1841 / 308 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

ob die Rew⸗Vorker Mac Leod schuldig oder unschuldig fin ieser Ursache haben wir ihre Berichte uͤber die drei ersten seines Prozesses ohne alles Interesse gelesen. Wenn hm anvertraute Sache nicht arg verrathen hat, so hat die Amerikanische Regierung sich verpflichtet, um jeden Preis Mac Leod's Frcilassung zu sichern, und er muß daher in voͤlligem Trunt phe loskommen, mit oder ohne die gute Erlaubniß der New⸗x orker. Diese moͤgen ihren Ausspruch ganz nach Belieben faͤllen und wenn wir noch einen Wunsch hegen, so ist es der, daß sie Mac Leod schul⸗ dig finden moͤgen. Unser Vertrauen haftet unerschuͤtterlich auf der Klughbeit, Gerechtigkeit und Redlichkeit von Besseren, als die New Vorker sind; es haftet auf der souverginen Regierung pon Nord⸗Ame⸗ rika, fuͤr welche wir pflichtschuldig die ungeheucheltste Hochachtung empfinden.”“

Der Globe enthaͤlt ein Verzeichniß der Flotte der Verei⸗ nigten Staaten, aus welchem hervorgeht, daß dieselbe gegenwaͤr⸗ tig aus 5 Linienschiffen, 9 Fregatten, 18 Schaluppen, 2 Briggs, 10 Schoonern und 2 Dampffregatten besteht; 6 Fregatten liegen noch auf dem Stapel. 1

Der westliche Bezirk von Yorkshire hat in einer vorgestern in Wakefield gehaltenen, glaͤnzend besuchten Versammlung, dem Lord Morpeth einstimmig eine Adresse votirt, worin ihm die Li⸗ beralen dieses Bezirks ihr Bedauern zu erkennen geben, daß sier seine Dienste verloren haben.

Waͤhrend der letzten Tage war hier fast unaufhoͤrliches Re⸗ genwetter; in den Provinzen schwellen die Fluͤsse an und setzen das angraͤnzende Land unter Wasser. In Irland ist die Kar⸗ toffel⸗Aerndte an vielen Stellen gaͤnzlich mißrathen.

Der General⸗Major Sir W. Gomm giebt das Kommando in Jamaika auf und uͤbernimmt das Kommando von Nord⸗Eng⸗ land, von wo Sir Ch. J. Napier zum Stabe nach Ostindien ab⸗ geht; nach Jamaika geht General⸗Major Sir H. Berkeley.

Der lange Streit uͤber die Aufstellung von Lord Byron's Buͤste in der Westminster⸗Abtei ist endlich auf eine fuͤr die Vereh⸗ rer des Dichters nicht erfreuliche Weise entschieden. Bekanntlich liegt schon seit Jahren die Buͤste unausgepackt in dem Zollhause, weil der Dekan von Westminster, unter der Billigung der hohen Geistlichkeit, beharrlich ihre Aufstellung in der Westminster-Abtei verweigerte. Die ganze Angelegenhelt war in den Haͤnden des Advokats Hanson, einer der Vormuͤnder Byron's und spaͤter auch einer seiner Testaments⸗Vollstrecker. Hanson ist nun kuͤrzlich ge⸗ storben und hat in seinem Testamente verordnet, daß Byron's Buͤste, da keine Hoffnung zur Errichtung eines Denkmals in der Westminster⸗Abtei vorhanden, nach Griechenland gebracht werden soll, um dort aufgestellt zu werden.

Unläͤngst ist an der Irlaͤndischen Kuͤste ein Liverpooler Emi⸗ grantenschiff „Urania“ des Nachts gescheitert; die darauf befindli⸗ chen 208 Auswanderer, welche nach Suͤdwales wollten, wurden jedoch durch die an der Kuͤste aufgestellten Rettungsboote saͤmmt⸗ lich ans Land gebracht.

Die Stadt Exeter hat auf Verlangen des dortigen Arbeiter⸗ Vereins den Namen des dortigen Bischofs, Dr. Philpot's, von ihrer Buͤrgerliste gestrichen.

Die Hamburger Boͤrsen⸗Halle vom 3. November : „Durch gefaͤllige Mittheilung haben wir die Nachricht erhalten, daß das Post-Dampfschiff „Acadia“ mit neuen Berich- ten aus New-York in Liverpool angekommen ist, und daß die⸗ selben die Freisprechung Mac Leod's melden. Die Nach⸗ richt ist in einem aus Leeds vom 30. Oktober datirten Briefe enthalten, den das gestern in Hamburg eingetroffene Huller Dampf⸗ schiff „Rob Roy“ uͤberbracht hat.“

8 güͤltig, o den. Aus d Sitzungstage Herr For die i

In einem Bruͤsseler Abendblatte vom

Brüssel, 1. Nov. Die sonderbarsten Geruͤchte sind uͤber die

31. Oktober liest man: politischen Umtriebe in Umlauf. delsfuͤhrer zu errathen, zu charakterisiren. Die bekannten Gesin— nungen mehrerer der verhafteten Individuen, viele genannte Na⸗ men, bieten ein solches Gemisch dar, daß es noch nicht möͤglich ist, zu sagen, ob sie gleicher Ansicht unter einander waren. Um nichts Ungenaues zu verbreiten, theilen wir nur mit, daß wir in Erfahrung brachten, daß General Lecharlier gestern Abends um 8 Uhr in der Eisenbahn⸗Station zu Bruͤssel, wo er von Gent ankam, verhaäftet worden; ein gewisser Duperrier, den wir fuͤr einen fruͤheren Freiwilligen⸗ Offizier halten, ist gestern zu Charleroi verhaftet worden. Man berich⸗ tete uns heute Morgens, daß die ganze Famwilie des Ex-Gene— rals van der Smissen verhaftet worden. Auf jeder unserer Ei— senbahn⸗Stationen ist eine einzige Thuͤre fuͤr den Ein- und Aus⸗ tritt der Reisenden offen gelassen. Die Gendarmerie-Pikete sind auf diesen Stationen verstaͤrkt worden. Polizei⸗Agenten bewachen die Post⸗Buͤreaus. Man versichert uns, es sey heute Morgens zu der Verhaftung mehrerer Offiziere geschritten worden, welche man unter Eskorte ins Gefaͤngniß brachte. Madame van der Smissen, die um ½7 Uhr heute Morgens das Kabinet des In⸗ structions⸗Richters betrat, befand sich Mittags noch dort.

Die Regierung faͤhrt fort, sehr energische Maßregeln gegen die Urheber der Verschwoͤrung anzuordnen. Außer dem obenge⸗ nannten Lecharlier, welcher fruͤherhin Major der mobilen Buͤr— ger⸗Garde war, wurden noch folgende Leute festgenemmen: Per⸗ rin, Schneider hieselbst, Perrier, Agent eines Steinkohlen⸗Ge⸗ schaͤftes, Roszinski, ehemals Polnischer Offizier, und die Gattin des Oberst Parent. In der vorigen Nacht haben neuerdings viele Haussuchungen stattgefunden. Auf dem von Paris angekomme⸗ nen Postwagen wurden gestern eine Haubitze und eine Kiste mit Dolchen und Pistolen, die an die Adresse des Herrn de Crehen gerichtet waren, in Beschlag genommen. Ferner sind auf der Post alle Briefe und Pakete mit Beschlag belegt worden,

die an die bei dem Komptotte betheiligten Personen gerichtet waren. 1 Die Gerichtsbeamten des Appellationshofes von Bruͤssel und des Tribunals erster Instanz sind mit der Instruction des gegen

die Verschworenen eingeleiteten Prozesses eifrigst beschaͤftigt. De Crehen hatte nicht, wie gestern berichtet wurde, einen

Jeder sucht den Zweck der Raͤ⸗- e 81 —, . . . 5 22„ BA . befindet sich seit einigen Tagen hier und hat seine Wohnung im

lebhaften Wortwechsel mit dem Kriegs⸗Minister ern er fie 1 Kriegs⸗Minister, so dem Letzteren zu Füͤßen und sagte Pcn. I 1“ lassen.“ er Plan der Verschworenen soll gewesen seyn, ili⸗ tair⸗Fourage⸗Magazin in Brand zu stecken, 88 ene das e Mes merksamkeit der Behoͤrden zu lenken. Waͤhrend dieser Zeit woll⸗ ten sie sich der Truppen-Befehlshaber bemaͤchtigen, um die Gar⸗ nison zu paralysiren, und die Unteroffiziere derselben im Namen des neuen Kriegs⸗Ministers, Generals Grafen van der Meer, zu Offizieren ernennen. In Gent, so heißt es, sollten am Tage des Aufstandes alle Fabrik⸗Arbeiter aus Lohn und Brod entlassen werden. Man zwei⸗ felt immer weniger daran, daß die Verschwoͤrung einen orangisti⸗ schen Zweck gehabt.

Die Schloßwache von Laeken ist seit vorgestern Abend bedeu⸗

tend verstaͤrkt.

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auch zwei ganz neue Perkussions⸗Kanonen, die, aller Wahrschein⸗ lichkeit nach, aus Antwerpen gekommen waren. 7

88 Deutsche Bundesstaaten.

„Stuttgart, 29. Okt. Als Begluͤckwuͤnschungs⸗Gesandte fuͤr das bevorstehende Jubilaͤum der 25jaͤhrigen Dauer der Regie⸗ rung Sr. Majestaͤt des Koͤnigs sind bis heute hier angekommen außer dem von Seite Sr. Majestaͤt des Koͤnigs von Bayern ge⸗ sandten General⸗Feldzeugmeister Grafen zu Pappenheim, von Seite des Koͤnigs der Niederlande der General Schimmelpennig und von Seite des Großherzogs von Baden der General von Frey⸗ stett. Den morgenden Tag, den Todestag des verstorbenen Koͤ⸗ nigs Majestaͤt, wird der Monarch, wie wir hoͤren, in groͤßter Zu⸗ ruͤckgezogenheit zubringen, so daß die Gratulationen erst Sonntag den 31. Oktober stattfinden wuͤrden. Erwartet wird diesen Abend Se. Hoheit der Erbgroßherzog von Sachsen⸗Weimar. In ihrer heutigen, geheimen Sitzung hat, wie wir vernehmen, die zweite Kammer unserer Staͤnde die Antworts⸗Adresse auf die Thron⸗ Rede berathen. .

Kassel, 28. Okt. (Schw. M.) Munizipalitaͤt amtlich eroͤffnet worden, daß der K urprinz⸗Mitregent der Wahl des Stadtraths und Buͤrger⸗Ausschusses fuͤr die Stelle eines Ober⸗Buͤrgermeisters der Residenz, welche auf Herrn Wip⸗ permann gefallen ist, die hoͤchste Bestaͤtigung versagt hat. Die staͤdtischen Behoͤrden sind zugleich aufgefordert worden, zu einer neuen Wahl zu schreiten.

Gestern ist der hiesigen

—% Altenburg, 2. Nov. Wie uͤberhaupt in den meisten Staͤdten Deutschlands neben anderen einflußreichen Werken des Friedens immer schoͤnere Haͤuser errichtet werden, so hat auch un— sere Stadt einige Neubauten aufzuweisen, die ihr zur Zierde und ihren Gruͤndern zur Ehre gereichen. Auch haben sich diesel⸗ ben des Beifalls und der Unterstuͤtzung unseres Herzogs Joseph zu erfreuen. Hierzu gehoͤrt vor allem das großartigste unter den hier neuerdings aufgefuͤhrten Gebaͤuden, unser neues Gymna— sium, welches zugleich das Schullehrer⸗-Seminar in einen Theil seiner Raͤume aufgenommen hat, das sich bis jetzt mit einer gemietheten Privatwohnung begnuͤgen mußte. Mit einem Auf⸗ wand von wie man sagt mehr als 40,000 Rthlr. aus Lan⸗ desbank⸗Mitteln erbaut, erhebt sich unser Josephinum ganz in der Naͤhe des bisherigen, nunmehr der Buͤrgerknaben⸗Schule aus⸗ schließlich zufallenden Schulgebaͤudes und wurde gestern in Ge— genwart des Herzogs Joseph und der uͤbrigen Glieder seines Hauses durch Gesaͤnge und Reden eingeweiht. Das Fest ward vom Wetter auffallend beguͤnstigt und durch die Theilnahme vie⸗ ler ehemaliger Schuͤler unseres Friedrichs⸗Gymnasiums gehoben. Der wohlgeordnete Festzug ging unter Glockengelaͤute zuerst aus dem bisherigen Schulgebaͤude nach dem Rathhause, wo die Schluͤssel desselben an die Schul⸗Inspection uͤbergeben wurden, und von da, ver⸗ groͤßert durch den Anschluß der Seminaristen mit ihren Lehrern, so wie einer großen Anzahl ehemaliger Schuͤler und anderer Freunde des Gymnasiums, nach dem Josephinum und zwar in dessen schoͤne, fuͤr Schul⸗Feierlichkeiten bestimmte, freundlich deko⸗ rirte Aula. Die hier und im alten Schul-Gebaͤude gehaltenen Reden waren durch Gehalt und Vortrag und durch die Weihe des Geistes, der nur Wenigen gegeben ist, ausgezeichnet. Bei dem Festmahle im Schuͤtzenhause, welches der Feier folgte, freuten sich manche ehemalige Mitschuͤler ihres lang nicht genossenen Wie⸗ dersehens und reichten sich mehrere der Anstalt gleichmaͤßig ver⸗ pflichtete Generationen froh uünd dankbar die Haͤnde. Die Gym⸗ nasiasten und Seminaristen nahmen auf Kosten des Herzogs in einem der Saͤle des Schuͤtzenhauses an dem Festmahle Theil.

Oesterreich.

Wien, 31. Okt. (L. A. Z.) Der Herzog von Bordeaux

fuͤrstlich Kinskyschen Palais, welches der Herzog von Lucca be⸗ wohnt, genommen. Die Equipage des Herzogs war ein gewoͤhnlicher

Postzug, und nach dem Absteigen desselben wurde das Thor des Pg⸗ lais geschlossen, wahrscheinlich um das Andringen Neugieriger fuͤr

den Augenblick zu verhindern. Bis jetzt scheint der Herzog noch keine Besuche abgestattet zu haben und wird waͤhrend seines vier— woͤchentlichen Aufenthaltes hier wahrscheinlich einige Zeit noch der vollkommenen Befestigung seiner Rekonvalescenz widmen. Als Anverwandter unserer Kaiserlichen Familie empfing er bereits Be⸗ suche von mehreren ihrer erlauchten Glieder, und auch der Kaiser erhoͤhte diese verwandtschaftliche Aufmerksamkeit, indem er sich vor ein paar Tagen ganz inkognito und zu Fuß zu dem Prinzen begab. Mit naͤchstem wird der Erzbischof von Salzburg, Fuͤrst Schwar⸗ zenberg, hier erwartet; er will, dem Vernehmen nach, eine Reise nach Rom antreten, und wahrscheinlich erwartet der geistliche Purpur diesen durch Rang und Geburt so hochgestellten Praͤlaten. Die in Ungarn in Vereinigung begriffene Augsburgische und Helvetische Religions⸗Konfession hat bekanntermaßen gemeinschaft⸗ lich zu ihrem Vorstand den Geheimrath, Grafen Teleki, ersehen, einen Mann, der die allgemeinste Hochachtung genießt. Wahr⸗ scheinlich wird derselbe bei dem nun im November dieses Jahres stattsfindenden Landtag in Siebenbuͤrgen auch zum Chef des dor⸗ tigen Guberniums, der hoͤchsten administrativen Stelle des Lan⸗ des, erwaͤhlt werden, was als ein guͤnstiges Vorzeichen fuͤr das obwaltende Vertrauen zwischen dem Lande und der Regierung er— scheint, sowie dafuͤr, daß die nun zunaͤchst auf diesem Landtage abzuhandelnden Religions⸗Angelegenheiten mit jener Ruhe und Achtung vor den gegenseitigen Rechten, wie sie die Wichtigkeit und Zartheit des Gegenstandes erheischt, ihre gesetzliche Erledigung erhalten werden.

Durch einen Beschluß der vereinigten Hof-Kanzlei hat nun auch die Kaiser⸗Ferdinands⸗Nordbahn die Bewilligung zur Holz— Feuerung bei ihren Maschinen erhalten. Es wird sich bei Anwen⸗ dung derselben auf dieser weit gehenden Bahn nun wohl am besten zeigen, ob dieses Brennmaterial bei Eisenbahnen uͤberhaupt von der entsprechenden Wirkung seyn kann. Bei der Wien⸗ Raaber Bahn, wo die Holz⸗Feuerung eingefuͤhrt ist, sind die Di⸗ mensionen derselben und die Fahrzeit noch zu gering, um bei ein⸗ tretenden theilweisen Verzögerungen der Trains die Nachtheile so zu empfinden, wie es z. B. bei einer Fahrt von 28 Meilen nach Olmuͤtz, wenn sich die Lokomotive auch nur mit einer um den dritten Theil verminderten Kraft fortbewegt, der Fall seyn wuͤrde.

Vereinigte Staaten von Nord⸗Amerika. New⸗Bork, 7. Okt. Am 5ten d. hat sich an Bord der zur Ma⸗ rine der Vereinigten Staaten gehdrigen Dampf⸗Fregatte „Fulton“ ein trauriges Ungluͤck zugetragen. Das Schiff war in die untere Bucht gefahren, um die Kraft eines erweiterten Zweiundvierzig⸗ Pfuͤnders, eine Kugel oder Bombe von 64 Pfund zu werfen, durch Versuche zu pruͤfen; man nahm anfangs 10 Pfund Pulver zur La⸗ dung; als man aber 12 Pfund nahm, zersprang beim sechsten Schusse die Kanone und toͤdtete zwei Seeleute, waͤhrend sechs andere

Unter den in Beschlag genommenen Waffen befinden sich

furchtbar verstuͤmmelt und verwundet wurden; die beiden Haupt⸗

1“

stuͤcke der Kanone zerschmetterten die Dampfroͤhren und den groͤß⸗ ten Theil der oberen Schiffsraͤume; ein Lieutenant wurde 15 Fuß durch die Luft geschleudert, ohne großen Schaden zu nehmen. Uebrigens befand sich, als die Kanone zerplatzte, Niemand auf 30 Fuß in ihrer Naͤhe.

Auf der kurz zuvor eroͤffneten Strecke der Eisenbahn zwischen Boston und Hudson hat sich Anfangs Oktober bei hellem Tage der Unfall ereignet, daß zwei von entgegengesetzten Seiten kom⸗ mende Wagenzuͤge, welche mit der Geschwindigkeit von 20 bis 25 Englischen Meilen in der Stunde fuhren, auf einander stießen und die hinter den Maschinen angehaͤngten Personenwagen in Stuͤcke zerschmettert, viele Passagiere aber mehr oder minder schwer und 3 toͤdtlich verletzt wurden. Die hinteren Gepaͤckwagen erlitten fast keine Beschaͤdigung; es wird daher in dem Berichte gefragt, ob es nicht fuͤr die Sicherheit der Passagiere noͤthig seyn wuͤrde, die Gepaͤckwaggons den Personenwagen vorangehen zu lassen.

Merxiko.

Die Hamb. Boͤrsen⸗Halle enthaͤlt Folgendes: „In einem fruͤheren Artikel ist auseinandergesetzt worden, daß Mexiko die Un— abhaͤngigkeit von Texas niemals anerkennen koͤnne noch werde, und diese Behauptung des Einsenders, Capitain Martin, von dem auch die gegenwaͤrtige Mittheilung herruͤhrt, war auf eine zu be⸗ deutende Mexikanische Autoritaͤt gestuͤtzt, als daß die derselben wi⸗ derstreitenden, seitdem aus Blaͤttern der Vereinigten Staaten in die Englischen Blaͤtter uͤbergegangenen Berichte besondere Beach⸗ tung verdient haͤtten. Indessen muß eingestanden werden, daß sich nicht nur die Presse, sondern, wie aus der nachstehenden Mit— theilung des Morning Herald vom 11ten v. M. hervorgeht, auch die Diplomatie in ihren Ansichten uͤber diese Angelegenheit hat irre fuͤhren lassen, ein Irrthum, der sich aus mangelnder Kenntniß der Gesinnungen des Mexikanischen Volkes und aus zu großem Vertrauen in die uͤber die Vereinigten Staaten eingehen⸗ den Berichte erklaͤrt. Der erwaͤhnte Artikel des Morning He— rald ist folgender:

„Die Geruͤchte, welche vor einiger Zeit in den öffentlichen Blaͤttern der Vereinigten Staaten verbreitet wurden, daß Mexiko nicht abgeneigt zu seyn scheine, Vorschlaͤge, die Anerkennung der Unabhaͤngigkeit von Texas und den Friedens⸗Abschluß betreffend, anzunehmen, sind durch die mit dem letzten Mexikanischen Paket⸗ schiffe eingegangenen Berichte keinesweges bestaͤtigt worden. Die nachstehende Abschrift einer Note des Mexikanischen Ministers, in Erwiederung auf einen formellen Antrag zur Vermittelung zwi— schen den streitenden Parteien, ist mit dieser Gelegenheit einge⸗ troffen und ein Gegenstand der Unterhaltung in den hoͤheren di— plomatischen Zirkeln geworden:

„An den Kriegs⸗ und Marine⸗Minister. Ministerium der aus⸗ waͤrtigen Angelegenheiten. Excellenz! Ich habe heute an Se. Er cellenz den bevollmaͤchtigten Gesandten Ihrer Britischen Majestät ein Schreiben erlassen, welches ich Ihnen hierbei in Abschrift mit⸗ theile: „„Der unterzeichnete Minister der auswaͤrtigen Angelegen⸗ heiten hat die Ehre gehabt, die Mittheilung Sr. Excellenz des Herrn Richard Pakenham vom heutigen Tage zu empfangen, in welcher derselbe die Guͤte hatte, ihn von der zu Vera⸗Cruz erfolgten Ankunft eines Commissairs von Texas in Kenntniß zu setzen, der beauftragt ist, der hohen Regierung Vorschlaͤge zur Beseitigung der zwischen Mexiko und jenem Departement bestehenden Differenzen zu machen, indem derselbe zu gleicher Zeit den dringenden Wunsch der Britischen Regierung zu erkennen giebt, daß die gegenwaͤrtige Ge⸗ legenheit zu deren Erledigung unter ehrenvollen und vortheilhaften Bedingungen nicht vernachlaͤssigt werden moͤge. Nachdem ich diese Mittheilung dem Praͤsidenten der Republik vorgelegt habe, damit es demselben gefallen moͤge, in einer Sache von so einleuchtender Wichtigkeit, den Umstaͤnden nach, zu entscheiden, hat Se. Excel lenz nach laͤnger und reiflicher Ueberlegung mir den Auftrag er theilt, dem Herrn Pakenham anzuzeigen, was ich hiermit die Ehre habe zu thun, daß die Mexikanische Regierung keinen Beweggrund finde, in Bezug auf die Frage von Texas ihre in Erwiderung auf eine dieselbe Angelegenheit betreffende Note des Herrn Pakenham ausgesprochene Meinung zu aͤndern, zu welchem Ende sie die noͤthigen Befehle zur nochmaligen Ausfertigung der Note ertheilte, welche demselben von dem Minister unterm 11. Dezember 1839 zugesandt worden ist. Ungeachtet dieser Ueberzeugung erkennt Se. Excellenz der Praͤsident gebuͤhrendermaßen die freundschaftliche Bemuͤhung der Britischen Regierung an, diese Frage zu einer friedlichen Beendigung zu bringen, und bedauert sehr, nicht im Stande zu seyn, den drin genden Wunsch derselben zu erfuͤllen; allein Se. Excellenz der Praͤsident kann sich unmoͤglich von den Grundsaͤtzen der Ehre und Gerechtigkeit entfernen, welche ihm verbieten, in die Zerstuͤckelung der Republik zu willigen und eine Handlung der schreiendsten Undankbarkeit, mit welcher einer großmuͤthigen und freigebigen Nation durch die Usurpation jener reichen und fruchtbaren Laͤndereien vergolten worden ist, gutzuhei ßen, nachdem sie die groͤßte Gastfreundschaft denjenigen erwiesen hat, die zu ihr kamen und gleich Bettlern sie von ihr erbaten. Au⸗ ßerdem ist es Herrn Pakenham nicht unbekannt, daß, seitdem das Depar⸗ tement von Texas sich in Aufstand befindet, die Insurgenten eine unzah lige Mengevon Sklaven eingefuͤhrt haben und noch fortwaͤhrend einfuͤh⸗ ren; ein Handel, der die Menschheit mit Abscheun erfuͤllt, und aus welcher Ursache allein, selbst wenn keine andere stattfaͤnden, die Republik von Mexiko und deren Regierung niemals zu einer Handlung sich hergeben koͤnnen, welche einer Sanction und Anerkennung der Skla⸗ verei gleichkommen wuͤrde. Der Unterzeichnete hat die Ehre zu seyn ꝛc.““ Und ich meinerseits habe die Ehre, Ihnen eine Ab schrift fuͤr Ihre Regierung und fuͤr andere passende Gelegenheiten zuzustellen. Gott und Freiheit. Mexriko, 8. Juni 18141. Unterz.) Sebastian Camacho. An Se. Excellenz den Kriegsminister.“”

Ostindien. Kalkutta, 19. August. Aus Mulmihe ist hier die Nach⸗ richt eingetroffen, daß ein Krieg mit den ““ bruche naͤhe sey, indem Tharawaddi, angeblich von den Chinesen aufgereizt, eine sehr große Armee zusammenbringe, um in die an⸗ stoßenden Britischen Provinzen einzufallen, wo man sich deshalb ruͤste und viele Kanonenboͤte bewaffne.

Fnkland.

Stettin, 28. Okt. Die hiesige Armen⸗Direction hat unterm 11ten d. M. die wesentlichsten Resultate der Armenpflege im Verwaltungs⸗Jahre 1840 zur oͤffentlichen Kenntniß gebracht. Danach hat die Armenpflege im genannten Jahre eine Summe von 39,695 Rthlr. 15 Sgr. 8 Pf. (831 Rthlr. 21 Sgr. 5 Pf. mehr als 1839) erfordert, wozu die Kaͤmmerei⸗Kasse 16,800 Rthlr. (300 Rthlr. weniger als 1839) zugeschossen hat. An Vermaͤcht⸗ nissen 50 Rthlr., an freiwilligen Beitraͤgen 4840 Rthlr. 28 Sgr. 9 Pf. und an Geschenken 1352 Rthlr. 27 Sgr. 3 Pf. ein, unter welchen letzteren sich 1222 Rthlr. 20 Sgr. (und unter diesen wiederum 1000 Rthlr. Gold als Geschenk von des Koͤnigs und der Koͤnigin Majestaͤten) befanden, welche nicht zur Armen⸗ Kasse vereinnahmt, sondern nach dem Willen der Geber be⸗ sonders vertheilt und verwandt sind. Die an Arme baar gezahlte Unterstuͤtzung betrug 12,210 Rthlr. 29 Sgr. 6 Pf. An ander⸗

weitiger Unterstuͤtzung wurde gegeben 139,107 Portionen Mittags⸗ essen, 1015 Rthlr. 15 Sgr. 11 Pf. fuͤr Medikamente, Bruchban⸗ dagen und Blutegel, 145,000 Stuͤck Torf und 42 Klaftern Holz, 168 Rthlr. 1 Sgr. 6 Pf. fuͤr Bekleidungsstuͤcke, 139 Rthlr. 11 Sgr. 9 Pf. an Beerdigungs⸗Kosten, 205 Rthlr. 17 Sgr. 6 Pf. Arbeitslohn an Frauen, die mit Spinnen, und 227 Rthlr. 10 Sgr. an Familien, die in der Holzkleinmache⸗Anstalt beschaͤftigt waren. Aus einer durch die anhaltende Strenge des Winters veranlaßten extraordinairen Sammlung, welche 556 Rthlr. 16 Sgr. eintrug, wur⸗ den 117 Klafter Holz fuͤr 478 Rthlr. 20 Sgr. angekauft und mit den uͤbrig gebliebenen 77 Rthlr. 25 Sgr. an Arme vertheilt. Fuͤr Rechnung der Armen⸗Kasse bei Pflege⸗Aeltern untergebrachte Kinder waren beim Beginne des Verwaltungs⸗Jahres 175 vorhanden, es kamen 57 hinzu und schieden 48 aus, so daß auf das Jahr 1841, einschließ⸗ lich 47 Zoͤglingen in der Erziehungs⸗Anstalt, 231 Pflege⸗Kinder uͤbergingen. Die Kosten der Unterhaltung eines Kindes in der letztgenannten Anstalt betrugen circa 44 Rthlr. Freier Schul⸗ Unterricht wurde 1556 Kindern gewaͤhrt. Am Schlusse des Jah⸗ res befanden sich in den unmittelbar von der Armen-Direction abhaͤngigen Anstalten 404 Personen.

Halle, 2. Nov. (L. Z.) Die Reformations⸗-Jubelfeier ist, wie zu erwarten war, von Stadt und Universitaͤt unter großer Theilnahme vieler Fremden aus dem Inlande, aus den Anhalti⸗ schen Laͤndern und aus dem Koͤnigreiche Sachsen, vorzuͤglich aber aus Leipzig, auf eine der evangelischen Kirche hoͤchst wuͤrdige und begeisterte Weise gefeiert worden. Das Fest war durch große Vorbereitungen und Anstrengungen der Stadt zur Erneuerung des Innern der Kirchen, namentlich der unserer lieben Frauen auf dem Markte und von St. Moritz ein Gegenstand wetteifernder Theilnahme des Publikums geworden. Am 30. Oktober war Nachmittags um 3 Uhr in saͤmmtlichen Kirchen eine allge— meine Vorbereitung, wozu das gewoͤhnliche Gelaͤute einlud. Am Abend aber wurde nach 6 Uhr eine Stunde lang mit allen Glocken gelaͤutet. In den Schulen wurde ebenfalls der Sinn der Jugend auf die Bedeutung des Festes aufmerksam gemacht und bei dieser Vorfeier in den Schulen ein Auszug aus der groͤßeren Schrift des Archidiakonus Professor Franke unter dem Titel: „Zur dritten Jubel— feier der Kirchen⸗Reformation in der Stadt Halle“ unentgeltlich ver⸗ theilt. Fuͤr das gebildete Publikum hatte aber ein besonderes In— teresse die Ausstellung von mehr als 700, meist origineller Druck⸗ schriften und einiger Handschriften aus dem Zeitalter vor und waͤhrend der Reformation mit besonderer Ruͤcksicht auf Land und Zeit, welche in den Gebaͤuden der großen Franckeschen Stiftungen die Herren Direktor Niemeyer, Professor Franke, die Doktoren Eckstein und Foͤrstemann und Buchhaͤndler Schwetschke am 30. Oktober und mehreren folgenden Tagen veranstaltet hatten. Daselbst wurde eine Schrift unter dem Titel: „Ausstellung meist origineller Druck⸗ schriften zur Erlaͤuterung der Reformaͤtions-Geschichte mit beson- derem Bezuge auf die Deutsche und Hallische Kirchen-Verbesserung, veranstaltet zur 300jaͤhrigen evangelischen Jubelfeier der Stadt Halle im Examinations⸗Saale der Franckeschen Stiftungen“ aus⸗ gegeben.

Am 31. Oktober kamen lange Festzuͤge von Dampfwagen auf den Eisenbahnen von Magdeburg, Berlin und Leipzig in aller Fruͤhe an und fuͤhrten große Schaaren evangelischer Christen da⸗ her, waͤhrend die Glocken aller Kirchen in der 8ten Stunde in ver— schiedenen Pulsen zur Feier riefen. Nach dem Vormittags⸗Got⸗ tesdienste feierte die Universitaͤt unter Theilnahme der einheimi⸗ schen staͤdtischen und Koͤniglichen Behoͤrden und vieler Auswaͤrtigen um 11 Uhr in der Aula die Erinnerung an den Sieg des Evan⸗ geliums durch die Froͤmmigkeit der Einwohner in der Stadt vor 300 Jahren, und zugleich an das im Sinne Luthers fortgesetzte Werk des Protestantismus auf der Universitaͤt Halle seit ihrer Begruͤndung zu Ende des 17ten Jahrhunderts, durch August Hermann Francke, Semler, Thomasius und andere ausgezeichnete Mitglieder der theologischen Fakultaͤt vor ihrer Vereinigung mit der Universitaͤt Wittenberg und nach derselben. So sprach der Deutsche Fest-Redner, Konrektor Professor Dr. Tho⸗ luck, sich in seinem trefflichen Vortrage aus. Voran ging die Eroͤffnungs-Musik von Dr. Naue mit dem Liede des Halli— schen Reformators Dr. Jonas „Wo Gott der Herr nicht bei uns haͤlt ꝛc.“ Beides trug der akademische Sing-Verein, von dem Hallischen durch auswaͤrtige Musiker verstaͤrkten Orchester unter— stuͤtzt, und nach dieser Fest-Rede die Luthersche Strophe „Amen, das ist, es werde wahr ꝛc.“ vor. Den Schluß machte die Latei— nische Promotions⸗Rede des ehrwuͤrdigen Veterans, Professor Dr. Wegscheider, welcher den Gang, den das Reformations⸗Werk genommen, mit einem historischen Ueberblick der einheimischen Lei— stungen in seinem Lichte beleuchtete, ehe er zu der Fest-Promotion der Ehren⸗Doktoren und der Licentiaten uͤberging, welche dem Gan— zen Charakter und Weihe gab. Die Ehrenmaäͤnner aber sind Schel⸗ ling in Berlin, Lobeck in Koͤnigsberg, Ritter in Goͤttingen, Robin⸗ son in Nord⸗Amerika, Geffken in Hamburg, Maͤnß in Magdeburg, Ackermann in Meiningen, Fritzsche in Zuͤrich, Daͤhne und Franke, Mitglieder der Universitaͤt Halle, welche beide nach altherkomm— licher Weise die Promotion angenommen haben. Die dieser aka⸗ demischen Jubelfeier vorangehenden Schriften waren 1) eine La— teinische Einladung des Prorektors der Hochschule, Professor Dr. Bernhardy: 0. D. B. V. Memoriam sacrorum tribus abhine saccusis in civitate Ilalensi salubriter reformatorum die XXXI. Octobris anni MDCCCXILI. pie celebrabit Academia Frideri- ciana IIalensis cum Vitebergensi sociata etc. 2) Ein Deutsches Programm „Zur akademischen Feier des Reformations⸗Jubilaͤums in der akademischen Aula am 31. Okt. 1841 ꝛc.“ mit dem Text der Gesaͤnge. Und 3) Ad solemnia saecularia tertia sacrorum Ha- lae emendatorum ab utraque Fridericiana academia pie con- celcbranda Prorector eum Directore et Senatu observantissime invital interprete Dr. Christ. Fried. Fritzsche, theologiae Drof. ord. „Quantae molis fuerit, Halae sacra Christiana emendare ostenditur. Additae sunt quinque Epistolae Alberti, Jucis Bo- russorum, et Justi Jonae.“ 32 S. in 4.

Des Nachmittags gegen 3 Uhr hielten die Stadt und die Universitaͤt mit allen einheimischen, auswaͤrtigen und fremden Be⸗ eer und Gaͤsten vog dem Buͤrgerschulgebaͤude, wo sie sich nach Sn mung des Fest⸗ Programms versammelt hatten, ihren feier— ichen Zug nach der Marktkirche durch die Reihen der im Festschmuck scheb Fahnen aufgestellten Innungen und Halloren, welche 1 6 ihre alterthuͤmliche Tracht an die vergangenen Zeiten, ö man feierte, sehr lebhaft erinnerten. In der SBG“ ar an einer Saͤule, der Kanzel gegenuͤber, das Bild von 1 Füünh s Jonas aufgestellt. Nach dem Gesang eines kur— . de 88 Festlieder waren ebenfalls zusammengedruckt in dent . es Waisenhauses) trat der General⸗Superinten⸗ vent, des, werzogthums Sachsen, Bischof Dr. Draͤseke, auf, und uͤberstroömender Beredtsamkeit, daß die Reformation der dem Herrn das regierende Haupt, in dem Geiste die be⸗ lebende Seele, in der Freiheit das erwaͤrmende Feuer wieder gege⸗

ben habe Nach kurze ; ; 1 zem Schlußgesang ging der Zug wieder an das Raths⸗Gebaͤude und sang hier mit der unter ihrer Fahne har⸗

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renden Gemeinde die Lieder: „Eine feste Burg ist unser Gott ic.“ und „Nun danket alle Gott ꝛc.“

Am 1. November hoͤrte man schon um 7 Uhr das Festge⸗ laͤute und um 8 Uhr zogen die Kinder beider Geschlechter aus den Buͤrgerschulen, von ihren Lehrern geleitet, und ebenso auch die Zoͤglinge der beiden Gymnasien mit den ihrigen den Kirchen zu, wo wieder Festgottesdienst mit Predigt, in Bezug auf die re— ligidse Jugendbildung, gehalten wurde. Um 11 Uhr aber wurde der Messias von dem großen Landsmann Hendel (nicht Haͤndel, wie er sich erst in England der, Aussprache wegen schrieb) in der Moritzkirche aufgefuͤhrt, ein schoͤner Genuß, welchen man den ver⸗ einten Studien der Singakademie, so wie anderer einheimischer und fremder Gesangvereine, des zu Naumburg und des zu Mer⸗ seburg, verdankte. Ja einzelne Saͤnger waren, wie Fraͤulein Cas⸗ pari von Berlin und Herr Schmidt vom Leipziger Stadttheater, dazu gekommen, um dieses große Tonstuͤck in der Geburtsstadt des Meisters gluͤcklich mit aufzufuͤhren. b

Endlich hatte man, um auch persoͤnliche Erinnerungen der hier einer Idee huldigenden Fremden mit den Einheimischen zu vermitteln, am Abend des 31. Oktober auf dem Jaͤgerberge (im Lokale der Freimaurerloge) einen Vereinigungspunkt fuͤr die Gaͤste der Stadt und der Universitaͤt veranstaltet und am 1. November des Nachmittags im Gasthofe zum Kronprinzen einen großen Fest⸗ schmaus angeordnet, wo unter den Buͤsten Luther's und Melanch⸗ thon's Toaste ohne Zahl von dem Koͤnige an bis zu den Kindern der Stadt und ihren Gaͤsten wechselten. Unter denen, die das Fest besuchten, war auch ein junger Luther, ein Zoͤgling des Mar— tinstifts zu Erfurt, welcher den Begruͤnder desselben, den edlen Direktor Reinthaler, begleitete, der am 30. Oktober zu Berlin das Koͤnigliche Wort erhalten hatte, daß am 6. November zu Erfurt der Bau des Stifts beginnen sollte, welches auch fuͤr edle Zwecke der Menschheit bestimmt, bereits einige hundert Kinder, darunter, nach Falk's Vorgang, arme verwahrloöste, zum Unterricht vereinigt hat und den Namen Martin Luther's fuͤr kuͤnftige Geschlechter traͤgt.

Wiftsenschaft, Kunst und Literatur.

Ueber die Eingänge zu dem Proscenium und de Orchestra des alten Griechischen Theaters.

Die Darstellung der Antigone des Sophokles am 28sten v. M., wodurch auf Befehl Sr. Majestaͤt des Koͤnigs die Griechische Tragoͤdie in ihrer urspruͤnglichen Gestalt, soweit die Mittel es ge⸗ statteten, zur Anschauung gebracht worden, ist fuͤr das Deutsche Theater ein so merkwuͤrdiges Ereigniß, daß man Allen, die dabei mitgewirkt haben, dem gefeierten Dichter, der das Ganze angege⸗ ben und geleitet, dem genialen Komponisten, der den antiken Ge⸗

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sangweisen sich mit so viel Besonnenheit, Geschmack und Em⸗ pfindung anbequemt, dem Regisseur (Herrn Stawinsky), der das Aeußere dramaturgisch geordnet, so wie den bei dieser poetischen Wiederbelebung eines Meisterwerkes, das seit mehr als zwei Jahr⸗ tausenden die Bewunderung aller Gebildeten in Anspruch nahm, unmittelbar thaͤtigen Koͤniglichen Schauspielern und Saͤngern, wegen des unerwarteten Erfolges nur Gluͤck wuͤnschen kann. Der Eindruck, den alle Anwesenden unausloͤschlich mit sich hinweg nah⸗ men, war so gewaltig, daß sich wohl erwarten laͤßt, es werde die— ser Versuch nicht der einzige bleiben und, wo nicht andere Grie— chische Tragoͤdien, z. B. der Oedipus Tyrannus des Sophokles und der Hippolyt und die Bacchen des Euripides (welche drei Stuͤcke vorzuͤglich geeignet seyn duͤrften), doch die Antigone wie⸗ derholt zur Auffuͤhrung gebracht werden. Mit Ruͤcksicht auf diese Wuͤnsche, die gewiß nicht er allein hegt, erlaubt sich der Unter— zeichnete, dem Urtheil der Kundigen folgende Bemerkungen vorzu— legen, die sich zunaͤchst blos auf das scenische Arrangement bezie⸗ hen, welches nach seiner unmaßgeblichen Meinung, zum wesentli— chen Vortheil der ganzen Darstellung sich den antiken Vorschrif⸗ ten naͤher bringen laͤßt, wofern nur diese richtig gedeutetwerden. Hinweg zu sehen isthierbeivon den Hindernissen, welche die nicht ganz zu besei⸗ tigende Gestalt des schon vorhandenen Theaters, welches zu der Darstel⸗ lung benutzt wurde, der Annaͤherung an das antike Vorbild entgegen⸗ stellte. Es handelt sich um etwas, das ohne Schwierigkeit sich haͤtte ausfuͤhren lassen und selbst den Darstellenden eine wesent⸗ liche Erleichterung gewaͤhrt haben wuͤrde. Es wird aber noͤthig, einen kleinen Umweg zu nehmen, um zur Sache selbst zu gelangen. Genelli's Werk: „Das Theater zu Athen“ ist im We⸗ sentlichen noch immer das Maß unserer Kenntniß der Griechischen Buͤhnen⸗Einrichtung. August Wilhelm Schlegel pflichtete im er— sten Theil seiner Vorlesungen uͤber dramatische Kunst und Litera— tur Genelli's Ansichten bei, noch ehe jenes Werk erschienen war, und sicherte dadurch zum voraus dessen Erfolg. Genelli selbst be— rief sich auf Mittheilungen Friedrich August Wolf's, die jedoch das hier zu Eroͤrternde wohl kaum betroffen hatten. Das Buch im— ponirt durch Fleiß, Ernst und Umfang, die beigegebenen Plaͤne empfehlen sich durch Genauigkeit. Sollten Mißverstaͤndnisse statt— gefunden haben, so sind sie hier nachzuweisen. b Genelli giebt auf seiner 1sten Tafel den Grundriß, auf der 2ten und Iten den Queer⸗ und Laͤngen⸗Durchschnitt des Griechi⸗ schen Theaters, auf der Aten das zum Grunde liegende Schema der Construction der Orchestra. Mit fast allen Vorgaͤngern nimmt er an, daß die Zuschauersitze, in konzentrischen Halbkreisen sich uͤber einander erhebend, nicht vortreten uͤber eine durch den Mit— telpunkt der Orchestrg, wo die Thymele, der Altar des Bacchus sich befindet, der Buͤhne gegenuͤber gezogene Linie. Die Entfer⸗ nung der Ruͤckwand der Scene wird durch eine Parallellinie be— stimmt auf der Tangente des die Orchestra begraͤnzenden Kreises; die Tiefe des Prosceniums durch die Seite eines nach vorgeschrie⸗ benem Verhaͤltniß in jenen Kreis gezeichneten Quadrats. Hier⸗ durch entsteht zwischen der Graͤnzlinie der Zuschauersitze und dem Proscenium nebst dessen verlaͤngerten Seitenwaͤnden ein breiter Zwischenraum, der selbst bei Theatern von maͤßiger Groͤße unge⸗ heuer erscheinen muß. Bei einem Halbmesser der Orchestra von 50 Fuß betraͤgt die Breite jenes supponirten Zwischenraums, ob⸗ gleich Genelli unbefugt etwas davon abnimmt, uͤber 30 Fuß! Um nun diese Leere wenigstens in etwas zu beleben, verlegt Genelli hierher einen Theil der Handlung. An den Enden dieses Rau⸗ mes, den man unmoͤglich einen bloßen Weg (6608) nennen kann und wogegen die ganze Buͤhne geringfuͤgig erscheint, gewahrt man, weit von dieser entfernt, rechts und links eine Eingangs⸗ Pforte, durch welche nicht blos der Chor, sondern die Mehrzahl der spie⸗ lenden Personen auftritt. Mit Ausnahme der aus dem Pallast, welcher die Tiefe der Scene allein einnimmt, Kommenden, gelan⸗ gen Alle erst durch die Orchestra vermittelst einer Doppeltreppe auf die Buͤhne und gehen eben so wieder ab. Von der linken Seite, die von außerhalb der Stadt hereinfuͤhrt, kommen wiederholt der Waͤchter (Herr Wauer) und beide Boten (Herr Grua und Herr Bethge), von der rechten, wo die Stadt gedacht wird, Haͤmon (Herr Devrient) und Tiresias mit seinem Fuͤhrer (Herr Franz

Antigone (Mad. Crelinger) wiederholt, Haͤmon, alle schon Genann⸗ ten und Kreon selbst (Herr Rott). Diese Treppe hinauf wird Haͤmon getragen, ja, Antigone verweilt lange in der Orchestra, bevor sie vom Altar hinweggerissen und zum Tode gefuͤhrt wird. Kreon's Klagen beginnen ebenfalls schon in diesem fuͤr den Chor bestimmten Raum. Ist aber dies den antiken Vorschriften wirk⸗ lich entsprechend? Ist eine solche Vermischung des Scenischen und Thymelischen nach Griechischen Begriffen auch nur denkbar?2 Um das vorliegende Verhaͤltniß richtig zu wuͤrdigen, werfe man einen Blick auf Genelli's Tafeln. Auf der zweiten erscheint neben der dekorirten Scena eine noch weit groͤßere voͤl lig schmucklose hohe Wand; und da die Abbildung nur die Haͤlfte zeigt, so muß man auf der anderen Seite eine eben so große nicht dekorirte Mauer hinzudenken, die der Zuschauer zugleich mit der Buͤhne beständig vor Augen hat. Wegen der bedeutenden Ent⸗ fernung der Sitzplaͤtze von dem Proscenium erblickt er nothwendig immer auch außerdem noch, wo er sich befinden mag, wenigstens die eine der gleichfalls schmucklosen breiten Seitenmauern, die auf Genelli's dritter Tafel dargestellt sind; wobei die ganz Ungriechi⸗ sche Triumphbogen⸗Form der dort fingirten Thore, so wie die al⸗ lenthalben angebrachten Bogen und Woͤlbungen ungeruͤgt bleiben moͤgen. Allein, nimmt man den Grundriß Tafel I oder das Schema, Tafel IV, zur Hand, so zeigt sich eine solche Zerrissen⸗ heit des ganzen Baues, ein Unzusammenhang des Zusammenge⸗ hoͤrigen, ein Widerstreit des zugleich sichtbaren, ungeschmuͤckten nothwendigen Bauwerks und der entfernten vereinzelten Scena, daß das Ganze sich selbst aufhebt und schlechthin unmöglich ist. Die erhaltenen Denkmaͤler streiten auch eben so deutlich da⸗ wider, als die Vorschriften Vitruv's. Das Theater und das Odeum zu Athen (letzteres erwaͤhne ich nur, weil Genelli wegen einer vorgefallenen Verwechselung hier die Autoritaͤt Stuart's verwirft), das von Polyklet erbaute, fuͤr besonders musterhaft geltende (Pausan. I. II. c. 27) Theater bei Epidaurus, die zu Megalopolis, auf Aegina, zu Rhiniasta (wahrscheinlich dem alten Pandosia, das besonders wohl erhalten ist), zu Stratonicea, Mi⸗ let, Laodicea, Jassus und an vielen anderen Orten, zeigen ohne Ausnahme, daß die Sitzstufen fuͤr die Zuschauer zu beiden Sei⸗

ten vortraten uͤber den supponirten Halbkreis und nach dem Proscenium sich verlaͤngerten. Bekanntlich sind bei den Griechi⸗ schen Theatern die Sitzstufen großentheils aus dem natuͤrlichen Felsen ausgehauen, was bei der bergigen Beschaffenheit des Lan⸗ des fast allenthalben ein Leichtes war, nur die vortretenden En⸗ den (die sogenannten cornua theatri, àâ z24αmτα) wurden aus Mauerwerk angefuͤgt und sind eben deshalb, mit Ausnahme viel⸗

leicht eines einzigen Falles, großentheils zerstoͤrt. Allein schon Stieglitz fand sich dadurch veranlaßt, in seiner Archaͤologie der Baukunst (Band II. 1. Tafel 18 19) die Sitze vortreten zu lassen, verfiel indeß in andere Mißgriffe. Immer bleiben bei ihm die Eingaͤnge in weitester Entfernung; die Eintretenden muͤssen durch die Orchestra auf die Buͤhne steigen, und alle geruͤgten Uebelstaͤnde wiederholen sich.

Dies ist um so wunderbarer, da beide Schriftsteller, Genelli und Stieglitz, auf der Buͤhne selbst die drehbaren dreiseitigen Vor⸗ richtungen Cxeeiczzotw, machinae versatiles trigonoi) erwaͤhnen, woran die Decorationen angebracht waren und die zur Linken des Zuschauers Feld, Wald, Gebirge oder dergleichen, zur Rechten Haͤuser und staͤdtische Anlagen zeigten. Die Eingaͤnge fuͤr die Schauspieler haͤtten sich also ganz anderswo befunden, als die zu— gehoͤrigen Decorationen.

Alles dies ist aber rein aus der Luft gegriffen. Vitruv schreibt aufs genaueste vor, nach welcher Linie die Sitzstufen fuͤr die Zu—

schauer bis an das Proscenium zu verlaͤngern sind, damit Alles das gehoͤrige Maß habe (I. V. Kap. 8 oder nach der Schneider⸗ schen Ausgabe Kap. 7). Er verlangt, daß in der Naͤhe des Pro⸗ sceniums die untersten Sitzreihen weggeschnitten werden, um zu beiden Seiten eine Thuͤre anzubringen, deren Hoͤhe er auf ein Sechstheil des Durchmessers der Orchestra bestimmt. Allein nur der Chor trat bei den Griechen hier ein. Die auf der Buͤhne thaͤtigen Kuͤnstler (εmot, scenici) fanden ihren Eingang auf dieser selbst, entweder durch eins der drei Hauptthore, wenn sie aus dem Palast oder dessen Nebengebaͤuden auftraten, oder durch die Thuͤren zu beiden Seiten in den vortretenden Seitenwaͤnden Cersurac procurrentes) des Prosceniums. Genelli selbst erwaͤhnt diese Thuͤren (Taf. IJ. und III. sind sie mit lit. i bezeichnet), uͤber deren Vorhandenseyn die von ihm angefuͤhrten Worte des Pollux (Genelli S. 49, Note 34) keinen Zweifel lassen; allein er laͤuscht sich, gegen die deutlichen Vorschriften Vitruv's (I. V. Kap. 7 lin.), uͤber deren Gebrauch. Buͤhne und Orchestra waren streng ge— schieden. Nur in seltenen Faͤllen betrat ein Buͤhnenkuͤnstler die Orchestra, oder der Fuͤhrer des Chors mit diesem die Treppenstu⸗ fen des Prosceniums; obwohl auf dem komischen Theater aller⸗ dings mehr Freiheit herrschte. Das Einzige, was Zweifel erre— gen koͤnnte, ist die Erwaͤhnung eines Altars in der Handlung der Tragoͤdien selbst; allein niemäaͤls ist unter diesem der wirkliche Al⸗ tar des Theaters, die Thymele des Bacchus, im Mittelpunkte der Orchestra zu verstehen, außer wenn vom Chore die Rede ist (wie in den Schutzflehenden des Aeschylus), sondern ein Altar auf der Buͤhne selbst, der als zur Wohnung oder dem Koͤniglichen Palast gehoͤrig betrachtet werden muß.

Indem ich mir vorbehalte, uͤber Manches hier in Frage Kom⸗ mende, in einem zweiten Aufsatz meine Ansicht darzulegen, erlaube ich mir zur Bekraͤftigung des bisher Entwickelten nur noch den Umstand anzufuͤhren, daß die Griechen einen wesentlichen Unterschied machten zwischen den dramatischen Kuͤnstlern (öwordgtaxotl, Dionysische, „Bacchus⸗Geweihte“, wie sie gemeinschaftlich genannt wur⸗ den), die auf der Buͤhne, und denen, die in der Hrchestra auf⸗ traten (envtzot und Svuaswezot; scenici et thymelici separatim nominantur, wie Vitruv l. V. cap. 8 sich ausdruͤckt); ein Un⸗ terschied, dem der bei uns gewoͤhnliche zwischen Schauspielern ei⸗ nerseits und Saͤngern und Taͤnzern, als rezitirendes und Opern⸗Per⸗ sonal, entspricht, nur daß die Griechischen Benennungen von den Orten, wo sie auftraten, entlehnt sind, was unmoͤglich gewesen waͤre, haͤtten Personen und Raͤume sich dergestalt vermischt, daß von den rezitirenden Schauspielern ein Theil ihrer Rolle nicht auf der Buͤhne, sondern in der Orchestra und selbst in den sup⸗ ponirten Seitengaͤngen aufgefuͤhrt worden waͤre.

Berlin, den 1. November 1841. E. H. Toelken.

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Fluͤchtige Hemerkungen eines fluͤchtig Reisenden. Herausgegeben von C. O. L. von Arnim. Zweiter Theil Berlin, bei Alex. Duncker. 1841.

Der Verfasser, auch in der literarischen Welt bereits bekannt, laͤßt seiner neulichen Beschreibung einer Reise in den Suͤdosten En⸗ ropa's jetzt als zweiten Theil die Ausbeute seiner Beobachtungen auf einer Ausflucht nach dem Suͤdwesten unseres Welttheils folgen. Er waͤhlt denselben bescheidenen Titel, nur Fluͤchtiges von einer schnellen Reise versprechend, d. h., das gerade heraussagend, was so oft in aͤhn⸗ lichen Werken sorgfaͤltig verschwiegen wird. Wenn nun aber die fruͤ⸗

und Dlle. Freitag); und diese Treppe hinabsteigend entfernen sich

here Schrift des Verfassers schon durch offene Auffassung, durch tref⸗

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