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vo langen und warmen Debatten bei der Abstimmung 1en nen, 44 Stimmen verneint ward. Sodann beschloß man die Wahl zweier Deputirten, um die Bildung eines Central⸗Vereins in Berlin zu berathen; sie siel auf den Oberbürger⸗ meister Krah und Prediger Voigt. — Nach einer Beschlußnahme der Insterburger Kreisstände wird der vor längerer Zeit projektirte Bau zweier Chausseestrecken, nämlich von Insterburg über Aulowöhnen bis zur Niederunger Kreisgränze, und die Verlängerung der Didlacker Chaussee bis zur Darkehmer Kreisgränze, im künftigen Frühjahr zur Ausführung kommen. — Aus dem Bericht über die Leistungen des Dan⸗ ziger Vereins zur Verbesserung der Strafgefangenen und verwahrlosten Kinder im Jahre 1843 erhellt, daß die Bemühungen desselben um die Ver⸗ edlung moralisch gesunkener Mitmenschen nicht ohne Segen geblieben sind. Von 10 aus dem Jahre 1842 in Pflege verbliebenen Kindern ist nur ein Knabe auf einem Schiffe untergebracht, dagegen sind im verflossenen Jahre drei Kinder wieder aufgenommen und zu rechtschaffenen Leuten in Pflege gegeben worden. Umfangreicher und mehr hervortretend sind die Leistungen des mit dem erwähnten Verein verbundenen, unter dem Schutze Ihrer Majestät der Königin stehenden Danziger Frauen⸗ Vereins, in dessen vier Schulen 224 Mädchen von mehr als 100 hochachtbaren Theilnehmerinnen desselben beaufsichtigt und unterrichtet werden. Provinz Westphalen. Außer dem bereits zu Lengerich, im Regierungs⸗Bezirk Münster, bestehenden Enthaltsamkeits⸗Verein, hat sich ein solcher auch zu Rheina gebildet. — Am 9. Juni wur⸗ den im nördlichen Theile der Gemeinde Greven während eines Ge⸗ witters die Früchte gänzlich zerschlagen, Häuser beschädigt, Bäume entwurzelt. Blos an Roggen sind 7— 8000 Scheffel Saat ver⸗ nichtet.
Rhein⸗Provinz. Das Museum zu Trier ist durch den Ankauf einer Anzahl antiker Steinbilder — Hermen von 4 Fuß Höhe = bereichert worden; sie sind bei einer Nachgrabung in dem Burg⸗ hofe zu Welschbillig aufgefunden worden, und drei davon vollständig erhalten. — Am 8. Juni empfing zu Jülich das daselbst zur Uebung einberufene 2te Bataillon des 25sten Landwehr⸗Regiments unter er⸗ greifenden Feierlichkeiten die von des Königs Majestät ihm verliehene Fahne. — Ein Theil des Kreises Bergheim wurde am 9. Juni von einem entsetzlichen Gewitter mit Hagelschlag heimgesucht; in we⸗ nigen Minuten waren die üppigsten Saatfelder vernichtet, alle Gar⸗ ten⸗ und Feldfrüchte lagen zerknickt am Boden, und die Schlossen fie⸗ len in so dichten Massen, daß die van mehr als fußhoch damit be⸗ deckt waren. 1 * Stettin, 15. Juni. Se. Majestät der König sind mit Allerhöchstdero Gästen, Sr. Majestät dem Kaiser von Rußland und der verwittweten Frau Großherzogin von Mecklenburg⸗Schwerin nebst Prinzessin Tochter, Königl. Hoheiten, und in Begleitung Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen, Statthalters von Pommern, gleich nach 12 Uhr mit einem Extrazuge auf der Eisenbahn von Berlin hier eingetroffen. Unmittelbar vom Bahnhose verfügten die Aller⸗ höchsten und Hohen Herrschaften sich sofort nach der Anlegestelle der Dampfschiffe, wo Se. Kaiserl. Majestät und die Frau Großherzogin von Mecklenburg, nebst Prinzessin Tochter, das Schleppschiff „Borus⸗ sia“ bestiegen und nach herzlichem Abschiede von Sr. Majestät und dem Prinzen von Preußen die Rückreise über Swinemünde, wo ein Kaiserl. russisches Dampfschiff zur Weiterfahrt bereit liegt, antraten. Se. Majestät der König haben mit des Prinzen von Preußen Königl. Hoheit Allerhöchstihre Appartements im hiesigen Schlosse bezogen, erden dem Vernehmen nach die Nacht hier verweilen und erst mor⸗
gen Nachmittag um 2 Uhr, abermals mit einem Extrazuge, auf der Lisenbahn nach Berlin zurückkehren.
* Malmedy, 8. Juni. Gestern erfolgte die feierliche Ueber⸗ gabe einer Fahne an das nach hiesiger Stadt benannte 3te Bataillon des 25sten Landwehr⸗Regiments, zur freudigen Genugthuung nicht blos der Wehrmannschaft, sondern der ganzen Bevölkerung unserer Gegend. Dieses sprach sich bei der Fahnenweihe, deren sinnvolle Ceremonie wir als bekannt voraussetzen, auf das unzweideutigste aus, indem die hiesigen Gränzbewohner, von welchen in Wahrheit gesagt werden kann, daß sie sich in der Angehörigkeit an den preußischen Staat glücklich fühlen und die eigenthümlichen praktischen Vorzüge desselben richtig zu würdigen wissen, in großer Anzahl dem Feste ihre Theilnahme widmeten und diese mit der den Wallo⸗ nen eigenen Lebhaftigkeit bekundeten. Die treffliche Rede des katholischen Divisions⸗Geistlichen trug wesentlich zur Hebung der Feierlichkeit bei. In einfacher, aber herzlicher und kräftiger Sprache wurden die vielfachen Beziehungen, welche der Gegenstand darbietet, hervorgehoben, der zufällige Umstand, daß dieses Fahnenfest gerade auf den Jahrestag des Hinscheidens unseres hochseligen Königs fiel, blieb natürlich nicht unberührt. „Wie der unvergeßliche König“, so bemerkte der Redner, „dem wir die großartige, so tief in unser gan⸗ zes Staatsleben eingreifende Institution der Landwehr verdanken, den Weltfrieden erobert und erhalten hat, so hat der würdige Erbe sei⸗ ner Macht den in diesem Lande gestört gewesenen Gottesfrieden in einer Weise wiederherzustellen gewußt, die alle Gemüther mit Dank und Bewunderung erfüllte. Und sollten wir nicht den edlen Absichten und der Willenskraft eines solchen Königs in jeder Hinsicht vertrauen, der die ihm von Gott verliehene Gewalt nur zum wahren dauern⸗ den Wohle aller seiner Unterthanen und aller Theile seines weiten Reichs benutzt, und der deshalb auch ein unbedingtes Recht hat auf die treue Ergebenheit und freudige Hingebung aller seiner Krieger und Unterthanen?“ — Dieser unter steter Hinweisung auf die Sym⸗ bole der Fahne, in kurzer und bündiger Rede mit der Kraft der eigenen Ueberzeugung ausgesprochene Gedanke ergriff sichtbar alle Anwesende und findet gewiß im ganzen Bereiche des Bataillons sei⸗ nen Wiederhall.
ö“ Ausland. PMeutsche Bundesstaaten.
Königreich Bayern. Ihre Königl. Hoheit die Prinzessin Paul von Württemberg, Schwester Ihrer Majestät der Königin von Bayern, ist am 10. Juni zum Besuch in München angekommen. — Die Regensburger Zeitung weist in einem größeren Artikel nach, wie sehr die Stadt Regensburg sich in neuerer Zeit gehoben, und daß sie dies größtentheils der durch die Dampfschifffahrt herbeige⸗ führten Zunahme des Verkehrs verdankt; keine Stadt in Bayern sei besser gelegen, die Vermittlerin des Handels zwischen Osten und
Westen zu machen. Königreich Sachsen. Wie die Augsb. Allg. Ztg. aus
b.sn G . gsb. g. Ztg. aus verhee 8. Juni meldet, hat die sächsische Regierung N. nach I Censur gedruckte Schriften über Rußland konsiszirt; . Uebersetzung der französisch erlaubten Broschüre
2„s Bur emagne et France par Mr. Fournier“ und ein deut⸗ sches Buch „Dreißig Jahre in Rußland.“
Königreich Württemberg. Laut Berichten aus Heil⸗ bronn vom 8. Juni erfreut sich die Neckar⸗Dampfschifffahrt einer täglich steigenden Personen⸗Frequenz, und auch der Güter⸗Transport ist in stätem Zunehmen. Der Dienst zwischen Heilbronn und Mann⸗ heim ist täglich. Die Einnahmen stellen sich äußerst günstig.
Großherzogthum Baden. In der 85sten Sitzung der Kammer der Abgeordneten zeigte der Präsident an, daß die erste Kammer dem pro⸗ visorischen Gesetze über den Vereins⸗Zoll Tarif, so wie der Adresse der zwei⸗ ten Kammer beigetreten sei. Hecker begründete sodann seine Motion auf ein Gesetz über die Verantwortlichkeit der Minister und höheren Staats⸗ Beamten. Der Antrag geht dahin: Se. Königl. Hoheit den Großherzog in einer Adresse ehrfurchtsvoll zu bitten, gemäß der in den §§. 7 und 67 der Verfassung und dem Gesetze vom 5. Oktober 1820 gege⸗ benen Verheißungen, der Stände⸗Versammlung ein Gesetz über Ver⸗ antwortlichkeit der Minister und Staats⸗Beamten, so wie über das gerichtliche Verfahren im Falle der Anklage vorlegen lassen zu wollen, welches die Bestimmungen enthalte: 1) daß jeder der beiden Kammern einzeln das Recht der Anklage zustehe; 2) daß außer den Ministern und den Mitgliedern der obersten Staats⸗Behörde, auch einer höheren Dienst⸗ Behörde unterworfene Beamte, im Falle sie ohne Anweisung der Minister, für sich oder kraft Kabinetsbefehls, sich der Verletzung der Verfassung oder verfassungsmäßiger Rechte schuldig gemacht haben, der Anklage unter⸗ liegen; 3) daß jede That, wodurch die Verfassung oder anerkannt verfassungs⸗ mäͤßige Rechte im Ganzen oder Einzelnen wirklich verletzt wurden, ebenso⸗ wohl als der Versuch, der Anklage und Strafe unterliege; 4) daß ein Schwurgericht von 36 Geschwornen in ähnlicher Weise wie die Abgeordneten der zweiten Kammer erwählt, unter den Formen des öffentlichen mündlichen Anklage⸗Prozesses über That und Rechts⸗ frage entscheide; 5) daß die Minister⸗Verbrechen neben der Dienstentsetzung mit Freiheits⸗ oder Lebensstrafe gebüßt werden; 6) daß bei ihnen weder Abolition der Anklage noch Begnadigung von der richterlich erkannten Strafe stattfinden, und endlich die erhobene Anklage im Falle der Auflösung einer Stände⸗Versammlung auf die nächste Stände⸗Versammlung übergehen soll. Welcker, Gottschalk, Sander unterstützten die Motion unbedingt; Junghanns, Trefurt, Weizel, Platz und Regenguer mit mehr oder weniger Beschränkun⸗ gen. Die Kammer beschloß, die Motion drucken zu lassen und in den Ab⸗ theilungen zu berathen.
Am 6. Juni fand zu Durlach eine Versammlung von etwa 40 Aerzten statt, deren Zweck die Bildung eines „Allgemeinen ärztlichen Vereins für das Großherzogthum Baden“ war. Die erste Sanitäts⸗ Behörde des Landes hatte durch einen Erlaß ausgesprochen, daß sie die Bildung des Vereins gern sehe und die Zwecke desselben billige.
** Dresden, 13. Juni. Die Königl. Brandversicherungs⸗ Kommission hat in diesen Tagen eine Rechnungs⸗Uebersicht der sächs. alterbländischen Immobiliar⸗Brandversicherungs⸗Anstalt auf das Jahr 1843 veröffentlicht, nach welcher zwar im vorigen Jahre 528,935 Rthlr. — Immobiliar⸗Brandschäden⸗Vergütungen, 17,042 Rthlr. Feuerge⸗ räth und andere Entschädigungen und Beihülfen, ingl. 21,664 Rthlr. Verwaltungs⸗Kosten ꝛc. — 508,241 Rthlr. — zusammen, bestritten, aber fernerweit noch 353,943 Rthlr. — theils zu vollständiger Dek⸗ kung der Brandschäden für 1843, theils zu Wiederergänzung des Re⸗ serve⸗Fonds erforderlich sind.
Die letztere Summe und der nächste kurrente Bedarf soll durch die in den Jahren 1844 und 1845 zu leistenden Brandversicherungs⸗ Beiträge gedeckt werden, welche auf 1 Rthlr. 8 Ngr. 4 Pf. jährlich vom Hundert der Versicherung festgestellt worden sind.
Darmstadt, 12. Juni. Gestern wurde die vor einigen Wochen aus München eingetroffene Bronze⸗Statue des Großherzogs Ludwig IJ., nachdem sie, ihrer Hülle entkleidet, am Fuße der Säule aufgestellt war, auf welche sie dieser Tage geschafft werden soll, von der gesammten hier anwesenden Großherzoglichen Familie in Augen⸗ schein genommen. Der Erbgroßherzog, erst vor wenigen Stunden nach einer außerordentlich schnellen Reise von nur 28 Stunden aus München eingetroffen, Prinz Karl, mit seiner liebenswürdigen Ge⸗ mahlin und ihren Kindern, den munteren jungen Prinzen Ludwig und Hein⸗ rich, dann die Brüder des Großherzogs, Prinzen Georg und Emil, beglei⸗ teten Se. Königl. Hoheit, so daß man hier Söhne, Enkel und Urenkel um die treffend ähnliche Bildsäule des Fürsten vereinigt fand, dessen 40jährige Regierung (1790 — 1830) unstreitig eine der merkwürdig⸗ sten Epochen der hessischen Geschichte bildet, und der es wohl ver⸗ diente, daß ihm ein dankbares Volk ein großartiges Monument setzt, wie kaum ein ähnliches in Deutschland bestehen dürfte. Die Statue, 22 ½ hess. Fuß *) hoch, von Schwanthaler in München geformt und von Stiglmaier daselbst in Erz gegossen, ist ein vollendetes Kunstwerk, wie allgemein, insbesondere auch von der hohen Fa⸗ milie des gefeierten Fürsten aufs ehrenvollste anerkannt wird. Groß⸗ herzog Ludwig I. steht aufrecht in der hessischen Generals⸗Uniform, mit dem Großkreuze des Ludwig⸗Ordens geschmückt, einen Mantel in malerischen Formen umgeworfen, die seinem Volke verliehene Ver⸗ fassungs⸗Urkunde in der Rechten. Die Säule, auf welcher die 108 Centner schwere kolossale Statue ruhen wird, ist 132 ½ hess. Fuß hoch, einschließlich der Postamente, das Ganze also von der Erde bis zum Scheitel der Bildsäule 155 hessische Fuß. — Eine leb⸗ hafte Theilnahme sprach sich aus, als man die Großherzogliche Fa⸗ milie — ein wirklich ergreifender Anblick — so um ihren glorreichen Ahnherrn vereinigt sah. Von allen Seiten strömte das Publikum herbei und der Großherzog gestattete ausdrücklich Jedermann den Zu⸗ tritt, so daß die Statue des Fürsten bis zum Abende von dem Volke dicht umringt war, das ihn im Leben so hoch geehrt und innig ge⸗ liebt hatte. Heute nun ist dieselbe wieder verhüllt, und erst am Ludwigstage, 25. August, wird bei der feierlichen Einweihung diese Hülle fallen und das Bild sich in seinem vollen Effekte, weit hin schauend von seinem hohen Standpunkte in das treue Hessenland, dem biederen Volke zeigen, das dies schöne Land bewohnt. Man bereitet bereits große Festlichkeiten für diesen Tag vor, der ein wah res Volksfest werden wird. Unter Anderem wird auch ein Oratorium, würdig des gefeierten Fürsten, der ein besonderer Kenner und Be⸗ schützer der Kunst war, zur Ausführung kommen.
†½ Luxemburg, 10. Juni. Nach Privatnachrichten aus dem Haag sollen Se. Maj. der König Großherzog im Geleit Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Oranien schon zu Ende d. Mts. das Groß⸗ herzogthum besuchen, um 10 Tage in Walferdingen zu verweilen. Wenigstens werden hier mit dem größten Eifer die Vorbereitungen betrieben und in Mainz und Frankfurt Möbel angekauft. 1
Oesterreichische Monarchie.
Wien, 8. Juni. (A. Z.) Im hiesigen Militair⸗Departement
ist man seit längerer Zeit beschäftigt, das im Jahr 1806 von dem damaligen Generalissimus Erzherzog Karl sanctionirte Exerzier⸗ und Abrichtungs⸗Reglement für die Infanterie einer Revision und zeit⸗ gemäßen Umarbeitung zu unterziehen. Den Auftrag hierzu erhielt der Oberst Graf Nobili, welcher diese schwierige Arbeit nunmehr beendet hat. Das Reglement über die Abrichtung des einzelnen Man⸗ nes ist bereits im Druck begriffen. Das Exerzier⸗Reglement, das haupt⸗ sächlich zum Zweck hat, dielangen Kommandowörter abzukürzen, überflüssige Bewegungen auszuscheiden, die beibehaltenen zu vereinfachen und nur
*) 1 hess. Fuß 5 8 Millimeter oder 110,824 alte pariser Linien;
1.
auf solche zu beschränken, welche Angesichts des Feindes ausführ⸗
bar sind, liegt noch im Kabinet des Kaisers, dessen Genehmigung wohl nächstens erfolgen wird. Ohne Zweifel erscheinen später auch neue, mit denen für die Infanterie in Einklang gebrachte Vorschrif⸗ ten für die anderen Waffengattungen; kürzere Kommandowörter haben sich namentlich als ein allgemeines Bedürfniß herausgestellt. Berichten aus Görz zufolge, wird die Herzogin von Angou⸗ leme, gleich nach der Beisetzung ihres verstorbenen Gemahls, mit ih⸗ rem Neffen, dem Herzoge von Bordeaux und dessen Schwester, Ma⸗ demoiselle, Görz verlassen und fürs Erste ihren Aufenthalt in Kirch⸗
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berg am Walde nehmen.
à& Aus Ungarn, im Mai. Es ist dermalen schon selbst auf dem Reichstage unserer Regierung vorgehalten worden, daß sie bei Eröffnung desselben, statt ganz ausgearbeitete Gesetz⸗Entwürfe vorzulegen, sich damit begnügte, nur Zwecke anzugeben, welche in Ungarn zu erreichen wären. Dies hatte zur Folge, daß jegliche Par⸗ tei diese Zwece mit ihren Mitteln zu realisiren und auszubeuten sucht, somit das Detail des darüber zu gebenden Gesetzes mit ihren Dinten zu überziehen strebt und den Staatswagen auf jedes andere Geleise hinzieht, als auf das, welches die Regierung anweisen will und vernünftigerweise anweisen kann. Dazu kommt noch, daß alle jene, welche, die guten Tendenzen der Regierung einsehend, ihr kräf⸗ tig zur Seite stehen wollten, gar nicht wissen, womit sie derselben es recht thun können, somit unter sich ohne Halt, ohne Harmonie und dem nächst besten Zwecke, daß die Regierung es so und so wolle, zur Beute sind, dadurch sehr häufig lächerlich werden und den Muth. ver⸗ lieren, allen denen das Feld räumend, die da sagen: Chi osa vince! Ungarn ist seit wenigen Jahren gewaltig aus dem Schlafe erwacht, es hat den kräftigen Muth, es zu gestehen, daß es roß fehlte, in⸗ dem es so lange schlief, aber es zuckt auch durch die Köpfe und Her⸗ zen aller Gutdenkenden jener Genius des Fortschritts, von dem einst Roms berühmter Dichter schrieb: Est deus in nobis, agitante in- calescimus illo! Gut gelenkt, muß dieses heilige Feuer zur Kräf⸗ tigung und Erhebung Ungarns emporlodern, wogegen es, sich selbst überlassen, selbst das Gute, was wir bisher errangen, verzehren kann und muß. Die Aufgabe nun, den erwachten Enthusiasmus auf die richtige Bahn zu leiten, alle guten Früchte, die in so reichlichem Maße freundlich winken, aus ihm zu ziehen und dessen Ausartung zu ver⸗ hüten, steht der Regierung zu. Sie sollte die Sonne sein, von der befruchtendes Licht und reifende Wärme ausstrahlt, welche jegliche Hoffnung reichlichen Segens für das Land realisirbar macht, welche für den vernunftgemäßen Fortschritt die Oriflamme voranträgt, die große Zahl der Gutgesinnten um sich schaart und Alles, was der Gerechtigkeit und dem wahren Wohle Ungarns abhold ist, mit un⸗ widerstehlicher Kraft vor sich niederdrückt. Diese Aufgabe ist ihr um so leichter, da sie in ihren anderen Ländern eine große Anzahl treff⸗ licher Institute hat, die mit wenigen Modificationen eben so wohltha⸗ tige Wirkungen in Ungarn hervorbringen würden, wie dort, die, als aus den unveränderlichen Prinzipien der Gerechtigkeit entnommen, auch im constitutionellen Ungarn mit Wärme aufgefaßt würden, und von denen einige auch in die Propositionen übergingen.B
Hätte die Regierung ganz vollständig in diesem Sinne gehan⸗ delt, so wäre wahrscheinlich der Reichstag mit den fruchtbarsten Re⸗ sultaten, nämlich „einem neuen Intabulations⸗Gesetze, das den Gesetzen über den Personal⸗Kredit vom vorigen Landtage die ersehnte hülfreiche Hand leisten würde, einem bürgerlichen Ges etzbuche, einer Gerichtsordnung, einer Jurisdictions⸗ Norm, einem Gesetze über den Straßenbau, über die Verhütung der Komi⸗ tats⸗Exzesse u. dgl.“, bereits entlassen und für die Regierung neue Zeit zum kräftigen Vorbereiten weiterer Maßregeln gewonnen, wäh⸗ rend jetzt ein Jahr verstrichen ist und — so Vieles auch angefangen wurde — die Resultate sich doch fast auf Null reduziren. Wahr ist es allerdings, daß bei uns in Ungarn die Abnormität vorkomme, daß die Regierung auf dem Reichstage keine ostensiblen Verfechter ihrer Tendenzen und ihres Willens habe, wie es in allen anderen constitutionellen Ländern mit den Ministern der Fall ist. Allein, das Land ist ja mit Freuden bereit, diesen Punkt der Verfassung zu modifiziren, und die Modification selbst wäre wieder eine neue Quelle des Segens für dasselbe; ja auch ohne diese Modification hat unser König Mittel genug, seine Vorschläge verfechten zu lassen, indem in jeder Tafel Beamte in Menge sitzen, von denen die Geschicktesten sich gern diesem ehrenvollen Geschäfte unterziehen würden. Gelänge jedoch auch dieses nicht, so bliebe doch noch immer der Vortheil, daß der Wille und die Tendenz der Regierung klar vor des Landes Augen lägen, alle Verdächtigungen gegen sie niederfielen und der Reichstag es sich nur selbst zuzuschreiben hätte, wenn es von den dargebotenen Wohlthaten keinen Gebrauch machte.
Dieser Mangel in unserer Verfassung dürfte also wohl nur ein vorgeschobener Grund sein, warum die Regierung von ihrem Rechte des Gesetz⸗Vorschlags diesmal keinen Gebrauch machte; ein bei weitem wichtigerer Grund liegt anderswo, nämlich in der Stellung derer, welche zunächst den Beruf hätten, dem Könige diese Vorschläge auszuarbeiten. Wir setzen keinen Zweifel in ihre Rechtlichkeit, in ihren Patriotismus, in ihre vollkommene Tauglichkeit, Ungarn nach den bisherigen Gesetzen zu administriren; allein, wir finden sie mit diesen ihren Administrations⸗Geschäften so überladen, daß ihnen keine Muße bleiben kann, nebenher sich noch den Studien neuer Gesetz⸗Entwürfe hinzugeben, woraus leicht begreiflich wird, daß sie solches von sich ablehnen*) und es so zu der Nega⸗ tion kommt, welche wir sehr beklagen müssen, da alle unsere Erwar⸗ tungen auf die Regierung gerichtet sind. Diesem aus den Zeitver⸗ hältnissen hervorgegangenen Uebelstande kann nicht anders abgeholsen werden, als wenn unser König, wenigstens für die Zeit unserer be⸗ vorstehenden Reform, die tüchtigsten Männer in eine von allen anderen Geschäften entbundene Kommission zusammensitzen hieße, welche die einzige Aufgabe der Ausarbeitung von Gesetz⸗Vorschlägen hätte und deren Glieder dann auch in der einen wie der anderen Tafel die Motivirung derselben übernehmen würden. Möge diese Sonne uns bald leuchten!
Frankreich.
Pairs⸗Kammer. Sitzung vom 10. Juni. Nachdem der Minister des Innern das von der Deputirten⸗Kammer angenom⸗ mene Gesetz über die Gefängnisse vorgelegt hatte, vertheidigte Ge⸗ neral Cubièdres sein Amendement zu dem 33sten Artikel des Re⸗ krutirungs⸗Gesetzes, die Dauer des Militairdienstes betreffend. Von den 9 Jahren, auf welche der General den von den Pairs ursprüng⸗
lich auf 8 Jahre erhöhten, dann von den Deputirten auf die bisherige .
Dauer von 7 Jahren reduzirten, und nun von der Pairs⸗Kommission wieder auf 8 Jahre beantragten Dienst verlängert wünscht, sollen,
seiner Absicht nach, 6 Jahre unter den Fahnen und 3 in der Reserve
zugebracht werden.
„Vermittelst dieses Systems“, sagte der Redner, „würde man stets 12 sein, 3 eingeübter neben 3 neuer Mannschaften in der Armee und ³ annschaften, die sechs Jahre unter den Fahnen zugebracht, neben ⅔ noch
*) Das Nämliche soll auch der Grund sein, warum in den anderen Ländern Oesterreichs schon lange kein wichtigeres Gesetz auf dem Felde der
Civil⸗Justiz erschien, obschon seit 30 Jahren immer etwas von Gesetzge- bungs⸗Arbe .
iten verlautet.
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nicht dazu berufener junger Leute in der Reserve zu haben. Ueberdies ist es das einzige Mittel, nöthigenfalls einen Effektiv⸗Bestand von 500,000 Kombattanten zusammenbringen zu können. Endlich würde die Bevölkerung dadurch keine größere Last treffen, weil man auf diese Weise jährlich nur 54,000 Mann würde unter die Waffen zu rufen brauchen und 11,000 an ihrem Heerd lassen können.“
Vicomte von Preval kann sich hiervon nicht überzeugen; er meint im Gegentheil, General Cubières beschäftige sich zu ausschließlich mit dem Interesse des Kriegsdienstes ohne Rücksicht auf das der Bevölkerung, und eben um beide mit einander zu versöhnen, habe die Kommission eine T jenst⸗ zeit von 8 Jahren vorgeschlagen.
Marschall Soult tritt jetzt dem Kommissions⸗Vorschlage bei. „Wenn ich“, sagt er, „in der anderen Kammer in die Reduction des Dienstes auf 7 Jahre willigte, so geschah es blos, um dem Lande die Vortheile des neuen Gesetzes eher zu sichern; da es aber bereits von der Pairs⸗Kammer wieder modifizirt ist, also doch in diesem Jahre nicht votirt werden kann, so beeile ich mich, auf meine erste Idee zurückzukommen.“
Das Amendement des General Cubidères wurde darauf verwor fen und das der Kommission mit starker Majorität angenommen. Man zweifelt aber, daß die Deputirten⸗Kammer sich diesem Beschluß fügen werde.
Deputirten⸗Kammer. Sitzung vom 10. Juni. Der
zweite Artikel des Gesetz⸗Entwurfs über die Verbesserung der Häfen weist 19,922,000 Fr. für Havre an, welches noch rascher als Mar⸗
——,
seille emporgestiegen ist. Das Gedeihen dieses Hafens übertraf alle
Erwartungen, und kaum waren die im Jahre 1787 in riesenhaften
Verhältnissen vorbereiteten Pläne für die Vergrößerung der Stadt
nun ist dazu bestimmt, die 23 Hektaren Bassins, welche Havre gegen
welchem 84,000 Tonnen Waaren Platz finden sollen.
nd ihres Hafens vollendet, so reichten sie schon nicht mehr hin für ie Bedürfnisse des Handels. Es war daher dringend nöthig, den Hafen von Havre von neuem zu vergrößern. Eine erst im Jahre 1839 otirte Bewilligung von 6 Millionen konnte für die Erfordernisse einer so ußerordentlichen Handelszunahme nicht genügen. Der jetzige Kredit
wärtig besitzt, auf 43, und seine 4420 Metres Quais auf 6490 zu bringen, sowie ein großes Dock⸗Entrepot daselbst zu errichten, dessen Magazine eine Höhe von 7 Metres 20 Centimetres erhalten und in
Es wird dann Havre und des fassen, dort für Doppelte der
mit Einschluß der Bassins Vauban, welche 41,000 Tonnen 125,000 Tonnen Raum sein, was über das jetzigen Bedürfnisse ausmacht.
übrigen Entrepots von
gel an Gelaß, der das Ein⸗ und Ausladen verzögerte und den Waa⸗
ren schadete, der Stadt Havre einen jährlichen Verlust von ungefähr 1,300,000 Fr. zuzog. 3,500,000 Fr. für die Anlegung von Quais in Bordeaur aussetzt,
Der betreffende Artikel, so wie der dritte, der
der vierte, der 2,500,000 Fr. für Küstenbeleuchtung bestimmt, und die übrigen nur reglementarischen Artikel wurden von der Kammer ge⸗ nehmigt, die Abstimmung über den ganzen Gesetz⸗Entwurf mußte indeß, da die Versammlung nicht mehr zahlreich genug war, noch aufge⸗ schoben werden.
Paris, 11. Juni. Der König hat auf Vorschlag des See⸗ Ministers beschlossen, daß der Prinz von Joinville seine Contre⸗ Admiralsflagge auf einem der Linienschiffe des Evolutions⸗Geschwaͤ⸗ ders aufpflanzen und sich, von einer Dampffregatte, zwei minder
starken Dampfschiffen und mehreren leichten Fahrzeugen begleitet, nach
den Küsten von Marokko begeben soll,
um dort zu kreuzen. Der Prinz wird baldigst nach Toulon abgehen, um den Befehl über die unter sein Kommando gestellte Marine⸗Division zu übernehmen. So meldet der heutige Moniteur. Am Schluß der Börse wollte man wissen, Prinz Joinville werde schon morgen Paris verlassen, und seine Equipagen seien bereits heute früh abgegangen. Die marokkanische Küste wird der Sammelplatz aller europäischen Kriegsflaggen. Ein holländisches
Geschwader, unter den Befehlen des Prinzen Heinrich der Niederlande von
Bliessingen ausgelaufen, soll angeblich vor Tanger anhalten, wo es fran⸗
zösische, englische, spanische und vermuthlich auch amerikanische See⸗ Streitkräfte finden dürfte. Gleichzeitig erfährt man aus Christiania, daß zwei norwegische Schiffe,
handlungen mit dem Kaiser von Marokko betrieben wurden; Norwe⸗ gen hatte bisher keinen Traktat mit diesem Souverain. — Ein Ba⸗ taillon des 25sten französischen Linien⸗Regiments, welches zu Pau in Garnison steht, hat Befehl zum Abmarsch erhalten; man glaubt, daß der Rest des Regiments ihm bald folge, und daß diese Truppen nach Port⸗Vendres dirigirt sind, um dort nach Afrika eingeschifft zu werden.
Der Minister des öffentlichen Unterrichts hat der Deputirten⸗ Kammer die Auseinandersetzung der Motive nicht vorgelesen, womit er das ihr vorgelegte Unterrichtsgesetz, wie es von den Pairs modi⸗ fizirt und angenommen worden, begleitete. Sie ist aber nebst dem Text des Gesetzes im heutigen Moniteur abgedruckt. Neue Dar⸗ stellungen sind darin nicht enthalten. Der Minister rechtfertigt das Gesetz in allen seinen Punkten, ohne die von der Pairs⸗-Kammer beliebten Modificationen hervorzuheben. Nach den ausführlichen Berich⸗
ten, welche über die Diskussion des Gesetzes in jener Kammer ge⸗
geben worden, wäre es überflüssig, auf den Inhalt des ministeriellen Exposé noch weiter einzugehen. Die Frage über den Sekundär⸗Unter⸗ richt war in früheren Jahren schon zweimal vor die Deputirten⸗Kammer gebracht worden, aber unerledigt geblieben. Nachdem man sie nun zuerst der Pairs⸗Kammer vorgelegt und diese nach gelehrten und gründlichen Erörterungen, wie Herr Villemain sagt, ihre Entscheidung darüber abgegeben hat, wollte man nicht länger zögern, auch die De⸗ putirten⸗Kammer, ungeachtet der vorgerückten Sessions⸗Zeit, noch zur Erwägung des Gesetzes aufzufordern. „Wir hätten gewünscht“, fügt der Minister hinzu, „daß die Probe einer zweiten Berathung bald ein entscheidendes Resultat herbeiführen könnte. Es ist viel Mühe darauf verwandt worden, die Frage zur Reife zu bringen. Ihnen gebührt es, zu prüfen, was noch zu thun übrig ist.“ Es gilt indeß für so gut als ausgemacht, daß dies wichtige Gesetz in dieser Session nicht mehr an die Reihe kommen, seheenn daß höchstens noch der Bericht darüber von der mit Prüfung desselben zu beauftragenden Kommission der Depu⸗ tirten⸗Kammer vor dem Schluß der diesjährigen legislativen Arbeiten erstattet werden wird. Der Constitutionnel findet diesen Aufschub der Diskussion sehr erwünscht, damit die Meinung der Kammern, die durch den Kommissions⸗Bericht an den Tag kommen werde, Zeit be⸗ halte, ihre Wirkung auszuüben, und namentlich dem Klerus als Wei⸗ sung zu dienen, um ihn von der Vergeblichkeit seiner bis über das Jahr 1828 zurückstrebenden Reaction zu überzeugen. Die France spricht dagegen sogar die Hoffnung aus, die Deputirten⸗Kammer werde der Regierung von 1830 ins Gedächtniß rufen, daß vollkommene Unterrichts⸗Freiheit eine ihrer ersten und feierlichsten Verpflichtungen sei, und sie werde in diesem Sinne noch weitere Modificationen mit dem Gesetz⸗Entwurf vornehmen.
I Paris, 11. Juni. Die Pairs⸗Kammer zog sich heute unmittelbar nach Eröffnung ihrer Sitzung in ihre Büreaus zurück, um drei von der Regierung vorgelegte Gesetz⸗Entwürfe zu prüfen, mämlich: 1) den einen Kredit von 200,000 Fr. zur Feier der Juli⸗ feste betreffend, 2) den wegen Vollendung der Zugänge zum Pan⸗ theon und Verlängerung, respektive Erweiterung zweier Straßen,
Die Wichtigkeit dieser Entrepot⸗-Er⸗ richtung läßt sich begreifen, wenn man hört, daß der bisherige Man⸗
eine Korvette und eine Fregatte, und eine schwedische Fregatte sich nach Tanger begeben sollen, wo Unter⸗
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3) den wegen Ausbeutung der Eisenbahn von Nimes nach Montpellier;
ferner um die Kommissionen für Berichterstattung über diese Gesetz⸗ Entwürfe zu ernennen.
89 Heputirten⸗Kammer schritt heute zuerst zur Abstim⸗ mung über den Gesetz⸗Entwurf, die Verbesserung der Häfen betref⸗ fend. Die Zahl der Abstimmenden betrug 234, wovon 163 für und 71 gegen den Gesetz⸗Entwurf stimmten. Derselbe ist also angenom⸗ men. Die Tagesordnung führte dann zur Diskussion des Gesetz⸗ Entwurfs, welcher die Befestigungen von Havre betrifft. Herr De⸗ longrais eröffnete die allgemeine Diskussion. Er hatte zwar nichts einzuwenden gegen die großen Opfer, welche die Regierung für Ver⸗ besserung der Häfen bringt, wünschte aber, daß für Fluß⸗Verbesserun⸗ gen auch mehr geschehe. Namentlich fragte er den Minister der öffent⸗ lichen Arbeiten, ob nichts für die Vire und für die Mayenne geschehen werde. Der Minister entgegnete, die Flußverbesserungen seien in einem Gesetz⸗Entwurf inbegriffen, der die Canalisation aller Flüsse des Königreichs umfassen werde. Herr Arago wünscht Vertagung der Befestigungs⸗Arbeiten zu Havre, die durchaus nicht dringend seien. Eine Landung sei im Falle eines Krieges nicht zu besorgen. Würde Havre als Kriegsplatz angegriffen, so würde dies nicht von der Land⸗ seite aus angegriffen, sondern von der Hafenseite her, diese müsse man also befestgen. Der Minister der öffentlichen Arbeiten er⸗ klärt, ohne auf andere äußere Vertheidigungs⸗Arbeiten zu Havre Verzicht zu leisten handle es sich für den Augenblick nicht um einen das Ganze umfassenden Plan, sondern nur von der Ausführung einiger als unent⸗ behrlich anerkannten Befestigungswerke. Havre sei durch seine Be⸗ festigungen allzusehr eingeengt, man müsse dieselben weiter hingus⸗ rücken. (Ruf zur Abstimmung.) Die Kammer schreitet zur Dis⸗ kussion der Artikel. Der erste Artikel bestimmt 5,880,000 Fr. zu Befestigungs⸗Arbeiten, welche die beabsichtigte Ausdehnung des Hafens nothwendig macht. Herr Arago beharrt bei einem Abzuge von 120,000 Fr. Das Amendement wird aber nach einer zweifelhaften Abstimmung verworfen und der ganze erste Artikel angenommen. Nach Art. 2 soll von jener Summe für dieses Jahr dem Kriegs⸗Minister ein Kredit von 500,000 Fr., für das folgende ein Kredit von einer Million eröffnet werden.
O Paris, 11. Juni. Die Nachricht vom Ableben des Her⸗ zogs von Angoulème wurde gestern mit der Post aus Triest vom diesseitigen Konsul in jener Stadt unserem Hofe gemeldet. Die ganze Königliche Familie wird wegen der nahen Verwandtschaft mit dem Verstorbenen morgen auf sechs Wochen Trauer anlegen. In den legitimistischen Kreisen erfuhr man diese traurige Nachricht erst heute früh durch das Journal des Débats und die Presse, welche sie vom Kabinet mitgetheilt erhielten. In politischer Beziehung ist das Ableben des Herzogs von Angouleème insofern ein wichtiges Er⸗ eigniß, als unter den Legitimisten noch eine bedeutende Partei sich befindet, welche die Abdankung Karl's X. in Rambouillet zu Gunsten des Herzogs von Bordeaux nicht anerkennen mochte und bis zur Stunde den Herzog von Angouléeme als den legitimen Nachfolger Karl's X. und als einzig berechtigten Thronfolger in Frankreich ansah. In Folge seines Todes wird in deren Augen nun der Herzog von Bordeaux als legitimer Thronfolger erscheinen. Der Unterschied zwi⸗ schen alten und jungen Legitimisten, wie man die Anhänger des Herzogs von Angoulème und die des Herzogs von Bordeaux zu be⸗ zeichnen pflegte, fällt jetzt hinweg, und die Legitimisten bilden nur noch eine einzige Partei.
Wie verlautet, ist der Ausbruch offener Feindseligkeiten zwischen Spanien und Marokko unvermeidlich geworden, und da der Kaiser von Marokko sich von Abd el Kader verleiten ließ, die französischen Besitzungen in Algerien mit einem feindlichen Einfall zu bedrohen, so hat das Kabinet der Tuilerieen beschlossen, die Demonstration Spa⸗ niens gegen Marokko zu unterstützen und gegen letzteres Land als gegen einen gemeinsamen Feind zu agiren. Es war anfangs die Rede davon, die ganze Flotte, welche in Toulon stationirt ist, an der marokkanischen Küste erscheinen zu lassen; da jedoch bis zur Stunde der Kaiser von Marolko sich auf bloße Drohungen beschränkt und England die Entwickelung einer starken französischen Seemacht an der nordafrikanischen Küste ungern sehen würde, so will das Kabinet der Tuilerieen, um schwierigen diplomatischen Verwickelungen zu entgehen, vor der Hand es auf die Absendung eines bloßen Beobachtungs⸗Ge⸗ schwaders nach Marokko bewenden lassen, während andererseits gegen⸗ wärtig in Toulon und Marseille 10,000 Mann eingeschifft werden, um die französische Streitmacht in Algerien längs der Gränzen von Marokko zu vermehren. Nöthigenfalls wird später der übrige Rest ze⸗ Flotte von Toulon zu der Escadre des Prinzen von Joinville toßen.
Der König und sämmtliche Mitglieder der Königlichen Familie haben sich beeilt, gestern die Industrie⸗Ausstellung zu besuchen, um den Ausstellenden, welche durch das vorgestrige Unglück betroffen wur⸗ den, ihre Theilnahme zu bezeugen. Obwohl der Moniteur den Schaden der Ausstellenden sehr zu verringern strebt, um dadurch die Verantwortlichkeit des Ministers der öffentlichen Bauten möglichst zu decken, so stimmen doch alle Blätter, die ministeriellen Journale mit eingerechnet, darin überein, daß das Ausstellungs⸗Gebäude durch den Wolkenbruch in eine See verwandelt worden war, worin die ausge⸗ stellten Waaren schwammen. Der Schaden wird auf 200,000 Fr. veranschlagt. Der Globe, welcher weiß, wie viele Ausstellenden im Begriff stehen, Schaden⸗Ersatz von der Regierung zu verlangen, beeilt sich, das Rundschreiben des Handels⸗Ministers anzuführen, wo⸗ durch dieser einige Tage vor der Eröffnung der Industrie⸗Ausstellung den Ausstellenden erklärte, daß die Regierung für den Schaden, welcher den ausgestellten Waaren widerfahren dürfte, in keinem Falle verantwort⸗ lich bleiben könnte, daß mithin die Ausstellenden von selbst die nothwen⸗ digen Vorsichtsmaßregeln zu treffen hätten, um ihre Waaren sicher zu stellen. Um den beschädigten Ausstellenden einige Erleichterung zu gewäh⸗ ren, hat gestern der König und dessen Familie bedeutende Ankäufe und Bestellungen gemacht, die sich auf mehr als 100,000 Fr. belaufen. Auch spricht man von einem abermaligen Hof⸗Feste zu Ehren der Industrie, zu welchem nicht nur diejenigen, welche bei der Ausstellung von 1838, sondern auch die, welche bei der diesjährigen wenigstens die silberne Medaille erhielten, geladen werden sollen. Durch das projektirte Fest will der König alle Klagen und Vorwürfe, welche hier und dort gegen das Theater⸗-Fest in Versailles erhoben wurden, unter⸗ drücken und möglichst alle Welt zufriedenstellen.
Der Bericht über das Eisenbahn⸗Projekt von Paris nach der belgischen Gränze wurde heute gedruckt den Deputirten vertheilt.
Die Kommission hat die Richtung der Eisenbahn, so wie sie von der
Regierung vorgeschlagen wurde, unverändert angenommen, nämlich über: Creil, Amiens, Arras, Douai und Lille; von Amiens läuft eine Nebenlinie nach Boulogne, und von Douai eine zweite, welche einer⸗ seits mit Calais und andererseits mit Dünkirchen sich verzweigt. Die einzige Modification im Bericht der Kommission besteht darin, daß letztere den Wunsch ausspricht, die Regierung möchte auf eigene Kosten die ganze Eisenbahn vollenden, indem dieselbe ohnehin bis auf die Legung der Schienen vollendet ist. Der Betrieb der Eisenbahn soll, wie der ministerielle Entwurf es verlangt, der Privat⸗Industrie überlassen werden. Ueberhaupt gewinnt dieser rundsatz immer mehr An⸗ hang in der Kammer, wie man es deutlich aus einem gestrigen Votum der⸗ selben ersehen kann. Ehe nämlich die Diskussion über die verschie⸗
denen Eisenbahn⸗Projekte beginnt, war e 1 2 keit, die Ordnung zu bestimmen, nach welcher das eine oder das an- dere derselben zur Erörterung kommen soll. von Paris nach Bordeaux, welches nach dem Datum des vorletzten betref⸗
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von der höchsten Wichtisg⸗
Das Eisenbahn⸗Projekt
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fenden Berichtes als das dritte zur Sprache kommen sollte, wurde nun mit
einer großen Majorität gestern obenan gesetzt, weil es gerade bei dieser
Bahn erwiesen ist, daß sie ein mehr passives als aktives Resultat geben wird, sie also besonders als Argument dafür benutzt werden kann,
daß der Staat ein größeres Interesse habe,
die Eisenbahnen einer
zu überlassen, als selbst zu betreiben, und daß er,
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als Ersatz für tungszeit gewähren müsse. Eisenbahn⸗Projekt von Paris nach Bordeaux angewendet, werden unvermeidlich das Votum über die übrigen Eisenbahn⸗Projekte be⸗
stimmen, denn die Deputirten⸗Kammer hat die größte Eil, auseinan- derzugehen, sie wird, wenn erst die allgemeine Diskussion des ersten
rivat⸗Compagnieen eine längere Pach⸗
usfälle, den Diese beiden Grundsätze einmal auf das
Eisenbahn⸗Projektes erschöpft ist, die übrigen vier Projekte in Sturm⸗ schritten votiren und dadurch ein für alle Mal dem System den Sieg verleihen, dem zufolge nicht der Staat, sondern die Handels⸗ Compagnieen die Eisenbahnen auszuführen haben.
82 Grossbritanien und Irland.
uüuunterhaus. Sitzung vom 10. Juni. Die Haupt⸗Ver⸗ handlung des heutigen Abends bildete eine abermalige Diskussion über die Zuckerzölle, als das Haus sich zum General⸗Comité über die Zucker⸗Bill konstituiren wollte. Die Debatte bot durchaus nichts Neues; es geschah derselbe Antrag von Seiten der radikalen Whig⸗ Partei auf völlige Gleichstellung des Zolles von fremdem Zucker mit dem Zolle für britischen Kolonial⸗Zucker, welcher schon so oft vergeblich gestellt worden ist, und es erfolgte auch heute die Verwerfung eines solchen Antrages mit großer Majorität. — Zwei andere Fragen erregten größeres Interesse. Capitain Bernal brachte die während der Anwesenheit Sr. Majestät des Kaisers von Rußland erfolgte polizeiliche Verhaftung eines pol⸗ nischen Edelmanns, Grafen Ostrowski, zur Sprache, welcher sich dro⸗ hender, nach anderen Berichten, nur unvorsichtiger und scherzhafter Aeußerungen gegen den Kaiser hatte zu Schulden kommen lassen Der Fragsteller wollte wissen, ob die Verhaftung gese
sei und ob die Polizei nicht ihre Befugnisse überschritten habe. 9 James Graham sagte, er sei durch die Zeitungen auf den Vorfall aufmerksam gemacht worden und habe nach gehöriger Nachforschung am geeigneten Orte die Ueberzeugung gewonnen, daß die Polizei vollkommen gerechtfertigt sei, da die erwiesene Aeußerung heftiger Drohungen die Verhaftung nothwendig gemacht habe. Im Falle eines Unrechts stehe ja übrigens der Regreß frei. — Herr Borthwick verlangte hierauf zu wissen, ob es wahr sei, daß Don Carlos zur Beruhigung Spaniens Vorschläge gemacht habe, welche von der britischen Regierung zurück⸗ gewiesen worden wären. Sir Robert Peel erwiederte, daß aller⸗ dings, jedoch auf eine indirekte und formelle Weise (durch Lord Ranelagh) von Don Carlos Vorschläge gemacht worden seien, die sich auf die Vermählung seines ältesten Sohnes mit der Königin von Spanien beziehen, daß aber die Opfer, welche er, Don Carlos, selbst bringen wolle, um diesen Zweck zu erreichen, nicht be⸗ stimmt ausgedrückt worden seien (angeblich war es die Verzichtleistung auf den Thron). Die britische Regierung habe sich nun darauf be⸗ schränkt, die Vorschläge sowohl der französischen als der spanischen Regierung mitzutheilen, könne sich aber nicht veranlaßt sinden, deren Annahme letzterer zu empfehlen, da die Angelegenheit dem Ermessen Spaniens selbst überlassen bleiben müsse. Die spanische Regierung habe übrigens noch nicht geantwortet. Als Lord Palmerston noch einige nähere Auskunst zu erlangen suchte, setzte der Minister noch hinzu, es sei aus der Mittheilung des Prätendenten nicht klar zu er⸗ sehen gewesen, ob er auf seine eigenen Ansprüche verzichten wolle oder nur für seinen Sohn.
London, 11. Juni. Se. Majestät der König von Sachsen, dem zu Ehren Sir R. Peel am 15ten d. ein großes Fest veranstal⸗ tet, wird, wie es heißt, am 17ten London verlassen, um in Beglei⸗ tung des ihm von der Königin beigegebenen Lord Charles Wellesley, zweiten Sohnes des Herzogs von Wellington, eine Reise durch Schott⸗ land und Wales zu unternehmen, worauf er ohne Aufenthalt über London nach Deutschland zurückkehren wird.
Der Kronprinz von Dänemark ist von seiner Reise durch die westlichen Hochlande Schottlands am 7ten in Glasgow angekommen, woselbst derselbe am 8ten noch verweilte, um die Sehenswürdigkeiten der Stadt in Augenschein zu nehmen.
Unsere Blätter sprechen viel von der bekannten Munificenz Sr. Majestät des Kaisers von Rußland, die sich auch während seines Aufenthalts in England gezeigt hat. Man hebt namentlich hervor, daß derselbe eine bedeutende Summe zur Vollendung des Nelson⸗ Denkmals auf dem Trofalgar Square beigesteuert und zur Verthei⸗ lung unter die Dienerschaft der Königin im Buckingham⸗Palaste die Summe von 20,000 Dukaten angewiesen habe.
Die londoner Korrespondenz der Hamburger Börsenhalle theilt das Schreiben des Baron Brunnow an die Herzogin von Som⸗ merset mit, dessen unser Korrespondent vorgestern Erwähnung that. Der Name der Herzogin stand bekanntlich an der Spitze auf der Liste der Damen, welche den gestern stattgefundenen Ball zu Gunsten der nothleidenden Polen in England beförderten, und dieselbe hatte vor einigen Tagen dem Baron von Brunnow schriftlich ihr Bedauern zu erkennen gegeben, wegen der Anwesenheit des Kaisers das Fest ver⸗ schieben zu müssen. Baron Brunnow richtete an die Herzogin, auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers, folgendes Antwortschreiben;
„Windsor⸗Castle, 5. Juni. Werthe Frau Herzogin! Tausend Dank für Ihre freundschaftliche Mittheilung in Betreff des Charity ball, der am Montage, den 10ten d. M., zu Gunsten der hülfsbedürftigen Polen in England gegeben werden soll. Ich habe nicht ermangelt, Alles, was Sie in Bezug darauf gütigst geäußert haben, zur Kenntniß Sr. Majestät zu bringen. Schon im Voraus war mir vollkommen klar, was Se. Ma⸗ jestät beabsichtigen werde. Es freut mich sehr, Ihnen, werthe Frau Herzogin, jetzt mittheilen zu können, daß der wohlthätige Zweck, den die Damen des Ball⸗Comi⸗ té's im Auge haben, feinen Anstand irgend einer Art finden könne. Se. Maäjestät ist mit den Namen, die an der Spitze des Comité's stehen, nicht bekannt, und was den wohlthätigen Zweck selbst betrifft, so habe ich Ihnen nur mitzutheilen, daß, falls die Subscriptions⸗Liste noch nicht geschlossen und ein Zuschuß zu den Fonds, welche zu Ihrer Verfügung stehen, nöthig sein sollte, ich von Sr. Kaiserl. Majestät beauftragt worden bin, mich durch Unterzeichnung mit jeder beliebigen Summe zu betheiligen, welche Sie zu Gunsten dieses wohlthätigen Zweckes zu unterstellen geeignet halten mögen.
Ihr ergebener (unterz.) Brunnow. An Ihre Gnaden die Herzogin von Sommerset.“ 1
X London, 11. Juni. Die Aussicht auf einen Krieg zwischen den Franzosen in Afrika und dem Kaiser von Marokko ist ein Um⸗ stand, auf den die Regierung Englands nicht mit Gleichgültigkeit blicken kann. Schon die große Ausdehnung der jetzt unter französi⸗ scher Herrschaft stehenden Küste von La Cala bis Oran, und nament⸗ lich die Lage des letzteren, gegenüber den spanischen Häfen am mit⸗ telländischen Meere, haben die maritime Bedeuntung dieses Meeres wesentlich verändert; wenn nun gar noch die französischen Außenposten bis Melilla, Ceuta und Tanger vorgerückt würden, so müßten selbst die ernsten Felsen von Gibraltar auf den gegenüberliegenden Nachbar