1844 / 156 p. 1 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

ind der Deputirten, weniger als eine Ehrenbezeigung, welche die Re⸗ n des Verstorbenen gewähren wollte, denn als ein Zeichen der Furcht vor einer Volksbewegung zu erklären. Wie wenig mit einer solchen jetzt zu erzielen wäre, hat die Haltung der pariser

Bevölkerung heute aufs schlagendste gezeigt. Srossbritanien und Irland.

London, 31. Mai. Graf Delawarr, Lord⸗Kammerherr, hat in Windsor die in den nächsten Tagen daselbst erfolgende Ankunft Sr. Majestät des Königs von Sachsen, der geßemvänng sein Gast in Buckhurst ist, angezeigt. Es werden demzu olge Anstalten zum Empfange des hohen Besuchs dort getroffen. Der Hof begiebt sich am nächsten Montage von hier nach Windsor, wo Se. Majestät der König von Sachsen während der Woche des Ascot⸗Pferderennens der Gast der Königin sein wird. Von Buckhurst aus, dem Schlosse des Grafen Delawarr, hat gestern der König einen Ausflug nach Knole Park, dem Sitze des Grafen von Amherst, gemacht.

Der dubliner Gerichtshof der Queens⸗Bench hat das Straf⸗ Urtheil gegen O'Connell und die übrigen angeklagten Repealer in sei⸗ ner gestrigen Sitzung ausgesprochen, nachdem in der Sitzung am Mittwoch das Gesuch der Angeklagten, den Ausspruch des Urtheils für unzulässig zu erklären, von den Richtern einstimmig verworfen worden war. Eine große Theilnahme zeigte die Einwohnerschaft Dublins an den Verhandlungen der gestrigen Sitzung, die an den Tag der Eröffnung des Prozesses erinnerte. Zahlreiche Volksmassen hatten schon am frühen Morgen die Thüren des Gerichtshofes be⸗ lagert. Eine starke Abtheilung Polizei⸗Konstabler hielt die Ordnung aufrecht, welche indeß durch keine Exzesse weiter gestört wurde; auch hatte die Regierung zur sofortigen Unterdrückung möglicher Tumulte ein Kavallerie⸗Regiment konsignirt. Alsbald nach Oeffnung der Thore waren alle Sitze des Gerichtssaales besetzt; namentlich hatten die Advokaten der liberalen oder Repeal⸗Partei sich sehr zahlreich eingefun⸗ den, um O'Connell und seine Genossen für die Niederlage, welche sie erleiden sollten, durch ihren Beifall zu entschädigen. Bei dem Ein⸗ tritte des Agitators erhoben sie sich sämmtlich von ihren Bänke klatschten mit den Händen, riefen und schrieen, wie sie es in de „Versöhnungs⸗Halle“ ihres Vereins zu thun ewohnt sind, und da dies Toben den Gallerieen sich bald mittheilte, 1 schien der Gerichts⸗ hof der Queens⸗Bench, diese feierliche Arena für die Verwaltung des Rechts, wenigstens für englische Zuschauer, denen solche Scenen in einem Gerichtshofe etwas Unerhörtes sind, wenig dem Charakter sei⸗ ner Würde zu entsprechen. Um 11 Uhr waren alle Angeklagte und das sämmtliche Richter⸗Personal gegenwärtig. Der Richter Burton sprach Namens seiner Kollegen das Ürtheil, das er in längerer Rede motivirte. Es lautet:

„Daniel O'Connell soll auf 12 Kalender⸗Monate gefangen gesetzt werden und eine Geldbuße von 2000 Pfd. zahlen; er soll fer⸗ ner für sich 5000 Pfd. Caution erlegen und zwei Bürgen zu 2500 Pfd. stellen dafür, daß er sieben Jahre lang den Frieden erhalten werde.“

„John O'Connell, John Gray, T. Steele, R. Bar⸗ ratt, C. G. Duffy und T. M. Ray sollen auf 9 Kalender⸗ Monate gefangen gesetzt werden, eine Geldbuße von 50 Pfd. zahlen und für die Aufrechthaltung des Friedens auf 7 Jahre eine Caution

von respektive 1000 Pfd. erlegen und zwei Bürgen von 500 Pfd. Jeder stellen.“

Nachdem dies Urtheil verlesen worden war, erhob sich sogleich O'Connell, um den Gerichtshof daran zu erinnern, daß er ein feier⸗ liches Affidavit (beschworene Erklärung) abgegeben habe, worin er erkläre, daß er niemals eine Verschwörung mit den anderen Ange⸗ klagten eingegangen sei, oder das ihm schuld gegebene Verbrechen be⸗ gangen habe. Er wolle für jetzt nur sagen, baß⸗ nach seiner Ueber⸗ zeugung, Gerechtigkeit in dieser Sache nicht gewaltet habe. Ein plötzliches und stürmisches Beifallsrufen erhob sich nunmehr auf allen Seiten des Saales, das die Richter, obschon sie sehr ungehalten darüber waren, nicht zu beschwichtigen versuchten. Die Verurtheilten wurden unter die Bewachung des Sheriffs der City von Dublin ge⸗ geben, der sie nach dem Richmond⸗Strafgefängniß abführte, über dessen Eingang die Worte zu lesen sind: „Höre auf Schlechtes und lerne Gutes zu thun.“

An demselben Abend, an welchem das Urtheil gesprochen wurde, veröffentlichte O'Connell in dem Dublin Freemans Journal eine Adresse an das irländische Volk, worin er zur Ruhe und Ord⸗ nung ermahnt und seine Hoffnung auf die Entscheidung des Ober⸗ hauses gründet, welche er vermittelst eines writ of error nachsuchen werde.

In Lancashire ist die Parlaments⸗Wahl zu Gunsten des kon⸗ servativen Kandidaten, Herrn Entwisle, mit einer Majorität von

622 Stimmen ausgefallen.

X London, 31. Mai. Die obige Depesche der Times, welche das gestern Nachmittag um 4 Uhr in Dublin ausgesprochene Urtheil über O'Connell und die übrigen angeklagten Repealer über⸗ bringt, traf heute um 11 Uhr Morgens in London ein; sie berichtet sicherlich eines der wichtigsten Ereignisse unserer Zeit. Die letzte Nacht hat O'Connell in dem Richmond⸗Strafgefängnisse geschlafen, und was auch sein künftiges Schicksal sein mag, die Hand der Gerechtigkeit ist über ihm. Die Gefängnißstrafe wird, wie ich glaube, nicht vollstän⸗ dig an ihm vollzogen werden; die Strafe von 2000 Pfd. wird das irländische Volk bezahlen; aber die schweren Bürgschaften auf 7 Jahre bilden das wahre Gewicht des Urtheilsspruches, und der Agitator wird sie fortan als eine Fessel fühlen, die für den übrigen Rest seines Le⸗ bens wahrscheinlich seine Thätigkeit läͤhmen wird.

Doch wie wichtig, ja, wie unerwartet selbst der Regierung dies Ereigniß ist, die seit den letzten Wochen diesen Ausgang des Prozesses bezweifelte, so wird es verhältnißmäßig doch nur geringe Sensation

in England und selbst in Irland machen. Die hohe Welle der Volks⸗ Aufregung, welche im vergangenen Jahre O'Connell auf die Stufe eines Diktators und der eines Potentaten zu erheben schien, ist schneller gesunken, als aufgestiegen. Das Geschrei der Verfolgung, das ge⸗ wöhnlich eine so fruchtbare Quelle des Widerstandes von Seiten des Volks ist, vermochte nicht das schwindende Vertrauen der Menge zu beleben, und der Kreis des großen Repeal⸗Jahres, wie es immer genannt wurde, schließt sich nicht mit einem Parlamente in Collége Green, sondern mit einigen Hocherräthern in dem Kerker zu Rich⸗ mond. O'Connell erfuhr wahrscheinlich noch niemals eine weniger thätige Theilnahme, als in dem gegenwärtigen Augenblicke seines größten Unglücksb. Es wäre für seine Person wie seinen Charakter vortheil⸗ hafter gewesen, wenn er gar nicht zu den kleinlichen Ausflüchten und Rechtsverdrehungen während des Prozesses seine Zuflucht genommen hätte, nachdem einmal der Hauptpunkt seiner Schuld durch die Jury gusgesprochen und anerkannt war. Er würde dann im April mit seneme größeren Anstrich von der Würde eines Märtyrers ins Ge⸗ 9. niß egangen sein, während er jetzt wie ein geschlagener Kasuist ahinsinkt, oder wie der Astrolog, der das Schicksal seines Landes i

den Sternen zu lesen vorgab und sich über sei ann b 1 es folg oder wenigstens scheinbarer Erfolg wa feöc geng v. unverschämten Prop ezeiungen und Becha n S- hees Glauben zu wescage bs , dis 8. ungen von solchen Dingen den Volkes lenkte. Ich glaube, seine ecmnchn bemse .va härtesten Probirstein seiner Macht dbgeben. ge Niederlage wird den

11“

Der irländische Staats⸗Prozeß wird wegen des dabei stattge⸗ fundenen außerordentlichen Aufwandes kasuistischer Rechtsgelehrsamkeit denkwürdiger bleiben, als wegen irgend etwas Anderem, aber während die sogenannte patriotische Partei das Recht durch jegliche Kunst und List zu verdunkeln strebte, um die Sache der Gerechtigkeit in Nach⸗ theil zu stellen, hat die Anklage doch Unterstützung gefunden, ist das Verdikt abgegeben, das Urtheil von irländischen Advokaten, irländi⸗ schen Geschworenen, irländischen Richtern vertheidigt und gesprochen worden; das Gesetz, dem gemäß man verfahren ist, ist nicht das Gesetz Englands sondern Irlands, die Institutionen, welche man auf diese Weise vertheidigt hat, sind irländische Institutionen, und das Resultat wurden (mit charakteristischer Unschicklichkeit) mit Beifallsrufen in einem irländischen Gerichtshof begrüßt. Ich erwähne dies, weil es in eini⸗ gen Theilen des Kontinents Mode geworden ist, von Irland nur wie von dem Sklaven englischen Rechts und englischer Autorität zu spre⸗ chen; Jedem indeß, der die Verfassung der britischen Inseln kennt, wird es klar sein, daß die Autorität Englands nur mit Einwilligung und durch die Unterstützung einer großen und mächtigen Partei in jenem Lande geltend gemacht werden kann. 88

Was die jetzige englische Regierung anbetrifft, so wird ihr ohne Zweifel die Erreichung eines so großen Zieles, wie die Wiederher⸗ stellung jener Ruhe in Irland, welcher das organisirte System der politischen Agitation beständig entgegenwirkte, und wonach seit 30 Jahren alle Regierungen mehr oder weniger gestrebt haben, zum Ruhme gereichen und Vertrauen gewinnen. Jenes System aber, glaube ich, wird, bei guter und weiser Verwaltung des Landes, wohl den Todesstoß erhalten haben.

O London, 31. Mai. Das O'Connellsche Drama ist endlich seinem Schlusse nahe. Das Gericht hat sein und seiner Mitschul⸗ digen Urtheil ausgesprochen, und beim Abgang der letzten Nachrichten waren Alle, obgleich noch innerhalb des Gerichtshauses, im Gewahrsam des Sheriffs. Sie haben beschlossen, ans Oberhaus zu appelliren; und obgleich es der Krone freisteht, solches zu verbieten, so glaubt man doch nicht, daß diese von ihrem Rechte Gebrauch machen wird. Ein Anderes aber ist, ob die Krone bis zur Entscheidung dieser letzten Instanz die Verurtheilten gegen hinlängliche Bürgschaft in Freiheit lassen wird. Nach dem bestehenden Gesetze braucht sie solches nicht; doch fragt es sich, ob bei der erlangten Beruhigung des Landes und den fortgesetzten Bemühungen O'Connell's, diese Ruhe zu erhalten,

Jes nicht rathsam sein dürfte, hierin Rücksichten walten zu lassen. In Deutschland wird man die Strafe gewiß nicht im Vergleich mit dem

Verbrechen als übermäßig hart betrachten; hier und in Irland wird natürlich ein Jeder dieselbe nach seinen politischen Gesinnungen

beurtheilen; indessen läßt sich schon aus der Rede des Richters,

welchem der Ausspruch des Urtheils von den Uebrigen aufgetragen worden, und aus der bis zu Thränen gehenden Erschütterung dessel⸗ ben leicht abnehmen, daß das Gericht selbst die Strafen als schwer ansieht, d. h., nämlich in Bezug auf die Männer, gegen welche sie ausgesprochen ist. Merkwürdig ist auch, daß bei O'Connell's Eintreten zum Empfang seines Urtheils, fast das ganze Barreau ehr⸗ erbietig aufstehend ihn als einen alten wegen seiner Kenntnisse ge⸗ achteten und beliebten Kollegen, begrüßte, und nachher als er feierlichst betheuerte, daß man ihn ungerecht behandele, dieses nebst allen Zuschauern in langanhaltende Ausrufungen des Beifalls aus⸗ brach, welche die Richter nicht zu hemmen versuchten.

ö1111“

Brüssel, 31. Mai. Die Prinzessin Clementine und ihr Ge⸗ mahl, der Prinz August von Sachsen⸗Koburg, sind vorgestern Abends von Paris in Lacken eingetroffen.

Die Repräsentauten⸗Kammer hat in ihrer gestrigen Sitzung die Differenzial⸗Zölle für den Artikel Holz angenommen und ist zur Dis⸗ kussion der für den Kaffee vorgeschlagenen übergegangen.

8 Schweiz. Sitten, 28. Mai. Der Große Rath hat folgendes Dekret erlassen: „In Erwägung, daß das Unheil, dessen Schauplatz der anton gewesen, besonders dem Bestehen der bewaffneten Gesellschaft, er „jungen Schweiz“ zuzuschreiben ist, beschließt der Große Rath: ) Die Gesellschaft der „jungen Schweiz“ ist aufgelöst. 2) In allen Gemeinden, wo sich Mitglieder dieser Gesellschaft befinden, wird un⸗ mittelbar eine Kommission niedergesetzt, die beauftragt ist, von jedem Mitgliede der erwähnten Gesellschnft die Lossagung von derselben, die Angabe des Grades, den es bekleidete, so wie die Waffen, ent⸗ gegenzunehmen. 3) Wer sich weigert, diesen Befehlen zu gehorchen, wird als Rebell angesehen und den Gesetzen gemäß bestraft werden.“

Am 25sten und 26sten wehte auf dem Stadthause von St. Moritz die weiße Fahne als Zeichen der Unterwerfung. Die Ge⸗ fangenen sind größtentheils freigelassen worden, nachdem sie den Be⸗ stimmungen des oben stehenden Dekrets gemäß, sich von der Gesell⸗ schaft der jungen Schweiz losgesagt hatten. Ueber die noch im Kan⸗ ton Waadt befindlichen Flüchtlinge ist noch nichts bestimmt worden.

Am 22sten erließ der Staats⸗Rath ein Schreiben an die Zehnten⸗ Präsidenten von Monthey und Martinach, worin die Deputation dieser Zehnten aufgefordert wurde, sich zur Sitzung des Großen Raths zu begeben, indem eine „durch die öffentlichen Gewalten befohlene“ Er⸗ greifung der Waffen keinesweges sie davon abhalten könne; übrigens werde die militairische Besetzung des Zehnten so lange fortdauern, bis die Deputation ihren Sitz in der obersten Landes⸗Behörde werde eingenommen haben. Auf dieses Schreiben ertheilten die Abgeordneten des Zehnten folgende Antwort:

„Da das Spstem, welches seit einigen Tagen im Wallis vorherrscht, den Beweis liefert, daß die Bürger nicht mehr, weder auf die verfassungs⸗ mäßigen Garantieen, noch auf das gegebene Wort zählen können, so glau⸗ ben wir nicht, daß unsere Eigenschaft als Abgeordnete uns die Verpflichtung auferlegt, im Großen Rathe unter der Herrschaft der Bajonnette und der Ausnahms⸗Maßregeln, welche an der Tagesordnung sind, zu sitzen. Wenn der Staatsrath von einer durch die öffentlichen Gewalten befohlenen Er⸗ greifung der Waffen spricht, so wollen wir gern glauben, daß er dabei nicht an diejenige denke, welche so eben die Hauptstadt des Kantons und Unterwallis angegriffen und überzogen hat; er wird sich erinnern, daß er selbst Angesichts des Landes erklärt hat, daß diese Bewaffneten nicht durch ihn aufgerufen worden sind. Was uns betrifft, so betrachten wir diese Ergreifung der Waffen als einen Hinter⸗ halt, welcher von langer Hand her durch strafwürdige Männer und durch Magistrate, die außer ihrem Amte gehandelt haben, vorbereitet worden ist. Wir protestiren gegen alle Folgen dieses treulosen Angriffs. Die spätere Billigung, womit die öffentlichen Gewalten den Ursprung dieses Ueberfalls zu verdecken meinen, wird nicht im Stande sein, die Rollen umzukehren. Die Gewalt kann sich an die Stelle des Rechtes setzen und für den Augen⸗ blick die Stimme der Wahrheit ersticken; aber in einer Republik kann ein so unnatürlicher Zustand nicht lange fortdauern. Aus dem, was voran⸗ geht, werden Sie leicht abnehmen, daß wir so lange im Großen Nath nicht sitzen werden, als die Verfassung und die Gesetze die ausschließliche Herr⸗ schaft, die ihnen zukommt, nicht wiedererlangt haben. ea

Italien. ““

Rom, 24. Mai. (A. Z.) Gestern Abend ist Se. Maäjestät der König von Bayern unter dem Namen eines Conte d'Augusta hier eingetroffen und von dem bayerischen Gesandten, Grafen Spaur, und von den hier anwesenden bayerischen und anderen deutschen Künstlern ehrfurchtsvoll empfangen worden. 8 88

e“*“]

Lissabon, 18. Mai. Die gegen den Minister des Innern, Herrn Costa Cabral, angesponnenen Intriguen haben mit seinem voll⸗ kommenen Siege geendet, und die Königin gab ihm einen neuen sprechenden Beweis ihres Vertrauens, indem sie in die von ihm ge⸗ wünschte Modification des Kabinets willigte. Unter den austretenden Ministern bemerkt man den Minister⸗Präsidenten, Herzog von Ter⸗ ceira, der schon längst der Lasten des Portefeuilles müde war und sich nach Ruhe sehnte, den Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Herrn Gomez de Castro, und den Finanz⸗Minister, Baron Tojal. Wie es nun mit den Finanzplänen dieses Letzteren gehen, ob sein Nachfolger im Amte sich dieselben aneignen und vor den Kammern vertreten wird, läßt sich nicht vorhersagen, ist jedoch nicht unwahr⸗ scheinlich. Indeß ist die Entscheidung darüber wieder ferner gerückt, da gestern ein Königliches Dekret erschienen ist, wodurch die Cortes bis zum 30. September vertagt werden. Bis dahin hat das neue Kabinet Zeit, mit den Geschäften sich vertraut zu machen und Alles vorzubereiten, was es den Cortes vorzuschlagen beabsichtigen sollte. Dasselbe besteht nun aus folgenden Männern: Herr Antonio Bernardo de Costa Cabral tritt als Kabinets⸗Präsident mit Beibehaltung des Portefeuilles des Innern an die Spitze der neuen Verwaltung; das Kriegs⸗Ministerium hat der Brigadier Eusebio Candido Pinheiro Corteiro Furtado; das der auswärtigen Angelegenheiten der Baron von Catania; das der Finanzen Herr Joao Antonio Lopez Pastor; das der Justiz Herr Francisco Benedito Ferragento; das der Marine endlich Herr Antonio Jose Dieque de Fonseca. Der politischen Ansicht nach ist dieses Kabinet durchaus homogen und Herr Costa Cabral selbst der Ausdruck des darin vorwaltenden Gedankens.

Handels- und Börsen-Uachrichten.

Berlin, 4. Juni. Heute trat in allen Eisenbahn⸗Effelten, namentlich aber in sämmtlichen Quittungsbogen, eine starke Reaction ein. Zu den gewichenen Coursen fanden sich am Schluß der Börse mehr Nehmer als Geber.

Marktpreise vom Getraide.

Berlin, den 3. Juni 1844.

Zu Lande: Weizen 1 Rthlr. 28 Sgr. 10 Pf.; kleine Gerste 27 Sgr.

7 Pf.; Hafer 25 Sgr. 2 Pf., auch 20 Sgr. 5 Pf. Zu Wasser: Weizen (weißer) 2 Rthlr. 3 und 1 Rthlr. 25 Sgr. 2 Pf.; Roggen 1 Rthlr. große Gerste 28 Sgr. 10 Pf.; Hafer 24 Sgr. Erbsen (schlechte Sorte) 1 Rthlr. 4 Sgr. 10 Pf., auch 1

7 Pf. Sonnabend, den 1. Juni 1844. Das Schock Stroh 6 Rthlr. 15 Sgr., auch 5 Rthlr. Der Centner Heu 1 Rthlr. 5 Sgr., auch 22 Sgr. 6 Pf. und 20 Sgr. Iv33 Den 4. Juni 1844.

Fonds. 8 Pr. Cour. [5prief.] Gela.

Sgr. 7 Pf., auch 2 Rthlr. Sgr. 7 Pf., auch 1 Rthlr.; Pf., auch 20 Sgr. 9 Pf.; Rthlr. 3 Sgr.

2 39 2 39

br. Cour. Aclien. gbe r

Zf.

prief.] Geld. Gem.

170 †½ 10938 192 191 109

169

St. Schuld-Sch. 3 ½ 101 100 Brl Pots. isenb . . d 2 [o. do. Prior. Obl.

Pr. Rngl. 0 bl. 30. 4 88 - A 88*⁷ Mgd. Lpz. Bisenb. be. 8 r. B LHuo. 3o. Pror. Obl. 1 Brl. Anb. Fisenb.

Schuldverschr. 3 ½ ;

28 271 do. do. Prior. Obl.

Berl. Stadt-Obl. 3 ½ g 8 88 JHZ 8 Düss. Elb. Bisenb. 8— E do. do. Prior. Obl.

Westpr. Pfandbr.

8 h. P Rbein. Eisenb. Ceh. N. do. do. Prior. Obl.

do. v. Staat garant.’ Brl. Frankf. Bisb. 5 do. do. Prior. Obl. 1 0 b.-Schles. Eisb. 1 d0. Lt. B. v. eingez. B.-St. B. Lt. A u. 3 Magd.-Halbst. B. 4 Brl. Schw. Frb. E. 4 do. do. Prior. Obl. 4

99 100¾

100 ¼ 100 ½ 100 ½ 99 ⅜⅔ 103 ¾¼ 103½ 102 ½ 1 101½ 101½ 99

92

Sö”SnIneögShn

do. do. Ostpr. Pfandbr.

Pomm. do.

.689-⸗

Kur- u. Neum. do. Schlesische do.

2252.SAI

Gold al marco. Friedrichsd'or. And. Gldm. à 5 Th.

Disconto.

Pr. Cour. Thlr. zu 30 Sgr.

Brief. Geld.

es; 150 ½ 149 ½¼ 23 79 104 102 99 ½

6E

Amsterdam 250 Fl. Kurz do. 250 Fl. 2 Mt. Hamburg w. . . . . . . 300 Mhb. Kurz 111“ 300 Mb. 2 Mt. 1 LSt. 3 Mt. 6 300 Fr. 2 Mt. 150 PFl. 2 Mt. 150 Fl. 2 Mt. 100 Thlr. Mt. 5 8 Tage 100 100 Thlr. 2 Mt. 99 ½ 100 Pl. 2 Mt. 56 24 100 sRbI.] 3 woch. 107 ½1 Auswärtige Börsen. Amsterdam, 31. Mai. Niederl. wirkl. Seb. 61 9. 5 % do. 100 2l. 5 % Span. 22 12. 3 % do. 35 ½. Pass. —. Ausg. —. Zinsl. —. 16 8 Sch. —. Pol. —. Oesterr. 109 ⅞. 4 ⁰% Russ. Hope 90 ¼. Antwerpen, 30. Mai. Zinsl. 7 ½. Neue Avl. 21 ½⅞. Frankfurt a. M., 31. Mai. 5 % Met. 113 ⅞. 2012. Hayr. Bank-Actien 713 G. Hope 89 Br. Stiegl. 89 ½. 300 Fl. 94 5 G. 40. 500 Fl. 99 ½. do. 200 Fl. 33 Br. 5 aris, 30. Mai. 5 % Rente ôên cour. 122. 15. 3 % Rente fin cour. 84. 80. 5 % Neapl. au compt. 102. 80. 5 % Span. Rente 32 ½. Pass. 5 ⅓. Actien 1629. Aul. de 1834 149 ½. de 1839 130 ½. Nordb. 143 ½. Gloggn. 115. Mail. 113 ½. Livorn. 122 h.

Königliche Schauspiele.

Mittwoch, 5. Juni. Egmont, Trauerspiel in 5 Abth., von Göthe. (Herr Dahn, Königl. bayerischer Hof⸗Schauspieler und Regisseur: Egmont, als erste Gastrolle.)

Donnerstag, 6. Juni. Zum erstenmale: Der verliebte Dorf⸗ schneider, Divertissement in 1 Akt, arrangirt und in Scene gesetzt vom Königl. Solotänzer Tony Stullmüller. Musik arrangirt und kom⸗ ponirt vom Königl. Kammer⸗Musikus Gährich. Vorher:

London

Phtis ... .. .... ... i 20 r....... Augsburg

Breslau

Leipzig in Courant im 14 Thl. Fuss..

Frankfurt a. M. Petersburg

107 ¼ Preuss. Pr.

Bank-Actien p. ult. Int. 60 ¼½ Poln.

Juni. Kein Schauspiel.

Königsstädtisches Theater.

Mittwoch, 5. Juni. Pastoral⸗Synfonie von L. van Beethoven: Erster und zweiter Satz. Hierauf: Die ländliche Ruhe, Lustspiel in 1 Akt. Dann dritter, vierter und fünfter Satz derselben Synfonie. Zum Schluß: Die verhängnißvolle Omelette. Vaudeville⸗Scherz in 1 Akt, von Adele Beckmann. (Dlle. Hareng: Rosa, als Gastrolle.) „Die zu dem Lustspiel: „Die Memoiren des Teufels“ bereits ver⸗ kauften Billets bleiben zur heutigen Vorstellung gültig, oder kann der Betrag dafür bis 6 Uhr Abends in Empfang genommen werden.

Donnerstag, 6. Juni. Einen Jur will er sich machen.

Freitag, 7. Juni. Kein Schauspiel.

Verantwortlicher Redacteur Dr. J. W. Zinkeisen. 8 1 Gedruckt in der Deckerschen Geheimen Ober⸗Hofbuchdruckerei. Beilage

Frreitag, 7.

Ich bleibe

2 KRtylr. für ¼ Jahr muI—

so wie auch des Königreichs

znr. Ent 2taihr2149 ht⸗ Das Abonnement belträgt: 83 H 2 Jahr. 4f.

1gIh.t.. in allen Theilen der Monarchie nsl.

ohne Preiserhöhung. nt Insertions⸗Gebühr für den Raum einer Zeile des Allg.

Anzeigers 2 Sgr.

lg em eien e .

gE 314 Andadd zun ieg. 8 —“ 1241 lem 2 ..

Znebammauntd untwerchieed

2

eegns 1s fstshh. Förss. n

1 nanin⸗ Alle Post-Anstalten des In⸗- und

Auslandes nehmen Bestellung

Zuauf dieses Blatt an; für Berlin

vpie Erpedition der Allg. Preuss.

Zeitung: 8 Sin0 griedrichsstrasse Nr. 72.

84 19

aun

1 9.]

E“

Inland. Provinz Brandenburg. Reise Seiner Majestät des Kö⸗ nigs. Provinz Preußen. Das Jubiläum der Albertina. Pro⸗ vinz Posen. Vorwahl zur Wiederbesetzung des erzbischöflichen Stuh⸗ les. Rhein⸗Provinz. Prinz Alexander. Dombau zu Köln. Deutsche Bundesstaaten. Königr. Bayern. Herr von Severin. Die Kirchen⸗Paraden. Königr. Hannover. Entsendung von Sach⸗ verständigen zur pariser Industrie⸗Ausstellung. Kammer⸗Verhandlungen. Rußland und Polen. Warschau. Rückkehr des Fürsten Statthalters. Frankreich. Deputirten⸗Kammer. Guizot über die Verhältnisse Frankreichs zu Haiti und China. Paris. Erklärungen auf die Be⸗

schwerden der Opposition über die französische Politik in Montevideo. Nruhiger Verlauf des Laffitteschen Leichenbegängnisses. Schreiben aus

Paris. (Kammer⸗Arbeiten: Montevideo, Guizot's Erklärung.)

Großbritanien und Irland. London. Offizielle Erklärung des Standard über den Prinzen von Joinville. Parlaments⸗Verhand⸗ lungen. Vorschlag zur Einrichtung eines neuen Kriminal⸗Appellations⸗ gerichts. Vermischtes.

Griechenland. Schreiben aus Athen. (Die Wahlen und das Mini⸗ sterium; die Parteien und die Elemente der Opposition.)

Vereinigte Staaten von Nord⸗Amerika. Schreiben aus New⸗ York. (Beschluß über die Schließung der Session; die Tariffrage; Teras; die jüngsten Unruhen zu Philadelphia; Stellung der Irländer; die Präsidentschast.) ““

Handels⸗ und Börsen⸗Nachrichten. Berlin. Börfe.

Beilage. 18

Amtlicher Theil.

Potsdam, den 4. Juni. Seine Majestät der König sind von der Lausitz auf Schloß Sanssouci wieder eingetroffen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: Den General der Infanterie und General⸗Adjutanten von Luck Präses der General-Ordens⸗Kommission zu ernennen. .“

Reise nach der

zum

Potsdam, den 3. Juni. Ihre Königl. Hoheit die verwittwete Frau Großherzogin von Mecklenburg⸗Schwerin und Höchstderen Kinder, die Her⸗ zogin Louise und der Herzog Wilhelm Hoheiten, sind von Ludwigslust hier eingetroffen und haben im Königl. Schlosse Sans souci Wohnung genommen. Bekanntmachung. Für diejenigen Industrie⸗Erzeugnisse der deutschen Bundesstaaten, Preußen und des Großherzogthums Po⸗ sen, welche zu der am 15. August d. J. zu eröffnenden Gewerbe Ausstellung nach geschehener Anmeldung an die Kommission für die Gewerbe⸗Ausstellung in Berlin eingesendet werden, ist die Porto⸗ Freiheit auf den preußischen Posten bis zum Gewichte von vierzig Pfunden gewährt. Derartige Sendungen sind von dem Absender mit seiner Namens⸗Unterschrift und mit der Rubrik: „Gegenstände der Gewerbe⸗Ausstellung in Berlin“ zu bezeichnen. Bei den Rücksen⸗ dungen wird die Rubrik durch ein amtliches Siegel beglaubigt wer⸗ den. Es wird empfohlen, Sendungen, welche den vorbezeichneten Ge⸗ wichtssatz nicht übersteigen, in der angegebenen Weise an die Kom⸗ mission für die Gewerbe⸗Ausstellung zu befördern. Berlin, den 2. Juni 1844. 1 Der Finanz⸗Minister Flottwell. läͤte Stück der Gesetz⸗Sammlung, welches heute ausgege⸗ ben wird, enthält: die Allerhöchsten Kabinets⸗Ordres unter Nr. 2448. vom 12. April d. J., die Kompetenz der Gerichte in den von den Auseinandersetzungs⸗Behörden in erster Instanz entschiedenen Rechtsstreitigkeiten betreffend: als Declaration des §. 9 der Verordnung vom 30. Juni 1834 wegen des Geschäfts⸗Betriebes bei Gemeinheits⸗ Theilungs⸗ ꝛc. Angelegenheiten; und vom 19ten dess. Mon., den Tarif zur Erhebung der Hafengelder, der Abgaben für die Benutzung besonderer Anstalten und der Gebühren für gewisse Leistungen i dem Hafen von Memel betreffend. Berlin, den 6. Juni 1844. Debits⸗Comtoir der Gesetz⸗

Das

Sammlung.

Angekommen: Der Fürst zu Lynar, von Drehna.

Der Ober⸗Präsident der Provinz Brandenburg, von Meding, aus der Lausitz.

Abgereist: Der General⸗Major und Commandeur der 16ten Infanterie⸗Brigade, von Francois, nach Magdeburg.

Der Ober⸗Schloß-Hauptmann, Graf von Arnim, nach Fal⸗ kenberg. v“ In Zeitschriften und anderen öffentlichen Blättern ist ne das Publikum von Zoll Unterschleifen benachrichtigt worden, durch welche die Kassen der Zoll⸗Vereinsstaaten und nicht minder die ver— einsländische Industrie in sehr erheblicher Weise beeinträchtigt wer⸗

den sollen.

Da es für die Zoll-Vereins⸗Regierungen von dem höchsten In⸗ teresse sein muß, dergleichen Unterschleife, wenn sie wirklich stattfinden, ans Licht gezogen und bestraft, mindestens aber für die Folge ver⸗ hindert zu sehen, und da mit Recht angenommen werden durfte, daß dies auch der Zweck derjenigen sei, von welchen jene öffentlichen Mittheilungen ausgingen, so hat das Finanz Ministerium in Bezie hung auf die oben angedeuteten Veröffentlichungen des bezeichneten Inhalts nicht gesäumt, dem Ursprunge derselben nachzuforschen, um sich eine genaue Kenntniß der Thatsachen, welche den dem Publikum gegenüber ausgesprochenen Beschuldigungen zum Grunde liegen, zu verschaffen.

1

den 6 n Juni

ö-— üne. AE

Die getroffenen Einleitungen haben inzwischen das davon er⸗ wartete Resultat nicht gehabt, und das Finanz⸗Ministerium sieht sich hierdurch im Interesse der Ehre der betheiligten Handeltreibenden und Beamten veranlaßt, den Gang und die Erfolge der desfallsigen Schritte in Nachstehendem zur öffentlichen Kenntniß zu bringen.

1. In dem II. Hefte des Jahrgangs 1843 der hier erscheinen⸗ den, von dem Dr. Wöniger redigirten Zeitschrift „der Staat“ befand sich ein anonymer Aufsatz mit der Ueberschrift: „Leipziger Zoll⸗Ver⸗ eins-Schmuggelei“, worin die Inhaber der in Leipzig bestehenden unverzollten Privatläger für Meßgüter (der sogenannten fortlaufenden Konten) beschuldigt werden, den Eingangs⸗Zoll von den ihnen à conto gestellten fremden Waaren in der Art zu defraudiren, daß sie den verkauften Theil der letzteren durch gleichartige zollvereinslän⸗ dische Waaren ersetzen, was bei der angeblich geringen Sachkunde der Zollbeamten als eine sehr leicht zu bewirkende Täuschung dersel⸗ ben geschildert wird.

Aus Anlaß dieses Aufsatzes wurde auf den Wunsch zugleich des Königlich sächsischen Finanz⸗Ministeriums der Redacteur der genann⸗ ten Zeitschrift, Dr. Wöniger, veranlaßt,

den Verfasser des in Rede stehenden Aufsatzes namhaft zu machen und, falls er selbst dies sei da sich mit Recht voraussetzen lasse, daß eine so schwere Anschuldigung nicht ohne Ueberzeugung von der Richtigkeit oder Glaubwürdigkeit der ihr zum Grunde liegenden Thatsachen der Oeffentlichkeit werde übergeben worden sein, diese Thatsachen, so weit ihm solche bekannt geworden und die Quelle, aus welcher er seine Kenntniß geschöpft habe, anzugeben.

Der ꝛc. Wöniger erklärte hierauf, daß er selbst der Verfasser des gedachten Aufsatzes nicht sei, sich jedoch ohne zuvorige Rücksprache mit dem Verfasser nicht für ermächtigt halte, denselben namhaft zu machen und eine weitere Mittheilung hierüber vorbehalte.

Auf weitere Anregung zeigte der zꝛc. Wöniger schriftlich an,

daß er sich ermächtigt finde, den Gutsbesitzer Herrn von Bülow⸗ Cummerow als die Quelle des fraglichen Aufsatzes zu bezeichnen.

Es ward nunmehr eine ähnliche, wie die oben gedachte Auffor⸗ derung an den Herrn ꝛc. von Bülow⸗Cummerow gerichtet, worauf derselbe Folgendes erwiederte:

Der in Rede stehende Aufsatz sei ihm ganz unbekannt, und er kenne dessen ungefähren Inhalt nur aus den in den Zeitungen dagegen erhobenen Reclamationen. Wenn daher der ꝛc. Wöniger sich er⸗ mächtigt erklärt habe, ihn als die Quelle des gedachten Aufsatzes zu bezeichnen, so müsse er (von Bülow⸗Cummerow) dies als durch⸗ aus unwahr zurückweisen und könne sich nur darüber wundern, wie es möglich gewesen sei, einen solchen von aller Wahrheit entblößten Mißbrauch seines Namens zu machen. 8

Die höchst ehrenwerthe Absicht des Finanz⸗Ministeriums, der Quelle möglicher Unterschleife nachzuspüren, verpflichte ihn indeß, auch das Wenige mitzutheilen, was ihm über den in dem frag⸗ lichen Aufsatze behandelten Gegenstand bekannt geworden sei.

Im Herbst v. J. habe er einen Besuch von dem ihm bis dahin ganz unbekannten Kaufmann Rieß erhalten, welcher ein eifriger Vertheidiger eines ausgedehnten (Zoll⸗) Schutz⸗Systems und mit dem er, als ein Gegner eines solchen Systems, daher in eine lebhafte Diskussion gerathen sei. Bei dieser Gelegenheit habe der zc. Rieß behauptet, daß nicht nur der Eingangs⸗Zoll auf baum⸗ wollene Gewebe viel zu gering sei, sondern auch durch Verabfol⸗ gung unverzollter englischer baumwollener Zeuge zu den, namentlich in Leipzig bestehenden Kontolägern die Defraude erleichtert werde, an der es auch nicht fehle. Unmittelbar nachdem der ꝛc. Rieß ihn verlassen habe, sei ein junger Schriftsteller, der wahrscheinliche Ver⸗ fasser des mehrerwähnten Aufsatzes, in sein (des ꝛc. von Bülow⸗ Cummerow) Zimmer getreten, und er habe diesem Einiges von dem eben gehabten Gespräch mitgetheilt. Da diese Mittheilung den jungen Schriftsteller sehr zu interessiren geschienen habe, so habe er denselben, in so fern er mehr darüber zu wissen wünsche, an den ꝛc. Rieß verwiesen, der sehr mittheilend sei.

Nachdem dem ꝛc. Wöniger, auf Grund dieser Erwiederung, vor⸗ gehalten worden, daß der ꝛc. von Bülow⸗Cummerow jede nähere Beziehung zu dem Aufsatze „Leipziger Zollvereins⸗Schmuggelei“ aus⸗ drücklich in Abrede stelle, gab derselbe folgende fernerweite Erklärung:

Bei der Wendung, welche die Angelegenheit genommen habe, finde er sich nunmehr veranlaßt, den eigentlichen Verfasser jenes Aufsatzes zu nennen. Es sei dies ein gewisser Herrmann Killisch, welcher ihm im Herbste v. J. durch den ꝛc. von Bülow⸗Cummerow zuge⸗ schickt worden sei. Er, der ꝛc. Wöniger, habe nämlich den Herrn zc. von Bülow⸗Cummerow eingeladen, sich für die Zeitschrift „der Staat“ als Mitarbeiter zu interessiren, und unter Bezugnahme auf diese Einladung habe der ꝛc. Killisch sich ihm, dem ꝛc. Wöniger, mit der Erklärung vorgestellt, daß der ꝛc. von Bülow⸗Cummerow ihn beauftragt habe, jener Einladung statt seiner zu entsprechen. In Folge dessen sei eine Art literarischer Verbindung unter ihnen beiden entstanden, und der ꝛc. Killisch habe mehrere Aufsätze, dar unter auch den in Rede stehenden, geliefert.

In Beziehung auf diesen letztgedachten Aufsatz habe der zc. Killisch, angeblich im Auftrage des ꝛc. von Bülovw⸗Cummerow, bei ihm, dem ꝛc. Wöniger, angefragt: ob der Redaction ein solches Thema, zu welchem der ꝛc. von Bülow⸗Cummerow die Data per⸗ sönlich in Leipzig gesammelt habe, genehm sei? und da er, der ꝛc. Wöniger, unter diesen Umständen kein Bedenken gefunden habe, sich zustimmend zu erklären, so sei der fragliche Aufsatz von dem zꝛc. Killisch verfaßt und demnächst in der Zeitschrift „der Staat“ abgedruckt worden.

Es ist hierauf auch zur Vernehmung des ꝛc. Killisch geschritten worden. Derselbe ist früher studiosus juris gewesen und wird, wie die Akten des hiesigen Königlichen Polizei-Präsidiums ergeben, von dem ꝛc. von Bülow⸗Cummerow als Privat⸗Secretair beschäftigt. Seine Auslassung in der Sache geht dahin:

Speziellere Thatsachen, als diejenigen, welche der mehrerwähnte Aufsatz enthalte, seien ihm nicht bekannt. Was die bei Abfassung des letzteren von ihm benutzte Quelle betreffe, so habe ihm zunächst der zc. von Bülow⸗Cummerow desfallsige Mittheilungen eines Kaufmanns, Namens Rieß, wieder erzählt, und in Folge dessen habe er, der ꝛc. Killisch, dem ꝛc. Rieß einen Besuch gemacht, wel⸗ cher ihm bei dieser Gelegenheit die in dem gedachten Aufsatze ent⸗

1“

haltenen Angaben mitgetheilt habe. Der ꝛc. von Bülow⸗Cumme⸗

row sei übrigens bei Abfassung und Publication des fraglichen Auf⸗

satzes unbetheiligt.

In Betreff dieser Auslassung ist zu bemerken, daß, wenn der ꝛc. Killisch anführt: „speziellere Thatsachen, als diejenigen, welche der mehrerwähnte Aufsatz enthält, seien ihm nicht bekannt“, dies in sofern einer Berichtigung bedarf, als der frag⸗ liche Aufsatz nur ganz allgemeine Behauptungen und Anschuldigungen, aber nicht eine einzige Thatsache enthält, aus welcher die Richtigkeit oder Wahrscheinlichkeit jener Behauptungen und Anschuldigungen ab⸗ geleitet oder auf deren Grund irgend eine nähere Untersuchung ein⸗ geleitet werden könnte.

Es wäre nunmehr, um die Sache bis auf ihren Ursprung zu verfolgen und möglichst aufzuklären, noch die Vernehmung des ꝛc. Rieß erforderlich gewesen, welche jedoch leider nicht hat veranlaßt werden können, weil derselbe weder hier, noch überhaupt in den preußischen Staaten ansässtig und sein dermaliger Aufenthaltsort unbekannt ist. Aus vorliegenden Notizen ergiebt sich, daß gedachter Rieß, mit Vor⸗ namen Julius, früher hier als Kaufmann etablirt gewesen ist, aber schon vor geraumer Zeit sein hiesiges Domizil aufgegeben, seitdem abwechselnd in England, Amerika und Hamburg gelebt und Berlin nur von Zeit zu Zeit als Fremder besucht, auch mehrere Brochüren, namentlich: „Schilderungen des Handels in den Vereinigten Staaten und Havanna“, und „Wird Hamburg sich zum verhängnißvollen Schritte entschließen müssen?“ geschrieben hat. 91.

Vielleicht sindet der ꝛc. Julius Rieß, falls ihm Gegenwärtiges zu Gesicht kommt, hierin eine Aufforderung, die von ihm dem ꝛc. von Bülow⸗Cummerow und dem c. Killisch über Zoll⸗Unterschleife gemachten Mittheilungen durch Beibringung thatsächlicher Beweis⸗ mittel näher zu begründen. Bis dahin aber, daß Letzteres geschehen sein wird, können die Angaben in dem Aufsatze „Leipziger Zoll⸗Ver⸗ eins⸗Schmuggelei“, wegen der den Konto⸗Inhabern in Leipzig schuld⸗ gegebenen Vertauschung fremder gegen inländische Waaren, als in irgend einer Art erwiesen oder nur glaubhaft gemacht nicht ange⸗ sehen werden.

II. Bald nach dem Erscheinen des unter I. besprochenen Auf⸗ satzes in der Zeitschrift der Staat enthielt die Leipziger Ztg. Nr. 286 vom 30. November v. J. einen Korrespondenz⸗Artikel d. d. Berlin, den 28. November, in welchem auf den vorerwähnten Auf⸗ satz über angebliche Zoll⸗Defraudationen in Leipzig im Allgemeinen Bezug genommen und sodann folgendermaßen fortgefahren wurde:

„und doch wissen die Engländer auch anderwärts den deutschen

Tarif zu umgehen. An der äußersten Gränze unserer Monarchie

im Osten sollen sie ein förmliches Depot haben, von wo aus sie

in den Verein hereinpaschen; ja, noch mehr, hier in Berlin selbst

892 Manches als Transitgut, somit frei, einpassiren, um hier zu

bleiben.

Da bei diesen Insinuationen die preußische Zoll⸗Verwaltung direkt betheiligt war, so mußte es für dieselbe um so mehr von Wichtigkeit sein, die Thatsachen kennen zu lernen, auf welche jene Angaben sich gründen, und es wurde daher zu diesem Zwecke, durch Vermittelung der Königlich sächsischen Behörden, eine Aufforderung an die Redaction der Leipziger Ztg. veranlaßt, den Einsender des bezeichneten Artikels namhaft zu machen.

In Folge dessen wurde dem Königlich sächsischen Finanz⸗Mini⸗ sterium durch die genannte Redaction ein Schreiben des hiesigen Dr. phil. Friedenberg vom 23. Dezember v. J. übersandt, in welchem dieser sich als den Einsender jenes Artikels ankündigte und zur Be⸗ der in dem letzteren enthaltenen Angaben Folgendes an⸗ ührte:

Seine Gewähr für die in Königsberg und Berlin stattfindenden

Zoll⸗Unterschleife sei ein, zwar nicht an ihn gerichtetes, aber von

ihm gelesenes Schreiben eines der größten Fabrikanten Süddeutsch⸗

lands, worin die, jene Unterschleife begründenden Details auf das ausführlichste angegeben seien. Von diesen wolle er nur zwei an⸗ führen:

1) Der Briefsteller habe sich bei seiner Anwesenheit in Berlin bei einem hiesigen Kattun⸗Fabrikanten darüber beschwert, daß die Berliner (vermuthlich Kattun⸗Fabrikanten) dem Schutzzolle auf Twist opponirten, während sie doch für ihre bedruckten Zeuge einen Schutzzoll von 50 Rthlrn. genössen. Hierauf sei ihm geant⸗ wortet worden, „daß der Schutzzoll größtentheils umgangen werde und den Fabrikanten nicht zu Gute komme.“ Im Ver⸗ laufe weiterer Nachforschungen habe sein Gewährsmann auch die Fakta erfahren, welche jener Antwort zum Grunde gelegen hätten. 3 In Ostpreußen sollten, nach den Angaben in gedachtem Briefe, „die Haupt⸗Steuer⸗Aemter umgangen und die Ent⸗ lassung der eingeführten englischen Zeuge bei Neben⸗Steuer⸗ Aemtern abgemacht werden.“

Zur Erläuterung dieser letzteren Angabe diente es, daß schon früher von inländischen Fabrikanten behauptet und dem Finanz⸗ Ministerium angezeigt worden war, daß bei der Ausfuhr fremder unverzollter Manufakturwaaren nach dem Auslande, welche haupt⸗ sächlich von den Messen zu Leipzig und Frankfurt a. d. O. unter Begleitschein⸗Kontrolle abgefertigt werden und deren Ausgang über die Gränze durch das in dem Begleitscheine genannte Haupt⸗Zoll-Amt bescheinigt werden muß, in Ostpreußen die Exportation nicht über das ebengedachte Haupt⸗Zoll⸗Amt, sondern über ein beliebig gewähl⸗ tes Neben⸗Zoll⸗Amt erfolge und von letzterem der Begleitschein er⸗ ledigt werde.

Ein solches Verfahren würde allerdings den bestehenden Ver⸗ waltungs⸗Einrichtungen und Vorschriften durchaus zuwiderlaufen, in⸗ dessen hatte sich schon bei der auf jene frühere Anzeige veranlaßten Untersuchung an Ort und Stelle jene Angabe als völlig grundlos erwiesen, worüber dann den damaligen Antragstellern die erforderliche Mittheilung gemacht, gleichzeitig auch von Seiten der betheiligten Provinzial⸗Steuer⸗Direction sorgfältige Vorkehrung getroffen war, um die genaue Beobachtung des vorschriftmäßigen Verfahrens in Bezug auf Durchgangs⸗Güter unausgesetzt zu überwachen.

Da nun auch das unter 1. Angeführte als ein Beweis für dennoch stattfindende Unterschleife nicht wohl betrachtet werden konnte, so wurde der ꝛc. Friedenberg aufgefordert, den von⸗