Verordunng, betreffend die zum Zweck einer Ausein⸗ andersetzung eingeleiteten Su⸗ bh asta 82e. 1284 Fvv-as mige als eine eben so gerechte wie wohlthätige Ergän⸗ zun gebung. 2ens Die Fecschn Abgeordneten der Städte hatte die Abstellung der Uebelstände zum Gegenstande, welche aus der bisher gesetzlichen Stei⸗ gerung der Gewerbesteuersätze, besonders bei den in Litt. A Steuern⸗ den folgen, indem namentlich die Steigung von 12 auf 18 Rthlr., eine so starke sey, daß die betreffenden Gewerbtrerbenden in vielen Fällen gezwungen wären, dieserhalb unter sich eine vom Gesetz nicht anerkannte Ausgleichung eintreten zu lassen.
Bei der Diskussion ward das Mißliche des bisherigen Verhält⸗ nisses anerkannt, indeß der Gegenstand insofern noch allgemeiner auf gefaßt, als man für alle diejenigen Klassen der Gewerbesteuer (in allen Abtheilungen) worin nach Mittelsätzen gesteuert wird, die Ein⸗ schiebung von Zwischensätzen für wünschenswerth erachtete.
Dem hiergegen erhobenen Bedenken, daß eine noch größere Ver⸗ vielfältigung der Steuerstufen die Einschätzung nur noch schwieri⸗ ger machen werde, und ein Gewerbebetrieb, der von einem höheren als dem Mittelsatze betroffen werden müsse, zu einer minutiösen Ein schätzung überhaupt nicht geeignet sey, vielmehr hier durch die stärkere Steigerung den geringeren Gewerbtreibenden eine zweckmäßige Er⸗ leichterung gewährt werde, gab die Versammlung in Betracht des ganz unzweifelhaft hervorgetretenen praktischen Bedürfnisses keine Folge, sondern faßte dahin Beschluß, daß gebeten werden solle, eine Steige⸗ rung nach folgenden Sätzen, 8 Rthlr., 10 Rthlr., 12 Rthlr., 14 Rthlr., 16 Rthlr., 18 Rthlr. eintreten zu lassen, also die Sätze 10 Rthlr., 14 Rthlr., 16 Rthlr. als neue Zwischenstufen einzuschieben.
Der übrige Theil der Sitzung ward ausgefüllt mit einer Erör⸗ terung über die Verhältnisse des ständischen Hauses.
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Pprovinz Schlesien. Breslau, 12. April. In der Sitzung am 4. April begannen die Berathungen über die Allerhöchste Proposition I. den Entwurf des Strafgesetzbuches und wurden bis zum 6. April fort— gesetzt.
Was die Redaction des Gesetz⸗Entwurfs betrifft, so hat es die Versammlung bedauert, in demselben kein in sich abgeschlossenes Ganze erkennen zu können, indem sich fast in jeder Materie Verweisungen auf Spezial⸗Verordnungen finden. Die Kenntniß des gesetzlichen Zu⸗ standes wird dadurch erschwert, und doch ist diese Kenntniß bei der Strenge des §. 5, nach welchem Unbekanntschaft mit dem Strafgesetz dem Verbrecher nicht zur Entschuldigung gereichen soll, von höchster Wichtigkeit. Es erscheint wünschenswerth, entweder die Bestimmun⸗ en solcher Spezial-⸗Verordnungen in den Kontert des Gesetzbuches felbs aufzunehmen oder aus denselben einen Anhang zu dem Straf⸗ gesetzbuch zu bilden, und man beschloß in dem von Sr. Majestät dem Könige über diese Allerhöchste Proposition geforderten Gutachten, den Wunsch einer größeren Konzentrirung des Strafgesetzbuches auszu⸗ sprechen.
Der zweite Abschnitt des ersten Titels handelt von den Strafen im Allgemeinen, und führt dieselben im §. 8 einzeln auf. Für Bei⸗ behaltung der Todesstrafe hat sich die Versammlung erklärt, dagegen gegen jede Verschärfung derselben. Die zur Berathung gestellte erste Frage: Soll die Todesstrafe nur durch Enthauptung vollstreckt wer den, ist zwar bejaht, allein dabei beschlossen worden, die Vollstreckung dieser Strafe durch das Fallbeil, als einer sicheren und schon in einem Theil der Monarchie geltenden, für zweckmäßiger anzuerkennen. Es
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wurde ferner beschlossen, in dem abzugebenden Gutachten den Wunsch auszusprechen: daß Maßregeln getroffen werden könnten, um die
Deportation unter die Strafarten aufgenommen zu sehen.
Nach §. 20 des Gesetz⸗Entwurfes darf keine zeitige Freiheits- strafe die Dauer von 25 Jahren überschreiten. Die Frage: ob die Strafe der körperlichen Züchtigung beizubehalten sey? ist bejaht wor⸗ den, die Beschränkung derselben auf Personen männlichen Geschlechts erschien aber nicht hinlänglich gerechtfertigt, da es unbestritten, daß die Bosheit der Gesinnung bei Frauenspersonen, wenn auch in sel⸗ teneren Fällen, doch den höchsten Grad erreichen kann. daher dafür gestimmt, daß diese Strafe auch bei Personen weib⸗ lichen Geschlechts Anwendung finden könne.
In dem ersten Titel des zweiten Theils: von den einzelnen Verbrechen und deren Strafen, macht sich nach §. 141 des Hochverraths ein Preußischer Unterthan schuldig, welcher es unter⸗ nimmt: 1) das Leben oder die Freiheit des Königs zu gefährden;
2) das Königliche Haus, den König oder den Thronfolger zu ver⸗ drängen, oder die Thronfolge zu verändern; 3) das Staatsgebiet ganz oder theilweise der Herrschaft des Königs zu entziehen, oder 4) die Staatsverfassung gewaltsam zu ändern. Da nach §. 142 auch derjenige Preußische Unterthan einen Hochverrath begeht, wel⸗ cher es unternimmt, auf gewaltsame Weise den Deutschen Bund auf⸗ zulösen, die Bundesverfassung zu ändern oder das Bundes gebiet zu verkleinern, wurde beschlossen, in dem zu erstat tenden Gutachten die Bitte auszusprechen: diese Bestimmung nur im Falle der Reciprozität eintreten zu lassen, so lange der Deutsche Bund nicht als ein politischer Körper konstituirt sey, weil, wenn nicht Gegenseitigkeit in Betreff dieser Vorschrift obwalte, die Preußischen Unterthanen exzeptionell nachtheiliger beurtheilt werden würden, als ddie anderer Bundesstaaten, in welchen diese Vorschrift nicht besteht. Der §. 144 bestimmt für den Hochverräther Todesstrafe und setzt zugleich fest, daß in dem Fall, wenn ein Angriff zum Zweck dieses Verbrechens verabredet worden, es aber noch nicht zur Unternehmung desselben gekommen ist, diejenigen Theilnehmer, welche nicht zu den Anstiftern oder Rädelsführern gehören, mit 10jähriger bis lebens wieriger Zuchthaus⸗Strafe belegt werden sollen. Diese letztere Straf bestimmung erschien darum zu hart, weil Zuchthaus⸗ Strafe nur für Verbrechen angeordnet werden soll, in denen sich eine Verleugnung des Ehrgefühls oder ein hoher Grad von Bosheit zu erkennen giebt, beide Voraussetzungen aber bei Theilnehmern an dem genannten Ver brechen, namentlich in Beziehung auf Nr. 4 des §. 141, oft nicht stattfinden. Das häusigere und wahrscheinlichere Motiv ist eine aus mangelnder Erfahrung hervorgegangene irrige überspannte Ansicht von dem Begriff des Staates und den Pflichten gegen denselben, daher diese Art Verbrechen häufig von jungen unerfahrenen Männern begangen wer den. Verbrechen, aus solchen Ansichten hervorgegangen, verdienen Strafe, selbst harte Strafe, aber keine entehrende. Hochherzige Monarchen haben dies erkannt und Amnestieen für politische Verbrechen bewilligt. Dies schöne Vorrecht der vollständigen Begnadigung würde durch jene Straf⸗
bestimmung aufgehoben, denn die Hand der Gnade kann Fesseln lösen und den härtesten Kerker öffnen, aber nicht das Brandmal der Ehr⸗ losigkeit verlöschen. Man vereinigte sich zu dem Antrage, die Zucht⸗ ausstrafe in dem im §. 144 erwähnten Fall nicht eintreten zu lassen, indem dem hohen Gesetzgeber anheimgestellt bleiben muß, welche an⸗ dere nicht entehrende Strafe statt derselben angeordnet werden soll. Gleiche Ansichten haben auch gegen die im §. 145 den, welcher öffent⸗ lich durch Rede oder Schrift zu einem hochverrätherischen Angriff auf⸗ fordert, wenn diese Aufforderung die Unternehmung des Angriffs nicht zur Folge hat, auch nicht in Folge einer Verabredung geschehen ist, angedrohte zehnjährige oder lebenswierige Zuchthausstrafe stimmen
lassen. öö.
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Es wurde
Von den in den letzten Plenar⸗Sitzungen zur Berathung gekom⸗ menen Petitionen wurden nachstehende berü⸗ cksichtigt:
1) die Petition einer städtischen Kommune wegen zeitgemäßer Revision des Gesetzes vom 8. August 1750, betreffend die Stolä⸗ Tar⸗Ordnung für das Herzogthum Schlesien. 2) Die Petition eines ritterschaftlichen Abgeordneten aus der Ober⸗Lausitz, wegen Erlaß einer gesetzlichen Bestimmung, nach welcher die baaren Auslagen in den Untersuchungssachen, in welchen Angeschuldigte die wider sie erkannten, den Privat-Jurisdictionen nicht anheimfallen den Geldstrafen ganz oder theilweise zahlen, zur Berichtigung der Untersuchungs⸗Kosten aber unvermögend sind, aus den gezahlten Strafbeträgen zu erstatten sind. 3) Die Petition desselben Abge ordneten, um eine vor Beendigung der allgemeinen Gesetz⸗Revision zu erlassende Verordnung, worin den Justiz⸗Kommissarien die Be⸗ fugniß beigelegt wird, Prozesse und überhaupt Geschäfte jeder Art vor allen und jeden Gerichten der Monarchie als Bevollmächtigte und Assistenten der betheiligten Parteien betreiben zu dürfen. 4) Die Petition eines Abgeordneten aus dem Stande der Städte für die Schiffsmannschaften Wanderbücher wie bei den Handwerks⸗Gesellen einzuführen. 5) Die Petition eines Hausbesitzers in einer städtischen Kommune, betreffend die Nachtheile der öffentlichen Holz⸗ Auction in den Königlichen Forsten für ärmere Volks klassen. 6) Zwei Petitionen von Mitgliedern der Stände Ver⸗ sammlung aus dem Stande der Ritterschaft und der Städte, be⸗ treffend die Amortisation der Schlesischen Pfandbriefe, in Folge deren beschlossen wurde, bei Sr. Majestät dem Könige zu befürworten: Die Revision des jetzigen Amortisations⸗Systems Allergnädigst veranlassen zu wollen, weil dasselbe, aus dem volkswirthschaftlichen Gesichtspunkt betrachtet, für ein Beförderungsmittel der provinziellen Wohlfahrt nicht anzusehen ist. 7) Die Petition eines Abgeordneten aus dem Stande der Städte, wegen Fürsorge des Staates für die hinterbliebenen ver storbenen Invaliden.
Nicht berücksichtigt konnten werden: 1) Zwei Petitionen eines Gutsbesitzers aus der Ober⸗Lausitz und eines Elementarlehrers wegen Anstalten zur Erziehung sittlich verwahrloseter Kinder, indem zwar der Nutzen solcher Anstalten nicht verkannt werden kann, der Ausführung aber sich mehrfache schwer zu beseitigende Hindernisse entgegenstellen. 2) Petition eines Elementar -Ober⸗Lehrers, betref fend die sichersten Mittel zur Vertreibung der Raupen. 3) Die Pe tition zweier Justiz⸗Kommissarien und Notarien: die Aufhebung der in der Gerichts⸗Ordnung Th. 3 Tit. 7, §. 45 bis 75 enthaltenen Vor⸗ schriften über die Form der Notariats Instrumente nachzusuchen und zu bitten: in den Provinzen, in welchen die Allgemeine Gerichts⸗Ordnung Gesetzkraft hat, den mit Zuziehung der Zeugen aufgenommenen No⸗ tariats⸗Protokollen öffentlichen Glauben, den Notarien aber die Be fugniß beizulegen, diese Protokolle gleich den gerichtlichen Urkunden auszufertigen und Extrakte aus denselben mit öffentlichem Glauben zu ertheilen. 4) Die Petition eines Abgeordneten aus dem Stande der Landgemeinen, wegen Verlegung des Martini⸗Getraidezins⸗Termins auf den 1. Dezember. 5) Die Petition des Bürgers einer städtischen Kommune wegen Schutz gegen vermeintliche Bedrückungen durch Beam ten⸗Willkür. 6) Die Petition eines Abgeordneten aus dem Stande der Städte wegen Aufhebung der Gewährung des Natural Quartiers für kom⸗ mandirte Offiziere. 7) Die Petition von 887 Wassertriebwerks⸗Besitzern we — gen Befürwortung ihrer Immediat⸗Vorstellung, den Gesetz Entwurf lber die Benutzung der Privatflüsse betreffend. 8) Die Petition des Müllermittels zu Freiburg, das Berieselungs⸗Gesetz betreffend. 9) Die Petition einiger Abgeordneten des Görlitzer Wahl⸗Bezirks, wegen Aufhebung des in der Ober⸗Lausitz gültigen Ober⸗Amts⸗Patents vom 18. August 1727. 2
Bei der Abstimmung über die Petition der Kaufmanns⸗-Aeltesten einer städtischen Kommune, betreffend die Suspension des Gesetzes über Benutzung der Privatflüsse für die Provinz Schlesien, wurde die Frage: Soll Se. Majestät der König gebeten werden, das Ge setz vom 28. Februar 1843 für Schlesien zu sistiren? mit 41 bejaht und mit 45 Stimmen verneint. In Folge dieser Abstimmung trüug der Stand der Städte und Landgemeinen mit der gesetzlichen Mehr heit von 2 Drittheilen auf itio in partées an.
Zeitungs-Nachrichten.
Ausland Frankrei ch.
Pairs⸗Kammer. Sitzung vom 10. April. Zu An⸗ fang der heutigen Sitzung erstattete der Baron Feutrier Bericht üiber eine Bittschrift, in welcher darauf angetragen wird, der Gefan genschaft des Infanten Don Carlos ein Ende zu machen. Die Kommission schlägt die Tagesordnung vor. Der Vicomte Dubou sage sagt: Don Carlos sey wahrhaft ein Gefangener in Bourges. Ein Beweis dafür sey, daß er keine andere Stadt Frankreichs be⸗ wohnen dürfe. Er verlange, daß der Infant mit mehr Rücksicht be⸗ handelt, und in dieselbe Lage versetzt werde, wie alle anderen politischen Flüchtlinge. Schließlich trug der Redner auf die Verweisung der Bittschrift an den Conseils⸗Präsidenten an. Der Graf von Murat machte bemerklich, daß der Gegenstand der Petition wesentlich zum Ressort der Regierung gehöre, und unterstützte aus diesem Grunde die von der Kommission vorgeschlagene Tagesordnung. Marquis von Boissy meinte, daß die Regierung wohl über die Art, wie subal⸗ terne Agenten sich gegen Don Carlos benähmen, nicht unterrichtet sey. Jener Prinz werde auf alle mögliche Weise belästigt, und er könne nicht vor die Thüre gehen, ohne daß Gendarmen ihn beglei⸗ teten, und Polizei⸗Agenten ihm folgten. Herr Guizot erklärte, daß Don Carlos mit all' der Rücksicht und all' der Achtung behan⸗ delt werde, auf die ein Enkel Ludwig XIV. Anspruch machen könne. Aber Frankreich habe schon viele Opfer gebracht, um dem Bürgerkriege in Spanien ein Ende zu machen, und es würde nichts thun, was zum Wie⸗ derausbruche desselben beitragen könne. Der Vicomte Dubousage billigte es, daß die Regierung eine strenge Neutralität zwischen den verschiedenen Parteien in Spanien beobachten wolle; aber dies sei ein Grund mehr, um Don Carlos nicht mit größerer Strenge zu be⸗ handeln, als jeden anderen Flüchtling. Der Marschall So ult sagte, daß die Verweisung der Bittschrift an den Conseils⸗Präsiden⸗ ten zwecklos sein würde, da Don Carlos sicherlich nicht als Gefan⸗ gener in Bourges gehalten würde; er könne sich überall frei ergehen. Die Berichte der Gendarmerie, die den Dienst in Bourges hätte, enthielten nichts, was zu dem Glauben veranlassen könnte, daß man es in irgend etwas an der schuldigen Achtung gegen den Infanten fehlen lasse. Die von der Kommission vorgeschlagene Tages⸗ ordnung ward hierauf mit großer Majorität genehmigt.
Paris, 10. April. Die Nachricht von der nahen Vorlage eines Gesetz⸗-Entwurfs über die Emancipation der Sklaven in den Französischen Kolonieen fängt die Pariser Blätter zu beschäftigen an, die, so weit sie sich jetzt geäußert, die betreffenden Propositionen nicht eben unterstützen
zu wollen scheinen. Die ministeriellen Journale haben indeß noch keine aIEZ1““
be *
Details über die Intentionen des Herrn Guizot veröffentlicht. Heute findet in den Tuilerieen eine Sitzung des Minister⸗Rathes statt, der, wie es heißt, den von dem Herrn von Broglie ausgearbeiteten Eman⸗ cipationsplan einer nochmaligen Erörterung unterziehen soll. Unter den Deputirten scheint die Meinung vielen Anklang zu finden, daß der Augenblick nicht günstig sey, um von dem Lande ein so großes Geldopfer, wie zur Entschädigung der Eigenthümer von Sklaven nö⸗ thig wäre, zu fordern.
Es kommt neuerdings das Gerücht in Umlauf, daß eine Amnestie
aus Anlaß des bevorstehenden Namensfestes des Königs ertheilt werden solle.
Auf dem Schlosse von Fontainebleau sind alle Vorbereitungen
für die Vermählung der Prinzessin Clementine beendet. Die Appar tements im Palaste von St. Cloud, welche das neuvermählte Paar beziehen wird, sind mit großer Pracht ausgestattet. Der Prinz von Sachsen⸗Koburg und seine Gemahlin, die Prinzessin Clementine, werden bis zum Juli in St. Clond verweilen und dann eine Reise nach Deutschland und Belgien machen.
Graf Pontois, der Französische Botschafter bei der Ottoma⸗ nischen Pforte, hat sich am 6ten zu Marseille nach Italien ein geschifft.
Börse vom 7. April. An der Börse zeigte sich heute große Schwäche in den Französischen Renten, die einigen Rückgang erlitten. Man verbreitete das Gerücht von einer nahe bevorstehenden theilweisen Modification des Kabinets. Von Haiti treffen immer schlimmere
Berichte ein; die Effekten des Anlehens dieser Republik sind auf 580
gewichen.
= Paris, 10. April. Während der Englische Abgesandte, Herr Ellis, wie es scheint *), zu Rio Janeiro seine Unterhandlungen wegen Erneuerung des Handels⸗Vertrags zwischen England und Bra⸗ silien nicht zu dem gewünschten Ziele zu führen vermochte, weil Bra⸗ silien für die Einfuhr seines Zuckers in England und dessen Kobonieen dieselben Bedingungen verlangte, unter welchen der Englische Zucker
selbst aus Ostindien, namentlich in Großbritanien, eingeführt wird, ein
Zugeständniß, welches zu machen Herr Ellis nicht bevollmächtigt war und wozu England wohl überhaupt nur unter einer einzigen Bedin gung sich vielleicht entschließen würde, nämlich, daß Brasilien sich da gegen anheischig machte, die Sklaverei der Neger auf der ganzen Ausdeh nung seines Gebiets abzuschaffen, während also Herr Ellis, aller Wahr⸗ scheinlichkeit zufolge, demnächst unverrichteter Dinge den Rückweg nach England antreten wird oder vielleicht in diesem Augenblicke schon angetreten hat, lauten dagegen die letzten Nachrichten über die von dem Französischen Minister, Baron von Langsdorff, angeknüpften Un terhandlungen zu dem Zwecke des Abschlusses eines Handels⸗Vertrags zwischen Frankreich und Brasilien durchaus günstig, und sagen, daß diese Unterhandlungen vom vollständigsten Erfolge begleitet seyen. Jedoch wird hinzugefügt, das Brasilianische Kabinet, wie günstig es auch für das Zustandekommen lebhafterer Handels⸗Verbindungen mit Frankreich gestimmt sey, wolle doch vorläufig die Sache noch nicht zu einem definitiven Abschlusse bringen, sondern erst abwarten, welche Entscheidung die Französischen Kammern über das von der Regierung vorgelegte Gesetz in Betreff der Zucker-Frage treffen würden, da von dieser allein das Maß der Begünstigungen abhängt, welche Frank reich an Brasilien als Entgegnung für die von demselben zu machen den Zugeständnisse gewähren kann. Als Herr von Langsdorff seine Reise nach Rio Janeiro antrat, glaubte man, diese Entscheidung werde nicht so lange mehr auf sich warten lassen, und nach dem damaligen Stande der Meinung fast aller bei der Frage be⸗ theiligten Parteien glaubte man annehmen zu dürfen, sie werde im Sinne der Regierung und zu Gunsten des Kolonial Zuckers ausfallen. Nun sind aber an drei Monate verflossen, seit der Gesetz-Entwurf vorgelegt ist, die zur Prüfung desselben ernannte Kommission hat Sitzungen auf Sitzungen gehalten, von allen Seiten Erkundigungen eingezogen und endlich mit Verwerfung der Idee des Rückkaufs der Rübenzucker⸗Fabriken zu einem System sich hingeneigt, welches nur die Rübenzucker⸗Fabrikanten allein, sonst aber Niemand befriedigt, weil nur deren Interesse allein dadurch wahrgenommen wird. Aber selbst der offizielle Bericht der Kommission, der dieses System zur Oeffentlichkeit bringen, und den darüber bereits mitge⸗ theilten Angaben den Stempel der Aechtheit aufdrücken soll, ist noch nicht einmal erschienen, und wird nach der Erklärung des Berichter statters in der vorgestrigen Kammersitzung selbst noch einige Wochen auf sich warten lassen. Hoffentlich wird die Kammer, wenn endlich dieser Bericht das Tageslicht erblickt haben wird, nicht eben so lange warten mit der Diskussion der Frage und Beschlußfassung darüber, sonst möchte die Geduld des Brasilianischen Kabinets auf eine etwas harte Probe gestellt und der durch die Wendung, welche die Frage hier genommnen hat, ohnedies sehr bedrohte Erfolg der Unterhandlungen des Herrn von Langsdorff vollends in Gefahr kommen. In der That ist nicht abzusehen, was Frankreich Brasilien für Begünstigungen für die Ein fuhr seines Zuckers soll gewähren können, wenn die Rübenzucker⸗Fa brication in einer solchen Stärke fortbestehen soll, wie sie ihr das System der Kommission der Deputirten⸗Kammer zu sichern bemüht ist, und es dürfte also leicht der Fall eintreten, daß die Französische Presse, welche jetzt ihre Freude über das Mißlingen der Englischen Bemühungen zu Rio Janeiro auf alle Weise an den Tag legt, in einen zu frühen Jubel sich ausgelassen hätte und der hinkende Bote auch für Frankreich hintennach käme. Denn England, welches den Stand der Dinge in der Zucker⸗Frage Frankreichs, ungeachtet der scheinbaren Theilnahmlosigkeit seiner Presse, mit größter Aufmerksam⸗ keit verfolgt, und die wahre Bedeutung derselben recht wohl zu wür⸗ digen weiß, wird auch je nach dem Ausgange derselben nicht verfehlen, daraus für sich selbst den möglichsten Nutzen zu ziehen, und am Ende in Brasilien doch noch zu erreichen, was ihm für den Augenblick noch nicht gelungen ist. 28 Die von der Regierung niedergesetzte Kommission zur Untersuchung der Verhältnisse der Kolonieen überhaupt und Stellung geeigneter Anträge zur Verbesserung der Lage derselben, hat, dem Vernehmen nach, dem Minister der Marine und der Koloniecen ihren Bericht er⸗ stattet, und deren Vorschläge sollen im Wesentlichen dahin gehen, daß die Regierung zwei Gesetz Entwürfe an die Kammern bringen möge deren einer zum Zwecke hätte, die Institution der Kolonial-Räthe gänzlich abzuschaffen, und eine Vertretung der Kolonieen in der Pairs und Deputirten⸗Kammer selbst und direkte durch Zulassung von Ver⸗ tretern derselben, die aus der Mitte der Steuerpflichtigen daselbs hervorgehen würden, ins Leben zu rufen; der andere Gesetz⸗Entwurf würde die Emancipation der Sklaven betreffen. Ueber die Weise, in welcher diese durchzuführen wäre, vernimmt man Folgendes: Dieselbe würde stufenweise vor sich gehen, und vermittelst einer Entschädigung, deren auf 6 Millionen in 4 proc. Refitrn festgesetzter Betrag bestimmt wäre, zum Vortheile der Pflanzer kapitali
*) Wir erinnern hier daran, daß ganz neuerlich der ministerielle Standard auf eine in der Liverpool⸗Times gegebene Nachricht über das Mißlingen der Verhandlungen mit Brasilien sich zu bemerken veranlaßt sah, daß im Gegentheil diese Verhandlungen den erwünschten Fortgang haͤtten. (Vergl. St. Ztg. Nr. 104.) ee nachstehenden Aeußerungen unseres Korrespondenten, blos als den i Parie über die Sache herrschenden Ansichten entsprechend, vorläufig auf sich be⸗ ruhen lassen. Anmerk. der Red.
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Vereinigten Staaten.
Wir müssen also die
sirt, später nach Ablauf der Uebergangs⸗Periode unter sie vertheilt zu werden, je nach Maßgabe der Auzahl lebender Skla⸗ ven, welche alsdann jeder von ihnen besitzen würde. Die Dauer der Uebergangs⸗Periode ist auf zehn Jahre angesetzt, und während der⸗ selben würde zwar die Sklaverei für die betreffenden Individuen im Allgemeinen fortdauern, aber theilweise Verbesserungen für sie, na⸗ meutlich in Bezug auf ihre Behandlung in den Werkstätten, einge⸗ führt werden. Der Vollzug und die Ueberwachung der betreffenden Vorschriften und Anordnungen zu diesem Zwecke würde der Magi⸗ stratur der Kolonieen übertragen werden. Nach Ablauf der benannten zehn Jahre aber soll die Sklaverei in allen Französischen Be⸗ sitzungen vollkommen abgeschafft und den Pflanzern die ihnen bestimmte Entschädigung ausgezahlt werden. Es würde jedoch ausdrücklich von Seiten der Verwaltung angeordnet, daß die neuen Freigelassenen in den großen Pflanzungen zu verbleiben haben, gegen einen ebenfalls von der Verwaltung selbst festzusetzenden Tagelohn, um so den über⸗ triebenen Anforderungen vorzubeugen, welche z. B. die freigelassenen Sklaven in den Englischen Kolonicen an die Pflanzer stellten, nachdem sie in den Stand freier Arbeiter eingetreten waren.
Auch soll die Rede davon seyn, die Verwaltung der Kolo⸗ nieen ganz dem Marine =Ministerium abzunehmen und dagegen dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten zuzuweisen. Gewichtige Stimmen aber sprechen sich vielmehr für die Er richtung eines eigenen Ministeriums der Kolonieen aus, das sich dann ausschließlich mit den Angelegenheiten dieser zu befassen hätte und jetzt, wo zu den Antillen und Bourbon, dann den Niederlassun gen am Senegal und in Pondichery auch noch Algier und die Mar⸗ quesas- und Gesellschafts⸗Inseln hinzugekommen sind, sicherlich der Beschäftigung vollauf hätte. Aber bevor noch Regierung und Kam⸗ mern dieser Angelegenheit ihre Aufmerksamkeit im vollen Maße zu wenden können, muß das Zuckergesetz erst abgethan seyn, welches mit den erwähnten Fragen gleichfalls im innigsten Zusammenhange steht. Erst wenn diese Frage eine desinitive Regelung erhalten hat, kann man ernstlich daran denken, auch mit den anderen sich zu befassen.
80 Paris, 10. April. Die von einigen Blättern besprochene Nachricht, daß unsere Regierung mit der Idee umgehe, die so lange versprochene Sklaven⸗Emancipation in den Französischen Kolonieen in Ausführung zu bringen, hat ihre Richtigkeit. Jedoch ist die Sache noch nicht so weit vorgeschritten, wie einige Tagesblätter ver sichern, die sogar die Grundzüge des betreffenden Gesetz Entwurfes zu kennen behaupten. Die Regierung will erst noch die Meinung der Abolitionisten und der Delegirten der Kolonieen vernehmen, bevor sie in Betreff der Art und Weise, wie die Emancipation am leichtesten zu be⸗ werkstelligen wäre, einen definitiven Entschluß fassen wird. Es genüge, vor der Hand zu wissen, daß die Französische Regierung, dem Prinzip nach, die Sklaven⸗Emancipation zu proklamiren fest entschlossen ist, und zwar so, daß die Delegirten der Kolonieen schon Himmel und Erde in Be wegung setzen, um die Absichten des Kabinets zu vereiteln. Traurig ist es, zu sagen, daß die Pariser Presse im Durchschnitt schon für die Interessen der Kolonieen gegen die Emancipation gewonnen ist; das Journal de Commerce enthält bereits in seiner heutigen Nummer einen Artikel dieser Art. Der ministerielle Globe, welcher eine starke Geld⸗Unterstützung von den Kolonieen erhält, ist der Koryphäe des Widerstandes gegen die Sklaven⸗Emancipation, und sogar die Presse und das Journal des Débats scheinen einer gewissen Konnivenz gegen die Umtriebe der Pflanzer nicht fremd bleiben zu wollen. Eine solche Coalition der liberalen und der konservativen Presse gegen das lobenswertheste Projelt, welches je von irgend einem Kabinet ausge hen könnte, zeugt von der Unmöglichkeit, in welcher sich die Regie rung befindet, das Gute hier zu Lande zu bewirken, sobald die Privat⸗ Interessen darunter leiden könnten.
Herr von Lamartine, scheint es, will sich dagegen an die Spitze der Emancipations⸗Freunde stellen, um die menschenfreundlichen Zwecke der Regierung zu fördern. Die Delegirten der Kolonieen haben sich an ihn gewendet, um durch eine Art Kompromiß die Epoche der Emancipation zu vertagen. Sie versprachen ihm, sich seinen Be⸗ dingungen unterwerfen zu wollen, wenn er nur neutral bleiben wolt. Herr von Lamartine hat ihnen geantwortet, daß, sobald es sich um die Vertheidigung der leidenden Menschheit handele, ver nur sein Gewissen zu befragen pflege, weshalb es verlorene Mühe wäre, ihn von einem Vorhaben abbringen zu wollen, welches er von jeher als seine heiligste Pflicht betrachtet, nämlich der Verfechter der Emaneipation zu seyn und zu bleiben.
Es sind bei Hofe heute Nachrichten angekommen, welche melden, daß der Herzog von Sachsen⸗Koburg⸗Kohary, Bräutigam der Prin⸗
zessin Clementine, nicht vor dem 16ten l. M. wird in Paris eintreffen
können. Die Vermählung bleibt fortwährend auf den Losten festge setzt. Von der Ausstellung des Brautschmuckes in den Appartements des Palais⸗Royal, wie die Pariser Blätter angeben, ist keine Rede.
Wahr ist indessen, daß die hohe Braut am Vorabend ihrer Vermäh lung in dem Palais⸗Royal bei dem zum Besten der Einwohner von
Guadeloupe am 18ten l. M. beginnenden öffentlichen Verkauf mit als Verkäuferin erscheinen wird. n Grossbritanien und Irland.
Unterhaus. Sitzung vom 6. April. Indem Herr C. Buller seinen Antrag zu Gunsten der Befördernng des Aus vwanderns und eines erweiterten Colonisations⸗Systems entwickelte, ging er davon aus, daß das Elend und die Noth des Landes sich nicht ableugnen ließen, und daß die bisher dagegen gebrauchten Mittel nur Palliative wären. Ueber die Ursachen ließ er sich in gro⸗ zer Ausführlichkeit vernehmen.
„Ich gebe zu“, sagte der Redner, „daß eine Reihe von schlechten lerndten, Veränderungen in den diplomatischen Verbindungen mit dem Auslande, die Zerrüttungen des Geldwesens, vorzüglich in den Vereinigten Staaten, und die Ueberproduction und Ueberspeculation dieses Elend her⸗ orgehracht haben; ich gebe ferner zu, daß bei dem Nichtvorhandenseyn
jener Ursache dies Elend wenigstens nicht diese furchtbare Höhe erlangt ha⸗ ben würde. Doch scheint es mir, daß jene Ursachen nur temporair sind,
iud also nicht hinreichen, um das Elend ganz zu erklären; es muß viel⸗ nehr noch permanente Ursachen geben, welche weit mehr dazu beitragen. So z. B. kann Ueberproduction nicht die Ursache seyn, da man trotz dessen eue Maschinen baut und neue Wagren⸗Vorräthe anhäuft; überdies ist eberproduction selbst eine Wirkung des Elends. Man sehe nur auf die Die Handelsgeschichte derselben seit 1830 bietet nur eine Reihe von kommerziellen Krisen dar, furchtbarer, als je in England. Sind aber dadurch Arbeiter brodlos geworden? Hat dort eine große Nie dergeschlagenheit unter den Massen geherrscht? Hat sich dort jenes Elend gezeigt, wie hier? Hat dort ein Demagoge die Regierung so angegriffen, wie hier durch die Hinweisung auf das Elend in Stockton und Bolton? Allerdings hat der Sturm in den Vereinigten Staaten schreckliche Spuren hinterlassen, aber nie ist der Zustand der großen Masse des Volks so davon berührt geworden. Mir scheint die wahre Ursache des herrschenden Elends in der beständigen Beschränkung des Kapitals und der Arbeit auf ein begränztes Feld zu liegen. Seit dem Frieden haben sich Kapitalien und Arbeitkräfte jährlich angehäuft, aber das Feld ihrer Thätigkeit bleibt immer dasselbe. Die Klage über Geschäftslosigkeit herrscht unter allen Ständen, unter den Landleuten, Arbeitern, Handwerkern, Kaufleuten; dadurch werden die Preise so sehr herabgedrückt, daß z. B. ein Dutzend Hemden für 10 Pee. verfertigt werden; 15,000 Putzmacherinnen arbeiten in London für den niedrigsten Lohn in den ungesundesten und engsten Zim
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465 mern 12 bis 14 Stunden des Tages, wodurch sie zu Dutzenden an der Schwindsucht sterben oder unheilbar erblinden. In Irland ist es noch ärger; es läßt sich nachweisen, daß dort 2 Millionen Menschen wenigstens 30 Wochen im Jahre geschäftslos sind. Auch im Schottischen Hochlande ist das Elend im Zunehmen. Ganz anders ist es in Amerika. Die Fabrik mädchen von Lowell z. B. haben alle Geld in den Sparkassen, und wenn die Fabrik eingeht, so begeben sie sich in eine andere Fabrik oder mit ihren Ersparnissen in ihr älterliches Haus. Geschieht das aber hier, so können sie nur schwer Arbeit finden und liegen ihren Aeltern oder der Gemeinde zur Last. Eine andere nicht minder beachtenswerthe Ursache ist die unendliche Vertheilung der Arbeit, wodurch der Arbeiter gezwungen wird, sich immer nur auf ein spezielles Fach zu legen; die geringste Modenveränderung macht ihn nicht nur brodlos, sondern auch unfähig, auf andere Weise sich seinen Unterhalt zu erwerben. Eine fernere Ursache des schweren Druckes liegt nicht in der relativen Vermehrung und Vergrößerung des Elends, welches vielmehr jetzt nicht so groß ist, sondern in dem Be⸗ wußtseyn desselben, in der Bekanntschaft mit neuen Genüssen, in dem öffent lich zur Schau getragenen Lurus der Vermögenden. Ich halte es daher für die Pflicht der Regierung, die Lage des Volkes in Erwägung zu ziehen; sie muß suchen, das Uebel an der Wurzel zu erfassen und es ganz aus zurotten. Zu dem Ende schlage ich Colonisation als ein Mittel vor, als ein Mittel, denn ich weiß sehr wohl, daß Colonisation allein nicht aus reicht, um gründliche Hülfe zu gewähren. Man darf also andere Mittel keinesweges vernachlässigen, z. B- die Erweiterung des Weltmarktes durch
Verträge u. s. w., aber diese Mittel stehen nicht immer in der Gewalt der
Regierung, und ihr Erfolg ist sehr precair; Colonisation aber ist sicherer, da sie nicht von der Laune fremder Nationen abhängt. Die Kolonieen haben eine große Masse unbebautes Land, das nur auf Hände wartet, und mein Vorschlag bezweckt also eigentlich nichts Anderes, als den Ueberfluß von Kapitalien, Arbeit und Händen auf das Feld zu fuhren, das nach ihnen verlangt. Ueber den Erfolg haben wir ein schlagendes Beispiel in den Vereinigten Staaten, die, durch ausgewanderte Engländer bevölkert, jetzt eine Masse von 13 Millionen Menschen nähren. Angenommen, jene Auswanderer wären in England geblieben, also auch ihre jetzigen 13 Mil⸗ lionen Nachkommen, würden wir wohl im Stande seyn, diese 13 Millionen zu beschäftigen und zu ernähren? Hätten wir nicht die Vereinigten Staa
ten kolonisirt, wo wären die Bevölkerung und der Wohlstand von Liverpool, Manchester, Birmingham, Glasgow, Sheffield? Ich mache noch bemerklich, daß jene Colonisation aus eigenen Mitteln, ohne Unterstützung der Regie⸗ rung, bewerkstelligt wurde. Ein unberechenbarer Gewinn der Colonisation liegt in dem Verbrauch Britischer Waaren. Die 211 Millionen starke Be
völkerung Europa's verbraucht nur für 21 Millionen Pfd. St. Britischer
Waaren; die 36 Millionen starke Bevölkerung der Englischen Ko
lonieen mehr als jene 211 Millionen; Australien allein verbrauchte in den letzten 9 Jahren durchschnittlich für 2 Millionen Pfd. St., also mehr als die 56 Millionen Seelen des Russischen Reichs. Angenommen, die Besitzungen wären nur durch einen Kanal, eine Meerenge von Großbritanien getrennt, würde die Regierung nicht augen
blicklich eine Brücke bauen lassen, um sie auszubeuten? Mein Vorschlag aber bezweckt eben nichts Anderes, als die Ausbeutung der unbenutzten Kolonial⸗Ländereien durch Kapitalien und zweckmäßige Colonisation. Ich kenne sehr gut das Vorurtheil, das man gegen Colonisation hegt, indem man sie für gleichbedeutend mit Deportation hält; das aber rührt daher, daß man nur unbemittelte Kolonisten ausschickt, welche bei ihrer Ankunft in ihrer neuen Heimat Bettler sind. Ich schlage daher vor, daß die Re
gierung eine bedeutende Summe aussetze, um passende Kolonisten kostenfrei überzusenden. Ich empfehle das Wakefieldsche Colonisations⸗System, wel⸗ ches darin besteht, den Kolonisten Land zu mäßigen Preisen zu überlassen und den Ertrag dieser Verkäufe zur Ueberfahrt der Auswanderer anzu⸗ wenden.“
Der Redner suchte dann die Vortheile des Wakefieldschen Sy stems durch Daten zu belegen, indem er nachwies, daß sich seit der Einführung desselben die Zahl der Auswanderer wenigstens um das Siebenfache vermehrt hätte. Ueberhaupt stellte er den Aufschwung Neu⸗Seelands durch die Auswanderung als Muster dar und forderte die Regierung auf, in einem ähnlichen Sinne in Süd Australien und an anderen Orten zu wirken. Er verlange nicht ein unbesonnenes Handeln, aber wenigstens Untersuchung und Prüfung des von ihm vorgeschlagenen Mittels.
Lord Stanley aber, der Kolonial⸗Minister, widersetzte sich aufs entschiedenste dieser Motion, bemerkte jedoch, daß er dies nicht deshalb thue, weil er mit den Prinzipien des Antragstellers nicht einverstanden wäre, denn es sey ja seit langer Zeit ein ausgedehntes Colonisations System unter Gutheißung und Leitung der Regierung im Gange, sondern nur weil eine Adresse an die Königin, wie Herr Buller sie vorschlage, ungehörige und übertriebene Erwartungen erregen würde. Es geschehe aber bereits alles Mögliche, was die Regierung zu Gun⸗ sten der Auswandernden zu thun im Stande sey. Früher seyen die ärmeren Klassen, die nach Nord⸗Amerika auswanderten, nachdem sie die Leiden und Strapazen einer mühseligen Reise süberstanden, ganz hülflos auf den Quais von Quebek ausgesetzt worden; jetzt liefere eine aus zwei höchst tüchtigen und betriebsamen Kommissarien bestehende Regierungs⸗Behörde in England allen Personen, welche auszuwandern wünschten, die noͤ— thige Belehrung, und in allen Häfen befänden sich Regierungs⸗Agen⸗ ten, welche den Auswanderern Unterweisung und Schutz gewährten; sobald die Auswanderer in Kanada einträfen, fänden sie dort andere Regierungs⸗Agenten vor, welche ein Gleiches für sie thäten, sie auch fürs erste mit Lebensmitteln versähen und ihnen freie Beförderung nach denjenigen Theilen des Innern verschafften, wohin sie sich zu begeben wünschten, wenn sie solcher Unterstützung benöthigt sind. Der Mi⸗ nister verlas hier einen Auszug aus dem Bericht eines dieser Auswande⸗ rungs⸗Agenten zu Kingston, wo im vorigen Jahre 34,000 Auswanderer, gewöhnlich in Trupps von 50 bis 400 Personen, ankamen, welche nach verschiedenen Orten von Kanada von dort weiter befördert und, je nach ihren Bedürfnissen, mit Lebensmitteln unterstützt wurden. „Wie hoch glaubt wohl das Haus“, fuhr er fort, „daß sich die ge⸗ sammte Auswanderung aus England in den letzten Jahren belaufen hat? Die freiwillige Auswanderung, keine von der Regierung be zahlte, sondern nur von ihr beaufsichtigt und beschützt. Nicht weni⸗ ger als 246,936 Individuen sind in den letzten vier Jahren nach allen unseren Kolonieen ausgewandert. Ist das nicht eineenorme Zahl? Wie viel betrug die Auswanderung allein? Sie belief sich im Jahre 1839 auf 17,439, im Jahre 1840 auf 22,000, im Jahre 1841 auf 28,000 und im Jahre 1842 auf 44,374. Und wie viel hat es dem Lande gekostet, daß diese Menge Auswanderer sich über die Kolonie Kanada verbreiteten? Der Gesammtbetrag aller Kosten dafür, mit Einschluß der Beamten⸗Besoldung, beläuft sich auf 12,388 Pfd., so daß auf den Kopf 5 Sh. 8 Pre. kommen. Wollte man nun aber verkündi⸗ gen, daß die Auswanderer freie Ueberfahrt erhalten sollten, so würde man alle Anstrengungen der Einzelnen, selbst für die Kosten zu sorgen, paralysiren und den bereits ausgewanderten Arbeitern durch eine plötzliche Vermehrung der Zahl ihrer Konkurrenten, welche schon durch einen großen und stets wachsenden Zufluß geschickter Arbeiter aus den Vereinigten Staaten, wo es jetzt sehr an Beschäf tigung fehlt, bedeutend anschwillt, keinen geringen Nachtheil zufügen. Ueberdies ist es die ackerbautreibende Arbeiterklasse in England, welche am meisten nach einer solchen Kolonie auszuwandern wünscht; das sind aber gerade diejenigen Arbeiter, welche England am wenig sten entbehren kann und deren Wegsendung dem Lande keine Erleich⸗ terung gewähren würde; und die Fabrikarbeiter, durch deren Auswandern man sich vielleicht etwas erleichtern könnte, würden auf unbebauten Ländereien nur umkommen.“ Hier⸗ auf setzte der Minister den chimärischen Charakter eines von Herrn Buckingham publizirten Auswanderungsplanes auseinander und verwies auf das Mißlingen fines vor einigen Jahren von der Regierung auf Empfehlung einen Parlaments⸗osmisston angestellten
höchst kostspieligen Versuchs. Aus allen diesen Gründen, sagte er, könne er nicht dafür stimmen, daß die Regierung sich noch mehr, als es bereits geschehe, in die freiwillige Auswanderung einmische.
Daß am Schluß der noch von anderen Mitgliedern fortgesetzten Diskussion Herr C. Buller seinen Antrag ohne Abstimmung zurück⸗ nahm, ist schon gemeldet worden.
London, 8. April. Die Morning Post klagt über die gänzliche Einstellung der Unterhandlungen wegen eines Handels⸗Ver⸗ trags zwischen England und Frankreich und schiebt alle Schuld dabei auf die Französische Regierung, welche absichtlich den Abschluß des Traktats, der ganz fertig daliege und blos auf deren Unterzeichnung warte, mit Verkennung ihres eigenen Interesses in die Länge ziehen zu wollen scheine. 4
Graf Aberdeen fand sich durch die Einwendungen, welche Mar⸗ quis von Lansdowne in der gestrigen Oberhaus⸗Sitzung wiederholent⸗ lich gegen den Traktat von Washington machte, von neuem zur Recht⸗ fertigung der Stipulationen desselben veranlaßt. Was die Abtretung der Madawaska Niederlassung betreffe, sagte der Minister, so würde dieselbe ganz in gleicher Weise stattgefunden haben, wenn, was bekannt lich Lord Palmerston dringend begehrte, die Regierung der Vereinigten
Staaten den Schiedsspruch des Königs der Niederlande angenommen
hätte. Die Niederlassung habe nur ungefähr 4000. Einwohner; von diesen seyen 3000, nördlich von St. John ansässig, bei Eng⸗ land geblieben, und nur der Rest, der am südlichen Ufer des Flusses wohne, an die Vereinigten Staaten übergegangen. Die Abtretung eines unfruchtbaren Landstriches am Oberen See, über welche der Marquis von Lansdowne Beschwerde führe, könne wenig in Betracht kommen, da die Haupt⸗Rücksicht, die Sicherung der Vertheidigung Kanada's, dabei nicht außer Acht gelassen seyv; Sugar Island und
St. George’'s Island sey eine und dieselbe Insel und im Ganzen un⸗
bedeutend, da sie nur 1000 Acres Flächenraum habe. Was endlich
den Vorwurf anbelange, daß die Fassung des S8ten Artikels des
Traktats dazu diene, die Durchsuchungs Frage von neuem in Zwei⸗
fel zu ziehen und dadurch die Unterdrückung des Sklavenhandels wie⸗
der zu erschweren, so gehe aus der neuesten Botschaft des Präsidenten
der Vereinigten Staaten selbst hervor, daß von Seiten des Britischen
Unterhändlers durchaus keine Konzessionen gemacht worden seyen, und
daß England nach wie vor auf dem Rechte bestehe, zu untersuchen,
ob verdächtige Schiffe, welche die Amerikanische Flagge führen, den
Schutz dieser Flagge mit Recht oder mit Unrecht in Anspruch nehmen.
Freilich aber habe er (Lord Aberdeen) selbst einige Ungehörigkeiten
abgestellt, welche bisher von den Kreuzern an der Afrikanischen Küste
verübt worden seyen, insbesondere die Angriffe auf die Vorrathshäuser
am Lande; das aber sey geschehen, weil die Rechts⸗Konsulenten der Krone dergleichen Maßnahmen als Eingriffe in das Völkerrecht bezeichnet hätten. Wie weit übrigens unter dem früheren Ministerium die Kreuzer mitunter ihre Vollmachten ausgedehnt, gehe schon aus dem Umstande hervor, daß Lord Palmerston selbst durch einen Befehl vom Februar 1841 den Kreuzern ausdrücklich habe untersagen müssen, Amerikanische Schiffe aufzubringen, so daß also früher Schiffe dieser Nation, nicht, wie das von England noch immer in Anspruch genommene Recht es wolle, nur in Betreff der Legalität ihrer Flagge untersucht, sondern förmlich aufgebracht worden seyen, was denn auch nur allzu häufig die Prisengerichte in Sierra Leone in Verlegenheit gesetzt habe und dazu diene, die Besorgniß in den Vereinigten Staaten rege zu er⸗ halten, daß auch jetzt noch unnöthigerweise mitunter in dem früheren Sinne zu Werke gegangen werde.
II London, 8. April. In dem Schreiben, worin ich von den Einkünften des mit dem 5ten Januar 1843 endigenden Viertel⸗ jahrs sprach, bemerkte ich, daß die Gesammt⸗Einnahme kein richtiges Kriterium für den Stand des öffentlichen Einkommens von Groß⸗ britanien darbiete. Damals waren alle Zoll⸗Reductionen bereits seit sechs Monaten in Wirksamkeit getreten, dagegen hatte die Einkommen⸗ Steuer nur einen sehr kleinen Theil der davon erwarteten Summe in den Schatz geliefert. Das so eben beendigte Vierteljahr bestätigt die Wahrheit dieser Bemerkung, da die Einkommen⸗Steuer allein vom 5. Januar bis zum 5. April nicht weniger als 1,885,232 Pfd. eingebracht hat; der Betrag in den letzten drei Vierteljahren is 2,456,288 Pfd. Dies giebt jedoch keinen Maßstab dafür ab, wie stark der Gesammt-Ertrag dieser Steuer seyn wird. Ungleich den anderen Hauptquellen des Einkommens in Eng⸗ land, ist die von der direkten Besteuerung herrührende Geld⸗ Einnahme nothwendig zahlreichen Verzögerungen und allen den Hin⸗ dernissen unterworfen, welche mit der Erledigung von Privat⸗Rech⸗ nungen verbunden sind. Diese Steuer ist vielmehr der Ausdruck des vergangenen, als des gegenwärtigen Zustandes des Landes. Die⸗ jenigen, denen wohl ein Urtheil hierüber zusteht, schätzen die Ge⸗ sammt⸗Einnahme auf nahe 7 Millionen Pfund. In anderer Hinsicht bieten die Einkünfte keine Aenderung von Wichtigkeit, weder im Guten noch im Schlechten dar. Der Fortschritt des gleichmäßigen Porto⸗Systems ist jedoch bemerkenswerth. Die Einnahme hat im vorigen Jahre um mehr als 20 Prozent zugenommen.
Ich erwähnte früher mit Freude der letzten Schlacht in Secinde. Allein es ist Grund zu glauben, daß die Politik des General ⸗Gou⸗ verneurs gegen die Emire sehr in Frage zu stellen ist. Der Major Qutram, ein ehrenwerther und tüchtiger Mann, welcher sich im Kampfe sehr auszeichnete, soll mit dem Benehmen seiner politischen und militairischen Vorgesetzten so unzufrieden seyn, daß er sofort seine Entlassung verlangte und es ist zu erwarten, daß er mit der nächsten Post in England ankommt. Für jetzt läßt sich über diesen Gegenstand kein genügendes Urtheil bilden, aber wenigstens muß man sich freuen, daß es im Osten des Indus keine Fürsten mehr zu plündern giebt.
Wegen Otaheiti hat zwischen der Englischen und der Französi⸗ schen Regierung eine sehr freundschaftliche Korrespondenzstattgefunden, und Herr Guizot hat die bestimmteste Versicherung gegeben, daß in den Französischen Besitzungen im Großen Ocean vollkommene Toleranz gegen alle Sekten herrschen und den Unterthanen aller Nationen gleicher Schutz zu Theil werden solle. Die Gesinnung, auf welche die Missions⸗Gesellschaft in England sich stützt, ist eine fromme und ehrenwerthe; aber von den Missionairen selbst oder wenigstens von denen, welche diesen Titel und Charakter annehmen, verlautet nicht immer dasselbe. Auf den Südsee⸗Inseln schließt der Krämer, der mit Thran und Glasperlen handelt, am siebenten Tage seinen Laden und stellt geistliche Uebungen an, und der heilige Beruf des Dieners Christi soll dort durch Menschen entweiht werden, die eben so wenig auf Achtung und Schutz Anspruch machen können, wie die lärmenden Fanatiker, welche man an einem Sonntag ⸗Morgen in St. James⸗Park von einer Bank herab predigen sieht.
In Frankreich betrachtet man die Erwerbungen in der Südsee mit Gleichgültigkeit, und wenn nicht das Englische Publikum ein na⸗ tionales Geschrei darüber erhebt, so werden die Franzosen wahr⸗ scheinlich die Antipoden in demselben Zustande lassen, wie sie die⸗ selben fanden.
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Uiederlande.
Aus dem Haag, 8. April. Die Holländischen Blät⸗ ter bringen noch weitere Details über das Erdbeben am 6ten b. M.