1841 / 348 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

In Manchester sieht es noch immer traurig aus. Auf vie len Punkten von Lancashire wird nur vier Tage in der Woche earbeitet. Aus anderen Manufaktur⸗ Distrikten, besonders aus Birmingham und Nottingham, lauten die Berichte jetzt etwas besser als bisher; vorzuͤglich sind es, nach dem Nottingham Journal, die geringeren Sorten von Strumpfwaaren, nach welchen sich neuerdings der Begehr so gesteigert hat, daß viele Fabrikanten bereits ihren ganzen Vorrath verkauft haben. Rapallo, der in die Schatzkammerschein⸗Faͤlschung verwickelt war, ist zwar wirklich freigelassen, jedoch unter der Bedingung, sich auf die erste Citation wieder zu stellen, also nur⸗ ab instantia freigesprochen. Nach dem Morning Herald haͤtte sich eine halbe Stunde nach der Freigebung Rapallo's ein Polizei⸗Inspek⸗ tor im Gefaͤngnisse eingefunden, um dessen Entlassung zu verhin⸗ dern, da eine neue Klage wegen seiner Betheiligung an der Ver⸗ faͤlschung der Schatzkammerscheine gegen ihn haͤtte anhaͤngig ge⸗ macht werden sollen. Man scheint seiner indeß nicht wieder hab⸗ haft geworden zu seyn. Nach den neuesten Berichten aus Central⸗Amerika ist die Stadt Karthago am 2. September durch ein Erdbeben vodöllig zerstoͤrt worden. Da die Haͤuser meist niedrig und von Holz und

die Bewohner schon aufgestanden waren, so sind von den 10,000

Einwohnern nur etwa 50 umgekommen.

London, 11. Dez. (B. H) In der gestern in Windsor gehaltenen Geheimen Raths⸗Sitzung wurde bestimmt, daß das Parlament sich am 3. Februar „zur Erledigung dringender und wichtiger Geschaͤfte“, versammeln solle. In derselben Sitzung wurde beschlossen, den Namen des Prinzen von Wales in dem offentlichen Kirchen⸗Gebete gleich nach dem Namen des Prinzen Albrecht einzuschalten.

H London, 10. Dez. Lord Palmerston hat sich beeilt, dem Beispiele seines fruͤheren Kollegen, Lord John Russell, zu folgen, und eine Adresse an die Bewohner von Bridgeworth zu erlassen. Lord Melbourne, welcher mehr Takt besitzt, hat es durchaus ver⸗ mieden, irgend eine Demonstration jener unaͤchten Sympathie, die den gefallenen Staatsmaͤnnern von Seiten der Unzufriedenen zu Theil wird, hervorzurufen oder anzunehmen. Sehr verschieden von diesen Beweisen politischer Thaͤtigkeit waͤhrend der Parla⸗ ments⸗Ferien sind jene merkwuͤrdigen Versammlungen, in wel⸗ chen vor einigen Jahren Sir Robert Peel die Prinzipien seiner kuͤnftigen Verwaltung ankuͤndigte. Ganz anderer Art sind die Schmaͤhungen der vorigen Minister in Betreff der Vergangen⸗ heit und ihr ungereimtes Vertrauen hinsichtlich der Zukunft. Sie haben in diesem Augenblick nicht das Recht, diejenigen Gesetze, welche sie zu der Zeit, als sie die Macht dazu hatten, nicht zu amendiren wagten, als unbillig zu bezeichnen; auch koͤnnen sie sich nicht auf die maͤchtigen Wahrheiten der National⸗Oekonomie be⸗ rufen, da sie waͤhrend neunzehn Zwanzigtheilen ihrer offiziellen Laufbahn standhaft ihr Ohr gegen dieselben verschlossen. Das Englische Volk scheint dies so sehr zu fuͤhlen, daß die Fuͤhrer der Partei, welche alle Sympathieen des Volkes fuͤr sich zu haben behauptet, nirgends mit den Ausdruͤcken des in diesem Lande so gewoöhnlichen Volks⸗Enthusiasmus begruͤßt worden sind. Das Volk weiß zu gut, daß die Whig⸗Minister durch ihre eigene Schwaͤche und Unfaͤhigkeit gefallen sind, als daß es ihnen gestat⸗ ten wuͤrde, den jaͤmmerlichen Schluß der Melbourneschen Verwal⸗ tung mit der Ehre des Maͤrtyrerthums zu kroͤnen; es kann da⸗ her fuͤr die Fuͤhrer der Opposition nichts hoffnungsloser seyn, als der gegenwaͤrtige Stand der Angelegenheiten.

Lord John Russell und Lord Palmerston sind Maͤnner, die nicht leicht in Ruhe oder Vergessenheit verharren, und es moͤchte daher nicht unpassend seyn, einen Blick auf den Charakter derje⸗ nigen zu werfen, deren Benehmen einen so maͤchtigen Einfluß auf die Taktik der Opposition haben muß. Obgleich ich Beide hier zusammen genannt habe, so darf man nicht glauben, daß sie durch irgend ein enges Band persoͤnlicher Freundschaft oder politischer Allianz verbunden sind. Ich fuͤrchte, daß ihre wahren Gesinnun⸗ gen gegeneinander Mißtrauen auf der einen und Eifersucht auf der anderen Seite sind, und daß die gleiche Sprache, welche sie gegenwaͤrtig fuͤhren, nicht aus der Aehnlichkeit des Charakters, sondern der Stellung entsteht. Lord John Russell genießt großes Ansehen in England, ja, ich kann wohl sagen, in Europa, und er verdient es. Seine politischen Gewohnheiten sind zu sehr aus dem Unterhause hervorgegangen und durch dasselbe bestimmt worden und er schweift zuweilen, um einer Maäjoritaͤt willen, von einer Frage oder einem Prinzip ab, und die Praxis des politischen Kampfes hat vielleicht seine politische Weisheit geschwaͤcht; aber er ist vor allen Dingen ein Patriot und ein Gentleman; kalt in seiner Energie, aber un—⸗ erschuͤtterlich in Verfolgung seines Zweckes, und bisher (doch kann ich nicht fuͤr die Zukunft stehen) ist er bei der Wahl seiner An⸗ haͤnger und der Mittel, sie zu fesseln, nicht gewissenlos zu Werke gegangen. Er kennt Lord Palmerston wohl und man verdankt es theilweise ihm, daß derselbe sich in seiner jetzigen Stellung be— findet. Aber dies noͤthigt mich, etwas in die Geschichte dieses letzteren Ministers zuruͤckzugehen. 8

Ich bin stets innig uͤberzeugt gewesen, daß Lord Palmerston, zu einer Zeit, wo das Ministerium, zu dem er gehoͤrte, bereits zu sinken begann, die Franzoͤsische Allianz abschuͤttelte und durch eine gewaltsame Anstrengung in den auswaͤctigen Angelegeanheiten seinen Charakter und seine Popularitaͤt zu heben suchte, weil er glaubte, sich dadurch moͤglicherweise der neuen Regierung unentbehrlich zu machen und das Portefeuille der auswaͤrtigen Angelegenheiten un⸗ ter Sir Robert Peel behalten zu koͤnnen. Von dem Augenblicke an, als der Traktat vom 15. Juli 1840 im Werke war, suchte

nan die Fuͤhrer der Tories zu versöhnen; an diesen Unterhand⸗ lungen nahm Lord Ashley sehr lebhaft Theil, da er durch seine Ansichten den Konservativen angehoͤrt und durch Heirath nit Lord Palmerston verwandt ist. Im November vorigen Jahres wurde diese Intrigue anderen Kabinets⸗Mitgliedern bekannt, so daß die heftigen Diskussionen, welche der damalige be⸗ unruhigende Stand der Angelegenheiten in Europa veran⸗ noch durch starkes persoͤnliches Mißtrauen vermehrt Allein es war der Gebrauch der Melbourneschen Verwaltung und ist zum Fluch fuͤr dieselbe geworden, daß jedes Departement des Staats gaͤnzlich der Kontrolle desjenigen Mi⸗ nisters uͤberlassen wurde, der eben an der Spitze desselben stand, ohne irgend eine Ober⸗Aufsicht von Seiten des Premier⸗Mini⸗ kers und meistentheils selbst ohne daß die uͤbrigen Mitglieder des Kabinets von irgend etwas in Kenntniß gesetzt wurden. Lord Palmerston hat sich dieser Freiheit in ihrer groͤßten Ausdehnung bedient. Er betrachtete das auswaͤrtige Departement als seine ihm eigenthuͤmlich gehoͤrende Domaine, in welche einzudringen kein anderer Minister das geringste Recht hatte, und er wies den Rath eines Kollegen im Kabinet eben so heftig oder gewandt zuruͤck, wie er den Angriff eines Gegners im Unterhause beantwortet oder umgangen haben wuͤrde. 1 Im auswaͤrtigen Amte floͤßte er seinen Untergebenen eine

solche Furcht und solchen Haß ein, wie Englische Gentlemen wohl

Fümümmiem Iümne

selten gegen ihren Chef gefuͤhlt haben. Vor kurzem nahm einer der ersten Beamten des Departements, der seiner Gesundheit wegen Urlaub genommen, von seinen Kollegen mit den Worten Abschied: „Ich sehe Sie vielleicht nicht wieder; aber wenn ich sterbe, so erinnern Sie sich, daß ich als ein Opfer jenes grausa⸗ men und ungerechten Mannes sterbe.“ Es ist unstreitig wahr, daß Lord Palmerston in Bezug auf die auswaͤrtigen Angelegen⸗ heiten seinen Kollegen im Kabinet und seinen Gehuͤlfen im Amte mehr als gewachsen war. Unermuͤdlich im Arbeiten, voͤllig seinen eigenen Huͤlfsmitteln vertrauend, schnell wie der Gedanke in seinen Com⸗ binationen, kuͤhn und geschickt in jeder Art von Hinterlist, in der kleinsten wie in der groͤßten und eben so bereit einen Verbuͤndeten als einen Gegner zu taͤuschen —, verfolgte er seinen eigenen Gang zu seinen eigenen Zwecken mit einer Unerschrockenheit, wie man sie nur bei den groͤßten oder den schlechtesten Menschen sindet d. h. bei denen, die die groͤßten Zwecke haben, oder bei denen, die sich am meisten von allen Fesseln der Gesetze oder der Pflicht befreien.

Kehren wir indeß zu seiner politischen Stellung zuruͤck. Meh⸗ rere unuͤbersteigliche Hindernisse standen ihm entgegen; zuerst vor Allem die Verachtung, die Sir Robert Peel gegen seinen Charak⸗ ter und zuletzt gegen seine Politik hegte. Auch war es wahrschein⸗ lich, daß dieser Staatsmann in dem Augenblicke, wo er an der Spitze einer triumphirenden Partei ans Ruder gelangte, geneigt seyn werde, unter irgend einer Form eine Allianz mit einem ar⸗ roganten Apostaten zu schließen. Die Hoffnung, ohne Sir Robert Peel ein Kabinet bilden zu koͤnnen, war noch alberner, obgleich ich nicht sicher bin, daß Lord Palmerston nicht auf die Möglichkeit spekulirt hat, den angeblichen Widerwillen der Koͤnigin gegen Sir Robert Peel und ihre persoͤnliche Hinneigung zu den Whigs zu benutzen, um sich an die Spitze eines konser⸗ vativen Kabinets zu stellen und einen Whig-Hofhalt unter den Auspizien einer Frau beizubehalten, die nicht weniger geschickt und ehrgeizig ist, als er selbst. Dies war aber, wenn sie uͤber⸗ haupt jemals existirte, eine sehr voruͤbergehende Taͤuschung. Die Stellung der Whigs wurde taͤglich schwaͤcher; es wurde beschlossen, die Fragen uͤber Handels-Reform vermittelst des Budgets zur Sprache zu bringen. Lord Palmerston hatte sich noch zu nichts verpflichtet, vielleicht war er noch unentschieden, als Lord John Russell unmittelbar, nachdem er im Unterhause fuͤr die beantragte Aenderung der Korngesetze gesprochen, ihn aufforderte, seinem Beispiele zu folgen, da er derjenige Kabinets⸗Minister sey, dem die Frage zunaͤchst zufalle. Nun war es zu svpaͤt, sich zuruͤckzuziehen, und der Minister der auswaͤrtigen Angelegenheiten hatte sich in der folgenden Nacht fuͤr die Abschaffung der Korn⸗ gesetze und fuͤr diejenigen Prinzipien der Handels⸗Reform verpflichtet, die, wie er jetzt den Bewohnern von Bridgeworth versichert, „seit so vielen Jahren von allen aufgeklaͤrten Staͤatsmaͤnnern anerkannt worden seyen.“ Seit diesem Augenblicke wurde Lord Palmerston der eifrigste und sanguinische Anhaäͤnger der Sache, die er ergriffen. Hauptsaͤchlich durch seinen Einfluß wurde Lord Melbourne bewo⸗ gen, gegen seine Ueberzeugung das vorige Parlament aufzuloͤsen; denn Lord Palmerston bestand bis zum letzten Augenblicke darauf, daß sie bei den Wahlen gewinnen wuͤrden. Das Resultat dieser Wahlen brachte die Minister schimpflicherweise aus dem Amte. Aber selbst damals noqo war es in den Salons von Carlton Gardens Mode vorherzusagen, daß das neue Kabinet nicht sechs Monate bestehen konne. Drei Monate sind bereits vergangen, und die Zeit seiner angeblichen Dauer ist gnaͤdiglichst auf 15 ausgedehnt worden.

Lord Palmerston kuͤmmert sich sehr wenig darum, ob Sir Robert Peel in einem Feuerwagen seinen Abzug haͤlt, oder durch eine Revolution hinweggeschwemmt wird, vorausgesetzt, daß er nur den einen großen Zweck erreiche, selbst wieder von dem auswaͤr— tigen Ministerium Besitz zu ergreifen. Es ist keine leichte Sache, den Thaten eines zu gleicher Zeit so gewandten und so verzwei— felten Mannes Graͤnzen zu setzen; aber ungeachtet aller seiner Talente genießt Palmerston nicht das geringste Ansehen im Lande, nicht das geringste Vertrauen unter seinen Genossen. Wenn morgen wieder ein Whig-Kabinet gebildet werden sollte, so bin ich uͤberzeugt, daß Lord Palmerston die Aufnahme in dasselbe einzig und allein der Furcht vor der feindlichen Stellung zu danken haben duͤrfte, die er einnehmen wuͤrde, wenn er davon aus— geschlossen bliebe. Aber die Whigs haben an dem Beispiel des Lord Brougham gelernt, daß ein Mann, welcher als Freund nicht aushaͤlt, als Feind nicht eben sehr gefaͤhrlich ist, selbst wenn er der beredteste Mann in Großbritanien waͤre; und sollte sich jetzt die Gelegenheit darbieten, so koͤnnte es wohl kommen, daß er dasselbe Schicksal haͤtte und ausgeschlossen wuͤrde. Indessen werden wohl Jahre vergehen, ehe diese Frage uͤberhaupt entschie⸗ den zu werden braucht; und in der Opposition wird Lord John Russell dafuͤr kaͤmpfen durch Vertheidigung seiner Prinzipien wie⸗ der eine Partri zu bilden, waͤhrend Lord Palmerston durch die Vertheidigung seiner selbst nur darnach strebt, seinen verlorenen Posten wieder zu erobern.

Vielleicht habe ich Sie durch diesen langen Exkurs in die Zeitgeschichte etwas ermuͤdet; aber fuͤr Ihre Leser hat es doch wohl einigen Werth, wenn sie in den Stand gesetzt werden, die ganze zukuͤnftige Politik der Whig⸗Partei zu verfolgen.

Mit Ausnahme einiger weniger Personal⸗Veraͤnderungen ist in der politischen Welt nichts von Bedeutung vorgekommen. Der Prinz von Wales ist in den Zeitungen zum Herzog von Sach⸗ sen (Duke of Saxony) gemacht worden, ohne daß man jedoch Koburg hinzugesetzt hat. Wahrscheinlich soll das heißen, daß man das Saͤchsische Wappen in das Koͤnigliche Wappenschild von England aufnehmen will. Lord Hill legt, wie man sagt, das Kom⸗ mando der Armee nieder, welches er so viele Jahre mit großer Wuͤrde und Auszeichnung gefuͤhrt hat. Das Amt eines Ober-⸗Befehlsha⸗ bers der Truppen ist in England ungefaͤhr dasselbe, wie das des Kriegs⸗Ministers in anderen Laͤndern; nur giebt es keinen Sitz im Kabinet und wird ohne Ruͤcksicht auf politische Meinungen ertheilt. Man sagt, daß Sir George Murray der Nachfolger des Lord Hill seyn wird. Allein ungeachtet des ausgezeichneten Charakters und der Faͤhigkeiten dieses Offiziers duͤrfte man doch einige Zweifel daruͤber hegen, ob er zu dieser Stelle passe. Sein Alter und seine Lebensweise sind nicht zu einer anstrengenden Thaͤ⸗ tigkeit geeignet, und in dem bisher von ihm bekleideten Posten des Ober⸗Befehlshabers der Artillerie (Master General of the Ordnance) hat er sich wenigstens nicht als ein genuͤgender Nach⸗ folger seines Vorgaͤngers, des Lord Vivian, bewiesen. (Vergl. oben die Angabe des Standard uͤber den angeblichen Zuruͤcktritt des Lord Hill.) 8

Deutsche Bundesstaaten. 8

Stuttgart, 9. Dez. (Wuͤrtt. Bl.) In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten fuͤhrte die Tagesordnung auf Bera⸗ thungz des Berichts der Zoll⸗ und Handels⸗Kommission uͤber eine von der Kammer der Standesherren beschlossene und diesseitiger Kammer mitgetheilte Eingabe an die Staatsregierung, betreffend

en Zollschutz der einheimischen Gewerbe. Die Kam⸗ mer der Standesherren hat sich naͤmlich durch die Berathung des

neuesten Rechenschaftsberich aͤndischen Ausschusses und nament⸗ lich der in demselben aufgefuͤhrten Bekanntmachung des Koͤnigl. Fi⸗ nanz⸗Ministeriums vom 26. Oktober 1839, betreffend den Zoll auf Reis und Zucker, veranlaßt gesehen, eine Eingabe an die Staatsregierung zu beschließen, in welcher gebeten werde: Es wolle dieselbe bei der im De⸗ zember d. J. in Berlin stattfindenden Vereinigung der Bevollmaͤchtig⸗ ten der Zollvereinsstaaten dahin wirken lassen, daß die eben erst neu belebte vaterlaͤndische Industrie den zu ihrem Fortbestand noͤthigen Zollschutz erhalte, weil sonst ohne diesen Schutz die einheimische In⸗ dustrie insbesondere die Zucker⸗, die Baumwolle⸗ und Linnen⸗Spin⸗ nerei⸗Industrie, offenbar zu Grunde gehen, und damit eine Auelle zu hoffenden Wohlstandes wuͤrde versiegen muͤssen. Die Ansicht der Kommission, welche deren Berichterstatter, Goppelt, in gedraͤngter Kuͤrze aus dem ausfuͤhrlichen Berichte entwickelt, geht dahin, daß der jetzige Zollsatz auf fremden Rohzucke zum Schutz der einheimischen Zucker⸗Production genuͤge, die bisherigen Bestimmungen uͤber die Einfuhr des Lompen⸗ zuckers aber, den man als raffinirte Waare betrachten sollte, feh⸗ lerhaft seyen, auch zur Verminderung jenes Schutzes beitragen. Was sodann die Baumwolle⸗ und Linnenspinnerei⸗Industrie be⸗ trifft, so glaubt die Kommission, weil, dem Vernehmen nach, der Zoll⸗Kongreß erst spaͤter sich damit beschaͤftigen werde, daß in Ruͤck⸗ sicht des allerdings kaͤrglichen Schutzes, welchen die gedachte In⸗ dustrie in den seitherigen Zollsaͤtzen genieße, der Gegenstand zwar erwaͤhnt, hingegen vor definitiver Regulirung der betreffenden Zollsaͤtze die davon beruͤhrten verschiedenen Interessenten moͤchten gehoͤrt werden. Die Kommission beantragt den Beitritt zu der von der Kammer der Standesherren entworfenen Adresse mit einigen der angefuͤhrten Ansicht der Kommission entsprechenden Modificationen. Der Antrag der Kommission ward angenommen.

Leipzig, 13. Dez. Heute Abend trafen auf der Eisenbahn von Dresden her Se. Majestaͤt der Koͤnig in unserer Staͤdt ein und stiegen im Hotel zum Blumenberge ab, wo die Civil⸗ und Militair⸗-Behoͤrden von Sr. Majestaͤt empfangen wurden. Se. Majestaͤt werden einige Tage in der Umgegend Leipzigs der Jagd beiwohnen. Se. Durchlaucht der Erbprinz von Sachsen⸗Koburg⸗ Gotha ist ebenfalls von Dresden hier angekommen.

Darmstadt, 11. Dez. Die Großherzogl. Hessische Zeitung giebt nach den Vortraͤgen, die der Finanz⸗Minister in der Staͤnde-Versammlung gehalten, folgende Mittheilung uͤber den Zustand des Finanzwesens im Großherzogthum Hessen:

„In der Finanz⸗Periode von 1836—1838 hat sich bei den

Staats⸗Einnahmen ein Ueberschuß von 479,700 Fl. uͤber die Aus⸗

gaben gezeigt, ein Ergebniß, welches in Vergleichung mit dem kor— respondirenden Staats⸗Budget, in welchem angenommen wurde, daß zur Bestreitung der Staats-Ausgaben ein Zuschuß von 680,418 Fl. aus den Ueberschuͤssen der fruͤheren Jahre erforderlich seyn werde, um nicht weniger als 1,160,154 Fl. vortheilhafter er— scheint, indem jener Zuschuß nicht erforderlich war. Di guͤnstige Resultat hatte seinen Grund theils darin, daß bei beinahe saäͤmmtlichen Einnahme⸗Rubriken Mehr⸗Ertraͤge erzielt wurden, theils aber auch in dem Umstande, daß die Staats-Regierung darauf bedacht war, uͤberall wo moͤglich Ersparnisse eintreten zu lassen, so daß neben dem erzielten bedeutenden Ueberschusse in der genannten Periode sogar noch mehrere betraͤchtliche Ausgabe⸗Po⸗ sten bestritten worden sind, die zwar im Staats-Budget nicht vor— hergesehen werden konnten, die aber als unvermeidlich und unver⸗ schiedbar betrachtet werden mußten und daͤher sogar aus dem Re— serve⸗Fonds haͤtten bestritten werden muͤssen, wenn zu ihrer Dek⸗ kung jene Ueberschuͤsse nicht hingereicht haͤtten.

„Von einer definitiven Rechenschaftsablage uͤber die Finanz⸗ Periode von 1839 41 kann zwar zur Zeit noch keine Rede seyn, indem das dieselbe betreffende Rechnungswesen noch lange nicht abgeschlossen ist. Indessen laͤßt sich doch jetzt schon vorlaͤufig als muthmaßliches Gesammtresultat erkennen, daß, waͤhrend in dem Staats⸗Budget die Verwendung von 706,698 Fl. aus den Ueberschuͤssen der Haupt-Staatskasse genehmigt und die Staats— Regierung durch das Finanz⸗Gesetz vom 1. Oktober 1839 außerdem ermaͤchtigt worden war, allenfalls entstehende weitere Ausfaͤlle aus den Ueberschuͤssen der Staatsschulden-Tilgungskasse zu decken, in der Wirklichkeit nicht nur von dieser Ermaͤchtigung keinen Ge— brauch zu machen noͤthig seyn wird, sondern selbst aus jener Ueber schußsumme muthmaßlich nur 194,898 Fl. zur Verwendung kom⸗ men werden; ein Resultat, welches hauptsaͤchlich dem hoͤheren Ertrage der Forstdomainen wegen der gestiegenen Holzpreise sowie betraͤchtlichen Mehrergebnissen aus Regalien, indirekten Auf⸗ lagen, Zollgefaͤllen und Einnahmen aus verschiedenen Quellen zu verdanken ist und um so uͤberraschender erscheint, als in Folge der Abloͤsung der Grundrenten bei den Kameral-Domainen ein Ausfall von nicht weniger als 479,547 Fl. vermuthet wird, bei den Ausgaben dagegen, insbesondere wegen der Beduͤrfnisse zur Ausruͤstung und Unterhaltung des Militairs fuͤr Bundeslasten ꝛc., sehr bedeutende und unvermeidliche Mehrausgaben entstanden sind, die im Budget nicht beruͤcksichtigt werden konnten. Bis Ende 1841 werden sich die gesammten Ueberschuͤsse der Haupt-Staats- kasse muthmaßlich auf 2,012,465 Fl. belaufen, so daß, nach Ab⸗ zug des Betriebskapitals und Reservefonds der Haupt⸗Staatskasse von zusammen 1,100,000 Fl., eine Summe von 912,465 Fl. zur Bestreitung der Staats⸗Beduͤrfnisse in der Periode 18 ½ verwen det werden kann.

Ir Beziehung auf den Stand der Staatsschuld der Periode von 18 38 ergiebt sich, daß der zu Ende 1835 desinitiv uͤberwiesene Schuldenstand von 10,872,637 Fl. nach Abzug der baaren Abzah lung bis Ende 1838 sich zwar durch Zugang liquid gestellter Pas sipposten und den gestiegenen Kapitalwerth der noch nicht einge löͤsten Partial⸗Schuldscheine des Lotterie⸗Anlehens im Ganzen um 288,590 Fl. erhoͤht hat, daß aber die eigentlichen Passiven, welche zu Ende 1835 noch 10,388,342 Fl. betragen hatten, zu Ende 1838

nach Abzug des bis dahin bereits erworbenen Aktiv⸗Kapitals nur

noch 6,945,562 Fl. betrugen, somit also waͤhrend der Periode

18 3% eine wirkliche Verminderung von nicht weniger als 3,442,780

Fl. stattgefunden hat. 18 1— „Eben so wird in der Finanz⸗Periode von 1839 41 zwar ein um 1,023,156 Fl. groͤßerer Zu⸗ als Abgang der Passiven erfol⸗

gen, der in dem weiteren planmaͤßigen Steigen des Kapitalwerthes

des Lotterie⸗-Anlehens um 463,000 Fl. und dem Entstehen einer weiteren, wiewohl nur scheinbaren Schuld von 917,420 Fl. durch die mittelst 4 proc. Obligationen zu berichtigenden Abloͤsungs⸗Ka⸗ pitalien nicht fiskalischer Grundrenten seinen Grund findet. Da gegen wird sich aber das Aktiv⸗Vermoͤgen der Staatsschulden Tilgungs⸗Kasse bis Ende 1841 auf nicht weniger als 8,342,096 Fl. erhoͤht haben, so daß bei Vergleichung dieser Aktiven mit der muth maßlichen Staatsschuld der eigentliche reine Passivstand einschließ lich 1,972,414 Fl. Depositen und Cautionen nur noch 3,993,062 Fl. betragen, also gegen jenen zu Ende des Jahres 1838 um die be traͤchtliche Summe von 2,951,900 Fl. verringert seyn wird.“

Sternberg, 6. Dez. (Mecklenb. Bl.) Die staͤndischen Berathungen uͤber die landesherrlichen Propositionen sind dem

Vernehmen nach schon in der vorigen Woche beendigt und die desfallsigen Erklaͤrungen den Landtags⸗Kommissarien uͤbergeben worden. Es stehen jetzt nur noch einige Propositionen zur Bera⸗ hung, und so wird also wohl in den naͤchsten Tagen, dem Ver⸗ nehmen nach am Mittwoch, den 8ten d., der Schluß des Landta⸗ ges durch Verlesung des Landtags⸗Abschiedes erfolgen. Die Ab⸗ chiedstafeln bei den Landtags⸗Kommissarien haben bereits stattge⸗ funden und zwar bei dem Strelitzischen Kommissarius am 2ten d., bei dem Schwerinschen am 3ten d.

Die fruͤher ausgesprochene Vermuthung ruͤcksichtlich der Ge⸗ setzgebung uͤber Entwaͤsserung und Bewaͤsserung zum Zweck der Boden⸗Kultur hat sich vollkommen bestaͤtigt; der Engere Aus⸗ schuß ist beauftragt worden, bei beiden Landesherren eine Gesetz⸗ gebung in der Art zu beantragen, daß das zu erlassende Gesetz

ich nur auf Grundsaͤtze uͤber Vorfluth und Entwaͤsserung erstrecke. Es sollen sowohl im Schwerinschen, als im Strelitzischen, eigene Kommissarien niedergesetzt werden, welche alle hierher gehoͤrende Ungelegenheiten zu leiten und noͤthigenfalls nach vorgaͤngiger Ver⸗ andlung und unter Zuziehung von Kunstverstaͤndigen zu entschei⸗

den haben werden. Der Rekurs soll nur an die Landes⸗Regie⸗

rungen stattfinden. Die Kommissionen sollen aus einem landes⸗ hHerrlichen Kommissarius bestehen, denen der Engere Ausschuß zwei andische Deputirte beizuordnen haben wird.

Die Bestimmung des Rekrutirungs⸗Gesetzes, nach welcher bisher die Reserve-Dienstzeit der Militairpflichtigen nur auf ein Jahr festgesetzt war, ist auf Antrag beider Landes⸗Regierungen gahin abgeaͤndert worden, daß vom Jahre 1842 an die zur Re⸗ serve abgegebene Mannschaft zwei Jahre in derselben zu verblei⸗ ben haben wird. Es ist diese Abaͤnderung in Folge der neuesten Bundestags⸗Beschluͤsse noͤthig geworden, nach denen die einzelnen Staaten stets eine ausreichende exerzirte Mannschaft beisammen haben sollen.

Hesterreich.

Wien, 9. Dez. (L. A. Z.) Die so viel Aufsehen im In⸗ und Auslande erregende Konkurs⸗Angelegenheit des Freiherrn von Geymuͤller ist in der Liquidirung jetzt so weit vorgeschritten, daß

nan einen bestimmten Blick in die verworrenen Verhaͤltnisse zu hun vermag. Im Ganzen stellt sich mit ziemlicher Gewißheit Heraus, daß dieser Bankerott, wie man fast allgemein zu vermu⸗ hen geneigt war, kein betruͤgerischer gewesen, und der sich Ent— fernende Reichthuͤmer sicherlich nicht mit sich genommen habe. Als die Ursachen dieses Unfalles erkennt man, daß derselbe bei der Uebernahme seines Geschaͤftes von druͤckenden Bedingungen und Umstaͤnden von Seiten der Betheiligten beengt worden ist; daß er in fruͤheren Jahren allerdings einen unverhaͤltnißmaͤßigen Luxus im Hauswesen trieb, und hauptsaͤchlich, daß ihn das ver⸗

haͤngnißvolle Jahr 1830 hei seinen Papier⸗Speculationen so schwer

betroffen hatte, wonach uͤberdies falsche Scham ihn hinderte, sich Freunden zu entdecken und zu rechter Zeit Huͤlfe zu begehren. Die Wechsel⸗Glaͤubiger duͤrften, nach der bisherigen Liquidirung, zu 50 pCt. ihres Geldes kommen, die Buchschulden aber, deren

Summe uͤber Mill. Fl. betraͤgt, so ziemlich ungedeckt bleiben.

Das ganze Defizit wird uͤber 3 Mill. Fl. angeschlagen.

Türkei. Konstantinopel, 24. Nov. (A. Z.) Den letzten Nach⸗ ichten aus Athen zufelge, laͤßt Herr Mussurus, Repraͤsentant der hohen Pforte zu Athen, in seinem Eifer gegen Griechenland nach ind zeigt dagegen an, daß das Griechische Gouvernement zur Un⸗ ersuchung der Beschwerden der Pforte geschritten ist. Zugleich heilt Herr Mussurus dem Reis-Efendi eine in dem versoͤhnlich⸗ ten Tone abgefaßte Note mit, welche das Griechische Ministerium n dieser Hinsicht an ihn gerichtet hat. Die Regierung von Athen verspricht darin, allen erhobenen Klagen eine unparteiische Pruͤfung u widmen und ihnen so weit als moͤglich Abhuͤlfe zu verschaffen, vo diese aber nicht thunlich seyn sollte, der Pforte die noͤthigen lufklaͤrungen zu ertheilen. Diese Nachricht, vereint mit den gutgemeinten Rathschlaͤgen der Repraͤsentanten von Großbrita⸗ nien, Frankreich und Rußland hat nicht verfehlt, einen guͤn—⸗ tigen Eindruck auf die Pforte zu machen, so daß alle wei⸗ teren Truppensendungen nach Thessalien sistirt wurden, ohne daß edoch an die bereits nach Larissa instradirten Detaschements irgend ein Gegenbefehl abgegangen waͤre, um ihren Marsch aufzuhalten; auch das bei genannter Stadt zu errichtende Lager ist nicht kon⸗ remandirt worden. Vielleicht moͤchte dies binnen kurzem gesche⸗ hen oder wenigstens ein anderer von der Griechischen Graͤnze ent⸗ fernterer Punkt zum Sammelplaͤtz der nach Larissa gesendeten Truppen bestimmt werden. Hieher nach Stambul stroͤmt, moͤchte nan sagen, die ganze wehrbare Mannschaft des Reichs, und ab⸗ gesehen von den betraͤchtlichen Streitkraͤften, die nach Adrianopel so wie nach Sophia in der neuesten Zeit abgegangen sind, erreicht die hier versammelte Mannschaft bereits die Zahl von 45,000, eine hier ganz ungewoͤhnliche Truppenmasse, welche die fremden Diplo—

naten einigermaßen in Athem erhaͤlt.

Chosrew Pascha hat schon mehrere Unterredungen mit Per— sonen gehabt, die großen Einfluß sowohl auf den Sultan als auf die Sultana Valide uͤben, und das Resultat dieser Unterredungen var die Ruͤckberufung mehrerer im Exil lebender, unter Abd ul

dedschid's Regierung von ihren Posten entfernten Pascha's. Un— er diesen befindet sich der fruͤhere Minister des Innern, Akif Pascha, ein Mann, der von jeher mit Chosrew in gutem Einver— nehmen stand und als ein Anhaͤnger gemaͤßigter Reformen gilt.

Der am 18ten in Smyrna eingetroffene „Acheron“ bringt

aus Beirut die Nachricht, daß die Unruhen im Libanon noch nicht beschwichtigt sind. Zwischen den Drusen und Maroniten finden noch immer partielle Gefechte statt, in welchen den Drusen zumeist die Oberhand bleibt. Ueber diese seit der Eroberung Syriens mnunterbrochen wiederkehrenden Feindseligkeiten der kriegerischen Bewohner des Libanons scheint die Tuͤrkische Regierung in Be⸗ sorgniß wegen ihrer Gruͤnde in Ungewißheit zu schweben; doch vie sie in Europa ihre eigenen christlichen Unterthanen, so wie die reien Griechen, fuͤrchtet, so scheint sie in Syrien die gefaͤhrliche and irgend einer Europaͤischen Macht im Spiel zu glauben. leber den Zustand des Libanons ward neulich ein Divan abgehal⸗ en, worin die Minister beschlossen, einen Pforten⸗Commissair nach em Syrischen Gebirge abzusenden, um vorlaͤufig durch gelinde Mittel, durch Rath und Ueberzeugung die Bevoͤlkerung zur Ruhe uruͤckzufuͤhren (s. weiter unten) eine Maßregel, die schwerlich fruchten wird, mit der aber die Pforte, wie es scheint, in gutem Blauben einen Versuch machen will. Mißlingt dieser Ver⸗ uch, so wird die Pforte die in Syrien angestellten Pa— scha's anweisen, mit Gewalt den inneren Frieden im Ge⸗ birge herzustellen. Kaum war dieser Gegenstand im Divan erledigt, als ein Bericht Nedschib Pascha's von Damas⸗ kus das Ministerium in neuen Allarm versetzte. Nach diesem Be⸗ cht befindet sich die moslemitische Bevoͤlkerung von Damaskus in der groͤßten Aufregung, haͤlt in den Moscheen Versammlungen und verlangt von dem Pascha nichts weniger, als die Ausweisung ller Christen aus dem Paschalik und ein Verbot gegen den Auf⸗

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enthalt Europaͤischer Konsuln in der genannten Stadt, weil diese Fremden Neuerungen zu veranlassen streben, die den Islamismus bedrohten. Die immerfort beunruhigten und geangstigten Mini⸗ ster wissen indessen keinen Rath gegen die Demonstration der fa⸗ natischen Moslims von Damaskus und greifen zu dem bequemen Mittel der Verdammung des dortigen Gouverneurs, welchen sie ohne weiteres fuͤr unfaͤhig erklaͤren, was wohl mit naͤchstem seine Absetzung zur Folge haben wird.

Die Truppen-Sendungen nach Rumelien dauern fort. Bis jetzt sind an 16,000 Mann dahin abgegangen. Die in Rumelien zu konzentrirende Armee wird sich auf 36,000 bis 40,000 Mann belaufen. Eine des Arsenals uͤberwinternden Flotte ist voͤllig ausgeruͤstet und wie zum Absegeln bereit. Man sagt, sie habe schon die noͤ⸗ thige Quantitaͤt suͤßen Wassers an Bord genommen. Gleichzeitig hat sich das Geruͤcht verbreitet, Tahir Pascha werde nach Kandia abgehen und Said Pascha von Aidin hieher kommen, um das Marine⸗Ministerium zu uͤbernehmen. Einige meinen, jene Divi⸗ sion xehe mit Tahir Pascha nach Kandia, Andere, sie werde von

hier Truppen nach Salonich bringen, und wieder Andere sprechen sogar von Tunis. Ob dieses Geruͤcht gegruͤndet und welche von den

angefuͤhrten Vermuthungen die richtigere sey, wage ich nicht mit Be⸗ stimmtheit auszusprechen. In wenigen Tagen muß die Wahrheit klar werden. Es ist im Werke, den alten Emir Beschir von hier nach Syrien zu schicken, um die dort zwischen den Drusen und Ma⸗ roniten ausgebrochenen Zwistigkeiten beizulegen. Doch scheint es uns, daß diese Maßregel geraͤde den entgegengesetzten Erfolg ha⸗ ben moͤchte. Der in Intriguen ergraute Egoist wird vielmehr diesen Streit im Stillen noch mehr entflammen, um daraus Vor⸗ theile fuͤr sich selbst zu ziehen. Auch Akif Pascha, dem ehemali⸗ gen Wesir von Ismid, und Nafiz Pascha, dem von Adrianopel, wurde das Großherrliche Itlak (die Ruͤckberufung aus dem Exih zugesendet; man erwartet sie in wenigen Tagen in Konstantino⸗ pel. Beide Wesire wurden vor ungefaͤhr 1 ½ Jahren von dem Ober⸗Justizhofe wegen Uebertretung der im Hattischerif von Guͤl⸗ hane ausgesprochenen Grundsaͤtze zu dreijaͤhriger Verbannung, der erste nach Adrianopel, der zweite nach Brussa, verurtheilt. Es ist jetzt die Zeit der Sanftmuth und Milde hier eingetreten: allen Suͤndern wird vergeben

8 Aegypten 8 „Alexandrien, 22. Nov. (A. 8.) Aus Ober⸗Aegypten laͤuft die Nachricht ein, daß Mehmed Ali wahrscheinlich den Win⸗ ter in Edfu oder dessen Naͤhe zubringen werde. Ibrahim ist nach Rosette gegangen, wo er 4000 Feddan Land als sein Eigenthum erklaͤrt hat und Schwierigkeiten, die sich dabei erhoben, durch seine Gegenwart beseitigen will.

Achmed Pascha Menikli ist wieder in der Armee mit dem Grade eines Feldzeugmeisters angestellt.

Die Mannschaft eines mitten im Meer verungluͤckten Russi⸗ schen Kauffahrteischiffes ist bis jetzt nur zum Theil hier angekom⸗

men. Sie landeten in zwei Boͤten gegen 30 Meilen westlich vom Araber⸗Thurm, wo sie von Beduinen sehr gemißhandelt wurden. Die Regierung hat Reiter nach dem uͤbrigen hier nicht angekom— menen Theil ausgesandt, man befuͤrchtet jedoch das Aergste.

Mexiko. Merxiko, 7. O (Brem. Z.) Der letzte Bericht sagte, daß beide Parteien hinter Schanzen und Mauern blieben, keiner

sich hervorwagte und man nur gegen die Mauern schoͤsse. So ist

es die ganze Zeit uͤber gewesen; fuͤnf Wochen lang hat man taͤglich mehr oder weniger geschossen, ohne den allergeringsten militairi⸗ schen Erfolg. Von der Citadelle wurden Hunderte von Gra⸗ naten und Bomben auf die wehrlose Stadt geschleudert, die manches Haus und manche Privatwohnung ruinirten, zum Gluͤck aber nur wenig Buͤrger beschaͤdigten. Paredes von Guadalaxara mit seinen Truppen kam endlich heran, ihm zog Bustamente ein— mal entgegen, huͤtete sich aber weislich, ihm auf Schußweite nahe zu kommen. Auch Santana erklaͤrte sich offen fuͤr die Revolution und kam selbst. Ein Departement nach dem anderen fiel von der Regierung ab, es blieb zuletzt nur die Stadt Mexiko uͤbrig, und doch wollte Bustamente nichts von Nachgeben wissen. Angefan— gene Unterhandlungen kamen nicht zu Stande, weil Santana von nichts Anderem hoͤren wollte, als von Absetzung aller ober— sten Behoͤrden, einem neuen konstituirenden Kongresse und unter seine Diktatur. Die Regierung waͤhlte ein letztes verzweifeltes Mittel, sie proklamirte die Foͤderation, aber man traute nicht, und es fand wenig Anklang. Da, mit einem Male, am 5ten d., Morgens, hoͤrten wir, Bustamente, der schon fruͤher auf die Praͤsidentur verzichtet hatte, sey in der Nacht mit seinen Truppen ganz still abgezogen, und die Pronunziirten haͤtten die Stadt be⸗ setzt. So war es auch. Bustamente's Truppen standen eine Stunde noͤrdlich von der Stadt bei Guadaloupe, Santana's Trup⸗ pen zogen nach, man schoß wieder ein wenig, that aber doch nichts, und weil es doch gar zu gefaͤhrlich seyn mochte, im freien Felde zu stehen, so ist gestern ein Vergleich zu Stande gekommen, dessen naͤhere Bedingungen wir aber noch nicht kennen. Es scheint, man wird beiderseits vergeben und vergessen, Niemand wird be⸗ straft, Santana wird am Ruder bleiben, und man wird von gro⸗ ßen Verbesserungen sprechen, Toleranz, Befaͤhigung der Fremden, Land⸗Eigenthum zu erwerben, Abschaffung aller Binnenzolle. Bis diesen Augenblick ist noch Alles in suspenso, aber in kurzem wird wohl Verkehr und Geschaͤftsgang wieder in Ordnung kommen. Freilich wird es lange dauern, ehe eine fuͤnfwoͤchentliche Verdienst⸗ losigkeit wieder verschmerzt ist, besonders in den unteren und mittleren Klassen.

Die Eisenbahnen Deutschlands und der Nachbar⸗ staͤaten.

Dritter Artikel.

I. Belgische Eisenbahnen.

Eine hoͤchst ehrenvolle Erscheinung ist, daß ein Land, welches zu den kleineren gehoͤrt (536 Meilen), welches als besonderer Staat erst seit 11 Jahren besteht und mit vielen Hindernissen zu kaͤmpfen hatte, augenblicklich verhaͤltnißmaͤßig am meisten fuͤr die Verbesserung seiner inneren Communication gethan hat.

Belgien besitzt naͤmlich an vollendeten oder im Bau begriffe⸗ nen Chausseen fast 1300 Lieues oder 780 Meilen und zwar:

Staats⸗Straßen .500 Meilen

Division der im Golf

Provinzial⸗Straßen. 216 Konzessionirte Straßen. 63

Belgien enthaͤlt ferner an Wasserstraßen: 12913 1 schiffbare Fluͤsse 128⁄¼ Meilen 1

Kanaͤle.. .. 61,4 8 Zusammen Wasserstraßen 189,8 Meilen.

Schon im Jahre 1833 wurde der großartige Eisenbahnplan

entworfen, und ein Gesetz vom 1. Mai 1834 bestimmt, daß auf Staatskosten ein Schienenweg angelegt werden solle, welcher,

Mecheln zum Mittelpunkte habend, sich oͤstlich zur Preußischen

Graͤnze uͤber Loͤwen, Luͤttich und Verviers, noͤrdlich nach Antwer

pen, oͤstlich nach Ostende uͤber Termonde, Gent und Bruges, und

suͤdlich auf Bruͤssel und die Franzoͤsische Gräͤnze durch die Pro vinz Hennegau ziehen sollte.

Provinzen Namur, Limburg und Luxemburg hinzu. von Namur wird uͤber Mornimont und Chatelineaux nach Char⸗

leroy und von da uͤber Seneffe nach Braine⸗le⸗Comte gehen, wo seine Einmuͤndung in die Bruͤssel⸗Mons⸗Bahn stattfindet. Der Schienenweg von Landen nach St. Trond bildet den Anfang der

Limburger Linie, uͤber die Richtung der fuͤr Luxemburg bestimm⸗ ten ist noch nichts bekaunt.

Die durch diese beiden Gesetze verordneten Eisenbahnen ha⸗ benleine Gesammtlaͤnge von 137 Lieues (zu 4000 Metre) oder etwa 83 Meilen; wovon jetzt einige Details mitgetheilt werden sollen.

I. Nord⸗Linie:

Mecheln⸗Antwerpen, lang 6800 Rth., hat gekostet 1,573,000 Rthlr. (doppeltes Geleise) (eroͤffnet 3. Mai 1830) II. West⸗Linie: 1) Mecheln⸗Termonde ... . 99 (eroͤffnet 2. Januar 1837) B 2) Termonde⸗Gent 8100 (eroͤffnet 28. September 1837) 3) Gent⸗Bruges (eroͤffnet 12. August 1838) 4) Bruges⸗Ostende (doppeltes Geleise bis Gent) (eroͤffnet 28. August 1838).

III. Suͤd⸗Linien.

11800

1-]

Gent⸗Deynze...

(eroͤffnet 22. September 1839) Deynze⸗Courtray I (eroͤffnet 22. September 1839) Courtray⸗Graͤnze. . 4080 Graͤnze⸗Tournay. 600

1,288,000

907,000 1,121,000

Mecheln⸗Bruͤssel. (erdffnet 5. Mai 1835) (doppeltes Geleise)

Verbindung der verschiedenen Sta⸗ tionen in Bruͤssel (eroͤffnet 27. September 1811) 8

Bruͤssel⸗Tubize... . (eroͤffnet 17. Mai 1840) “M“

Tubize⸗Soignies Eo1 (eroͤffnet 31I. Oktober 1841) dopp. Gel.)

5400 1,249,000

97,587

Soignies⸗Mons... 6800 Mons⸗Quisévrain CCö“

C.

Braine⸗le⸗Comte⸗Mornimont. 13300

Mornimont⸗Namur 4286

IV. Ost⸗Linie:

MtZZ“ 6300

(eroͤffnet 10. September 1837)

Lbwen⸗Tirlemont

(eroͤffnet 21. September 1837)

Tirlemont⸗Waremme

(eroͤffnet 2. April 1838)

Waremme⸗Ans... 6660

(eroͤffnet 2. April 1838)

5) Ans⸗Meuse (Liege).....

6 111“]“n

7) Verviers⸗Frontière.... öö 8) Landen⸗EK 372J00

Diese (wie bemerkt) bereits eroͤffneten oder im Bau begrif— fenen 73 Meilen Eisenbahnen verursachen eine Gesammt⸗Aus⸗ gabe von 29,424,000 Rthlr.

Das Gesetz vom 20. Juni 1840 bestimmt das auf Eisenbah⸗ nen zu verwendende Kapital auf.... 34,248,000 Rthlr. Davon waren am 31. Dezember 1840 bereits

verwendet .. 241,288 und von dieser Sumn ie damals im Be⸗ triebe befindlichen 44,5 Meilen Eisenbahn 16,986,000

Außer den oben erwaͤhnten sind noch einige Linien in Unter⸗ suchung, und zwar

Antwerpen (Westmalle, Hoogstraten) Breda 6 Meilen bis zur Graͤnze; Duffel (auf der Linie Mecheln-⸗Antwerpen) Lierre 1,6 88 St. Trond⸗Weyer/ Diest 3 1 er Hasselt 1 Allein zur Vervollstaͤndigung des Systems und um allen Pro⸗ vinzen Belgiens gerecht zu seyn, werden demnaͤchst etwa noch fol⸗ gende Linien gebaut werden muͤssen (auch dann fehlt noch eine Mittelverbindung zwischen den beiden Suͤdlinien): 1) Hasselt⸗Maseyck, etwa 4,5 Meilen lang, um, den Belgisch

gebliebenen Theil von Limburg durchschneidend, den Kanal, welcher von Herzogenbusch nach Mastricht fuͤhrt, und die Maas zu beruͤhren. Namur⸗Luͤttich etwa 6,725 Meilen, zur Verbindung der Pro⸗ vinzen Namur und Hennegau mit Luͤttich und Deutschland. Tournay⸗Quiévrain, etwa 4 Meilen, zur Verbindung der beiden Suͤdlinien. Namur⸗Dinant⸗St. Hubert und von da sowohl nach Arlon, 14,5 Meilen ganze Laͤnge, als mittelst einer Zweigbahn in der Richtung von Mezieres bis zur Graͤnze 4,5 Meilen. Diese 47 Meilen wuͤrden, nach den bisherigen Erfahrungen, eine Verwendung von etwa 17,954,000 Rthlr. erfordern. 8 Belgien besitzt noch zwei unbedeutende durch Actien⸗Gesell⸗ schaften ausgefuͤhrte Eisenbahnen: a) Von den Kohlenwerken des Flénee bei Mons zum Kanale zwischen Mons und Condé. b) Zweigbahn zum Kanale von Charleroy. Das Eisenbahn⸗System und dessen Betrieb hat in Belgien bereits einen so bedeutenden Grad von Ausbildung erreicht (wozu begreiflich sehr viel beitrug, daß der Betrieb nach bestimmten und

3,488,000

5000 5,236,000 2

(dopp. Gel.)

ö1“ *

8

5,231,000

I1n

Das Gesetz vom 26. Mai 1837 fuͤgte die Linien: von Gent zur Franzöͤsischen Graͤnze uͤber Cour⸗ tray, mit einer Zweigbahn nach Tournay, so wie einige fuͤr die Der Weg