1844 / 54 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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Staatsrath Freiherr von Rüdt: Nicht aus Willkür, sondern aus guten Gründen hat man jene Maßregeln getroffen. Die Re⸗ gierung ist bei dieser Partikularsache selbst gar nicht betheiligt, es handelt sich um Wahrnehmung von Verhältnissen dritter Personen und von der Erfüllung wichtiger und heiliger Pflichten. Auch ist kei⸗ nesweges befohlen, daß nur einer Partei, einer Ansicht in den Weg getreten werden soll, sondern es ist ohne Unterschied alle und jede Erörterung dieser Sache, von welchem Standpunkte aus sie auch ge⸗ schrieben sei, untersagt. Von einer Herabwürdigung des Volkes, von einem Abweichen früherer Grundsätze kann durchaus nicht die Rede sein; das Volk selbst ist bei dieser Anordnung völlig unbetheiligt, die Zeitungsschreiber und Pamphletisten sind es, die bei uns und in an⸗ deren Ländern Verdruß und Unruhe herbeiführen wollen, und die jede Veranlassung willkommen ergreifen, um für ihre Feder bezahlt zu werden oder neuen Stoff zu finden. Nur gegen diese ist die Maß⸗ regel gerichtet, nicht gegen das Volk. Ich wiederhole, daß ich für die fragliche Anordnung verantwortlich bin.

von Itzstein: Er gehöre auch zu den Gutdenkenden, an die der Herr Regierungs⸗Commissair appellirt habe, halte aber auch für seine Pflicht, Maßregeln der Regierung zu rügen, wenn er in ihnen Beeinträchtigungen der Rechte des Volkes finde, und diesem sei durch jene Maßregel sein Recht gekränkt. Was den Gebrauch von solchen Stoffen für die Zeitungen betreffe, so werde das Volk Artikel über die von Habersche Sache mit eben solcher Geduld lesen, als andere, die ewigen Litaneien von Eisenbahnen ꝛc.

Bassermann: Die von Habersche Angelegenheit habe zwei Seiten, eine persönliche und eine öffentliche, allgemeine. Was die erstere betreffe, so möge sie allerdings ihr Interesse längst verloren haben; übrigens aber sei daraus noch nicht eine solche Bevormundung, wie sie eingetreten, herzuleiten. leuchtung der anderen Seite der Frage und verbreitet sich vorzüglich über das Thatsächliche des stattgehabten Tumultes, bei dem allerdings die öffentliche Sicherheit von Personen und Eigenthum in hohem Grade betheiligt sei. Der Regierung möchte selbst daran liegen, die streugste Untersuchung dieser Scenen zu betreiben und die Schuldigen zu entdecken, damit jeder Zweifel über die Unparteilichkeit derselben verschwinde. Darum verlange er, daß das Ministerium diesen Theil der Untersuchung aktenmäßig veröffentliche; er verlange es, im In⸗ teresse der öffentlichen Moral, der Civilisation, im Interesse aller Be⸗ theiligten selbst.

Staatsrath Frhr. von Rüdt bemerkt in Bezug auf den letzten Theil der Rede des Abg. Bassermann, daß die Regierung früher be⸗ reits eine aktenmäßige Mittheilung gemacht habe, und daß es ihre Absicht sei, sobald die Erkenntnisse über die verschiedenen abgesonderten Untersuchungen erfolgt seien, das Geeignete darüber nachträglich bekannt zu machen, mit Schonung freilich persönlicher Rücksichten, da die Regierung es nicht verantworten könnte, wenn sie eine Bekanntmachung in solcher Weise erließe, daß dadurch eine ausgesprochene Strafe geschärft oder irgend ein Nachtheil für ein Individuum herbeigeführt würde, welches für eine Handlung bereits seine Verantwortung getragen habe. Die dienstpolizeilichen Angelegenheiten seien durch Erkenntniß der höchsten Staats⸗Behörde erledigt, und diejenigen Punkte, die sich vor das militairische Forum eigneten, würden ihre Erledigung erhalten, sobald die Akten, die von dem Hofgerichte eingefordert wurden, um in der Hauptsache zu erkennen, zurückgekommen sein würden. Die Regierung wolle weder eine Verheimlichung, noch eine besondere Schonung oder Verzögerung.

Bassermann: Aus der Rede des Herrn Regierungs⸗Com⸗ missairs scheine hervorzugehen, daß man eine ähnliche Veröffentlichung, wie die frühere in der Karlsruher Zeitung, erhalten werde; letztere aber sei in keiner Weise für befriedigend zu halten, da sie den Vorgang nicht vollständig aufkläre; eine ähnliche Rechtfertigung werde daher das verletzte Rechtsgefühl nicht befriedigen.

Staatsrath Freiherr von Rüdt: Es wird, der Wahrheit ge⸗ mäß, Alles mitgetheilt werden, was das Publikum in dieser Hinsicht interessiren und was besonders das Land beruhigen kann. Wir er⸗ warten nur die Erkenntnisse, die von Seiten der Gerichtshöfe und der Militair⸗Behörde gegeben werden müssen; denn ohne diese läßt sich irgend etwas Geeignetes nicht wohl veröffentlichen.

Mathy verbreitet sich besonders über die vom Abg. von Itz⸗ stein angeregten drei Fragen. Seine Rede erregte vielfache Auf⸗ regung und trug dazu bei, daß mehrseitig das Bedürfniß gefühlt wurde, die Diskussion nicht länger fortdauern zu lassen.

Bader erhob sich, um einen Antrag zu stellen, daß die Dis⸗ kussion geschlossen und die Kammer folgenden Beschluß fassen möge, nachdem er zuvor sein lebhaftes Bedauern ausgedrückt, daß solche Vorgänge, wie sie im September v. J. in Karlsruhe vorgekommen, hätten möglich sein können. Sein Antrag ging dahin:

„Indem die Kammer den Vorfall vom 5. September 1843 be⸗ klagt, legt sie den Wunsch zu Protokoll nieder, es möge der Groß⸗ herzoglichen Regierung noch gelingen, vollständiger, als es schon ge⸗ schehen ist, aufzuklären, ob und wie es ohne weiteres Verschulden der Behörden möglich gewesen sei, daß die gegen das Eigenthum eines Bürgers verübten Gewaltthätigkeiten stundenlang fortgesetzt werden konnten, ehe ihrer Einhalt geschah, und daß anderenfalls diejenigen, die den Mangel an Rechtsschutz verschuldet haben, ermittelt und zur Strafe gezogen werden. Die Kammer spricht dabei zugleich die Er⸗ wartung aus, daß die Großherzogliche Regierung die angeordnete Unterdrückung jeder weiteren öffentlichen Mittheilung in dieser Sache als eine ungebührliche Beschränkung der Presse in inneren Angelegen⸗ heiten zurücknehmen werde.“

Auf die Frage des Präsidenten: ob die Kammer die Dis⸗ kussion schließen und sofort über den gestellten Antrag abstimmen wolle? spricht die Kammer sich bejahend aus.

Mehrere Redner, die noch zum Worte sich gemeldet hatten, wie

die Abg. Welcker, Schaaf, Rettig, Trefurt, Weizel, konnten daher an

der Diskussion keinen weiteren Antheil nehmen. Bei der erfolgenden Abstimmung nimmt die Kammer den An⸗ trag des Abg. Bader an, und damit wird dieser Gegenstand verlassen.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 18. Febr. (L. Z.)

8 Der Geburtstag der Frau Großherzogin ist ohne öffentliche Festlich⸗ keiten vorübergegangen, da die allverehrte Fürstin, zwar in der Rekon⸗

valescenz von der Grippe⸗Krankheit begriffen, sich doch noch nicht er⸗

1 starkt genug fühlte, die gebräuchliche Gratulation annehmen und an den darauf folgenden Festlichkeiten Theil nehmen zu können.

Indeß nna den Bülletins der Aerzte die gefährliche Krisis gänzlich ge⸗

en. d Heute Mittag um 12 Uhr wurde in Auftrag des Großherzogs Mieieslährige Ein der Zahl der 9te) ordentliche Landtag durch die Minister des Großherzogl. Staats⸗Ministeriums vom Herrn Staats⸗ Geh Reserh. von Gersdorf mit einer Anrede eröffnet, vom Herrn wegen des noch ni Dr. Stichling, die Propositionsschrift verlesen und durch Herrn Geiht zingetroffenen Landmarschalls, Frhn. von Riedesel, Deputirt N. g. und Kanzler, von Müller, den Landes⸗

epu irten als eröffnet angekündigt. Sämmtliche Mitglieder wurden darauf zur Großherzoglichen Mittagstafel eingeladen.

Zum Besten der Hof⸗ kapelle wird heute von Herrn Lißt noch ein Konzert im Hof⸗Theater gegeben, wozu sich bereits eine ziemliche Anzahl Fremde hier eingefunden haben.

Der Redner geht dann über zuͤr Be⸗

Im Thüringer Wald ist in den letzten Wochen eine große Masse Schnee gefallen. Bei schnell eintretendem Thauwetter sind für die 298 der Im und Werra bedeutende Ueberschwemmungen zu be⸗ fürchten.

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 16. Febr. (Schw. Z.) Sicheren gestern Abend hier eingetroffenen Nachrichten zufolge, haben Se. Königl. Hoheit der Großherzog die bei dem hohen Schneefall sehr beschwerliche Reise von Mänchen nach Verona glücklich überstan⸗ den, und sind daselbst im höchsten Wohlsein eingetroffen. Se. Kö⸗ nigl. Hoheit beabsichtigten, am 8ten und 9ten d. in Venedig zu ver⸗ weilen und hofften, am 15ten d. in Rom einzutreffen.

Frankreich. 1.““ Deputirten⸗Kammer. Sitzung vom 16. Februar. Noch ist nicht abzusehen, wann die Kammer der Debatten müde sein wird, welche sie seit acht Tagen schon auf das Jagdgesetz wendet; so viel scheint gewiß, daß sie keine Eil hat, damit zu Ende zu kommen. Heute wurde indeß die Diskussion wenigstens wieder ernsthaft und erhielt eine gewisse Wichtigkeit, denn die Leidenschaften der Opposition spielten ihre Rolle dabei. Es handelte sich darum, die Frage zu er⸗ ledigen, welche die Kammer vorgestern ungelöst gelassen und noch einmal an die Kommission zur Prüfung überwiesen hatte. Der 6te Artikel bestimmt nämlich die Fälle, in welchen der Präfekt die Jagd⸗ Erlaubniß soll verweigern dürfen; es werden zu diesem Zweck jetzt Kategorieen aufgestellt, wo der ursprüngliche Entwurf dem Präfek⸗ ten vollkommene Willkür ließ, und diese Kategorieen waren, in Folge der neuen Abfassung von Seiten der Kommission, in noch bestimmtere und engere Gränzen eingeschlossen. Dessenun⸗ geachtet erhob die Opposition wieder die alten Einwendungen und wollte auch in der jetzigen Fassung noch viel zu viel in die Will⸗ kür des Präfekten gestellt erblicken. Herr Durand namentlich er⸗ klärte, er würde lieber die im 8. Artikel aufgezählten unbedingten Ausschließungen noch ausgedehnt sehen, wenn nur der 6. Artikel un⸗ terdrückt würde. Darauf entgegnete Herr Mermilliod im Namen der Kommission: „Das Amendement der Minorität der Kommission hatte im vorigen Jahre und zu Anfang der diesjährigen Verhandlun⸗ gen fast allgemeine Zustimmung erhalten; erst von dem Augenblicke an, wo die Majorität der Kommission und die Regierung demselben bei⸗ traten, ist es die Zielscheibe Ihres Tadels geworden. So geht es stets: wenn die Regierung ein System nicht will, dann will es die Opposition, und will die Regierung es, dann will es die Opposition nicht mehr“. Unter anderen Beschuldigungen, welche die linke Seite noch erhob, warf Herr Durand auch dem Großsiegelbewahrer vor, daß er der Kammer ein unzureichend vorbereitetes und durchdachtes Gesetz vorgelegt habe. Dies veranlaßte Herrn Martin du Nord zu einer sehr lebhaften Entgegnung, die zu wie⸗ derholten Malen von Beifall unterbrochen wurde. „Ich weise“, sagte der Minister, „die Verantwortlichkeit für alle Hindernisse zurück, auf welche diese Berathung bis jetzt gestoßen ist. Wie soll man sich wiedererkennen unter diesem Hagel von Amendements und Unter⸗ Amendements, der sich seit dem Beginn der Diskussion über uns ausschüttet. Sollte ein solches Verfahren bei Anfertigung der Ge⸗ setze geduldet werden, so würde nicht nur gegenwärtiges, sondern jed⸗ wedes Gesetz unmöglich werden.“ Uebrigens blieben die Bemühungen der Opposition ohne Erfolg: das System der Kategorieen, wie es in den Artikeln 6, 7 und 8 enthalten ist, wurde mit geringen Modifi⸗ cationen, welche eine Verbesserung desselben zum Zweck hatten und von beiden Seiten Zustimmung fanden, in seinen Grundzügen von der Kammer genehmigt. Morgen wird man zu dem Abschnitt über die Strafen für Jagdvergehen schreiten.

Paris, 17. Febr. Die Budget⸗Kommission hat gestern ihre allgemeinen Berathungen beendigt und wird heute zu den Details

übergehen. Zunächst wird sie das Verzeichniß der Dokumente fest⸗ stellen, welche sie von den verschiedenen Ministern zu ihrer Infor⸗ mation verlangen will. Die Patent⸗Kommission hat die Aufschlüsse, welche ihr der Finanz⸗Minister mitgetheilt, gestern in Erwägung ge⸗ ogen. 6 Die Gazette de France enthält einen Brief des Marquis von Laroche⸗Jacquelin an mehrere Bewohner von Fontenay in der Vendée, welche ihn zu ihrem Kandidaten vorzuschlagen beabsichtigten. Der Marquis lehnt diese Ehre ab, da er Ploermel auch ferner zu vertreten gedenke. Auch der legitimistische Deputirte Herr Blin de Bourdon hat an die Wähler von Doullens geschrieben. Er erklärt die Beweggründe seiner Reise nach London und bittet um ihre Stim⸗ men bei der neuen Wahl.

II Paris, 17. Febr. Die Sitzung der Deputirten⸗Kammer war heute wie gestern ausschließlich der Fortsetzung der Diskussion des Jagd⸗Polizeigesetzes gewidmet, ohne daß etwas von besonderem Interesse vorgekommen wäre. Man kam bis zum Artikel 11. Man glaubt, es werde die Debatte noch Montag sogar nicht zu Ende kommen. Man sieht aus dem ganzen Gange der Debatte, daß es von Seiten der Opposition in vielfacher Beziehung auf kleinliche Neckereien gegen das Ministerium abgesehen ist. Die Kommission für das Budget hat heute mit Untersuchung des Zustandes der ein⸗ geschriebenen Schuld ihre Arbeiten begonnen. Die Kommission für das Gesetz über die Patente hat gleichfalls ihre Arbeiten fortgesetzt. Am Mittwoch beginnt die Diskussion des Vorschlags des Herrn von Ré⸗ musat über die parlamentarischen Inkompatibilitäten, man glaubt, sie werde wohl drei Sitzungen in Anspruch nehmen. Herr Gaulthier de Rumilly hat heute auf dem Büreau der Kammer eine Petition der Einwohner von Chamond zu Gunsten der Freiheit des Unter⸗ richts niedergelegt.

Paris, 17. Febr. Die Diskussion des Jagd⸗Gesetzes in der Deputirten⸗Kammer wird ein wahrhafter Spaß, der übrigens einen um so unangenehmeren Eindruck macht, als man allgemein behauptet, daß das Gesetz bei der Abstimmung über das Ganze verworfen wer⸗ den wird. Die Opposition ihrerseits ist mit ihrem Plan für die ganze Session fertig. Das Ministerium bei allen seinen Vorschlägen ohne Rücksicht auf deren Nützlichkeit oder Dringlichkeit, zu necken, die Dis⸗ kussion aller Gesetz⸗Entwürfe zu erschweren, so viel wie nur möglich politische Debatten anzuregen; das ist das Programm der Linken, wie Herr Thiers es selbst entworfen hat. Das Ministerium befindet sich in der größten Verlegenheit hinsichtlich der Eisenbahnen. Welchen Beschluß es auch fassen, was es auch thun mag, überall wird es auf einen organisirten Widerstand stoßen. Es sieht jetzt ein, daß das Gesetz von 1812 fast ein todter Buchstabe ist und daß man zu an⸗ deren Combinationen schreiten muß, wenn unser Eisenbahnnetz endlich einmal ausgeführt werden soll. Das Problem wird durch mehrere Ansprüche, die nicht leicht zu befriedigen sind, immer verwickelter. Unsere Financiers sind entschlossen, sich nicht abweisen zu lassen und

ch der einträglichsten Linien zu bemächtigen. Man weiß, daß sie, ch gt im Ministerium, als in den beiden Kammern großen Einfluß

besitzen. Die Wiedererwählung der ausgeschiedenen legitimistischen Depu⸗ irten beschäftigt die Partei außerordentlich, obgleich sie in ihren ournalen des Resultats sicher zu sein scheint. Herr Berryer ist sehr

kummervoll und entmuthigt. Seine finanzielle Lage ist sehr bedrängt;

seine Schulden werden auf 500,000 Fr. angegeben. Er befindet sich in beständigem Kampfe mit seinen Gläubigern, und die Unterstützung, welche die Partei ihm zukommen läßt, ist durchaus unzureichend füͤr seine Ausgaben. Die letzte in dieser Beziehung angestellte Samm⸗ lung hat etwa 60,000 Fr. eingebracht; aber eine solche Summe ist eine Ausnahme, und für gewöhnlich beträgt die Subscription bei wei⸗ tem nicht so viel. Da er kein Vermögen besitzt, so ist er natürlich auf die Unterstützung, die er von seiner Partei erhält, angewiesen; da diese aber nicht hinreichend ist, so befindet sich der berühmte Redner in beständiger Verlegenheit. Er wird am Sonnabend nach Marseille abreisen, um seine Wiedererwählung zu betreiben. Er thut wohl daran, denn die Regierung bietet in jener Stadt alle ihr zu Gebote stehen⸗ den Mittel auf. Die legitimistischen Journale von Marseille geben sich übrigens das Ansehen, als ob sie den Erfolg für gesichert hielten. „Wenn die Wahlen vom 2. März“, sagt die Gazette du Midi, „der freien und natürlichen Aeußerung der Meinung überlassen wären, so würde Marseille seinen ausgezeichneten Deputirten wieder wählen, ohne daß ein ernstlicher Kampf zwischen den Wählern stattfände. Die Intrigue, die Drohung, alle jene kleinen Mittel, über welche die Autorität, den Gesetzen zum Trotz, gebietet, sind jetzt die einzigen Mittel, die wir zu fürchten haben; aber was vermögen sie gegen den festen Entschluß aller unabhängigen Wähler und gegen die allgemeine Gesinnung, die im Voraus die Niederlage der Regierung verkündigt

und ihr nicht einen einzigen Kandidaten unter denen läßt, die sie ge⸗ wählt haben wollte.“

m Paris, 17. Febr. Die Regierung verdoppelt ihre An⸗ strengungen, um die Wiedererwählung des Herrn Berryer als De⸗ putirten von Marseille zu vereiteln. Da sonst schwerlich irgend ein Kandidat dem Herrn Berryer den Sieg bestreiten könnte, so hat das Kabinet zu seinem Kandidaten den einflußreichsten Mann von Marseille gewählt, in der Hoffnung, daß dessen zahlreiche Freunde ihre Stimmen dem Herrn Berryer versagen werden. Es ist dies der Banquier Pascal, der Rothschild von Marseille, der aber so wenig Lust und Fähigkeit zur Deputation hegt, daß er selbst nie daran gedacht hätte, sich in die Reihen zu stellen. Herr Pascal kam zufällig vor wenigen Tagen in Paris an, um eine seiner Töchter in eine unserer ausge⸗ zeichnetsten Erziehungs⸗Anstalten unterzubringen. Kaum erfuhr der Minister des Innern dessen Ankunft, so überredete er ihn, als politischer Konkurrent des Herrn Berryer aufzutreten. Herr Pascal ist gestern wieder nach Marseille abgereist, um seine Kandidatur an Ort und Stelle zu betreiben. Herr Berryer seinerseits behauptet, er habe von der Konkurrenz des Herrn Pascal nichts zu fürchten, weil die Opposition, die in jenem Wahl⸗Bezirke großen Einfluß hat, sich auf das thätigste für seine Wiederernennung verwendet. Ueber ein Drittel der Wahlmänner, welche für Herrn Berryer stimmen, ge⸗ hört zur radikalen Partei, welche, man muß es gestehen, so sehr sie sich auch vom blinden Parteigeiste beherrschen läßt, dennoch in Be⸗ treff der Wahl-Operationen als die unbestechlichste gilt.

Herrn Berryer abgerechnet, der, nach der Meinung vieler Deputir⸗ ten, wenn er auch an Herrn Pascal nicht einen persönlich gefährlichen Kan⸗ didaten hat, doch durch die Konkurrenz desselben seine Wiedererwählung erschwert finden wird, scheinen die übrigen demissionairen legitimisti⸗ schen Deputirten ihrer Ernennung so sicher zu sein, daß man bereits in den Salons des Faubourg St. Germain ihnen zu Ehren einen gro⸗ ßen Ball vorbereitet. Die zwölf schönsten und elegantesten Damen unter den Legitimisten werden die Dames patronesses dieses Festes sein, wobei, wie man sagt, um den Ausdruck flétrir, womit die legitimistischen Deputirten von der Kammer getroffen wur⸗ den, zu veredeln und zu verschönern, alle Schönheiten des Fanbourg St. Germain mit verwelkten Blumen auf dem Haupte und in ihren Blumensträußen erscheinen wollen, eine Anspie⸗ lung auf das Wort Hleétrir, welches, auf Blumen angewendet, so viel als verwelken machen heißt. Es läßt sich leicht denken, wie sehr das Kabinet bemüht ist, den Legitimisten diese Freude durch die Niederlage eines der demissionairen Deputirten ihrer Partei zu verderben. Darum sind alle Bemühungen der Regierung gegen die Wahl des Herrn Berryer konzentrirt, welcher als das Haupt der Le⸗ gitimisten zu gelten pflegt.

2 Paris, 17. Febr. Der Wallfischfänger „Elizabeth“, der die weite Fahrt von Tahiti bis Havre in 90 Tagen zurückgelegt hat, bringt wichtige Nachrichten von dieser Insel mit. Die Königin Po⸗ mare ist förmlich ihrer Regierung entsetzt worden wegen angeblicher Verletzungen des Vertrags, wodurch das französische Protektorat über sie festgestellt wurde. Der Contre⸗-Admiral Dupetit⸗Thouars hatte im Namen Frankreichs von Tahiti Besitz genommen, und die französi⸗ sche Flagge wehte allein noch auf der Insel, als Zeichen der Sou⸗ verainetät Frankreichs. Ich hoffe, Ihnen vielleicht morgen schon Näheres darüber mittheilen zu können. Die „Elizabeth“ brachte mehrere Pakete Depeschen für die Regierung mit. Aus dieser Be⸗ sitznahme könnten leicht neue Verwickelungen zwischen Frankreich und England entstehen.

8 Grossbritanien und Irland.

Unterhaus. Sitzung vom 13. Februar. Die Rede des

Herrn Wyse, des katholischen Mitglieds für Waterford, zur Unter⸗

stützung des Antrages Lord Russell's, die irländischen Beschwerden durch ein Comité des ganzen Hauses untersuchen zu lassen, zeichnete sich eben so durch große Mäßigung als ihre eindringliche Sprache aus. Der Redner hatte sich namentlich die religiösen Verhältnisse des Laudes zum Thema gewählt und außer einem besseren Systeme der Volks⸗Erziehung die Gleichstellung der beiden Kirchen in Irland verlangt. Er wollte nicht den katholischen Klerus an die Stelle des protestantischen gesetzt, aber wohl die Alles absorbirende Stellung des letzteren geändert sehen. Man solle beide Kirchen auf eine gleiche Stufe stellen, jede Kirche für ihre Geistlichen sorgen lassen und

daraus die erfreulichsten Resultate erwarten. b „Ist dies geschehen“, so schloß Herr Wyse, „und sind andere derartige

Maßnahmen getroffen, habt Ihr die Staatsprozesse üngeeden und d Basonette von Euch gelegt, dann erst wird Euch das irläͤndische Volk mehr als Lippendienst, es wird Euch wahre Zuneigung des 9 widmen. Ist es nicht eine Schmach für Euch in den Augen von ganz Europa, daß Irland sich in seinem jetzigen Zustande befindet? Es ist eine gerechte Ver⸗ geltung, der sich Staaten wie Individuen unterwerfen müssen, daß sie näm⸗ lich nicht Unrecht thun können, ohne daß die Folgen sie selbst treffen. Eine

Gefahr nach der anderen habt Ihr zu bestehen, eine Revolte nach der an deien zu unterdrücken gehabt. Das find die Früchte der Saaten, die Ihr gesäet habt. Da hat Irland neben Euch gestanden, mitten in seiner Armuth, bedrückt und mißvergnügt, aber dennoch stark; da steht es fort und fort Euch zur Seite, waͤhrend Ihr das üppigste Wohlleben führt und in dem Uebermaße Eures Wohllebens schwelgt, gleich dem römischen Sklaven, der den Sieger an seine Sterblichkeit mahnt. England hat gerechten Anspruch darauf, in den ersten Reihen zu stehen in der Sache der Civilisation und Humanität; aber eins fehlt ihm und damit fehlt ihm Alles Friede im Innern ohne welchen weder Reichthum noch Wohlfahrt von langer Dauer sein kann. England ist im Stande, sich diesen wesentlichen Zusatz zu seinem dauernden Ruhme zu verschaffen, aber das kann nicht durch Gewalt und Einschüchterung geschehen, sondern nur durch den Zauberspruch: . „Wie Du willst, daß man Dir thue, so thue Andern auch.“ Dies ist das unbeugsame Gesetz der Natur. 8 8

Es wurde nicht für England oder

den lönne. mn ¹ gllaube, daß Jeder einsieht, daß dem Verfahren der Regierung dieselbe zum

für Irland erschaffen, sondern hat alle Vergangenheit beherrscht, wie es alle Zukunft beherrschen wird. Dem muß sich auch der Stolz Großbritaniens endlich unterwerfen. Ehe Ihr es aber zu einer Frage des Krieges oder Friedens werden laßt, so lange es noch eine neutrale Partei giebt, deren Vermittelung Ihr benutzen könnt, so handelt weise zur gehörigen Zeit, schwört Eure Irrthümer ab, wie Ihr es im Jahre 1829 thatet „und gebt das ruhmvolle Beispiel, zum zweitenmale zu thun, was Recht ist, Euren Vorurtheilen und vorgefaßten Meinungen zum Trotze.“ Der Minister des Innern, Sir James Graham, rechtfertigte nun die Politik und die Maßregeln der Regierung in folgender Weise: „Ich bin gerüstet, in meiner Stellung Ihrer Majestät Regierung bei der gegenwärtigen Gelegenheit zu vertheidigen. Zuvörderst indeß muß ich meine Meinung über einige Bemerkungen des edlen Lords (Lord Russell's) voranschicken. Wir sind uns Beide auf diesem unglücklichen irländischen Gebiete stets feindlich begegnet, und ich bin überzeugt nach dem, was ich jetzt gehört habe, daß wir uns niemals werden einigen können. Trotz der zwischen uns bestehenden Meinungs⸗Verschiedenheit muß ich aber dennoch auf zwei Punkte hindeuten, über welche wir einig zu sein scheinen. Der edle Lord sagte, daß es niemals einen Souverain auf dem Throne Eng⸗ lands gegeben habe, dem die Wohlfahrt seiner irländischen Unterthanen mehr am Herzen hätte liegen können, wie Ihrer Majestät der jetzt regierenden Königin. Ich habe die große Genugthuung, zu erklären, daß diese Behauptung des edlen Lord durchaus wahr und begründet ist. Was den zweiten Punkt anbetrifft, so sagte der edle Lord, gestützt auf die Autorität Fox's, eines großen Mannes, daß nicht durch militairische Gewalt und Executionen Irland beruhigt wer⸗ Ich stimme mit dieser Ansicht von Herzen überein, und ich

Grunde liegt. Stimme ich denn zu Gunsten einer Zwangs⸗Vill? Verfolge

ich denn die politischen Vergehen durch Kriegsgerichte? Nein, es ist nicht das Kriegsgesetz, es sind nicht militairische Erecutionen; es ist vielmehr der ehrenhafte Versuch, zu den schwierigsten Zeiten Irland nach dem bestehenden

Landesgesetze und durch das Jurpgericht zu regieren. Nicht militairische Gewalt, sondern das Gesetz, und ich freue mich dessen, feiert in Irland seine Triumphe. Das ist die Thatsache, die ich hier durch die Vertheidigung der Regierung rechtfertigen will. Ich werde versuchen, den Gegenstand, groß und umfassend wie er ist, in zwei Theile zu theilen; zuerst das Verfahren der Regierung und dann die Politik, welche sie noch ferner zu befolgen ge⸗ denkt, zeigen.“ Der Minister ging nun, was den ersten Theil anbetrifft, zur Widerlegung der Anschuldigungen Lord Russell's über, nachdem er noch

bemerklich gemacht, daß die Union keineswegs für Irland so ohne Vortheil

sich erwiesen habe, als man anzunehmen scheine. Er wolle nur an die Verwaltung Lord Grey's und an die Emancipations⸗Akte erinnern. Wenn Lord Russell sagt, daß die Repeal⸗Versammlungen erst mit dem Antritte der jetzigen Regierung begonnen haben, und er daraus die falsche Politik dieser Regierung erweisen will, so beruhe dies auf einem Irrthum. Jene Ver⸗ sammlungen wären bereits 1840 und 1841 in verschiedenen Städten Ir⸗ ands gehalten worden und Tausende von Menschen hätten dieselben be⸗ sucht. Die Sprache O'Connell's bei verschiedenen Gelegenheiten war damals so stark schon gewesen, wie später. Durchaus in Abrede stellte der Minister die angeschuldigte Parteilichkeit in der Justiz⸗Verwaltung, indem die Regierung nur das gethan habe, was durch den bisherigen üblichen Brauch gesetzlich geworden ei, nämlich bei Zusammensetzung der Juries stets auf den Charakter der esignirten Geschworenen zu rücksichtigen, ob dieselben in der ihnen vorlie⸗ genden Sache Partei genommen hätten, oder nicht. Er bedauere aufrichtig die Weglassung einer Anzahl von Namen aus der Geschwornenliste, aber das sei ein Zufall, für welchen der Recorder allein, nicht die Regierung verantwortlich gemacht werden könne; er bedaure eben so, daß die Ausstrei⸗ chung der zehn Katholiken von der Spezialliste, der katholischen Bevölkerung Veranlassung gegeben hätte, darin einen Angriff auf ihre Religion zu er⸗ blicken, während doch die Krone aus rein politischen Gründen die otorisch als Repealer bekannten Mitglieder von der Ausübung der Jury⸗Functionen ausgeschlossen habe. Wenn man aus dem Ver⸗ bote der Repeal⸗Versammlungen eine Beschränkung des Petitionsrechts folgern wolle, so sei eine solche Befürchtung unbegründet. Die Regierung sei mit dem größten Widerwillen und erst dann eingeschritten, als die Ver⸗ ammlungen von militairischen Aufzügen begleitet gehalten werden sollten. Wolle man nun in dem gegenwärtigen Falle nicht eine Anklage auf con- spiracy als nothwendig erkennen und diese Anklage der Regierung zum Vorwürfe machen, so möge man nur bedenken, daß, wenn auch nicht alle von den Angetlagten gebrauchten Mittel an sich ungesetzlich gewesen wären, doch das Zusammenwirken mit diesen Mitteln auf einen illegalen Zweck hin eine solche Ungesetzlichkeit in sich schließe. Uebrigens wären die Gefahren, welche aus der Repeal⸗Agitation drohten, von Jedermann erkannt worden, nicht nur wegen der bei den Versammlungen gehaltenen aufrührerischen Reden, sondern auch wegen ihrer Organisation, wegen der Beisteuer im In⸗ und Aus lande, die man auf 300,000 Pfd. bringen wollte, wegen der Berufung eines legislativen Rathes von 300 Personen u. s. w. Jetzt wäre durch den Aus⸗ spruch der Jury die Autorität des Gesetzes wiederhergestellt, und obschon Ir⸗ land noch militairisch besetzt sei, so könne man doch schon darauf denken, die Truppen zurückzuziehen, die übrigens nur die Zahl von 21,251 Mann⸗ erreicht hätten, während die Besatzung Irlands in dem gerühmten Jahre 1834 23,835 Mann ausmachten. Was nun die künftige Politik der Re⸗ gierung betreffe, so müsse er zuvörderst auf die jetzt in Irland mit den Pacht⸗ Verhältnissen beschäftigte Untersuchungs⸗Kommission hinweisen, welche wohl noch im Laufe dieser Session einen Bericht abgeben werde, der einem Ge⸗ setz⸗Entwurfe zur Reform der bestehenden Rechtsverhältnisse zum Grunde gelegt werden dürfte. Auch habe die Regierung die Zahl der von dem vorigen Kabinet eingesetzten besoldeten richterlichen Beamten, welche vorzugs⸗ weise jene Rechtsverhältnisse überwachen, bis auf zwei wieder eingesetzt. Ferner sei das Ministerium zur Bewilligung von Geldern für die Volks⸗ Erziehung in Irland nicht weniger geneigt, als seine Vorgänger, und es beabsichtige, eine Bill einzubringen, wonach die irländischen Katholiken in Bezug auf den Genuß der Mittel milder protestantischer Stiftungen den ihnen bis jetzt bevorzugten englischen Dissenters gleichgestellt werden sollen. Eine Abänderung des Stimmrechts bei den Wahlen in den von Lord Russell berührten Punkten liege ebenfalls in der Absicht der Regierung, wie schon die Thron⸗Rede angedeutet. Endlich müsse er noch den Vorwurf der Parteilichkeit gegen katholische Kandidaten bei Besetzung von Staatsämtern von sich weisen, indem die Ausschließung der Katholiken von denselben lediglich in ihrer eigenen Untauglichkeit dazu liege; so hätte selbst O'Connell bei seinem Prozesse unter seinen acht Defensoren nur drei Katholiken, dagegen fünf Protestanten und zwar konservative, gehabt. In Bezug auf die kirch⸗ lichen Verhältnisse, den Haupt⸗Anstoß, widersetzte sich der Minister entschie⸗ den jeder Reform, welche das Ansehen der protestantischen Kirche beeinträch⸗ tigen könnte, dieser Kirche, welche nach der Restauration gebildet, nach der Revolution bestätigt, durch die Thronfolge⸗Akte besiegelt und durch die Unions⸗ Akte ratifizirt worden ist. „Ich halte die Bevorzugung dieser Kirche“, schloß der Minister, „für eine der stärksten Grundlagen unserer Freiheiten; ich halte sie für das Werk der größten Staatsmänner und ich glaube, daß keine Repeal⸗Association oder solche öffentliche Verschwörer, wie wir sie eben ha⸗ ben verurtheilen lassen, dieselbe jemals umstürzen werden.“ 8 Sitzung vom 14. u. 15. Februar. Beide Sitzungen des Hauses wurden mit der vorgestern vertagten Debatte über die irlän⸗ dischen Verhältnisse ausgefüllt; dieselbe bietet indeß nicht viel Bemer⸗ kenswerthes, da weniger bedeutende Redner in der Wiederholung der bekannten Argumente für und wider den Antrag sich ergingen. Die Regierung fand sehr schwache Vertheidiger, denn es sprach in beiden Sitzungen Niemand von den Haupt⸗Mitgliedern des Kabinets; die Opposition dagegen, durch die ungewöhnlich gemäßigte Sprache Sir James Graham's, der über Irland im Sinne der Ultra⸗Tories sonst zu sprechen gewohnt ist, ermuthigt, verdoppelte ihre Angriffe, konnte aber auch nichts Neues vorbringen und schadete durch die Uebertreibung ihrer Anschuldigungen gegen die Regierung nur ihrer eigenen Sache. Herr O'’'Ferral, irländischer Katholik und Mitglied des vorigen Ministeriums, zeichnete durch heftige Sprache gegen die Bevorzugung der protestantischen Kirche sich aus, und seine Rede dürfte schwerlich in Einklang mit dem von ihm als Katholik geleisteten Parlaments⸗Eide stehen. Lord Howick sprach gemäßigter, aber erwartete von allen Maßregeln der Regierung nicht die Her⸗ stellung der Ruhe und Ordnung in Irland und die Beseitigung der irländischen Beschwerden. Die Union sei kein Hinderniß der Gleich⸗

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stellung der beiden Kirchen im Lande, denn das irländische Parla⸗ ment, welches die Union votirte, die anerkannt verderbteste Legislatur seit Menschengedenken, welche auch in keiner Weise das irlän⸗ dische Volk repräsentirte, könnte unmöglich das Recht gehabt haben, die Handlungen der folgenden Parlamente zu beschränken. Es sei ein großer Irrthum, vehaupten zu wollen, daß die protestantische Religion die einzig wahre sei; man erkläre damit die Religion der katholischen Mitglieder des Hauses für falsch, und dazu habe man kein Recht. Herr Shaw, der Recorder von Dublin, gab in seiner Rede gegen den Antrag eine Erklärung über die so viel besprochene Auslassung der katholischen Geschworenen aus dem allgemeinen Jury⸗ Verzeichnisse. Nach dieser Erklärung haben nicht 50 und 65 Namen, wie man behauptet hat, sondern nur 24 auf der Liste gefehlt; es sind nämlich statt 741 nur 717 auf derselben gewesen, und der Irrthum ist von dem Registrator in dem Gerichtshofe des Recorders ausgegangen, welcher, nachdem er die Liste aus den einzelnen Listen der zwanzig Kirchspiele Dublins, die 4500 Namen enthielten, ausgezogen und nach den neun Klassen der Geschworenen geordnet auf 180 verschiedene Zettel geschrieben hatte, einen dieser Zettel ver⸗ loren gehen ließ, welcher 15 Namen enthielt, wozu dann noch 9 an⸗ dere Namen kamen, welche zufällig aus den Listen ausgelassen worden waren. Der Registrator ist übrigens selbst ein Katholik und da der Recorder sich überzeugte, daß kein Betrug vorgewaltet, ihm auch bei der geringen Zahl der fehlenden Namen der Einfluß auf die Aus⸗ loosung von keinem großen Belange zu sein schien, so übernahm er die Verantwortlichkeit für das Versehen seines Untergebenen. Auf den Antrag Sir R. Peel's ward die Debatte vertagt.

London, 17. Febr. Die vorgestern vertagte Debatte im Un⸗ terhause über die irländischen Angelegenheiten wurde auch in der gestrigen Sitzung nicht zu Ende geführt. Herr d'Israeli erhob sich zur Unterstützung der Regierung gegen den Antrag Lord Rus⸗ sell's, und Lord Stanley, der Kolonial⸗Minister, wiederholte in ausgedehnter Rede die Argumente Sir James Graham's zur Recht⸗ fertigung der Regierungs⸗Politik. Auch in der Rede dieses Mini⸗ sters bildete der Einspruch gegen jeden Versuch, die protestantische Kirche in Irland zu beeinträchtigen, den Hauptpunkt, und es schien einen tiefen Eindruck auf die Versammlung zu machen, als der Lord die Eidesformel der katholischen Parlaments⸗Mitglieder verlas, um zu zeigen, daß dieselben gehalten wären, sich jedes Votums und Antrags gegen die bestehende Kirche des Landes zu enthalten. Es ist ein Lieblings⸗Thema der Whigs, die Gleichstellung der Religions⸗ kulte in Irland zum Gegenstande ihrer Opposition gegen die Re⸗ gierung zu wählen, indem das Prinzip einer solchen Gleichstellung sich leicht als gerecht erweisen läßt, und der Regierung die Wider⸗ legung desselben fast unmöglich gemacht werden kann. Würden die Whigs aber die Regierung in Händen haben, so müßten sie densel⸗ ben Widerstand dergleichen Anträgen entgegenstellen, und ihre Prin⸗ zipien verleugnen, auf welche sie jetzt so laut pochen. Ein englisches Ministerium, gleichviel aus welchen Parteien gebildet, ist zur Zeit noch streng gebunden, die Oberhoheit der protestantischen Kirche aufrecht zu erhalten, so gerecht im Prinzip eine Gleichstellung der verschiedenen Kulte sein und so sehr auch Irland bei seinen 7 Millionen Katholiken und seinen 700,000 Protestanten unter der Oberhoheit der letzteren Kirche in religiöser Beziehung leiden mag. Die protestantische Kirche ist der Grundpfeiler des ganzen gouvernementalen Gebäudes Englands; das Oberhaupt des Staates ist zugleich das Oberhaupt der Kirche und es besitzt die eine Eigenschaft nur, weil es die andere hat. Beide sind von einander unzertrennlich. Es ist daher nicht abzusehen, wie unter solchen Umständen der Monarch Englands und die Gewal⸗ ten, welche ihn umgeben und vervollständigen, ohne Weiteres die Gleichstellung der Kulte proklamiren können, indem dies geradezu eine Entäußerung eines wichtigen Theils ihrer Attri⸗ bute wäre. Die völlige Unmöglichkeit leuchtet zwar nicht ein, aber wohl die außerordentliche Schwierigkeit, welche jede Aende⸗ rung begleiten muß, die mit dem Wesen einer tiefgewurzelten Orga⸗ nisation vorgehen soll. Die Parlaments⸗Reform ließ ein halbes Jahrhundert auf sich warten, ehe sie durchging, und doch ist sie nichts in Vergleich zu der die Gleichstellung der Kulte mit sich führenden Reform, welche von dem Oberhaupte des Staates über alle Stufen der politischen Hierarchie sich, erstrecken müßte. Um dies einzusehen, braucht man nur den Eid sich zurückzurufen, welchen jeder Monarch Englands bei der Thronbesteigung leisten muß. Derselbe verbietet jede Beeinträchtigung der protestantischen Kirche und jede Förderung des Katholizismus, und enthält das englische Staatsgrundgesetz, wel⸗ ches keine Tory⸗Regierung vor der Hand antasten wird, und keine Whig⸗Regierung antasten kann. So schwur z. B. die jetzige Köni⸗ gin: „Ich, Alexandrine Victoria, erkläre und bekräftige aufrichtig und Feieilich Angesichts Gottes, daß Ich glaube, daß während des heiligen Abendmahls unseres Herrn keine Transsubstantion des Brodtes und Weines in den Leib und das Blut Christi stattfindet, und daß diese Transsubstantion weder während, noch nach der Handlung bewirkt wird. Ich glaube, daß die Anrufung und An⸗ betung der Jungfrau Maria oder der Heiligen, so wie das Meßopfer, wie es in der römischen Kirche gebräuchlich ist, auf Aberglauben und Götzendienst beruht. Ich bekenne, erkläre und versichere Angesichts Got⸗ tes, daß Ich den gegenwärtigen Ausspruch und jeden Theil desselben in dem vollen und gewöhnlichen Sinn der Worte, sowie dieselben von den englischen Protestanten verstanden werden, ohne Zweideutig⸗ keit und Ausflüchte, ohne Vorbehalt, ohne zu denken, daß Mich ent⸗ weder der Papst oder irgend eine andere Autorität von der Verbind⸗ lichkeit dieser Erklärung befreien kann, thue“. Es wird hieraus leicht zu erklären sein, warum jede Regierung Englands vor der Gleich⸗ stellung der beiden Kirchen in Irland zurückschreckt.

Viscount Sidmouth, bekannter als Herr Addington, Sprecher des Unterhauses von 1789 bis 1801, ist am 15ten im 87sten Jahre seines Alters gestorben. Vom März 1801 bis zum Mai 1804 stand er als Premier⸗Minister an der Spitze des nach ihm benannten Mi⸗ nisteriums.

Gestern ist die Nachricht im auswärtigen Amte hier von St. Petersburg eingetroffen, daß der russische Gesandte in Teheran durch den Gesandten des Emirs von Bochara in demselben Orte die Mit⸗ theilung erhalten habe, daß Capitain Conolly und Oberst Stoddart nicht mehr am Leben seien. Der Erstere soll, wie bestimmt versichert wird, wegen seiner Verbindung mit dem Chan von Kokan, welcher mit Bochara im Kriege war, der Zweite wegen seiner geheimen Kor⸗ respondenz mit seinen Landsleuten in Kabul enthauptet worden sein. Der russische Gesandte fügt diesen Mittheilungen an seine Regierung hinzu, daß, obschon die Wahrheit dieser Berichte kaum bezweifelt werden kann, doch ein Gesandter des Schach von Persien, welcher nach Bochara geht, ausdrücklichen Befehl erhalten werde, darüber genaue Nachrichten einzuziehen. E“

Uie der lande.

8* Aus dem Haag, 17. Febr. Die Sectionen der zweiten Kammer beschäftigen sich noch mit der Prüfung der Aenderungen, welche die Regierung für die Gesetz⸗Entwürfe über die freiwillige Anleihe und die außerordentliche Steuer vorgeschlagen hat. Man spricht sich mit allgemeiner Anerkennung über den Eifer und die Sorgfalt aus, womit die Mitglieder der Sectionen sich dieser schwie⸗

rigen Arbeit unterziehen. Die öffentliche Erörterung wird wahr⸗ scheinlich in den ersten Tagen der nächsten Woche beginnen. Jeder⸗ mann ist hier auf das Resultat der Debatten gespannt, denn die Opposition gegen die Steuer wird täglich größer. Es ist selbst zwei⸗ felhaft, ob die Repräsentanten der Nation, wenn sie die Wünsche des Volks hören, das Gesetz annehmen werden. Geld muß man durchaus haben, und zwar viel; der schwierige Punkt ist, es zu finden, ohne eine Menge verschiedenartiger Interessen zu kompromittiren, ja, es ist sogar unmöglich! Nur die freiwillige Anleihe kann den Staat mög⸗ licherweise retten. Alle, welche die Eintracht und den Frieden lieben, hegen die Hoffnung, daß diese Finanz⸗Maßregel angenommen werden und ein Gesetz unnöthig machen wird, dessen Ausführung mit Schwie⸗ rigkeiten aller Art verknüpft ist.

Es geht hier ein Gerücht, das mit jedem Tage mehr an Kon⸗ sistenz gewinnt: man versichert nämlich, Herr Rochussen, von dem es anfangs hieß, er werde das Portefeuille der Finanzen wieder über⸗ nehmen, werde Herrn Fagel als bevollmächtigten Minister in Paris ersetzen; der Kriegs⸗Minister, Herr List, werde an Herrn Rochussen's Stelle nach Brüssel gehen und Herr Ewyck, Gouverneur von Nord⸗ Holland, an Herrn Schimmelpenninck's Stelle, der das Gouvernement der Provinz Geldern erhalte, zum Minister des Innern ernannt werden. Bei allen diesen Veränderungen ist von dem Finanz⸗Minister nicht die Rede. Alle unsere Staatsmänner scheinen sich vor einer so wichtigen Aufgabe zu scheuen; sie schrecken bei dem Anblicke eines Abgrundes zurück, den auszufüllen sie keine Hoffnung haben.

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Brüssel, 18. Febr. Die Repräsentanten⸗Kammer hat vor⸗ gestern die Diskussion des Budgets der öffentlichen Arbeiten beendigt. Eine große Anzahl Redner ließen sich fast ausschließlich über die Straßen und Eisenbahnen vernehmen. Mehrere derselben bestanden auf der Nothwendigkeit, endlich die Frage in Betreff der den Privat⸗ Gesellschaften zu leistenden Mithülfe dadurch zu beendigen, daß man ihnen die Verbürgung eines Minimums der Zinsen bewillige. Die Eisenbahn war der Gegenstand zahlreicher Bemerkungen. Die Herren David, Lesoinne und de Theux verlangten übereinstimmend eine Re⸗ vision der Tarife, allein der Minister der öffentlichen Arbeiten war der Meinung, daß man mit dieser Feststellung vor Allem so lange war⸗ ten müsse, bis man die ersten Resultate der Verbindung der belg schen Bahn mit der rheinischen beurtheilen könne. In Beantwortung einer Frage des Herru de Theux über die Hülfsmittel, welche man in der Veräußerung eines Theils der Staats⸗Domainen würde fin⸗ den können, zeigte der Finanz⸗Minister an, daß er in einigen Tagen einen Gesetz-⸗Entwurf vorlegen würde, um zum Verkaufe von Do⸗ mainen im Betrage von ungefähr einer Million Fr. ermächtigt zu werden. ELE1“

Schweden und Uorwegen. rs szilg lll

Stockholm, 13. Febr. Die letzten Bülletins über den Ge⸗ sundheitszustand des Königs deuten leider auf keine Besserung; sie lauten wie folgt:

Den 11ten. Se. Majestät der König, dessen Krankheit während der letzten Tage weder ab⸗ noch zugenommen, hat inzwischen an Kräften eher verloren als gewonnen, welches auch heute der Fall ist, obschon der König die Nacht über etwas besser geraht hat. Die Wunde am Fuße, deren Beschaffenheit von dem Befinden im Ganzen abhängt, hat sich daher auch nicht bessern können. .

Den 12ten. Se. Majestät der König waren gestern Nachmittag matt und ohne Eßlust, so wie die vorhergehenden Tage. Die Nacht war unruhig. Diesen Vormittag befand der König sich wie gestern.

Den 13ten. Der König speiste gestern wohl etwas und hatte auch Vormittags etwas Appetit; da aber die Nacht eben so wie die vorhergehende schlaflos war, so kann der Zustand des Königs nicht für besser angesehen werden als gestern.

Das Aftonblad fügt diesen Berichten hinzu, die Kräfte des Königs hätten in solchem Grade abgenommen, daß Se. Majestät seit gestern Vormittag sich nicht mehr im Bette selbst umwenden

können. Dabei dauerten seine Klagen über heftige Schmerzen im Beine fort. SGten Paris, 17. Febr. Telegraphische Depesche aus Spanien: Bayonne, 14. Febr. Die Truppen der Königin sind am 8. Fe⸗ bruar unter dem Beifallsruf der Einwohner in Murcia eingezogen. Die Autoritäten haben ihre Functionen wieder aufgenommen. Gene⸗ ral Roncali war mit einem Theil seiner Division am 7. Februar Abends zu St. Jean d'Alicante; der Rest der Truppen war zu Aspe.

** Paris, 17. Febr. Obgleich die öffentliche Ruhe in Ca⸗ talonien bis jetzt nirgends die mindeste Störung erlitten hat, so ist man doch nicht ohne Besorgnisse über die Wirkungen, welche der Be⸗ fehl über die allgemeine Entwaffnung der National⸗Garde in gewissen Theilen des Fürstenthums hervorbringen wird. Man fürchtet zumal Widerstand von Seiten der Bevölkerung von Manresa und der Um⸗ gegend. Ueber den bewaffneten Widerstand einer, wenn auch unbe⸗ deutenden catalonischen Stadt aber würde die öffentliche Gewalt ganz gewiß keinen so leichten und so wohlfeilen Sieg davontragen, wie in Malaga, obgleich auch hier ziemlich viel Blut geflossen ist, ehe sich der ungehorsame Theil der National⸗Garde dazu verstanden hat, seine Waffen abzuliefern. Die Widerspenstigen hatten sich, etwa 300 an der Zahl, in dem ehemaligen Kloster de los Angeles eingeschlossen, und sie räumten dasselbe erst, nachdem sie 6 bis 8 Todte und eine noch größere Zahl von Verwundeten verloren hatten. Neun dieser National⸗Gardisten wurden auf der Flucht gefangen, und es hieß von ihnen, daß sie am 5ten vor ein Kriegsgericht gestellt werden würden. Es ist übrigens, allen Umständen nach, wahrscheinlich, daß die Regie⸗ rung für diesmal die Oberhand über den Aufruhr behalten wird. Von dem Gebrauche, den sie von ihrem Siege macht, wird die Dauer desselben zum großen Theile abhängen. Dem Gerüchte zufolge, fin⸗ den in Madrid alle Tage neue Verhaftungen von Kongreß⸗Mitgliedern statt, welche der Opposition angehören. Der General Narvaez, sagt man, strebt danach, den unermeßlichen Einfluß, den er schon jetzt aus⸗ übt, durch den Eintritt in das Ministerium zu vergrößern und zu rechtfertigen. Der General Prim, welcher am 9ten in Madrid an⸗ gekommen ist, soll, wie es heißt, das Amt des politischen Chefs der Hauptstadt übernehmen, das bisher von dem General Shelly versehen wurde. Die Gaceta de Madrid vom 11lten bringt ein Dekret über die Errichtung eines neuen Kavallerie⸗Regiments, welches von der Königin Christine benannt wird. Die gemäßigte Partei erwartet die Ankunft der Mutter der jungen Isabella mit Ungeduld. Die derselben angehörigen Kongreß⸗Abgeordneten hielten am Sten eine Versammlung, in welcher der Beschluß gefaßt wurde, eine neue drin⸗ gende Einladung zur Rückkehr nach Spanien an die Königin Christine ergehen zu lassen. 8

Portugal.

. Lissabon, 7. Febr. Ich habe eben nur noch so viel Zeit, um in aller Eile den bereits gemachten Mittheilungen über die Vorgänge in diesem Lande noch einige weitere beizufügen, namentlich über die Verhandlungen, welche das Verlangen der Minister, um Suspension aller verfassungsmäßigen Garantieen, in den beiden Kammern veran⸗ laßt hatt. mmh oance he