oder aus böser Absicht verbreitet worden. Das badische Volk, Ehre bm! kennt in seiner großen Mehrheit vollkommen die hohe Wichtigkeit der Verfassung, die hohe Wichtigkeit seines kostbaren Wahlrechts, und es weiß so gut, wie die von ihm gewählte Kammer, daß nur durch gesetzliche, durch freie, nicht von oben diktirte Wahlen eine wahre Volks⸗Vertretung erzielt wird und nur durch eine solche eine der echten Repräsentativ⸗Verfassung ent⸗ sprechende Volks⸗Vertretung gebildet werden kann. Auch haben, denke ich, die badischen Bürger bei dem Verfassungsfest am 22. August durch lebhafte Theilnahme und ihre höchst ehrenvolle Theilnahme laut ausgesprochen, daß ihnen die Verfassung und die durch dieselbe geschützten Rechte theuer sind, also die Zeit nicht für verloren halten werden, welche eine Kammer anwenden wird, um eine wahre Volks⸗Vertretung zu er⸗ halten, welche Kraft und Muth besitzt, ihre schweren Pflichten in ih⸗ rem vollen Umfang verfassungsmäßig und furchtlos zu erfüllen. Der Herr Präsident des Ministeriums des Innern wird nunmehr die Güte haben, uns die Alkten über die neu vorgenommenen Wahlen vorzulegen.“ Staats⸗ rath Freiherr von Rüdt übergiebt hierauf die Wahlprotokolle derjenigen Bezirke, wo neue Wahlen vorgenommen wurden, mit Ausnahme der für den 35sten Aemterwahlbezirk, welche noch nicht eingekommen seien. Derselbe be merkt, der Abgeordnete Kuenzer sei noch nicht einberufen, weil er den Ur⸗ laub von Seiten des erzbischöflichen Ordinariats noch nicht nachgewiesen habe; die Abgeordneten Meyer, Litschgi, Nombride, Waag und Weitzel seien, nach der von ihnen gemachten Anzeige, theils durch Familien⸗, theils durch dienstliche Verhältnisse noch auf einige Tage zurückgehalten, in der Kammer zu erscheinen. Staatsrath Freiherr von Rüdt verliest sofort ein Allerhöchstes Reskript, wonach Se. Königl. Hoheit der Großherzog den Ministerial⸗Direktor Eichrodt und den Ministerial⸗Rath von Mar⸗ schall zu ständigen Commissairen für das Ministerium des Innern bei beiden Kammern zu ernennen geruht haben. Der Präsident übergiebt eine Eingabe mehrerer Wahlmänner des 25sten Aemter⸗Wahlbezirks in Betreff der Wahl des Hofgerichtsraths Rothermel. Sie wird als Beilage zu den Wahl⸗Akten gegeben, um mit ihnen geprüft zu werden. Es wird nun zu⸗ nächst zur Bildung der provisorischen Abtheilungen geschritten, hierauf die Wahl⸗Akten unter die Abtheilungen vertheilt und behufs der Prüfung der⸗ selben die Sitzung auf eine Stunde geschlossen. Nach Umlauf dieser Zeit wurde die Sitzung fortgesetzt. Von den Berichterstattern der provisorischen Abtheilungen wird nun über die Wahlen von Karlsruhe, Freiburg, Mann⸗ heim, Pforzheim und den Aemter⸗Wahlbezirken Sinsheim, Schopfheim und Kandern, Meersburg, Bonndorf und Kenzingen referirt und sämmtliche Wahlen als unbeanstandet erklärt. Als Berichterstatter der vierten Abthei⸗ lung referirt der Abgeordnete Rindeschwender über die Ersatzwahl des 19ten Aemter⸗Wahlbezirks Lahr, und stellt den Antrag, die Prüfung dieser Wahl einstweilen noch ausgesetzt zu lassen und die Regierung zu bitten, der Kam⸗ mer, nach dem früheren Verlangen der letzteren, die Akten über die Unter⸗ suchung hinsichtlich der Bestechungen, welche in diesem Bezirke bei der frühe⸗ ren Wahlmänner⸗Wahl in Seelbach vorgekommen sein sollen, vorzulegen, da die Abtheilung der Ansicht sei, daß sie vor Einsicht dieser Akten einen Antrag, ob die fragliche Ersatzwahl als beanstandet oder nicht zu erklären sei, nicht stellen könne. Von Seiten des Präsidenten des Ministeriums des Innern wird bemerkt, daß das Hofgericht in obiger Untersuchungssache ein Erkenntniß dahin erlassen habe, es liege kein Grund zur Einleitung einer gerichtlichen Untersuchung vor; daß übrigens dieser Gegenstand mit der nunmehr vorliegenden neuen Wahl in keinem Zusammenhange stehe und es daher einer Vorlage der Untersuchungs⸗Akten zur Prüfung dieser Wahl nicht bedürfe. Nach längerer Diskussion darüber, ob diese Akten zur Wahl⸗ Prüfung nöthig seien und ob bis zu deren Vorlage diese Prüfung nur aus⸗ zusetzen oder die Wahl für beanstandet zu erklären sei, brachte der Präsi⸗ dent die beiden Fragen zur Abstimmung: 1) ob die Kammer die beruͤhrten Untersuchungs⸗Akten von der Regierung verlangen wolle, wie es von der Abtheilung beantragt worden, und 2) ob die Kammer, sofern die erste Frage bejaht werde, die Wahl in so lange für beanstandet erklären wolle, bis die Regierung diese Akten vorgelegt habe. Beide Fragen wurden von der Mehrheit der Kammer bejahend entschieden. Hiermit wurde die Siz zung geschlossen.
Großh. Hessen. Alzey, 24. Nov. (F. O. P. Z.) Die Geschwornen haben heute den Peter Fuhrmann von Büdesheim des Muttermordes, begangen im Affekt und mit Vorbedacht, für schuldig erklärt; in Folge dieses Spruches wurde er von dem Assisenhofe zum Tode verurtheilt. b
Freie Städte. Hamburg, N ö Senat hat in seiner heutigen Sitzung an die Stelle des von seinem Amte abgetretenen Herrn Bürgermeister, Dr. David Schlüter, den Senator, Herrn Dr. Johann Ludwig Dammer, seit dem 5. Septem⸗ ber 1817 Mitglied des Senates, zum Bürgermeister erwählt.
Lübeck, 25. Nov. (N. L. B.) Die den Truppen⸗Uebungen des in diesem Jahre bei Lüneburg versammelt gewesenen zehnten Bundes⸗Armee⸗Corps bereits so vielseitig zu Theil gewordene aus⸗ zeichnende Anerkennung ist auch von Seiten Oesterreichs durch eine Note des bevollmächtigten Ministers bei den Hansestädten dem hiesi⸗ gen Senate zu erkennen gegeben worden. Die zu jenen Truppen⸗ Uebungen abgeordneten österreichischen hohen Militair⸗Personen haben in ihrem Berichte die das gedachte Armee⸗Corps bildenden Truppen
ohne Ausnahme als an Ausrüstung, Einübung und moralischem Gehalt allen wesentlichen Kriegs⸗Erfordernissen entsprechend anerkannt und besonders hervorgehoben, daß nach dem einstimmigen Urtheil der Kenner die Kavallerie der Hansestädte „als eine in jener Beziehung ausgezeichnet schöne und ausgebildete Kavallerie⸗Truppe sich gezeigt habe.“ In jener Note wird die vaterländische Befriedigung ausge⸗ drückt, mit welcher man in Wien die Ergebnisse des lüneburger Lagers vernommen habe, zugleich aber auch die Versicherung hinzugefügt, daß, wenn man einerseits die Opfer einsehe und zu schätzen wisse, welche die am 10ten Bundes⸗Armee⸗Corps theilnehmenden Regierungen der Idee der Corps⸗Vereinigung gebracht haben, man andererseits der Ueberzeugung lebe, daß mit diesen Opfern der große Zweck, die Wehr⸗
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kraft dieses Theiles des nördlichen Deutschlands als wohl ausgerüstet und ein Ganzes bildend vor der Welt bethätigt zu haben, nicht zu theuer erkauft sei.
Oesterreichische Monarchie.
Wien, 24. Nov. Bereits im Jahre 1840 ist auf den Wunsch Sr. Kaiserl. Hoheit des Erzherzogs Maximilian als Hoch⸗ meister des deutschen Ordens, die Errichtung eines Instituts der Schwestern des deutschen Ordens, welche sich mit dem Krankendienste oder dem Unterrichte und der Erziehung zu beschäftigen haben, nach eigenen Ordensregeln und Statuten bewilligt, und zugleich von der Hofstelle bestimmt worden, daß die probeweise Einführung dieses In⸗ stituts zu Lana in Tirol und Troppau in Schlesien stattfinde. Eine so eben erfolgte Hof⸗Entschließung gestattet, daß dem erwähnten In⸗ stitute auf unbestimmte Zeit die nämliche Dispens von den Amorti⸗ sationsgesetzen, und zwar sowohl für deren Schwesterfonds, als auch für jedes einzelne seiner Ordenshäuser bewilligt werde, welche den gleichartigen armen Corporationen, die sich dem Krankendienste oder der Jugendbildung widmen, und damit die feierlichen geistlichen Ge— lübde verbinden, bereits zugestanden sind. Vor der Ablegung dieser Gelübde bleiben jedoch die eintretenden Ordens⸗Mitglieder in Bezie⸗ hung auf die gesetzliche Erbsolge den Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches unterworfen, wenn daher eine Aspirantin nicht ohnehin unter Tutel oder Kuratel steht, sondern ihr Vermögen selbst zu ver⸗ walten berechtigt ist, so soll ihr der Eintritt in das Noviziat von Seiten des Ordens erst dann gestattet werden, wenn sie einen Ver⸗ walter ihres Vermögens bestellt hat.
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Paris, 24. Nov. Uebermorgen versammeln sich die Wähler der vier pariser Stadt⸗Bezirke, des 9ten, 10ten, 11ten und 12ten, welche neue Repräsentanten⸗Wahlen für das General⸗Conseil vorzu⸗ nehmen haben. Morgen sollen vorläufige Versammlungen zu diesem Zweck in jenen vier Bezirken stattfinden. Das Journal des Dé⸗ bats findet hierin nichts Unstatthaftes, insofern die Wähler deshalb zusammenkämen, um sich über die angemessensten Wahlen vorher zu besprechen und zu verständigen, damit die Vertretung nur auf Män⸗ ner falle, welche am fähigsten seien, die Munizipal⸗ Interessen von Paris und die allgemeinen des Seine⸗Departements zu vertheidi⸗ gen; aber es warnt die Wähler vor etwanigen Versuchen des Parteigeistes, sich jener Zusammenkünfte zu bemächtigen, um sie von ihrem eigentlichen Zweck abzulenken und Debatten darin anzuregen, welche nicht vor dies Forum gehörten. Von politi⸗ schen Fragen, bemerkt es, dürfe dort nichts zur Sprache kommen, über die Handlungsweise der Regierung kein Urtheil gefällt, zwischen Opposition und Ministerium keine Entscheidung getroffen werden, son⸗ dern es komme nur darauf an, für die beste Verwendung des Budgets der Stadt Paris zu sorgen, — eines Budgets, welches so bedeutend sei wie das manches Königreichs, — also alles dasjenige zu erörtern, was auf die Verschönerung der Hauptstadt, auf die Verbesserung ihres Gesundheitszustandes, auf den Bau von Kirchen und Brücken, auf die Einrichtung von Märkten und die Eröffnung oder Erweiterung
von Straßen und dergleichen mehr sich beziehe. Hoffentlich, schließt das genannte Blatt, werde Paris nicht das Aergerniß nachahmen, wovon der Munizipalrath zu Angers jetzt ein s trauriges Bei⸗ spiel gebe.
Aus Marseille ist in einer telegraphischen Depesche folgender aus Algier vom 22sten d. M. datirter Bericht des dortigen General⸗ Gouverneurs an den Kriegs⸗Minister hier eingegangen: „Am 11ten d. M. hat der General Tempoure bei Malah, 40 Lieues südwestlich von Maskara, das Lager des Kalifa Sidi⸗Embarack⸗Ben⸗Allah er⸗ reicht, der im Begriff war, südwestlich von Tlemezen zu Abd el Kader zu stoßen. Seine Streitkräfte, bestehend aus allen Ueberresten der verschiedenen Bataillone Infanterie und einem Theil der Kavallerie des Emirs, sind fast ganz aufgerieben worden; 400 Mann blieben todt auf dem Platz, und 300 wurden gefangen genommen. Der Kalifa Sidi⸗Embarack ist im Gefecht umgekommen; man hat seine Waffen nebst drei Fahnen nach Algier gebracht.“
Die Zoll-Verwaltung hat einen Bericht über den Handels⸗Ver kehr Frankreichs mit den Kolonieen und den auswärtigen Staaten während des Jahres 1842 veröffentlicht. Der auswärtige Handel Frankreichs hat im Ganzen sich einen Totalwerth von 2 Milliarden 82 Millionen Fr. repräsentirt, also 105 Millionen weniger als im Jahre 1841, aber 150 Millionen mehr als die Durchschnitts⸗Summe der fünf vorhergehenden Jahre. Die Abnahme traf ausschließlich die Ausfuhr, die sich auf einen Gesammtwerth von 940 Millionen Fr. belief. Der Handels⸗Verkehr mit den Kolonieen war stationair ge⸗ blieben; mit den Vereinigten Staaten nahm er um 24 pCt. ab, mit Spanien um 20 pCt., mit Sardinien um 14 pCt., mit der Schweiz um 5 pCt., mit Belgien um 3 pCt. Die Einfuhr aus den Verei⸗ nigten Staaten belief sich auf 176 Millionen, aus England auf 154 Millionen. Die Einfuhr aus dem deutschen Zoll⸗Vereine war mi der des Jahres 1841 gleich geblieben.
Wie der Courrier frangais mittheilt, war Fürst Polignac lediglich in Familien⸗-Angelegenheiten nach Paris gekommen. Seine Verweisung aus Paris soll in einem auf dem Schlosse von Saint Cloud gehaltenen Privat⸗Conseil beschlossen worden sein.
Herr von Laferté, der Schwiegersohn des Grafen Molé, ein bekannter Legitimist, ist dieser Tage nach London abgereist, um dort dem Herzog von Bordeaux seine Aufwartung zu machen; diesen Um⸗
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stand hatten schlecht unterrichtete oder übelwollende Blätter benutzt, um eine Reise des Grafen Molé selbst nach London zu erdichten. Letzterer wird aber diesen ganzen Winter Paris nicht verlassen.
Nächsten Monat soll, wie verlautet, das Komplott der Rue Pa⸗ stourel zu gerichtlicher Verhandlung kommen, aber nicht vor dem As⸗ sisenhofe, sondern blos vor dem Zuchtpolizeigericht. Man soll sogar zahe daran gewesen sein, die Sache ganz fallen zu lassen.
* Paris, 24. Nov. Neulich hat der Baron Charles Dupin bei Eröffnung seines Winter⸗Kursus im Conservatoire des Arts et Metiers eine Rede gehalten, die in vielfacher Beziehung einem Artikel des Herrn von Lamartine in seinem Bien public über das seit dreizehn Jahren befolgte politische System und seine Folgen als Pendant dienen kann. Seit diesen dreizehn Jahren hat die Zahl der Patentirten sich um 190,000 vermehrt; seit drei Jahren haben die Einlagen in die Spar⸗ kassen um 300 Millionen zugenommen, während die Zunahme der⸗ selben während desselben Zeitraumes in England nur 60 Millionen betrug. Die Sparkassen würden heute dem Volke von Paris es möglich machen, funfzehn Jahre des Mangels zu ertragen, und sie benzehn solcher Jahre in mehreren Departements. Man lasse die gegenwärtige Regierung noch einige Zeit dauern, sagte der Baron Charles Dupin, diese Regierung, wie es deren so wenige giebt und wie man sie vielleicht lange nicht wiedersehen wird, und man wird sagen können: der König der Franzosen hatte nur zehn Millionen in der Volks⸗Kasse vorgefunden und eine Milliarde darin hinterlassen. Dergleichen Resultate und Konsequenzen aus der Rede des Baron Charles Dupin waren nur Nebensachen, die aber darum nicht weniger entscheidend sind. Der Hauptzweck des Redners war, der Sache der Sparkasse das Wort zu reden, und er that dies wie gewöhnlich mit der unum- stößlichen Logik der Ziffern und mit einer solchen Klarheit und Stärke der Ueberzeugung, daß alle Einwände der Gegner derselben vollstän⸗ dig dadurch beseitigt wurden. Herr Charles Dupin stellte zwei wich⸗ tige Punkte fest, um jede Idee einer Beschränkung des gegenwärtigen Systems der Sparkassen zurückzuweisen. Er wies nach, daß das Marimum der gegenwärtigen Einlagen nicht so viel Einkommen ge⸗ währt, um einer Familie Brod zu gewähren, und zeigte, welch großes Unglück daraus erwachsen würde, wenn man den Betrag der Einla⸗ gen in Renten⸗Coupons umwandelte, denen er den Namen „Assig⸗ naten“ gab. Er hob hervor, wie man auf solche Weise der arbei⸗ tenden Klasse den von ihr bis jetzt noch wenig gekannten Weg zum Börsenspiele und zur Agiotage zeigen und öffnen würde. Was aber die dem Schatze durch die Sparkasse auferlegten Opfer anlangt, so stellte der gelehrte Professor denselben die ungeheure Vermehrung der Zoll⸗Einkünfte und anderer indirekten Steuern um 750 Millionen gegenüber, welche nur die Frucht der vermehrten Thätigkeit der arbei tenden Klassen ist. 8
Grossbritanien und Irland.
London, 21. Nov. Die Abreise Ihrer Majestät der Königin nach Drayton Manor, um Sir Robert Peel auf seinem Landsitze zu besuchen, ist auf Dienstag Morgen, 28sten d. M., festgesetzt. Dieser Besuch der Königin von England bei ihrem Premier⸗Minister, dem Haupte der Tory⸗Partei, hat auch seine politische Bedeutung, auf welche ein londoner Korrespondent der Augsburger Allgemeinen Zeitung mit Folgendem hindeutet: „Ein solcher Besuch bei Sir Robert Peel, einem Manne von bescheidenem Herkommen und nich sehr hohem Rang, und auf einem Landsitze, wie Drayton, der keine besonders anlockenden Reize besitzt, ist eine der höchsten Gunst bezeugungen, die ein Souverain von England jemals einem Mi nister gespendet, und wie Sir Robert Walpole's Hosenband⸗Order wird sie in die Geschichte eingezeichnet werden. Man darf behaupten daß die zwei letzten Jahre konservativer Regierung und einer offne ren Hofhaltung jenes einseitige und ausschließliche Whigthum, wel ches Lord Melbourne und seine Amtsgenossen mit mehr Selbstsuch als Schicklichkeit ihrer jungen Fürstin eingeflößt, erfolgreich ausge trieben. Die Gastfreundschaft des Windsor⸗Schlosses ist jetzt sowoh den Gegnern als den Freunden der bestehenden Regierung mit libe ralerem Sinne zugänglich gemacht als dies vordem der Fall war; dor gilt jetzt als Regel daß, wie auch anderwärts die Parteien sich be kämpfen mögen, der Hof der Königin, anstatt wie früher eine poli tische Festung, vielmehr der neutrale Boden sein soll, auf welchen alle durch Geburt, Rang und Bildung Hochgestellten willkommen sind Ob nun das Wechselglück des politischen Krieges früher oder später guch eine Aenderung der Verwaltung herbeiführe, so wird Königit Victoria mittlerweile eingesehen haben, daß der Popanz der Trennung von theuren Jugendgenossinnen, der sie im Jahre 1839 erschreckte, ein Phantom war, das die Ehemänner ihrer Hofdamen heraufbe⸗ schworen.“
Der Gerichtshof der Queens-Bench in Dublin hat vorgestern seine Entscheidung über die Gültigkeit des Antrages der angeklagten Repealer auf Cassation der Anklage⸗Akte abgegeben. Der Antrag is einstimmig verworfen worden, und die Angeklagten, welche einen fer neren Aufschub von 4 Tagen für die Abgabe ihrer Erklärung ver langten, mußten sogleich plaidiren. Sie plaidirten „Nicht schuldig“ und die Untersuchung wird demnach in den vom Gerichtshofe noch festzustellenden Sitzungen ihren unmittelbaren Anfang nehmen. Die näheren Umstände, welche diese Resolution des Gerichtshofes beglei teten, sind folgende. Am Dienstage (21sten) war die Frist ver strichen, welche den Angeklagten zur Begründung ihres Antrages ge
stattet war, und der General⸗Prokurator eröffnete die Sitzung jenes
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sen hören sollten, was sie nicht einmal in Prosa gern vernahmen. Sie beschlossen daher, der Sache eine andere Wendung zu geben. Sie schickten dem Euripides die namhafte Summe von 5 Talenten (nach unserem Gelde eiwa 14,000 Thaler) und ließen ihn bitten, ein anderes Drama zu schrei⸗ ben, in dem der Handel auf eine Weise geschlichtet würde, bei der ihre Vor⸗ ältern nicht kompromittirt zu werden brauchten. Euripides nahm den Auf⸗ trag an, und so entstand unsere „Medea“, in der die Korinther allerdings keinen Theil mehr an der Ermorbung der Kinder haben.
Schraestener hhjeraus einerseits ergiebt, daß schon bei den griechischen
Schriftstellern klingende Talente auf dichterische Talente einen solchen Ein
fluß übten, daß einer ihrer Tragöde 111“1“ 9 b veise in den Ruf efrer Tragöden, sener wegen, eine Mutter unschuldi⸗ gerweise in den Ruf einer Kindes Moͤrderin brachte, so hat das erzählte Sachverhältniß doch andererseits auch das Gut 6 acv 8 ö“
dem er den Charalter der Medea neu s 5* .“ 6 5 89 - 8 der Tragödie üb ts schaffen mußte, angetrieben wurde,
1 godi⸗ erhaupt eine andere als die von seinen Noarar⸗ 87 Nichtung zu geben. Wie (eypert ganz richtia aafnen, orsängern befolgte ripides, indem derselbe nicht die F 9 8 6; anführt, sollte für den Eu⸗ Tendenz der Tragödie änderte, letztere nicht mehr der hdona), hcdein g verwichenen, mythischen Zeit sein, sondern e 8 slahs süser längst „Das Wunderbare“, heißt es, „was den Grgs dss ze der Gegenwart. wurde durch ihn ein Zufälliges, das Walten der Schichsalsmächis Ee- den Hintergrund; den eigentlichen Kern der Handlung bildet jetzt de Wat ch mit seinen Entschlüssen, mit seinem Verdienst und seiner Schund⸗ selbsterrungenen Lohn und seiner Buße. Es tritt kein Gott mehr für um ein. Die Alten haben Euripides den Philosophen der Bühne gicange 868 er ist es seinem Standpunkt nach: denn das Leben und die Welt der Er⸗ scheinungen in ihrer vollen, ungeschmückten Wahrheit zu erfassen, alle Trug⸗ bilder des Glaubens und des Wahns mit schonungsloser Hand zu zerstören und nur an dem Einen festzuhalten, was zu allen Zeiten und unter allen Bedingungen das Bleibende, das Reinmenschliche ist, dies ist die ausge⸗ sprochene Tendenz aller Stücke unseres Dichters.“
An —.
Indem der Verfasser von dieser seiner Ansicht die Anwendung auf einige euripideische Stücke macht, zeigt er in Bezug auf „Medea“, daß Alles, was von diesem Stoff der Sage, dem Volksglauben, mit einem Wort dem Wunderbaren angehört, durch den Dichter entweder geändert oder in den Hintergrund gestellt worden sei; jene wilde kolchische Zauberin, die Giftmischerin, die Brandstifterin sei nicht mehr die Heldin dieses Stückes, wie sie es wahrscheinlich in dem früheren gewesen; hier sei es allein die ge⸗ kränkte Gattin, die rachsüchtige Mutter, die der Dichter zeichnen gewollt. — Geppert analypsirt sodann den Charakter der Medea ungefähr in derselben Weise, wie wir ihn in unserem frühern Theater⸗Bericht zu analpsiren ver⸗ suchten, gesteht aber auch aufrichtig das ethisch Unbefriedigende des Stücks ein, denn er habe dasselbe nie lesen können, ohne sich die Frage zu stel⸗ len: Sollte der Dichter wirklich die Motive, die Medea zu ihrer unnatürlichen That hatte, für hinreichend gehalten haben, um sie in sittlicher Hinsicht zu diesem Aeußersten zu berechtigen? Sollte er das Unrecht, welches in dem Tode der unschuldigen Kinder, in der Auf⸗ opferung der Glauka liegt, nicht gefühlt haben? Sollte er mit Einem Wort den Sieg der Medea für einen reinen, unbefleckten Triumph des unschuldig Leidenden über Untreue und Tyrannei gehalten haben? — Es scheint fast so, denn sonst würde er von einer Buße gesprochen haben, die ihr im Hause des Aegeus zu Athen, der Sage nach, allerdings bevor⸗ stand, oder er würde den Verlauf der Handlung im folgenden Stück gege⸗ ben haben, was aber nicht der Fall war. Medea war nämlich der erste Theil einer Tetralogie; auf sie folgte im Jahre 431 der Philoktet, auf die⸗ sen Diktys, und das Ganze beschloß ein Satyr⸗Drama „Die Schnitter“ — Stücke, die freilich keine Kohärenz des Stoffes enthielten, deren Verlust
’ aber doch, auch mit Bezug auf die Würdigung der „Medea“ als integri⸗ renden Theils eines Drama⸗Cyklus, zu beklagen ist.
V Geppert giebt bei dieser Gelegenheit seine Ansichten oder vielmehr Muthmaßungen über die Eigenthümlichkeit der euripideischen Tetralogieen, und führt seine Ueberzengung dahin aus, daß sich die einzelnen Dramen
derselben ungefaͤhr so zu einander verhalten haben müßten, wie bei uns die Sätze einer Sonate oder einer Somphonie. Weiter berichtet er über die Rollen⸗Vertheilung in den griechischen Tragödien, über die Ausführung der Chöre (auch die weiblichen Chöre wurden auf der griechischen Bühne, wie die Frauenrollen der Scene, von Männern gespielt — werden doch auch jetzt noch unsere Tancredis, Romeos u. s. w. von Weibern gesungen!), üͤber die Musik der letzteren (die Taubertsche Behandlung wird als „genial“ anerkannt), über Scenerie, Bühnen⸗Construction, Kostüm, über Recitation, Gesang, Tanz, Instrumentation u. s. w. Schließlich weist er darauf hin, eine wie große Sensation Euripides'; Medea, trotz dem daß sie durchgefallen, schon im Alterthum erregt haben müsse, wie aus den vielen Nachbildungen und Uebersetzungen griechischer und römischer Dichter, wie durch die plastischen und graphischen Kunstwerke erhelle, und wie der Dich⸗ ter mithin durch diese Kindesmörderin die tragische Poesie um eine Gestalt bereichert habe, die wohl unvergänglich sein werde. — Zu Gunsten dieser Annahme spricht der Beifall, der ihr unter uns geworden, und der ihr, nach dem Vorgange Berlins, gewiß auch in den anderen Städten Deutschlands, deren Bretter sie beschreiten wird, nicht fehlen dürfte. Facta docebunt.
8 — U.
Schwerin. Se. Königl. Hoheit der Großherzog hat den Kompo⸗ nisten Fr. Kücken, dessen Männer⸗Chorgesänge (0p. 30) bei den let ten großen Musikfesten in der Schweiz den Preis davongetragen haben und dessen schweizerisches Vaterlandslied so allgemeinen Anklang gefunden, daß es National⸗Lied geworden ist, in Anerkennung seiner ausgezeichneten Leistungen und künstlerischen Bestrebungen zu Seinem Hof⸗Komponisten ernannt. Herr Kücken hält sich gegenwärtig in Paris auf, um dort eine dreiaktige romantische Oper zu vollenden.
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Tages mit einer Aufforderung an die Angeklagten, ihre motivirten Anträge dem Gerichte einzureichen. Zugleich erörterte Herr Smith in ausführlicher Rede die Ungültigkeit der gestellten Anträge, und drang auf die Verwerfung derselben von Seiten des Gerichts. Seine Gründe für diese Ungültigkeit bezogen sich auf die unrichtige Auf⸗ fassung des Verfahrens der Grand⸗Jury von Seiten der Angeklagten, welche diesem Verfahren die Akte 50 Georg's III. zum Grunde legen wollten, während doch im gegenwärtigen Falle die Bestimmungen der Akte 1 und 2 der Königin Victoria in Anwendung kommen müß⸗ ten. Diese Akte aber bestimmen nichts über die Eidesleistung der Zeugen vor der Grand⸗-Jury in offenem Gerichthofe (was bekannntlich auch in diesem Prozesse nicht stattgefunden hat und worauf die Angeklagten ihren Hauptgrund für die Verwerfung der Anklage⸗Akte unter Heranziehung jenes Gesetzes Georg's III. stützen), und diese Akte sei auch bisher in den Gerichten Dublins in allen gleichen Fällen die Grundlage des Gerichts⸗Verfahrens gewesen. Die übliche Praxis der Gerichte aber sei die unumstößliche Autorität für die Richtigkeit des in diesem Prozesse beobachteten Verfahrens. So weit der General⸗Prokurator. Es antworteten demselben mehrere Richter, welche für und gegen seine Argumentation sprachen. Der ganze Streitpunkt drehte sich, wie es in dem englischen Prozeß⸗Verfahren gewöhnlich ist, um die richtige wörtliche Auslegung der unter dem Schwulst von Worten dunkeln Parlaments⸗Statute, indem von der Gegenpartei die Anwendbarkeit der Akte der Königin Victoria für das Verfahren in der Queens⸗Bench bestritten wurde, da dieselbe nur von Assisen spräche. Es wäre demnach die Frage, ob das Wort Assisen auch den Gerichtshof der Queens⸗Bench mit umfasse, denn daß man bisher nach der Akte verfahren habe, gebe keinen Ausschlag, da Niemand den Grundsatz aufstellen könne, „communis error facit jus.“” Dieser unfruchtbare Streit wurde am Dienstag vertagt, und am folgenden Tage, nachdem der Ober⸗ richter die Erklärungen seiner Kollegen resumirt und sich für die Ver⸗ werfung des Antrages ausgesprochen hatte, erfolgte die Entscheidung des Gerichts. Dem darauf erfolgenden Antrage des General⸗Pro⸗ kurators, daß die Angeklagten sogleich plaidiren sollten, entsprach gleichfalls der Gerichtshof, worauf jene „nicht schuldig“ plaidirten.
Die ministeriellen Blätter jubeln über ein solches Resultat und sehen den General⸗Prokurator von allen Vorwürfen wegen seiner früheren vorgeblichen Fehler aufs glänzendste gereinigt. So ruft der Standard aus: „Dies Resultat ist die Antwort des General⸗ Prokurators für Irland auf die Anschuldigungen von Unfähigkeit, welche die unwissenden und übelgelaunten Kritiker der konservativen Presse gegen ihn erhoben haben. Er hatte es mit dem verschmitztesten und gewissenlosesten Gegner zu thun, welchen jemals ein Staats⸗An⸗ walt sich gegenüber gehabt hat — mit einem Manne, von dem gerühmt wurde, daß er einen Wagen mit sechs Pfer⸗ den durch jedes Statut durchtreiben könnte — einem al⸗ ten Professor legaler Schikane, der im Laufe seiner vierzig⸗ jährigen Praxis hintereinander die General⸗Prokuratoren dreier Re⸗ gierungen besiegt hat. Diesen hat Herr Smith innerhalb 14 Tagen gezwungen, trotz aller seiner Ausflüchte, sich dem Richterspruche des Landes zu unterwerfen. Es ist ihm dies nur gelungen durch seine Rechtskenntniß, seine Geschicklichkeit und seine Energie, und darum muß man ihm das billige Lob spenden, das er verdient.“ Der Tri⸗ umph des ministeriellen Blattes scheint zu früh zu kommen, denn noch ist nichts über den Ausgang des Prozesses entschie⸗ den, und noch ist es ungewiß, welche Hindernisse die An⸗ geklagten der unmittelbaren Verhandlung ihrer Sache in den Weg stellen werden. O' Connell hat beschlossen, der wegen „Monster⸗ Meetings“ anhängig gemachten Anklage einen „Monster⸗Prozeß“ entgegenzustellen und 170,000 Zeugen — Personen, welche bei den Meetings anwesend waren zu seiner Vertheidigung zum Verhör vorzuschlagen, was allein, selbst wenn die Zahl der Zeugen weit über⸗ trieben ist, die Beendigung des Prozesses in dieser Gerichts⸗Session unmöglich machen dürfte. Wenn auch der Regierung vielleicht an der wirklichen Ueberführung O'Connell's nicht viel gelegen sein und sie dieselbe von vornherein für zweifelhaft gehalten haben mag, wenn es ihr dagegen von weit größerer Wichtigkeii erscheinen mußte und auch gewiß erschienen sein mag, durch den Prozeß das ganze Repealgetriebe vor Gericht konstatiren zu lassen, um auf Grund dieser Umtriebe vom Parlamente neue Repressionsmittel verlangen zu können, so durchschaut O'Connell doch diese Pläne der Regierung zu gut, um nicht Alles aufzubieten, die Verhandlung über die An⸗ klagepunkte so weit wie möglich hinauszuschieben, und vor der Er⸗ öffnung des Parlaments den Fortschritt des Prozesses nicht weit ge⸗ deihen zu lassen. Es sind deshalb noch immer sehr viele Gründe für die Besorgniß vorhanden, daß das Verfahren der Regierung in Irland nicht die erwarteten Resultate, vielmehr ernste Verlegenheiten n der nächsten Parlaments⸗Session für dieselbe haben dürfte.
Herr von Chateaubriand ist in Begleitung seines Secretairs, des Marquis d'Espenel, und des Vicomte von Tocqueville gestern hier ingetroffen.
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Brüssel, 25. Nov. In der gestrigen Sitzung der Repräsen⸗ anten⸗Kammer wurde beschlossen, daß zur Prüfung des Budgets des Kriegs⸗Departements nicht eher geschritten werden solle, als bis der i der letzten Session versprochene Entwurf einer Organisation der Armee zur Vorlage gekommen sei.
Der größte Theil der gestrigen Repräsentanten Sitzung wurde nit der Berichterstattung über eingegangene Bittschriften und An⸗ nahme oder Zurückweisung derselben hingebracht. Eine längere De⸗ batte verursachte eine Petition mehrerer Arbeiter aus den beiden Flandern, welche baten, daß man ihnen durch Gewährung von Mit eln zum Erwerb ihres Lebens⸗Unterhalts zu Hülfe kommen, sie von
allen Steuern befreien und den Arbeitern das Stimmrecht bei den
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ahlen zu den Kammern und zu den Provinzial⸗ und Kommunal⸗ Conseils bewilligen möge. Die Kommission hatte auf Zurückweisung der ganzen Bittschrift angetragen, weil dieselbe ein Verlangen in sich schließe, welches auf Umsturz der ganzen bestehenden Ordnung gerich⸗ tet sei, weil es das allgemeine Wahlrecht begehre. Nur ein einziges Mitglied, Herr Castiau, sprach für Annahme der Petition und meinte, man dürfe nicht deshalb, weil eine politische Forderung darin enthal⸗ ten sei, diejenigen Gesuche auch mit zurückweisen, zu deren Anbringung jeder Belgier berechtigt sei. Herr Delehaye schlug vor, die Bittschrift zu theilen und nur die beiden ersten Theile derselben zuzulassen, den dritten aber zurückzuweisen. Doch der Minister des Innern, Herr Nothomb, erklärte sich sehr ent schieden auch gegen eine solche theilweise Entgegennahme, weil die ganze Fassung der Bittschrift in einem vollkommen radikalen Tone gehalten sei, indem man unter Anderem darin sage, eine halbe Million Einwohner in dem kleinen Königreich Belgien sei durch Armuth zur Verzweiflung getrieben und bereit, sich den schrecklichsten Verheerungen hinzugeben. Der Minister machte darauf aufmerksam, daß, wie die Regierung ganz bestimmt wisse, hinter dieser Petition eine völlig organisirte Bewegung des Radikalismus verborgen sei, die von einer bekannten Person in Brüssel ausgehe, und die man nimmermehr ermuntern dürfe. Die Kammer pflichtete dieser Ansicht bei, indem sie schließlich die besagte Petition ohne Abstimmung zurückwies.
Das Marine⸗Budget hat in den Sectionen schon zu sehr leb⸗
923 haften Debatten Anlaß gegeben; einige Mitglieder protestirten sehr heftig gegen den für den Dienst des von der Regierung angekauften Dampfboots „British Queen“ verlangten Kredit und erklärten, sie würden einer fortwährenden Kredit⸗Bewilligung für eine Unterneh⸗ mung, die niemals einträglich sein werde, die Demolirung jenes Fahr⸗ zeuges vorziehen. [En
RMom, 15. Nov. (A. Z.) Ich kann aus guter Quelle ver⸗ sichern, daß die Gerüchte falsch sind, welche sich neuerdings über die angeblich eingereichte Entlassung des Staats⸗Secretairs Kardinal Lambruschini verbreiten. Wahrscheinlicher, jedoch auch nicht entschie⸗ den, ist der Rücktritt des Kardinals Tosti als Protesoriere, indem die vielen Geschäfte, welche das Tesoriat mit sich führt, seine Gesundheit zu untergraben drohen, zu deren Wiederherstellung zu Anfang d. M. der Kardinal sich genöthigt sah, einen Ausflug ins Gebirge vor⸗ zunehmen.
Gestern Abend ist der Königl. preußische Minister⸗Resident, Le⸗ gationsrath von Buch, nach einer viermonatlichen Reise aus den deutschen Bädern auf seinen Posten hierher zurückgekehrt. Unter den zahlreichen Fremden, die hier eintreffen, bemerkt man den Lord Ashbur⸗ ton und den Ex⸗Minister in Mexiko, Herrn Gutierrez de Estrada.
Neapel, 12. Nov. (A. Z.) In den hiesigen Salons erregt eine Mission des Fürsten di Carini großes Aufsehen, besonders gab die Heimlichkeit, womit sie ausgeführt wurde, zu vielfältigen Vermu⸗ thungen Anlaß. Der Fürst schiffte sich auf Königlichen Befehl auf einem der Regierungs⸗Dampfböte ein, welches vorher prachtvoll aus⸗ gerüstet und mit vielem Silbergeräth versehen worden war. Er hatte Befehl, seine Papiere erst auf der Höhe von Korsika zu eröffnen. Fürst Carini, gegenwärtig Direktor im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, zu welchem Posten er erst vor drei Monaten beru⸗ fen wurde, ist als Diplomat hier, in Madrid und Paris unter dem Namen Don Antonio la Grug bekannt. In Paris war er speziell mit den Verhältnissen des spanischen Hofes und namentlich für die Königin Marie Christine beauftragt.
Palermo, 10. Nov. Ein heftiges Ungewitter, verbunden mit ganz unerwartetem Windstoß aus Südwest, hat sehr bedeutenden Schaden angerichtet. Das Wehklagen der Menge, Weiber und Kin⸗ der, welche heut in den Kirchen im Staub hingeworfen die Gottheit um Hülfe und Trost anflehen, läßt großes Unglück befürchten; einige 30 Familienväter von den gestern ausgelaufenen Fischern, sind noch nicht wieder zurückgekehrt. Es bildet die Klasse der Schiffer und Fischer hier einen eigenen von der übrigen Bewohnerschaft der Insel ganz verschiedenen Menschenschlag; täglich und sogar stündlich im Kampfe mit dem trüglichen Element scheinen diese Menschen mit ihrem Gewissen und ihrem Gott im Reinen zu sein, sie sind im Umgang traulicher, redlicher, offener, man kann auf sie bauen, ihr Wort ist heilig, es werden Tausende an Werth Schiffs⸗-Patronen anvertraut, welche den Ladungsschein dafür nur mit einem Kreuze zu zeichnen verstehen, und man ist dabei ruhig. Ueberhaupt zeichnen sich die sicilianischen Schiffer, gut geleitet nun durch einen aufblühenden Anflug junger Schiffs⸗Capitaine, durch Muth, Eifer, Thätigkeit und Mäßigkeit vortheilhaft aus, sei es als Matrosen an Bord der weitsegelnden Kauffahrer oder als Fischer im kleinen leicht zerschellenden Kahne. Der Herzog von Aumale ist noch in Neapel, wo sich die Festlichkeiten zu seiner Ehre drängen. Der Prinz soll auch nach Sicilien herüberkommen. Bekanntlich besitzt Ludwig Philipp in Palermo noch den Palast, worin einige seiner Kinder geboren wurden.
Der König nimmt sich mit dem ihm eigenen Eifer für alle seine Unternehmungen auch der neuen Kolonie auf Lampedusa an. Alles, was zur Aufhülfe der Kolonisten geeignet ist, Baumaterialien, Saat und Brodkorn, Lebensmittel aller Art, Ackerbau⸗ und sonstige Geräth⸗ schaften, kleines und großes Vieh u. s. w. sollen, nach einer Ministe⸗ rial⸗Verordnung, auf Befehl Sr. Majestät und auf Kosten der Re⸗ gierung hinübergeschafft werden. Auch sollen Versuche mit Korallen⸗ fischerei gemacht werden, und es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß dieselbe ergiebig ausfallen muß.
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Paris, 24. Nov. Telegraphische Depeschen aus Spanien.
Perpignan, 21. Nov. Barcelona hat vorgestern ka⸗ pitulirt; die Truppen (der Königin) sind gestern daselbst eingerückt; die Bedingungen der Uebergabe sind ungefähr dieselben, wie die, welche den Insurgenten von Saragossa bewilligt wurden.
Barcelonette, 20. Nov. Die Insurgenten, da sie sahen, daß ein allgemeiner Angriff (auf Barcelona) nahe bevorstehe, haben seit zwei Tagen Kommission auf Kommission an den General Capitain Sanz abgeordnet, um eine bessere Capitulation zu erlangen, als die, welche man ihnen am 11. November angeboten hatte. Der General⸗ Capitain hat weitere Zugeständnisse gemacht; dieselben sind motivirt durch den allgemeinen Wunsch, die Regierung der Königin Isabella mittelst eines großen Akts der Milde und Versöhnung inaugurirt zu sehen. Die Truppen rücken in diesem Augenblick in die Stadt. Die Blokade bleibt noch drei Tage beibehalten. Die kompromittirten Häupter (Insurgenten⸗Chefs), welche der General⸗Capitain bezeichnet hat, werden sich auf ein französisches Fahrzeug einschiffen, das sie nach Port⸗Vendres bringen soll. ““ elona, 22. Nov. Die Truppen der Königin haben ohne Schwierigkeit von allen Posten dieser Stadt Besitz genommen; der General⸗Capitain hat gestern ein neues Ayuntamiento ernannt und installirt. Da die bewaffneten Milizen Erzesse gegen die Militairs begangen und aufrührerisches Geschrei erhoben haben, so ist heute Vormittag ein Bando erlassen worden, das die Entwaffnung aller Einwohner von Barcelona anordnet. Diejenigen, welche ihre Waffen nicht innerhalb sechs Stunden abgeben, sollen mit dem Tode bestraft werden. Die Mitglieder der Junta und etwa hundert Offiziere der Frei⸗Corps oder National⸗Milizen gehen heute nach Frankreich ab, und zwar auf dem „Cameleon“ oder dem „Phenicien“; sie sind mit Pässen vom General⸗Capitain versehen.
Bayonne, 22. Nov. Ein Königl. Dekret verfügt die Ernene⸗ rung der Ayuntamientos nach dem bestehenden Gesetze. —Briefe aus Perpignan vom 20. November melden, daß die Häuser der angesehensten Kaufleute in Barcelona am 18ten, also am Tage vor der Uebergabe, von den Insurgenten Haufen geplün⸗ dert woͤrden sind.
058 Madrid, 18. Nov. Gestern hatte das diplomatische Corps die Ehre, auf Veranlassung des Regierungs⸗Antritts Ihrer Majestät der Königin, sich dieser vorzustellen. Der portugiesische Gesandte richtete, als der älteste der hier bevollmächtigten Minister, folgende Anrede an die Königin:
„Señora! Das bei Ew. Majestät beglaubigte diplomatische Corps fühlt in diesem feierlichen Zeitpunkt, an welchem Ew. Majestät die Zügel des Staats übernommen haben, die Verpflichtung, Ihnen die Huldigung seiner aufrichtigsten und ehrfurchtsvollsten Glückwünsche zu Füßen zu legen. Die Mitglieder des diplomatischen Corps, durch drungen von den Gesinnungen, von denen ihre Höfe belebt sind, hegen
die glühendsten Wünsche für die Person Ew. Majestät und geben 8 der Hoffnung hin, daß dieses große Ereigniß, welches alle Unter⸗ thanen Ew. Majestät um Ihren Thron vereinigt, eine Epoche des Friedens und Heils für Ihr Volk eröffnen und zugleich zur Be-⸗ festigung und Erweiterung der unerschütterlichen freundschaftlichen Verhältnisse beitragen werde, welche die durch sie vertretenen Regie⸗ rungen mit der Ew. Majestät verbinden.“ 21 n. Die Königin geruhte darauf Folgendes zu erwiedern: 8
„Ich habe mit besonderem Vergnügen die Wünsche vernommen, welche Sie zu Gunsten Meiner Wohlfahrt und der des Volkes, über welches Ich regiere, im Namen des diplomatischen Corps so eben dar gelegt haben, und, wenn die Vorsehung Meinen Anstrengungen ihren Segen ertheilt, so hoffe Ich auch, daß Meine Regierung die Ruhe dieser hochherzigen Nation befestigen, und zu gleicher Zeit die Bande der Freundschaft, die sie mit den Regierungen, welche Sie auf wür⸗ dige Weise vertreten, verknüpfen, noch enger anziehen werde.“ Ddiesen Vormittag wohnte die Königin, begleitet von der In⸗ fantin, ihrer Schwester, und einem glänzenden Hofstaate, dem feier⸗ lichen Tedeum bei, welches in der Kirche der heiligen Jungfrau von Atocha abgesungen wurde. In allen Straßen wurde Ihre Majestät mit dem lebhaftesten Jubel begrüßt.
Die Ungewißheit der Lage des Ministeriums dauert fort. In einer gestern Abend stattgefundenen Versammlung der leitenden Mit⸗ glieder des Kongresses erklärte Herr Cortina, er könne auf keinen Fall in das Ministerium eintreten, und gerade weil Herr Olozaga sehr wohl gewußt habe, daß er nicht eintreten könne, habe er (Olozaga) daͤrauf bestanden. Herr Cortina erklärte ferner, er werde an keinem Coalitions⸗Ministerium Theil nehmen, weil er sich zu progressistischen Grundsätzen, im legalen Sinne des Wortes, bekenne. Diesem Glau⸗ bens⸗Bekenntniß sollen sich 67 Deputirte angeschlossen haben, mit der Bedingung jedoch, daß die progressistischen Grundsätze nicht auf dem 3 Wege der Emeuten, sondern im Schoße der National⸗Vertretung zur Anwendung zu bringen wären.
Diesen Abend hat es den Anschein, daß das Ministerium Lopez blei⸗ ben werde und auf die Majorität in den Cortes rechnen könne. Geschieht dieses, so hat Olozaga sich aufs neue als geschickter Geschäftsmann bewährt, denn die Aufgabe, die er selbst sich gestellt hatte, bestand darin, denen, die auf seinen Eintritt ins Ministerium beharrten, dar⸗ zuthun, daß, aller seiner Bemühungen ungeachtet, er sich auf seinen bisherigen diplomatischen Wirkungskreis beschränken müsse.
ml Paris, 21. Nov. Die Botschafter⸗Stafette, welche Ma⸗ drid am 19ten l. M. Morgens verließ, meldet heute, daß die ministe⸗ rielle Krisis in Spanien bis zu jenem Tage keinen Schritt vorwärts gemacht hat, sondern, allem Anscheine nach, noch längere Zeit dauern wird. Die Hauptschwierigkeit rührt von Herrn Cortina her, welcher erklärt hat, er werde nie ein Portefeuille in einem⸗Kabinet annehmen, welches aus den verschiedenen Nüancen der parlamentarischen Coa⸗ lition zusammengesetzt sein soll, sondern damit er sich herbeilasse, die Macht in Händen zu nehmen, verlangt er, ermächtigt zu werden, ein rein progressives Ministerium zu bilden. Auf der anderen Seite hat die am 17ten zwischen dem Präsidenten des Conseils und dem Herrn Olozaga in der Deputirten⸗Kammer stattgefundene Diskussion den General Serrano und dessen Kollegen, welche dem Herrn Olozaga versprochen hatten, in dem von Letzterem zu bildenden neuen Ministerium zu verbleiben, bewogen, ihr Wort zurückzunehmen. Da Herr Olozaga bei der obschwebenden Spaltung der Deputirten⸗Kam⸗ mer schwerlich die Elemente zu einem neuen Kabinet finden wird, so glaubt man, daß er abermals die Königin ersuchen wird, ihren Einfluß anzuwenden, um das provisorische Ministerium so lange zu erhalten, bis ein dauerndes Kabinet aus der Mitte der parlamentarischen Ma⸗ jorität wird hervorgehen können.
Der Namenstag der Königin (19.) sollte mit dem üblichen Hand⸗ kusse bei Hofe gefeiert werden. Die Munizipalität der Hauptstadt war mit den Anstalten beschäftigt, um die Feier des Namensfestes Ihrer Majestät durch außerordentliche Freudensbezeigungen von Sei⸗ ten der Einwohner zu verherrlichen. Im Königlichen Palast wurden die Appartements der Königin Mutter, Marie Christine, zum Empfange derselben eingerichtet, deren Ankunft in Madrid nächstens erwartet wird.
** Paris, 24. Nov. Nach den heute eintreffenden Blättern von der Pyrenäen⸗Gränze können die neuen Unterhandlungen, welche die endliche Unterwerfung von Barcelona herbeigeführt, erst am 18ten begonnen haben. Bis zum Abend des 17ten war nämlich kein Ver⸗ such gemacht, die am 13ten abgebrochenen Negociationen wieder an⸗ zuknüpfen, es hatte vielmehr noch an jenem Tage ganz den Anschein, als solle die schwebende Frage durch das Schwerdt gelöst werden. Am 13ten war die Capitulation dem Abschlusse schon ganz nahe ge⸗ wesen, die Junta hatte ihre Gewalt bereits in die Hände des Ayun⸗ tamiento niedergelegt, und sie dachte nur noch daran, den Bord eines fremden Schiffes zu erreichen, um so der Rache des Volkes, dessen Wuth zu fürchten war, zu entgehen, und das Ayuntamiento hatte sogar schon den Entwurf der Capitulation unterzeichnet und in das Hauptquartier des Generals Sanz zurückgeschickt, als plötzlich die An⸗ kunft des vom Obersten Amettler aus Figueras abgeschickten Boten Alles wieder rückgängig machte. Auf die Mittheilung Amettler's, daß er stark genug und entschlossen sei, der ganzen Heeres⸗ macht der Madrider Regierung ein Jahr lang Trotz zu bieten, gewann die kriegerische Partei in Barcelona sogleich von neuem die Oberhand. Die Unterhandlungen wurden kurz abgebrochen, der Waffenstillstand wurde aufgekündigt, und man beschäftigte sich von beiden Seiten nur noch mit den Rüstungen zu dem für unvermeidlich gehaltenen Kampfe. Der General Sanz, welcher bisher so wenig auf die Nothwendigkeit eines regelmäßigen Angriffs gegen Barcelona ge⸗ rechnet hatte, daß er nur 2 Batterieen aufwerfen lassen, in denen übrigens das Geschütz noch fehlte, ließ ununterbrochen an der Errich⸗ tung von 4 Bresche⸗Batterieen arbeiten, deren Feuer am 19ten be⸗ ginnen sollte. Die Feindseligkeiten ruhten inzwischen auf beiden Sei ten. Durch den Telegraphen erfahren wir nun, daß die Barceloneser bei dem immer näheren Heranrücken der Gefahr sich doch zuletzt dazu verstanden haben, die ersten Schritte zur Wiederanknüpfung der Un⸗ terhandlungen zu thun. Nichtsdestoweniger hat Barcelona bei der am 19ten abgeschlossenen Capitulation nicht blos die ihm am 11ten ange⸗ botenen, sondern sogar noch bessere Bedingungen erlangt. Es steht, obgleich der Telegraph diesen Punkt nicht ausdrücklich erwähnt, nicht zu bezweifeln, daß die Aufrechterhaltung der National⸗Garde von Barcelona einen der wichtigsten Artikel der Capitulation gebildet, und da sich der General Sanz nun einmal veranlaßt gefunden, den Bar⸗ celonesern dieses allerdings große Zugeständniß zu machen, so ist es lebhaft zu bedauern, daß er durch die Umstände in den Fall gesetzt ist, den fraglichen Artikel zu verletzen oder zu umgehen. Denn als Verletzung oder Umgehung eines ausdrücklich gegebenen Versprechens wird natürlich die am 22sten erfolgte Entwaffnung der National⸗Garde von der Bevölkerung von Barcelona, und vielleicht nicht von ihr allein, angesehen werden, obgleich die Gewaltthätigkeiten und Schmähungen einiger National⸗Gardisten gegen Militair-Personen den Vorwand zu dieser Maßregel hergegeben haben. Außerdem läßt sich aus allgemei⸗ nen Gründen bis auf Weiteres in Zweifel ziehen, ob die Auflösung des Ayuntamiento von Barcelona, oder ob wenigstens die eigenmäch⸗ tige Einsetzung einer neuen städtischen Behörde durch den General⸗