Rossi und sein System der politischen Oekonomie.
Cours d-économie politique par M. Rosnal, membre de’ Pnstitut, ancien professeur d'économie politique au cGColleèege de France. 2 Vol. in 8. Paris. 1840 — 1841.
Erster Artikel.
Die Wissenschaft der National⸗Oekonomie erfaͤhrt seit einiger Seit lebhafte Angriffe von Seiten derijenigen, die ein Huͤlfsmittel gegen alle socialen Uebel bereit haben. Die Lehren von Adam Smith ind veraltet, sagt man, und entsprechen nicht mehr den gegenwaͤr⸗ tigen Beduͤrfnissen der Voͤlker. Die Neuerer greifen zugleich die Productions⸗Art und die Konkurrenz an, und sie sinden namentlich, daß die Arbeiter nicht angemessen fuͤr ihre Arbeit belohnt werden. Deaher zene utopischen Ideen von der Organisirung der Arbeit, von der Errichtung von National⸗Werkstätten, von der Fixirung des
Arleitslohnes und des Gewinnes, Ideen, die sogar bis auf den Lehr⸗
stuhl der National⸗Oekonomie im Colleége de France, der gegenwaͤr⸗
tig von Herrn Michel Chevalier, einem echemaligen St. Simonisten,
eingenommen wird, gedrungen sind. Obgleich die Schwaͤche dieser neuen Lehren bis zur Evidenz dargethan ist, obgleich die Fourieri⸗ sten, die Owenisten, die St. Simonisten uͤberall mit ihren prakti⸗ schen Unternehmungen gescheitert sind, so haben doch diese verfalle⸗ nen Schulen noch immer Anhaͤnger, die sich indeß heutzutage darauf beschraͤnken, diejenigen oͤkonomischen Doktrinen anzugreifen, deren erster und ausgezeichnetster Repraͤsentant Adam Smith ist.
In ihren Augen ist der Weg, den Herr Rossi seit mehreren
Jrahren mit so vielem Erfolge betreten hat, nichts als eine lang⸗ weilige Wiederholung alter Irrtbuͤmer und eine mehr oder weniger sinnreiche Zusammenstellung gewisser Formeln, deren Wahrheit sich
vollkommen bestreiten lasse. Gluͤcklicherweise sind dies Ansichten,
die mit jedem Tage mehr an Kredit verlieren und von den Wohl⸗
gesinnten stets zuruͤckgewiesen wurden. Die Irrthuͤmer der Socia⸗ listen sind eine Art Sanction fuͤr die wahren dkonomischen Doktri⸗ nen, die sich immer mehr verbreiten, und die zuletzt uͤber alle ephe⸗ meren und exzentrischen Sekten triumphiren werden. .
Das Buch des Herrn Rossi ist klarer, als das von Adam Smith,
und weniger weitschweisig als die Werke von Jean Baptiste Say.
Die Vissenschaft ist darin gut definirt und jenes parasitischen Bei⸗
werks entkleidet, womit einige neuere Schriftsteller sie versehen ha⸗ ben, indem sie dadurch dieselbe zu entwickeln und zu erweitern glaubten; es ist eine Wissenschaft sui generis, die ihr eigenes Feld, ihre allgemeinen Thatsachen und ihre Graͤnzen hat. Der Gegen⸗ stand dieser Wissenschaft ist das Studium des Kampfes der intellek⸗ tuellen und physischen Kraͤfte des Menschen mit der Materie, um sie zu beherrschen, sie umzuformen, sie auf die Beduͤrfnisse des Men⸗ chen anzuwenden, dieser Kampf konstituirt eine besondere Ordnung der Thatsachen und der Ideen, die mit keiner anderen zu verwechseln ist. Einige dieser Thatsachen sind allerdings auch anderen Wissenschaf⸗ ten eigen. Die National⸗Oekonomie geht also wesentlich von folgenden Thatsachen aus: unsere Gewalt uͤber die Dinge mittelst der Arbeit; unsere Neigung zur Sparsamkeit, wenn ein hinreichendes Interesse uns dazu treidt; unsere Neigung, unsere Thaͤtigkeit und unsere Kraͤfte in Uebereinstimmung zu bringen; unser Instinkt fuͤr das Ei⸗ enthum und den Austausch. — Das sind also die Dinge, die zu allen eiten und an allen Orten vorhanden sind, die allgemeinen That⸗ sachen der National⸗Oekonomie. Und auf diesen Gruͤndlagen beruht die Wissenschaft des Reichthums, die rationelle, allgemeine, unveraͤn⸗ derliche Wissenschaft. Auf der einen Seite die Dinge und ihre Ei⸗ genschaften, auf der anderen Seite der Mensch, seine Intelligenz und seine physische Kraft, und diese beiden Elemente, verknuͤpft durch die Neigungen und die Beduͤrfnisse unserer Natur, durch jene Nei⸗ zungen und Beduͤrfnisse, die hinsichtlich ihrer Staͤrke verschieden seyn koͤnnen, die aber der gesammten Menschheit gemeinschaftlich sind. Die so betrachtete Wissenschaft hat die ganze Welt zu ihrem Schauplatz; sie sagt: die auf die Dinge angewendete menschliche
Arbeit unterwirft dieselben solchen Modificationen, welche sie faͤhig machen, unsere Beduͤrfnisse zu befriedigen. Indem nicht aller Ertrag der Arbeit verbraucht wird, fändet Ersparung statt; wird das Ersparte als Productionskraft angewendet, so nimmt die Production zu. Der Mensch, angetrieben durch die Liebe zum Vergnuͤgen, begierig, seine Genuͤsse zu vermehren, wird bald erkennen, daß er, indem er Er⸗
sparungen macht und das Ersparte auf die Production anwendet, seinen Reichthum vermehrt. Auf diese Weise nimmt der Reichthum zu durch die Arbeit und das Kapital.
8 Die Nationalitaͤt, die Zeit und der Raum modifiziren haͤufig
die Resultate der reinen Wissenschaft, und bei der Anwendung muß man auf die besonderen Umstaͤnde, welche die Prinzipien veraͤndern
koͤnnen, Ruͤcksicht nehmen; dies ist der Uebergang der Wissenschaft zur Kunst. Uebrigens haben sowohl die reine, als die angewandte
National⸗Oekonomie im Grunde denselben Gegenstand, naͤmlich den
Reichthum: die erste behandelt ihn auf allgemeinere, die zweite auf
speziellere, rationalere Weise, aber der Gegenstand ist immer derselbe. Außerdem begreift man, daß die Moral, daß die Politik in die so⸗ ialen Froßen eingreifen. Der Zweck der Gesellschaft, wie der Zweck es Individuums, ist nicht blos, reich zu seyn; dieser Zweck kann ogar in gewissen Faͤllen einem hoͤheren Zwecke untergeordnet seyn. So muß die Moral ihre Vorschriften, die Politik ihre Forderungen geltend machen, und eine Verfahrungsweise als Mittel zum Reich⸗ hum kann nicht unveraͤnderlich angewendet werden. Ist dies aber ein Grund, sich deshalb uͤber die National⸗Oekonomie zu beklagen? Nein; sie ist nur eine Wissenschaft, welche die Verhaͤltnisse der Dinge untersucht und daraus Folgerungen zieht. Sie untersucht, welches die Wirkungen der Arbeit sind; in der Praxis soll man diese Arbeit nach der Wichtigkeit des Zwecks anwenden, und wenn diese Praxis
einem hoͤheren Zwecke, als die Erzeugung des Reichthums, entgegen ist, so muß man darauf verzichten. Folgt hieraus, daß die National⸗
Oekonomie falsch sey? Nein; es beweist nur, daß man mit einander vermischt, was getrennt bleiben muß.
Wenn schon die Meinungen uͤber die Ausdehnung der Graͤnzen der Wissenschaft der National⸗Oekonomie sehr verschieden sind, so ist die Nichtuͤbereinstimmung hinsichtlich der Definitionen noch weit groͤ⸗ ßer. Die Ausdruͤcke Werth, Tauschwertb, Kapital u. s. w.
heaben ju den heftigsten Eroͤrterungen Anlaß gegeben/ und die beruͤhm⸗
es Oekonomisten sind uͤber die Bedeutung dieser Worte noch nicht eintg. Fur Herrn Rossi ist der Werth nur der Ausdruck fuͤr ein swesentlich veranderliches Verhaͤltniß. Es ist dies das Verhaͤltniß un⸗ BBade Lansefniss zu den Dingen, und Jedermann weiß, daß unsere
„ efnise zugleich verschieden und beweglich sind; selbst die, welche uns Allen gemeinsam sind und aus unserer organischen Constitution es sind, wenigstens je nachdem sie mehr oder minder drin⸗ bee n „2128 naecief unterworfen. Der Werth ist daher we⸗
nschaft. Das r noch eine den Gegenstaͤnden inhaͤrirende Ei⸗
ge . s Stuͤck Brod, welches in dem Augenblick, wo der Mensch vom Hunger geplagt wird, v . Wegthe ist, „von großem Werthe ist, hat den⸗ selben nicht mehr, sobald der Mensch esaͤttigt ist Der Gebrauchs⸗Werth ist der Ausbeugh eie: 1 1 Ausdruck eines wesentlichen Ver⸗ haͤltnisses, welches die ganze National⸗Oek : Verhaltniß der Bedürfnisse des Menschen 9„ SeHerrscher da⸗ Der Tausch⸗Werth ist nur eine Form des ch — Snes entspringt aus demselben Prinzip. Man deℳ 2 Vermoͤgen, unsere Beduͤrfnisse zu befriedigen, vnd errnem Dinge das 1 denn es ist zu ni „und es hat keinen Werth mehr im Austausch, den zu nichts mehr gut, es ist Ni⸗ den mehr von Nutzen. Der Gebrauchs⸗Werth vntteet so teNieman⸗ EEEE“ Bedüͤrfnisen de Mal⸗ . en existirt. er Tausch⸗Werth existirt wirkli b 2 vere” mr “ klich nur in dem Au⸗ ie Kenntniß des Tausch⸗Werthe eine Fundamental⸗Idee; unterdruͤckt man sie, so verstuͤmmelt man die ehged gentele ean. sich großen Irrthuͤmern aus, denn aus ihr entspringt der Tausch⸗ Werth. Dieser hat zwei Quellen; die Eigenschaft der Dinge, unsere Wuͤnsche zu befriedigen, und ihr Mißverhaͤltniß zu unseren Beduͤrf⸗ nissen. Diese einfache Darlegung reicht hin, um einzusehen, daß es
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kein sicheres und unveranderliches Maß des Werthes giebt. Un⸗ tersucht man die Ursachen, welche den Werth bestimmen, so giebt es im Grunde nur zwei Formeln, die, richtig aufgefaßt, beide, und zwar die erstere auf mehr direkte und philosophische Weise, die letztere unter einer indirekten, aber mehr praktischen Form, zu den wahren Elementen der Loͤsung zuruͤckfuͤhren, d. b. zu den Beduͤrfnis⸗ sen, den Mitteln, den Interessen der Vertauschenden. Die eine ist die Formel des Anerdietens und des Forderns, die andere, welche alle den Markt regulirende Thatsachen in eine einzige zusammenfaßt, begreift die Kosten der Lebensmittel, die Productions⸗Kosten. In der ersten Formel druͤckt das Fordern (la demande) nicht nur die Quan⸗ titaͤt fuͤr sich allein betrachtet aus, sondern die Quantitaͤt in ihren Verhaͤltnissen zur Natur und Intensitaͤt des Wunsches, der das For⸗ dern veranlaßt, so wie zu der Staͤrke der Hindernisse, welche dieser Wunsch uͤbersteigen wuͤrde und koͤnnte, um zur Befriedi ung u . langen. Eben so verhaͤlt es sich mit dem Anerbieten (I'offre). Es druͤckt dies nicht nur die angebotene Quantitaͤt aus, sondern auch diese Quantitaͤt in Verbindung mit der Schwierigkeit oder Leichtig⸗ keit der Production, so daß man also unter den Worten „Anerhieten“ und „Fordern“ nicht blos die materiellen Quantitaͤten, welche auf dem Markte vorhanden sind, verstehen muß. Bei dem Fordern muß man auch die Intensitaͤt und den Umfang des Beduͤrfnisses, so wie die Mittel zum Austausch, woruͤber der Fordernde disponiren kann, in Erwaͤgung ziehen; und bei dem Anerbieten die mehr oder weniger große Leichtigkeit, womit die Produzenten durch die Konkurrenz den Zustand des Marktes modifiziren und somit die Hoffnungen und die Besorgnisse der Kaͤufer und der gegenwaͤrtigen Besitzer von Waaren erregen koͤnnen.
— Wir wollen Herrn Rossi nicht in der Analyse der ehemaligen Formel folgen, welche den Werth der Dinge durch die Productions⸗ Kosten bestimmte; er bekaͤmpft diese Formel und setzt Bemerkungen an ihre Stelle, die man auf folgende Weise zusammenfassen kann: So oft der Preis einer Waare nicht die Productions⸗Kosten ersetzt, vermindert sich die Production dieser Waare oder hoͤrt gaͤnzlich auf. Gewaͤhrt der wirkliche Preis einer Waare großen Gewinn, so sieht man die Zahl der Produzenten sich vermehren. Der Stillstandspunkt dieser Schwankungen wuͤrde also dann eintreten, wenn der kurrente Preis mit dem natuͤrlichen Preise, d. h. die Productions⸗Kosten mit dem Tauschwerthe, koinzidirten. . 1
Die beiden Baͤnde von Herrn Rossi's Werk sind in 36 Vorle⸗ sungen eingetheilt; der erste enthaͤlt 21, der 2 15. Das bisher Gesagte ist eine natuͤrlich sehr unvollstaͤndige Uebersicht der 11 ersten Vorlesungen. Wir haben bei denselben, ungeachtet ihrer abstrakten Form, ganz besonders verweilen muͤssen, weil der Verfasser darin ei⸗ nige neue Ideen entwickelt und in Bezug auf mehrere Punkte mit den ziemlich allgemein angenommenen Doktrinen im Widerspruch ist.
Die zwoͤlfte Vorlesung enthaͤlt Aufschluͤsse uͤber die Production und eine Klassifizirung der produktiven Kraͤfte; es ist dies eine raisonnirende Analyse der Agentien der Production mit Bemerkungen uͤber die Aneig nung des Grundes und des Bodens und die Bildung von Kapitalien. Diese, welche Herr Rossi besser zu definiren gesucht, als es bisher gesche hen, geben ihm Gelegenheit zu einigen Bemerkungen, welche gegen die St. Simonisten gerichtet sind, die alle Muͤßiggaͤnger dadurch aus der Gesellschaft verbannen wollen, daß sie ihnen ihr Erbtheil nehmen. „Ich nenne“, sagt er, „denjenigen nicht muͤßig, der, statt alle seine Einkuͤnfte auf das Vergnuͤgen zu verwenden, sie weise verwaltet und einen Theil derselben zur Reproduction bestimmt, der durch Sparsam⸗ keit das National⸗Kapital vermehrt. Ist es nothwendig, mit seinen Haͤnden zu arbeiten, um nicht muͤßig zu seyn? Muß man durchaus vermittelst seiner Muskeln zur Production beitragen? Kann man dazu nicht durch seine Kapitalien, durch seine Intelligenz, durch die An⸗ leitung, die man einem Anderen giebt, beitragen?“
Die dreizehnte Vorlesung, welche von der produktiven und der nicht produktiven Arbeit, von den materiellen und nicht materiellen Erzeugnissen handelt, enthaͤlt nichts Neues, und der Verfasser, indem er Adam Smith bekaͤmpft, folgt den Ideen von Jean Baptiste Say und Storch, welche die Lehre von der nicht produktiven Arbeit und den nicht materiellen Erzeugnissen sebr gut entwickelt haben.
Die vier folgenden Vorlesungen sind der Prhfans der freien und der durch Verordnungen geregelten Production gewidmet; wie der amtlichen Theilung der Professionen, der Lehrjahr⸗Verpflichtung, dem Innungswesen, dem Eingreifen der Regierung in die Production, den vom Staat kontrollirten Berufsthaͤtigkeiten und der Kaͤuflichkeit von Aemtern. Wenn Herr Rossi die Gewerbefreiheit als allgemeine The⸗ sis annimmt, findet er dessenungeachtet, daß diese Freiheit nicht auf Ausuͤbung gewisser Berufsthaͤtigkeiten, noch auf das Verhaͤltniß oͤf⸗ fentlicher Beamten zur produzirenden Klasse anwendbar ist. Von die⸗ ser Gattung sind Notare, Advokaten, Boͤrsen⸗Agenten und einige an⸗ dere Berufsmaͤnner, welche, vermoͤge der Beschaffenheit ihrer Leistun⸗ en, bestimmte Garantieen fuͤr ihre Sittlichkeit darbieten muͤssen. Mit Recht konnte man besorgen, daß, wenn Maͤnner, welche sich einer dieser Laufbahnen 8 in Folge der freien Konkurrenz sich in eine Lage versetzt sähen, wo sie durch Arbeit weder des Lebens Noth⸗ durft, noch dessen Annehmlichkeiten erwerben koͤnnten, die Sittlichkeit derselben mit dem Drange der Umstaͤnde in Kollision gerathen und das Publikum schwer zu vermeidenden, ja unersetzlichen Verlusten preis⸗ egeben seyn wuͤrde. In Betreff der anderen Gewerbe, welche zur Penduction mitwirken, ist der Verfasser der Meinung, der Staat muͤsse durch allgemeine Aufklaͤrung und Unterricht die Macht der Arbeit zu erhoͤhen und die verschiedenen Faͤhigkeiten der Arbeiter zu entwickeln bedacht seyn. Damit sey nicht gesagt, daß gewisse Anordnungen, welche fuͤr einige Zweige der Prodnction bestehen, aufgehoben werden sollen, und daß z. B. den Architekten, Apothekern, Chemikern, den Land⸗ und Wasser⸗Spediteuren gestattet seyn solle, zu thun, was ih⸗ nen beliebt, mit Gefahr des Levens fuͤr ihre Mitmenschen und mit Beeintraͤchtigung der Sicherheit einer ganzen Stadt. Nur Fanatiker oͤnnten den wunderlichen Duͤnkel besitzen, alle socialen Fragen durch ein einziges Prinzip loͤsen zu wollen. Die Freiheit ist die Regel, aber sie gestattet Ausnahmen, welche, weit entfernt, jene aufzuheben, die⸗ selbe vielmehr befestigen. Das leitende Prinzip bleibt guͤltig, — die Ausnahme wird nur gesetzlich, wenn die durch die Freiheit erzeugte Gefahr zu groß ist, wenn die Verluste unersetzlich und die individuel⸗ len Kraͤfte, denselben vorzubeugen, unzureichend sind. Die Ausnahme ist gesetzlich auch dann, wenn das Uebermaß der Freiheit erworbene Rechte bedroht; daher die Gesetze uͤber Erfindungs⸗Patente, die Ge⸗ feße zum Schutz des literarischen Eigenthums. Freiheit darf nicht mit Raub verwechselt werden.
Die vier letzten Vorlesungen im ersten Bande handeln von der Bevoͤlkerung. Diese wird zunaͤchst in ihrem Verhaͤltnisse zu dem Umfange der Arbeit und zur Erzeugung des Reichthums betrachtet. Hier bietet sich die Malthussche Theorie von selber dar, und der Verfasser zergliedert, erlaͤutert und billigt dieselbe in ihren Haupt⸗ tbeilen. Es ist dies eine verwickelte Frage, uͤber welche man sich in Europa seit vierzig Jabren streitet, und woruͤber die groͤßten Gelehr⸗ ten sich nicht haben einigen koͤnnen. Wir sind der Meinung, es ley eben so gefaͤhrlich, die Bevoͤlkerung zu befoͤrdern, als es unmoͤglich ist, derselben gesetzliche Schranken entgegenzustellen. In Beziehung auf das Erstere hat die Ratur den Menschensatzungen nichts zu thun uͤbrig gelassen, und in Ruͤcksicht auf Letzteres werden die Hemmnisse ganz wirkungslos und dienen nur dazu, der Unsittlichkeit Vorschub zu leisten. Der sicherste Weg, die Bevolkerung mit den Subsistenz⸗ mitteln auf gleicher Stufe zu erhalten, ist Ausbreitung von Wohl⸗ habenheit und Aufklaͤrung. Einige Winke uͤber Oekonomie, den jungen Arbeitern ertheilt, wuͤrden ihnen die taͤglichen, stuͤndlichen Erscheinungen erklaͤren, die sich im Bereich eines Jeden finden „et quorum pars magna est“. Sie duͤrften keine Wissenschaft fuͤr sie bilden, sondern nur Rathschlaͤge zu unmittelbarer Befolgung seyn, Föbeer, welche sich vor Allem an ihren Verstand und gesunden Sinn
eten.
Gewohnlich versteht der Handwerker sein Geld weder auf verstaͤn⸗ dige Weise zu verwenden, noch zu sparen; er sammelt deshalb nicht, weil er die Wichtigkeit der Anhaͤufung von kleinen Ersparnissen nicht einsieht, oder er buͤßt dieselben leider durch blindes Vertrauen und die truͤgerischen Lockungen hoher Zinsen ein. Es kann nicht zu sehr her⸗
1“ .
88 ““ 1u“ “ 1 4 1““ vorgehoben werden, von welcher Wichtigkeit die Ersparnisse des Hand⸗ werkers, von welchem Nutzen fuͤr ihn dieselben seyn wuͤrden, wenn er uͤber vercheagig- Geldverwendung, wie uͤber die noch schwerere Kunst aufgeklaͤrt wuͤrde, die kleinen Loitalten sicher und eintraͤglich anzulegen. Seine Unwissenheit laͤßt ihn glauben, daß alle Kinder, welche er zeugen wird, gleich ihm einen Brodherrn, Arbeit und Lohn finden werden. Welch ein Unterschied aber auch Awischen demjenigen Theil der Population, welcher sich ausschließlich mit Manufaktur⸗ Arbeit beschaͤftigt, und dem der kleinen Landeigenthuͤmer. Erstere waͤchst nur allzuhaͤusig in bedenklicher Weise, waͤhrend die kleinen Eigenthuͤmer jenen Grad persoͤnlichen Werthes und jenen Antheil von Ueberlegung zeigen, welchen der Besitz verleiht. Am besten ist das Bevoͤlkerungs⸗System beschaffen, in welchem der Mensch seinen Platz in der Gesellschaft am laͤngsten einnimmt, d. h. wo die mittlere oder durchschnittliche Lebensdauer am guͤnstigsten hervortritt. Die Hoͤhe der Sterblichkeit, die ungefaͤhre Lbens auer, nicht allein der sondern auch der arbeitenden Klassen, muͤssen genau er⸗ mittelt werden, wenn man das Verhaͤltniß der 92 zum Er⸗ trage eines Landes aufsuchen will. In Frankreich steigt in mehr als einem Departement, und namentlich in der Normandie, die Bevöolke⸗ rung nur in langsamem und weisem Maße, und die Gesammt⸗Popu⸗ lation des Landes koͤnnte, wenn sie ihren 1 en Gang derfaelgte nicht eher als nach hundert und dreigi Jahren ich verdoppelt haben. Die Zahl der Geburten und Sterbefaͤlle hat sich merklich gebessert; heute stirbt in Frankreich nur ein Mensch unter vierzig; vör dreißig Jah ren starb noch einer unter fuͤnf und dreißig.
Metcorologische Beobachtungen.
Naoch einmaliger Beobachtung.
1842.
Morgens Nachmittage 8. Juni.
Abendas 6 Uhr. 2 Uhr.
10 Uhr.
Quellwürmoe 8,6* R.
Flusswürme 15,0* h. Bodenwürme 14,92 R. Ausdünstuug 0,04 1, Rhb. Niederschlag 0,062 Rb.
Luftdruck.. 337,77 Par. 337,63 Par. 337,54 Par.
+ 11,1 n. + 21,6* n. + 12,8° n. 7,3° R. + 8,4* R. + 7,9* R.
74 PCt. 37 pct. 68 pct.
beiter. Gewitter. balbbeiter. 0 0. 0. Wäaͤrmewechsel + 22,1*
Wolkenzug... — W. — + 10,2˙*.
337,68 Par.. +† 15,22 n. + 7,90 n. 60 pct. 0.
Luftwärme.. Thaupunkt... + Dunstsättigung Wetter
Tagesmittel:
Berliner Börse.
Den 9. Juni 1842.
Pr. Cour.
Brief.] Geld.
Pr. Cour.
ctien. [8 neief. Geld.
Fonds.
— 80 —₰
—
105 1
102 % 1037⁷
St. Schuld-Sch. do. do. 2. 3 ½ pCt. abgestempelt Pr. Engl. Obl. 30. Präm. Sch. der Seehandlung.
Kurm. Schuldv. Berl. Stadt-Obl. Danz. do. in Th. Westp. Pfandbr. Grossh. Pos. do. Ostpr. Pfandbr. Pomm. do. Kur- u. Neum. do. Schlesische do.
101 % Brl. Pots Eisenb. 5 126
do. do. Prior. Obl. 4 4 19
1025⁄21Mgd. Lps. Eisenb. — 115
102 ½ 102¾ 101
do. do. Prior. Obl. 4 Brl. Anh. Risenb. do. do. Prior. Obl. Düss Elb. Eisenb. do. do. Prior. Obl. 5 Rhein. Eisenb.
do. do. Prior. Obl.
18 81½ 102 101 103 ½ —
48
—7 — 2 5—.S
88
102 ½ 106 2 103 103 ½ 103 — 103 — 102 ½
106 ½ Gold al marco
Friedrichsd'or
Andere Goldwün- zen à 5 Th. —
Disconto —
25
—28
*-) Der Käufer vergütet die abgelaufenen Zinsen à 4 pCt. und ausserdem rce. p. anno bis 31. Dezember 1842.
Pr. Cour. Thlr. zu 30 Sgr. Brief. Geld.
139 ½ 139 ½
echsel-Cours.
Kurz — 2 Mt. — 2 Mt. 149 ½ 148 ½ 3 nt. 6 21% 6 21¼ 2 Me. 79⁄3 79 ¼ 2 Mt. 103 ⅓ — — 102 ½
2 Mt. 99 99 ¾
2 Mt. 8 Tage 100 — 101 † 1 1¼.
Amsterdam 250 PFl. do. 250 Fl.
Hamburg
Augsburg
Breslau
Leipzig in Courant im 14 Thl. Fuss.. 100 Thlr. Frankfurt a. M. WA 1550 Fl. Petersburg
2 Mt. 101 ⅔ 3 woch. 1 2 ¾
Auswärtige Börsen.
Amsterdam, 5. Joni. Miederl. wickl. Seb. 52 †4. 5 % Spav. 191lHL.
Antwerpen, 4. Juni. Zinal. 5. Neue Anl. 20 ⅛.
Paris, 4. Juni. 5 % Rente ün cour. 120. 35. 3 % Rente Gm cour. 82.20 Anl. de 1841 —. 5 ¼% Neapl. au compt. 105. 50. 5 % Sras. Rente 23 ⅜. Passive 4 †.
Wien, 4. Juni. 5 % Met. 108 . 4 ½ 100 ½. 3½% 76 ½. 2½ 6 —. Hank-Actien 1680. Aul. de 1834 139. 138 ⅛. 4e 1839 108 ½. 108 ½.
. —.
8-GEhs
FKszhnigliche Schauspiele.
Freitag, 10. Juni. Im Opernhause: Norma, Oper in 2 Abth., nach dem Italienischen. Musik von Bellini. (Mad. Schroͤder⸗ Devrient: Norma, als Gastrolle.)
Im Schauspielhause: 1) Le Commis voyageur, vaudeville en 2 actes. 2) Un Monsiecur et une Dame, vaudeville en 1 acte.
Sonnabend, 11. dhumns. Im Schauspielhause: Die Frau im ause. ierauf: Froͤhlich. b
8 . 12. Juni. Im Opernhause: Die Hugenotten. (Vorletzte Vorstellung dieser Oper unter Mitwirkung der Mad.
bder⸗Devrient, als Valentine.) H.ꝙ .. den Plätze: Ein Platz in den Logen des ersten
Ranges 1 Rthlr. 10 Sgr. u. s. w.
Die eingegangenen Meldungen um Parquet⸗Billets sind be⸗ rͤcksichtigt worden, und wird ersucht, dieselben bis Sonnabend den 11ten d. M., Mittags 1 Uhr, abholen zu lassen.
Im Schauspielhause: 1) La reprise de: La fille de Pavare.
2) Les vieux péchés.
W“ ““ Königotädtisches Aheater. Freitag, 10. Juni. Der Talisman. Posse mit Gesang in 3 Akten, von Nestroy. (Herr Kneisel, vom Stadt⸗Theater zu
Magdeburg: Titus Feuersuchs, als Gast.) gEonraͤbend, 4* Juni. Stesfen Langer aus Glogau, oder:
Der Holläaͤndische Kamin. “
8* Verantwortlicher Redacteur Dr. J. W. Zinkeisen.
Gedruckt in der Deckerschen Geheimen 2, erdas Fe
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8 ich. Paris. ö b. — Vermischtes.
Deutsche
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DFüsche, eim. Fest der Offiziere des 8ten Deutschen Armee⸗Corps.
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St. Petersburg. Fuͤr Hamburgs Abgebrannte. Rußland. S % Schlaß der Sitzung. — Lord Cowley und
G . V ien und Irland. London. Angaben uͤber Francis. —. Oper. Iülean Emporbluͤhen.
Amsterdam. Differenz mit Neapel. — Geschaͤfts⸗
Ordnung der Generalstaaten. g Bundesstaaten. Dresden. Professor Huͤbner. —
— Schreiben aus Frankfurt. — Hamburg. &ꝙ Paris. — Schreiben aus Maorfs. die Minister⸗Krisis; die Vermaͤhlungs⸗Frage im
derselben. . Bombay. Lage der Englaͤnder in Gisni vor der EFVapitulation. — Der Keiber⸗Paß. — Kalkutta. Devpesche uͤber die Capitulation von Gisni. — Behandlung der Gefangenen in Kabul. — Schach Sudscha. — Vermischtes.
China. Fortschritte der Chinesen im Schiffbau. — Unterhandlungs⸗ .5 der Hong⸗Kaufleute. — Gefahr des Franzoͤsischen Vice⸗ Konsuls.
Inland. Stralsund. Schifffahrt im Monat Mai. — Wohlthaͤ⸗ tigkeit. — Posen. Wollmarkt. — Duͤsseldorf. Eisenbahn.
Naͤheres uͤber erhaͤltnisse zu
Reoossi und sein System der politischen Oekonomie. (Zweiter Artikel.)
AMissenschaft, Kunst und Literatur. Welar.
8 89 Angekommen:
Jahres⸗Siz⸗ zung des Vereins fuͤr Geschichte und Alterthum. (Vorschlag zur Bildung eines Central⸗Vereins fuͤr Deutsche Geschichte.)
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Amtliche nachrichten.
Se. Majestaͤt der Koͤnig haben Allergnaͤdigst geruht: — Dem Ober⸗Praͤsidenten der Provinz Preußen, Geheimen Staats⸗Minister von Schon, auf sein Ansuchen die Entlassung aus dem Dienste zu bewilligen und in seine Stelle den seitherigen Wirklichen Geheimen Ober⸗Justizrath Boͤtticher zum Ober⸗Praͤ⸗ sidenten der Provinz Preußen zu ernennen; 8 Dem im Ministerium des Innern und der Polizei angestell⸗ ten Geheimen Registrator Jaͤnicke den Charakter eines Registra⸗ tur⸗Raths und dem in demselben Ministerium angestellten Gehei⸗ men Registrator und Journalisten Bickling den Charakter eines
8 Kanzlei⸗ aths beizulegen;
Den Ober⸗Landesgerichts⸗Assessor Karl Wilhelm Eduard Schultz zu Frankfurt a. O. zum Ober⸗Landesgerichts⸗Rath beim Ober⸗Landesgericht zu Ratibor; und
Den bisherigen Ober⸗Landesgerichts⸗Assessor Ie; zum
Land⸗ und Stadtgerichts⸗Rath bei dem Land⸗ und Stadtgerichte u Kulm zu ernennen.
Se. Koͤnigl. Hoheit der Großherzog von Mecklenburg⸗ Schwerin ist nach Schwerin zuruͤckgekehrt.
Das 15te Stuͤck der Gesetz⸗Sammlung, welches heute aus⸗ gegeben wird, enthaͤlt: unter Nr. 2271. die Allerhoͤchste Kabinets⸗Ordre vom 23. April d. J., betreffend die Anwendung der Allerhoͤchsten Ordre vom 21. November 1829, auf die aus dem militairi⸗ schen Dienst⸗Verhaͤltniß gaͤnzlich ausgeschiedenen Mi⸗ litair⸗Personen der Unteroffizier⸗Klasse; desgleichen . die vom 29sten ejd. m., die Verleihung der revidirten Staͤdte⸗Ordnung vom 17. Maͤrz 1831 an die Stadt Erin im Großherzogthum Posen betreffend; ferner 3. das Gesetz uͤber die Zulaͤssigkeit des Rechtsweges in Beziehung auf polizeiliche Verfuͤgungen, vom 11. Mai d. J.; und 8 . die Allerhoͤchste Kabinets⸗Ordre vom 7ten 1. M., betreffend die Fr des Wirklichen Geheimen
3 Raths, Grafen zu Stolberg, zum Staats⸗Minister.
Berlin, den 11. Juni 1842.
Debits⸗Comtoir der Gesetz⸗Sammlung. Se. Excellenz der General⸗Lieutenant und kommandirende General aes 3ten Armee⸗Corps, von Weyra von Frankfurt a. d. O.
Der General⸗Major und Remonte⸗Inspecteur Stein v Kaminski, von Stettin.
Der Kammerherr, außerordentliche Gesandte und bevollmaͤ tigte Minister am Koͤnigl. Niederlaͤndischen Hofe, Graf vo Wylich und Lottum, aus Schlesien.
Abgereist: Der General⸗Major und Direktor des Mili talr⸗Oekonomie⸗Departements, von Cosel, nach Pommern un Preußen.
Der Ober⸗Praͤsident der Provinz Pommern, von Bonin nach Stettin.
8 11u Zeitungs-Nachrichten. — Ausland.
RMußland und Polen. St. Petersburg, 4. Juni. Bis zum 28sten d. M. sind dem hiesigen Comité zur Unterstuͤtzung der Hamburger Abge⸗
5
Berlin,
8
Sonnabend den IlIten
eh Emdr
EWE““]
EEV ah brannten ngehangen: 45,462 Rubel 30 K. Sülber, 22,521 Rubel Bank⸗Ass. und 1000 Mark Banco. An der Spitze der Unter⸗ zeichnungen stehen Stieglitz u. Comp. mit 10,000 Rudei Silber Vund P. Ponomarew mit 5000 Rubel Silber. Das Konzert des Herrn Lißt hat 13,252 Rubel 50 Kop. Bank⸗Assignationen einge⸗ tragen.
Frankreich.
Paris, 5. Juni. Nachdem die Deputirten⸗Kammer sich gestern pro korma noch Bericht uͤber einige Bittschriften hatte er⸗ statten lassen, erklaͤrte der Praͤsident, daß keine Geschaͤfte mehr vorlägen, und daß die Mitglieder zur naͤchsten Sitzung wuͤrden — eingeladen werden. Biele der Deputirten nahmen darauf aͤndeschuͤttelnd von ihren Kollegen Abschied, und morgen wird sich die P22 jener legislativen im Reisewagen be⸗ finden. an glaubt, daß die Pairs⸗Kammer in acht Tagen mit ihren Geschaͤften zu Ende seyn wird. Die Ordonnanz wegen Schlie⸗ ßung der Session wird wahrscheinlich am 13ten d., die Aufloͤsungs⸗Or⸗ donnanz am 14ten d. publizirt und die allgemeinen Wahlen auf den 9. Juli festgesetzt werden. Der Artikel 42 der Charte bestimmt be⸗ kanntlich, daß, im Fall einer Aufloͤsung, die neue Kammer binnen drei Monaten zusammenberufen werden muß. Wenn also die Aufloͤsung am 14ten d. erfolgt, so muß die neue Kammer spaͤtestens am 14. September zusammentreten. Alsdann werden wahrscheinlich nur die Vollmachten verifizirt und hierauf die Kammer bis zum De⸗ zember prorogirt werden.
Lord Cowley wird, wie es heißt, binnen wenigen Tagen nach Baden⸗Baden oder nach Spaa reisen und daselbst einige Monate zur Staͤrkung seiner Seeeg Gleichzeitig wuͤrde, wie man glaubt, der Graf von St. Aulaire, Franzoͤsischer Bot⸗ schafter in London, einen Urlaub erhalten, um ebenfalls auf einige Monate nach Frankreich zu kommen. — Da die Morning Post vor einigen Tagen gesagt hat, daß unter den gegenwärtlgen Um⸗ staͤnden nichts Anderes uͤbrig bleiben werde, als die Abberufung der gegenseitigen Botschafter, so will man daraus folgern, daß man zu den Beurlaubungen des Lord Cowley und des Herrn von St. Aulaire, als einem mezzo termine, seine Zuflucht genommen habe. Das Commerce sagt bei die⸗ ser Gelegenheit: „Wenn es wahr ist, was die Morning Post sagt, daß die Kaͤlte zwischen beiden Regierungen bis zu dem Grade gestiegen sey, daß man hrfae die Botschafter abberu⸗ sen wolle, so sind wir, ohne uns die Wächtigkeit oder die Bedeut⸗ samkeit einer solchen Maßregel zu verhehlen, doch darin mit der B Post einerlei Meinung, daß wir deshalb noch nicht an die Moͤglichkeit eines Krieges glauben. Die Tories haben im eigenen Lande mit großen Schwierigkeiten zu kaͤmpfen. Sie wer⸗ den ohne Zweifel zu ihrer alten Politik zuruͤckkehren und die lei⸗ dende, durch die schlechteste soziale Organisation erbitterte Bevoͤlkerung nach außen hin zu beschaͤftigen suchen. Als umsichtige Maͤnner sehen sie ein, daß die Zeit, wo man Frank⸗ reich ausbeuten konnte, voruͤber ist, und daß ihre systematische Feindseligkeit sich nicht mehr unter dem Anschein einer Allianz verbergen kann. Aber Amerika, Afghanistan, China, die Beschuͤz⸗ zung Konstantinopels und die Beaufsichtigung Rußlands beschaͤf⸗ tigen England in diesem Augenblicke zur Genuͤge. Es kann des⸗ halb, wenigstens fuͤr jetzt, nicht an einen Krieg mit Frankreich den⸗ ken. Nichtsdestoweniger kennt es die Schwaͤche unserer Regierung. Dieselbe hat ihr ganzes System auf das Programm des Friedens, uͤberall und immer, basirt. England wird daher gegen unser Kabinet neuerdings, wie nach dem Traktat vom 15. Juli, die Ein⸗ schuͤchterung versuchen und mit der Ausschließung aus dem Euro⸗ paͤischen Rathe drohen. Es ist berechtigt, zu glauben, daß es auf diesem Wege neue Zugestaͤndnisse und neue Vortheile erlangen werde. Diesmal aber wird dem Kabinet jede Nachgiebigkeit da⸗ durch erschwert, daß die allgemeinen Wahlen vor der Thuͤr sind. Herr Guizot wird seine Vorliebe fuͤr das Ausland, aus Furcht vor dem Inlande, unterdruͤcken muͤssen.“
Herr Armand Bertin wird, wie es heißt, die Leitung des Journal des Débats niederlegen.
Die große Oper hat in der verflossenen Woche die „Favoritin“ von Donizetti, welche einige Zeit geruht hatte, wieder zur Auffuͤh⸗ rung gebracht und mit diesem Werk, so wie mit den beiden dar⸗ auf folgenden, „die Koͤnigin von Cypern“ von Halevy und „Wil⸗ helm Tell“ von Rossini, sehr glaͤnzende Einnahmen gemacht. Duprez, Barroilhet und Mad. Stoltz haben die Hauptrollen in den genannten Opern. Barroilhet geht naͤchstens zu Gastrollen nach Belgien und dann in die Franzoͤsischen Provinzen, wo auf mehreren Theatern „die Koͤnigin von Cypern“ einstudirt wird.
Die Deutsche Oper hat am vorigen Dienstag im Saal Ven⸗ tadour ihre Abschieds⸗Vorstellung gegeben, deren Ertrag zum Be⸗ sten der huͤlfsbeduͤrftigen Choristen und Musiker verwandt werden soll, die durch den Unternehmer, der sie nicht bezahlen kann, in die traurigste Lage versetzt sind und nicht wissen, wie sie in ihre Heimat zuruͤckkommen sollen. Man gab „Fidelio“, die Vorstel⸗ llung war sehr zahlreich besucht, und sie brachte 7000 Fr. ein. So mangelhaft die Ausfuͤhrung auch war, die Zuhoͤrer brachen doch oft in enthusiastischen Beifall aus, und besonders wurde der Mad. Walker, welche die Partie der Leonore vortrefflich sang, wenn auch ihr Spiel nicht genuͤgte, lebhaft applaudirt. Der Be⸗ richterstatter in der Revue des deux Mondes schließt seine Bemerkungen uͤber diese Auffuͤhrung mit folgenden Worten: „Man glaubt nicht, welcher Noth aller Art jetzt die achtzig jungen Leute, Maͤnner und Frauen, ausgesetzt sind, die vor drei Mona⸗ ten von Mainz, Darmstadt und all' jenen huͤbschen Staͤdten an den Ufern des Rheins ihren Weg nach Paris einschlugen, das Herz voller Hoffnung, auf den Lippen muntere Gesaͤnge, unter er musstalischen Leitung eines der tuͤchtigsten Schuͤler Spohr's. aum hier angelangt, geriethen sie ins Elend, und nun muͤssen sie
licht zu Fuß, ze uͤndel auf dem Ruͤcken und um Almosen bittend, nach Hause zuruͤckwandern. Gluͤcklich die, welche noch heimkehren koͤnnen, denn das Ungluͤck hat diese kleine Schaar so dezimirt, daß nicht Alle ihren geliebten Rhein wiedersehen werden! Einige bleiben im Hospital zuruͤck, Andere fesselt das Gefaͤngniß. Das Pariser Publikum hat uͤbrigens seine Pflicht
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gethan, indem es der Aufforderung folgte, die von diesen armen Gewiß werden auch die Deutschen Gesandtschaften sich beeilen, den Ungluͤcklichen beizustehen, die sich unter dem Schutz der gro⸗ ßen Geister und Meisterwerke, auf welche ihr gemeinsames Vater⸗ land stolz ist, hierher begaben.“ EGSroßbritanien und Irland.
London, 4. Juni. Am Schlusse der Untersuchung vor dem Geheimen Rath wurde John Francis, der das Atten⸗ tat auf die Koͤnigin gemacht, vom Praͤsidenten darauf hin⸗ gewiesen, daß es ihm erlaubt sey, den Zeugen Fragen vor⸗
zulegen, was er aber ablehnte. Eben so antwortete er,
als man ihm bemerkte, daß er in Entgegnung auf die Anklage
angeben koͤnne, was er wolle, daß dies aber protokollirt werden und bei seinem Verhoͤr als Beweis dienen wuͤrde: „In diesem Falle werde ich jetzt nichts sagen.“ Ein Polizei⸗Inspektor, Na⸗ mens Maclean, hat im Mansionhouse ausgesagt, daß Francis im Juli 1841 wegen Diebstahls von 32 Goldstuͤcken vor Gericht ge⸗ stellt, wegen ungenuͤgender Beweise aber freigelassen wurde. Durch Nachschlagung der Akten wurde diese Angabe voͤllig bestaͤtigt.
Die Deutsche Oper scheint als Geld⸗Speculation hier in die⸗ sem Jahre eben so verungluͤckt zu seyn, wie das aͤhnliche Unter⸗ nehmen in Paris. Es heißt, der Direktor sey von London abge⸗ reist und habe sein Personal sich selbst uͤberlassen. Man erklaͤrt es fuͤr unbesonnen, daß die Gesellschaft das kleine und huͤbsche Prince's-Theater, welches fuͤr ein neues Unternehmen der Art geraäumig genug war, mit dem großen und im Verhaͤltniß kostspie⸗ ligen Coventgarden⸗Theater vertauschte.
Nach einer in der Londoner geographischen Gesellschaft ge⸗ machten Mittheilung soll die Bevoͤlkerung von Aden, welche im Jahre 1839 nur 600 Menschen betrug, so sehr gestiegen seyn, daß die Aussicht vorhanden waͤre, aus dieser Stadt ein wichtiges Emporium zu bilden.
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Amsterdam, 3. Juni. (Rh. u. Mos. 8) Ueber den Stand der Differenz mit Neapel koͤnnen wir Folgendes mitthei⸗ len: „Die Hollaͤndischen Actien⸗Inhaber der Tavogliere⸗Bank,
nische Regierung, zu unterstuͤtzen und dieselbe zu einer Verguͤtung
fuͤr den ungeheuren Verlust, der fuͤr die Inhaber dieser Actien ent⸗ standen war, zu bewegen zu suchen. Die Regierung hatte es in⸗ dessen stets abgelehnt, sich mit dieser Privatsache zu befassen, bis sie endlich den wiederholten Bitten nachgegeben und erklaͤrt hat, die Forderung der Inhaber der Actien der Tavogliere⸗Bank unterstuͤtzen zu wollen, wenn die Belgische Regierung ihrerseits sich entschlie⸗ ßen wolle, auch fuͤr ihre Unterthanen, die nebst den Hollaͤndern die einzigen Inhaber der Actien sind, diplomatisch einzuschreiten. Die beiden Regierungen schritten demnach zur Ernennung beson⸗ derer Gesandten nach Neapel, und der von unserer Seite ernannte Baron von Heeckeren hatte speziellen Auftrag, die Forderung der Niederlaͤndischen Actien⸗Inhaber so viel als moͤglich zu unterstüz
zen. Weder unsere en noch unser Gesandte hatte indeß Auftrag, eine politische Frage daraus zu machen, und keiner dachte auch nur an die entfernte Moͤglichkeit, daß vom Kriege die Rede seyn koͤnne. Daß die Niederlaͤndische Regierung indeß die diplo
matischen Beziehungen mit der Neapolitanischen Regierung abge
brochen hat, muß demnach gaͤnzlich an dem schroffen Tone, worin die Neapolitanische Regierung geantwortet hat, liegen; so viel wird
wenigstens aus guten Quellen vernommen, und man hat bis jetzt
keine Ursache, die Wahrheit dieser Thatsache zu bezweifeln.“
Waͤhrend dieser Woche haben sich die Buͤreaus der zweiten
Kammer der Generalstaaten verschiedene Male in geheimen Co⸗
mités versammelt, um uͤber eine neue Geschaͤfts⸗Ordnung der
Kammer zu berathschlagen. So viel davon bekannt geworden, will
die Regierung sich ungern von der jetzigen Ordnung trennen, die
ihr eine Leichtigkeit in der Behandlung der Gesetz⸗Entwuͤrfe ver⸗
schafft, welche sie durch die neue Ordnung zu verlieren fuͤrchtet.
koch heute ist die Kammer wieder uͤber diesen Gegenstand ver⸗
sammelt, doch scheint man viele Schwierigkeiten zu erfahren, zu
deren Beseitigung man noch nicht hat gelangen koͤnnen. Auch der
neue Gesetz⸗Entwurf uͤber das Notariat ist in den Buͤreaus in
Behandlung; wahrscheinlich werden kuͤnftige Woche die Berathun⸗ gen vesersan⸗ das czes
Von hier aus sind bereits 25,000 Fl. na urg fuͤr
dortigen Abgebrannten remittirt 2. 1 “ K
Deutsche Bundesstaaten. 8
Dresden, 25. April. Se. Koͤnigl. Majestaͤt haben dem Geschichtsmaler Rudolph Julius ee Hebner d e. als Professor an der Akademie der bildenden Kuͤnste zu Dresden, Vorstand eines Maler⸗Ateliers und Mitglied des akademischen Rathes uͤbertragen.
Mannheim, 5. Juni. (Oberd. Ztg.) Gestern schon ist ein großer Theil der Offiziere des achten Deutschen Armee⸗Corps, welche heute ihre e. Jahres⸗Versammlung — diesmal zu Schwetzingen — halten, hier eingetroffen. Nach 3 Uhr brachte das von Mainz kommende Dampfboot die Großherzoglich Hessi⸗ schen Offiziere, und bald darauf kamen die Badischen Offiziere von Rastadt und Karlsruhe mit dem von Straßburg kommenden Boote. Die Offiziere der Garnison Mannheim empfingen die An⸗ kommenden am Rhein, und die Herzlichkeit des Empfanges zeugte davon, wie innig das Band der Waffenbruͤderschaft die Offiziere des Armee⸗Corps umschlingt, in dessen Deutschkraͤftigem Zusammenhal⸗ ten fuͤr die Deutsche Sache so Vieles bedingt ist. Nach 6 Uhr kamen
noch mehrere Wuͤrtembergische Offiziere und wurden von den bereits
Versammelten mit herzlicher Freude empfangen. In Schwebin⸗
Opfern eines unbesonnenen Unternehmens an dasselbe erging.
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die zu Neapel bestanden hat, wandten sich bereits vor laͤngerer Zeit an unsere Regierung, um durch diplomatische Vermittelung ihre Forderungen an die Bank, demnach auch an die Neapolitaag