1841 / 347 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

dem Vorschlage der Linken nicht alle Beamten, sondern nur mehr

Klassen derselben, als die jetzt bestimmten, zur Deputation i

der Kammer nicht zugelassen werden sollten. Ich habe es Ihnen bereits gemeldet, daß ein Theil der Konservativen, darunter Herr von Lamartine in der Deputirten⸗ und Graf Molé in der Pairs⸗ kammer, der Ansicht sind, man muͤsse die Anzahl der oͤffentlichen Beamten vermindern; aber so leicht diese Frage in der Theorie scheint, so schwierig wird sie in der Praxris. Herr Thiers, als er Praͤsident des Kabinets vom 1. Maͤrz war, bemerkte mit Recht, daß diese Frage noch nicht reif genug sey, um die Fruͤchte, die man von dieser Maßregel erwarte, zu tragen. Sobald man zur Verwirklichung des Planes schreitet, so stoͤßt man uͤber⸗ all auf neue Hindernisse. Das groͤßte davon ist unstreitig, zu bestimmen, welche Klassen von Staats⸗Beamten in der Kam⸗ mer bleiben, und welche daraus verwiesen werden sollen. Wer die parlamentarischen Debatten in Frankreich in den letzten Jah⸗ ren aufmerksam verfolgte, der uͤberzeugte sich gewiß, daß mit ein⸗ zelnen seltenen Ausnahmen eben die Staats⸗Beamten es waren, welche die gesundesten Ansichten uͤber Politik, Handel, Justiz u. s. w. an den Tag gelegt haben. Der Grund davon ist ganz ein⸗ fach. Die oͤffentlichen Beamten sind ein wesentliches Element ei⸗ nes gesetzgebenden Koͤrpers, wie die Deputirten⸗Kammer und schon durch ihre Stellung in der Regel uͤber die zu entscheidenden Fra⸗ gen am besten unterrichtet. So koͤnnte ich noch andere Gruͤnde anfuͤhren, um zu beweisen, daß man eigentlich nicht weiß, was man mit diesem Vorschlag der Linken will, und es eben aus diesem Grunde dem Kabinet gelingen wird, auch in Beziehung auf die— sen Punkt die Majoritaͤt der Kammer auf seine Seite zu bringen. Das Programm der Linken bedroht demnach bis jetzt die Dauer des Kabinets vom 29. Oktober nur wenig.

Großbritanien und Irland.

London, 8. Dez. Am 30. November, dem St. Andreas⸗ tage, wurde Lord Frederick Fitzelarence zum Großmeister der Schot⸗ tischen Freimaurer⸗Logen gewaͤhlt und mit ungewoͤhnlicher Pracht feierlich eingesetzt.

Vorgestern fruͤh um 10 Uhr wurden der Tower und das Juwelen⸗Amt dem Publikum wieder geoͤffnet. Die Bedingungen der Zulassung, um die Ruinen und die Thron⸗Kleinodien zu be⸗ schauen, sind die naͤmlichen, wie vor dem Brande.

O London, 5. Dez. Erst jetzt, nachdem das erste Gefuͤhl der Neuheit und Verwunderung voruͤber ist, laͤßt sich der nach— haltige Eindruck beurtheilen, den die Stiftung eines evangelischen Bisthums in Jerusalem hier macht. Man muß dabei nicht nur die Stellung der Parteien, sondern vor Allem den Unterschied die⸗ ser Parteien von der Masse der Nation ins Auge fassen. Denn man irrt sehr, wenn man meint, diese Parteien, welche in den Zeitungen des In⸗ und Auslandes die große Rolle spielen, bilde⸗ ten die Nation. Das Volk geht meistens mit einem sehr gesun⸗ den schlichten Sinne an alle Dinge heran und faßt ihre Bedeu⸗ tung mit einem instinktmaͤßigen Gefuͤhle auf das dann die Par⸗ teien zu ihrem Zwecke ausbeuten, oft mit großer Gewandtheit meist mit großer Thaͤtigkeit. In unserem Falle nun haͤlt sich die Masse der Nation mit großer Freude an das einfache, religidse und kirchliche Faktum, daß an dem Ursitz, der Wiege des Christen⸗ thums ein wenn auch nur noch kleiner Kern christlich⸗kirchlicher Gemeinschaft gepflanzt, ein dauernder Sitz der reineren Lehre des Evangeliums gegruͤndet werden solle. Man ist in England so ge— wohnk, aus kleinen, zu rechter Zeit gebildeten Anfaͤngen Großes hervorgehen zu sehen und solche Zukunft bei aller Thaͤtigkeit fuͤr die Gegenwart ins Auge zu fassen, daß die jetzt noch kleine An— zahl von Protestanten im heiligen Lande Niemanden stoͤrt. Man fuͤhlt, daß die protestantische Kirche von einem weltgeschichtlichen Punkte Besitz ergreift, man fuͤhlt, daß eine solche kirchliche Sen⸗ dung und Gruͤndung noch etwas ganz anderes sey, als alle die gut— gemeinten, aber vereinzelten und oft mißleiteten missionarischen Bestrebungen der letzten Jahre; man ist zufrieden, daß diesen Be⸗ strebungen nur ein Halt und eine Leitung gegeben werden solle, welche sie in die rechten Kanaͤle fuͤhre und statt Stoͤrung und Verdruß, eine freundliche und friedliche Verbindung mit den Kirchen des Orients (die sich zu einer solchen hoͤchst bereitwillig zeigen) be⸗ wirke. Dabei freut man sich in der Nation durchweg der Ver⸗ bindung mit Preußen, zu welchem sich jetzt in England eine große, lebendige Hinneigung findet und mit welchem man sich durch alle nationalen, religidsen, menschlichen Sympathieen aufs innigste verknuͤpft fuͤhlt. So begruͤßt der protestan— tische Sinn des Englischen Volkes mit Freuden die Ver⸗ bindung mit der protestantischen Kirche Deutschlands; doppelt jetzt im Gegensatz gegen eine Partei, die die Englische Kirche auf die Seite Roms hinuͤberzuziehen sich vergebens bemuͤht. Diese Partei ich brauche sie nicht naͤher zu bezeichnen ist nun freilich gerade deswegen in der groͤßten Aufregung; wie sich die Times, auf welche diese Partei bedeutenden Einfluß uͤbt, erklaͤrt hat, ist ihnen bekannt; an einzelnen Privat⸗Vorstellungen an die Bischofe hat es nicht gefehlt; ja, es hatte fast den Anschein, als wollten sie es, durch offene Erklaͤrung gegen die That der Praͤla⸗ ten, zu einer Krisis kommen lassen. Doch scheint sie sich beson⸗ nen zu haben; ihr schon gedrucktes Manifest in diesem Sinn ist zuruͤckgenommen worden, weil die extremen Parteifuͤhrer sich von den bedeutendsten Stuͤtzen ihrer eigenen Partei verlassen sahen, welche vielmehr den Bischoͤfen erklaͤrt haben, daß sie ihnen folgen wuͤrden, wohin sie sie fuͤhrten. So scheint die Stiftung des Bis⸗ thums den guͤnstigen Wendepunkt herbeizufuͤhren, in welchem die kirchliche Richtung sich von der Partei Newman's ꝛc. lossagen kann. Die sogenannte evangelische Richtung (Partei sollte man sie nicht nennen), welche die Masse der Nation auf ihrer Seite hat, fuͤhlt ganz in dem oben angegebenen Sinne; die Dissentres sind getheilt; die eifrigsten unter ihnen sind natuͤrlich verdrießlich uͤber eine That der Kirche, welche nicht allein in der Fremde ihr Geltung verschafft, sondern im Lande selbst so außerordentlich viel beitraͤgt, ihr die Gemuͤther zuzuwenden, und sie von neuem mit den edelsten Gefuͤhlen der Nation zu verflechten; andere dage— gen haben fuͤr das Bisthum schon Beitraͤge gesandt, weil sie darin mit Freuden einen Halt fuͤr das ganze evangelische Christen⸗

hum im Orient sehen. Daß und was die radikalen Blaͤtter schreien wuͤrden, ließ sich erwarten. Sie werden sich wundern, ich noch nichts von den politischen Ruͤcksichten gesagt und ielleicht eben so sehr sich wundern, wenn ich ihnen sage, wie iese dabei so ganz und vollkommen in den Hintergrund treten, und nur die kirchlich⸗religibse und allgemein menschliche Seite mit Lebendigkeit aufgefaßt wird. Ob die Staatsmaͤnner Englands po⸗ litische Absichten dabei verborgen haben, weiß ich nicht zu beur— theilen; ich sollte nur denken, daß, wenn sie dieselben haͤtten, sie wohl etwas mehr fuͤr diese Sache gethan haben wuͤrden, statt sie so ganz der Kirche und dem Volke zu uͤberlassen. Wenn etwas Politisches dabei obwaltet, so ist es, glaube ich, nur der Wunsch,

sich so eng wie moͤglich mit Preußen zu verbuͤnden und die In—

teressen beider Länder zu verflechten..

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I Belgien. 6 1 Brüssel, 9. Dez. Gestern hat die Repraͤsentanten⸗Kam⸗ mer nach unerheblicher Diskussion das Budget der Staatsschuld und der Dotationen einstimmig angenommen. Die Summe zur Bezahlung der Zinsen der Staatsschuld und zur Amortisa⸗ tion derselben bis zum 31. Dezember 1842 belaͤuft sich auf 8,810,363 Gulden 5 Cents.

Deutsche Bundesstaaten.

Stuttgart, 8. Dez. Se. Koͤnigl. Hoheit der Prinz Au⸗ gust wird unsere Stadt in wenigen Tagen verlassen, um nach Berlin zuruͤckzukehren.

Heute verloren wir den Veteran unserer Kuͤnstler, Dannecker, welcher sich durch seine Ariadne (zu Frankfurt a. M. im Besitz der Familie Bethmann) und durch einige Buͤsten dauernden Ruhm erworben hat. Er war schon seit vielen Jahren fuͤr die Kunst verloren.

Der Gouverneur von Stuttgart, General⸗Lieutenant von Bangold, hatte wegen geschwaͤchter Gesundheit um seine Pensio⸗ nirung gebeten. Wir vernehmen aber, daß er dieses sein Gesuch aufgeschoben hat, bis zur Ruͤckkehr von einer Urlaubsreise nach

Italien, wohin er sich demnaͤchst begeben wird.

11 8 3 Weimar, 3. Dez. (A. Z.) Unser neunter ordentlicher Landtag scheint den ihm vorgelegten gedruckten Propositions⸗ Schriften nach zu urtheilen kein langdauernder zu werden. Von den ihm uͤbergebenen Berathungsgegenstaͤnden heben wir die wichtigeren hervor. Es wird den Staͤnden in Gemaͤßheit der neuesten Vertraͤge die Erhoͤhung der Salzsteuer fuͤr das Groß⸗ herzogthum vom 1. Januar 1812 an durch Bestimmung des Re⸗ giepreises vom Kochsalze auf elf Thaler und vom Viehsalze auf fuͤnf und einen halben Thaler fuͤr die Tonne dringend empfohlen. Diese Maßregel sey bei dem Abschluß der Vertraͤge von Koͤnigl. Preußischer, Koͤnigl. Bayerischer und Koͤnigl. Saͤchsischer Seite aus erheblichen Gruͤnden befuͤrwortet, ja gleichsam als Voraussetzung betrachtet worden und liege in dieser Preiserhoͤhung fuͤr die Koͤnigl. Preußische Regierung, welcher der Zoll⸗ und Handelsverein so viel zu verdanken habe, das erwuͤnschte Mittel, die laͤstige Salz⸗-Con⸗ scription an den Graͤnzen aufzuheben. „In Beziehung auf das Muͤnzwesen koͤnnen wir die Versicherung aussprechen, daß die neue Muͤnz⸗Verfassung des Großherzogthums mit dem besten Er⸗ folge ins Leben getreten ist. Die in zweckmaͤßigster Weise vor— bereitete Maßregel hat bei der Ausfuͤhrung von Seiten der Un— terthanen nirgends erhebliche Schwierigkeiten gefunden und nicht einmal voruͤbergehend eine bedeutende Stbrung im Verkehr zur Folge gehabt.“ Nach der Erklaͤrung der Regierung hat der durch die Einfuͤhrung der neuen Muͤnz⸗Verfassung entstandene Aufwand nur 7801 Thaler 22 Gr. an mittelbaren Kosten betra⸗ gen, und 23,474 Thaler 10 Gr. an unmittelbaren Kosten zur Haͤlfte. Dagegen seyen im Staatshaushalt einige groͤßere Aus⸗ gaben noͤthig geworden: namentlich fuͤr die Kriminalgerichte, die Straf⸗ und Besserungs⸗Anstalten, die Heimathslasten und be⸗ sonders das Militair; da in Folge politischer Ereignisse und zur Erfuͤllung der Bundespflicht fuͤr die vollstaͤndige Ausruͤstung und Einuͤbung des Bundes⸗Kontingents Sorge getragen werden mußte. Zur Deckung dieses Ausfalles mußte das eventuell bewilligte Kre⸗ dit⸗Votum von 50,000 Thalern benutzt werden. Auch fuͤr die Folge erscheine nach Maßgabe der gedachten Bundes⸗Beschluͤsse ein bedeutender Mehr-Aufwand fuͤr das Militair unabweislich. Im Ganzen stellt sich nach dem bearbeiteten Etats⸗-Entwurf die Ausgabe in jedem der drei naͤchsten Etatsjahre auf 752,660 Tha⸗ ler 14 Gr.; von denen 387,643 Thaler 11 Gr. durch die beste⸗ henden indirekten Abgaben erhoben werden. (Der Proposition in

Bezug auf die Eisenbahn haben wir bereits kuͤrzlich gedacht.)

Schwerin, 23. Nov. In dem Streite zwischen den buͤr⸗ gerlichen Gutsbesitzern und dem eingeborenen Adel ist folgendes Reskript erlassen:

„An die auf dem Landtage zu Sternberg versammelte Ritter⸗ und Landschaft. Paul Friedrich ꝛc. Unseren gnäaͤdigsten Gruß zuvor! Wohledle, Edle, Veste, Hoch- und Wohlgelahrte, Ehrsame, liebe Ge⸗ treue! Wenn gleich Wir nach dem gegenwaͤrtigen Stande der Ver⸗ handlungen uͤber die zwischen einer Zahl buͤrgerlicher Gutsbesitzer und den Gutsbesitzern vom eingeborenen und rezipicten Adel (aus Veranlassung des bei den engeren Ausschuß⸗Wahlen im Jahre 1838 beobachteten Verfahrens) entstandenen Differenzen mit Unserer defini⸗ tiven Entschließung uͤber diese Angelegenheit annoch Anstand nehmen muͤssen: so finden Wir Uns doch zur Sicherung eines geregelten Ver⸗ fahrens bei den von Unseren jetzt versammelten getreuen Staͤnden vor⸗ zunehmenden Wahlen zum engeren Ausschuß und zu Kloster⸗Verwal⸗ tungsstellen bewogen, Unseren getreuen Staͤnden hierdurch zu eroͤffnen: daß nach dem Ergebnisse der bisherigen Verhandlungen und Nachfor⸗ schungen in der gedachten Angelegenheit, mindestens schon jetzt so viel unbezweifelt feststeht, daß die Gutsbesitzer vom eingeborenen und recipir⸗ ten Adel, abgesehen von deren durch den §. 107 des Landesvergleiches bestaͤtigten Vorrechten her ausschließlichen passiven Wahlfaͤhigkeit zu Landrathsstellen, seit einer langen Reihe von Jahren sich im Be⸗ sitze der ausschließlichen passiven Wahlfaͤhigkeit fuͤr die ritterschaft⸗ lichen Stellen des engeren Ausschusses, so wie insoweit nicht Un⸗ sere Landschaft dabei landesverhaͤltnißmaͤßig und herkoͤmmlich zu konkurriren hat, der ausschließlichen Verwaltung der Landeskloͤster und Besetzung der Klosterstellen, endlich auch des Rechtes, neue Mitglieder in ihrer Corporation auf dem Landtage zu rezipiren, be⸗ funden haben, es auch bei diesem Besitzstande einstweilen, bis im Wege einer demnaͤchstigen desinitiven Entscheidung oder guͤtlichen Vereinbarung etwa ein Anderes bestimmt werden solle, das Bewen⸗ den behalten muß. So wie Wir daher diesen Besitzstand aufrecht erhalten und schuͤtzen werden, so soll dagegen diese Unsere proviso⸗ rische Bestimmung der definitiven Entschließung uͤber diese Angele⸗ genheit in keiner Weise praͤjndizirlich seyn. Wonach ihr euch zu richten und Wir verbleiben euch mit Gnaden gewogen. Gegeben durch Unsere Regierung. Schwerin, am 16. November 1841. Paul Friedrich. L. von Luͤtzow.““

Ein gleichlautendes Reskript hat auch der Großherzog von Mecklenburg⸗Strelitz an die Landtags⸗Versammlung erlassen.

Oesterreich.

Wien, 9. Dez. (L. A. Z.) Waͤhrend hier in öffentlichen Blaͤttern noch in diesen Tagen die Streitfrage wegen des Ge⸗ burtstages und der Begraͤbnißstaͤtte des unsterblichen Tonmeisters W. A. Mozart verhandelt wurde, ein trauriges Beispiel von je⸗ ner Zeit, in der er gelebt, und in welcher nichtsdestoweniger die herrlichsten klassischen Werke faͤst in jedem Zweige der Kunst in Deutschland geschaffen wurden: ist am 6. Dezember zum Gedaͤcht⸗ nisse seines Begraͤbnißtages (nicht seiner Begraͤbnißfeier) von sei⸗ nen, in unserer musikalischen Hauptstadt so zahlreichen Verehrern ein Doppelfest begangen worden, das an Innigkeit und Andacht der kuͤnstlerischen Weihe des noch Unuͤbertroffenen wuͤrdig, und anderer⸗ seits ein Beweis war, wie unsere Zeit, die Zeit der Monumente, Lieder, Toaste, Festmahle, auch auf diese Art ihre Anerkennung beruͤhmter Todten, Angesichts der Mitlebenden, zu bethaͤtigen weiß. In der That, es liegt eine ungeheure Kluft zwischen unseren Zeitverhaͤlt⸗ nissen und jenen, als Mozart verschied und begraben wurde, Die

Wittwe desselben war zu heftig angegriffen, unwohl; der Sohn war noch Kind, und die Freunde und musikalischen Verehrer des Ton⸗Heroen verhinderte ein heftiges Schneegestoͤber, ihn bis zur Ruhestaͤtte zu begleiten: so ist er denn allein, der Einzige! zu jenem Orte gewandert, der seine sterbliche Huͤlle, nicht seinen weltumfas⸗ senden und ewigen Ruhm verbirgt. Selbst der Kirchhof, wo die Leiche ruht, soll, aller bisherigen Angaben ungeachtet, noch weifelhaft bleiben, und man erwartet deshalb fortgesetzte

errichtigungen. Von der imposantesten, zugleich innigsten Wirkung war die in dem feast tausendjaͤhrigen Dome zu St. Stephan am 6. Dezember um 10 Uhr Vormittags veran⸗ staltete Gedaͤchtnißfeier. Ein großer Katafalk mit vielen hundert Kerzen stand in dem mittleren Schiffe aufgerichtet; vorn ein En⸗ gel in betender begeisterter Stellung; ringsherum Schilder mit den Namensbuchstaben des unsterblichen Todten. Die Altaͤre wa⸗ ren schwarz behangen, uͤberhaupt wurde von Seiten der hohen Geistlichkeit Alles aufgeboten, dem Fest eine großartige religioͤse Weihe zu geben. Als waͤhrend des Amtes vom Chor herab die unsterblichen Toͤne von Mozart's Requiem quollen, bemaͤchtigte sich unendliche Ruͤhrung der Anwesenden, deren Zahl, zur Ehre Wiens, so groß war, daß die Raͤume des kolossalen erhabenen Doms fast uͤberfuͤllt erschienen.

Die heutige Wiener Zeitung enthaͤlt ein Cirkular der Landes⸗Regierung, welches wahrscheinlich in einer neuerlich ent⸗ deckten großartigen Schmuggel⸗Gesellschaft, deren Glieder sich zum Theil im Auslande, meistens in Paris, befanden, seine Veranlas⸗ sung gefunden hat. Es wird darin bestimmt, daß gegen Gefaͤlls⸗ Uebertreter, auch wenn sie sich im Auslande befinden, das Straf⸗ Verfahren insoweit eingeleitet und vollstreckt werden kann, daß die⸗ selben oͤffentlich vorzuladen sind, und im Nichterscheinungsfalle die⸗ ser Umstand als stillschweigendes Gestaͤndniß gilt und die gesetzli⸗ chen Geldstrafen nach sich zieht. Weitere Strafbestimmungen aber in Bezug auf die Person, oder Verschaͤrfungen bleiben einem wei⸗ teren abgesonderten Verfahren vorbehalten.

Spanien

O Madrid, 30. Nov. Das ministerielle Journal el Espectador enthaͤlt heute abermals einen bemerkenswerthen Aufsatz, betitelt: „Europaͤische Kongreß⸗Intervention.“ Es beschaͤftigt sich darin mit der Beantwortung von folgenden Fragen: „¹1) Ist es moͤglich, daß das Franzoͤsische Kabinet bei den vier großen Maͤchten Europa's eine Unterhandlung (Behufs der Er— offnung eines Kongresses zur Schlichtung der Spanischen Haͤn⸗ del) eroͤffnet habe?“ Das Journal bezweifelt, daß ein solcher Schritt von Seiten Frankreichs geschehen sey, und stuͤtzt sich da⸗ bei auf die Behauptung, daß jene Macht durchaus keinen Grund habe, sich uͤber das Benehmen der Spanischen Regierung zu be— schweren, auf den „volksthuͤmlichen“ Ursprung der in Frankreich regierenden Dynastie und auf die große Erbitterung, welche die bloße Andeutung eines Kongresses in Frankreich selbst hervorrufen wuͤrde. „2) Welche Aufnahme wuͤrde sie bei den Kabinetten von Wien, London, Berlin und St. Petersburg finden?“ „Man begreift leicht“, sagt das Journal, „daß der ganze Versuch an der Verschiedenartigkeit der Politik und der Inter⸗ essen, die gegenwaͤrtig zwischen jenen Souverainen obwaltet, schei— tern wuͤrde.... „3) Wuͤrde Frankreich, vorausgesetzt, daß die Scene von 1822 wiederholt wuͤrde, auf einen so raschen Triumph rechnen koͤn⸗ nen?“ Dies wird rund verneint, weil gegenwaͤrtig nicht, wie damals, in Spanien ein Souverain regiere, der den Helfershelfer der frem— den Intervention abgaͤbe, sondern ein unschuldiges Kind den Thron einnaͤhme, und ein unuͤberwindlicher Feldherr die Freiheit und Unabhaͤngigkeit Spaniens beschuͤtze. „4) Welche Vortheile wuͤrde Frankreich aus dem Umsturze der constitutionellen Regie⸗ rung Spaniens ziehen? welche Sicherheit und Bestaͤndigkeit wuͤrde die neue durch Gewalt eingefuͤhrte Ordnung der Dinge darbieten?“ Der Aptikel weist auf die Folgen hin, welche die Intervention von 1823 fuͤr Spanien hatte, und schließt mit folgenden hoͤchst beach⸗ tungswerthen Andeutungen: „Um diesen langen Artikel zu been⸗ digen, haben wir nur noch hinzuzufuͤgen, daß eine Restauration heut zu Tage und unter den angeblichen Umstaͤnden fuͤr den Spanischen Thron verderblich seyn wuͤrde. Jedermann weiß, daß 1834 und spaͤterhin nicht nur der geistliche Stand jeg— lichen Einkommens und Eigenthums beraubt wurde, weil er von seinem Reichthum einen schlechten Gebrauch gemacht hatte, sondern daß auch das uͤber das treulose Betragen der Kloster-Geistlichkeit erbitterte Volk die Klöster an— zuͤndete und die Moͤnche niedermetzelte. Die Maͤchte moͤgen sich also huͤten, dem Wunsche ihrer Unterthanen nicht zu ent— sprechen und deren rechtmaͤßig begruͤndete Beduͤrfnisse zu verken⸗ nen. Spanien hat dreimal seine Freiheit wiedererobert. Wenn seine Erbitterung bei dem drittenmale vor dem Throne nach— gab, so geschah es nur, weil dieser, durch ein erlauchtes Kind be— setzt, fuͤr die Zukunft nur die Aussicht auf Gluͤck eroͤffneteg Eine neue Reaction, welche an unsere Koͤnigin Elemente knuͤpfte, die das Mißtrauen der Liberalen erregen muͤßten, wuͤrde, weit entfernt, denen, die dergleichen beabsichtigen, zu nuͤtzen, vielleicht genuͤgen, um jenen Throͤn und jene Koͤnigin in vollstaͤndigen Untergang zu stuͤrzen.“ 1“ Aus dieser Andeutung ist offenbar kein anderer Schluß zu ziehen, als der, daß die Liberalen den Thron umgestuͤrzt haben wuͤrden, wenn ihn nicht gerade ein argloses Kind einnaͤhme,

Brasilien. 8 Nio Janeiro, 19. Okt. Die Kammern, deren Session gesetzlich am 3. September zu Ende geht, sind dieses Jahr bis zum 20. November prorogirt worden. Einige Prorogation wird alle Jahre noͤthig, weil die Deputirten-Kammer so viel spricht und debattirt, daß die Budgets und das Gesetz uͤber die außer— ordentlichen Kredit-Bewilligungen nie vor Ende Augusts in den Senat kommen; die Deputirten-Kammer pflegt sich dann mit unbedeutenden Geschaͤften hinzuhalten, um dem Senat Zeit zu lassen, jene Gesetze wenigstens pro forma zu pruͤfen. Diesmal aber steht ihr noch eine bedeutende Arbeit bevor; der Senat hat zwei wichtige Gesetze zu Stande gebracht, welche die Regie— rung von der zweiten Kammer angenommen zu sehen wuͤnscht. Das erste ist eine Reform des Kriminal⸗Prozesses, deren

Diskussson fast drei Sessionen gedauert hat. Seit Jahren wa—⸗ ren freilich alle Parteien daruͤber einig, daß diese Reform ein drin- gendes Beduͤrfniß, daß es unumgaͤnglich noͤthig sey, der Justiz mehr Kraft und mehr Freiheit zu geben: dadurch aber wird na⸗ tuͤrlich auch die Macht der Regierung verstaͤrkt, und so hat schon im Senate die Opposition alle moͤglichen Schikanen und Kunst⸗ griffe angewendet, um die Annahme des Gesetzes wenigstens moͤg— lichst zu verzoͤgern, und in der Deputirten⸗Kammer wird dasselbe schon vorlaͤufig, ehe noch die Diskussion begonnen hat, als ein Mittel, die Freiheit Brasiliens zu vernichten, bezeichnet; denn die⸗ selben Maͤnner, die voriges Jahr Republikaner und Feinde des Kaisers gescholten wurden, werden heute, wo sie die Regierung bilden, des Absolutismus beschuldigt.

Das zweite, vielleicht noch wichtigere Gesetz ist das Gesetz uͤber die Errichtung eines Staatsrathes; nicht nur fuͤr jetzt, so lange der Kaiser doch faktisch minorenn ist, ist eine solche Behörde von hoͤchster Wichtigkeit; sie ist eigentlich der Anfang einer wirklichen Regierung. Die Minister, in ihrem schnellen Wechsel, haben kaum Zeit, den Zustand des Landes kennen zu ler⸗ nen, geschweige denn, an eine weitgreifende Maßregel zu denken; der politische Parteikampf und das Interesse des Augenblicks, das Detail der laufenden Geschaͤfte, das ist es, was sie in Anspruch nimmt; ich fuͤhre Ihnen ein Beispiel an, das Ihnen beweisen mag, in welche Kleinigkeiten hier sich die Minister zu mischen ha⸗ ben. Der Kriegs⸗Minister erhielt kuͤrzlich von dem Direktor des Arsenals eine Klage uͤber einen Subalternen. Das Komische da⸗ bei war, daß der Gegenstand dieser Klage im Dunkeln blieb, und selbst die Deputirten⸗Kammer zeigte hier eine, ihr nicht ge⸗ woͤhnliche Discretion; das Publikum aber erfuhr sehr bald, daß es sich um ein Verhaͤltniß mit der Tochter des Direktors handle, der deswegen jenen Mann um jeden Preis entfernen wollte. Der Minister koͤmmt ins Arsenal, ruft saͤmmtliche Subalternen zusam⸗ men, fraͤgt Jeden nach seinem Namen, und als er an den Schul⸗ digen koͤmmt, ruft er die Wache herbei und uͤbergiebt ihr den Mann als Rekruten; ein Dampfboot sollte eben nach Rio Grande abgehen, und ehe zwei Stunden vergangen, war der ungluͤckliche Liebhaber aus dem Hafen; seine Freunde jedoch waren nicht muͤ⸗ ßig. Nicht nur uͤberschuͤttete die Oppositions⸗Presse den Minister mit dem bittersten Hohne wegen seiner Talente als Rekrutirungs⸗ Kommissarius; die Sache kam in den Kammern zur Sprache. Erst suchte der Minister sich zu rechtfertigen; als aber besonders Limpo de Abreu auf das schlagendste nachwies, daß jener. Mann gar nicht der Conscription unterworfen sey, erklaͤrte der Minister: er sey zwar noch uͤberzeugt, nicht illegal gehandelt zu haben, indeß aus Ruͤcksicht auf die National⸗-Garde, die jenen Beamten als einen sehr guten Unteroffizier reklamirt, habe er bereits Befehl gegeben, ihn mit dem ersten Schiffe wieder zuruͤckzuschicken. Der⸗ gleichen Vorfaͤlle sind in allen Ministerien gewoͤhnlich, nur daß sie freilich selten so ungluͤcklich ablaufen; was kann da aus den Ge⸗ schaͤften werden, wenn die obersten Staatsdiener sich um solche Lumpereien kuͤmmern, wenn die Minister unaufhoͤrlich mit den Personalien zu thun haben? Schon das allein waͤre ein großer Vorzug des Staats⸗Raths, daß er mit dem Personal nichts zu schaffen hat; und unabhaͤngig von dem Wechsel der Ministerien kann er in Ruhe legislative und administrative Arbeiten vollenden; die den Kammern vorgelegten Gesetze truͤgen dann auch den Stempel groͤßerer Reife und Ueberlegung; sie wuͤrden den Kammern impo— niren, und man wuͤrde nicht glauben, daß jede unreife Geburt des Augenblicks durch die irgendwie erhaltene Majoritaͤt der Kam— mern auch vernuͤnftig und zweckmaͤßig wird. Von Gesetzen uͤber Bergbau, Forstkuͤltur, Diamanten⸗Gewinnung, Colonisation und dergleichen, die auf die Staats⸗Einkuͤnfte den besten Einfluß haben koͤnnten, ist bestaͤndig die Rede; aber es wagt sich Niemand daran: denn so viel Selbsterkenntniß besitzt gerade noch die Kam⸗ mer, um einzusehen, daß weder juristische Kenntnisse diese sind am meisten vorhanden, da bei weitem die Mehrzahl der Deputir⸗ ten Justiz⸗Beamte sind noch politisches Raisonnement fuͤr jene Gegenstaͤnde ausreichen. 88

Die diesjaͤhrige Session zeichnet sich durch zwei Ska ndale aus, die eigentlich gar nicht im Brasilianischen Charakter sind; der eine betraf den Deputirten Navarro, der im vorigen Jahre eine so abenteuerliche Rolle gespielt hat, in dieser Session sich jedoch als einen jungen Mann von nicht unbedeutendem Talent zeigte, dessen wildes Jugendfeuer nur etwas verrauchen muß. Am 7. September dem Jahrestage der Unabhaͤngigkeits⸗Erklaͤrung zu Mittag, waͤhrend gerade Alles zur Cour stroͤmte, traf er in einer der belebtesten Straßen die Bruͤder Guimaraes, deren einer kuͤrzlich in Berlin als Brasilianischer Konsul war; aus einem Wort⸗ wechsel entwickelte sich eine Schlaͤgerei, bei welcher Navarro, trotz beldenmuͤthiger Vertheidigung, doch sehr uͤbel zugerichtet wurde. Die Kammer nahm uͤbrigens von dem ganzen Vorfalle keine Notiz; man fuͤhlte wohl, daß Navarro jedenfalls Unrecht gehabt hatte, die Sache so weit kommen zu lassen. Viel aͤrger war es, daß bald darauf der Senator Alencar, ein Geistlicher, sich so weit vergaß, nach dem Minister des Innern, Araujo Vianna, zu schla— gen; wie weit es eigentlich gekommen ist, erfuhr man nicht genau, da die Scene nicht im Sessions⸗Zimmer vorfiel; als uͤbrigens einer der Senatoren auf Untersuchung antrug, um die Uebertrei⸗ bungen der Journale widerlegen zu koͤnnen, ließ man die Sache sfallen, was wohl kein gutes Zeichen ist.

Die neue Legislatur, die naͤchstes Jahr ihre Sitzungen beginnt, macht der Regierung viel Sorge. Das Ministerium der Andrada's setzte an jene Wahlen in vorigem Jahre alle seine Kraͤfte, Versprechungen und Drohungen, nichts wurde gespart; und moͤgen auch die Vorwuͤrfe der Gegner uͤbertrieben seyn, wer den Wahlen in der Hauptstadt beigewohnt hat, wird nicht bezwei⸗ seln, daß Furcht vor Dolchen und vor dem farbigen Poͤbel bedeu— tend dazu beigetragen haben, den Andrada's eine kompakte Ma⸗ joritaͤt zu geben; das jetzige Ministerium kann unmoͤglich mit ei⸗ ner Kammer regieren, die unter den Auspizien seiner Todfeinde erwaͤhlt ist, und in der einige seiner Hauptstuͤtzen fehlen. Was aber thun? Die Kammern aufloͤsen, ehe sie zusammentreten? Es heißt schon lange, daß man das will; schon hat Antonio Carlos die Minister an Holyrood erinnert; zwar sagte Vasconcellos; falls ihn die Kroͤne in ihren Rath berufe, werde ihm die Hand nicht zittern, das Aufloͤsungs⸗Dekret zu unterzeichnen, und er ist der Mann, Wort zu halten; auch wuͤrde er Zeit haben, sich erst die noͤthige Macht zu sichern, die ihm voriges Jahr fehlte; indeß ohne starke Erschuͤtterungen moͤchte es kaum gehen. Und doch ist es noch unthunlicher, diese Kammer zu versammeln und sie nach dem ersten feindlichen Schritte aufzuloͤsen; dieser Schritt wuͤrde in der Antwort auf die Thronrede liegen, die gewoͤhnlich Anfangs Juni zu Stande koͤmmt; wenn aber im Juni die neue Wahl ausgeschrieben wird, kann bei der Ausdehnung und der ge⸗ ringen Communication Brasiliens die Kammer in demselben Jahre nicht mehr zusammentreten; dann ist die Regierung ohne Budget, ohne Armee und Flotte! So sind denn die Schwierig⸗ keiten auf beiden Seiten groß genug, und es duͤrften Brasilien wieder einige stuͤrmische Tage bevorstehen; doch ist der Sieg kaum zweifelhaft, und ein Deputirter der Majoritaͤt sagte kuͤrzlich ganz richtig: „Uns gehoͤrt die Jugend, die Zukunft; nicht den alten Leuten, die allerdings die Unabhaͤngigkeit Brasiliens erfochten ha— ben, die aber nicht einsehen wollen, daß die Unabhaͤngigkeit nicht alles ist, daß die revolutionairen Kraͤfte jetzt ruhen, die organisi- renden dagegen wirken muͤssen.“ Gewiß nur diese Gesinnung, nur die Partei des regresso in diesem Sinn des Wortes, kann dem Lande wahres Heil bringen.

Kuͤrzlich ist der Marschall Joao Paulo dos Santos Barreto, nachdem er endlich das Kommando in Rio⸗Grande abgegeben hat, hier angekommen. Er behauptet, auf dem Wege, auf welchem er vom Heeve mit kleiner Begleitung nach Porto⸗Allegre gelangt sey, haͤtte auch der Graf von Rio⸗Pardo laͤngst zum Heere kom⸗

men koͤnnen; er habe einen Triumphzug durch die Provinz ge⸗

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halten; wie Spreu vor dem Winde seyen die Rebellen vor ihm geflohen, und Alles, was man von dem traurigen Zustande des Heeres sage, sey uͤbertrieben. Freilich spricht er in eigener Sache; indeß auch ihm gegenuͤber hoͤrt man nur Partei⸗Eifer; von offi⸗ ziellen Kundmachungen kann eigentlich nicht die Rede seyn; es ist am Ende nur der Minister Aureliano, der Alles aufbietet, um seinen Bruder Saturnino als einzigen Heiland darzustellen, und die Opposition hat Recht, dem Ministerium, wie der Majoritaͤt, Inkonsequenz vorzuwerfen; denn oft genug ist es von diesen Maͤnnern ausgesprochen worden, daß die Praͤsidentschaft und das General⸗Kommando in Rio⸗Grande in einer Hand liegen muͤsse; und nur Aureliano zu gefallen hat man sie doch wieder getrennt. Vorlaͤufig uͤbrigens zwingt die Jahreszeit noch zu einer Art von Waffenruhe; so hat der Graf von Rio Pardo noch ein paar Mo⸗ nate vor sich, und es werden ihm so viel Verstaͤrkungen zugeschickt, daß er jedenfalls den neuen Feldzug mit einer fuͤr Brasilien im- pofanten Macht eroͤffnen kann. Dann wird sich ja zeigen, was

er vermag.

¹ Ostindien.

Bombay, 1. Nov. Schach Sudscha soll gefaͤhrlich krank gewesen seyn; sein Tod wuͤrde vermuthlich dazu beitragen, die Stimmung einiger Staͤmme in Afghanistan zu verändern, bei de⸗ nen er sehr unbeliebt ist. Sir W. H. Mac Naghten, der Bri⸗ tische Gesandte an seinem Hofe, der zum Gouverneur der Praͤsi⸗ dentschaft Bombay ernannt ist, wird erst in einigen Monaten in Bombay erwartet, wo, wie man glaubt, seine Gegenwart wegen seiner Bekanntschaft mit den Afghanen von großer Wichtigkeit seyn duͤrfte.

In Sind sucht der gegenwaͤrtige politische Agent, Major Outram, die fortwaͤhrenden Raͤubereien der Freibeuter zu unter⸗ druͤcken; Nussir Chan, dessen Umherstreifen waͤhrend der letzten zwoͤlf Monate so viel Unruhe verursachte, ist endlich auf den Thron seines Vaters in Kelat gelangt und hat einen Allianz— Traktat gezeichnet.

Die von den im Dienste des Nisam von Hyderabad stehen⸗ den Arabern erregten Unruhen sind gedaͤmpft worden. Mehrere wurden zur Transportirung und nur ein einziger zum Tode ver— urtheilt.

Als etwas Merkwuͤrdiges wird die Thatsache angefuͤhrt, daß eine junge Hindu⸗Wittwe in Kalkutta sich mit einem Mann von ihrer Kaste zu verheirathen im Begriffe steht. Die Verheirathung der Wittwen ist ein neuer Schritt in der Civilisation Ostindiens. Ein junger Parse, der vor einigen Monaten von einem Missio⸗ nair getauft worden, war durch die Drohung seiner Verwandten, daß sein junges schoͤnes Weib mit einem Anderen vermaͤhlt wer⸗ 88 solle, bewogen worden, zu seinem vorigen Glauben zuruͤckzu— ehren.

Inland.

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Berlin, 13. Dez. Ein Berliner †— Korrefpondent nimmt in Nr. 338 der Augsb. Allg. Ztg. Gelegenheit, in Betreff der Staats⸗Zeitung eine unangenehme Insinuation zu machen. In Nr. 316 des letztgenannten Blattes hatte ein Artikel „uͤber die Ein⸗ setzung von Schiedsgerichten fuͤr Handwerker in Paris“ gestan⸗ den, worin „die gegenwaͤrtige Desorganisation der Handwerker in Frankreich als eine Quelle von Unruhen, Elend und Unsicherheit in der Production angegeben wird: Die beabsichtigte Ausdehnung der in Provinzialstaͤdten bestehenden Schiedsgerichte zwischen Meistern und Arbeitern (Conseils et Prad'hommes) auf Paris sey zwar eine nuͤtzliche Maßregel, trage aber an sich eigentlich doch nur den Charakter des Palliativs; freilich gaͤbe es kein Gegenmittel wider jene Uebel, ohne die Freiheit des Gewerbes zu beschraͤnken, die uͤbrigens unbestreitbare Vortheile fuͤr alle produzirende Kraͤfte in Frankreich habe.“ Trotz dieser letzterensehr deutlichen Versiche⸗ rung, glaubt der Berliner Korrespondent in unserem Artikel einen Angriff nicht nur auf die Gewerbefreiheit uͤberhaupt, sondern na— mentlich auf die Gewerbefreiheit in Preußen zu erblicken. Man koͤnne dies, sagt er, zwischen den Zeilen lesen und duͤrfe wohl den Schluß machen, daß es auf etwas Anderes als auf eine bloße Rleation uͤber Franzoͤsische Zustaͤnde abgesehen sey: es gebe hier eine Fraction von Publizisten, Staatsmaͤnnern und Politikern, denen ein solcher Ruͤckgriff in die Instituͤtion des Mittelalters aus der Seele entnommen scheine; allein nicht vom Mittelalter allein, sondern auch aus der Geschichte der letzten 50 Jahre, welche sich nicht unterschlagen lasse, muͤsse man lernen.

Wir koͤnnen nun dem Berliner Korrespondenten die beruhi⸗ gende Versicherung geben, daß es keinesweges unsere Absicht ist, irgend ein Stuͤck Geschichte, aber auch kein Stuͤck der Gegen— wart zu unterschlagen, und muͤssen wuͤnschen, daß er jene mehr als mißtrauischen Ansichten weder hegen noch verbreiten moͤge.

In unserem von einem gruͤndlichen Beobachter der national⸗ konomischen Zustaͤnde in Frankreich an Ort und Stelle geschrie— benen Artikel hat nicht mehr zwischen den Zeilen gestanden, als was in den Zeilen steht; den Preußischen Zustaͤnden durch ein Franzöͤsisches Sprachrohr ein „de te fabula narratur“ zuzurufen, halten wir offen gesagt fuͤr eine unwuͤrdige Charlatanerie. Um das inlaͤndische Gewerbewesen auch in der Staats-Zei⸗ tung zu besprechen, brauchte man wahrlich nicht zu derartigen Mitteln zu greifen. Aber auch die Insinuation uͤber Reviviszi⸗ rung abgestorbener Dinge uͤberhaupt glauben wir ablehnen zu koͤnnen. Dem Berliner Korrespondenten, welchem der Entwurf unseres neuen Gewerbegesetzes vielleicht nicht unbekannt ist, wird es nicht schwer werden zu beurtheilen, wie man darin Gewerbe⸗ freiheit mit Gewerbeordnung zu verbinden trachtet.

Bojanowo, 10. Dez. Am zweiten Advents⸗Sonn⸗ tage, den ten d., feierte unsere Stadt in erhebender Weise den Tag, an welchem die hiesige evangelische Kirche das dritte Jahr⸗ hundert ihres Bestehens beginnen sollte. Diese Kirche wurde naͤmlich, so wie die Stadt selbst, waͤhrend des dreißigjaͤhrigen Krieges von Deutschen protestantischen Fluͤchtlingen gegruͤndet, welche im damaligen Koͤnigreich Polen in großer Anzahl freund⸗ liche Aufnahme und Schutz gegen Glaubens⸗Verfolgung fanden. Um die Theilnahme fuͤr das Jubelfest noch mehr zu beleben, hatte der Prediger Meißner schon vorher eine kleine Schrift her— ausgegeben, in welcher die bedeutendsten Momente aus der Ge⸗ schichte dieser Kirche und Stadt erzaͤhlt sind. Der Morgen des Festtages setzte nicht nur die Bewohner von Bojanowo, ohne Unterschied des Glaubens⸗Bekenntnisses, in freudige Be⸗ wegung, sondern rief auch viele Theilnehmer aus den benach⸗ barten Staͤdten des Großherzogthums Posen, aus Rawicz, Lissa, Reissen, so wie von den nahen Doͤrfern, herbei. In festli⸗ chem Zuge begaben sich zur Zeit des Vormittags⸗Gottesdienstes die Geistlichen der Stadt Boͤjanowo, die Prediger Michler und Meißner, und die der benachbarten Orte, an ihrer Spitze der Bischof Dr. Freimark aus Posen, ferner die Mitglieder des Ma⸗

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e Stadtverordneten, dit Kirchenvorsteher und andere acht⸗ are Buͤrger und Beamte der Stadt und der Umgegend, von der Schule und ihren Lehrern gefuͤhrt, vom Rathhause nach der fest⸗ lich geschmuͤckten Kirche. Hier wies zunaͤchst der Superintendent Altmann aus Rawicz in einer Anrede an die Versammlung auf die Bedeutung des Tages hin, worauf der Prediger Meißner die Liturgie und der Prediger Michler, ein ehrwuͤrdiger, fast achtzig⸗ jaͤhriger Greis, die Predigt hielt, in welcher er mit jugendlicher Kraft die Gefuͤhle schilderte, von denen eine christliche Gemeinde an einem so schoͤnen Festtage durchdrungen seyn muß. Der Bischof Dr. Freimark schloß die gottesdienstliche Feier, indem er ein von der Gemeinde ange⸗ kauftes neues Altar⸗Gemaͤlde einweihte und nach ergreifenden, an die christliche Versammlung gerichteten Vermahnungen und inni⸗ gem Dankgebete den Segen uͤber dieselbe sprach. Die Kirche war zu diesem Feste von mehreren Wohlthaͤtern mit Geschenken be⸗ dacht worden; unter Anderen hatte der Kaufmann Scheibe zu ei⸗ ner etwa noͤthigen Reparatur des Gebaͤudes oder zu einem kuͤnf⸗ tigen Neubau 500 Thaler, die Frau Banquier Glock in Breslau,

aus der Stadt Bojanowo gebuͤrtig, 50 Thaler zur Anschaffung ei⸗

ner neuen Altar⸗ und Kanzel⸗Bekleidung, der Frauen⸗Verein der

Stadt ein großes sogenanntes Brautkissen nebst Teppich und zwei

Stuͤhlen zum Gebrauch bei Trauungen geschenkt, verschiedener

kleinerer Gaben nicht zu gedenken. Auch der Armen der Stadt

erinnerte man sich an dem frohen Festtage durch eine reichliche Spende.

Die Feier endete mit einem Festmahl in den Zimmern des Rath⸗

hauses, wobei der erste Toast, Sr. Majestaͤt dem Koͤnige geweiht,

von dem Bischof Dr. Freimark ausgebracht und von der Ver⸗

sammlung mit einem begeisterten Lebehoch begleitet wurde. Nach

mehreren anderen Trinkspruͤchen trennte man sich unter innigen

Wuͤnschen und Hoffnungen fuͤr das fernere Gedeihen der Stadt

und ihrer Kirchen⸗Gemeinde.

Die Australischen Niederlassungen von England.

(Schluß. Vergl. St. Ztg. Nr.; Sydney. Ausfuhr. Ackerbau. Vandiemens⸗

land. Port Philiyp te. Nerfel Eiland. Schwanenfluß.

Auskuhr.

Die von Sydney auszufuͤhrenden Gegenstaͤnde bestehen meist in Holz, Steinkohlen, Thran und besonders gegenwaͤrtig in Schafwolle. Da die Neu⸗Hollaͤndischen Schafe eine sehr ungenuͤgende Wolle ge⸗ waͤhrten, so war es ein hoͤchst gluͤcklicher Gedanke des Sir Mac Ar⸗ thur, daselbst die Merino⸗Schaf⸗Kultur einzufuͤhren; seit dem Jahre 1816 ist diese daselbst in das Leben getreten, und das Koͤnigreich Sach⸗ sen mit seinen Elektoral⸗Schafen hat dazu, vielleicht zum Nachtheil sei⸗ nes eigenen Absatzes, ein Wesentliches beigetragen. Wie unglaublich diese Fortschritte der Woll⸗Production in Neu⸗Holland geworden. sind, ergiebt sich aus dem regen Verkehr, der diesem Handels⸗ zweig daselbst geworden ist. Im Jahr 1807 war der Gesammt⸗ Betrag der damals noch dazu schlechten Wolle 245 Pfund, im Jahre 1839 dagegen wurden 10,128,774 Pfund veredelter Wolle nach England ausgefahren, was dem fuͤnften Theil der ganzen Woll⸗Consumtion von Großbritanien gleichkommt, und mithin eine Summe von einer Million Pfund Sterling betraͤgt, welche es sonst dem Auslande zuwenden mußte. Von dieser Produc⸗ tion der Neu⸗Hollaͤndischen Kolonieen kommen zwei Drittheile allein Neu⸗Suͤdwallis zu Gute. Nicht minder wichtig ist die Rindvieh⸗ und Pferdezucht fuͤr die Kolonie geworden, Thiere, an denen fruͤher Neu-Holland einen gaͤnzlichen Mangel hatte; deren Anzahl aber gegenwaͤrtig in stetem Steigen begriffen ist, wenn⸗ gleich der dortige Viehstand nur erst das noͤthige Vieh fuͤr den eigenen Bedarf liefert. In dem Jahre 1820 wurden bereits 3675 Pferde, 55,450 Stuͤck Rindvieh, 2000 Ziegen und 24,822 Stuͤck Schweine auf Suͤd⸗Wallis gezaͤhlt, und diese Zahlen sind seitdem um ein Bedeutendes uͤberschritten.

A ck etb g

Auch der Ackerbau gewaͤhrt in einzelnen Gegenden den groͤß⸗ ten Vortheil und wird es um so mehr, je mehr erleichternde Ver⸗ bindungswege von einem Orte zum anderen eingerichtet seyn wer⸗ den. Besonders gut gedeihen Weizen, Mais und Gerste, fast eben so gut Taback, Kartoffeln, * uͤlsenfruͤchte, Hanf und Flachs. Doch wird noch immer nicht mehr als der eigene Bedarf erzeugt. Die Anbauer erhalten unter sehr maͤßigen Bedingungen große Land⸗ striche, nur freilich nach der Beschaffenheit und mehr oder weniger guͤnstigen Lage des Bodens, gemaͤß den Preisen der dortigen Ver⸗ steigerungen, in großen Gegensaͤtzen, von 12 Shilling bis 130 Pfund der Morgen. Ist es aber Baugrund und andere wohlgelegene Hertlichkeiten in und um den Haupt⸗Kolonial⸗Staͤdten des Landes, so aͤndert sich der Werth des Bodens, wie natuͤrlich, noch betraͤcht⸗ lich ab, und die bedeutendsten Zahlen bietet in dieser Hinsicht wieder Sydney selbst. In und nahe bei dieser Stadt wird der Morgen mit 1000 Pfund Sterling bezahlt und steigt bei besonders guͤnsti⸗ ger Lage von 10,000 bis 20,000 Pfund Sterling, ja bei einer fuͤr Frrichtung von Manufakturen, Destillationen, Dampfmuͤhlen und deren Vertrieb ganz besonders wohlgeeigneten Oertlichkeit sind so⸗ gar 30,000 Pfund Sterling Kaufpreis bezahlt worden. Selbst aber auch bei den geringeren Preisen großer Landstriche fuͤr den Ackerbau stellen sich bei dem ersten Anbau derselben noch Schwie⸗ rigkeiten genug entgegen, die zu den groͤßten Anstrengungen her⸗ ausfordern. Die den Ansiedlern uͤberwiesenen Plaͤtze muͤssen zuerst von den Baͤumen, die sich darauf befinden, auf das muͤhsamste gereinigt werden und gewaͤhren auch dann nicht immer sogleich die erwarteten Fruͤchte reichlich genug; gewoͤhnlich aber lohnt ein 12monatlicher darauf verwandter beharrlicher Fleiß dann auch schon mit einem ergiebigen Ertrage auf jenem jungfraͤulichen Bo⸗ den. Zu diesem Anbau des Landes werden nun auch die Ver⸗ brecher als Arbeiter herangezogen. Fruͤher war es den Anbauern gestattet, sich unmittelbar Verbrecher zu Arbeitern auszuwaͤhlen, spaͤter aber wegen manchen Mißbrauch, geschieht dies auf Anfor⸗ dern durch die Regierung selbst, welche aus Grundsatz die juͤnge⸗ ren Ansiedler zur Erleichterung ihrer Thaͤtigkeit vor den aͤlteren bei dieser Auswahl zu beguͤnstigen pflegt. Die, so vertheilten Ver⸗ brecher werden dann von den Ansiedlern in Huͤtten untergebracht, welche gewoͤhnlich von vier Menschen bewohnt werden, und mit einem eisernen Kessel, nebst einer Bratpfanne ausgestattet sind. Die Verbrecher erhalten dann alle Sonnabend ihren Mund⸗ vorrath fuͤr die ganze Woche, welcher fuͤr zehn Mann in einem Viertel Weizen und nach gut Englischer Sitte aus⸗ Pfund Rindfleisch, oder 4 ½ Pfund Schweinefleisch, 4 Loch Thee, 1 Pfund Zucker und 4 Loth ’e besteht. 8 ee Regel nicht, doch muß der Dienstherr jedem alle Je l⸗ stäͤndige Anzuͤge, einen Bettsack, eine zinnerne Schuͤssel 8 ein Messer geben, und gewoͤhnlich werden ihnen auch S eve: zum Anbau von Gemuͤse angewiesen und ihnen der Sonnaben