Reenandersetzung der Sache Darmon'’s und des gegen ihn eingeleiteten Ver⸗
rendi Wahl des Land⸗ 1 3 Il vielmehr nach Beendigung der Wa 8 —.. eine besondere Wahl des Stellvertreters in eben ee wie sie für jenen vorgeschrieben ist, stattfinden.
Oesterreichische Monarchie.
11. Juli. (D. A. Z.) Nach den Aussagen glaub⸗
4 12 wesche Prag am 9. Juli verlassen haben, ist diese
tadt den Tag zuvor der Schauplatz sehr ernster Unruhen gewesen.
je Arbeiter an der Eisenbahn hatten sich mit den unzufriedenen Ar⸗
eitern der Stadt vereinigt, die bewaffnete Macht war in bedeuten⸗
er Anzahl eingeschritten, und mit Bestimmtheit versichert man, daß 23 Personen das Leben verloren haben.
Frankreich. Paris, 8. Juli. Die Geschichte des Konflikts, der jetzt in Afrika zu so bedeutenden Verwickelungen geführt hat, daß es noch sehr in Frage steht, ob der Knoten nicht doch mit dem Schwerdt gelöst werden muß, ist im Zusammenhange noch nirgends dargestellt worden. Man scheint sogar den Ursprung und den allmäligen Fort⸗ gaug der dortigen Begebenheiten fast vergessen zu haben, besonders, wie es sich anfangs um eine rein spanische Angelegenheit handelte, und wie diese nach und nach sich in eine Kriegsfrage zwischen Frank⸗ reich und Marokko umwandeln konnte. Im Hinblick auf die Inter⸗ pellationen, welche über diese Differenz bereits in der Deputirten⸗ Kammer stattgefunden, und die sich übermorgen in der Pairs⸗Kam⸗ mer erneuern sollen, giebt nun das heutige Journal des Débats eine vollständige Schilderung der Ereignisse in Marokko und an der Gränze Algeriens, woraus wir in Nachstehendem das Interessanteste mittheilen: 2 1 Ein aus Marseille gebürtiger Jude, Namens Victor Darmon, dessen Vater aus Tunis stammte, war als spanischer und sardinischer Konsulats⸗ Agent für Masagan, an der Küste des atlantischen Oceans, bestellt. In den Städten des nördlichen Afrika's, wo die europäischen Mächte keine Vice⸗Konsuln haben, werden diese Functionen fast immer von Juden ver⸗ sehen. Im Monat September vorigen Jahres bekam dieser Darmon, als er sich auf der Jagd befand, einen Streit mit Mauren, die ihm den Durch⸗ gang durch ein Feld verweigern wollten und aus Judenhaß die Einwohner gegen ihn aufhetzten. Von einem Steinhagel angegriffen, feuerte Darmon sein hewehr ab und erschoß einen seiner Verfolger. Diese Tödtung eines Musel⸗ manns durch einen Juden erregte im ganzen Lande die wüthendste Erbitterung. Darmon ward verhaftet und vom Kaid von Masagan zum Tode verur⸗ theilt. In Marokko wird jedoch kein Todesurtheil ohne die Bestätigung des Sultans vollzogen, und unterdessen gelang es Darmon, zu entfliehen. Er wurde aber wieder ergriffen, wobei er sich zur Wehr setzte und eine Wache verwundete. Es erfolgte ein neuer Prozeß, der Unglückliche wurde abermals zum Tode verurtheilt und diesmal wirklich hingerichtet. Dies geschah am 25. Januar. Die Sache hatte vier Monate gespielt, die Kunde davon ge⸗ langte aber erst am 6. Februar an die Konsuln von Spanien und Sardi⸗ nien zu Tanger, so sehr hatten die Behörden und die Regierung von Ma⸗ rolkko über ihre Geheimhaltung gewacht, um in der Rache nicht gehemmt zu werden.
Bei allen die Sicherheit und das Eigenthum der Europäer betreffen⸗
den Fragen ist es Brauch, daß das ganze zu Tanger residirende Corps der Konsuln sich dem Kousul der verletzten Nation anschließt, um ihn in seinen Reclamationen zu unterstützen. Dies fand denn auch mit Hinsicht auf den hingerichteten spanischen Agenten statt. Darmon hatte, obgleich zu Marseille geboren, doch nicht als Franzose gegolten und konnte es nicht, weil die Formalitäten, die das Civilgesetzbuch hierzu fordert, nicht von ihm erfüllt waren. Er hatte es sogar abgelehnt, sich im französischen Konsulat imma⸗ trituliren zu lassen, und durch Uebernahme amtlicher Functionen bei einer anderen Regierung hatte er vollends alle seine Ansprüche auf das französische Bürgerrecht verloren. Der Konsul Frankreichs hatte daher in diesem Fall keinen Grund zu direkter Klage und schloß sich blos seinen Kol⸗ legen an, um das von den Konsuln Spaniens und Sandiniens erhobene Genugthuungs⸗Verlangen zu unterstützen. Die Beschwerden der Konsuln stützten sich darauf, daß nach den bestehenden Verträgen ihr Agent, selbst wenn er schuldig war, nicht ohne vorherigen Bericht der marolkanischen Re gagzuns an das Konsulat seiner Nation verurtheilt und hingerichtet werden durfte.
Die Antwort des Ministers Mohammed Bendris, welche gegen Ende Februars anlangte, war stolz und nicht sehr versöhnend. Die Regierung, behauptete er, habe nicht gewußt, daß dieser Jude ein Konsulats⸗Agent ge⸗ wesen, und in allen Fällen müsse man wissen, daß jeder Jude, der in den Staaten des Sultans lebe, denselben Gesetzen unterworfen sei, wie die an⸗ deren Juden des Reichs, denen die Thür ja offen stehe, wenn ihnen diese Bedingungen nicht zusagten. Das Corps der Konsuln, welches zum min⸗ desten gehofft hatte, die marolkanische Regierung werde durch nähere Aus⸗
faͤhrens sich zu entschuldigen suchen, war mit jener Antwort sehr unzufrieden. Auf diese Mißhelligkeit zwischen Spanien und Ma⸗ rolio folgten bald darauf einige Feindseligkeiten, die von den Ma⸗ rofkanern gegen die im Besitz Spaniens befindlichen Küstenplätze ver⸗ übt wurden. Ein Fischer⸗Fahrzeug von Ceuta, welches sich dem Vorgebirge Negretti genähert hatte, empfing plötzlich eine Salve von Flin⸗ tenschüssen, die einen Mann an Bord beselben tödteten. Am 11. März entspann sich zu Melilla, einer anderen spanischen Besitzung, ein Konflikt zwischen einer Felucke dieses Hafens und einem marolkanischen Fahrzeuge, welches nach einem sehr lebhaften Kampf, in welchem 8 Mann blieben und 12 Verwundungen erhielten, weggenommen wurde. Der Bericht des Capi⸗ tains Don Juan Manrique über diesen Vorfall erschien in den madrider
Zeitungen vom 15. April.
Diese Ereignisse und einige andere ähnlicher Art verursachten in Spa⸗ nien nicht geringe Aufregung, die für den Augenblick nur durch die Auf⸗ stände von Alicante und Cartagena abgeleitet wurde. Sobald aber diese Städte wieder genommen waren, sprach man sich laut über die Nothwen⸗ digkeit aus, die Unbilden Maroklo's zu bestrasen. Der alte Haß gegen Spaniens chemalige Eroberer erwachte plötzlich. Drei Monate lang erör⸗ terten die Blätter aller Farben die marokkanische Frage mit Hitze und dran⸗ gen in die Regierung, eine Erpedition dahin zu schicken. Es wurden aus⸗ führliche Feldzugspläne in diesen Zeitungen mitgetheilt, mit Angabe des Marsches, den eine Armee von 20,000 Mann einzuschlagen habe, und in das Land einzudringen, wobei mit Besetzung der Halbinsel von Tanger, von Tetuan bis Larrache, angefangen und Ceuta zum Landungspunkt und zur Basis der Operationen gewählt werden sollte. Man verbreitete sogar schon das Gerücht, es sammle sich zu Puerto Santa Maria, in der Bai von Cadix, ein aus zwei Brigaden bestehendes Expeditions⸗Corps, dessen Kommando der General Prim erhalten solle. Selbst ein Handbuch für Offiziere in Marolkko, von Don Serafin Calderon, war bereits angelündigt. Diesen Gerüchten und Projekten lag jedoch nichts Wirkliches zu Grunde.
In dem Augenblick, wo man so viel von einer Erpedition sprach, hatte das Ministerium Gonzalez Bravo mit den kaum bezwungenen Empörungen und mit allen möglichen inneren Schwierigkeiten vollauf zu thun und konnte an keine Invasion in Marolko denken; es beschränkte sich darauf, die Aus⸗ rüstung einer See Division vorzubereiten, indem es gern Eroberungs⸗Ge⸗ rüchten Vorschub leistete, die dem ritterlichen Sinn der Nation schmeichelten und ein kleiner Ableiter für die politischen Leidenschaften waren. Unter dem Narvaezschen Ministerium verschwanden die Expeditions⸗ Gerüchte allmälig. Die Nachricht von Englands Vermittelung machte sie ganz verstummen. General Wilson, Gouverneur von Gibraltar, ließ sich das Gelingen dieser Vermittelung so angelegen sein, daß er, selbst ohne Befehl seiner Regie rung, wie Sir R. Peel neulich erklärt hat, sich nach Ceuta begab und in das am äußersten Ende der kleinen Halbinsel befindliche Lager eilte, um sich mit den Berber⸗Häuptlingen dieser Gebirgsgegend zu besprechen und ihnen die Versicherung zu geben, daß sie von Seiten Spaniens keine Feind⸗ seligkeit zu fürchten hätten. Dieser unerwartete Schritt war dem castiliani⸗ schen Stolz etwas anstößig. „Die Mauren werden uns verachten“, sagten der Kommandant und die Offiziere von Ceuta, „sie werden glauben, wir hätten uns aus Schwäche an England um Hülfe gewandt und den Gou⸗ verneur von Gibraltar gebeten, ihren Stolz zu unseren Gunsten zu beugen.“ Wie dem auch sei, so viel steht fest, daß seit fast 2 Monaten in Spanien von einem ernstlichen Konflilt mit Marolko keine Rede mehr ist. Was das Königreich Sardinien betrifft, so sieht man es in dieser Sache gar nicht auftreten, obgleich Darmon eben sowohl sein wie Spaniens Konsulats⸗ Agent war. 8
Die von den spanischen Zeitungen in den Monaten März und April verbreiteten Kriegsgerüchte und Invasionspläne fanden indeß in den vier Reichen des Mohgreb, wie Maxoklo auch genannt wird, den lebhaftesten Widerhall. Frankreich empfand hiervon an seiner Gränze die Rückwirkung, und es hatte die Folgen des spanischen Konflikts zu tragen, als dieser schon beschwichtigt war. Die marolkanische Regierung hält einen Residen ten zu Gibraltar, wo auch Abd el Kader seine Agenten hat. Außerdem giebt es in dieser Stadt viele marolkanische Kaufleute, die meistens Spa⸗ nisch verstehen. Durch sie wurden die Kaufleute und Behörden von Marolko sehr bald von diesen Expeditions⸗ und Eroberungs⸗Plänen unterrichtet, die man der spanischen Regierung zuschreiben konnte, da man sie selbst in den ministe⸗ riellen Journalen besprechen sah. Da verbreitete sich im ganzen Mohgreb das Gerücht, die Ungläubigen, gegen den Islam verschworen, wollten das Reich angreifen, die Franzosen von Tlemzen, die Spanier von Ceuta aus. Man berathschlagt, man forscht in den Städten und am Hofe von Fez, man läßt zuverlässigere Erkundigungen in Gibraltar einziehen. Die wilde und fanatische Land⸗Bevölkerung aber erhebt sich in Masse auf mehreren Punkten und verlangt die Verkündigung des Dschehad oder heiligen Krie ges. Man wird bald hören, welchen Antheil Abd el Kader an dieser Be⸗ wegung nahm.
Muley Abd el Rahman, ein sehr haushälterischer und eher geiziger als kriegerischer Fürst, zitterte, daß diese unbesohlene Erhebung sich in einen Außruhr gegen ihn selbst verwandeln möchte. Um also der Bewegung einen regelmäßigen Charakter zu verleihen, kündigt er an, der Dschehad solle pro⸗ klamirt werden, sobald die Ungläubigen einen Fuß auf den Boden der Gläubigen setzten. Zugleich schickt er an seine Paschas und Kaids den Befehl, die Kontingente ihrer Provinzen zu mustern. Diese Truppenmuste⸗ rungen waren für alle Städte ein Anlaß der Unruhe und des Schreckens; man fürchtete ein Blutbad der Christen und Juden, ja selbst die Plünde rung der muselmännischen Häuser. Auch verschloß man die Thore der Städte, wenn unter ihren Mauern die wilden Stämme der Amasigern, der Schelluks, der Beduinen und Berbern, die stets mit einander oder mit den regelmäßigen Truppen des Sultans im Kampf sind, ihre Streitkräfte ent⸗ falteten. Zu Tanger, von den Muselmännern außerhalb die Stadt der Ungläubigen genannt, weil die Konsuln und eine große Zahl von Christen darin wohnen und die Juden dort Privilegien besitzen, zu Tanger mußte der Pascha fast Gewalt anwenden, um nach der Musterung die Berber von el Rif und el Hasbat zu entfernen, welche zehn Tage lang die Stadt blokirt hielten. Ein Theil derselben hatte Aufnahme im Innern der Stadt gesunden, wo sie viel Ausschweifungen begingen, das Haus einer Englän⸗ derin zerstörten, die Gärten der Konsulate verwüsteten und auf den spani⸗ schen Konsul, den sie an seinem Fenster erblickten, einen Schuß abfeuerten.
Der Pascha von Larrache, Sidi Bussil Ben Ali, der die Leute von el Gharb zu mustern hatte, forderte Geiseln von den Häuptlingen, ehe er sie mit ihrem Gefolge in der Stadt aufnahm. Hieraus kann man schlie⸗ ßen, wie wenig Vertrauen diese Lente ihren eigenen Glaubensgenossen ein⸗ flößen, und wie wenig Macht die Würdenträger des Sultans über ihre Völker ausüben. Ungeachtet der gestellten Geiseln schoß die zügellose Sol⸗ dateska in den Straßen auf die Hausthüren und im Hafen auf die daselbst vor Anker liegenden Schiffe; die portugiesische Mistik „Fortuna“ und die englische Sloop „Little Viper“ wurden von Kugeln durchlöchert. Selbst
auf den Polizei⸗Kadi, der ihnen ihr Benehmen vorwarf, gaben sie Feuer.
Juden und Christen, Konsuln und Agenten mußten sich mehrere Tage lang in ihren Häusern eingeschlossen und verrammelt halten, wenn sie nicht wie Hunde niedergeschossen sein wollten. Die Paschas erklärten sich für machtlos, diese Gewaltthätigkeiten zu unterdrücken. Aehnliche Schrecken und Erzesse fanden zu Mopador statt, wo die Kontingente von el Schedma und el Haha versammelt waren. Beinahe aber wäre die Musterung ein Anlaß zum Kriege zwischen den Stämmen dieser Provinzen selbst gewor⸗ den, die sich tödtlich hassen. Der Pascha mußte jeden derselben besonders vor sich kommen lassen und sie eben so wieder fortschicken, um einer blutigen Kollision vorzubeugen. Der französische Konsul zu Moyador, Herr Jorelle, beklagte sich bei dem Pascha über die Anreden, die dieser an die Stämme gehalten und worin er sie gegen die Christen und namentlich gegen die Fran⸗ zosen aufgereizt hatte, während zwischen Frankreich und Marolko noch Frie⸗ den bestand. Der Pascha führte aber zu seiner Rechtfertigung die Kriegs⸗ gerüchte an, die im ganzen Lande verbreitet waren.
Als die Gerüchte von einem Konflikt mit Spanien zuerst nach Marolko drangen, besand Abd el Kader sich in einer nicht sehr furchtgebietenden Lage. Er stand an einem Ort, Namens Messiunen, im Angad, nicht sehr weit von Uschda, mit 4 — 500 Mann zu Fuß und 2 — 300 regelmäßigen Reitern. Seine jetzt wenig zahlreiche Smala, aus seiner Familie und aus denen der noch bei ihm gebliebenen Häuptlinge bestehend, war unter Bedeckung einer Infanterie⸗Compagnie einige Tagemärsche weiter nach dem Süden der Wüste Angad, zur Quelle des Gaun, zwischen Schelala und Figuig, dem letzten Flecken der algierischen Sahara auf der Straße von El Aguat nach Tafilet, entfernt worden. Die marokkanische Regierung sah in ihm nur einen ungelegenen Gast und leistete ihm keine effeltive Hülfe; die Be⸗ dninen des Angad plünderten die Heerden seiner Smala; die ferne und friedliche Exrpedition der Franzosen nach El Aguat, Ain Madhi und nach den Oasen, welche die dortigen Völkerschaften für Frankreich freundlich stimmte, verschloß ihm endlich auch den Zugang zu der Landschaft, die seine letzte Operations⸗Basis gegen die Provinzen des Innern gewesen war. Waffen und Munitions⸗Vorräthe verschafft er sich für Geld wie alle Stämme; diese Ankäufe und der Sold seiner Truppen erschöpfen aber allmälig die Ueberreste seines Schatzes. . 3
In dieser bedenklichen Lage erfährt Abd el Kader, daß sich zwischen Spanien und Marolko ein Konflikt entspinne. Sogleich schickt er nach al⸗ len Seiten hin Emissare; er läßt die ihm über die Pläne der Spanier zu kommenden Briefe und Zeitungs⸗Auszüge verbreiten; er fügt hinzu, die Fran⸗ zosen seien mit den Spaniern übereingekommen, einen Kreuzzug gegen die Muselmänner auszuführen; er wird die Seele der großen Erhebung, die plötzlich ohne Besehl der Regierung entsteht und diese nicht wenig beunru⸗ higt, indem sie so durch den kriegerischen Impuls sich mit sortgerissen sieht, den der Verbannte von Algier dem ganzen Mohgreb gegeben hatte. Eben so sehr, um sich gegen die angekündigte französische Invasion zu vertheidi gen, wie um Abd el Kader an längerer Anmaßung der Hauptrolle an der Gränze zu verhindern, schickt Abd el Rahman am Ende in den letzten Tagen des Mai regelmäßige Truppen, seine Ulajas und seine Bocharis, unter den Befehlen Ali⸗ben⸗Taib-el⸗Genaui, dahin ab. Bei der Ankunst dieses Führers waren in der Umgegend von Uschda bereits 8000 irreguläre Reiter und eben so viel Fußvolk versammelt, zu deren Haupt⸗Anführer sich El Kebibi, Kaid des mächtigen Stammes der Alof⸗Andun, aufgeworfen hatte. Frrankreich versah sich so wenig eines Krieges von Seiten Marokko's, daß Marschall Bugeaud damals 130 Stunden von dort entfernt gegen die Kabylen des Dschurdschura⸗Gebirges operirte und General Lamoricieére, um die Provinz Tlemzen zu decken, genöthigt war, sich in der Position von Lalla Magrnia zu befestigen, von wo er den Feind beobachtete. Anderer⸗ seits zeigte das Verhalten El Genaui's, daß seine Instructionen rein desfen⸗ siver Art waren, und daß der Hof von Fez ihm nur aufgetragen hatte, zu ermitteln, ob es mit den Invasions⸗Plänen, die das öffentliche Gerücht den Franzosen zuschrieb, wirklich seine Richtigkeit habe. El Genaui weigerte sich anfangs in der That, trotz des Drängens Abd el Kader's, auf unser Gebiet vorzu⸗ rücken, und entließ sogar einen Theil der Kontingente bis nach der Aerndte. Abdel Kader sah mit Wuth die Gelegenheit zu einem Kriege zwischen Frankreich und Marokko entschlüpfen, die einzige Hoffnung, die seinem Ehrgeize noch blieb, da traf, vom Sohne des Sultans Abd el Nahman abgeschickt, Sidi⸗ el⸗Mamun -ben⸗Scherif, von der in Marokko regierenden Familie der Sche⸗ rifs, mit einem Corps von Garde⸗Udaja's von Fez zu Uschda ein. Dieser Chef, fanatischer und weniger an Subordination gewöhnt als El Genaui, führte, um sich durch einen Staatsstreich populair zu machen, die marolka⸗ nischen Truppen in den Kampf und wurde am 30. Mai vom General La⸗ moricière geschlagen. Abd el Kader nahm keinen Theil an diesem Ge⸗ fecht; er hielt sich fern, wie aus Bescheidenheit und um dem Scherif allen Ruhm zu lassen; aber seine Absicht war erreicht, der Krieg ausgebrochen.
Nach diesem ersten Treffen, in welchem die Marolkaner nur an funszig Mann verloren hatten, sah man sie vierzehn Tage lang in Uschda sich ruhig. verhalten, und man schloß hieraus von neuem, daß der Sultan die Feind⸗ seligkeiten verboten hatte, und daß Sidi⸗el⸗Mamun's Angriff nur ein auf eigene Hand unternommener Schritt war. Abd el Kader brachte nun die Gränzfrage aufs Tapet, und es gelang ihm, die Marokkaner dafür einzu nehmen. Es war damals Mitte Juni’'s; der Marschall Bugeaud war im Lager angelangt, und man hatte eine Zusammenkunft zwischen El Genaui und dem General Bedeau verabredet. Das Resultat derselben ist bekannt Wiederum war es Abd el Kader, der sie mit Flintenschüssen durch seine unter der marokkanischen Armee zerstreuten Agenten unterbrechen ließ. Die Udajas und die Aribs⸗Bocharis, im Mohgreb für unbesiegbar geltend, erhielten darauf von den französischen Truppen eine so derbe Lection, daß sie nicht wieder im Felde erschienen; die große Truppen-Ansammlung zu Uschda löste sich von selbst auf, und Marschall Bugeaud konnte in diese Stadt einrücken, ohne auf einen Feind zu treffen.
Dies ist der jetzige Stand der marokkanischen Frage; für das, was vorgefallen, verlangt Frankreich vollständige Genugthuung und für die Zukunft hinlängliche Bürgschaften, namentlich die Verweisung
def Volksgeistes, dem er durch Geburt und Erziehung angehört, zu efreien.“
Mit gleichem Wohlgefallen, wie als Nathan, nahm das Publilum Herrn Hoppé in seinen übrigen Darstellungen auf. Schien seine Zeichnung des Ossip in „Isidor und Olga“ uns auch der erforderlichen Schärfe zu entbehren, so zeigte er sich doch hinwieder in Rollen, wo das nachdrückliche und gewichtige Element mit einem mehr leichten und gefälligen zersetzt ist,
von ganz vortrefflicher Seite, und sein „Michel Perrin“, Elias Krumm“ und „Dorfrichter Adam“ (im „Zerbrochenen Krug“) machten selbst da, wo
scheinbar nur ganz leichte Hebel in Bewegung gesetzt wurden, eine bedeu⸗ tende Wirlung. Als „Marinelli“ gab er dem Höfling und Bösewicht eine gleich mäßige Wägung und Prägung, und die Sprache Lessing's, das vollen⸗ dete Exempel eines schlagenden Verstandesgesprächs, trat mü der Kunst des Schauspielers, den feinsten Charakter⸗Schaltirungen die Worte geistreich an zubequemen, in ihr volles Recht. t
Nach jeder Vorstellung, und in der Regel auch während derselben, er⸗ munterte das Auditorium Herrn Hoppé durch Hervorruf, und erwies ihm überhaupt alle Ehren eines Künstlers ersten Ranges.
Plariser Gewerbe⸗ Ausstellung.
Ciselirkunst. Gold⸗, Silber⸗ und Schmucksachen. bnn 8½ . im Juni. Sehr schön ist ferner ein Brautschmucktästchen gischen 1 iger achteckiger Form, die vier langen Seiten mit mpytholo⸗ hʒ vajese nn in runden Flachreliefs verziert, die in vergoldetem Sil⸗
cfaß sintmrund von Blätterschnüren aus matt angelaufenem Silber ein⸗ g viel Runndme schmaͤleren Seiten mit vier Paar Cornalinsäulchen und eben gruppen deigen er 5. in Silber umstellt, die zwei Amors und zwei Genien⸗ gem Laubwen me nüin herum läuft ein reiches Gewinde von mannigfalti⸗ rank von Weinbiatainenlet Thierchen aus mattem Silber. Ein feines Ge⸗
Perlen, umschlin 1 19 gleichem Stoffe, mit großen Trauben von echten von ansehnlicher röh sand des Deckels, der außerdem vier lostbare Strine den Armen seiner M p und oben drauf ein Rundwerk in Silber, Amor in Schmucklästden lefngeen gancgd⸗ erblicken läft. Das Modell zu diesem findung ist sinnig und schoͤn; die Herr Geoffroy de Chaame. Die Er⸗
fütarn d ie Zeichnung und Modelli Fi rein und sorgfällig; die Ausführung alies zierenden eawgnden, igunen
vollendet; doch bei alledem macht das Ganze keinen gleichmäßig befriedi⸗ genden Eindruck. Alle in Silber ciselirten Theile sind von der ansprechend⸗ sten und zierlichsten Art; die in vergoldetem Silber getriebenen Reliefs da gegen üben weniger Anziehung auf den Beschauer, dessen Auge peinlich be⸗ rührt wird von den blendenden Reflexen der Vergoldung, die keine Festhal⸗ tung der Umrisse gestatten und welche der Künstler gewiß nicht vorausge⸗ sehen. Auch würde die Wirkung sowohl im Einzelnen, als im Ganzen ge hoben werden, wenn, im Gegensatz oder vielmehr im Einklang mit den Weintrauben von Perlen in dem Rebenblättergewinde des Deckelrandes, kleine Beeren von Rubinen aus der unteren Umrankung von Himbeer⸗ und Johannisbeerblättern hervorschienen. Ungeachtet der eben gerügten kleinen Mängel, die sich leicht abstellen lassen, ist dieses Schmuckkästchen doch eines der anziehendsten Stücke unter den Juwelier⸗Arbeiten der Ausstellung und macht dem Geschmack des Erfinders und dem Geschick des Ciseleurs alle Ehre.
Ein anderes kleineres Schmuckkästchen von viereckiger Form zeigt auf den Seiten vier erhaben in vergoldetem Silber eiselirte Schlacht⸗Reliefs, auf den Ecken vier unter Schirmdächern stehende und gleichsam zu Schatz⸗ wächtern bestellte Ritter, die goldene Lanzen, emaillirte und mit Edelsteinen ausgelegte Schilde und Helme, und Panzer von Perlmutter tragen; an der Basis und am Deckelrande ein grün emaillirtes Eichenblätter⸗ gewinde mit Eicheln von Perlen, und oben in der Mitte den Kampf des heiligen Georg mit dem Drachen. RNeichthum, Fülle, Schön heit, Anmuth, Feinheit und harmonisches Ensemble der Verzierungen vereinigen sich hier mit Trefflichkeit der Ausführung und bilden ein reizendes Ganze. Eine große byzantinische Vase mit reichen Emaillirungen, eine kleine Standuhr von Lasurstein mit zwei trefflich modellirten Figuren, den Tag und die Morgenröthe vorstellend, eine andere Standuhr von einer an⸗ deren kostbaren Steinart, zugleich als Dintenfaß dienend und mit erhaben geschnittenen Kameen geschmückt, zwei überaus zierlich geformte silberne Flakons, mehrere Schalen von Agath mit emaillirten Verzierungen an Hen⸗ keln und Füßen, verschiedene andere Schalen, aus Silber getrieben und mit vorzüglich stylisirten Figuren geschmückt, so wie die türkischen Säbel mit kostbaren Griffen und Scheiden, die von Edelsteinen blinken, sind Gold⸗ schmiedswerke von der vollendetsten Prachtarbeit und glänzende Belege einer mit dem seinsten Geschmack gepaarten Kunstsertigkeit, welche Herrn Rudolphi⸗ als würdigen Nachfolger Wagner'’s zeigt und ihm bei allen Kennern gegen⸗ wärtig den ersten Nang unter den hiesigen Juvelieren sichert. Doch darf er rüstig fortarbeiten und fortwährend seinen Erfindungsgeist anstrengen,
wenn seine Mitbewerber ihn nicht einholen oder gar ausstechen sollen. Herr Froment⸗Meurice geht mit aller Gewalt darauf aus; zwar ist er noch eine gute Strecke hinter Rudolphi zurück, hat aber als geborener Franzose und Bruder eines Literaten, die ganze Feuilletonisten⸗Clique für sich, die ihn be⸗ reits der Mühe des noch zurückzulegenden Weges überhoben und für den ersten Juwelier der Welt erklärt hat.
Einen, wie es sich anläßt, noch gefährlicheren Nebenbuhler hat Herr Rudolphi an dem Juwelier Morel, der in gegenwärtiger Ausstellung zum erstenmale auf den Kampfplatz tritt und verdientes Lob ärndtet. Ein Kühl⸗ gesäß aus getriebenem Silber ist ein Meisterstück von Goldschmieds⸗Arbeit. Vier aufrechte Panther, Weinranken um den Leib und Trauben im Munde, tragen die cylinderförmige, oben mit zwei Henkeln abschließende Vase, um deren mittleren Theil ein Zug schwebender Figuren herumläuft, welche die Traumgebilde, die vier am Boden schlafenden Berauschten aus den bene⸗ belnden Weindünsten aufsteigen, verkörpern. Die schwebenden Figuren sind eben so graziös bewegt, als glücklich motivirt nach den verschiedenen Phan⸗ tasieen der Betrunkenen, die einen Krieger, einen Philosophen, einen Dichter und einen gemeinen Mann erkennen lassen. Die Ausführung steht mit der geistreichen Erfindung auf gleicher Höhe. Sehr interessant ist ein großer Pokal mit geschnitzten Figuren in Elfenbein und silberner Handhabe, deren Krümmung sehr schön von einem Tiger gebildet wird, der auf ein fabel⸗ haftes Ungeheuer losbeißt. Dieser schöne Trinkbecher gehört dem Herrn von Rothschild, wie aus dem Trompeter erhellt, welcher, als Nundwerk in Sil⸗ ber, den Deckel ziert und, als Renommé oder Renommist, wie man will, den Ruhm des Hauses Rothschild ausbläst, dessen nicht gerade sehr ritter⸗ liche Devise: Industria, integritas, concordia auf einem aufgerollten Fähn⸗ chen zu lesen ist.
„Das schönste Stück bei Morel möchte eine Schaale in Lapis lazuli sein, welche die Herzogin von Orleans angekauft hat. Der in der Lasur⸗ Steinmasse gearbeitete Fuß ist reich mit Emaillirungen von wunderbarer Delikatesse geschmückt, und die Henkelohren werden höchst zierlich von kleinen sich krümmenden phantastischen Thiergestalten gebildet. Eine Nymphe auf einem See⸗Ungeheuer ziert den mit Edelsteinen ausgesetzten Deckel und schließt das Ganze ab, welches, gleich ausgezeichnet durch Kostbarkeit des Stoffes, Schönheit der Form, Eleganz der Verzierung und Feinheit der Vollendung, recht eigentlich im Schatz einer Fürstin seine Stelle findet. Zwei andere Schalen, die eine von Agath, die andere von Krypstall, gefal⸗ len eben so sehr durch ihre elegante Form, als durch die Fülle der aus
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Abd el Kader's und seines Anhanges von der algierischen Gränze nach dem Westen von Marokko, wo nicht ganz außer Landes.
Die bereits dreimal annullirte Deputirten⸗Wahl zu Louviers ist so eben zum viertenmal auf Herrn Charles Laffitte gefallen, dem diesmal unter 341 Stimmen nur 10 entgingen.
Graf von Lurde, bisheriger französischer Gesandter bei der ar⸗ gentinischen Republik, über dessen diplomatisches Verhalten daselbst die Opposition so häufig Klage geführt hat, ist mit der von Montevideo und Fernambuco kommenden Brigg „Tactique“ zu Brest eingetroffen.
12 Paris, 8. Juli. In der heutigen Sitzung der Pairs⸗ Kammer legte Herr Teste den Bericht der Kommission über die Eisenbahn von Paris nach Lyon vor. Die Kommission beantragt die Unterdrückung des Art. 4 des Entwurfs (das Amendement Gauthier Rumilly, wonach der Staat die Bahn selbst bauen soll). Der Fürst von der Moskwa beklagt sich dann über die Abwesenheit des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten, wodurch seine Interpel⸗ lationen wegen Marokko's auf Mittwoch verschoben worden seien; es liege darin ein Angriff auf die Würde und Prärogativen der Kammer. Im englischen Parlament sei eine Diskussion entstanden über die An⸗ gelegenheiten von Marolko, Unterhandlungen seien mit der britischen Regierung eröffnet, und es könnten vielleicht seine Interpellationen am Mittwoch zu spät kommen, um den beabsichtigten Zweck zu er⸗ reichen, man könnte ihm dann vielleicht den Einwurf vollbrach⸗ ter Thatsachen entgegenhalten. Die Vertagung der Interpella⸗ tionen sei also bedauerlich, weil dadurch die Anregung der Frage, die er besprechen wollte, für heute unmöglich ge worden. Der Minister der öffentlichen Arbeiten: Er glaube die Würde und die Prärogativen der Kammer durch die Vertagung der Interpellationen durchaus nicht beeinträchtigt. Die Deputirten⸗Kammer diskutire heute das Budget des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten, und die Anwesenheit des betreffenden Ministers dabei sei unumgänglich nothwendig, um die Diskussion, die sich allenfalls über einzelne Punkte seines Budgets erheben könnte, aufzunehmen. Der ganze Aufschub der Interpellationen betrage übri⸗ gens nur 48 Stunden, sei also ohne Bedeutung. Es sei noch immer Zeit für das Ministerium, die Rathschläge des edlen Pairs zu befol gen, wenn es dieselben als gut anerkennen sollte, oder die Verant wortlichkeit dafür zu übernehmen, wenn es solches für gerathen erachte. Herr von Boissy wiederholt die nämlichen Vorwürfe gegen das Ministerium, wie der Fürst von der Moskwa. Er behauptet, man habe der Kammer ihren freien Willen genommen, und protestirt gegen die Aenderung der Tagesordnung, die ihm ein ganz außerordentlicher Vorgang zu sein scheint. Der Kanzler erklärt, er habe der Würde der Kammer nicht im geringsten Eintrag zu thun geglaubt, indem er auf das Ansuchen des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten die Diskussion auf Mittwoch verschoben. Schon oft seien ähnliche Fälle vorgekom⸗ men. Es liege darin ein Akt der Höflichkeit zwischen der Kammer und dem Ministerium, der die Harmonie, die stets zwischen den Staats⸗ gewalten herrschen solle, nur befestigen könne. Nach einigen Bemer⸗ kungen des Marquis von Boissy, der in seiner bekannten Streitlust stets das letzte Wort zu haben sucht, spricht die Kammer sich für Uebergang zur Tagesordnung aus. Die Pairs verfügen sich in ihre Büreaus, um den Gesetz⸗Entwurf wegen der Eisenbahn von Paris nach Straßburg zu prüfen. Die Sitzung wird daher suspendirt.
In der Deputirten⸗Kammer wurde zuerst das Gesetz we⸗ gen der Umwandlung der gewöhnlichen Feuergewehre in Perkussions⸗
Gewehre bei 232 Abstimmenden mit 190 gegen 42 Stimmen an genommen. Dann legte Herr Dufaure den Bericht der Kommission über das Gesetz in Betreff der Eisenbahn von Orleans nach Bor degaux vor, welches von der Pairs⸗Kammer amendirt zurückgekommen war. (Murren.) Herr Dufaure: Die Kommission verlange ein⸗ sache Annahme des Regierungs⸗Entwurfs. Herr Fulchiron beklagt sich, daß seit 2 Uhr die Sitzung schon eröffnet sei, ohne daß noch eine Diskussion begonnen werden konnte, weil nicht genug Mitglieder zugegen waren. Wenn die Mitglieder nicht genauer sich einfänden, behalte er sich vor, einen Vorschlag in Betreff des Namens⸗Aufrufs zu machen. Nun wird die Diskussion des Ausgabe⸗Budgets für 1845 sortgesetzt. Das des Justiz⸗Ministeriums ist an der Reihe. Kapitel 1 bis 6 werden ohne bedeutende Diskussion angenom⸗ men. Bei Kapitel VII. „Assisenhöfe“, wofür 154,000 Fr. an⸗ gesetzt sind, äußert Herr von Traecy seinen vollsten Beifall über ein heute im Moniteur erschienenes Rundschreiben des Justiz⸗Mi nisters, wonach streng darauf gehalten werden soll, daß auf Plätze, die für den Gerichtshof vorbehalten sind, keine unberufene Zuhörer zugelassen werden. Die Neugierde, welche diese „Vorstellungen“ der Assisenhöfe erregt, hat etwas Beklagenswerthes. Aber außerdem müsse er die vorzeitige Veröffentlichung der Anklage⸗Akten beklagen und die Abstellung dieses Mißbrauchs verlangen. Der Justiz⸗Mi⸗ nister: Wenn es ihm erlaubt sei, Instructionen zu geben über die Personen, welche bei den Assisen⸗Verhandlungen zuzulassen seien, so sei doch nicht dasselbe der Fall mit der Veröffentlichung der Anklage⸗ Akten. Diese 2 manchmal sogar Vortheile für Enthüllungen und Geständnisse. Nachdem noch Herr Dupin und Herr Chagaray
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gesprochen, wird auch dieses Kapitel angenommen, so wie mehrere folgende, deren Verhandlung kein allgemeines Interesse bot.
Die Kommission für die Eisenbahn von Orleans nach Bordeaux hat heute in ihrer Versammlung einstimmig die Verwerfung des Amendements Cremieux zu beantragen beschlossen. Der Bericht über das Einnahme⸗Budget für 1845 wurde heute vertheilt. Man glaubt, daß die offizielle Schließung der Session am 10. August erfolgen werde.
O Paris, 8. Juli. Das Budget des Justiz⸗ und Kultus⸗ Ministers, welches heute in der Deputirten⸗Kammer zur Diskussion kommt, beantragt für das Jahr 1845 die Errichtung von dreihun⸗ dert neuen katholischen Landpfarreien. Indem die Budget⸗Kommis⸗ Seminarien so schwach bevölkert sind, daß für die neu zu errichtenden 300 Pfarreien im Jahre 1845 höchstens 114 disponible Seelsorger vorhanden sein werden, was der Absicht der Regierung, nachträglich noch 1200 Landpfarreien zu gründen, nicht eben zu statten kommt. Die Budget⸗Kommission findet es daher für nöthig, die Regierung auf die Nothwendigkeit einer Reorganisation der katho⸗ lischen Seminarien aufmerksam zu machen, eine Bemerkung, welche auch Herr Thiers in seinem Bericht über das Sekundär⸗Unterrichts⸗ Projekt zu wiederholen beabsichtigt. Die Zahl der katholischen Pfar⸗ reien beträgt bis zur Stunde 28,201; einem Kaiserlichen Dekret vom 30. September 1807 zufolge, sollen dieselben im Ganzen 29,000 be⸗ tragen.
Es ist vielfach in den Blättern von einer Petition die Rede ge⸗ wesen, welche eine größere Unabhängigkeit des niederen Klerus von den Bischöfen der gallikanischen Kirche begehrt. Diese Petition wurde Ansangs Juni von Herrn von Lamartine auf dem Büreau der Kam⸗ mer niedergelegt und hat den Abbé Clavel zum Verfasser. Der Ar⸗ tikel 31 der sogenannten Loi organique von 1802, welche das wech⸗ selseitige Verhältniß zwischen den Bischöfen und dem niederen Klerus bestimmt, räumt den Bischöfen das Recht ein, nach eigenem Ermessen einen Landpfarrer abzusetzen, ohne darüber an den Minister des Kultus zu referiren. Die erwähnte Petition be zeichnet eine solche Willkür als unverträglich mit dem Prin⸗ zip der politischen Gleichheit und Freiheit und verlangt, daß der Staat mit dem heiligen Stuhle eine pragmatische Sanction unterhandle, wo durch ein besonderes geistliches Tribunal in Frankreich eingeführt wer den soll, welches in Disziplinar⸗Angelegenheiten des niederen Klerus zu erkennen habe; ferner daß das Präsentations⸗Recht zur Besetzung der katholischen Landpfarreien eine festere und sicherere Gestaltung als bisher annehmen möge. Der Bittsteller beruft sich auf die Autorität des Konziliums von Trient, um nachzuweisen, daß sein Begehren dem Geiste der Kirche entspreche, so wie, daß nicht nur der heilige Stuhl, sondern auch einige gallikanischen National⸗ Konzilien die von ihm aufgestellten Grundsätze des kanonischen Rechts gebilligt haben. Die Budget⸗Kommission, welcher die Petition des Domherrn Clavel zugewiesen wurde, hat gefunden, daß die darin ent⸗ haltenen Beschwerden gegründet sind und die Aufmerksamkeit der Re⸗ gierung verdienen. Man will wissen, daß das Kabinet der Tuilerieen bereits mit dem heiligen Stuhle in Unterhandlung getreten ist, um in diesem Punkte eine Revision des Konkordats von 1802 zu erzielen.
Auch für den protestantischen Kultus wird im Budget von 1845 die Errichtung von dreizehn neuen Pastorstellen vorgeschlagen. Die Budget⸗Kommission nimmt keinen Anstand, dem betreffenden Kredit von 20,000 Franken ihre Zustimmung zu geben, verlangt aber von dem Kultus⸗Minister mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zu ergründen, wie viel eigentlich die Privat⸗Einkünfte der protestan⸗ tischen Kirche in Frankreich betragen, weil kraft des Artikels 19 des organischen Gesetzes dieses Kultus nach dem Betrag jener Einkünfte die Besoldungen der protestantischen Pastoren bemessen werden müssen. Für die Erweiterung der protestantischen Fakulät in Montauban ist im Budget von 1845 ein Kredit von 20,000 Fr. begehrt und von der Kommission auch bewilligt worden. Die betreffenden Arbeiten würden im Jahre 1846 vollendet sein und eine außerordentliche Gesammt⸗Ausgabe von 123,935 Fr. verursacht haben.
Endlich begehrt für 1845 der Kultus⸗Minister eine Vermehrung von 10,000 Fr. zu Gunsten des jüdischen Glaubens, nämlich 6000 Fr. für die Errichtung von sechs Rabbiner⸗Stellen, zu 1000 Fr. jede; 2000 Fr. als Wohnungsgelder für den Ober⸗Rabbiner und 2000 Fr. als Unterstützungsgelder für altersschwache und kranke Rabbiner. Da das Gesetz vom 8. Februar 1831 die Kosten des jüdischen Kultus dem Staate zur Last gelegt hat, so findet die Budget⸗Kommission ganz gerecht, daß hierin die Juden den übrigen Religionen gleichge⸗ stellt werden, und mithin im Verhältniß zu ihren Bedürfnissen vom Minister des Kultus die gehörige Unterstützung erhalten. Darum billigt die Budget-⸗Kommission den außerordentlichen Kredit von 34,583 Fr., welcher dazu bestimmt ist, um gemeinschaftlich mit der Munizipalität von Paris eine neue jüdische Synagoge zu errichten.
Eine lebhafte Diskussion dürfte heute zum Schluß der Erörte rung des Budgets des Justiz⸗Ministers in Betreff der Nothwendig⸗ keit sich entspinnen, alle Ernennungen der Ehren⸗Legion durch den
Moniteur bekannt zu machen, was die Budget⸗Kommission in ihrem Bericht ausdrücklich wünscht, damit durch die Kontrolle der öffent⸗ lichen Meinung der zu großen Willkür, womit seit einiger Zeit das Kreuz der Ehren⸗Legion vertheilt wird, Schranken gesetzt werde. Nach den amtlichen der Budget⸗Kommission mitgetheilten Tabellen des Großmeisters der Ehren⸗Legion wurden im Laufe des Jahres 1843 folgende neue Mitglieder der Ehren⸗Legion kreirt: Groß⸗ Kreuze 9, Groß⸗Offiziere 18, Commandeure 54, Offiziere 212, Rit⸗ ter 1439, zusammen 1732 Ordens⸗Verleihungen. Die Budget⸗Kom⸗- mission meint, daß durch eine so große Freigebigkeit das Ansehen des Ordens nur verlieren könne. .
*. Paris, 8. Juli. Am 23. Juni kam das Kriegsdampfboot „Pluton“ mit Depeschen für den französischen Konsul vor Tanger an und fuhr selben Tages wieder nach Oran zurück, wo es zu der Flotte des Prinzen von Joinville stoßen soll. Bei der Abfahrt des „Plu⸗ ton“ schickte sich der englische General⸗Konsul zu Tanger zur Abreis nach Larrache, Moyador und Marokko an. Man glaubte allgemein daß die Reise desselben sich auf die Verhältnisse zwischen Spanien und Marokko beziehe, und daß er zu gleicher Zeit dem Sultan Muley Ab⸗ derrhaman den Rath geben wollte, alle seine Autorität aufzuwenden, um den feindseligen Einfällen seiner Unterthanen auf französisches Gebiet ein Ende zu machen. Spanien scheint übrigens entschlossen, trotz seiner Finanznoth den von dem Sultan von Marokko durch Verwerfung seines Ultimatums ihm hingeworfenen Handschuh aufzuheben. Am 29. Juni ward zu Barcelona ein Minister⸗Rath gehalten, dem sämmtliche Mitglieder des Kabinets, auch der Marquis von Viluma noch, beiwohnten, und worin man beschloß, alle in den verschiedenen Plätzen von Marokko residi⸗ renden spanischen Agenten anzuweisen, daß sie, wenn binnen 14 Ta gen keine befriedigende Erklärung von Seiten des Sultans erfolge, sofort ihre Posten verlassen und auf spanisches Gebiet zurückkehren sollten. Diese Weisung ist bereits an die betreffenden Agenten ab⸗ gegangen. In Spanien hofft man besonders viel von dem Zusam⸗ menwirken mit Schweden und Dänemark, die gleichfalls eben Rüstun⸗ gen gemacht haben, um sich von dem Tribute zu befreien, den sie so lange noch an Marokko entrichten mußten. (Vergl. unte Brief aus Madrid.) G 11“
Großbritanien und Irland.
London, 8. Juli. Die Regierung wird nunmehr, in Ueber⸗ einstimmung mit der in der letzten Sitzung des Oberhauses von Lord Haddington abgegebenen Erklärung, ein ansehnliches Kriegsgeschwader vor Tauger versammeln. Schon ist die „Caledonia“ von 120 Kano⸗ nen mit Seesoldaten nach Gibraltar abgesegelt, wohin der „Albion“ von 90 Kanonen unverzüglich folgen wird. Admiral Owen hat Be⸗ fehl, mit dem Linienschiffe „Formidable“ und allen verfügbaren Dampf⸗ Korvetten sofort von Malta nach Tanger zu segeln, wo er in kurzem ein britisches Geschwader von 3 Linienschiffen, 1 Fregatte und vielen kleineren Kriegsschiffen unter seinen Befehlen haben wird.
Niederlande. 8
Aus dem Haag, 9. Juli. Se. Majestät der König ist heut früh von hier nach Luxemburg abgereist. Dänemark. Schleswig, 9. Juli. (H. N. Z.) Heute wurde die Stände⸗ Versammlung eröffnet. Auf die Frage Königlichen Kommissarius, Kanzlei⸗Präsidenten Grafen Reventlow⸗Criminil, ob Jemand etwas in dieser Beziehung einzuwenden habe, schwiegen Alle; auf die wei tere Frage, ob Niemand etwas gegen die Anwesenheit des Abgeord⸗ neten des 14ten ländlichen Wahl⸗Distrikts zu erinnern habe, wieder allgemeines Schweigen. Darauf brachte der Kommissarius selbst seine Bedenken gegen die Function des Abgeordneten Tiedemann vor, weil er noch unter Anklage sei. Nach einer lebhaften Diskussion ergab sich das Resultat, daß Tiedemann mit 23 gegen 13 Stimmen für landtagsfähig erklärt war, worauf er wieder einberufen ward und die Sache ihr Ende hatte. Das Gerücht über Auflösung der Versamm lung bei solchem Ausfall, ist also ganz ungegründet gewesen. Unter dem Alters⸗Präsidium des Rathmannes Lützen wurden hierauf die Wahlen der Functionaire vorgenommen und Herr Falck mit 22 Stimmen zum Präsidenten und Herr Gülich zum Vice⸗Präsidenten E
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Ziglien.
Nom, 1. Juli. Vorgestern, nach Beendigung der z Ehren des Apostels Petrus stattfindenden kirchlichen Feierlichkeiten begab sich der König von Bayern mit Gefolge nach den Gemächern des Papstes, um diesem seinen Abschieds⸗Besuch zu machen. Heut Abend um 10 Uhr wird der König nach Neapel abreisen.
Die Accademia di Santa Cecilia hat den König und die Köni⸗ gin von Bayern zu Ehren⸗Mitgliedern erwählt. Vor einigen Tagen hatten der Präsident der Accademia, Graf Mangelli, Cavaliere de Castellini und Professor Rossi die Ehre, dem Könige die betreffenden Diplome zu überreichen.
Der Königl. preußische Minister⸗Resident, Kammerherr von Buch, ist gestern nach Berlin abgereist.
vergoldetem Silber getriebenen und emaillirten Verzierungen. Ein Kruzifix mit byzantinischen Emaillen, ein silberner Armleuchter im Geschmack der Renaissance, so wie einige andere Gegenstände von verschiedenen, aber kor⸗ rekten Stylen und gutem Verständniß der Verzierungen, sind ebenfalls vor⸗ trefflich behandelt. .“
Aus Furcht, den Leser zu langweilen, übergehe ich mit Stillschweigen die Menge köstlicher Diademe, Ohrbommeln, Busennadeln, Gürtelschnallen, Damenuhrketten (chatelaines), Armbänder, Ringe, Niechfläschchen, Balltä⸗ felchen, Spazierrohr⸗, Sonnenschirm-, Reitgertenknöpfe, und der anderen kleinen Schmucksachen von auserlesenem Geschmack, unsäglich feinem Mach⸗ werk und unglaublich hohem Preise, welche die Juveliere Rudolphi, Froment⸗ Meurice und Morel in eigenen Schaukästen ausgestellt, deren bezaubernder Anblick alle Damen in lautes Entzücken versetzt. Mich dünkt, solche Kost⸗ barkeiten, Kunstwerke und Seltenheiten wollen nur gesehen werden, obgleich es sonst ein Leichtes wäre, darüber mehr als einen Bo⸗ gen zu schreiben; doch der beredtesten Feder würde es schwer, wenn nicht unmöglich fallen, Worte zu finden, für das tausendfältig sich brechende, magische Strahlen⸗ und Farbenspiel der Diamanten, Rubinen, Saphyre, Opale, Hyazinthen, Smaragde, Granaten, Topase, Amethysten, Perlen, die, auf wunderbar geschickte Weise mit Gold, Silber und Email vereinigt, in entzückende Preziosen verarbeitet sind, bei denen man, wenn die erste Trunkenheit des Auges vorüber ist, nicht weiß, was man mehr bewun⸗ dern soll, ob die wunderschöne Farbenstimmung oder die wunderherrliche Vollendung.
Hat man sich endlich satt gesehen und satt gewundert an allen diesen Schätzen der Juwelier- und Ciselirkunst, so überfällt mich wenigstens ein wehmüthiges Gefühl bei dem Gedanken, daß in 100 Jahren davon nur
noch der kleinste Theil übrig sein wird. Denn die Aussichten auf Erhaltung und Ueberlieferung von Kunstgegenständen in schmelzbarer Masse stehen im umgekehrten Verhältniß zu dem Metallwerth. Man hat ausgerechnet, daß Gluͤcks⸗ und Geschmackswechsel alle 100 Jahre im Durchschnitt drei Viertel von derartigen Luxus⸗Geräthen in den Schmelztiegel bringen. Die franzö⸗ sische Geschichte ist besonders reich an Belegen für solche Umschmelzun⸗ gen im größten Maßstabe. Unter Karl VII. ahmten viele französische Große das edle Beispiel der Agnes Sorel nach, welche ihr sämmtliches Silbergeschirr und alle ihre Juwelen und Schmucksachen hergab, um ihrem Königlichen Geliebten die Mittel zur Behauptung seiner Krone zu verschaf⸗ fen. Ludwig XI. verwandte, nach der Chronik des Jean von Troyes, im
Jahre 1478 zu dem Kirchengitter von Saint⸗Martin in Tours die silber⸗
nen Prachtgefäße, welche die Vornehmen bei ihren Festgelagen auftragen ließen. Die späteren Religionskriege, besonders unter den Nachfolgern Hein rich II. und bis unter Ludwig XIII, verursachten, daß eine Masse Sil⸗ bergeräth aus Kirchen und von Privatleuten eingeschmolzen wurde, wie aus dem von Saint Foir mitgetheilten Auszug aus einem alten Register erhellt, welches auf der Königlichen Münze über die Gold⸗ und Silbersachen ge⸗ halten wurde, die der Regierungs⸗Rath der Ligue zu Geld schlagen ließ. Bekannt ist, daß im Jahre 1709, in den schlimmen Tagen der Regierungs⸗ zeit Ludwig's XIV., die Prinzen, die großen Herren und allerreichsten Leute, wie Moreri versichert, aus freien Stücken ihr Silberzeug zum Einschmelzen hergaben, und der König selbst den beträchtlichsten Theil seines Gold⸗ und Silbergeräths, lauter Meisterwerke von Claude Ballin, in die Münze schickte. Ein Jahrhundert darauf, mußte Ludwig XVI. der National⸗Ver⸗ sammlung sein Silberzeug ausliefern, welches der edelmüthige Antrag eines Deputirten aus dem Berry, der im Namen seiner Kommittenten sich zu einer Vermögens⸗Steuer bereit erklärte, leider doch nicht vom Untergange rettete. Vier Jahre später ging der öffentliche Wohlfahr’s⸗Ausschuß, der so viele Dinge umschmolz, im größeren Maßstabe zu Werke, indem er ganze Haufen Silberzeug, Juwelen, Reliquien⸗Kästchen, Kruzifirxe u. s. w. aus Königlichen Schlössern, Kirchen, Klöstern und Abteien zu Gold- und Sil⸗ berbarren einschmel en ließ, unbelümmert um das Gewicht, welches die Kanstarbeit in die Wagschaale gelegt hätte, die zwar leinen conventionellen Werth hatte, aber den Betrag an baarem Gelde bedeutend übertraf, nach dem Preise von 800 Louisdo'r zu urtheilen, welche kurz vor dem Ausbruche der Revolution, im Jahre 1787, für eine Schaale bezahlt wurden, die unge⸗ fähr nur 3 Unzen (20 Franken) wog, aber von Benvenuto Cellini cise⸗ lirt war.
Compositionen von Mendelssohn⸗Bartholdy. Prois a pour le Pianoforte de F. M endelssohn. Bartholdy tirés du 1. et 2. Quatuor par Fabritius de Tengnagel. Berlin, Propriété de Schlesinger.
Diese beiden Klavier⸗Compositionen, die in dem 1sten und 2ten Quartett
des genialen Mendelssohn⸗Bartholdy als Finalsätze bestehen, geben Gelegen⸗ heit, selbige auch ohne Saiteninstrumente gründlich kennen zu lernen, und
zugleich die Stelle einer Salon⸗Pièce auszufüllen. Der Charakter des ersten Allegro's athmet reiches Gemüth, Klarheit des Gedankens und eine ruhige Heiterkeit, die nur zuweilen durch ernste Blicke unterbrochen wird. Die Schwierigkeit der Ausführung ist weniger bedeutend, als die im zweiten Allegro, wo schon gleich die Lebendigkeit des Thema's das bewegte Treiben der folgenden Gedanken verräth. Leidenschaftlichleit ist der Hauptcharakter, der nur hie und da durch freundlichere Augenblicke gemildert wird. Der talentvolle Tondichter bewährt sich in diesen Compositionen bereits in seinem gediegenen Umfange, und wer diese Sätze von ihm lennt, wird unbedingt den Meister der späteren Zeit, den Komponisten des Sommernachtstraums, des Paulus, der Antigone weissagen. Es wird daher den zahlreichen Freun⸗ den des gefeierten Komponisten eine erwünschte Erscheinung sein, durch diese Allegros in den Stand gesetzt zu werden, auch im Salon nicht blos Lieder ohne Worte spielen zu müssen. In kurzer Zeit erscheint in gleicher Gestalt das Finale der tsten Symphonie von Mendelssohn⸗Bartholdp, die an Eleganz und Bravour wohl den ersten Platz einnehmen dürfte.
Vermischtes.
Man schreibt aus Weimar unterm 8. Juli: „Um das Andenken an Herzog Bernhard von Weimar zu beleben, welcher sich im dreißigjährigen Kriege durch seinen Heldensinn so rühmlich auszeichnete, bildete sich hier vor längerer Zeit ein Verein, in der Absicht, dem ruhmbekränzten Ahnen des geliebten Fürstenhauses ein Denkmal zu gründen. Man wendete sich an den bekannten Maler Martersteig, einen gebornen Weimaraner, in Paris, und beauftragte ihn, ein Gemälde aus dem Leben jenes Feldherrn zu ver⸗ fertigen, was seiner Thaten würdig sei. Der Kuünstler wählte die Erobe⸗ rung von Breisach. Dieses Gemälde ist nun hier angekommen und wird nächstens in dem Saale des neuerbauten Rathhauses eine bleibende Stätte sinden. Noch ist dasselbe nicht enthüllt; aber nach dem, was man darüber hört, soll es ein Kunstwerk von vorzüglicher Schönheit sein.“ — Am 9. Juli starb zu Weimar der unter dem angenommenen Namen Karl Hälden als belletristischer Schriststeller bekannte Großherzogl. sächsische Geh. Secretair Karl Wilhelm Händel. 8
Bei dem Gesangs⸗Konkurse in Gent hat der kölnische Männer⸗ Gesang⸗Verein den ersten Preis gewonnen. 3 .