vorgetragen von dem Primaner Bredow, welches in Bezug auf die gesungenen Worte andeutete, wie der Gegensatz ihrer Auslegung nach den Buchstaben und nach dem Geiste in der Geschichte der Kirch Nun sang die Versammlung das Lied Luther's: „Ein' feste Burg ist unser Gott ꝛc.“ worauf der Di⸗ rektor der Änstalt in einer an die Schuͤler gerichteten Rede uͤber das Wesen und die Gröͤße der durch das Licht der evangelischen Wahrheit uns zu Theil gewordenen goͤttlichen Wohlthat sprach Nach dem Schlusse dieser Rede vertheilte der Direktor, im Neo⸗ men und Auftrage derxzstaͤdtischen Behoͤrde, 10 Exemplare der maͤr⸗ kischen Reformations⸗Geschichte, von Ad. Muͤller, und 53 Ab⸗ zuͤsse der Denkmuͤnze, welche die Stadt Berlin zum Gedaͤchtnisse des Festes hat praͤgen lassen, an diejenigen Schuͤler des Gymna siums, die durch die Stimmen ihrer Lehrer und Mitschuͤler fuͤr besonders wuͤrdig einer solchen Auszeichnung erklaͤrt worden wa⸗ ren, durfte aber hinzusetzen, daß auch alle die Schuͤler, welche am 2. November bei dem Festzuge zur Nikolai⸗Kirche und bei dem vormittaͤglichen Gottesdienste in derselben mitwirken wuͤrden, dieselben Denkmuͤnzen erhalten sollten. Er endeten dann seinen Vortrag mit einem Dankgebet und mit Segenswuͤnschen fuͤr die Kirche und das Vaterland. Die vollstaͤndige Ausfuͤhrung eines „Herr Gott Dich loben wir“ von Haͤndel (des sogenann ten Derkinger Tedeums) machte den Beschluß der Feierlichkeit. Auf dem Friedrichswerderschen Gymnasium fand die Schu Feierlichkeit von 10 ½ bis 11 Uhr Vormittags statt. Der D rektor, Professor Bonnell, hielt eine Rede, worin er auseinar dersetzte, welches der Sinn und die Absicht unserer Vorfahre bei der Einfuͤhrung der neuen Kirchen⸗Ordnung vor 300 Jahren gewesen, und wesches unsere Aufgabe gegenwaͤrtig ist, um das durch sie errungene Gut uns zu bewahren und zu mehren. Von den dem Gymnasium durch die staͤdtischen Behoͤrden uͤberschick⸗ ten 142 Denkmuͤnzen wurde ein Theil oͤffentlich an die ausge⸗ zeichnetsten Schuͤler jeder Klasse vertheilt, die uͤbrigen erhab⸗ ten diejenigen Gymnasiasten, welche am 2. November an dem großen Festzuge nach der Nikolai⸗ Kirche als Mar⸗ schalle oder Sanger Theil nahmen. Außerdem wurden 10 vom Magistrat uͤberschickte Exemplare der „Geschich der Einfuͤhrung der Reformation in der Mark Brander burg von Ad. Muͤller“ an eben so viele Schuͤler der beiden obe sten Klassen, welche zugleich auch Denkmuͤnzen erhielten, vertheil und mehrere auf das Fest Bezug habende Werke an Schuͤler der uͤbrigen Klassen, Gesangchoͤre, von der ersten Singeklasse, unter Leitüng des Professors Kanzler, ausgefuͤhrt, bildeten den Eingang und Ausgang der Schulfeier. Im Koͤlnischen Gymnastum sprach der Direkror August zu der Versammlung der Lehrer und Schuͤler, nachdem ein Prima⸗

ner ein von dem Direktor August verfaßtes Festgedicht vorge

tragen hatte. 8

Im Koͤniglichen Joachimsthalschen Gymnastum versamme ten sich die Lehrer und Schuͤler in dem großen Hoͤrsaale der Am stalt, woselbst nach einem einleitenden e der Professe Pfund in einer Rede uͤber die Reformation als Sieg des Evam geliums, den Anwesenden die hohe Bedeutung des Tages verg genwaͤrtigte. Nachdem hierauf der Direktor, Professor Meinek die fuͤr Schulen bestimmten Denkmuͤnzen als Geschenk des hief gen Magistrats an 30 Schuͤler vertheilt hatte, wurde durch de Choral: „Ein’ feste Burg ist unser Gott“, in dessen letzte Strophe die ganze Versammlung einstimmte, die Feierlichkeit beschlossen.

In dem Friedrich⸗Wilhelms Gymnasium und der damit verbundenen Reals und Elisabeth⸗Schule wurde die Feier folger vermaßen begangen: Im Friedrich⸗Wilhelms Gymnasium began dieselbe mit dem Liede: „Ein' feste Burg ist unser Gott.

Hieran anknuͤpfend hielt der Direktor Spilleke eine Ansprache

an die Schuͤler, in welcher er Luther als Muster und Vorbilt des choistlichen Heldenmuthes darstellte. Nach einem Chor von J. A. Naumann folgte die Festrede des Professors Boͤtticher i Dann trugen die u“ Bayard und

Lobe Luther's, das andere zum Lobe des Kurfuͤrsten Joachim 3 1 vor, welches letztere zugleich, auf Veranstaltung der Primaner gedruckt worden war, und unter sämmtliche anwesende Lehren und Schuͤler vertheilt wurde. Hieran schloß sich die Verthei⸗ ung der gleichfalls vom Magistrats⸗Kollegtum uͤbersandte Denkmuͤnzen. Zum Schluß trug der Saͤngerchor die Choͤre au Handels Dettinger Tedeum vor. Die Schuͤler der unteren Gymnastal⸗Klassen versammette der Oberlehrer Boͤhm, und theil nach einer angemessenen Anrede die denselben bestimmten Denk muͤnzen aus. In der Realschule war, wegen der großen Anzahl der Schuͤler, uͤnd bei dem Mangel eines hinreichenden Lokals, eine Theilung nothwendig geworden. Inzwischen fand die Feier ganz in aͤhnlicher Weise statt. In der Elisabeth⸗Schule trugen die Schuͤlerinnen der ersten Gesang⸗Klasse einen Choral und mehrere Moteiten vor. Der Direktor sprach das Gebet und der Oberlehrer Muͤller belehrte die Schuͤlerinnen uͤber die Segnun⸗ gen, welche die Reformation uͤber unser Vaterland verbreitet hat. Nach Vertheilung der Denkmünzen schloß die Feierlichkeit mit dem Liede: „Nun danket Alle Gott!“

Auf dem Koͤniglichen Franzoͤsischen Gymnastum wurde das Fest am 1. November um 9 Uhr Vormittags mit Gebet und Ge⸗ sang gefeiert. Der Primaner Friedrich Centurier hielt eine Rede in Franzoͤsischer Sprache uͤber den Einfluß der Reformation au den oͤffentlichen Unterricht, worauf sodann die Vertheilung der von den staͤdtischen Behoͤrden geschenkten Denkmuͤnzen stattfand.

In der staͤdtischen Gewerbe⸗Schule war die Feier um 9 Uhr Vormittags anberaumt. In dem schoͤn geschmuͤckten großen Hoͤrsaale erhob sich als schoͤnste Zierde, unter einer von Topf⸗ gewaͤchsen zusammengesetzten nischenartigen Woͤlbung, Luther’s Buͤste. Der Direktor Kloͤden hielt die Festrede. Zur feierlichen Erinnerung wurden die von den Kommunal⸗Behoͤrden bestimm⸗ ten Medaillen und eine Anzahl Exemplare von Ad. Muͤller s Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg vertheilt, so wie noch 40 Medaillen an die bei dem Zuge nach der Niko⸗ lai⸗Kirche als Marschaͤlle fungirenden Schuüͤler. Nach einem

feierlichen Gebete endigte das von der Gesangklasse vorgetragene

Halleluja von Haͤndel die erhebende Feier.

Die saͤmmtlichen von der Dreifaltigkeits⸗Kirche abhaͤngigen Parochial und Privat⸗Schulen waren, da in den einzeinen Lo⸗ alen der Raum es nicht gestatrete, in der Dreifaltigkeits⸗Kirche versammelt, und auf gleiche Weise waren die unter der Auf⸗ sicht des Franzoͤsischen Konsistoriums stehenden Schulen, sowie die Kinder des Waisenhauses und der zEeole de Ctharité, nachdem uvor die auch fuͤr die Kinder dieser Anstalten von den staͤdtischen Behoͤrden bestimmten Medaillen vertheilt worden wa⸗ ren, in die Franzoͤsische Friedrichsstaͤdtische Kirche gefuͤhrt wor⸗ den, wo der Prediger Palmié der Juͤngere eine auf die Bedeu⸗ sung des festlichen Tages fuͤr die saͤmmtlichen evangelischen Ge⸗ meinen Bezug nehmende, angemessene Rede hielt.

Die hiesige Koͤnigliche Universitaͤt beging die Feier in dem Saale der Sing⸗Akademie. Zu diesem Feste hatte die theo⸗ logische Fakultaͤt durch ein von ihrem Dekan, Konsistorialrach und Professor Neander, abgefaßtes Programm üuͤber Georg Vi⸗ cel und seine Gesinnung gegen die evangelische Kirche eingeladen. Die Feier begann vor einer zahlreichen Versammlung mit An⸗ stimmung des Gesanges Vem sahncte spiritus. Darauf wurde die Festrede von dem diesjaͤhrigen Rektor, Professor Twesten, gehal⸗ ten, indem derselbe, anknuͤpfend an die Art und Weise, wie der Kurfuͤrst Joachim II. bei der Gruͤndung und Leitung der evan⸗ gelischen Kirche in unserm Vaterlande verfuhr, zu zeigen suchte, wie die Idee der Einheit, welche dem Kurfuͤrsten besonders am Her⸗ zen lag, namentlich was die Lehrer betrifft, auch in der evangelischen Kirche verwirklicht werden koͤnne, ohne mit der fuͤr sie nicht weniger wesentlichen Freiheit und Festigkeit der eigenen Ueberzeugung in Widerspruch zu gerathen; eine Aufgabe, zu deren Loͤsung die Brandenburgische Kirchen⸗Ordnung von 1540 die beste Anleitung enthalte. Nachdem sodann das Lied: „Ein' feste Burg ist unser Gott“ in lateinischer Uebersetzung gesungen war, trat der Dekan der juristischen Fakultaͤt, Professor von Lancizolle, auf, und pro⸗ klamirte nach Auseinandersetzung des Interesse, welches naͤchst der theologischen Fakultaͤt besonders auch die juristische, an der gefeierten Begebenheit nehmen muͤsse, den Praͤsidenten des Ober⸗ Appellations⸗Gerichts zu Greifswald, A. W. Goͤtze, den Gehei⸗ men Ober⸗Tribunals⸗Rath L. Scholtz und den Geheimen Regie⸗ rungs⸗Rath G. W. von Raumer, als Doktoren der Rechte. Auf gleiche Weise verkuͤndete der Dekan der theologischen Fakul⸗ tät, Konsistortal⸗Rath Neander, nachdem er das Verhaͤltniß der theo⸗ logischen Doktorwuͤrde zum christlichen Lehramt in der Kuͤrze entwickelt hatte, die Wahl der Prediger Chr. L. Couard und Fr. G. Lisco hieselbst, des Konsistorialraths und General⸗Superintendenten Chr. Fr. Hesekiel, in Altenburg, des Haupt⸗Pastors L. Chr. G. Strauch und Professors O. Krabbe, in Hamburg, zu Doktoren der Theo⸗ logie. Die Feierlichkeit wurde sodann mit dem Ie deum laudamus beschlossen. Die bei diesem Feste unter der Leitung des Profes⸗ 15 Marvx aufgefuͤhrten Musikstuͤcke sind von dem Stud. phil. von

lvensleben komponirt.

In aͤhnlicher Weise wurde das hochwichtige Fest in allen, der Pflege und Erziehung der Armen⸗Jugend gewidmeten, mil⸗ den Anstalten, den Waisenhaͤusern, Kommunal⸗Armenschulen und Kleinkinder⸗Bewahranstalten gefeiert.

In der Wadzecks⸗Anstalt wurde dasselbe in besonders anspre⸗ chender Weise begangen. Um 9 Uhr versammelten sich die 100 Zoͤglinge der Anstalt und mit ihnen eine große Zahl der Wohl⸗ thaterinnen und Wohlthaͤter derselben in dem festlich geschmuͤckten Schulsaal. Nach Absingung eines kurzen Liedes hielt der In⸗ spektor der Anstalt, Straubel, eine kurze Ansprache an die Kin⸗ der und die sehr zahlreich versammelten Fremden, und ermahnte zur wuͤrdigen und gesegneten Feier des Festes. Hierauf fand eine Unterredung statt zwischen 12 Kindern der Anstalt, in welcher dieselben mit kindlicher Offenheit vor den Anwesenden Zeugniß ihres Fleißes ablegten, indem sie eine genaue Bekanntschaft mit der historischen Begebenheit zeigten, der das Fest gewidmet war. Allgemein war der ruͤhrend ansprechende Eindruck dieses Theils der Hergaͤnge. Die kirchliche Feier schloß der Bischof Roß, Vorsitzender im Kuratorium, mit der Austheilung der vom Ma⸗ gistrate Berlins der 88ea geschenkten Denkmuͤnzen, und 100 Exemplare der kurzen Geschichte der Einfuͤhrung der Reforma⸗ tion zꝛc., sowie von 10 auf die Reformations ⸗Feierlichkeit bezuͤg⸗ lichen Bildern, welche der Anstalt zu diesem Zwecke escen waren. den geschmuͤckten Speisesaal gefuͤhrt, wo eine einladend gezierte Toafo 5 . 8 . 3 - 2 F Tafel gedeckt war. Durch eine gemuͤthvolle Zusammenstellung

fand sich hier die zarteste Jugend mit dem grauesten Alter ver⸗ einigt. Denn ein Mitglied des Vereins hatte dazu eine Anzahl der

Buͤrger⸗Jubelgreise (d. h. solcher, die ihr 50jäͤhriges Jubilaͤum als

Buͤrger gefetert haben) welche aus der von Kircheisenschen Stiftung unterstuͤtzt werden, eingeladen, die außerdem jeder ein Geschenk

deren juͤngster 74, der aͤlteste 23 Jahr alt war, nahmen einen Theil der Tafel ein; an

von 3 Rthlr. erhielten. Diese Greise, den uͤbrigen Tischraͤumen saßen die Kinder, eine muntere, froͤh⸗ liche Schaar. fuͤngste zahlte erst ³ Jahre) waren ganz niedere Tischchen gedeckt. Es fehlte der kleinen frohen Tafel auch nicht an Tischgesang und Toasten. Mittags 1 Uhr geschah die E. des im vorigen Jahre von der Stadt zu einer neuen armte, wuͤrdige, hiesige Buͤrger gegruͤndeten Nikolaus⸗Buͤrger⸗ Hospitals.

Es hatten sich auf geschehene Einladung durch die staͤdtischen Behoöͤrden zu dieser Festlichkeit viele angesehene Personen ver⸗ sammelt. Der Koͤnigliche Geheime Staats⸗Minister des Innern,

Herr von Rochow, der Kaiserlich Russische Gesandte, Baron

von Meyendorf, der Kommandant von Berlin, GeneralLieute⸗

nant von Tippelskirch, die Bischoͤfe Roß und Neander, nebst mehreren anderen hohen Staats⸗Beamten, waren erschienen.

Als Vertreter der Stadt Berlin befanden sich der Ober⸗Buͤrger⸗

meister, der Vorsteher der Stadtverordneten und Deputationen Die 50

Greise, welche die ersten Bewohner der neuen Anstalt seyn wer⸗

des Magistrats und der Stadtverordneten zugegen.

den, wurden gegen 1 Uhr in den Hauptsaal des Gebaͤudes, in welchem ein Altar errichtet war, eingefuͤhrt, und nahmen zu bei⸗

den Seiten desselben Platz. Nachdem unter Begleitung der von dem Kaufmann F. Gropius der Anstalt zum Geschenk gemachten

hys⸗Harmonika das Lied: „Ach bleib mit deiner Gnade“ ge⸗ ungen war, hielt der Bischof Ar. Neander eine Rede, in welcher er in gediegenen und ruͤhrend schoͤnen Worten daß die Legung des Grundsteins etwa vor Jahresfrist stattgefunden habe; derselbe knuͤpfte hieran Betrachtungen uͤber die Einweihung der nstalt, da diese mit dem Reformations⸗Feste verbunden sey; sprach üͤber die hin und wieder geaͤußerte Meinung, daß in fruͤ⸗ herer Zeit Bedeutenderes fuͤr aͤhnliche Zwecke geschehen, und fand eine Widerlegung in dieser nun vollendeten Anstalt, welche durch Buͤr⸗ er⸗Tugend gegruͤndet sey. Waͤhrend der reiche Inhalt der Buͤrger⸗ ugend nicht erschöͤpft werden koͤnne, wies er nun zunaͤchst auf den Ursprung hin, daß des Kaisers von Rußland Majestat,

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Hierauf wurden die Kinder aus dem Schulsaal in

Fuͤr die juͤngsten, etwa 5 und 6jaäͤhrigen (das

ufluchtsstaͤtte 88 ver⸗ zuerst als einen Anhaͤnger und durch seinen Vortritt den

Nicolaus J., unser am hoͤchsten gestellter Buͤrger, durch ein Gna⸗ den⸗Geschenk hierzu Veranlassung gab, ruͤhmte die sinnige An⸗ wendung der Kaiserlichen Gabe, indem dieselbe nun den wuͤrdig⸗ sten Buͤrgern im huͤlflosen Alter zu Theit werde, und da sie zu⸗ gleich ein dringendes Beduͤrfniß befriedige; ruͤhmte die der An⸗ stalt zu Theil gewordene Gnaden⸗Beweise unseres hochverehrten Monarchen, die Freigebigkeit der Stadt⸗Behoͤrde zu ihrem Em⸗ porkommen, das Wohlwollen und die Menschenfreundlichkeit, welche Beguͤterte und minder Beguͤterte an den Tag gelegt haͤt ten, die vorzugsweise und umsichtige Thätigkeit der staͤdtischen Bau⸗Deputation, und wie durch kunstmaßige und unermuͤdete Arbeiter das Werk schnell gefoͤrdert worden, daß es nun als em wuͤrdiges Denkmal der Buͤrger⸗Tugend Zeugniß ablege, wie un sere Zeitgenossen ihrer aͤrmeren Mitbruͤder eingedenk gewesen, wahrend die zunehmende Erweiterung der Stadt auch diesem Gegenstande eine ausgedehntere Fürsorge schenken wuͤrde. Nunmehr richtete derselbe seine Worte an die kuͤnftigen Bewohner dieser Anstalt, welche zu beiden Seiten des Altartisches saßen, indem er auf die Achtbarkeit der Gesinnung und des Wandels hinwies, wodurch sie wuͤrdig be⸗ funden, darin aufgenommen zu werden; ermahnte sie, mit Dank gegen Gott, die liebreiche und sorgsame Pflege entgegenzunehmen, den Geist der Eintracht, Duldung und Schonung zu allen Zei⸗ ten unter sich walten zu lassen, der Wohlthaten sters eingedenk zu seyn, welche ihnen hierdurch erwachsen, nicht gleichguͤltig da⸗ gegen zu werden, und durch eine puͤnktliche Beobachtung der vor⸗ geschriebenen Ordnung darzuthun, daß sie dieselben züt schaͤtzen wuͤßten. Hierauf erfolgte die Einweihung dieses Hospitals, als ein Wohnsitz des Friedens und der Froͤmmigkeit, als dem huͤlf⸗ losen Alter bestimmt. Es wurde dem machtigen Schutz des Herrn der Heerschaaren empfohlen, daß Er es vor Unfaͤllen mil⸗ diglich behuͤten, den Geist der Liebe darin walten, und die Fuͤlle Seiner Gnade und des Segens ausschuͤtten moͤge, uͤber den Koͤ⸗ nig, unseren Herrn, uͤber den Kaiser, seinen erlauchten Schwie⸗ gersohn, und, zu Seines Namens Zierde, uͤber die Vaͤter der Stadt und die Vertreter des Gemeinwohls, über die Anstalt selbst, damit sie bald in den Stand kommen und bleiben moͤge, ihre Segnungen im ausgedehntesten Umfange verbreiten zu koͤnnen. Mit der Absingung des Liedes: „Nun danket Alle Gort“”“ wurde die Einweihung beschlossen. Das Kuratorium der Anstalt hatte den Hospitaliten ein Festmahl bereitet, vor dessen Beginn ihnen die zur Feier des Reformattonsfestes gepraͤgte Denkmuͤnze in 50 Exemplaren uͤbergeben wurde. Der Toast auf die Gesundheit unsers allverehrten Koͤnigs wurde von dem Ober⸗Buͤrgermeister Krausnick, und die Sr. Majestaͤt des Kaisers Nikolaus von dem Vorsitzenden des Kuratoriums, Buͤrgermeister Rehfeld, ausge⸗ bracht.

In gleicher Weise, wie hier die festliche Speisung der neu⸗ aufgenommenen Hospitaliten statt hatte, erfolgte solche um die⸗ selbe Zeit ruͤcksichtlich der Hospitaliten saͤmmtlicher evangelischen Hospitaͤler, der Kinder saͤmmtlicher evangelischen Waisenhaͤuser, des Friedrichsstiftes, der Wadzecks⸗Anstalt, des Luisenstiftes, der

St. Petri⸗Gemeine, der, in Ermangelung einer eigenen Kirche die Mitbenutzung der Hof⸗- und Dom⸗Kirche zu ihren Andachts⸗ Uebungen gestattet ist, konnte den fuͤr sie bestimmten feierlichen Gottesdienst erst um 11 Uhr begehen.

Fuͤr die ehrwuͤrdige St. Nikolai⸗Kirche, welche die äaͤltest

Kirche der Residenz und die eigentliche Berliner Stadtkirche ist, war die Haupt⸗Feier des Tages vorbehalten, und von des Koͤnigs Majestaät die erbetene Erlaubniß zu einem feierlichen Kirchgange vom Koͤlnischen Rathhause nach der gedachten Kirche gegeben worden. Zur Theilnahme an demselben und an der an⸗ geordneten gemeinschaftlichen Abendmahls⸗Feier waren, außer den hoͤchsten Militair⸗Behoͤrden, eingeladen worden, die Königlichen Ministerien, die uͤbrtgen Staats⸗Behoͤrden, die in der Residenz als Central⸗Administrations⸗ und Justiz⸗Behoͤrden ihren Sitz haben, der Senat der hiesigen Universität, die Akademie der Wissenschaften, die Akademie der Kuͤnste, die Direktoren, Pro⸗ fessoren und Lehrer der Koͤniglichen und staͤdtischen Gymnasien, wie der hoͤheren staͤdtischen Schulen, die gesammte evangelische Geistlichkeit. Außerdem waren, mit Beruͤcksichtigung des zur Disposttion gestellten Raumes in der St. Nikolai⸗Kirche, Ein⸗ ladungen ergangen an die saͤmmtlichen Buͤrger⸗Deputirte der staͤd⸗ eischen Verwaltungs⸗Deputationen und Kommissionen, an saͤmmt⸗ liche Kommunal⸗Beamte in der Parochie der St. Nikolai⸗Kirche, namentlich an alle Bezirks⸗Vorsteher und deren Stellvertreter, alle Armen⸗Kommissions⸗Vorsteher und Mitglieder, die Servis⸗ Verordneten, die Schiedsmaͤnner in derselben, wie nicht minder an die in der Paxochie wohnenden Stadtverordneten⸗Stellvertreter, ferner an Deputationen der hiesigen Bezirks⸗Vorsteher, der Versamm⸗ lungen der Servis⸗Verordneten, der Armen⸗Kommissions⸗Vorste⸗ her und der Armen⸗Aerzte, an Deputationen der Aeltesten der Kaufmannschaft und der weltlichen Mitglieder des Konsistoriums der Franzoͤstschen Kirche, an die ersten Altmeister der hiesigen Ge⸗ werke, die Vorsteher der Schuͤtzen⸗Gilde und von den magistra⸗ tuaglischen Beamten an die Buͤreau⸗Vorsteher und Kassen⸗Ren⸗ danten.

Schon von 10 Uhr ab versammelten sich auf dem Koͤlnischen Rathhause in den dazu bestimmten Saͤlen, außer den Stadt⸗Ael⸗ testen den Magistrats⸗Mitgliedern und den Stadtverordneten, die Deputarionen der eingeladenen hoͤchsten und hohen Staats⸗ Behoͤrden, die Geistlichkeit und die eingeladenen Kommunal⸗Be⸗ amten.

Die Kommunal⸗Behoͤrden der Stadt Spandau hatten der an sie ergangenen Einladung zur Theilnahme an der Feier durch Absendung einer Deputation gewillfahrt.

Um 102 ˖ Uhr setzte sich der feierliche Zug, unter Glocken⸗ gelaͤute, vom Koͤlnischen Rathhause aus, durch die Breite Straße, uͤber den Schloßplatz und die Lange Bruͤcke, durch die Koͤnigs⸗ und Poststraße, nach der St. Nikolai⸗Kirche hin, in Bewegung.

ie einzelnen Abtheilungen desselben wurden von Groß⸗ Marschaͤllen, deren vergoldete Staͤbe mit dem Stadtwappen, dem Baͤr im suͤbernen Felde, versehen waren, und von Mar⸗ schaͤllen, die weiße Staͤbe mit vergoldeten Knaͤufen trugen, ge⸗

Zoͤglinge der Erziehungshͤuser, der Gefangenen und der Inva⸗ liden, auf Kosten der Stadt. 272 97

aus den Jahren 1813, 1814 und 1815, welche von der hiesi⸗

gen Invaliden⸗Unterstuͤtzungs⸗Kommission unterstuͤtzt werden, 5 diejenigen aus dem hiesigen Invalidenhause, waren zu die⸗ 8 Zweck um 1 Uhr im Saale des Englischen Hau es versam⸗ melt. von Puttkammer, war durch Kraͤnklichkeit verhindert, dem Feste beizuwohnen, dahingegen hatte sich der zweite Kommandant, General von Heldt, eingefunden, auch warben die Deputationen des Magistrats und der Stadtverordneten⸗Versammlung, sowie die Mitglieder der Invaliden⸗Unterstuͤtzungs⸗Kommission gegen⸗ waͤrtig. Spaͤter trafen auch der Ober⸗Buͤrgermeister und der Vorsteher der Stadtverordneten auf dem Festmahle ein. Der Superintendent Pelkmann eroffnete das Fest durch ein Gebet, an welches er eine Rede knuͤpfte, in der die Wichtigkeit des bevorstehenden Festes hervorgehoben wurde. Der Gesundheit Sr. Majestaͤt des Koͤnigs schloß sich das Lied: „Heil Dir im Siegerkranz“ an, welches von den Anwesenden mit großer Be⸗ eisterung gesungen wurde. Ordnung und allgemeine freudige Theilnahme herrschte bei dem ganzen Feste, das um 5 Uhr mit einem Dankgebete und mit dem Liede: „Nun danket Alle Gott“ beschlossen ward. Es waren 260 Invaliden anwesend, unter

ihnen 57 aus dem Invalidenhause.

Zu dem bevorstehenden seltenen Feste genuͤgten jedoch diese bereits fruͤher getroffenen Bestimmungen, wegen Speisung der Armen, den Kommunal⸗Behoͤrden nicht. 8 1 mehr noch dahin erweitert, daß alle Armen in hiesiger Stadt,

daran zu nehmen, Veranlassung haben sollten, und hatten dazu eine Summe von etwa 2000 Rthlr. bewilligt, die unter sie durch die betreffenden Armen⸗Behoöͤrden vertheilt worden sind.

Außerdem haben auch des Koͤnigs Majestaͤt den Magistrat

noch mit dem außerordentlichen, bedeutenden Geschenke von 3000 Rthlr. fuͤr die Armen der Stadt erfreut, deren Vertheilung gleichfalls auf die Armen jeden Glaubens ausgedehnt und deren speziellen Behoͤrden uͤbertragen worden ist.

So war in unserer Stadt der erste Tag gefeiert. Stadt Spandau, in deren Mauern Kurfuͤrst Joachim sl. sich

der gereinigten Lehre offen bekannte,

kirchliche Feier stattgehabt, welcher die Stadt Berlin, um auch dort die innige Theilnahme an diesem denkwuͤrdigen Feste an den Tag zu legen, durch ihren Ober⸗Buͤrgermeister und den

Vorsteher ihrer Stadtverordneten⸗Versammlung, sowie durch De⸗ hatte bei⸗

putationen des Magistrats und der Stadrverordneten, wohnen lassen.

Des Koͤnigs Majestaͤt hatten auf Bitten der Stadt Berlin geruht, den 2. November fuͤr die Haupt⸗ und Residenzstadt zu einem hohen Festtage zu erheben, und fuͤr denselben eine gottes⸗ dienstliche Feier in allen evangelischen Kirchen der Stadt anzu⸗ ordnen. von 5 bis 6 Uhr mit allen Glocken in dreien verschiedenen Pul⸗ sen eingelaͤutet. In den Zwischenpausen wurden die beiden Cho⸗ ral⸗Melodien: „Ein' feste Burg ist unser Gorr’“ und „Nun

danket Alle Gort“, von den Kirchthuͤrmen herab, mit Posaunen 4 letzgedachten Marschaͤlle sich

geblasen. Diese Art der Einleitung des bevorstehenden hohen

Festes verfehlte ihre Wirkung nicht und veranlaßte an einigen

Orten die zahlreich versammelten Andaͤchtigen zur Anstimmung jener erhebenden Lieder.

Mit Ausnahme der St. Nikolai⸗Kirche, in welcher die Hauptfeier des Tages um 11 Uhr stattfinden sollte, begann am 2. November schon Morgens 8 ½ Uhr in allen uͤbrigen evange⸗ lischen, zu diesem Zwecke festlich geschmuͤckten und erleuchteten Kirchen der feierliche Gottesdienst, nachdem in mehreren der⸗ selben schon vorher, in anderen nachher, zahlreichen Gemeine⸗ Versammlungen das heilige Abendmahl gereicht worden. Die

Sefan nva⸗ fuͤhrt. Die sammtlichen Invaliden

Der erste Kommandant des Invalidenhauses, General

Nath von Bassewitz.

Sie hatten solche viel⸗ Vortritt der Stadt⸗Aeltesten, die Mitte des Zuges ein. ohne Nuͤcksicht auf Glaubens⸗Bekenntniß, einen freudigen Antheil

Diese wie jene waren mit weißseidenen Schaͤrpen von der rechten Schulter herab nach der linken Seite zu, bekleidet. Drei Choͤre, gebildet von den ersten Gesangs⸗Klassen des Ber⸗ linischen, des Friedrichswerderschen und des Koͤlnischen Gymna⸗ stums, welchen Posaunen beigegeben waren, begleiteten den Zug an der Spitze, in der Mitte und am Schlusse, unter Absingung des erhebenden Liedes: „Ein’ feste Burg u. s. w.“

Die Geistlichkeit der Stadt, gefuͤhrt durch den Bischof und S. zu Berlin, Dr. Roß, und den Bischof und General⸗

uperintendenten von Pommern, Dr. Ritschl welcher fruͤher

Geistlicher der hiesigen St. Marien⸗Kirche und gerade anwesend war und naͤchst ihr die Deputation des Lehrstandes, an deren Spitze der Senat derhiesigen Universitaͤt, unter Vortragung der, ihre hohe Wuͤrde bezeichnenden beiden Scepter“) einherging, eroͤffneten als Träger und Vertreter der durch die Kirchen⸗Reformation gewonnenen hei⸗ ligen Interessen, den Zua. Den Geistlichen hatte sich angeschlos⸗ sen der Prediger Luther, Diakonus an der Kirche zu Wittenberg, ein Nachkomme des Bruders des Reformators Dr. Luther. Ihnen folgten die Deputationen der hoͤchsten und hohen Staats⸗ Behoͤrden, nebst der Deputation der Stadt Spandau, gefuͤhrt durch den Ober⸗Praͤsidenten der Provinz, Wirklichen e Von den hiesigen Militair⸗Behoͤrden hat⸗ ten sich die Commandeure der Berliner Landwehr, und der Re⸗ praͤsentant der hiesigen Garnison, dem Zuge angeschlossen. Die hohen Staats⸗Beamten waren in ihren Staats⸗Uniformen er⸗ schienen und gaben dadurch dem Zuge einen aͤußeren Glanz.

Der Magistrat und die Stadtverordneten nahmen, unter Hier⸗ naͤchst solgten in einer besonderen Abtheilung die bereits oben er⸗ wähnten uͤbrigen Kommunal⸗Beamten in großer Zahl.

eg zur freien Ausuͤbung dersel⸗ ben eroͤffnete, hatte am Vormittage nicht minder eine erhebende

heten. Tags zuvor wurde dieselbe in der Nachmittagsstunde

ihn durch diese zum Hochaltar und

Die Altmeister der hiesigen Gewerke bildeten den Schluß. Einhundert Schuͤler der ersten Klasse der schon genannten staͤdtischen Gymnasien und der staͤdtischen Gewerbschule, wahrhaft

ergriffen von der hohen Bedeutung der Feier, gleich jedem Theil⸗

nehmer, begleiteten als Marschaͤlle, versehen mit weißen Staͤben, an welche seidene Schleifen und Baͤnder mit Goldfranzen befe⸗

8 stigt waren, mit weißseidenen Binden um den Arm und mit ent⸗ In der

bloͤßtem Haupte, den Zug von beiden Seiten, und waren in der That eine Zierde des feierlichen Kirchganges.

In den Straßen, durch welche der Zug sich bewegte, hatten sich Tausende der hiesigen Einwohnerschaft versammelt, welche den Weg zur Kirche bezeichneten und deren feierliche Stille, verbun⸗ den mit dem von den Choͤren ausgefuͤhrten Gesange, zur Erhe⸗ bung aller Herzen beitrug. 8

Vor dem Koͤniglichen Schlosse, dem ehrwuͤrdigen Sitze ihrer Herrscherfamilie angelangt, entbloͤßten die Theilnehmer des Zuges nach dem Vorgange des Magistrats und der Stadtverordneten ihr Haupt.

1 Kur nach 11 Uhr langte die Spitze des Zuges an der Kirche an, wo die begleitenden Marschaͤlle sich wieder nach nach aufrei⸗ Der Zug trat in die festlich erleuchtete und geschmuͤckt „Ein’ feste Burg ꝛc.“ geblasen wurde, und in ihr die Orgel er⸗ toͤnte. Der Vorstand der Kirche empfing den Zug und fuͤhrte u den vor ihm und in des⸗ sen Umgebung fuͤr die einzelnen Abtheilungen in Bereitschaft ge⸗ setzten Pläͤtzen. Nachdem diese eingenommen waren, auch die

8 im mittleren Hauptgange der Kirche begann die gottesdienstliche Feier durch die

aufgestellt hatten, 8 Tedeums und des Chorgesanges: „Herr Gott

Auffuͤhrung eines

Dich loben wir.“ Nach der Liturgie und den mit Posaunen⸗ schall begleiteten Kirchengesaͤngen hielt der Bischof Dr. Roß die Festpredigt,

der als Text die im Evangelium, Joh. 12 V. 35 und 36 befindlichen Worte, dem Allerhoͤchsten Befehle gemäß, zum Grunde gelegt waren.

*) Einer dieser heiden Scepter soll derselbe seyn, auf welchen einst der Reformator Dr. Luther zu Wittenberg den Doktor⸗Eid geleistet hat.