1843 / 3 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

beizupflichten, leiht er doch allen Be⸗ strebungen, die seit Kurzem zur Wiederherstellung der Disziplin und des Ceremoniells der Englischen Kirche gemacht wecbes sind, seinen mächtigen Beistand und er wird zur Förderung dieser Absichten eben so sehr durch seinen gemäßigten und versöhnlichen Ton, womit er die Uebertreibungen derselben zu unterdrücken sucht, als durch seine Billi gung der umfassenden Grundlagen, worauf dieselben beruhen, unter

stützt.

men oder empfohlen werden,

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11ö1.“

““ niederlande. 111I1I1“ Aus dem Haag, 29. Dez. Die Subscriptionen für das Denkmal, welches Wilhelm I. von Oranien gesetzt werden soll, haben ihren Fortgang. Auch aus dem Auslande gehen zahlreiche Beiträge ein. Unter Anderem befindet sich darunter einer von 300 Gulden von dem Schwedischen Grafen Geer von Leufste, dessen Familie aus den Niederlanden stammt.

asta⸗ . isas 1 .““ Deutsche Bundesstaaten. 1“ 8 u 111AX“

München, 28. Dez. Die Angelegenheit der Rheinschanz⸗ Bexbacher Eisenbahn, die seit einiger Zeit in den Hintergrund getreten war, gewinnt nun neues Interesse. Durch Bekanntmachung vom 26. Dezember hat der Verwaltungs⸗Ausschuß eine Generalver⸗ sammlung auf den 6. Februar k. J. ausgeschrieben, in welcher unter Anderem Eröffnungen in Beziehung auf die Betheiligung des Staa⸗ tes bei dem Unternehmen vorgelegt werden sollen.

Stuttgart, 28. Dez. Der Deutsche Courier, redigirt von Dr. Karl Weil, welcher früher als tägliche Zeitung und seit einigen Jahren als Wochenschrift herauskam, hat jetzt aufgehört zu er⸗ scheinen. Er trug eben so wie die in Karlsruhe erschienene Ober⸗ deutsche Zeitung einen liberalen Charakter. Ueber die Republikation der letzteren in Form einer Wochenschrift, die bereits am 1. Dezember von neuem ausgegeben werden sollte, ist bis jetzt noch nichts Näheres bekannt worden.

Altona, 30. Dez. (A. M.) Das in Folge des Austausch⸗ Vertrages mit dem Fürstenthum Lübeck erlassene Besitznahme⸗Patent vom 17. Dezember d. J. lautet also: 8

„Wir Christian der Achte ꝛc. ꝛc. entbieten den sämmtlichen Ein⸗ gesessenen der bisher zu dem Fürstenthum Lübeck gehörigen, unter dem Namen des Amtes Collegiatstift zusammengefaßten Dörfer, Nathjensdorf im Kirchspiele Heiligenhafen, Nanndorf, Altgalendorf, Techelwitz, Teschen⸗ dorf, Klein⸗Wesseck und Rellin, Großherzoglichen Antheils, im Kirchspiele Oldenburg, so wie den sämmtlichen Eingesessenen des bisher mit dem Groß herzoglichen Amte Großvogtei verbundenen Kirchdorfes Hamberge, und der zum Kirchspiele dieses Namens gehörigen Kommune Hansfelde, imgleichen den sämmtlichen Eingesessenen der Dorfschaften Groß⸗ und Klein⸗Barnitz im Kirchspiele Klein⸗Wesenberg, der Dorfschaft Tankenrade im Kirchspiele Prohnsdorf, der Dorfschaft Travenhorst im Kirchspiele Gnissau, und der Dorfschaft Giesselrade im Kirchspiele Sarau, Unsere Gnade.

„Nachdem Se. Königl. Hoheit der Großherzog von Oldenburg durch den bereits zur öffentlichen Kunde gebrachten Vertrag über die Gebiets⸗ gränzen und Gränz⸗Verhältnisse zwischen dem Herzogthum Holstein und dem Fürstenthum Lübeck vom 14. Februar d. J. Uns und Unseren Nach⸗ folgern die genannten Ortschaften für Sich und Höchstihre Nachfolger mit voller Souverainetät und Proprietät vom 1. Januar 1843 an cedirt ha⸗ ben, gewärtigen Wir, daß die Eingesessenen dieser Ortschaften sammt und sonders von dem gedachten Tage an Uns hinführo für ihren einzigen und rechtmäßigen Landes⸗ und Oberherrn erkennen, Uns die gebührende unver⸗ brüchliche Treue und schuldigen Gehorsam in Befolgung aller von Uns zu treffenden gesetzlichen und anderen Anordnungen leisten und sich in aller Hinsicht wie folgsame Unterthanen gegen ihre ihnen vorgesetzte Landes⸗ Herrschaft betragen werden. Dagegen werden Wir ihnen sammt und son⸗ ders Unsere Königliche Gnade und Beschirmung gleich den übrigen Unter⸗ thanen Unserer Reiche und Lande angedeihen lassen, sie insgesammt bei ihren wohlerworbenen Rechten Königlich schützen und mit landesväterlicher Fürsorge auf die Beförderung ihres Wohls bedacht seyn. b

„Zugleich fügen Wir zu wissen, daß Wir die Dörfer Nathjensdorf, Nanndorf, Altgalendorf, Techelwitz, Teschendorf, Klein⸗Wesseck, nebst dem Uns cedirten Theile des Dorfes Rellin, mit Unserem Amte Cismar, das Kirchdorf Hamberge und die Kommune Hansfelde mit Unserem Amte Rein⸗ feld, die Dorfschaften Groß⸗ und Klein⸗Barnitz mit unserem Amte Reth⸗ wisch, und die Dorfschaften Tankenrade, Travenhorst und Giesselrade mit Unserem Amte Ahrensböck zu vereinigen Uns bewogen gefunden haben.

„Es haben demnach die Eingesessenen der genannten Ortschaften in Uebereinstimmung hiermit den für das Amt, zu welchem sie gelegt sind, Allerhöchst verordneten Behörden und Beamten den schuldigen Gehorsam zu leisten.“

1“X“X“ 1 - S Paris, 28. Dez. Die durch den Aufstand von Barcelona heroorgerufenen Gegenwirkungen mußten die Bevölkerung der Catalo⸗ nischen Hauptstadt natürllcher Weise in eine sehr üble Stimmung versetzen. Die erfolgten Hinrichtungen haben den geringsten Antheil bei dieser Wirkung. Aber die Entwaffnung der National⸗Garde, der Wiederaufbau der Citadelle, die der Stadt aufgelegte Geldstrafe von 12, Millionen Realen, kurz alle jene Maßregeln, welche auf eine De⸗ müthigung der Besiegten hinauslaufen, haben den stolzen Sinn der Barceloneser auf das heftigste gereizt. Barcelona wird sich nicht leicht wieder mit Espartero aussöhnen, und so lange dessen Regentschaft dauert,

jeden Augenblick wie eine furchtbare Gefahr über dem Haupte der Regierung schweben. In diesem Sinne ist also der Aufruhr vom 15. November kein verfehlter gewesen, in diesem Sinne hat er einen vollständigen Erfolg gehabt. Damit mag gewissen Parteizwecken ge⸗ dient seyn, aber der Vortheil der Nation ist dadurch wahrlich nicht efördert, denn das Spanische National⸗Interesse besteht vor allen Dingen in der Befestigung der öffentlichen Gewalt und der nationa⸗ len Einheit.

Man würde übrigens sehr irren, wenn man aus der leidenschaft⸗ lichen Sprache der Madrider Oppositions⸗Blätter schließen wollte, daß dies Verfahren der Regierung gegen Barcelona im übrigen Spanien in ähnlicher Weise beurtheilt werde als in Catalonien. Die zahlreichen Adressen der National⸗Garden, der Ayuntamientos, der Provinzial⸗Deputationen, welche alle Tage in Madrid eingehen, be⸗ weisen vielmehr, daß die öffentliche Meinung in einem großen Theil des Landes mit der Regierung über die Nothwendigkeit eines stren⸗

gen Einschreitens gegen die Tatalonischen Insurgenten einverstanden Regent ist nicht etwa nur bei der Armee, sondern auch bei dem Spanischen Volke als Ganzes betrachtet nach dem Bombarde⸗ und es ist sehr wahrscheinlich, daß er mit Hülfe eines Kabinets⸗Wechsels, trotz aller Feindschaft der Catalonier, für seine Regierung die entschiedene Ma⸗

ist. Der

ment von Barcelona eben so populair als zuvor,

jorität der Cortes wiedergewinnen könnte. des Aufstandes überlebt haben, ziemlich energische, aber durchaus sung hinausgehende Opposition, des Belagerungs⸗Zustandes auf

Von den beiden Barceloneser Blättern, welche den Umschwung macht der Constitucional eine nicht über die Gränzen der Verfas⸗ während der Imparcial in Folge alle Individualität verzichtet hat, und sich auf das Einregistriren amtlicher Bekanntmachungen, auf das

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Ausschreiben unschuldiger Neuigkeiten und auf sonstige Artikel be⸗ schränkt, die mit der Politik in gar keinem Zusammenhange stehen. Als Urheber des Aufruhrs nennt der Constitucional, neben der Christinischen Partei und den Republikanern, noch immer die Fran zosen. Er ereifert sich sehr dagegen, daß man bei den am 18ten eröffneten städtischen Wahlen den Gemäßigten das Feld überlasse, oder daß wohl gar ein Theil der Liberalen sich denselben anschließe, bloß um sich der Regierung feindselig zu zeigen. 1

Am ’üsten ist noch ein Soldat auf der Esplanade der Citadelle erschossen worden, aber nicht als Theilnehmer an dem Aufruhr, son⸗ dern als Dieb. Wenn verschiedene Blätter, aller Evidenz zum Tootz, fortwährend von heimlichen Hinrichtungen in der Citadelle reden, so kann dies nur eine absichtliche Verleumdung seyn. Man beurtheile das Verfahren der Spanischen Regierung so strenge als man will, man lasse ihr aber wenigstens die Gerechtigkeit widerfahren, -I Barce

daß sie dasselbe vom Anfange des Aufstandes in lona in allen seinen Theilen dem öffentlichen Urtheile blos gestellt, daß sie durch die freiwillige Bekanntmachung aller

ihrer Beschlüsse, Dekrete und sonstiger Maßregeln bewiesen hat, daß sie die Verantwortlichkeit für ihre Handlungen nicht scheut.

Die durch die Gazette du Midi gegebene Nachricht von der Ernennung des Generals Zurbano zum Gouverneur von Barcelona ist mindestens unwahrscheinlich. Die bis zum 20sten gehenden Cataloni⸗ schen Blätter geben fortwährend Nachrichten über die Wirksamkeit Zurbano's in Gerona. Das Ayuntamiento dieser Stadt war von dem General beauftragt, die National⸗Garde von den Individuen zu reinigen, welche keine Bürgschaften für ihre Gesinnungen darzubieten vermögen. Die städtische Behörde antwortete hierauf, daß die ihr gestellte Aufgabe so schwierig sey, und daß ihre Vollziehung für die dadurch betroffenen Personen so viel Verletzendes haben würde, daß die völlige Auflösung der National⸗Garde und ihre spätere Reorga⸗ nisation vorzuziehen scheine. Der General Zurbano hat sich dieser Ansicht angeschlossen, und die derselben entsprechenden Maßregeln vor⸗ bereitet. b 3

Aus dem Catalonischen Gebirge wird geschrieben, daß am 10ten Abends der Flecken Osor von funfzig bis sechzig bewaffne⸗ ten Räubern überfallen wurde, welche die ganze Nacht hindurch darin hausten und am anderen Morgen die sämmtlichen Mitglieder des Ayuntamiento, bis auf den Syndikus, und die wohlhabendsten Ein wohner des Orts mit sich fortschleppten. e

Der oftgenannte Oberst Prim befindet sich in Perpignan, von wo er erst nach Eröffnung der Cortes nach Madrid zurückkehren zu wollen scheint. Ob aber die jetzigen Cortes noch wieder einberufen werden oder ob sie aufgelöst und neue Wahlen ausgeschrieben werden sollen, ist bis jetzt durchaus ungewiß. Gar keine Beachtung verdienen die Insinuationen, denen zufolge Espartero gesonnen wäre, sich unter gänzlicher Beseitigung der Cortes zur Diktatur aufzuschwingen.

vereinigte Staaten von Uord-Amerika.

New⸗BYork, 9. Dez. Nach den allgemeinen Bemerkungen über den mit England abgeschlossenen Vertrag wendet sich die Bot⸗ schaft des Präsidenten zu der Frage über den Sklavenhandel und das Durchsuchungs⸗Recht. Sie sagt in dieser Beziehung:

„In dem Traltate ist nichts, was der Ehre oder Würde der einen oder anderen Nation im geringsten zu nahe träte. Nächst Feststellung der Gränzlinie, die stets eine schwierige Sache zwischen Staaten wie zwischen Individuen seyn muß, war die Frage, welche mit der größten Verwickelung zu drohen schien, die den Afrikanischen Stlavenhandel betreffende. Durch den 10ten Artikel des Traktats von Gentwunde ausdrlicklich erklärt, daß „„da der Handel mit Skla⸗ ven mit den Grundsätzen der Meuschlichkeit und Gerechtigkeit unvereinbar ist, und da sowohl Ihre Majestät als die Vereinigten Staaten ihre Bestrebungen fortzu⸗ setzen wünschen, um dessen gänzliche Abschaffung zu fördern, so wird hierdurch be⸗ stimmt, daß beide kontrahirende Parteien ihr Möglichstes thun werden, um einen so wünschenswerthen Zweck zu erreichen.““ Bei der Handhabung der Gesetze und traktatenmäßigen Stipulationen Großbritaniens drohte von Seiten seiner Kreuzer ein Verfahren aufzukommen, welches unter Amerika⸗ nischer Flagge segelnde Schiffe der Visitation unterwarf, und das, wãhrend es unsere Seerechte ernstlich involvirte, einen in täglichem Zunehmen 8 griffenen Zweig unseres Handels, welcher der pflegenden Sorgfalt der Re⸗ gierung bedurfte, der Belästigung aussetzen würde.“ 3 8

„Und obwohl Lord Aberdeen, in seinem Briefwechsel mit den Ameri⸗ kanischen Gesandten in London ausdrücklich auf alles Recht verzichtete, ein Amerikanisches Schiff, es möge seyn, welches es wolle, auf offenem Meere anzuhalten, selbst wenn eine Ladung von Sklaven an Bord desselben ge⸗ funden würde, und die Britische Forderung auf bloße Besuchs⸗ und Nach⸗ forschungs⸗Ansprüche beschränkte, so konnte doch die ausübende Gewalt der Vereinigten Staaten nicht recht einsehen, wie ein solches Besuchen und Nachforschen ohne Aufenthalt und daraus folgende Unterbrechung des Han⸗ dels geschehen könne. Man betrachtete es als Durchsuchungsrecht, nur in ei⸗ ner neuen Form dargestellt und in anderen Worten ausgedrückt, und ich hielt es daher für meine Pflicht, ausdrücklich in meiner Jahres⸗Botschaft an den Kongreß zu erklären, daß keine derartige Konzession gemacht Fensen könne, und daß die Regierung der Vereinigten Staaten sowohl den Willen als die Macht haben werde, ihren eigenen Gesetzen Achtung zu verschaffen und ihre Flagge gegen die Benutzung zu Zwecken zu schützen, welche jene Gesetze verbieten und die dem moralischen Tadel der Welt unterworfen sind.

„Jene Botschaft als sein Instructionsschreiben betrachtend, fand sich

unser damaliger Gesandter in Paris aufgefordert, denselben Standpunkt in einer Vorselkung einzunehmen, die er Herrn Guizot und durch ihn dem was man den Quintupel⸗Traktat genannt hat, zu überreichen für seine Pflicht hielt, und sein Betragen in dieser Hinsicht fand den Beifall seiner Regierung. In genauer eg. stimmung mit diesen Ansichten wurde der 8te J“ Genter ö 8 abgefaßt, wodurch stipulirt wird, „„daß jede der beiden Nationen in den ncr a⸗ nischen Gewässern eine Seemacht von nicht weniger als 80 Kanonen inenhalten soll, welche in Folge der Instructionen ihrer respektiven Feneungen ögelon⸗ dert und für sich zu handeln und deren respektiven Gesetze und Verpflich⸗ tungen geltend zu machen haben.““ Hieraus geht hervor, daß das in je⸗ ner Botschaft angenommene Prinzip vollkommen aufrecht erhalten worden, so wie, daß die Stipulationen des Genter Traktats von beiden Ländern redlich ausgeführt werden müssen, und daß aller Vorwand zur Einmischung in die Amerikanischen Handels⸗Verhältnisse, um irgend eines Zwecks willen, von Seiten einer fremden Regierung wegfällt.“”) hr 1

„Während also die Vereinigten Staaten als Verfechter der Frei⸗ heit der Meere aufgetreten sind, haben sie doch zugleich nicht für geeig⸗ net gefunden, daraus einen Vorwand herzuleiten, welcher sie von der Erfüllung ihrer vertragsmäßigen Verpflichtungen entbinden oder einem Han⸗ del Vorschub leisten könnte, den unsere Gesetze verdammen. Eine ähnliche Uebereinkunft von Seiten der anderen großen Mächte würde unfehlbar den Sklavenhandel von dem Ocean verscheuchen, ohne daß es nöthig wäre, in das Seerecht irgend ein neues Prinzip einzuschalten. Es sey uns vergönnt zu hoffen, daß dieses Beispiel von einigen derselben, wenn nicht von allen, werde befolgt werden. Wir gewähren dadurch auch dem redlichen Kauf⸗ mann in jenen Meeren angemessenen Schutz, indem wir so zugleich die Gebote einer vernünftigen Politik erfüllen und den Forderungen der Ge⸗ rechtigkeit und Humanität genügen.“

Hieran schließt sich ein Bericht über den Stand der das Ore⸗ gon⸗Gebiet betreffenden Frage, worüber sich der Präsident in fol⸗ gender Weise äußert:

„Es würde noch mehr Ursache zur Beglückwünschung vorhanden seyn, wenn der Vertrag (mit England) alle Gegenstände hätte umfassen können, die dazu angethan sind, in Zukunft eine Mißhelligkeit zwischen den beiden Regierungen herbeizuführen. Das Gebiet der Vereinigten Staaten, wel⸗ ches gewöhnlich das Oregon⸗Gebiet genannt wird, am Stillen Ocean, nördlich vom 42sten Breitengrade gelegen, worauf Großbritanien zum Theil

Könige der Franzosen gegen dasjenige,

Anspruch macht, fängt an, die Aufmerksamkeit unserer Mitbürger auf sich zu ziehen, und der Strom der Bevölkerung, nachdem er sich in näheren Gegenden angeeignet hat, was noch vor kurzem eine undurchbrochene Wild⸗ niß war, beginnt nun über diese weiten Bezirke sich zu ergießen, die sich von den Felsengebirgen bis zum Stillen Ocean ausdehnen. Ehe noch ein⸗ zelne Rechte auf diese Ländereien erworben werden, gebietet eine vernünf⸗ tige Politik, daß die beiden Regierungen alles Mögliche aufbieten, um ihre betreffenden Ansprüche ins Reine zu bringen.“

„Es gab sich bei den letzten Unterhandlungen schon frühzeitig kund, daß für jetzt jeder Versuch, jene Rechte befriedigend sestzustellen, zu langen Erörterungen führen würde, die, wenn sie fehlschlügen, andere dringendere Angelegenheiten mit sich ziehen möchten, und die Cxekutive hielt es nicht für angemessen, alle Vortheile einer ehrenvollen Ausgleichung anderer sehr erheblicher und wichtiger Schwierigkeiten deshalb aufzugeben, weil diese

nicht so unmittelbar drängende im Wege stände. Wenn auch die erwähnte Schwierigkeit noch mehrere Jahre lang den Frieden der beiden Länder nicht stören dürfte, so werde ich doch nicht zögern,

Großbritanien die Wichtigkeit ihrer baldigen Erledigung dringend vorzustellen. Auch andere Gegenstände von kommerzieller Bedeutung für die beiden Län⸗ der sollen nicht übersehen werden, und ich habe guten Grund, zu glauben, daß es der Politik Englands eben so wie der der Vereinigten Staaten zu⸗ sagen wird, diesen Augenblick, wo die meisten Ursachen zu Erbitterung ver⸗ schwunden sind, zu ergreifen, und durch weisliche Beseitigung aller Gründe zu muthmaßlichen künftigen Reibungen den Frieden und die Eintracht zwi⸗ schen beiden Ländern zu befestigen.“ . Die Verhältnisse zu dem übrigen Europa werden in der Bot

schaft nur kurz berührt; sie sagt darüber: 8 6

„Mit den anderen Europäischen Mächten stehen wir fortdauernd in den freundschaftlichsten Beziehungen. Unsere vorhandenen Verträge mit ihnen müssen gewissenhaft beobachtet und eine jede mit den Interessen der Ver einigten Staaten verträgliche Gelegenheit muß ergriffen werden, um die Grundlagen des Handels⸗Verkehrs zu erweitern. Friede mit aller Welt ist die wahre Basis unserer Politik, und derselbe kann nur dauernd seyn, wenn gleichmäßig und unparteiisch Gerechtigkeit von Allen gegen Alle geübt wird. Unser Hauptwunsch muß dahin gehen, nur auf eine folche Rivalisirung uns einzulassen, die das allgemeine Beste in der Pflege der Wissenschaften, in der Erweiterung des Feldes der mechanischen Künste und in der Ausdehnung des Handels⸗Verkehrs dieses großen Civili⸗ sirers über Land und Meer zu erblicken geneigt ist. Indem wir uns sorgsam aller Einmischung in Fragen enthalten, welche sich ausschließlich auf die politischen Interessen Europa'’s beziehen, darf es uns gestattet seon, zu hoffen, daß auch die Europäischen Regierungen sich aller Einmischung in das, was die Staaten des Amerikanischen Festlandes betrifft, enthal⸗ ten werden.“ (Fortsetzung folgt.)

O New⸗York, 8. Dez. Die Botschaft des Präsiden⸗ ten ist heute Nacht hier eingetroffen. Sie ist, wie gewöhnlich, von außerordentlicher Länge. Nach der gewöhnlichen Einleitung (s. d. Art. Vereinigte Staaten im gestr. Bl. d. Staats⸗Ztg.) mit einer Danksagung an die Vorsehung für die Wohlthaten, welche sie auch in diesem Jahre den Staaten der Union gespendet, beginnt der Prã sident mit Erwähnung des Vertrages zwischen England und den Ver⸗ einigten Staaten, der allerdings eines der schönsten Denkmale seiner Diplomatie ist, und dessen Ruhm billigerweise Herr Webster, der den Vertrag mit Lord Ashburton unterhandelte und zu Stande brachte, mit ihm theilt. Der Präsident spricht sich auf eine würdige Weise über dieses Werk aus, erklärt, daß dadurch die Unabhängigkeit der Amerikanischen Flagge gesichert worden sey, welcher Achtung zu ver⸗ schaffen die Vereinigten Staaten übrigens stets den Willen und die Mittel gehabt hätten. Er hofft, daß die Europäischen Mächte zu einer ähnlichen Uebereinkunft kommen werden, welche die Freiheit der Meere für Alle sichere und die Anforderungen einer gesunden Politik mit den Pflichten der Gerechtigkeit und Humanität vereinige. 1

Der Präsident erklärt ferner, er vermeide sorgfältig jede Ein⸗ mischung in die politischen Interessen Europa’s, glaubt daher auch das Recht zu haben, zu erwarten, daß die Europäischen Regierungen sich nicht in die Angelegenheiten des Europäischen Kontinents einmi schen werden. Im Uebrigen seyen die Vereinigten Staaten in Frieden mit aller Welt, die pecuniairen Streitigkeiten mit Mexiko seyen auf dem Wege der Ausgleichung, worüber mehrere Andeutungen gegeben werden. Inzwischen deutet der Präsident die Gefahren an, welche die Gebietsstreitfrage des Oregon im Westen, indem England auf einen Theil jenes Gebietes Ansprüche erhebt, in Zukunft bieten könne, wes halb er es für rathsam erachtet, sich stets so gerüstet zu halten, um im Nothfalle die Amerikanischen Rechte vertheidigen zu können.

Die Ratificationen des Vertrages mit der Republik Aequator, abgeschlossen am 13. Juni 1839, wurden ausgewechselt, und der Ver trag selbst in den Vereinigten Staaten promulgirt. Mit mehreren anderen Süd-Amerikanischen Staaten waren auch im verflossenen Jahre wegen der fortdauernden Militair-Revolutionen und inneren Konflikte in denselben keine Verhandlungen möglich. Chili hat sich zu Leistung einer Entschädigung für die Festhaltung der Amerikani schen Brigg „Warrior“ zu Coquimbo 1820 verstanden, und der Prä⸗ sident hofft, daß es auch die anderen Reclamationen Amerikanischer Bürger befriedigen werde. Der Krieg mit den Floridas sey beendigt und eine lngescensh Anzahl von Truppen zur Aufrechthaltung desselben solle dort unterhalten werden. 8 b

Das Defizit des Schatzes wird am 1. Januar 1843 etwa eine halbe Million Dollars betragen, wenn man die Erträgnisse der Partie des Anlehens, die man zu Stande brachte, und die der Emissionen von Schatz⸗Bons in Anschlag bringt. Nun kommt der Präsident auf die wichtige Tarif⸗Frage, über welche er sich in folgender Weise äußert: 1

„Der gegenwärtige Tarif wurde mit einiger Hast u s Schlusse der letzten Session des Kongresses votirt. Es kann daher Nie mand wundern, daß er mangelhaft ist. Sie werden nicht verfehlen, Ihre ernstliche Aufmerksamkeit auf die Mittel zu Abhülfe für diese Mängel des⸗ selben zu richten. Es dürfte angemessen seyn, zu untersuchen, ob die Vor⸗ auserhebung der Zölle in Baarem nicht die Einführung eines Sostems er⸗ fordert, das die Erfahrung für die Länder, die es angenommen haben, höchst gewinnreich gemacht hat. Ich meine das System der Entrepots. T eis und wichtigste Wirkung, welche es hervorbringen würde, wäre, den Markt gleichmäßig gegen die Ueberfüllung mit oder vor dem Mangel an Gegen⸗ ständen ausländischer Fabrik zu beschützen, welche beide in der Folge dem Manufalturisten eben so nachtheilig sind als dem Einführer."

„Da die Quantität der Waaren im Entrepot zu jeder Zeit schnell bekannt ist, so würde dies den Einführer in den Stand setzen, sich so ge nau als möglich von den jeweiligen Bedürfnissen des Marktes Kenntniß zu verschaffen und demgemäß zu handeln. Würde er übrigens Fehler bege hen durch eine das öffentliche Bedürfniß übersteigende Mehreinfuhr, könnte er seinen Fehler wieder gut machen durch Benutzung der Wohlthaͤ⸗ ten und Vortheile des aufgestellten Systems. In den Entrepots könnten die eingeführten Waaren die Nachfragen des Marktes abwarten, und ihr Ausgang aus denselben würde durch die nach den öffentlichen Bedürfnis⸗ sen festgesetzten Prinzipien geregelt. Dadurch würde man einer Gleichför migkeit und Stabilität in den Preisen sich annähern „welche, wenn sie zu erreichen wären, für den Handel und die Industrie merkliche Vortheile bringen würden.“

„Man kann besorgen,

und Uebereilung am

daß, ohne einige Milderung in der Strenge der Baarzahlungen, der ganze Einfuhrhandel in die Hände einiger reichen Ka⸗ pitalisten dieses Landes und Europa's fallen möchte. Der kleine Einfüh⸗ rer, welcher für seine Ankäufe im Auslande alle Fonds braucht, die er sich verschaffen kann, und der auch die niedrigsten Zölle nur mit Mühe zu bezal len vermag, wäre gezwungen, schon im voraus einen Theil seines Kapitals zurückzuhalten, um die Zölle zu bezahlen, und würde von dieser Summe während der ganzen Zeit, daß seine Waaren unverkauft blieben, die Zinsen verlieren, was seinen Gewinn verzehren würde. Der reiche Kapitalist im

Aus⸗ oder Inlande würde so in sehr kurzer Zeit ein beinahe ausschließ⸗

wählen könnte. Die

liches Monopol des Einfuhrhandels besitzen, und die zum gleichmäßigen Wohle Aller bestimmten Gesetze würden dadurch nur zum Gewinne einiger Wenigen beitragen. Dieses Resultat wäre antirepublikanisch in allen sei⸗ nen Tendenzen, und in völligem Widerspruche mit dem Geiste unserer In⸗ stitutionen.“

„Das Entrepot⸗System würde den Einführer in den Stand setzen, den Marlt zu überwachen und seine Zeit zu wählen, um seine Waaren zum Verkaufe auszubieten. Ein einträglicher Theil des Transporthandels in Artikeln, die eingeführt werden, um die Wohlthat des Rückzolls zu ge⸗ nießen, muß ebenfalls ernstlichen Nachtheil leiden, wenn nicht ein Aus⸗ kunftsmittel zur Befreiung von der Baarbezahlung der Zölle angenommen wird. Das Entrepot⸗System würde diese Abhülfe darbieten, weil der die Waare Transportirende zu den öffentlichen Entrepots seine Zuflucht neh⸗ men und, ohne die Zölle vorher zu bezahlen, in einer angemessenen Zeit⸗ periode nach fremden Häfen wieder verladen könnte. Eine andere Wir⸗ kung dieser Maßregel wäre noch, unser Rückzoll⸗System zu beseitigen und dadurch die Regierung wirksam gegen Betrug zu schützen, da der Deben⸗ tur⸗Zoll auf die Waaren nach ihrem Austritte aus den öffentlichen Ma⸗ gazinen keine Anwendung mehr finden würde.“

„Bei einer Revision des bestehenden Tarifs wenn Sie für zweckmäßig erachten, diese Revision in der gegenwärtigen Session vor⸗ zunehmen kann ich Ihnen nur die Andeutungen und Anempfehlungen wiederholen, welche ich bei verschiedenen Anlässen vor den Kongreß bringen zu müssen geglaubt habe. Das große, das hauptsaͤchliche, das überwie gende Interesse des Amerikanischen Volkes ist die Einheit nicht allein die Einheit in den bloßen Regierungssormen, Formen, die gewechselt wer⸗ den können sondern die auf wechselseitige Anhänglichkeit der Staaten und der Individuen an einander sich gründende Einheit. Diese Einheit in den Gesinnungen und Gefühlen kann nur durch die Annahme einer Poli⸗ tik aufrecht erhalten werden, welche nicht den Einen ausschließliche Wohl⸗ thaten gewährt und eben so wenig den Anderen unnöthige Opfer auferlegt, die durch Befolgung einer Bahn der Mäßigung, durch das Streben in der oͤffentlichen Meinung Harmonie hervorzubringen, und dadurch, daß man das Volk fühlen und sehen läßt, wie die Regierung gleichmäßig über die Interessen Aller wacht, aber auch die Interessen Aller mit einander ver⸗ söhnen muß. In keinem Betreff ist die Mäßigung, vereinigt mit einer klu⸗ gen Rücksichtsnahme, nothwendiger, als in Betreff der Auflagen von Ein⸗ fuhr⸗Zöllen.“

„Dies ist eine absolute Wahrheit, sowohl hinsichtlich der Staats⸗Ein⸗ künfte, welche der primitive Zweck der Taren sind, als hinsichtlich der Nebenumstände, die aus ihrer Auferlegung hervorgehen. Uebermäßige Auf⸗ lagen verfehlen ihren Zweck und ihr Ziel, indem sie nicht allein in der öffentlichen Meinung eine Feindseligkeit gegen die Manufaktur⸗Interessen hervorufen, sondern auch zu einem Sypstem der Contrebande in großem Maßstabe und zu jeder Art von Mitteln zur Defraudation aufmuntern, was die thätigste Wachsamkeit der Regierung nicht gehörig zu unterdrücken vermag. Eine entgegengesetzte Politik würde wesentlich verschiedene Resul⸗ tate haben, aus denen alle sozialen Interessen, und die Manufaktur⸗Inter⸗ essen mehr als alle anderen, bedeutende Vortheile ziehen würden. Eine der hervorstechendsten unter diesen Wohlthaten würde aus der allgemeinen Ein⸗ stimmung des Landes in diese Politik hervorgehen, so wie aus der Dauer⸗ haftigkeit und Stabilität, die dadurch alle Operationen der Industrie er⸗ halten würden. Man kann nicht oft genug wiederholen, daß ein Gesetz⸗ gebungs⸗System, welches ungewiß und Schwankungen unterworfen ist, niemals klug seon kann. Kein Interesse kann unter ihm gedeihen.“

„Der umsichtige Kapitalist würde niemals sein Geld in Begründung von Manufakturen und anderen Hauptgewerben des Lebens anlegen, wenn er glauben kann, daß die Regierung morgen das heute gegebene Gesetz zurückrufen wird. Die zufälligen Gewinnste, wie hoch sie auch seyn mögen, werden ihn kaum in Versuchung bringen, das Geld, welches er durch ein arbeitsames Leben erworben hat, in ein gewagtes Unternehmen einzusetzen, wenn eine schwankende Politik der Regierung ihn mit verderblichen Ver⸗ lusten bedroht. Ich gehorche also nur einem Geiste der Versöhnung und dem Wunsche, die großen National⸗Interessen dem Schlunde der politischen Zwistigkeiten zu entziehen, ich erfülle nur die höchste und feierliche Pflicht des Amtes, welches ich jetzt einnehme, wenn ich mäßige mit weiser Unter⸗ scheidung rücksichtlich ihrer verschiedenen Zwecke auferlegte Zölle nicht allein als die dauerhaftesten, aller Wahrscheinlichkeit nach, sondern auch als die ersprießlichsten für alle Interessen der Gesellschaft anempfehle.“

„Der Präsident verspricht ferner, daß die für die Schifffahrt so gefährlichen Klippen im Mississippi weggeräumt werden sollen, aller⸗ dings eine eben so große, als schwierige, aber auch nützliche Aufgabe. Es werden 250,000 Dollars für Unterhaltung einer Escadre an der Afrikanischen Küste verlangt. Das Departement der Posten ist dahin gekommen, das Gleichgewicht in seinen Einnahmen und Ausgaben herzustellen, lediglich durch strengere Beaufsichtigung der letzteren und ohne daß die ersteren sich vermehrt hätten, freilich ein schlimmer Be weis für die Redlichkeit der Verwaltung der Posten in den früheren Jahren. Der Präsident entwirft ein eben nicht schmeichelhaftes Ge mälde von dem Zustande des Amerikanischen Kredits im Innern und im Auslande, daß aber einen neuen Beweis seines Freimuthes und seiner Offenheit liefert. Um den Uebeln, die auf dem Kredit lasten, wirksam abzuhelfen, empfiehlt er aufs neue seinen schon früher vor gebrachten Finanzplan, und am Schlusse räth er dem Kongresse an, dem alten General Jackson die Geldstrafe zurückzuzahlen, in welche er von den Tribunalen von New⸗Orleans wegen Verletzung der Civilgesetze verurtheilt worden war. Gerade aber, daß General Jackson durch Bezahlung jener Geldstrafe einen Beweis seiner Unter⸗ werfung unter die Gesetze, während er die Macht in Händen hatte, gab, war einer der ruhmwürdigsten Akte für ihn, so wie es die Un⸗ abhängigkeit der Tribunale beweist, die sich nicht scheuten, trotz dem, daß er damals siegreich und so zu sagen allmächtig war, ihn zu ver urtheilen, weil er dem Grundsatze nach schuldig war. Ob also da⸗ durch, daß man ihm jetzt diese Geldbuße zurückzahlen will, dem Ge— Jackson ein wirklicher Dienst geleistet wird, ist noch sehr zu bezweifeln.

Inland.

Neuß, 28. Dez. (Rhein. Blätter.) Nach einer so eben eingehenden amtlichen Nachricht haben des Königs Majestät zu dem dringenden Reparaturbau des hiesigen St. Quirins⸗Münster ein Geschenk von 10,000 Thalern zu bewilligen geruht. In Verbindung mit den Mitteln, welche die Gemeinde aufzubringen hat, wird diese Königliche Munificenz uns in den Stand setzen, alsbald Hand an die durchgreifende Restauration eines kirchlichen Gebäudes zu legen, welches als ein höchst seltenes Denkmal mittelalterlicher Architektur die Aufmerksamkeit und Bewunderung der Kunstkenner und aller derer in Anspruch nimmt, denen für die sparsam zerstreuten Monu mente einer kräftigen Vorzeit Sinn und Gefühl beiwohnen. Unter allen hiesigen Bewohnern hat diese Nachricht die lebhafteste Freude und die Aeußerung des tiefgefühltesten Dankes für den erhabenen Geschenkgeber hervorgerufen.

Der christliche Staat.

Ueber den schristlichen Staat. Rede, am 15. Oktober 1842 in der Königl. Deutschen Gesellschaft gehalten von Dr. J. Mupp. Königsberg 1842. *)

Das Thema dieser Rede gehört zu den dankbarsten, die Jemand

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Nor 8 . 22 Verworrenheit zu heben, in welcher der Begriff

*) Weil die Rede des Dr. Rupp sichtlich auf Zeitfragen berechnet ist und außerdem zu mehrseitigen Verdächtigungen gegen die Staats⸗ Zeitung Anlaß gegeben hat, hegen wir die Erwartung, daß eine gründ⸗ liche Beleuchtung derselben unseren Lesern nicht unwillkommen seyn werde. An sich betrachtet, würde dieselbe für die gegenwärtige umfassende Recen⸗ sion schwerlich bedeutend genug erschienen seyn. Anm. d. Red.

des christlichen Staates bei Vielen liegt, den Mißverständnissen, den Vorurtheilen zu begegnen, denen er so häufig ausgesetzt ist, den falchen Ansprüchen und Folgerungen, die sich bei Anderen an denselben knüpfen, ist eine Aufgabe, die eines einsichtigen und wohlgesinnten Mannes würdig und zugleich nicht eben schwer zu lösen ist. Der Verfasser mochte immerhin davon ausgehen, daß dieser Ausdruck zu⸗ nächst „nichts anderes bezeichne, als daß die bei weitem größte Zahl der Bewohner dem christlichen Glauben angehöre“ (S. 4); nur durfte er nicht verkennen, daß eine solche „statistische Notiz“ nicht ohne Be⸗ deutung für den politischen Charakter eines Staates bleiben könne; denn wenn das gemeinsame Interesse eines großen Theils, z. B. der Engländer oder Holländer, ihrem Staate den politischen Charakter eines Handelsstaates giebt: warum sollte denn das gemeinsame christ⸗ liche Interesse des bei weitem größten Theils der Staatsbürger ohne Einfluß auf die Gestaltung ihres bürgerlichen Lebens bleiben? Wenn sich der Geist des Christenthums in allen Lebens⸗-Verhältnissen äußern muß, warum sollte man dies denn gerade in den politischen Verhält⸗ nissen vermissen, und nicht, wie die christliche Ehe von einer Muha⸗ medanischen, die christliche Baukunst von der Aegyptischen, so auch den christlichen Staat von dem des heidnischen Roms an den Aeuße⸗ rungen jenes Geistes in den Gesetzen und Einrichtungen des ersteren unterscheiden können? Es käme nur darauf an, entweder von der in ihrer Tiefe erfaßten Idee des Christenthums aus ihre nothwendige Einwirkung auf das Staatsleben zu verfolgen, der philosophische Weg, oder, auf dem geschichtlichen Wege, durch allseitige, gründ⸗ liche Betrachtung der eigenthümlichen Entwickelung des Staats, so wie der Familie, der Kunst, der Wissenschaft in dem neueren christ⸗ lichen Europa, gegen die der antiken Welt oder des Orients gehalten, die Einwirkung des christlichen Prinzips zum Bewußtseyn zu bringen; zu Beidem giebt es so viele und treffliche Vorarbeiten, daß dem Redner nur die Mühe der Auswahl und einer allgemein ansprechenden Darstellung bleibt. Würde sodann in Betracht gezogen, theils, in⸗ wiefern etwa die Anforderungen des Christenthums unrichtig aufgefaßt wären, z. B. die Erinnerung, daß unser Wandel, xoναέτεανμαμαα, im Himmel sey, als eine Ermahnung, uns aus dem bürgerlichen Getreibe gänzlich zurückzuziehen, theils inwiefern vielleicht die Staatsgewalt für Zwecke in Anspruch genommen worden, die mit geistigen Mitteln

ins Werk gerichtet seyn wollen, z. B. die Ausbreitung des Glau⸗ bens, die Bekämpfung des Irrthums: theils, inwiefern etwa ein

höherer Grad christlicher Durchbildung irrigerweise als Maßstab für eine in christlicher Vollkommenheit noch nicht so weit fortgeschrittene Zeit geltend gemacht wäre, z. B. wenn einige Sekten den bei allge⸗ mein verbreiteter christlicher Wahrhaftigkeit allerdings unnöthigen Eid schon jetzt abgeschafft wissen wollen, so dürften damit so ziemlich die Quellen der Irrthümer erschöpft seyn, die bei den falschen Fol⸗ gerungen aus dem Begriffe des christlichen Staates vorzukommen pflegen, und es würde anziehend seyn, einem Manne von Geist, Er⸗ fahrung und Belesenheit in einer solchen Entwickelung seiner Ansichten zu folgen, selbst wenn man mit diesen nicht einverstanden seyn könnte.

Ganz andere Wege hat jedoch der Verfasser einzuschlagen für gut gefunden. Aus einem seltsamen Grauen vor dem christlichen Staat, der mehr seyn will, als eine bloße „statistische Notiz“, sieht er zuerst in ihm das mittelalterliche Gespenst „jenes Bundes des Priesterthums und der Aristokratie“ (S. 5), was Manche unserer Zeit als Schreckbild vorzuhalten lieben; dasselbe Gespenst sieht er dann noch am hellen Taͤge des protestantischen Deutschlands bis zum Religions⸗-Edikte hin sein unheimlich Wesen treiben, bis ihm der Staat Friedrich des Großen und der Französischen Revolution zu verschwinden gebietet; mit gerechter oder wenigstens entschuldbarer Entrüstung tritt dieser der dunkeln Heimath des Gespenstes, dem Christenthume selbst, entgegen; unerwarteterweise aber zeigt sich, daß dieser das Christenthum bekämpfende, oder, was noch schlimmer seyn soll, gegen dasselbe indifferente Staat selbst ein christlicher, ja der wahrhaft christliche ist; denn der Verfasser macht die große Ent⸗ deckung, daß das Christenthum gar keine Religion sey, woraus denn freilich folgt, daß Jemand der Religion den Rücken kehren und dabei doch der beste Christ seyn kann. Dies ist im Allgemeinen der Gang, den der Redner nimmt; versuchen wir es, ihn auf demselben zu begleiten.

Zuerst also stellt er den Begriff des christlichen Staates im Mittelalter auf; nicht etwa, wie er von einem Schriftsteller des Mittelalters aufgefaßt und entwickelt worden (was freilich dem, der gern wüßte, ob und wie das Mittelalter selbst sich dessen bewußt war, das erwünschteste gewesen wäre, allerdings aber nicht leicht aus zuführen, weil in der That der ganze Begriff in dieser Fassung dem Mittelalter fremd war), auch nicht, wie er sich aus einer umfassenden historischen Betrachtung ergiebt, wobei der Einfluß des Christenthums auf alle Verhältnisse des bürgerlichen Lebens sorgsam erwogen und auf sein Prinzip zurückgeführt wäre; dem Verfasser steht eine Er⸗ kenntnißquelle zu Gebot, aus der sich leichter schöpfen läßt; es sind die gewöhnlichen Vorstellungen von dem eben so pfiffigen als herrsch⸗ süchtigen Klerus, der dem einfältigen Staat die Ehre, ein christlicher zu seyn, für den theueren Preis vollkommener Abhängigkeit und der reichen Ausrüstung der Geistlichkeit mit Macht und Besitz verkauft, indem er sich mit der Aristokratie zur Unterdrückung des Volkes ver⸗ bindet. Die Darstellung der Transactionen, wodurch dies Werk der Finsterniß vollzogen ist, ist nicht ohne ein gewisses dramatisches In⸗ teresse; schade nur, daß man sich wenigstens von der einen der han⸗ delnden Personen, dem Staate, der dem Papst und Klerus gegen⸗ übersteht, keine rechte Vorstellung machen kann, eben weil der Staat nichts Anderes als die Gesammtheit der sich zum Christenthum be⸗ kennenden, von christlichen Vorstellungen und Gefühlen durchdrungenen, mithin die Kirche in sich tragenden Bewohner war, denen gegenüber der Klerus keine Macht besaß, als welche ihr Gewissen demselben lieh. Doch ist die ganze Darstellung zu sehr nur um des Folgenden willen da, zur Vorbereitung des Effektes, den der christliche Staat des Religions⸗Ediktes auf den Leser machen soll, als daß es billig wäre, sie zu beurtheilen, als wenn sie für sich selbst Bedeutung hätte. Der Verfasser wendet sich zum christlichen Staat des Protestan⸗ tismus. Wer erwarten wollte, daß er die so durchgreifenden als einfach und klar ausgesprochenen Grundsätze, die über das Verhältniß der geistlichen und bürgerlichen Macht nicht blos von Luther, sondern von den protestantischen Bekenntnissen (z. B. der Augsburgischen Konfession) aufgestellt worden sind, nach ihrer Bedeutung entwickeln, daß er die völlige Umwandlung, die jenes Verhältniß in der Anwen⸗ dung erfuhr, indem, was die Abhängigkeit der einen von der der anderen betrifft, Staat und Kirche ihre Rollen ganz zu wechseln schienen, gehörig würdigen, daß er vielleicht die so sehr verschiedene Wendung, welche die Sache in verschiedenen protestantischen Ländern nahm, daß er z. B. die Kämpfe, die dadurch in England hervor⸗ gerufen wurden, berücksichtigen, die Theorieen, welche darüber auf⸗ gestellt wurden, nicht übergehen, den Einfluß, den unabhängig von allem bürgerlichen und Kirchen⸗Regiment das Christenthum auf die herrschenden Vorstellungen, Sitten, Verhältnisse der protestantischen Staaten übte, beachten und nachweisen würde; wer dies für die Haupt⸗Aufgabe dessen halten wollte, der den Begriff des christlichen Staats im Sinne des Protestantismus zu erörtern beabsichtigte, der würde seine Erwartung sehr getäuscht finden; mit einigen kühnen Sprüngen setzt der Redner über das Alles hinweg und ist plötzlich bei dem Religions⸗Edikt und dem aus diesem deduzirten Resultate,

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daß der christliche Staat des Protestantismus von dem des Mittel⸗ alters nicht wesentlich verschieden sey, ohne die Verwunderung, wie doch aus so entgegengesetzten Theorieen und Thatsachen das völlig gleiche Ergebniß habe hervorgehen können, nur eines Wortes werth zu achten. Doch sind wir froh, den Verfasser endlich auf einem Wege zu finden, wo er nicht blos nach aufgegriffenen Meinungen, sondern aus einem historischen Dokument eine urkundliche Rachweisang jenes Begriffes zu geben verspricht, und wollen uns daher auch nicht erst damit abmühen, den Grund zu entdecken, warum er gerade im Religions⸗Edikt von 1788 eine Haupt⸗Urkunde für seine Deduction zu finden glaubt (es dürfte nicht ganz leicht seyn, in dem Satze S. 12: „Dies Gesetz läßt uns die Gestalt, welche der christliche Staat des Mittelalters im gegenwärtigen Europa angenommen, um so sicherer erkennen, da das Edikt durch kein späteres Gesetz auf⸗ gehoben, sondern nur von Friedrich Wilhelm III. der öffentlichen Verachtung preisgegeben ist“, den durch die Wörtchen: um so da sondern, angedeuteten Zusammenhang zu entwickeln). Nur mußte, sollte der Versuch gelingen, die Auslegung dieser Urkunde eine gründlichere und unparteiischere seyn, als ihr zu Theil wird. Denn abgesehen von der Frage, ob, wenn das Religions⸗Edikt für eine der ersten Pflichten eines christlichen Regenten erklärt, in seinen Staaten die christliche Religion zu schützen, damit das Wesen des christlichen Staats erschöpft oder auch nur ausgedrückt habe werden sollen, so kann doch nur ein Ausleger, der nicht sowohl den Sinn eines Dokuments auszumitteln, als vielmehr Unsinn darin zu finden für seine Aufgabe hält, sich in einer Auseinandersetzung wie die S. 12 gefallen, nach welcher die Absicht, die Grundlehren des Chri⸗

S. stenthums in der Art, wie sie in den Symbolen der drei Haupt⸗ Konfessionen ausgesprochen sind, aufrecht zu halten, wegen der ab⸗ weichenden Bestimmungen derselben einen Widerspruch enthalten sollz es versteht sich doch wohl von selbst, daß hierbei entweder nur von dem allen drei Konfessionen gemeinsamen Glaubens⸗Inhalt die Rede seyn kann, oder von der Beaufsichtigung der Lehren, damit Jeder sich den Symbolen der Konfession gemäß verhalte, zu deren Dienste er sich verpflichtet hat. Daß eben nur dies, die Beaufsichtigung der Lehre, in der Intention des Religions⸗Ediktes lag, ist bekannt, und der Redner weiß es auch selbst so gut, daß er es demselben später (S. 21) hoch anrechnet, hierbei dem Grundsatz, daß der Staat nicht die Gesinnung zu inquiriren, sondern die That zu richten habe, zu viel eingeräumt zu haben; doch kann er hier (S. 13) nicht der Ver⸗ suchung widerstehen, von der Bestrafung Aller zu reden, die nicht glauben, daß drei eins seye und eins drei; stehts auch nicht im Edikt, so fällts doch gehässiger ins Ohr. Aber einen noch eklatan⸗ teren Belag der Kunst, doch nicht der Kunst, sondern der Dreistig⸗ keit im Unterschieben eines dem wahren geradezu entgegenge⸗ setzten Sinnes giebt der Redner gleich darauf, wenn er als Beweis von der „Bekleidung der Geistlichkeit mit wirklicher Macht“ die Worte des Ediktes anführt: daß kein Geist⸗ licher, Prediger oder Schullehrer der protestantischen Religion bei unausbleiblicher Cassation u. s. w. Irrthümer wider die Bibel und die anerkannten Symbole auszubreiten sich unterfangen solle. Auf so befangene Hörer oder Leser glaubte der Verfasser rechnen zu dürfen, daß sie eine gegen die Willkür der Geistlichen im Ge⸗ brauche ihrer Lehr⸗Autorität gerichtete Bestimmung für eine Beklei⸗ dung derselben mit wirklicher Macht zu halten sich sollten einreden lassen? Er muß doch wohl, sonst würde er wenigstens der Gefahr, daß man ihm gerade ins Gesicht lachte, ausgewichen seyn, und als Beweis der vom Religions⸗Edikt den Geistlichen verliehenen Macht nicht den Befehl der letzten Paragraphen (nach S. 14) angeführt haben, „daß der geistliche Stand geachtet werden und daß die Pre⸗ digersöhne unter gewissen Bedingungen vom Soldatenstande frei seyn sollten.“ Das also ist dem Redner schon zu viel, wenn der geistliche Stand in einem Staate geachtet wird! Freilich weiß er (obwohl das Edikt nichts davon sagt), daß man auch den Grund⸗ besitz desselben erweitert haben würde, wenn nicht zum Glücke da⸗ mals gerade das revolutionaire Frankreich mit dem physiokratischen Systeme experimentirt hätte. Und damit doch an dem Beweise der

Verwandtschaft des christlichen Staats der Protestanten mit dem Römisch⸗katholischen gerade der Zug nicht fehle, der zur Ein⸗

flößung eines heilsamen Schreckens der wirksamste zu seyn pflegt, der mittelalterliche Bund der Aristokratie und des Priesterthums, so wird die Lücke, die leider! hier das Religions⸗Edikt darbietet, aus dem „poetischen Traume der Romantik“ ergänzt (S. 15), obgleich der Verfasser es unnöthig findet, noch besondens zu zeigen, daß in der That im Religions⸗Cdikte derselbe Geist walte, wie in Tieck's

und Novalis' romantischen Dichtungen.

Das heißt doch Kunst der Interpretation, der Deduction! Erst wird aus Hierarchie und Aristokratie, aus Glaubenszwang und Ver⸗ folgung, aus Priestermacht und anderen der modernen Welt verhaß⸗ ten Ingredienzien der Staat des Mittelalters zusammengesetzt; dann wird dieser Popanz in das Religions⸗Odikt hineingetragen, und dies ist dann der christliche Staat des Protestovntismus wie des Mit⸗ telalters!

Diesem sogenannten christlichen Staat wird nun der Staat Friedrich's II. und des tiers-état, wie der Verfasser ihn nennt, ent⸗ gegengesetzt. Das Unterscheidende desselben soll darin bestehen, daß er auf der Idee der Unabhängigkeit und Selbstständigkeit des Staa⸗ tes basirt sey, daß letzterer nicht blos als Vorhalle der christlichen Kirche, sondern selbst als göttlicher Ordnung erkannt, daß der Gerechtig⸗ keit als solcher ein eigenthümlicher Werth beigelegt werde; dies ent⸗ deckt zu haben, wird als einer der größten Fortschritte des mensch⸗ lichen Geistes gepriesen. Dies zugegeben, würde diese Entdeckung doch nicht erst dem achtzehnten Jahrhunderte vorbehalten seyn; ste konnte schwerlich klarer ausgesprochen seyn, als dies in den Schriften der Reformatoren und den Symbolen der evangelischen Kirche G. B. im 28sten Artikel der Augsburger Konfession: von der Bischöfe Ge⸗ walt) geschehen ist. Um so gespannter muß man auf den Beweis seyn, wie die Idee der Gerechtigkeit und ihres selbstständigen Wer⸗ thes an sich zu Grundsätzen führen müsse, die denen des christlichen Staats im Sinne des Protestantismus, oder geradezu des Reli⸗ gions⸗Ediktes, widerstreiten. Denn eben als eine Forderung der Gerechtigkeit, sollte man denken, müsse es erscheinen, wenn eine Ge⸗ sellschaft, (so wollen wir die Kirche blos ansehen) die einem gewissen Glauben anhängt und ihn zu lehren Jemand angenommen hat, von diesem die Verkündigung gerade dieses und keines anderen Glaubens fordert, und in Verfolgung dieses Rechts vom Staate geschützt seyn will. Es war ja nicht der christliche, es war der heidnische Staat des alten Roms, der auf die Beschwerde der Christen den Paul von Samosate zwang, den Bischofssitz in Antiochien zu räumen weil er dem Glauben der Christen nicht gemäß lehre; und wie in diesem Falle Aurelian, scheint doch auch Friedrich der Große über das, was der Gerechtigkeit gemäß sey, gedacht zu haben, wenn er, obgleich, wie der Verfasser S. 16 erzählt, c. sich „noch nicht re⸗ solvirt“, zu welcher Kirche oder Partei er gehöre, für seine Unter⸗ thanen in Neuchatel doch allerdings resolvirte, daß, wenn sie einen Prediger, der ihrem Glauben zuwider die Ewigkeit der Höllenstrafen verwarf, zurückwiesen, ihnen dieser nicht aufgedrungen werden dürfe. Kurz, wenn „eine unversöhnliche Feindschaft 9214q dem des philosophischen Jahrhunderts „nd dem au 2 ge-ee Err men beschränkten Christenthume besrand (S. 167.