1841 / 288 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

inne haͤtten; Graf Aberdeen sey Praͤsident der antiquarischen Ge⸗ sellschaft, Graf Ripon Praͤsident der Koͤniglichen Literatur⸗Gesell⸗ schaft und Graf Grey Praͤsident des Koͤniglichen Instituts der Britischen Architekten.

Niederlande.

Aus dem Haag, 11. Okt. In den letzten Tagen dieser Woche wird die gegenwärtige Session der Generalstaaten durch den Minister des Innern geschlossen, doch bereits am darauf fol⸗

genden Montage wird eine neue Session der Kammern durch Se. Majestaͤt den Koͤnig mit den uͤblichen Feierlichkeiten eroͤff⸗ net werden.

Se. Majestaͤt der Koͤnig Wilhelm Friedrich, Graf von Nassau, ist vorgestern Abends um 9 Uhr mit seiner Gemahlin im Loo ein⸗ getroffen. Das Dorf Apeldoorn, welches Sr. Majestaͤt Privat⸗ Eigenthum ist, war auf das Festlichste geschmuͤckt und empfing sei⸗ nen Grundherrn mit Beweisen der innigsten Liebe.

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Deutsche Bundesstaaten.

Darmstadt, 13. Okt. Das heute ausgegebene, aus 14 Druckbogen bestehende Regierungs⸗Blatt Nr. 30 enthäͤlt das neue Strafgesetzbuch. Das vom 17. September datirte Großher⸗ zogliche Edikt, welches dasselbe veroͤffentlicht, sagt im Eingange:

„Ludwig II. von Gottes Gnaden Großherzog von Hessen und bei Rhein ꝛc. ic. Um der Strafrechtspflege in Unseren saͤmmtli⸗ chen Landestheilen eine gleichmaͤßige und den Zeitverhaͤltnissen an⸗

emessene Grundlage zu geben, finden Wir Uns bewogen, mit Festimmuns Unserer getreuen Staͤnde das nachfolgende Straf⸗ gesetzbuch fuͤr das Großherzogthum Hessen hiermit zu erlassen:“

Folgt dasselbe, aus 2 Theilen, LVIII Titeln und 484 Artikeln be⸗

stehend.

Weimar, 13. Okt. Se. Koͤnigl. Hoheit der Großherzog haben den bisher an Hoͤchstihrem Hofe als Koͤnigl. Franzöͤsischer Minister⸗Resident beglaubigten Grafen de la Rochefoucauld in einer Audienz empfangen und aus dessen Haͤnden das neue Kreditiv entgegengenommen, wodurch derselbe von Sr. Majestaͤt dem Koͤ⸗ nige der Franzosen zum bevollmaͤchtigten Minister ernannt wird.

Oesterreich.

*✕%—⸗ Wien, 11. Okt. Ihre Koͤnigl. Hoheiten der Prinz von Preußen und der Prinz Johann von Sachsen sind heute Vormittags, nachdem Sie von Sr. Majestaͤt dem Kaiser und der Kaiserlichen Familie Abschied genommen hatten, von hier abge⸗ reist. Se. Koͤnigl. Hoheit der Prinz von Preußen hat den Weg uͤber Linz genommen, um die dortigen Festungsthuͤrme zu besichti⸗ gen; Se. Konigl. Hoheit der Erzherzog Maximilian von Este war schon am vorigen Sonnabend dahin abgegangen, um den erlauch⸗ ten Gast daselbst zu empfangen.

Se. Durchlaucht der Fuͤrst von Metternich ist gestern Nach⸗ mittags in Begleitung seiner Gemahlin auf dem Dampfboot „Erzherzog Stephan“ von Linz hier eingetroffen. Die Hofraͤthe, Baron Wenner, BVaron de Pont und Baron Huͤgel, welche den Fuͤrsten auf seiner Reise nach Bohmen und dem Johannesberg be⸗ gleitet hatten, sind gleichfalls hier eingetroffen.

Der zum Tuͤrkischen Botschafter in Paris ernannte ehema⸗

lige Minister der auswaͤrtigen Angelegenheiten „Reschid Pascha, hatte, den letzten Briefen aus Konstantinopel zufolge, am 29. Sep⸗ tember seine Abschieds⸗Audienz beim Sultan und wollte unver⸗ zuͤglich die Reise auf seinen Posten antreten. Der Koͤniglich

Großbritanische Botschafter, Lord Ponsonby, stand gleichfalls im Begriff, von Konstantinopel abzureisen. G Spanien. ““

Paris, 10. Okt. Einer telegraphischen Depesche aus Bayonne von 9ten d. zufolge, war Madrid am 5ten Abends ruhig; aber die Depeschen fehlten; der Courier war aufgefangen.

Der Messager enthaͤlt folgende telegraphische Depesche:

Bayonne, 10. Oktober, 8 Uhr Morgens. Man schreibt vom Port du Passage gestern Abend Folgendes: „Die Meinungen sind zu St. Sebastian getheilt. Die Garnison der Citadelle hat der Miliz, welche der Bewegung feind und Herrin der Stadt ist. einen Posten abgetreten. Die Feindseligkeiten haben zwischen Ulr⸗ bistondo und dem General Alcala begonnen; dieser Letztere laͤßt das Geruͤcht verbreiten, der Aufstand sey zu Madrid unterdruͤckt und die Haupt⸗Anstifter seyen gezuͤchtigt, Espartero begebe sich in die Provinzen mit 14 Bataillonen und einem Kavallerie⸗Regi⸗ ment. Zwei Garde⸗Regimenter an der Graͤnze Navarra's haben sich fuͤr den Aufstand ausgesprochen.

Der Courier frangais enthaͤlt Folgendes: „Wir erfahren, daß gestern Abend ein außerordentlicher Courier aus Spanien, der hier nur durchgeeilt ist, die Nachricht uͤberbringt, daß sich Saragossa und Logrono offen fuͤr Espartero erklaͤrt haben.“

Bayonne, 8. Okt. Die Sentinelle des Pyréne eL enthaͤlt nachfolgende Einzelnheiten uͤber die Spanische Insurrection: „Am 3. Oktober hat man ein Convoi angehalten, welches an den General O'Donnell durch den Alkalden von Los⸗Arcos mit einem Schreiben abgesandt worden war, worin dieser anzeigte, daß er auf Alles, was gefordert worden sey, zaͤhlen koͤnne. Von diesem Fange unterrichtet, zeigte O' Donnell dem General⸗Capitain an, daß, wenn man seine Verbindung abschneide, er die Stadt be⸗ schießen lassen werde; der General⸗Capitain ließ seinerseits die Ver⸗ wandten der Herren Carriquiri und Ribed, Handelsleute von Pampelona, die sich mit O'Donnell in die Citadelle zuruͤckgezogen haben, vor sich fuͤhren und bedeutete ih⸗ nen, daß sie mit ihrem Kopfe fuͤr das Ungluͤck, wel⸗ ches der Stadt zustoßen koͤnnte, verantwortlich seyn wuͤr⸗ den. Am 4. Oktober Nachmittags verstaͤrkte ein Bataillon von ungefaͤhr 400 Mann vom Regiment Gerona die Besatzung von Pampelona. Dieses Bataillon war beinahe 24 Stunden zu Villaba, 2 Kilometres von Pampelona, geblieben; es war un⸗ schluͤssig, ob es sich auf die Seite Christina's wenden oder mit Espartero halten sollte. Man machte seiner Unschluͤssigkeit dadurch ein Ende, daß man ein Detaschement des naͤmlichen Re⸗

gimentes absandte, welches das Bataillon an seine Pflicht 1 Offiziere, Citadelle. Ein an ihrer Spitze General Ortigosa, verließen fast unmittelbar die Citadelle wieder, um das Land zu durch⸗ streifen und Anhaͤnger zu rekrutiren. Der General⸗Capitain hat ebenfalls die Provinz durch Mochuelo durchstreifen lassen, um die Anstrengungen des Feindes zu laͤhmen. Am öten hat O'Donnell von neuem gedroht, die Stadt zu beschießen, wenn man ihm die Um 5 Uhr Abends war Alles im aͤmlichen Zustande zu Pampelona.“ (Hiernach scheint es, daß vaeaehen Beenane ze, Pennp; in der Nacht vom 5.— 6. Okto⸗ ler angefangen habe.) Das naͤmliche Blatt sagt: „Munagorri,

naͤmlichen Tage drangen Bruder O’'Donnell's in die

mahnte. Am mehrere worunter der

Theil derselben,

Lebensmittel nicht durchlasse.

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der sich den Christinos angeschlossen haben sollte, sey am 6te Bayonne angekommen, und ganz Guipuzcoa sey ruhig.

Der General Concha, welcher sich mit einer Brigade In⸗ fanterie auf der Seite von Tudela befand, soll sich fuͤr Espartero erklaͤrt haben.

Bilbao, 5. Okt. Als gestern Abend die Nachricht eintraf, daß Vitoria sich fuͤr den Aufstand zu Gunsten der Koͤnigin Chri⸗ stine erklaͤrt habe, gab sich sogleich eine große Aufregung unter dem Volke, der National⸗Garde und den Miquelets kund, die mit jedem Augenblicke zunahm. Die Behoͤrden versammelten sich und kamen mit dem Brigadier Rocha, Obersten des Regiments „Bour⸗ bon“, uͤberein, sich am naͤchsten Tage der Bewegung anzuschlie⸗ ßen. Am folgenden Tage wurden in der That die National⸗ Garde und die Miquelets, so wie die Garnison mit dem Ober⸗ sten Rocha an der Spitze versammelt und die feierliche Erklaͤrung fand statt. Der General Santa Cruz, welcher in der Provinz kommandirte, hatte vergeblich versucht, die Trup⸗ pen von der Theilnahme an der Bewegung abzuhalten, und verließ in Begleitung des politischen Corregidors La Serna die Stadt. Die Provinzial⸗Deputation erließ sofort eine Proclama⸗ tion, worin alle Bewohner der Provinz zur Vertheidigung der Rechte der Koͤnigin und ihrer Mutter, so wie der Fuecros und der Religion zu den Waffen gerufen werden. Der Ober⸗Befehl wird dem Brigadier Castor de Andechaga, der den Vertrag von Bergara mitunterzeichnete, uͤbertragen. Die Deputation erklaͤrt, daß sie die Waffen zur Bewaffnung des ganzen Landes liefern und fuͤr die Besoldung derjenigen sorgen werde, die in den akti⸗ ven Dienst eintreten wuͤrden.

Vitoria, 5. Okt. Der ehemalige Marine⸗ und Handeles⸗ Minister Montes de Oca, der aus dem Kabinet Perez de Castro's ausschied, um nicht fuͤr die Ernennung des Brigadiers Linage zu stimmen, den Espartero zum General⸗Major befoͤrdern wollte, hat zwei vom gestrigen Tage datirte Proclamationen zu Gunsten der Koͤnigin Marie Christine erlassen. In der ersten, die an die Be⸗ wohner der Baskischen Provinzen und Navarra's gerichtet ist, verspricht er im Namen der Koͤnigin die Aufrechthaltung der Fue⸗ vos und erklaͤrt das in Bezug auf eine Modisizirung derselben in Navarra bereits erlassene Gesetz fuͤr null und nichtig. In der zweiten Proclamation fordert er die Soldaten auf, die Waffen fuͤr die erhabene Fuͤrstin zu ergreifen, die sich durch ihre Wohl⸗ thaten den Namen der „Mutter des Volkes“ erworben habe.

Die Leipziger Allg. Zeitung enthaͤlt Folgendes: „Auf außerordentlichem Wege erhalten wir Nachrichten aus Madrid vom 8. Okteber Morgens. In Folge der Absetzung von 80 Garde⸗Offizieren fand in diesem Corps in der Nacht vom 7. zum 8. Oktober eine meuterische Bewegung statt, um die junge Koͤnigin zu entfuͤhren. Die Hellebardiere und die uͤbrige Garnison unter⸗ druͤckten diese Bewegung, und beim Abgange des Couriers, am 8. Oktober Morgens, war Alles dort ruhig.“

Inkland.

Berlin, 16. Okt. Die Universitaͤt feierte am 15. Oktober d. J. zum erstenmal das Geburtssest Sr. Majestaͤt des Koͤnigs. Rektor und Senat, Lehrer und Studirende hatten sich zu diesem Zweck in der Aula versammelt. Se Excellenz, der Chef des Un⸗ terrichtswesens, Herr Geheime Staats⸗Minister Eichhorn, Se. Ercellenz der Gieheime Staats⸗Minister von Kamptz, der Staats⸗ Secretair und Direktor im Ministerium der geistlichen ꝛc. Ange⸗ legenheiten, Herr von Duesberg, die Raͤthe des geistlichen Ministe⸗ riums und viele andere hohe Staats⸗Beamte beehrten die Feier⸗ lichkeit mit ihrer Gegenwart. Ein Gesang mit Instrumental⸗Be⸗ gleitung von Studirenden der Universitaͤt unter Leitung des Herrn Professors Marx ausgefuͤhrt, eroͤffnete die Feier. Hierauf hielt der Professor der Beredsamkeit, Herr Geheime Regierungs⸗Rath Boͤckh, eine Lateinische Rede uͤber die Segnungen der Regierung Sr. Majestaͤt des Koͤnigs Friedrich Wilhelm 1V. und den Geist derselben, besonders in Beziehung auf Wissenschaft und Kunst. Die Feier wurde sodann mit Gesang beschloffen.

Bei dieser Gelegenheit ist nachtraͤglich zu bemerken, daß durch ein, mit der Eil der Abfassung kaum zu entschuldigendes Versehen, in dem von der Rektorats⸗Uebergabe berichtenden Artikel, die Na⸗ men der Herren Jakob und Wilhelm Grimm fehlen, welche als ordentliche Mitglieder der hiesigen Koͤniglichen Akademie der Wissenschaften ebenfalls in dem abgelaufenen Jahre dem Lehrer⸗ Personal der Koͤniglichen Universitaͤt beigetreten sind.

Berlin, 16. Okt. Gestern Nachmittag um 4 Uhr ist der Kommandant hiesiger Residenz, General⸗Lieutenant von Loebell, nach kurzer Krankheit mit Tode abgegangen. Seit dem Monat Maͤrz 1840 von Erfurt hierher berufen, hat sich der Verewigte hier wie dort die Achtung und die Liebe derjenigen, di in Beruͤhrung kamen, zu erwerben gewußt.

Stettin, 15. Okt. Der Herr Ober⸗Praͤsident bringt durch das neueste Amtsblatt zur oͤffentlichen Kenntniß, daß der diesjaͤhrige Kommunal⸗Landtag Alt⸗Pommerns, den bestehenden Vorschriften gemaͤß, am 15ten k. M. eroͤffnet werde.

Posen, 14. Okt. (Pos. Ztg.) Am 41ten d. wurde einer der achtbarsten Mitbuͤrger unserer Stadt und zugleich einer der ausgezeichnetsten Beamten unserer Provinz, der Regierungs⸗Praͤ⸗ sident a. D. Karl August Friedrich Zenker, Ehren⸗Buͤrger der Stadt Posen, zur Ruhe bestattet. Der Verblichene war am 1. Januar 1766 zu Winzig in Schlesien geboren.

Trier, 11. Okt. Die Herbstmessen sind von den Gerbern des hiesigen Regierungs⸗Bezirks mit großen Quantitaͤten Leder bezogen worden, und haben dieselben, so weit der Erfolg davon schon bekannt ist, einen schnellen Absatz fuͤr ihr Fabrikat gefunden. In Frankfurt a. M. ist, zum Erstaunen der Verkaͤu⸗ fer der Centner Leder (Sohlleder von Wildhaͤuten) mit 35 40 Rthlr. bezahlt worden. In den dem Großherzogthum Luxemburg nahe gelegenen Kreisen war bei der theilweisen Freigebung des Verkehrs zwischen den Nachbarlaͤndern waͤhrend des verflossenen Monats der lebhaftere Handel der einstweiligen Beseitigung der Grenzzolle zuzuschreiben.

Der Bergbau, vorzuͤglich auf Steinkohlen, wird so stark be⸗ trieben, als es nur die disponibeln Menschenkraͤfte gestatten. Das Koͤnigliche Bergamt zu Saarbruͤcken wuͤrde bei den Kohlen⸗Berg⸗ werken wahrscheinlich noch mehr Arbeiter einstellen, wenn nicht die Unterbringung aus der Ferne herbeigezogener Arbeiter schwer zu beseitigende Hindernisse darboͤte.

Die Sommerfruͤchte sind durch die warme Witterung des

verflossenen Monats vorzuͤglich gerathen; selbst diejenigen Hafer⸗

und Sommergerste⸗Felder, die durch den Hagelschlag vom

36. Juni c. stark heimgesuͤcht worden und von den Eigenthuͤmern nicht sogleich wieder bestellt werden konnten, haben durch neues Ausschlagen eine Nachaͤrndte geliefert. Zu besorgen ist nur, daß die jetzt ein⸗ getretene nasse Witterung dem Einscheuern der Sommerfruͤchte nachtheilig wird, indem der Hafer noch an vielen Orten geschnit⸗ ten auf dem Felde steht und auszuwachsen beginnt. Die Kartof⸗ feln sind in großer Ergiebigkeit und von guter Qualitaͤt zu erwar⸗ ten, wodurch bei der mittelmaͤßigen Roggen⸗Aerndte und des sehr geringen Ertrages des Weizens dem Mangel vorgebeugt werden wird. Dem Weinstock war zwar die warme Witterung der letz⸗ ten Haͤlfte des Augusts und in der ersten Haͤlfte des Septembers sehr gedeihlich, jedoch ist eine die Mittelmaͤßigkeit an Quantitaͤt und Qualitaͤt uͤbersteigende Krescenz nicht zu erwarten.

Köln, 10. Okt. Ungeachtet des aͤußerst unfreundli⸗ chen Wetters, welches seit vier Wochen dem armen Winzer am Rhein auch noch die letzten Hoffnungen verkuͤmmert, erfreut sich die Rheinische Eisenbahn, selbst bei der so vorgeruͤckten Jahreszeit, welche nur taͤglich zwei Fahrten gestattet, einer Frequenz von mehr als 1600 Personen taͤglich. Dies uͤbersteigt um so mehr unsere Erwartung, als der Verkehr auf der bis jetzt eroͤffneten Bahn⸗ strecke von hier bis Aachen sich zu dem, welcher entstehen muß, wenn der Anschluß an die Belgischen Bahnen vollendet ist, unge⸗ faͤhr verhalten wird, wie der fruͤhere auf der Strecke von Berlin nach Juͤterbogk auf der Anhaltschen Eisenbahn, gegen den jetzigen von Berlin nach Leipzig und Magdeburg. Ja man dorf wohl annehmen, daß das Verhaͤltniß sich hier noch vortheilhafter gestal⸗ ten wird, wenn man bedenkt, daß dann Staͤdte, wie Luͤttich, Bruͤssel, Antwerpen, Bruͤgge, Gent, Mecheln, Loͤwen, Verviers, Courtray, Ostende u. s. w., ja fast ganz Belgien, mit der dichte⸗ sten Bevoͤlkerung in Europa, in Eisenbahn⸗Verbindung treten mit dem Rhein und seinen durch hundert Dampfschiffe verbundenen

bluͤhenden Uferstaͤdten. In 24 Stunden faͤhrt man dann uͤber Ostende von Koͤln nach London und schneller noch erreicht man kuͤnftig Paris, welches schon anfaͤngt, uͤber Lille nach der Belgi⸗ schen Graͤnze zu bauen, so wie Holland uͤber Mastricht nach Aachen bauen muß, will es sich nicht von dem Verkehr mit den Rheinufer⸗Staaten zum Theil abschneiden lassen. So steht der Rheinischen Bahn auch noch, ehe durch die uͤber Minden in das Herz des Preußischen Staats zu fuͤhrende Eisenbahn Koͤln mit Berlin, Hannover, Braunschweig, Magdeburg, Leipzig, Dresden, Stettin, Wien ꝛc. in Eisenbahn⸗Verbindung tritt, eine Zukunft bevor, wie keiner auf dem Koͤntinent. Dann wird es auch dem Kleinglaͤubigsten klar werden, daß die Frequenz die Rentabili⸗ taͤt einer Eisenbahn bedingt und nicht die Baukosten derselben. Aber selbst der Ertrag der bis jetzt eroͤffneten Bahnstrecke deckt reichlich die Kosten. Die Einnahme hat durchschnittlich taͤglich uͤber 1000 Rthlr. betragen, macht auf 365 Tage .. 365,000 Rthlr. Der Guͤter⸗Verkehr, fuͤr den die Einrichtung noch

nicht vollendet ist, wie auf anderen Kommerzial⸗

Bahnen angenommen zu 5 122,000

Einnahme 487,000 Rthlr. Dagegen kostet die Bahn exklusive der Milaa

lion erfordernden Strecke von Aachen bis zur— Belgischen Graͤnze, inklusive Betriebsmittel, Millionen. Davon sind zu verzinsen 3 2

nen à 5 pCt. mit 2 Millionen Prioritaͤts⸗Actien

à 4 pCt. mit Betriebs⸗Kosten, wahrscheinlich zu

hoch veranschlagt mit

150,000 Rthlr. 80,090

130,000

360,000

e1111“4“ 127,000 Rthlr.

giebt, außer 5 pCt. Zinsen, Ueberschuß: 8

Obgleich nun bis zur Vollendung der ganzen Bahn bis zur Belgischen Graͤnze es zur Deckung der Zinsen noch gar keines Erwerbes bedarf, da die saͤmmtlichen Zinsen bis zur Eroͤffnung der ganzen Bahn in dem Anlage-⸗Kapital mit begriffen und auf⸗ gebracht sind, so ist es doch erfreulich schon jetzt ein Resultat zu sehen, welches sich mindestens verdreifachen muß, wenn der An⸗

schluß die selbst in England nicht ihres Gleichen findende Lebhaf⸗ tigkeit des Verkehrs auf den Belgischen Eisenbahnen bis an die Ufer des Rheines traͤgt, und mindestens vervierfachen, wenn nach Vollendung der Lille⸗-Pariser Bahn der gesammte Verkehr des

noͤrdlichen und oͤstlichen Europa mit dem westlichen auf der Rhei⸗ nischen Eisenbahn befoͤrdert werden muß.

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wilsenschaft, Kunst und Literatur.

Koͤnigliches Theater. Die Vorstellungen, welche zur Feier des Geburtsfestes Sr. Majestaͤt des Koͤnigs gesteen im Opern⸗ und im Schauspielhause stattfanden, sind beide mit dem lebhaftesten Bei⸗ fall aufgenommen worden, und die Trefflichkeit der dargestellten Werke laͤßt erwarten, daß sie auch ohne die erhoͤhte, begeisterte Stimmung, welche an diesem festlichen Tage mitwirkte, bei dem Publikum sich in anhaltender Gunst erhalten werden. Ouvertuͤren von Gluck und Bee thoven eroͤffneten den Fest⸗Abend, worauf, wie schon gestern er⸗ waͤhnt, im Opernhause von Madame ECrelinger und im Schau⸗ spielhause von Fraͤulein Ch. v. Hagn eine Rede gesprochen wurde, welche dem erhabenen Pfleger, Beschuüuͤtzer und Kenner der Kunst deren Huldiqungen darbrachte. Hierauf folgte in jenem Hause die erste Auffuͤhrung von Halevy's neuester Oper, „der Guitsarrenspieler und in letzterem die des neu einstudirten historischen Schauspiels von Heinrich v. Kleist, „Prinz Friedrich von Homburg.“ Ueber dieses werden wir späaͤter berichten und bemerken heute nur, daß der väterlaͤndische Stoff, den es behandelt, und vor Allem die herrliche Gestalt des großen Kurfuͤrsten, gerade an einem solchen Tage die Begeisterung aufs Hoͤchste steigern mußte. Indem wir uns nun zu der obengenannten neuen Oper wenden, haben wir zunächst die sorgfaͤltige Einstudirung und Leitung und die mu⸗ sterhafte Ausfuͤhrung derselben in allen ihren Theilen anzuerken⸗ nen. Die Musik bietet besonders in den Rhythmen und Modula⸗ tionen viele Schwierigkeiten dar; und da die Handlung nicht, wie bei so manchen Opern, nur ein Aggregat von schlaf zusammenhaͤngenden Scenen ist, sondern das Interesse fortwaͤhrend spannt und fesselt, so war auch ein tuͤchtiges Eusemble im Spiel und ein praͤgnantes Hervorheben einzelner Stellen in den mehrstimmigen Musikstuͤcken von wesentlicher Wichtigkeit. In allen diesen Beziehungen wirkten das Orchester un ter Direction des Kapellmeisters Henning und das darstellende Per⸗ sonal mit ausgezeichneter Praͤzision und Lebendigkeit zusammen. Die Hauptrollen wurden von Dlle. Duczek, welche kuͤrzlich von Wien zu uns zuruͤckgekehrt ist, von den Herren Mantinus, Blume, Eicke und Boͤtticher ausgefuͤhrt und fanden an Allen die geeignetsten Repraͤ⸗ sentanten. Die Partie des Guitarrenspielers besonders ist wie fuͤr Herrn Mantius geschrieben; sie enthaͤlt auch die beiden melodisch⸗

sten Musikstuͤcke der Oper, eine Romanze, deren Thema in einer

Gesangs⸗Scene der Sara de Villareal mit einigen Veraͤnderungen wiederkehrt, und eine Arie zu Anfang des zweiten Beide sang Herr Mantius mit allem Schmelz seiner

nen, weichen Stimme und mit dem zartesten Vortrag. 8 1“ 1 * *

72 8 E11ö“ 4 . 1“ 8 . 8 8. reizender Wirkung war ein Terzengang nach dem zweigestrichenen C. hinauf und wieder abwaͤrts, den er mit obligater Violine in dieser Arie auszufuͤhren hat. Die Instrumentation ist uͤberhaupt in der ganzen Oper so anmuthig, fein und diskret, wie man sie in neuecren

Musik⸗Werken selten findet; uͤberall ist dem Saͤnger der noͤthige

Raum gelassen, seine Stimme frei entfalten zu koͤnnen, und die In⸗ strumente dienen nur zu charakteristischer Ausmalung. In der cle⸗ ganten Behandlung der Violinen glauben wir den Schuͤler Cheru⸗

bini’s zu erkennen. Ein schoͤner Genuß war es auch in dieser Oper,

die beiden so sehr zu einander passenden Stimmen des Herrn Man⸗ tius und der Dlle. Tuczek wieder zusammen zu hoͤren; ihre beiden Duetten sind uͤberdies zu den lieblichsten Compositionen der Oper zu zaͤhlen, namentlich in deren ersten langsamen Saͤtzen, denn die Allegro⸗ Schluͤsse sind die schwaͤchsten Partieen fast in allen Mustkstuͤcken Ha⸗ levy's und fallen oft ins Triviale, welchem der Komponist dann wohl durch pikante, aber auch zuweilen etwas gekuͤn⸗ stelte Rhythmen abzuhelfen sucht. Unter den Arien und Ro⸗ manzen, welche Dlle. Tuczek als Sara de Villareal zu singen hat, zeichnet sich vorzuͤglich die des dritten Aktes aus; sie trug dieselbe, so wie die uͤbrigen Particen ihrer Rolle, ganz mit der goldreinen Into⸗

nation, mit der innigen Empfindung und der geschmackvollen Eleganz

vor, welche wir schon fruͤher an ihr zu ruͤhmen hatten, und die den dauernden Gewinn dieser Saäͤngerin fuͤr die Koͤnigl. Opee so wuͤn schenswerth erscheinen ließen, cein Wunsch, der nun auch, wie wir hoͤren, wo nicht bereits erfuüͤllt, doch der Erfuͤllung sehr nahe ist. Ihr Spiel in jener Rolle war voll feinen Anstandes und Grazie; bei wiederholten Darstellun⸗

gen koͤnnte indeß die treffliche und strebsame Kuͤnstlerin dem schoͤnen Gemaäͤlde, welches sie uns giebt, hier und da noch einige Glanzlich⸗

ter aufsetzen. Als ein neues schaͤtzenswerthes Mitglied der Koͤniglichen Oper konnten wir in der gestrigen Vorstellung auch Herrn Eicke begruͤ⸗ ßen, der sowohl Tenor⸗ als Baryton⸗Particen auszufuͤhren vermag und durch ausdrucksvolles Spiel und deutlichen Vortrag, womit er gestern die Rolle des vpatriotischen Kaufmanns Martin de Pimena in ihr gehoͤriges, wirksames Licht zu setzen wußte, einige Abnahme an der fruͤheren Kraft seiner Stimme aufwiegt. Nicht minder trugen die Herren Blume und Boͤtricher, der Erstere besonders durch eraöotz⸗ liche und feine Komik, der Letztere durch den Wohllant seiner schoͤnen Baßstimme, das Ihrige zur Gesammtwirkung der Oper bei, die so wohl durch das untechaltende, aus Scribe's gewandter Feder her ruͤhrende Suͤjet, wie durch die interessante, ausdrucksvolle Mnsik, gewiß dauernde Anziehungskraft ausuͤben wird 10

Beitrag zur neuesten Literatur über öffentliche Arbeiten. Mémoires sur les Travaux puüblies parJ. Cordier, Député et Inspecteur divisionnaire des Ponts et Chaas- 1 Vol. in 4to 1841.

Das vorstehende Werk enthaͤlt eine Reihe von Abhandlungen vom’

hoͤchsten Interesse; sie empfehlen sich eben so sehr durch den darin be handelten Gegenstand, als durch den Namen des Verfassers. Die Laufbahn des Herrn Cordier, seine Studien, seine Beobachtungen, eine Reisen, sjeine Functionen alz Deputirter haben ihn in den Stand gesetzt, die verschiedenen Systeme, welche man in Frankreich, in den Vereinigten Staaten und in England fuͤr die Ausfuͤhrung von oͤffentlichen Arbeiten nach einander in Anwendung gebracht hat, u wuͤrdigen.

Die vorliegende Arbeit ist nur ein Theil eines großen Werkes, das Herr Cordier unter dem Titel: „Recherches sur Ie Causes et les Conséquences des Révolutions francaises et sur les moyens de les prévenim' herausgeben wird. Fuͤr jetzt wollte er nur die Maͤngel der Franzoͤsischen Gesetzgebung üͤber die dffentlichen Arbeiten, so wiedie Refor⸗ men darlegen, die in Ausfuͤhrung zu bringen sind, um zu dauernden und die Wohlfahrt des Landes sichernden Resultaten zu gelangen. Vier Abhandlungen beziehen sich auf diesen Gegenstand; die erste fuͤhrt den Titel: „Einfluß des Chacakters, der Gesetzgebung, des Systems der oͤffentlichen Aebeiten auf das Geschick der Staaten und namentlich auf die Zukunft Frankreichs“; die zweite enthaͤlt: „Un⸗ tersuchungen uͤber die Franzoͤsische Gesetzgebung in Bezug auf Ka⸗ naͤle seit dem Jahre 1789, uber die Uesachen und die Folgen ihrer Veraͤnderungen und uͤber die Art, dieselben zu bewirken“; die dritte nthält: „Historische Untersuchungen uͤber die großen Kanaͤle und Arbeiten der alten und der neueren fremden Voͤlker, uͤber das System der Ausfuüuͤhrung und den gegenwaͤrtigen Zustand dieser Werke und uͤber die politischen Resultate, die sie hecbeigefuͤhrt haben“; die vierte Abhandlung endlich, welche den Band beendigt, enthaͤlt Schluͤsse aus den in den drei ersten Abhandlungen befindlichen Beobachtungen und Thatsachen.

Der herrschende Gedanke des Herrn Cordier ist, daß die Central Verwaltung ein unuͤbersteigliches Hinderniß fuͤr die gute Ausfuͤhrung der oͤffentlichen Arbeiten bildet und er behauptet sodann durch zahl

eiche Thatsachen unterstuͤtzt, daß jene Arbeiten durch Associationen und nicht durch den Staat unternommen und ausgefuͤhrt werden muͤssen. zum Beweis dieser Ansicht weist er auf das Mißlingen aller durch die Regierungen selbst ausgefuͤhrten groͤßen Arbeiten hin, waͤhrend dagegen die durch Privat Personen oder Associationen unternommenen Arbeiten mit Erfolg gekront worden seyen. Wir werden in einem zweiten Artikel die Details mittheilen, die der Verfasser bei seinen Demonstrationen zu Huͤlfe nimmt. Seine historischen Unteesuchungen uͤber die Gesetzgebung in Betreff der oͤffentlichen Arbeiten gehen bis zu Heineich IV. hinauf. Die Edikte dieses Königs beguͤnstigten die Associationen und sicherten den Unternehmern einen gesetzlichen und dauernden Gewinn; so wurde der Kanal von Briare angelegt, und er ist der erste, welcher in Enropa durch eine Association gebaut wurde. Unter Ludwig XIV. wurden die Konzessionen fuͤr die Kanaͤle von Languedoc, Orleans, Loing und Oureg in demselben Geiste ectheilt. Allein nach und nach verließ man diese Traditionen, den Provinzen wurden ihre Freiheiten entrissen, und man uͤberließ allmaͤlig Alles der Regierung. Damals sing man an, mit Staatsgeldern die Kanaͤle von Bur gund und St. Quentin zu bauen, die 72 Jahre lang unvollendet geblieben waren und die bei ihrer Vollendung dem Lande das Vier fache der ersten Vecanschlagung gekostet haben. Ein Beamter, der Arbeiten auf Staats Kosten ausfuͤhren laͤßt, zieht weder das Verhaͤlt niß des muthmaßlichen Ertrages zu den Bankosten, noch die Noth wendigkeit der Sparsamkeit bei der Wahl der Materijvien, noch die Lokaliät bei der Bestimmung der Dimensionen, noch die durch eine schnelle Ausfuͤhrung zu erlangenden Vortheile in Betracht; er will vor allen Dingen Werke aus Quadersteinen, einen durchaus monumentalen Kanal. Er beachtet nurdie großen Schifffahrts Linien, dievon einem Meere zum anderen gehen und nur die großen Staͤdte beruͤhren, und auf diese Weise werden die oͤffentlichen Einkuͤnfte und der National Kredit ohne Nutzen fuͤr das Land erschoͤpft. Die Verzweigungen, welche den Hauprorten der Departements, den Manufaktur Staͤdten, den wichti⸗ gen Minen von Rutzen seyn und namentlich die Landleute bereichern wuͤrden, sind aufgegeben, weil Einem nichts daran liegt, seinen Na⸗ men an so unbedeukende Unternehmungen zu knuͤpfen.

Wenn die Regierung Konzersionen ertheil so lassen die dami

681 beglerung Konzessionen ertheilt, so lassen die damit verknuͤpften harten Bedingungen und Lasten glauben, daß sie die Ge sellschaften entmuthigen und verdrangen und peler felbst die Ausfuͤb⸗ rung der Eisenbahnen und Kanle üͤbernehmen will. Sie bewilligt anfangs nur temporaire Konzessionen und konfiszirt spaͤter gewi henaes ßen die auf Kosten und auf die Gefahr der Acpetation en Aeefefqe menen National⸗Arbeiten. Hiernach behaͤlt die Feaij sich Recht vor, das Detail der Entwuͤrfe zu vruͤfen, sie zu e, nch und ihre Ausfuͤhrung zu uͤberwachen; sie haͤlt die Gesellschnften 1 ihrer Vormundschaft und macht sie verantwortlich fuͤr EET“ administrative Langsamkeit, die durch willküͤrliche und zahtlon nirende litäͤten veranlaßt wird. Zweitens bestimmt sie den Tarif der Eisen bahnen unter den wieklichen Kosten; sie genehmigt diese oder jene Li⸗ nie, diese oder jene Gesellschaft und giebt im Allgemeinen den Ban⸗ Auiers den Vorzug, die in den Eisenbahnen nichts als ein Mittel zum Boͤrsenspiel sehen und sie niemals vollenden, Bei so harten Bedin⸗

gungen werden die Gesellschaften verdraͤngt oder sehen sich bald in der Ausfuͤhrung des unternommenen Werkes gehemmt; dann laͤßt die Regierung sie auf Kosten des Schatzes ausfuͤhren. Da ste aber, in⸗ dem sie entweder die Arbeiten selbst leitet, oder Gesellschaften unter⸗ stuͤtzt, jaͤhrlich nur maͤßige Summen auf dergleichen Arbeiten ver⸗ wenden kann, so wird Alles mit einer hoͤchst nachtheiligen Langsam⸗ keit betrieben. Endlich belegt sie ganz Frankreich mit Steuern, um die speziellen Ausgaben zu decken, die fuͤr Projekte bestimmt sind, welche ausschließlich einigen reichen und privilegirten Gegenden zu Gute kommen; sie erregt daher durch Annahme des Prolelles, dem sie den Vorzug giebt, die Unzufriedenheit der aufgegebenen Ortschaf⸗ ten und legt ihnen somit Lasten auf, die durch nichts kompensirt werden. 1

Dies sind mit wenigen Worten die Maͤngel, welche der Verfasser in der gegenwaͤctigen Gesetzgebung erblickt. Obgleich wir nicht in jedee Bezichung seiner Meinung deipflichten koͤnnen, so muͤssen wir doch eingestehen, daß die Centralisirung und eine schlecht verstandene Einmischung der Regierung in die oͤffentlichen Arbeiten oft die Aus⸗ fuͤhrung derselben gehemmt und dem Lande sehr druͤckende Lasten auf⸗ gebuͤrdet haben. Es sind zahlreiche Reformen vorzunehmen, und wir wollen gern mehrere der von Heern Cordier vorgeschlagenen Neue⸗ rungen gelten lassen. Er will 1) daß die Eisenbahnen, die großen Straßen, die Kanaͤle von denen bezahlt werden, die den Rutzen davon haben, und zwar nach dem Verchaͤltnisse der Vortheile, welche sie dar⸗ aus ziehen; 2) daß die Konzesstonen zur Anlegung von Kanaͤlen und Eisenbahnen denjenigen Gesellschaften ertheilt werde, welche die Ent wuͤcfe derselben vorlegten und die im voraus vorgeschriebenen und fuͤr Alle gleichen Bedingungen erfuͤllten; 3) daß die Konzessionen allen Assockationen auf ewige Zeiten verliehen werden, ohne Re⸗ vidirung des Tarifs, ohne eine Klausel der Abloͤsung, ohne eine Kon⸗ trolirung des Projekts oder der Arbeiten, da die Gesellschaften allein fuͤr ihre Arbeiten verantwortlich sind; 4) will er die Abgabe des Zehnten von den Preisen der Plaͤtze, die Verpflichtung, die Depeschen gratis zu befoͤrdern und die Abgaben von dem Grund und Boden und den Gebaͤuden waͤhrend zwanzig Jahren abgeschafft wissen; 5) soll den Verwaltungen der Staͤdte die Direction, so wie die Ko⸗ sten fuͤr die Erbauung und Unterhaltung der Bruͤcken, Quais, des Straßen⸗Pflasters uͤbectragen und die Land⸗Bewohnee von der Zah⸗ lung von Steuern fuͤr Arbeiten, die ihnen keinen Vortheil bringen, befreiet werden. Aus diesen verschiedenen Vorschlaͤgen leitet Herr Cordier eine Folgerung ab, die auf nichts Geringeres hinauslaͤuft, als auf die Wiederherstellung der ehemaligen Provinzial⸗Verwaltun⸗ gen: er will den Staͤdten und Gemeinden die Fuͤhrung ihrer Ange legenheiten unter der Kontrole der Regierung zuruͤckgeben, die großen Arbeiten ausschließlich den Assoeiationen anvertrauen und die Abga⸗ ben dadurch vermindern, daß man auf die Arbeiten des Luxrus und auf die unnuͤtzen Monumente verzichte. Das heißt denn doch ins Leben schneiden, und Herr Cordier fuͤrchtet nicht, die administrative Frage mit der politischen in Konflikt zu bringen. Die Verzeichnisse gewisser Steuern aͤndern, nene Gewalten schaffen, die administrativen Umgraͤnzungen antasten, der Central⸗Regierung einen Theil ihrer Macht rauben, das sind Unternehmungen, zu denen die Kammern niemals die Haͤnde bieten werden. Um dergleichen Profekte auszu⸗ fuͤhren waͤre die Energie der konstitnirenden Versammlung oder die unumschraͤnkte Gewalt Napolcon's noͤthig. In einer so aufgeregten Zeit, wie die unsrige, bei allen den Schwierigkeiten, die sowohl im Innern als von außen her auf Frankreich lasten, werden Pläne, die so tief eingreifende Reformen erheischen, niemals die Zustimmung derjenigen erhalten, die allein ihre Ausfuͤhrung bewirken koͤnnten. 9 muß auf eine behutsamere Weise den Weg der Reformen be⸗ reten.

Wir wiederholen es, in mehrfacher Beziehung stimmen wir voll⸗ kommen mit Herrn Cordier uͤbevein, und wir haͤben bereits unsere Meinung uüber die Centralisation ausgesprochen; sie ist im Allgemei⸗ nen den materiellen Interessen des Landes nachtheilig, aber die Ge⸗ walt glaubt zu ihrer Erhaltung und Konsolidirung dieselbe noͤthig zu haben; sie war auch einer der Stuͤtzpunkte Napoleon's, und den⸗ noch ließ ihn derselbe im Stich, weil er alle Lokal⸗Interessen zu sehr kompromittirt hatte. Unter seiner Herrschaft hatte das Centrum die Extremitaͤten ohne Nutzen fuͤr die allgemeine Sache absorbirt.

Herr Cordier ist ein Utilitarier und bringt dieser Meinung viele Dinge zum Opfer. Er will keine Monumente des Luxus mehr; er betrachtet sie als gefaͤhrlich fuͤr die Freiheit, verderblich fuͤr die Wohlfahrt der Voͤlker, und er glaubt in der Geschichte die Bestaͤti⸗ gung dieser Ansicht zu finden. „Die sechzehnte Dynastie Aegyp tens“, sagt er, „welche 2220 Jahre vor Christus die letzten Pyra⸗ miden bauen ließ, wurde durch die Arabischen Nomaden vertrieben, welche die Tempel in Brand steckten und zerstoͤrten, viele Staͤdte verwuͤsteten; die Beruͤhmtheit und der Reichthum der Palaͤste hatte ihre Habsucht gereizt. Die Aegypter verdanken ihren Pyramiden 4000 Jahre der Sklaverei. Als die Monumente des Perikles die Einkuͤnfte Griechenlands verzehrt hatten, da erhoben sich die mit Athen rivalisirenden Staͤdte, welche ihm diesen neuen Ruhm benei⸗ deten, und 23 Jahrhunderte der Sklaverei waren fuͤr Griechenland die Frucht des monumentalen Ruhmes Athens und des Perikles. Die in Rom durch Augustus, Tiberius und Nero errichteten Monu⸗ mente haben ebenfalls maͤchtig zu der Invasion der Barbaren bei⸗ getragen. Florenz verdankt den Mediceern seine praͤchtigen Palaͤste und den Ruin seiner Finanzen und seiner Freiheiten. Seinen Luxus⸗ Monumenten verdankte Ludwig XIV. alle die Ungluͤcksfaͤlle, die ihn in seinem Alter trafen. Napolcon wolite Ludwig XIV. nachahmen und erfuhr dasselbe Ungluͤck.“ Man siebt, daß Herr Cordier Alles aus seinem Gesichtspunkte als Ingenieur betrachtet und den Verfall der Staaten dem Umstande zuschreibt, daß man mehr Luxus⸗Monnmente errichtete, als Landstraßen und Ka⸗ naͤle anlegte. Es ist Herrn Cordier nicht unbekannt, daß man in der Geschichte Thatsachen zur Untevrstuͤtzung aller ürsachen und aller Meinungen findet, wenn man sich in einen zu engbegraͤnz⸗ ten Ideenkreis versetzt. Es ware auch leicht, das Umgekehrte zu be weisen, naͤmlich, daß die Voͤlker unterjocht und erobert wurden, weil sie nicht diejenige Aet der Kultur befaßen, welche die Kuͤnste und Monumente erzengt; dies ist uͤbrigens unserer Analyse fremd, denn wir haben nur eine Idee von den Tendenzen des Verfassers geben wollen. Wir wollen indeß dies Kapitel nicht verkassen, ohne einige sonderhare von Herren Cordier angestellte Schaͤtzungen zu erwaͤhnen,

Eine Aegyptische Pyramide, nur auf 1 Million geschaͤtzt und vor 1000 Jahren erbaunt, repraͤfentirt, mit den jaͤhrlichen Zinsen zu 5 Ct.⸗ mehr Millionen, als die Baͤume in den Waͤldern Feankreichs im Monat Juni Blaͤtter haben. Die durch Perikles auf die Monumente Alchens verwendeten 21 Millionen bilben nach 2200 Jahren mit den Zinsen 86 Milliarden von Milliarden, mit 72 Nullen. Durch eine aͤhnliche Rechnung findet man, daß man mit der Summe des Kapi⸗ tals und der Zinsen, die auf die Palaͤste der Medieccer und Lud⸗ wig’s XIV. verwendet worden, gegenwaͤrtig dieselben aus massivem Golde erbaut werden koͤnnten.

Wir lagsen nun einige statistische Details uͤber die Ausdehnung und die Kosten einiger Communications⸗Wege in verschiedenen Län dern, eine Vergleichung des Schicksals der oͤffentlichen Arbeiten, die durch die Regierungen, mit denen, die durch Associationen ausgefuͤhrt worden und sendlich einige summarische Nachweisungen uͤber die ür sachen der letzten Ueberschwemmungen in Frankreich, die Herr ECordier gaͤnzlich der schlechten Leitung der oͤffentlichen Arbeiten und nament lich dem Baue der Quais und der Bruͤcken zuschreibt, folgen. Heerr Cordier laͤßt fast alle große Communications⸗Arbeiten, die in Europa und den Vereinigten Staaten ausgefuͤhrt worden sind, die Revue passiren, und namentlich ziehen die letzteren, nebst Eng

land, seine Aufmerksamkeit guf sich, weil er dort die Anwendung des von ihm vorgeschlagenen Systems findet, naͤmlich die Ausfuͤhrung von Eisenbahnen und Kanaͤlen durch konzessionirte Gesellschaften. In den Vereinigten Staaten haben nach dem Verfasser gegenwaärtig

Zu Großbritanien uͤbergehend, findet er, daß England, ohne Schottland und Irland, 97 Kanaäaͤle besitzt. Sie haben eine Laͤnge von etwa 750 Meilen und kosteteten 922 Millionen Fr., d. h. 920,000 Fr. fuͤr die Meile. Schottland hat 7 Kanäaͤle mit einer Laͤnge von 15 Meilen, Irland hat nur einen einzigen Kanal, der 18 Meilen lang ist. Die meisten dieser Werke sind durch Gesellschaften ausge⸗ fuͤhrt worden; aber einige der wichtigsten, und dies erwaͤhnt Herr Cordier nicht, unter anderen der Caledonische Kanal, wurden durch die Regierung erbaut und leisten sehr wesentliche Dienste, obgleich sie dem oͤffentlichen Schatz keinen Gewinn bringen. Die Regierung hat uͤberdies eine große Anzahl Gesellschaften durch Anleihen und Vorschuͤsse unterstuͤtzt und ihre Einmischung in die Arbeiten dersel⸗ ben ist stets heilsam gewesen. Ja, in vielen Faͤllen wuͤrden di Konzessionirten sogar gendthigt gewesen seyn, ihre Unternehmungen aufzugeben, wenn die Regierung ihnen nicht zu Huͤlfe gekommen wäaͤre.

Wir finden auch, daß es der Vergleichung zwischen den Arbeiten, die zu verschiedenen Zeiten von der Regierung, und denen die von Gesellschaften ausgefuͤhrt wurden, an Unparteilichkeit fehlt. In die eeste Klasse hat Herr Cordier nur diejenigen aufgenommen, die nicht gelungen oder in Folge von Eroberung oder Wanderungen nicht zu Stande gekommen sind. Die nachstehenden Uebersichten enthalten einen Auszug aus den von Herrn Cordier mitgetheilten Tabellen, woruͤber wir unten einige Bemerkungen machen werden.

Namen Gegenwaͤrtiger der Zustand Fuͤrsten, welche die Ar⸗ der

Namen

Namen 8 der

großen Kanaͤle. 8 8 beiten unternommen. Kanaͤle.

China. Unvollendet u schlecht unter 8 1 halten. Der Koͤnigs⸗Eroͤffnet durch Nabucho⸗ Verschuͤttet. Fluß. donosor; wieder aufge⸗ graben durch Alexan⸗ der, Trajan, Sever u. Julian. Der Kanal derstünternommen durch Se Verschuͤttet. Koͤnige. sostris, Nechos, Trajan und Omar. Der Kanal vonsalngefangen durch Tra⸗Verschuͤttet. Nikomedien. jan, fortgesetzt durch Anastasius, Alexis und Bajazed. ½ Der Kanal amfUnternommen durch Verschuͤttet. Berge Athos. Rerxes. Der Kanal auffüngefangen durch Alex⸗Verschuͤttet. dem Isthmus ander den Großen. des Berges Mimas. Der Kanal vonfünbefohlen durch Pe⸗Unvollendet Korinth. riander, unternommen] verschuͤttet. durch Demetrius, Ne⸗ ro, Herodes, Atticus. Deutschland. Der Rhein⸗ u. Angefangen durch Karlunvollendet Donau⸗Kanal.] den Großen. verschuͤttet. Der Kaiserliche Angefangen d. Karl V. Im Rohen be⸗ Kanal von Na arbeitet und ö.“ 1 verschuͤttet. Der Koͤnigliche nbefohlen d. Karl III. unvollendet. Kanal v. Mur⸗ 8 cig. Frankreich. Die Kanaͤle vonAngefangen durch Lud⸗Unvollendet b

Der große Kai⸗ serliche Kanal.

Assyrien.

Aegypten.

Spanien.

die Kanaͤle und kanalisirten Fluͤsse eine Laͤnge von 1050 Deutschen Meilen, die im Bau begriffenen und die bereits befahrenen Eisen⸗ bahnen eine Laͤnge von 975 Meilen, so wie die Landstraßen, auf denen ein Zoll erhoben wird, eine Laͤnge von 2400 Meilen.

Burgund, Ni⸗wig XV., fortgesetzt d.

vernais, Pikar⸗ Ludwig XVI. und Na⸗

die, Bretagnef poleon.

1e

Die Haͤfen vonsAngefangen durch Lud

Cette, Cher⸗ wig XIV., fortgesetzt

bourg. durch Ludwig XV., Ludwig XVI. und Na⸗ polcon.

Zustand der ersten Kanäaͤle, die von Gesellschaften oder Staͤdten unternommen wurden, denen sie auf ewige Zeiten als Eigenthum verliehen worden.

Zej 8

Zustand

der der Konzessionen.] 11““ Kanaͤle

Kanaͤle.

Unternehmer.

1038. Kanal v. Briare. Die ersten Unternehmer Vollkommen waren einfache Finan⸗ erhalten ciers, die sich in der Folge mit den ersten Fa milien Frankreichs ver 8 banden. 1666. Kanal von Lan⸗Riquet, Stammvater der Vollkommen qguedoc. Familie Caraman, Graf, erhalten. 8 Herzog und Fuͤrst. 16079. Kanal d'Orleans Der Ürgroßvater des Koͤ⸗ Vollkommen 1 nigs der Franzosen. erhalten. Kanal v. Givors. Zacharie, ein Uhrmacher;⸗Vollkommen die Einkuͤnfte, welche der erhalten. ilnternehmer und seine Associés aus dem Kanal bezogen, waren dem dar⸗ 8 auf verwendeten Kapitall 2 gleich. Bridgewater Ka⸗Der Herzog von Bridge⸗Vollkommen nal. water hat viele Zweig⸗ erhalten. I Kanale angelegt. Kanaͤle in Eng⸗Hundert Kanaäaͤle gehoͤren Vollkommen land. GSGSesellschaften, sie wer⸗ erhalten. f den stets vollkommen er halten und sind sehr b1AA“ eintraͤglich. 2 80 1841. Kanäͤlc in Flan Sie gehoͤren den Staͤd⸗Exemplarisch dern und Holüten und sind stets in erhalten. „(land. trefflichem Zustande. 1800 1840. Kanaͤle der Ver Sie gehoͤren entweder den Werden jaͤhr⸗ einigt. Stagten. Staaten oder Gesell⸗] lich verbes⸗ schaften; sie sind mit bkonomischem Luxus ausgefuͤhrt.

„Wir wollen zuerst bemerken, daß die durch Privat⸗Personen aus⸗ gefuͤhrten oͤffentlichen Arbeiten gegen die zerstoͤrenden Einwirkungen, welche durch Invasionen, Eroberungen und Entvolkerung berbeige⸗ fuͤhrt werden, nicht besser geschuͤtzt sind, als die durch die Regierun⸗ gen ausgefuͤhrten. Was wird nach 2000 bis 3000 Jahren aus den

*) Die Kanaͤle werden nur vollendet werden, wenn sinanzielle Gesellschaften die Ausfuͤhrung uͤbernehmen; sie werden nicht die Un⸗ terhaltungskosten und die Zinsen der Kapitalien decken, weil man die Arbeiten in Quadersteinen und mit zu großem Luxus ausgefuͤhrt hat, (Anm. Cordier'ë.)