1840 / 303 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

bahn nach Deutschland ab. Man spricht davon, naͤchstens einen Nachtdienst zu organisiren. 1 . Das Zuͤcht⸗Polizeigericht zu Antwerpen hat beschlossen, seine Debatten in Flamaͤndischer Sprache zu fuͤhren, wie dies schon lange zu Gent geschieht. 8

Danemark.

Kiel, 21. Okt. (L. A. Z.) Die Schleswig⸗Holsteinische Pa tei, welche jetzt in der eben versammelten Schleswigschen Stinde⸗Versammlung praͤdominirt, geht in ihrer allerdings durch die Umstaͤnde hervorgerufenen Animositaͤt um Vieles weiter, als die naͤmliche Partei in der eben beendigten Staͤnde⸗Versammlung des Herzogthums Holstein. Sie zeigt sich als durchaus anti⸗ Daͤnisch. Die Mitalieder der Roeskilder, desgleichen der Juͤt⸗ aͤndischen Staͤnde⸗Versammlung sollen kein Exemplar der Ver⸗ handlungen zugesendet erhalten; jene vermuthlich nicht, weil dort ven Vereinigung saͤmmtlicher Daͤnischen Staͤnde⸗Versammlungen die Rede war, weil man das Herzogthum Schleswig Suͤd⸗Juͤt⸗ land genannt hat. Auch wird neuerdings der Antrag auf Ver⸗ einigung der Holsteinischen Staͤnde⸗Versammlung mit der Schles⸗ wigschen gestellt werden. Endlich will man um Aufhebung der Veroroͤnung in Betreff der Dänischen Gerichtssprache petitio⸗ vniren. .“

Deutsche Bundesstaaten.

1“ Hannover, 209. Okt. (Hann. Z.) Se. Majestaͤt der Koͤnig haben den General⸗Lieutenant Grafen von Kielmansegge zum Staats⸗ und Kriegs⸗Minister, unter Beibehaltung seines bisheri⸗ gen Ranges in der Armee ernannt.

Frankfurta. M., 26. Okt. (Koͤln. Z.) Zu den fruͤheren Ver⸗ haftungen sind gestern abermals einige hinzugekommen. Obschon mehrere der Inhaftirten wieder auf freien Fuß gesetzt worden, sollen sich doch nicht weniger als 27 noch in gefaͤnglicher Haft vefinden. Dem Vernehmen nach sind eine geheime Presse, Pro⸗ clamationen, viele Schriften, welche die Anschuldigung unter⸗ stuͤtzen wuͤrden, und bei einem der eingezogenen Individuen auch eine Quantitaͤt Pulver vorgesfunden worden. Es heißt, bei die⸗ ser verbotenen Ge ellschaft sey auch das Prinzip der Guͤterge⸗ meinschaft anerkannt gewesen; ob auch in Ausfuͤhrung, das fraat sich; uͤberhaupt soll bei der ganzen Geschichte viel St. Simonisti⸗ scher Unsinn mit unterlaufen. Der äaͤltere regierende Herr Buͤr⸗ germeister stattete gestern und heute Sr. Excellenz dem Kaiserl. Koͤnigl Oesterreichischen Bundespraͤsidial⸗Gesandten Grafen Muͤnch⸗ Bellinghausen Besuche ab, die jedesmal sehr lange währten.

Frankfurt a. M., 29. Okt. (Frankf. Bl.) Heute Morgen zw schen 9 und 10 Uhr starb dahier nach einer langen und schmerz⸗ haften Krankheit Se. Excellenz der Herr von Schoͤler, Genergl der Infanterie, bevollmaͤchtigter Minister Sr. Majestaͤt des Ko⸗ nigs von Preußen bei der hohen Deutschen Bundesversammlung in einem Alter von 68 Jahren. Allgemein wird der Tod dieses in jeder Hinsicht ausgezeichneten Mannes betrauert.

Oesterreich.

Wien, 25. Okt. Gestern Abends 11 Uhr wurde Ihre Kaiserliche Hoheit die Frau Erzherzogin Sophie von einem todten Prinzen entbunden. Die hohe Voͤchnerin befindet sich uͤbrigens den Umstaͤnden gemaäͤß, indem die Entbindung ohne Un⸗ fall vor sich gegangen war.

Se. Majestaͤt der Kaiser haben dem Erzherzoge Friedrich in Anerkennung des ruhmvollen und entscheidenden Antheils, den Se. Kaiserl. Hoheit an der Erstuͤrmung von Sarda nahm und seiner dabei an den Tag gelegten persönlichen Tapferkeit, das Ritterkreuz des militatrischen Theresien⸗Ordens zu verleihen geruht.

Fuͤrst Esterhazy schickt sich an, Wien unverzuͤglich zu verlas⸗ sen. Auch Graf Lübow wird demnäͤchst auf seinen Posten in Rom zuruͤckkehren. Der Courier⸗Wechsel mit Petersbura, Ber⸗ lin, Paris und London ist ungemein lebhaft. Mehrere Couriere der Oesterreichischen Staats⸗Kanzlei sind in diesen Tagen abge⸗ fertigt worden.

Eiine uͤber Triest eingelaufene Schiffer⸗Nachricht läßt die Insel Kandien in die Gewalt des Sultans uͤbergegangen seyn, doch bedarf dies noch sehr der Bestaͤtigung.

8. vast SArin

Vom Genfer See, 14. Okt. (A. Z.) Der als Ofsizier wie als politischer Schriftsteller gleich sehr ausgezeichnete Schwei⸗ zerische Oberst Rilliet in Genf hat sich dort vor kurzem tuͤchtia uͤber die neutrale Stellung und Vertheidigung der Schweiz im Fall eines Krieges ausgesprochen, und es waͤre sehr zu wuͤnschen, daß seine Stimme gehoͤört werde, wenn er sagt: „Wir haben weder die Marseillaise noch das Rule Britannia zu singen; der einzige Ton, der uns ansprechen und ruͤhren soll, ist das große Iwenbern. mit dem unsere Vorfahren gestegt haben. Die erste und unerlaͤßliche Bedingung unserer Existenz ist, daß wir Europa beweisen, daß unsere Reut alität kein leerer Buchstabe, sondern daß sie unsere einzige Politik, unser einziger Gedanke ist. Wir muͤssen dann dem Auslan) auch auf das unzweideutigste beweisen, daß wir sest entschlossen sind, diese Neutralitaͤt zu behaupten. Um ihm des glaublich zu machen, braucht es wenig Worte, aber viel Tha. Zuerst muüͤssen wir vor Europa hintreten mit einer Re⸗ gierung, die fähig ist, im Namen der Schweiz zu sprechen und

zu handeln... Ferner muͤssen wir darthun, daß sich der Geist der Zwietracht in der Schweiz nur bei einigen Alten, Unverbes⸗ serlichen erhalten hat, daß die zweiundzwanzig Fahnen, die neulich

auf dem Solothurner Schuͤtzenfest zusammenstanden, sich auch

kuͤnftig nicht mehr trennen werden. Drittens muͤssen wir unsere Meutrralitaͤt auf wirkliche Maßregeln stuͤtzen und gruͤnden. Diese Maßregeln sind doppelter Natur, sinanzieller und militairischer. Erstere sind am wichtigsten. Denn es ist bekannt, daß die Schweiz eine Pflanzschule von guten Soldaten ist. Aber man weiß auch, daß unser Land keine Finanzen hat; man meint also leicht mit ihm fertig zu werden, wenn man seinen schwachen Schatz erschöͤpft. Beweisen wir, daß diese Meinung irrig ist. Deshalb ist vielerlei zu thun, und es muß gleich geschehen. Fäuür erste müuͤssen wir uns versichern, daß alle unsere ausgelichenen Schweizerischen Fonds sogleich eingezogen werden koͤnnen. Ferner muß ungesaͤumt ein Aufruf an alle Kantons ergehen, wenigstens sechs Geld⸗Kontin⸗ gente zu stellen, damit jene Summe verdoppelt werden kann. Diese Kontingente sollen zuruͤckgezahlt werden, wenn die Gefahr an unseren Bergen voruͤberzieht. Ferner muß für den Kriegs⸗ fall ein Anlehen im Lande selbst gemacht und von der Conföde⸗ ration und den Kantonal⸗Regierungen verbuͤrgt werden. Wenn dies Anlehen nicht sogleich zu Stande kaͤme, muͤßte man fuͤr immer an dem Saweizer Patriotiszuus verzweifeln. Endlich muß ein allgemeiner Aufruf an den Patriotismus gemacht, und jede seiner Gaben mit Dank angenommen werden. Wenn so, wie ich nicht zweifte, die Armee auf ihren Sold verzichtet, in so weit er nicht fuͤr ihren Unterhalt noͤehig ist, so

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muß dies angenommen werden..Fuͤr die Armee selbst muͤßten

folgende Grundsaͤtze aufgestellt werden: Die Graͤnzen muͤssen freigelassen werden mit Verzichtleistung auf das System von Cor⸗ dons oder Observations⸗Armeen; nur einige Polizei⸗Posten koͤnnen da aufgestellt werden, um die Graͤnzen zu bezeichnen und Irr⸗ thuͤmer zu verhindern. Die ganze chweizer⸗Armee muß zwei. große Corps bilden, jedes zu 32,000 Mann, unter einem Gene⸗ ral en chef. Ein Corps wuͤrde 8 Schweiz aufgestellt, das andere in der westlichen.

in dem Innern der oͤstlichen Die General⸗

stäbe und die Offiziere des Kriegs⸗Kommissariats muͤssen auf

ihren Posten seyn. Im Fall der Noth muß jedes Corps in hoͤchstens acht Tagen gebildet werden können. Wenn diese Maßregeln ergriffen sind, aber nicht fruͤher, muß die

Schweiz zu den Eurepuschen Maͤchten sprechen, um ihnen zu

erklaͤren, daß sie ihr Gebiet und ihre Neutralftaͤt zu vertheidigen gesonnen ist; sie muß erklaͤren, daß, wenn diese Neutralitaͤt ab⸗ sichtlich, wenn auch nur fuͤr Einen Tag, verletzt wird, sechszig⸗ tausend Schweizer gegen den Angreifer marschiren, und als des⸗ sen Feinde auftreten werden, daß sie eine gleich starke Reserve haben, und sich uͤberdies auf die ganze maͤnnliche Bevoͤlkerung des Landes stuͤtzen. Diese Sprache wird Eurova verstehen; wird sich aber die Schweiz so aussprechen?“ Was Deutschland und die Deutschen Maͤchte betrifft, so wuͤrde ihnen im Kriegsfall diese Achtung gebietende Stellung der Schweiz willkommen und erfreu⸗ lich seyn, denn Niemand denkt dort daran, das stammverwandte Nachbarvolk anzugreifen, zu erobern und zu unterwerfen, wie der Obrist Rilliet zu glauben scheint. 8 88

Madrid, 19. Okt. Die Ruhe der Hauptstadt ist nicht gestoͤrt worden, aber die Autwanderung waͤhrt noch immer sort.

Dem Vernehmen nach wird die Koͤnigin Isabella und die provisorische Regentschaft am 2Esten von Valencia abreisen, und es fehlt natuͤrlich nicht an den verschiedensten Geruͤchten uͤber die Absichten der neuen Regierung. Man versichert unter Anderem, daß der Herzog von Vitoria auf alle Titel und Wuͤrden verzich⸗ ten, und, Zufrieden mit dem Ehrennamen eines Friedenstifters, sich in die Stille des Privatlebens zuruͤckziehen werde. Man fuͤgt hinzu, daß uͤberhaupt die hoͤheren Klassen dem Prinzip der Gleichheit huldigen und alle aristokratische Titel und Wuͤrden ab⸗ schaffen wollten, um die Lasten des Staates zu erleichtern. Auc⸗, soll die Armee eine mehr oͤkonomische Organisation erhalten.

Die hiesigen Blaͤtter billigen im Allgemeinen die Abdankung der Koͤnigin. Das „Eco del Comercio“, Organ der evxaltirten Partei, empfiehlt dringend, den Infanten Don Francisco de Paula und seine Familie nicht zuruͤckzurufen. „Ihre Entfer⸗ nung“, sagt das genannte Blatt, „war nicht nothwendig, ihre Ruͤckkehr waͤre ein Unaluͤck fuͤr das Land. Eine Kamarilla hat man gestuͤrzt, man bilde nun nicht eine zweite.“ Schließlich wuͤnscht das Blatt dem Lande zu dem gegenwaͤrtigen Zustande

Gluͤck und hofft, daß sich Alles zum Guten wenden werde.

* Konstantinopel, 6. Okt. (Réforme de Smyrne.) Am Bord des am 3ten hier angekommenen Dampfbootes „Fer⸗ dinand“ befanden sich Nuri Bei, Kapu Kiaja Mustapha, Pa⸗ scha's von Kandien, und die Offiziere einer von dem verbuͤndeten Geschwader genommenen Aegyptischen Fregatte. Dasselbe Boot hat die Nachricht uͤberbracht, daß die Aegypter bei jedem Zu⸗

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sa umentreffen mit den gelandeten Truppen geschlagen worden

sind, und daß die Enaltschen, Oesterreichischen und Tuͤrkischen Soldaten an Tapferkeit mit einander gewetteifert haben. Bei dem Angriff auf Saida zeichnete sich bekanntlich der Erzherzog Friedrich sehr aus. Es wurde ein Offizier an seiner Seue ge⸗ tödtet und in dem Augenblick, als er in die Festung eindrang, fiel ein Theil einer Mauer um und begrub ihn fast unter dem Schutt; er setzte jedoch, mit Staub bedeckt und den Degen in der Hand, seinen Weg fort, indem er durch Zuruf und Beispiel seine Leute anfeuerte, die ihm mit dem gröͤßten Enthusiaemus antworteten. Man konnte sich leicht uͤberzeugen, daß das Blut des Erzherzogs Karl, den Napoleon den geschicktesten General und unerschrockensten Soldaten Oesterreichs nannte, in den Adern dieses jungen Prinzen rollt, der dort auf die ruhmvollste Weis e seine Bluttaufe empfing.

Das Dampfboot „Euphrat“, welches Toulon am 21. Sep⸗ tember verließ, ist am 3ten d. M. hier eingelaufen und soll Vor⸗ schlage zu einer Vermittelung zu Gunsten Mehmed Alu's uͤber⸗ bringen, uͤber die indeß noch nichts Naheres verlautet.

Das Dampsschiff „Tahiri Bahri“ ist am lsten mit 1000 Mann von hier nach Syrien abgegangen, und die Regierung hat Kauffahrtei⸗Schiffe gemiethet, um auch die noch uͤbrigen Truppen eben dorthin zu transportiren. 8

Es finden taͤglich Konferenzen statt zwischen Reschid Pascha, Lord Ponsonby und dem Oesterreichischen Internuntius In Folge einer langen Unterredung, die der Letztere am 29sten mit Reschid Pascha hatte, hieiten am naͤchsten Tage sämmtliche hohe Wuͤrdenträger der Pforte eine außerordentliche Berathung, die den gegenwartigen Zustand der Angelegenheiten betraf.

Talat Efendi, der das Amt eines Amedschi im Divan be⸗ kleidet und lange Zeit Gesaudter des Sultans in Paris war, ist zum Muhassil von Cypern ernannt worden und wird unverzuͤg⸗ lich auf seinen Posten abgehen.

Die Regierung will zur Erinnerung an die neuerdings in die Verwaltung eingefuͤhrten Reformen und namentlich an die heilsamen Maßregeln in Betreff der allgemeinen Verpachtungen, auf dem großen Platze Sultan Bajased’'s eine hohe Marmor⸗ saule errichten lassen. I E“ 1

Fethi Pascha und Said Pascha sind in einem Regierungs⸗

ampfboote nach der Kuͤste von Karaburun abgegangen, um die uerdings in jener Gegend entdeckten Kohlenminen zu unter⸗ chen. Das Portofoglio Maltese meldet aus Konstanti⸗ opel, vom Painalen „Die Mission des Grafen Walewoeky be⸗ and darin, die Pforte zur Annahme der Vermitteluna Frankreichs bewegen. Es scheint, als ob er theilweise seinen Zweck erreicht tte, indem die Pforte, wie es heißt, die Vermitrelung Frank⸗ ichs hinsichtlich Aegyptens annimmt, jedoch hinsichtlich yriens dieselbe zurüͤckweist. Vorgestern ist der Graf nach lexandrien abgereist, Zum dem Pascha diesen Entschluß der Pforte itzutheilen.“ 8 ge Die Marseiller Bläͤtter melden nun ebenfalls, daß e Insurrection in Syrien sich immer mehr ausbreite, was sie ihrem Mißmuthe dem Golde der Engländer beimessen. Letz⸗ eer geht uͤbrigens in Französischen Zeitungen so weit, daß sie Briten die hoͤchsten Grausamkeiten bei ihrer Besetzung der prischen Kuͤstenstuͤdte andichten. Es ist natuͤrlich nicht zu ver⸗ iden, daß die Tuͤrkische Soldateska, ihren Gewohnheiten fol⸗ durch Plaͤnderungen ihre Tapferkeit zu belohnen sucht; direkte Berichte stimmen jedoch darin uͤberein, daß die Eng⸗

laͤnder diesem Unwesen so viel als moͤglich entgegen ar die Mannszucht uͤberall aufrecht zu erhalten suchen.

Aegypten.

Alexandrien, 5. Okt. A. Z) Der Abbé Etienne, Prior der Lazaristen, ist am 22. September von hier nach Saida auf dem Franzoͤsischen Dampfboot „Castor“ abgeaangen. Er hatte die Mission, den Maroniten des Libanon Frieden zu pre⸗ digen, sie zu ermahnen, daß sie bei denn bevorstehenden Kampfe zwischen den gelandeten Englisch⸗Tuͤrkischen Truppen und der Ar⸗ inee Ibrahims ruhig auf ihren Bergen bleiben moͤchten. Am 21. Sept. stiegen Heer Ertienne und der Kommandant des „Lastor“ in Sarda ans Land und begaben sich zu dem dortigen Franzoͤst⸗ schen Konsul. Tags zuvor hatten einige Enalische Dampfooͤte mehrerere Kanonenschuͤsse auf die Stadt abgefeuert. Das Fran⸗ zoͤllsche Dampfboot wurde alsdann an den Admiral Stopford ab⸗ ge chickt, um ihn zu ersuchen, daß er dem Kommandanten erlaube, Beirut und andere Kuͤstenpunkte zu betreten. Letzterer wollte E olt⸗ man Poscha aufsuchen, um den Abbé Ettenne Zwar bewälliate der Admiral das Gesuch, bemerkte dem Kommandan⸗ ten aber, daß die Wege durch Raͤubet unsicher gemacht seyen. Dieser kehrte hierauf nach Sarda zuruͤck, da er auch erfahren hatte, daß Soliman Pascha nicht in der Naͤhe sev. Am 2östen er chiienen vier Englische Kriegeschiffe, welche von eben so vielen Dampfboͤten am Schlepptau genommen waren, vor Saida. Der Kommandant des „Castor“ begab sich, ein Bombardement voraussehend, zum Englischen Commodore und verlangte von ihm die noͤthige Frist, um alle in Sarda ansaͤssigen Franzosen und uͤbrigen Europaͤer, welche sich auf sein Schiff zu flaͤchten wuͤnschten, an Bord zu nehmen. Der Commodore bewilligte bloß ene Stunde. Waͤhrend dieser Zeit wurden gegen sunszehn Familien gluͤcklich aufs Franzoͤsische Dampfboot gebracht; dar⸗ unter die Familie Soliman Pascha's. Um 11 Uhr fiel der erste Kanonenschuß, welchem ein sehr lebhaftes Feuer aller Englischen Schiffe folate. Die Stadt, welche keine Batterie hatte, ant⸗ wortete nicht. Neunhundert Tuͤrken und dreihundert Englische Marine⸗Soldaten landeten und nahmen die Stadt ein, erlitten aber einigen Verlust, denn die Aegyptter empfingen sie mit einem lebhaften Flintenfeuer. Der Aeayptische Oberst wurde in diesem Gefecht durch einen Enalischen Marrosen geroͤdtet. Sein Tod brachte eine gaͤnzliche Muthlosigkeit unter seine Soldaten, von welchen viele gefangen genommen wurden. Tags darauf war Alles ruhig, und saͤmmtliche Familien, welche sich auf das Franzoͤsische Dampfboot gefluͤchtet hatten, kehrten nach Saida zuruͤck, wo sie ihre Haͤuser mehr oder minder beschaͤdigt fanden. Am meisten gelitten hatren die Haͤuser Soltman Pascha's und des Oesterreichischen Konsuls. Der Englische Commodore machte der Familie Soliman Pascha's einen Besuch und entschuldtate sich, daß er der Pluͤnderung ihrer Wohnung durch die Tuͤrki⸗ schen Truppen nicht habe Einhalt thun koͤnnen. Der Franzoͤsische Konsul und der Abbé Etienne hatten sich wäͤhrend des Bom⸗ bardements eine Stunde weit ins Gebirge zuruͤckgezogen. Letz⸗ terer kehrte auf dem „Castor“ wieder nach Alerandrien zuruͤck, da er erfahren, daß das Gelingen seiner Mission nicht mehr moͤg⸗ lich sey, denn der ganze Libanon befand sich in furchtbarer Auf⸗ regung. Seine Bewohner, welche vom Hungertode bedroht sind, hatten sich erhoben, und alle Wege waren mit Raͤubern bedeckt, welche pluͤnderten und mordeten. Der Emir Besch ir wird ver⸗ abscheut, denn ihm hauptsaͤchlich schreibt man das Elend der Be⸗ vöͤlkerung zu; er erhob jaͤhrlich 20 30,900 Beutel an Abaa⸗ ben, waͤhrend Mehmed Ali davon nur 2500 Beutet erhielt. Der Abbé Etienne hat uͤber das Benehmen des Emirs dem Vice⸗König Bericht erstatter. Dieser antwortete, es seo unmoͤg⸗ lich fuͤr den Augenblick, die Sache zu aͤndern. Ibrahim und Soliman sollen mit 40,000 Mann (7) um Beirut stehen. Die Englaͤnder haben folgende Punkte besetzt: das Vorgebirge bei Bei⸗ rut, Karffa, Sasda, Zur (Tyrus), Jaffa und wahrscheinlich ste⸗ hen sie in diesem Augenblick vor Tripolis.ü Von den 15,000 Flinten, welche die Engländer vertheilt haben, sind viele Ibrahim Pascha gebracht worden. Sechs christliche Doͤrfer wollten aber die ihrigen nicht ausliesern, und wurden deshalb auf Befehl Ibra⸗ him's verbrannt. Es waͤre nicht zu verwundern, wenn bald ein allgemeiner Aufstand ausbraͤche, denn allenthalben herrscht in So⸗ rien Hungersnoth. Nachschrift. So eben trifft ein Courier aus Syrien ein, welcher meldet, daß 20,000 Maroniten zu den Waffen gegriffen haben. Ibrahim hat sich an die Spitze der Drusen gestellt, um gegen die Maroniten zu marschiren. Alle, welche sich ihm anschließen, erhalten die schriftliche Versicherung, daß sie und ihre Famitlien kuͤnftig steuerfrei seyen.

Nachrichten aus Alexandrien bis zum 7. und aus Malta bis um 15. Oktober zufolge haben die Lnglander schon am üten die

lokade Alexandriens angefangen, die erst am 16ten beginnen sollte, doch duͤrften die Franzoͤsischen Dampfboͤte ihre Fahrien ungehin⸗ dert fortsetzen. Die Englaͤnder hatten Beirut wieder verlassen und Soliman Pascha die Stadt besetzt; durch die Eroberung von Sailda gerieth derselbe aber in eine kruische Lage, wesha b man glaubt, er werde es ebenfalls wieder raumen, wie dern uͤberhaupt bie Lage der Aegyptischen Armee in Syrien nichts weniger als erfrenlich seyn soll. Mehmed Alt war auf einige Tage nach Kahira gegangen, um, wie er sagte, seine Tochter zu beruhigen, die uͤber seine kuͤrzlich uͤreestan⸗ dene Unpaͤßlichkeit in Sorge war. Seine moralische Kraft sell durch die neuesten Ereignisse ziemlich erschuͤttert seyn. Vor seiner Abreise hatte er eine Menge Kameele zusam⸗ mentreiben lassen, um Vorräͤthe zu Lande nach Syrien zu schaffen. In Malta war seit zwanzig Tagen kein Dampfboot aus Syprien angelangt, und man war ohne direkte Nachrichten von Stopford. Das Ostindische Felleisen mit dem Dampfboot „Liverpool“ von England angekommen, ward deshald zuruͤckgehalten. Das Dampfboot selbst ging inzwischen mit den Passagteren nach Merandrien ab, indem es diesen zusicherte, falls sie nicht durch⸗ gelassen wuͤrden, sie unentgelelich wieder nach Malta zu bringen. Herr von Walewsky war aus Konstantinopel wieder in Alexan⸗ drien eingetreffen. Die meisten Europaͤischen Familien haben Alexandrien verlassen oder schicken sich zur Abreise an, so daß man in den Straßen selten mehr einem Europaͤer begegnet.

Alerxandrien, §. Okr. (Malta Times.) Der Pascha ist gestern nach Kahira abgereist und hat Herrn Larking nochmals die Versicherung gegeben, daß die Indische Post wie gewoͤhnlich ungehindert durch Aegypten passiren koͤnne.

Der Capitam Fisher, welcher das Britische Geschwader vor Alexandrien kommandirt, hat am 6. Oktober nachstehende Be⸗ kanntmachung in Bezug auf die Blokirung der Aegyptischen und Syrischen Kuͤsten erlassen.

Der ehreuwertbe Admiral Sir Rebert Stepford, Oberbefeblsba⸗ ber der Schiffe im Mittelmeere, bat ven dem Britischen Betschafter in Konstantinepel die Mittbeilung erbalten, daß der Sultan die Aus⸗ führung einer strengen Blekade an den Küsten ven Sprien und Ae⸗ bes anbefe Den Instructionen des Admirals gemäß, zeige

1 1 schen sind nicht zu

ihm vorzustellen.

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ich daher Mehmed Ali hiermit an, daß mit dem Tage, an dem diese

Bekanntmachung erlassen werden, eine sirenge Blokirung der Häfen und Küsten Spriens und Aegyptens auch in Bezug auf Handelsschiffe beginnt.“

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Berlin, 31. Okt. In Tasdorf (3 ½ Meile von hier) im

Wirthehause des Gastwirihs Finger brach in der Nacht vom

29sten zum 30sten d. M. in einem Stalle Feuer aus. Es brann,

ten nicht allein saͤmmiliche Gebaͤude dieser Wirthschaft ab, so daß

der Gastwirth nur das nackte Leben reitete, sondern auch 5 mit

MengFuͤtern beladene Frachtwagen, welche vor dem Wirthshause

still hielten. Gleichzeittig sind 19 —20 Pferde verbrannt. Men⸗ chaden gekommen.

Linz, 26. Okt. Wäaͤhrend von anderen Wein⸗Gegenden uͤber das gänzliche Miäßrathen der dieslaͤhrigen Wein⸗Aerndte laute Kla⸗ gen erschallen, auch von der Mosel aus gemeldet wird, daß in Folge der diesjaͤhrigen schlechten Lese die Nager Weine bis 20 pCt. in die Hoͤhe gegangen, fuͤhlt sich der hiesige Winzer bei seinem Herbstsegen noch ganz behaglich, indem der Wein dem vorsaͤhri⸗ gen an Guͤte nicht nur fast voͤllig gleichkommt, (Mostgewicht des vorjuährigen 87 , des diesjͤhrigen 85 ⁰), sondern auch die Quantitaät die vom vorigen Jahre uͤbertrifft und, bei nunmehr enoetretener Lese, der Ertrag die ungefähre Schaͤtzung weit uͤbersteigt.

Wissenschaft, Kunst und Literatur.

Berlin. In der letzten Zeit, die uns in der Wirklichkeit so Großes erleben Uieß, hat sich in diesen Blättern weniger Raum zu Be richten über die Erscheinungen in der Kunstwelt gefunden; namentlich werden noch einige Rückblicke auf die Vorstellungen der hiesiegen Thea⸗ ter zu werfen sevn, wenn keine Lücke in unseren chronistischen Uebersich⸗ ten entstehen soll. Die vergleichende Zählung der verschiedenen Arten von Stücken, mit Hervorhebung der am häusigsten aufgeführten, be⸗ halten wir uns inden bis zum Schlusse des Jahres vor, da sich in den kurzen Zeiträumen eines Monats doch kein bestimmtes Resultat aus solchen Angaben 9 läßt. Es können momentane Verhältnisse zuweilen eine Beschraͤnkung des Repertoirs oder eine Wiederholung einzelner Stücke verankaßt haben, und man würde dann irren, wollte

muan daraus auf die vorherrschende Richtung in dem Geschmack des

Publikums schließen, dem sich mehr oder weniger am Ende dech jede ühnen⸗Direction anbequemt, während sie allerdings auch Manches dazu thun kann, ihn zu leiten, wiewohl dies mehr die Aufgabe der für die Bühne produzirenden Kräfte ist. Wenn dramatische Dichter und Keomponisten wahrhaft Bedeutendes schaffen, wird gewiß jedes Theater ich beeifern, ihre Werke zur Darstellung zu bringen. Liegt aber die poetische Produktivität nicht im Geeste der Zeit, so sind alle Klagen über den Mangel au großen erhebenden Eindrücken auf der Bühne vergeb⸗ lich, oder man muß steis wieder zu den Werken der Vergangenheit zurückkehren, die immer noch eine sehr reiche Fundgrube darbietet. Aber es macht sich andererseits auch das Verlangen fühlbar, das Neue kennen zu lernen, was die Gegenwart liefert, und das Pubtikum würde wenia ufrieden seyvn, wollte man ihm nur ältere Werke vorführen. Findet man sich durch dies Nene nicht befriedigt, so ist es schlimm für Pubukum und Theater, aber die Abhülfe muß doch hauptsächlich von den Dichtern und Komponisten ausgehen. Daß talentvelle, einheimische Productionen nicht unbeachtet bleiben, davon haben uns die biesigen Bübnen fort⸗ während Beispiele gegeben, und sie werden gewiß damit fortfahren; aber man wird zugleich einräumen müssen, daß, wenn auch in der drama⸗ tischen Dichtkunst seit einiger Zeit in unserem Vaterland wieder mehr Regeamken sich zeigt, doch die Deutsche Oper wenig Neues von einiger Bedeutung hervorbringt, so daß die Bühnen sich genötbigt sehen, hier Efter zu ausländischen Erzeugnissen ihre Zuflucht zu nehmen. Indeß find die einheimischen Kompounisten desbalb nicht zurückgesetzt worden; wir haben die besten Werke Speht's, Marschner’'s, Lorting's auf der Königlichen Bühne, wir haben Opern von C. Kreutzer,

Gllsser⸗ Benedikt auf der Königstädtischen zu hören bekemmen; auch

die ersten Versuche junger Talenie, wie C. Eckert's und Schäffer's, sind auf beiden Theatern in Scene gegangen. Wollte man uns aber nicht auch mit den neuen Französischen und Italiänischen Opern bekannt machen, die auf den Bühnen des Auslandes, beionders denen von 38 am meisten gefallen, und auf die das Pubiikum durch Zeitungs⸗ erichte neugierig wird, so würde sich sicherlich Unzufriedenheit darüber äußern. Wenn man also nur nicht versäumt, das Gute, was das Vaterland an nenen Werken darbietet, zur Darstellung zu bringen, und daneben abwechselnd eine der gediegenen, nicht veralteten Opern frühe-⸗ rer Zeit wieder in Scene zu setzen, wie es kürzlich mit „Titus“ und Richard Löwenberz“ geschehen, so werden auch Werke, wie Auber'’s Feensee und Mercadante’s Bravo, nicht zu verschmähen sevyn, i⸗ ungs doch au kait erhalten mit den musikalischen Leisungen des Aus⸗ landes und insefern immer Interesse genug darbieten, wie gering auch ihr innerer Kunstwerth sern mag. Die erstere dieser Opern könnte man eigentlich ein Decorationsstück mit Musik nennen, so überwiegend int darin der Reiz der äußeren Ausstattung, der scenischen Effekte im Vergleich zu dem musikalischen Gehalt. Maschinerie und Malerei ha⸗ den am Schluß der Oper, der wohl zehn Minuten lang nur noch in Bewegung von Decoratienen u ter Orchester⸗Begleitung besteht, das Wunderbarste geleistet, was wir bis jebt hier in dieser Art gesehen. Der Eindruck ist in der That so überraschend und zauberisch, daß er ergrei⸗ sender wirit, als irgend ein Moment der Oper selbst. Auch der Kar⸗

neval in Köln im dritten Akt gewährt ein reizend bewegtes Bild, wenn⸗

gleich der Aufzug der Gewerke, dem gegenüber, welchen wir kürzlich

dier im wirklichen Leben gesehen, in seiner Wirkung etwas geschwächt

werden mußte. In musikalischer Hinsicht nimmt diese H bi . sagt, selbst im Vergleich zu Auber’'s anderen Werken, * gen Standpunkt ein. Es ist wehl bier und da ein Anflag von hüb⸗ scher Melodie, aber es bleibt auch bei dem bloßen Anflug; eine oder zwei kurze melodische Zeilen, und dann gleich wieder ein meistentheils kaltes und maites Gemisch hohler Phrasen. Die beiden mit einander ab⸗ wechselnden Feen⸗Chöre, die in der Oper öfter wiederkebreu, sind nicht durch sich selbst, sondern nur durch die Art, wie sie eintreten durch den Kontrast, ven einiger mustkalischer Wirkung. Etwas über das Neveau der übrigen Musik erbeben sich ein Dueit zwischen dem Stu⸗ denten Albert und der Fere Zeila am Anfang des dritten Aktes und ein Quariteit im vierten Akt; das erstere besonders ist nicht ohne Poesie und zeigt, was Auber noch vermöchte, wenn er seine Kunst nicht in den letzten Jahren zu einer Fabrik⸗Arbeit gemacht hätte; eine Remi niscenz an Amfange dieses Duetts an das bekannte Deutsche Lied: „Willkommen, o seliger Abend“, so wie in der folgenden C tine an: „Du, du, liegst mir am Herzen“, mag zufällig sevn dech is es auch möalich, daß der Komponist sich wirklich nach ein paar Deul schen Volks⸗Melodieen umgesehen hat, um der in Deutschland beeeian. den Handlung doch etwas Nationales einzumischen. Was nun die 8 dere der obengenannten Opern, den „Brävo“ von Me⸗cadante ande⸗ langt, so ist nicht zu leugnen, daß si, viel mebr schöne Gesangsstellen und auch „ine reichere, oft ausgezeichnete Instrumentation enthält; aber eigentlich ergreifende Meomente finden sich in ihr eben so wenia, und die ziemlich hewegte Handlung leidet an dem Uebelstande, daß sie in früberen Vorfällen wurzelt, mit denen uns ein Vorwort zu dem Tertbuch erst bekannt machen muß, im uns nur einigermaßen für die auftretenden Personen zu interessiren und über ihr dunkles Verhältniß bn einander aufzuklären. Für die leidenschaftlichen Scenen der Fandiung at der Komponist, woran es den Naliänern gewöhnlich mangelt nn genug Tiefe des Gefühls besessen; dagegen sind ihm die elegischen oft (ehr gelungen; ein paar Kavatinen, ein Duett u d ein größeres Ensemble⸗Stück des letzten Aktes zeichnen sich vorzüglich durch

schöne Cantilene und woblklingende Harmonjeen aus. Mit Vergnüge sah man auch eines der besten Werke Rossini's, seine Belagerung von Korinth, die lange zurückgetegt war, kürzlich auf der Königlichen Bühue wieder erscheinen, ein Werk, das sich dem „Oihello“ und dem „Bar⸗ bier von Sevilla“ zur Seite stellen darf, und dem sich nur noch eine von den späteren Opern desselben Komponisten, sein „Wilhelm Tell“, in gleich würdiger Weise anschließt; dramatisches Feuer und seelenvelle Me⸗ jodieen, seliten von dem frivolen Getändel anderer Rossini⸗ scher Compesitionen unterbrochen, vereinigen sich darin zur schönsten Wirkung. Möchte nun⸗ auch manches andere ältere Werk, welches wir lange entbehrt haben, wieder ins Leben ge⸗ rufen werden; es würde zu weit führen, hier auf mehrere dieser älte⸗ ren Opern aufmerksam zu machen; wir brauchen nur die Namen Mozart, Cherubini, Gretry, Mehul, Salieri, Sacchini, Paesiello, Ci⸗ marosa, Spohr, Ries zu nennen, und jedem Musitfreunde werden Opern genng ins G dächtniß kommen, die er wiedererwect sehen möchte. Eines jedoch können wir nicht umhin besonders anzuführen, da es fürzlich auf einem auswärtigen Theater mit dem glänzendsten, fast un⸗ erwarteten Erfolg, zu Frankfurt am Main, auf die Bohne gebracht wor en: Gluct's „Jphigenia in Aulis“. „Es feierte in diesen Tagen“, sagt ein dortiges Blatt, „der wahrhaft gebildete Geschmack in den Hal⸗ len unseres Tbeater; einen kaum zu ahnenden Triumph. Gluck's Iphigenia in Aulis wurde mit einer Vollendung ohne gleichen gege⸗ den, denn was auch seither Schöünes und Treffliches im Gebiete der Oper auf unserer Bühne geleistet worden, so gevührt dech dieser Auf⸗ führung die Palme. Es war für uns ein wirkliches Ereigniß, daß sich die vorhergegangene Spannung wegen der Aufnahme di ses Wer⸗ tes in eine wahrhaft musikalische Wonne auflöste., Das Haus war bei der dritten Vorstellung überfüllt, und Alle staunte, wie mit so einfachen Mitteln so Außerordentliches, so tief und mächtig Ergreifen⸗ des bewirkt werden könne.

Versuch einer medizinischen Topographie und Statistik der Haupt⸗ und Residenzstadt Dres⸗ Von Dhr. Ernst Julius J. Meyer, vpraktischem

c. fruͤher zu Berlin, jetzt zu Dresden. Nebst einem

sse von Dresden und drei Tafeln mit graphischen Stolberg am Harz und Leipzig. 1840. In gr. 4.

Der erste Anblick dieses umfassenden und einem größeren als bloß dem medizinischen Publikum sich darbietenden Werkes, das so beschei⸗ den als „Versuch“ sich ankündigt, hat bei Ref. einen eigenen Eindruck erzeugt, denn mit demselben beschämt die Hauptstadt unseres Nachbar⸗ landes gewissermaßen die weit größere Haupt⸗ und Residenzstadt Ber⸗ lin, die sich des Besitzes eines solchen nutzreichen Werkes noch nicht rühmen kann. Die Veranstaltungen phvosikalisch⸗medizinischer Topo⸗ graphieen lag von je her in den Planen und Wünschen der besten Aerrzte, weil sich aus der Zusammenstellung vieler lokaler Gegenstände medizinische Anhalts⸗Resultate für die ganze Wissenschaft herausstellen müssen. Namentlich gilt dies von der Lehre der epidemischen und en⸗ demischen Krantheiten, von der Einwirkung des Bodens, des Klima, der Gewohnheiten, Lebensweise, Kleidung, Nahrung u s. w. auf die Krankheits⸗Erzeugung. Indem nämlich die Aufgabe einer solchen me⸗ dizinischen Topograpbie nur dadurch gelöst wird, daß sie eben nebst der Beschreibung und Angabe der herrschenden Krankheiten die totalen Mo⸗ mente, welche dazu beigetragen, aufzählt, ergeben sich die wichtigsten, ätiologischen, pathologischen und patbogenetischen Fakta, deren Ver⸗ öffentlichung dann neoch überdies den Nutzen für die betreffende Stadt hat, daß die Einwohner auf die Schädlichkeits⸗Momente aufmerksam gemacht werden. So erfüllt denn eine gute medizinische Topographie drei Zwecke: sie liefert Beiträge zu einer topograppischen, geographi⸗ schen und ethnographischen Medizin, sie dient der Wissenschaft und, in größeren oder kleineren Kreisen, der ganzen Menschheit.

Diese Zwecke finden wir denn in dem vorliegenden, höchst müh⸗ selig konstrünrten Werke, hei welchem sein Verfasser, außer von mehre⸗ ren namhaft gemachten Behörden und gelehrten Vereinen, von nicht weniger noch als 48 Männern der Wissenschaft unterstützt worden, aufs Beste ausgeführt. Der Verfasser hat ohne Aufopferung seiner Selbst⸗ ständigkeit nach dem Muster, das eine unserer Preußischen Regterung (in Köln) im Jahre 1824 an Kreisphvsiker für Topographieen gegeben, seine Beschreibung der Stadt, welche so viel Interessantes enthält, ge⸗ liefert, nachdem, wie Ref. aus seinem mehrmaligen längeren Aufent⸗ balte in Dresden mit Zuverlässigkeit weiß, Eingeborne (denn der Herr Verf. ist Preuße) sich lange vergeblich darum bemühbt hatten.

Um das Verdienstliche dieser Arbeit den Leser gleichsam übersehen zu lassen, bezeichnen wir in Kürze dessen reichen Inhalt, der durchaus nichts Fernliegendes oder Fremdartiges enthält, insofern das Statistische kei⸗ neswegs als Rebensache betrachtet werden kann, wo es sich um die Erforschung selbst von unwichtig scheinenden Dingaen bandelt.

Der erste Abschnitt, welcher von der Beschaffenheit der Stadt handelt, schildert in 6 Kapiteln Dresden und seine Umgebung beson⸗ ders in wissenschaftlicher Beziehung. Hier verbreitet sich der Verf. mit großer Umsicht über die Lage, Höde, Eintheilung und Größe der Stadt, so wie über das Klima und Witterung, wodurch eine sehr interesgante Zusammenstellung meteorologischer Beobachtungen während eines zehn⸗ Fbrigen, überall zum Grunde gelegten Zeitraums gegeben ist. Ferner wird hier Boden, Gewässer und Kultur Verbältnisse stizzirt und nur zu ausführlich Flora, Fanna und Mineralien⸗Produfte vorgeführt.

Der zweite Abschnitt führt dem medizinischen Theile mäher, in⸗ dem er über den phvsischen und moralischen Zustand (besser Eigenschaf⸗ ten) der Einwohner berichtet, ersterer in nächster, letzterer in mehr ent⸗ fernter Ursache zur Krankhens⸗Erzeugunga stehend. Insofern nun frü⸗ bere Einwirkungen hierauf nicht ohne Folgen blieben, so hbeginnt der Verf. mit Recht mit der Geschichte Dresdens (Kap. 7 , während uns die folgenden Kapitel schon mehr zu den eigentlichen Gelegenheits⸗Ur⸗ sachen der Krankheiten führen, die wir nicht undentlich aus dem refe⸗ rirenden Berichte herausfinden; so handelt Kap. 8 bis 26 über Woh⸗ nung und Bauart (Zabl der Häuser, Etagen, Fenster, Bewohner; über Bedachung, Keller, Beücken, freie Plätze, Pflaster. öffentliche Gebäͤude, Kirchen, Begräbniß⸗Plätze), über Feuerung, Fenerungs⸗Material (be⸗ sonders nachtheilig sind die Steinfohlen) und über Verbrauch Uund Preise des letzteren. Mehr hierher gehörig, als die nächtliche Beleuch⸗ tung eKap. 10) sind die folgent en Kapitel: „Druckfehler statt 11 u. s. f.) über Lagerstellen, Kleidung, Reinlichkeit (für andere Städte berücksich⸗ tigungswertb); Nabrungsweise (sehr fpeziell), Beschäftigung (sehr wich tig fär die Aetiologie), Wohlstand (Leibbaus Tabellen seit 65 Jahren), Verguügungen, geistige Bildung (Schulen, Anstalten, Kunst⸗Samm⸗ lungen, Gesellschaften, Schriftsteller, Buchhandlungen ꝛc.); zur Erkennt⸗ niß der psvhischen und moralischen Natur der Einwohner gehörte auch die kirchliche und politische Verfassung, die Wohlthätigkeits⸗Anstalten, die Moralität (mühsam erhaltene, aber interessante Resultate über Kri⸗ minal⸗Verbrechen, Polizei⸗Vergehungen, uneheliche Geburten, Selbst⸗ morde) und die phösische Constitution, Temperament und Charakter (Tabellen der wegen Krankbeit für zum Militairdienst untüchtig be⸗ fundenen Mannschaft). Mehr in statistischer Hinsicht wichtig sind Volksmenge (222jübriger Zeitraum) und Fortpflanzung (Zabl der Ehen, (Feburten nach Religion, Geschlecht). Höchst interessant ist eine Ueber⸗ sicht künstlicher Entbindungen und deren Ursachen in längeren Zeiträn⸗ men, wäbrend die Angaben über die phosische Erziehung der Kinder wichtige Notizen für die Erkenntniß der ursächlichen Momente man⸗ cher Krankheiten enthalten.

Der dritte Abschnitt handelt von dem Medizinalwesen und giebt die Sächsische Medizinal⸗ und Sanitäts⸗Verf ssung mit den betreffen⸗ den Gesetzen, Berichie über die medizinischen Lehr⸗Anstalten und deren Leistungen und Nachweisungen über das medizinische Personal, die öf⸗ sentliche und Privat⸗Armenrslege.

Bäbrend der Verf. im früheren mehr referirend, mit Ausschluß gellr Kritik auftritt, giebt er im vierten gewissermaßen medizinisch⸗ praktischen Abschnitte, dem wichtiasten, über Krankbeits⸗Zustand und Mortalität der Einwohner seine selbstständige Meinung ab die, gestützt auf die Erfahrungen vie er Dresdner Aerzte, gewiß Beachtung verdient, um so mehr, da sie konseqguent eine leitende Idee über die Krantheits⸗

1. s. w. durchführt, wie dies aus dem Kap. 33 der An⸗ gabe der Krantheits⸗Anlage hervorgeht. Der Krantheits⸗Charalter wird durch alle Monate genau entwicket. Hierauf basirt gi bt der kenntnißreiche Auter Ausfschlüsse über die endemischen Kraͤnkheiten, welche auch in weiteren Kreisen Beachtung verdienen, da sie viel Be⸗ lehrendes und Anregendes entba’ten (Skreseln, Rheumatismus). Für den medizinischen Histeriker wie für den Nosologen und den Arzt, Dresdens insbesondere, mu; die geschichtliche Entwickelung der epidemischen und ansieckenden Krankbeiten Dresdens (Kap. 35.) reiche Ausbeute gewähren, wie sie denn zuletzt auf die gegenwärtigen Krankheiten führt. Am bewundernswerthesten zeigt sich der greße Fleiß des Verf. in der Ueber sicht der sporadischen Krankheiten (Kap. 30.), welche eine Angabe der Krankheiten nach Geschlecht, Alter, Monaten und Mortalität von 27 007 Kranken entbält, eine Zihl, die allerdings ein Resultat zu geben im Stande sevn dürfte. Mil Recht wird hieran das 37ste Kap. übe die Krankheiten der Hausthiere gekuüpft, da diese für cpidemische un sporadische Krankheiten der Meuschen manchen Aufschluß geben. wie wobl sie leider in den meisten Tepographieen feblen. Nach dem be kannten Finis cwronat opus! enthält endlich das über Mortalität handelnd z8ste Kapitel die allgemein wie auch speziell interessantesten Notizen unm Aufschlüsse, die auf manche Fragen über Sterblichkeits⸗Ursachen un Sterb schkeits⸗Verhältnisse ein helles Licht werfen.

MNiach Darlegung des reichen, ja überreichen Inhalts dieses auch ußerlich trefflich ausgestatteten Werkes glaubte Ref. seinerseits kein Wort des Dankes und Lobes mehr hinzufügen zu dürfen, da jeder ein sichtsvolle Leser sich schou ein Uutheil selbst daraus zu bilden im Stand seon wird.

Einer der kompetentesten Beurtheiler selcher topegraphisch⸗statistische Werke, Geheime Rath Kasver in Berlin, sagt in seiner uns so eben vo Augen kommenden medtzinischen Wochenschrift vom 17ten d. M. von demselben: „Dies ist eine Arbeit, die für ihre, nur von Kennern ganz 1. würdigende Schwierigkeit, die zu überwinden unsägliche Geduld und eltener Eifer für die Sache erforderlich sind, ihren Lobhn in sich trägt.“

Schließlich sey hier noch der Wunsch ausgesprochen, daß unter der zahlreichen ärztlichen Literaten Berlins bald einige sich zu einer ähn lichen umfassenden Arbeit über die hiesige Haupt⸗ und Residenzstad aufgefordert fühlen mögen. Bekanntlich cxistirt über Berlin nur Ein medizinische Tepographie, nämlich die vom verstorbenen Formav, die aber jetzt nicht mehr brauchbar ist. H ö.

Entwickelun

auer der Eisenbahn⸗Fahrten am 30. Oktober.

Abgang von Potsdam.

Abgang Zeitdauer von SFS Iaän St. M.

Zeitdauer

B e⸗ St. M.

Um Ubr Morgenus.. 47 [Um 6 Uhr Morgens. . 11 * Vormitt. . 50 91

Nachmitt. 1 30 » 12 ½ . Abends... V 4

Mittags. CCöö- Nachmitt. Abends.

58 v 7

-. 10 ..

Nach einmaliger Beobvachtuna.

Meteorologische Beobachtungen.

Morgens Nachmittags Abends 6 Uhr. 2 Uhr. 10 Ubr.

1840. 30. Oktover.

Luftdruck..... 332 52""Par. 335 08" par. 335 10 „Par. Quellwärme 7,40 R. Luftwärme.... + 5,20 R. . 10,5 ° A. + 5,90 R. Flußwärme 420 R. Thauvunkt .. + 3,32 ° R. + 5,40° R. + 360 R. Bodenwarme 7,4 0°0 R. Dunstsaͤttigung 80 pCt. 66 vCt. 85 vCt. Ausdünstung 0,027“ Rh.

Weiter . healbheiter. heiter. heiter. Niederschlag 0. Wind. ——. . SD SO SO. Wärmewechsel †+.f 10 7 Wolkenzug. SO + 299.

Tagesmirtel: 3341,90“Par. + 7,29 . + 4,1 0Rt. 79 „Ct. EDO.

Berliner B 5 r

Den 31. October.

E . 1-n

E Brieft. Geld. 8Brief. St. Schuld -Sch 4 1023⁄½ 102 ¾ Pr. Eugl 0 bl 30 4 981¼½ Präm Sch d Seehb— 78 ½ Kurmk Schuldv ³3 99 Neumk Schuldv. 22 —] 99 Berl. Stadt-Obl] 4 102 Elbinger do. 2⁷ʃ Dauz do. in Th Westp. Pfaudhbr 3 * 1001 1, [Gold al marco Grofsh. Povz do 4 1043 ¼ Neue Dukaten Ostpr Pfaudbr. 32 101 ¼ Friedrichsd'or Pomm. do. 2* )r10159 101 ⅞1 [Aud. Goldinün- Kur- u Neum. do 32 10216 1015 ⁄⅞+ zeun à 5 Th. 71/¼ Schlesische do. 2 121 3 ¾ Diconte 3

Coup und Zius- Sch. d K. u N—- 95 Achiese. Brl Potz Eizeub 5 127 ½ do do Prior Act. 41 107 ½ 4 210 17 ½ 1³3 ½

Mgd Lpz Eisenb do do Prior Act

Pr. Cousr. Thl. zu 30 Sgr. 1 Brief. Geld. Amsterdam Kurzl 138 ⁄1 1277 %

40 ..uu0 v 2 . - 137 ¼ Ulamburcg . Kurz 1à9 1

L. .2 Mte. 148 ¾ 1àx81

ecasel-Coun s.

Loudou 3 Mte. 6 15 1

2 Mt. 7288,12 2 Mt. 99

2 Mt. 1011 ⁄½ m—

2 Mt. 99 ¼½

Wien in 20 J. Augsburg Breslau . . e Lelpaig W. 232 111 Tbl. 8 Pags⸗ 10138 Frankfurt a. M. WZZ S . 150 Fl. 2 Me Petersburg’⸗ 1 SRbl; 32 Woch.

150 FlI

Auswäüärtige Börsen.

Amsterdam, 27. October. 8 Schuld 49. 5 % do 91 ¼½ Kanz-Bill. 21 1. Passive —. Ausg. —. Zinsl. —. Preuss Präm- Oesterr. 100 1½14.

Niederl. wirkl 5 % Spau. 177716 Sch. —. ol. —. 3 Antwerpen, 26. October. ELinsl. 5 2. Neue Anl. 17⁄½. Frankfurt, a. M., 28. October.

Oesterr. 5 % Met. 102 ¼ G. 4 % 97 %⁄ G. 1X 1 % 24 ½ Br. Bank-Actien 1923 G. Fartial-Obl. 1582 G. Loose zu 500 Fl. 1334 G. Loose zu 100 Fl. Preung. I e. Sch. 77 à G. do 4 % Anl. 1ug Br. Poln L.oose 69 % 5 % Span. Aul. 19. 18 ⁄. 2 ½ % Holl. 4712⁄13. 429 %8

Risenbahn-Actien. St. Germain 565 Hr. tes Urer 315 Br. do linkes 260 Br. München-Aug⸗be-, Strafsburg-Hasel 275 Br. Leipzig-Dresdeu 193 % Br. Kül

917„,9/ 0