8 b 1 ei 2 jerü 9 2 L=⸗ 9 zes schuldig machen, bei den hierüber bestehenden al de grennöcesteenshn Bewenden. Dieser Mein Befehl ist durch
di Gesetz⸗Sammlung zur allgemeinen Kenntniß zu bringen. —.—.“ Se Friedrich Wilhelm.
An das Staats⸗Ministerium.“ “
Potsdam, 19. Juli. Die fromme Gedächtnißfeier Ihrer Majesti der verewigten Königin Luise beging heute in der Frühstunde durch Ge⸗
ang, Gebet und Betrachtung in der Hof⸗ und Garnisonkirche hierselbst ein sahteeich versammeltes Publikum. Nach geendigter Predigt, die der Hof⸗ prediger Sydow hielt, erfolgte die von ihm verrichtete Trauung nachstehen⸗ der 6 unbemittelter, tugendhafter Brautpaare: 1) Ludwig Ferdinand Winckler, Schneider⸗Meister, mit Jungfrau Karoline Amalie Seidel; 2) August Heinrich Reichenbach, Schuhmacher⸗Meister, mit Jungfrau Wilhel⸗ mine Henriette Schmidt; 3) Georg Karl Kriegener, Schuhmacher⸗Meister mit Jungfrau Wilhelmine Charlotte Schiemonsko; 4) Ernst Gotthilf Winck⸗ ler, Zimmer⸗Geselle mit Jungfrau Karoline Luise Müller; 5) Joachim Friedrich Wilhelm Schacht, Bedienter, mit Jungfrau Auguste Sophie Wilhelmine Fischer; 6) Kaspar Friedrich Hrinrich Betke, Tuchmacher⸗Geselle, mit Jungfrau Marie Luise Hoppe. 8
Fin jedes dieser Brautpaare erhielt auf den Grund beigebrachter vor⸗ züglicher Zeugnisse über vieljährige treue Dienstzeit, aus dem Fonds der Luisen⸗Stiftung ein Ausstattungs⸗Kapital von Einhundert Thalern; und so jebt das Andenken der verklärten Königin Luise in stillen Segnungen unter uns für immer fort.
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Provinz Preußen. Aus Danzig wird unterm 15. Juli berichtet, daß, dem Vernehmen nach, die höhere Genehmigung zum Bau einer neuen Schleuse in Neufahrwasser für tiefgehende Schiffe und zur Stopfung der alten Weichselmündung zwischen der Wester⸗ platte und dem Fort Weichselmünde eingegangen sei. Durch diese Eimrchtung wird der Hafen von Danzig in den stillen Arm der Weich⸗ sel von Neufahrwasser bis zum Durchbruch so erweitert, daß er wohl von keinem anderen an Größe und Sicherheit übertroffen werden dürfte.
Provinz Westphalen. Am Morgen des 14. Juli wurde zu Paderborn von den Kanzeln sämmtlicher Kirchen ein Hirtenbrief des Bischofs Dr. Dammers verlesen, in welchem er, bei seinem hohen Alter, seiner anhaltenden Kränklichkeit und dem Schwinden seiner Kräfte, von der Diözese Abschied nimmt, sich ihrem Gebete empfiehlt und ihr den apostolischen Segen ertheilt.
X½ Düsseldorf, 14. Juli. Der Unwille über die (bereits von uns gemeldete) böswillige Beschädigung von acht bis neun unsere Kunst⸗Ausstellung schmückenden Bildern von Rustige, Adloff, Minjen, Guerard und Hülsen ist allgemein. Der Kunst⸗Verein, der für den an⸗ gerichteten Schaden wohl wird einstehen müssen, hat auf die Ent⸗ deckung des Thäters eine Prämie von 50 Rthlr. gesetzt. Möge die Hand der Gerechtigkeit recht bald den Frevler erreichen und zur streng⸗ sten Bestrafung ziehen. Dem Vernehmen nach, sollen am 13. Juli in der Mittagsstunde, um welche Zeit die That verübt wurde, nur vier Personen, ein Herr, eine Dame und zwei Maler, im Saale ge⸗ wesen sein. 8
* Münster, 15. Juli. Wenn bisber in unserer Stadt im Allgemeinen noch weniger Theilnahme an wichtigen Tagesfragen be⸗ merkbar war, als an anderen Orten, so hat doch das Projekt einer Eisenbahn⸗Verbindung zwischen hier und Hamm zu einer Regsamkeit Anstoß gegeben, die sich in dem Maße steigert, als das Zustandekom⸗ men der Sache mehr und mehr außer Zweifel gestellt wird. Ob es vortheilhafter wäre, den Anschluß an die Rhein⸗Weser⸗Bahn bei Hamm oder bei Dortmund zu bewerkstelligen, wollen wir hier nicht genauer untersuchen, sondern nur bemerken, daß die Richtung der Zweigbahn auf Hamm offenbar viel für sich hat, weil sie, als die kür⸗ zere Linie, am wenigsten kostet und perpendiculair auf die Hauptbahn führt, mithin den Verkehr mit Weser und Rhein in gleichem Maße begünstigt. Andererseits kann nicht in Abrede gestellt werden, daß die Richtung auf Dortmund den Verkehr unserer Stadt mit dem Märkisch⸗Bergischen Fabriklande, wie auch mit dem Rheine, mehr be⸗ günstigen würde, und daß dieser Verkehr den mit der Weser⸗Gegend bedeutend überwiegt, auch wohl immer überwiegen wird. Indessen scheint doch der Umweg über Hamm für den Verkehr zwischen hier und der märkisch⸗bergischen Fabrikgegend nicht so groß, daß dadurch eine erhebliche Beeinträchtigung desselben zu besorgen wäre.
Weit wichtiger erscheint uns die Frage: „A. uf welche Weise soll die Verbindung zwischen Münster und der Ems be⸗ wirkt werden?“ Durch den Ems⸗Schifffahrts⸗Vertrag mit Han⸗ nover ist Preußen verpflichtet, eine Chaussee von Münster nach Greven an der Ems zu bauen; die Linie ist bereits abgesteckt, und der Bau dieser Straße wird bald ausgeführt sein. — Wenn diese Verbindung den früheren Verhältnissen ganz angemessen erschien und von Seiten des Publikums sehnlichst gewünscht wurde, indem sie nicht nur den
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Verkehr mit der Ems, sondern auch den für unsere Stadt höchst wichtigen mit den Kohlen⸗Bergwerken bei Ibbenbühren erleichtert, so kann doch nicht geleugnet werden, daß sich die Verhältnisse durch die Eisenbahnen gänzlich ändern. Was früher als das Ziel vernünftiger Wünsche und als eine Wohlthat angesehen wurde, für welche man sich zu besonderem Danke verpflichtet fühlte, das erscheint jetzt jedem Sachverständigen als unzureichend. Wenn die von der Lippe zur Ems gehenden Güter bis Münster auf der Eisenbahn transportirt und hier auf Frachtwagen geladen werden sol⸗ len, um anderthalb Meilen von hier, bei Greven, abermals umgela⸗ den zu werden, zehren die Umlade⸗Kosten und Zeit alle Vortheile auf, welche die Eisenbahn gewährt; und für die Güter, welche von der Ems nach der Lippe gehen, gestaltet sich die Sache nicht besser. Man spricht deshalb viel von einer Fortsetzung der Eisenbahn bis an die Ems, auf welcher die Waggons mit Pferden gefördert werden sollen, um Anlage⸗ und Betriebs⸗Kapital möglichst niedrig zu halten und so die Rentabilität der Bahnstrecke zu sichern, auf welcher der Personen⸗ Verkehr wohl gar keinen Ertrag gewähren kann. Gäbe es kein an⸗ deres Mittel, die doppelte Umladung zu vermeiden, so würde dieses Projekt gewiß in nähere Erwägung zu ziehen sein; denn auf einem Handelswege, dessen Eröffnung ein großer Theil von Deutsch⸗ land mit Sehnsucht erwartet, und dessen Wichtigkeit für sämmtliche preußische Landestheile von allen Seiten, an der Ostsee wie am Rhein, anerkannt wird, können Hemmnisse solcher Art nicht geduldet werden. Aber es giebt ein anderes, ungleich besseres Mittel. Der Max⸗Clemens⸗Kanal, welcher früher wenig Beachtung verdiente und fand, scheint ganz geeignet, das fehlende Glied des in Rede stehenden Handeisweges zu werden und die Stadt Münster zu einem Emshafen zu machen, in welchen die Eisenbahnen zwischen We⸗ ser und Rhein vermittelst unserer Zweigbahn münden. In früherer Zeit, wo hier von Eisenbahnen keine Rede war, konnte es in Frage gestellt werden, ob eine Kanal⸗Verbindung zwischen Münster und der Ems sich rentiren würde; die schlechte Beschaffenheit der Wege im Allgemeinen und die geringe Zahl der Chausseen, die über⸗ dies nur theilweise vollendet waren, ließen einen lebhaften Güter⸗ Transport überhaupt nicht zu, und die wenigen Güter, welche hierher kamen, blieben entweder hier, oder konnten zur Achse weiter befördert werden, wie sie gekommen waren. In der nächsten Zu⸗ kunst wird es anders sein, wenn — was nicht bezweifelt werden darf die Einwohner unserer Stadt mit ihren mehr als gewöhn⸗ lichen Mitteln die sich darbietende Gelegenheit benutzen, wenn sie be⸗ greifen, was es zu bedeuten hat, an dem natürlichen Umlade⸗ und Stapel⸗Platze einer der wichtigsten Handelswege des nördlichen Deutschlands zu wohnen. — Die Möglichkeit, den Marx⸗Clemens⸗ Kanal nach der Ems zu führen und für Emsschiffe fahrbar zu machen, kann mit Grund wohl nicht bestritten werden; in einer ebenen Gegend, die fast durchgängig als gutes Bekassinen⸗Jagd⸗ Revier bekannt ist, und in der man bei zwei bis fünf Fuß Tiefe auf Grundwasser stößt, wo außerdem ein kleiner Fluß und mehrere Bäche reichliches Speisewasser geben, welches nö⸗ thigenfalls auch noch durch Aufräumen der Quellen und neue Zulei⸗ tungen bedeutend vermehrt werden könnte, wo Dürre und anhaltender Frost zu den seltenen Ausnahmen gehören, kann eine Kanal⸗Anlage keine unüberwindlichen Schwierigkeiten haben. Ein Blick auf eine richtige Spezial⸗Karte wird diese Behauptung bestätigen und eine gründliche Rekognoszirung noch mehr. Man kann also nur die zwei Fragen aufwersen: Was wird die Sache kosten? Was wird sie einbringen? In Bezug auf die erste Frage, wollen wir hier nur Folgendes anführen. Die Grund⸗Erwerbung für die neuanzulegende Kanalstrecke von 1¼ Meilen Länge kann nicht viel kosten, indem der Boden fast nur aus Haide⸗ und Neuland von geringem Werthe be⸗ steht; zu den Schleusen⸗ und anderen Bauten liefern die am Kanal gelegenen oder noch anzulegenden Ziegeleien ein brauchbares und bil⸗ liges Material; die Reinigung des alten Kanals, der auf 4 Meilen Länge benutzt werden müßte, dürfte kaum Kosten verursachen, indem die alte Schlamm⸗Erde als Dünger gesucht werden würde. Bringt man nun noch in Anschlag, daß durch diese Kanal⸗Anlage die Aus⸗ gaben erspart werden können, welche die Schiffbarmachung der Ems von Mesum bei Rheine bis Greven verursachen wird, so ist mit Sicherheit zu behaupten, daß die Gesammtkosten dieser Anlage in Verhältniß zu ihrem Werthe sehr unbedeutend sein werden. — In Betreff der 2ten Frage verweisen wir vorläufig auf die Mittheilun⸗ gen in der Beilage zu Nr. 175 d. Bl. Es dürften in Deutschland nur wenige Handelswege existiren, auf denen ein beträchtlicherer Ver⸗ kehr stattfindet, als sich zwischen Rhein und Ems finden wird, wenn die Emsschiffe mit voller Ladung bis an die Wälle von Münster ge⸗ langen und daselbst mit den Waggons der Rhein-Weser-Bahn in unmittelbare Berührung kommen können.
Ausland. Deutsche Bundesstaaten.
Königreich Sachsen. Am 23. Juni wurde in Lößnitz ein Zweig⸗Verein der Gustav⸗Adolph⸗Stiftung für genannte Stadt und die benachbarten Ortschaften begründet; er besteht gegenwärtig aus 475 Mitgliedern.
Königreich Hannover. Die Angelegenheit des Zeughausbaues ist durch Annahme eines Konserenz⸗Beschlusses erledigt, welcher jetzt ständi⸗ sche Beschluß wörtlich lautet: „Stände haben sich von der Dringlichkeit des Neubaues eines Zeughauses überzeugt und nach Lage der Sache für angemessen erachtet, die zu 277,909 Rthlr. veranschlagten Kosten des Haupt⸗ Zeughauses auf die Landes⸗Kasse zu übernehmen und deren Zahlbarmachung in den fünf Jahren vom 1. Juli 1844—49, jedes Jahr zum fünften Theile, unter der Bevorwortung zu bewilligen, daß der Stände⸗Versammlung nach Vollendung des Baues eine Nachweisung der Verwendung zu dem Behufe gegeben werde, um sich zu überzeugen, daß die Verwendung zu keinem fremdartigen Zwecke geschehen sei. Was dagegen die zu 67,273 Rthlr. veran⸗ schlagten Neben⸗Zeughäuser betrifft, so können sich Stände einestheils aus den ihnen darüber gemachten Mittheilungen von der augenblicklichen Noth⸗ wendigkeit ihrer Ausführung nicht überzeugen, und müssen anderentheils der Meinung sein, daß die dazu erforderlichen Kosten aus den Ersparungen des Militair⸗Haushaltes bestritten werden können, weshalb sie eine desfallsige Bewilligung ablehnen. Im Uebrigen halten Stände dafür, daß die sonsti⸗ gen, zu anschlagsmäßig 96,959 Nihlr. lediglich im Interesse einer zweckmä⸗ ßigeren Leitung des Material⸗Wesens projektirten Zubehörungen des Eta⸗ blissements jedenfalls bis dahin auszusetzen sein werden, daß sie, wenn auch erst in einer längeren Reihe von Jahren, durch Ersparungen aus den or⸗ dingiren Mitteln des Militair⸗Haushalts zu bestreiten stehen.“
Herzogthum Braunschweig. Se. Durchlaucht der Her⸗ zog ist am 14. Juli, von seiner Reise zurückgekehrt, in Braun⸗ schweig eingetroffen. Die braunschweigischen Truppen werden nun auch Waffenröcke nach dem Muster der preußischen erhalten.
Fürstenthum Hohenzollern⸗Hechingen. Der Schw. Merk. berichtigt die in mehreren Blättern gegebene Nachricht, daß die Kapelle auf dem Hohenzollern durch Blitzschlag entzündet und mit allen darin befindlichen Alterthüutern zerstört worden sei. Aller⸗ dings hat der Blitz in den Dachstuhl der Kapelle geschlagen und ge⸗ zündet; der Dachstuhl brannte nieder, die gut gewölbte Decke der Kapelle sicherte aber diese vor Beschädigung. Weiterer Schaden ist durch jenen Blitzschlag auf dem Hohenzollern nicht verursacht.
Oesterreichische Monarchie. (A. Z.) Vorgestern war der hiesige fran⸗
Wien, 12. Juli. (A. n war der 1 zösische Botschafter, Graf Flahault, der Prinzessin Clementine von Frankreich bis Stockerau entgegengefahren und hat Ihre Königl. Ho⸗ beit bis Ebenthal begleitet. Der morgende Tag war zur Vorstellung der Prinzessin bei Hofe und zu einem großen Diner in Schönbrunn bestimmt; Beides wurde jedoch, weil der 13te, als Sterbetag des Herzogs von Orleans, ein Trauertag für die französische Königs⸗
Familie ist, auf den 15ten verschoben.
Frankreich. v““
Paris, 15. Juli. Das Todtenamt in der Königlichen Kapelle zu Dreux, zum Gedächtniß des Herzogs von Orleans, hat vorgestern in Gegenwart des Königs, der Königin, der Herzogin von Orleans, der Königin der Belgier, der Mad. Adelaide, des Herzogs von Mont⸗ pensier und des Prinzen von Württemberg stattgefunden. Die schmerz⸗ liche Bewegung der Königlichen Familie machte einen erschütternden Eindruck auf die übrige Versammlung, welche dieser T rauerfeierlichkeit beiwohnte. Besonders zeigte sich die innigste Sympathie für die er⸗ habene Wittwe des Verewigten, die nur mit Mühe ihr Schluchzen unterdrückte und dann lange Zeit unbeweglich und wie in dumpfen Schmerz versunken vor der Grabstätte ihres unglücklichen Gemahls auf den Knieen lag. Nach dem Gottesdienst nahm der König alle Arbeiten an der Kapelle und auf den dazu gehörigen Grundstücken in Augenschein. Es sind hierauf schon bedeutende Summen verwen⸗ det worden. Von 1822 bis 1830 bestimmte der König als Her⸗ zog von Orleans bereits über eine Million zur Vollendung dieser für die Beisetzung seiner Familie bestimmten Kapelle, und seit 1830 wur⸗ den über 3 ½ Millionen für denselben Zweck verausgabt. Die Kosten der noch rückständigen Arbeiten werden für nächstes Jahr auf 800,000 Fr. geschätzt. Als Dotation für das Kapitel der Kapelle, welches aus dem Bischof von Marokko und vier Domherren besteht, hat Se. Majestät eine Rente von 25,000 Fr. angewiesen. Seit letztem Jahr sind die Arbeiten an der Kapelle bedeutend vorgeschritten, so daß sie ihrer vollständigen Beendigung sehr nahe ist. Die Hauptfagade derselben hat jetzt zwei Thürmchen und einen Glockenthurm. Der Styl des Gebändes ist der des zwölften Jahrhunderts. Es hat zwei Seitenkapellen, von denen, nach dem Wunsche der Mutter des Königs, die zur Rechten dem heiligen Arnold und die zur Linken der heiligen
von den kleinen Bronzesachen, die einen sehr erheblichen Zweig des franzö⸗ sischen Erzgusses und Luxushandels ausmachen, sind wahre Meisterwerke von ausgesuchter Grazie und Delilatesse, und gehören in Hinsicht des Gusses zu den auserlesensten, zierlichsten Dingen, die man wünschen kann. Es ist, meines Erachtens, immerhin erfreulich, zu sehen, wie die Skulptur hier sich zu solchen Mode⸗Phantasicen herabläßt und so zu sagen im Taschensormat auftritt. Im Grunde zeigt sich die Kunst, wie wir schon oft ausgesprochen, eben so gut in der Ciselirung einer Konfektdose oder eines Stockknopfs, als in einem kolossalen Bildwerke; und es ist einer der anzie⸗ hendsten Beweise, den der B. ldhauer von der Macht und Treff⸗ lichkeit seiner Kunst geben kann, wenn er Gegenstände des ordi⸗ nairsten Gebrauchs und Bedürfnisses durch sinnvollen, bedeutsamen Schmuck adelt und durch den Aufdruck seines Geistes werthvoll und lehr⸗ reich macht. Unter den bei Quesnel ausgestellten Statuetten gesielen mir besonders: eine überaus gelungene, verlleinerte Nachbildung des Düretschen Tarantellatänzers im Lurembourg⸗Museum, und als Pendant dazu ein Tamburinschlagender Tänzer, ebenfalls nach einem Modell jenes Meisters angefertigt; eine Amphitrite, in einer Muschel ruhend und ihr über dem Kopfe slatterndes Gewand als Segel benutzend, von Brian, ein Mädchen,
das eine Taube herzt, von Fraikin, und ein Mädchen, in der einen Hand
Blumen haltend, mit der anderen nach einer Schlange greifend, die ihr über den Busen läuft, von Cumberworth, drei allerliebste kleine Bronze⸗ figuren, die beiden ersteren von etwas conventionellen, aber zierlichen Formen, die letztere schöͤn und lebendig individualisirt, durch Zartheit der Vollendung änßerst anziehend und ausgezeichnet durch eine bewundernswürdige Weise 5 der Behandlung des Fleisches, welche durch den warmen Ton des deli⸗ aten goldgelben Ueberzugs aufs Hoöchste gesteigert und in einem bei hicben Metallwerken kaum denkbaren Grade die Wirkung der Natur und n üben Frcs. Die keusche Auffassung der Formen des Nackten und marchenhagie aee des Körpers, der in allen Theilen den delikaten, nen erehen 8 ehes hat, geben dieser weiblichen Statuette einen eige⸗ 8e- dens 880 hepräge einer hohen künstlerischen Trefflichkeit, welche genannten Vorzü 8 auf unsere Bewunderung machen darf, als die eWease es fleißigsten anatomischen Sindiums und einer geist has eeedces ade anstellung an einem Kunstwerke von so geringer Dimen⸗ ornppen ia Nenne R. Sehr anziehend sind verschiedene Thiere und Thier⸗ Nit e , Geehen aßstabe durch den feinen, physiognomischen Sinn, wo⸗
1 n, Banzen aufs lebendigste aufgefaßt V Natur⸗Wahtrheit, womit sie im Eiuzelnen Arse und die große, frappante Auch in dieser Gattung von Genee aufs sorgsamste durchgeführt sind. netten, worin man es hier zu einer selte⸗
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nen Vollkommenheit gebracht, ist Quesnel Meister und Muster. Man kann 1 s Ir * 1 b 7 11 e ¹ inoe jeao keine besser getroffenen Thier-Portraits sehen, als ein Reh und eine Ziege,
an denen die Textur des Felles mit merlwürdiger Genauigkeit im Einzelnen verfolgt und in technischer Beziehung besonders auffallend ist, daß man durchaus keine Spur eines nacharbeitenden Instrumentes wahr⸗ zunehmen vermag, mit so leichter, fertiger Hand sind die Metallnähte ab⸗ gelöst. Eine Löwin, die einen Rehbock zerreißt, ist eine trefflich bewegte Gruppe, mit dem Ausdruck kräftiger Naturwahrheit gegeben; man fühlt lebhaft den ganzen Jäͤhzorn und Blutdurst des Raubthiers in diesen klei⸗ nen Verhältnissen, die dem Verdienst der Ausführung durchaus keinen Ein⸗ trag thun. Eine zweite Gruppe zeigt einen Fuchs und eine Henne; die verschmitzte Physiognomie des Hühnerdiebes ist glücklich erfaßt; mit blutiger Schnauze hockt er auf dem armen Schlachtopfer, das er aus dem benach⸗ barten Pachthose gestohlen, und beschaut gespitzten Ohrs und wahrscheinlich wässerigen Mundes die todtgebissen daliegende Frühstücksbeute. Diese Gruppe hat, wie die vorige, das Verdienst einer überraschenden Wahrheit und einer trefflichen, bis in die größten Einzelnheiten eingehenden Ausführung. Man erkennt das emsigste, unverdrossenste Naturstudium, die feinsten, so ganz der Natur abgelauschten Züge und dabei ein so lebendiges Erfassen des ganzen thierischen Habitus, wie es sich nur bei, densenigen sindet, welchen die Natur ihre geheimsten Eigenheiten enthüllt. Originell erfunden ist ein lleiner von Düret komponirter Leuchter, in Gestalt eines mit beiden Armen auf den Rücken gestemmt liegenden Teufels, so daß der Oberkörper mit den ausgespannten Flügeln den Leuchterfuß, der geringelte Schweif die Handhabe abgiebt und der gehörnte Kopf den Leuchterknecht trägt; nur finde ich daran auszusetzen, daß die Gesichtszüge des böfen Feindes, der hier den Dienst eines Lichtträgers thun muß, im Ausdrucke mehr faunischen als dämonischen Charakter haben. Mit besonderem Lobe ist noch eines Blumenstraußes zu gedenken, der von Prevost hautrelief⸗ artig auf einem Medaillon in Bronze ausgeführt und mit unsäglicher Em⸗ sigkeit und Feinheit bis zu den geringsten Einzelnheiten durchgebildet ist. Endlich sind noch die Bronze⸗Kopieen einer im Louvre aufbewahrten silber⸗ nen Schale zu erwähnen, welche in der Eleganz der Form, in der ver⸗ schwenderischen Fülle und dem feinen Geschmack der Arabesken und Ver⸗ zierungen ganz den Charakter der Kunstweise des Benvenuto Cellini zeigt und daher vielleicht mit Recht diesem Meister zugeschrieben wird. Von die⸗ ser Schale, die hier unzählige Male nachgegossen worden, sicht man bei Quesnel sehr reine, sorgfältige Abgüsse, die im Preise von 80 bis auf 25 Franken heruntergegangen sind. Nur ist zu bedauern, daß die Ornamente theilweise gelitten und ihre ursprüngliche Schärfe in der Arbeit verloren ha⸗
ben, was übrigens nicht blos bei den Bronze⸗Abgüssen, sondern auch bei dem Originale der Fall, welches stellenweise dieselbe Stumpfheit der Ver zierungen zeigt. Die Preise, welche für die kleinen Bronzesachen gefordert werden, sind im Ganzen, wenn auch gerade nicht billig, doch nicht über⸗ mäßig. Von den oben genannten Bronzestücken sollen die zwei Thiergrup⸗ pen 200, die beiden Saltarellatänzer 280, die Amphitrite 350, die weibliche Statnette von Cumberworth 120, die Ziege 80, das Reh 50, der Leuchter 45 Franten kosten.
Wenn die Franzosen uns im feinen Erzguß überlegen sind, so müssen sie uns dagegen im feinen Eisenguß den Vorrang einräumen. Unter den hier ausgestellten Eisengußwerken findet sich nichts, was in Hinsicht auf Rein⸗ heit und Vollendung mit unseren Eisenguß⸗Arbeiten in gleichen Nang zu stellen wäre. Am bedeutendsten ist der Abstand in dem suprafeinen, auf kleine Geschmacks⸗ und Lurussachen angewandten Eisenguß, der hier sehr schwach betrieben wird. Aber auch in Arbeiten größerer Dimension behaup⸗ tet unsere Königl. Eisengießerei unbestritten den Vorzug, wenn auch neuer⸗ dings mehrere französische Eisengießereien, besonders die von André zu Vald ⸗Osne, im oberen Marne⸗Departement, eifrig und nicht ganz erfolglos bemüht sind, wenigstens in dieser Beziehung, der berliner Muster Anstalt gleichzukommen. ,
Seit einiger Zeit hat man hier auch angefangen, Zierrathe aller Art und sogar Kunstgegenstände höherer Gattung in Zink zu gießen und diesen Bildwerken, je nach Umständen, ein Bronze⸗ oder Silber⸗Ansehen zu geben. Doch ist dieser Zweig des Kunstfleißes, der bei uns bereits einen ansehn⸗ lichen Grad der Ausbildung erreicht hat, hier noch im ersten Stadium der Entwickelung. Unter den Zinkgußwerken der Ausstellung ist mir nichts be⸗ sonders Erwähnenswerthes aufgefallen, als ein Paar bronzirte Reliefs, Thiere in einer Landschaft darstellend, von Debraux, die im Guß recht rein und gelungen, und nur in der Nähe, wo das gröbere Korn der Masse durchscheint, von seinen Bronze Reliefs zu unterscheiden sind.
Musik⸗Aufführung in der Marien⸗Kirche.
Berlin. Herr Organist Hesse, vor ein paar Tagen von Paris, wo er eine neue Orgel in der Kirche St. Eustache einweihen half, hier ein⸗ getroffen, erfreute am 19ten in den Vormittags Stunden eine große Anzahl
hiesiger Musikkenner durch sein meisterhaftes Spiel auf der schönen Orgel
unserer Marien⸗Kirche. Herr Hesse hat sein gigantisches Instrument voll⸗ fommen in der Gewalt und behandelt es vorzugsweise in der unserer Zeit
Adelaide gewidmet ist. Unter der Kuppel, vor der Absis, erheben sich zwei Altäre, dem heiligen Ludwig und dem heiligen Philipp geweiht, und vor diesen zwei für die Andächtigen bestimmte Tribünen. Die Kapelle hängt durch eine Treppe mit der die Absis umgebenden Krypta zusammen, in de⸗ ren Hintergrund sich eine Marien⸗Kapelle befindet. Die Grabstätten für die Königliche Familie erstrecken sich von dem Marien⸗Altar zu beiden Seiten der Krypta hin; es sind ihrer 52, wovon 9 bereits fertig, und von diesen haben wieder 7 schon die irdischen Ueberreste aufge⸗ nommen, für welche sie bestimmt waren. Der König hat sich und jedem Mitgliede seiner Familie selbst seinen Platz angewiesen. Die Gräber des Königs und der Königin werden die Mitte der Marien⸗ Kapelle einnehmen; rechts und links von dem des Königs kommen die der Prinzessin Adelaide und der Herzogin von Orleans. Das Grab des Herzogs von Orleans ist rechts vom Altare, daneben das der Herzogin von Württemberg, Prinzessin Marie. Links ist vornan das Grabmal der Mutter des Königs, und dem Grabe der Prinzessin Marie gegenüber das der Herzogin von Bourbon, Tante des Königs. Zur Seite ruht die Hülle des Prin⸗ zen von Conti, die kürzlich von Spanien abgeholt wurde. Auf der entgegengesetzten Seite der Krypta und an die Absis sich lehnend, sind die Gräber zweier frühzeitig gestorbenen Kinder des Königs. Eine Urne enthält das Herz des Regenten, eine andere die Asche der Familie Conti, eine dritte das Herz des Herzogs von Penthibvre. Zu der vorgestrigen Feier war die Kapelle ganz mit schwarzen Stoffen behangen, auf denen sich Sterne, griechische Kreuze und die Chiffren und Wappen der Königlichen Familie befanden. Bündel dreifarbiger Fahnen füllten die Säulenweiten aus. In der Mitte des Schiffs erhob sich auf einer von silbernen Karyatiden getragenen Estrade der Katafalk unter einem Baldachin von Sammet und Hermelin mit der Namenschiffre des Prinzen und der Krone darüber. Die Königliche Familie ist vorgestern Abends von Dreux wieder in Neuilly ein⸗ getroffen.
Der junge Sohn des Herzogs von Nemours hat gestern vom Erzbischof von Paris die heilige Taufe empfangen und die Namen Ferdinand Philipp Maria von Orleaus, Herzog von Alengon, erhal ten. Tauspathen waren der König von Portugal, vertreten durch seinen Botschafter, und die Herzogin von Sachsen⸗Koburg⸗Kohary, Mutter der Herzogin von Nemours, vertreten durch die Prinzessin von Joinville.
Der Thierssche Kommissions⸗Bericht über das Unterrichts⸗Gesetz ist in Inhalt und Form aufs übersichtlichste geordnet. Nach einer allgemeinen Einleitung über die Bedeutung der Frage und über die Theile, in welche der Unterricht zerfällt, handelt er zuerst von den Vorschriften der Charte, dann vom Unterrichtswesen in Frankreich vor und nach 1789, von der Errichtung der Universität, vom gegen⸗ wärtigen Zustande des Unterrichts und zuletzt von den zu lösenden Fragen, deren fünf aufgestellt und beantwortet werden: 1) Welchen Bedingungen sind die Individuen zu unterwerfen, die eine Unterrichts⸗ Anstalt errichten wollen? 2) Unter welche Aufsicht und Gerichtsbar⸗ keit sind die Privat⸗Unterrichts⸗Anstalten zu stellen? 3) Von der Universität; von ihrer jetzigen Verfassung mit Hinsicht auf den Se⸗ kundär⸗Unterricht; von der Verpflichtung, ihren Vorlesungen beizu⸗ wohnen; von den Studien⸗Zeugnissen. 4) Vom Stoff und Umfang des Sekundär⸗Unterrichts. (S. die Beilage unseres heutigen Blattes.) 5) Von dem Bestehen und der Verfassung der kleinen Seminarien. Das Resultat der Beantwortung aller dieser Fragen ist folgendes: Vollständige Erfüllung des im 69sten Artikel der Charte gegebenen Versprechens. Abschaffung der vorherigen direkten oder indirekten Autorisation zur Errichtung von Sekundär⸗ Schulen. Wer gewisse näher bezeichnete akademische Grade besitzt und drei Jahr in einer ordentlichen Sekundär⸗Schule zugebracht hat, das heißt, wer seine Kenntnisse und seinen Beruf für diese Stufe des Lehrfachs nachgewie⸗ en, soll aus eigenem Recht als Lehrer gelten und eine Anstalt für den Sekundär⸗Unterricht eröffnen dürfen; um Pensions⸗Vorsteher zu sein, muß er die Grade eines Bakkalaureus es-sciences und es —lettres, um Schulvorsteher zu sein, den Grad eines Li⸗ centiat ?s — lettres und eines Balkalaureus Ls -sciences be⸗ sitzen; kein besonderes Examen beim Eintritt in diese Laufbahn soll der Ausübung jenes Rechts vorhergehen, wenn die betreffenden Individuen nicht selbst eine solche Prüfung wünschen; die neuen An⸗ stalten sollen in den Bereich der Universität gehören, sie sollen zu ihrer Vergrößerung und, wenn sie in Trägheit und Routine zu ver⸗ fallen Gefahr liefe, zu ihrer Erweckung und Anspornung dienen, ihrer⸗ seits aber beständig überwacht, in den gebührenden Schranken gehal⸗ ten und unaufhörlich zur National⸗Einheit zurückgeführt werden. Die Universität soll vergrößert, nicht geschwächt werden, damit sie desto fähiger sei, den Wettkampf zu bestehen. Umfang und Stoff des Sekundär⸗Unter⸗ richts sollen, wie sie jetzt sind, erhalten bleiben, unbeschadet der aus Erfahrung und Zeit allmälig erwachsenden, nicht aus politischer Grille vorzunehmenden Veränderungen. Die alten Sprachen nebst Geschichte, Mathematik, Physik, Religion und Philosophie sollen auch ferner die Grundlage des literarischen und moralischen Unterrichts bilden. Die
philosophischen Studien sollen keiner Beschränkung oder Vorschrift unterworfen werden, mit Vorbehalt der Universitäts⸗Aufsicht im In⸗ teresse der von allen Völkern angenommenen moralischen Grundlehren. Die Abfassung der Balkalaureats Programme wird dem Königlichen Universitäts⸗Conseil unter Genehmigung des verantwortlichen Unter⸗ richts⸗Ministers vorbehalten. Die Rüge disziplinarischer Vergehen von Schulvorstehern und Lehrern und ihre Suspension im Amte soll von dem akademischen Conseil, nicht von den Gerichten, ausgehen, mit Appellation an das Königliche Unterrichts⸗Conseil im Fall einer bloßen Rüge und an den Staatsrath im Fall der Suspension. End⸗ lich sollen die kleinen Sewinarien in dem Ausnahmezustand und in den Schranken verbleiben, die ihnen durch die Verordnungen von 1828 zugewiesen wurden. „Vielleicht“, sagt die Presse, die übrigens dem Bericht, so wie das Journal des Débats, den vollsten Beifall zollt, „vielleicht wäre es zu wünschen gewesen, daß die Kommission, statt, indem sie ihnen den Charakter eines Gesetzes verleiht, die Ver⸗ ordnungen von 1828 zu sanctioniren, welche die kleinen (geistlichen) Seminarien in eine ganz besondere Lage, in einen privilegirten und erceptionellen Zustand versetzen, nach Mitteln gesucht hätte, diese An⸗ stalten wieder in das gemeine Recht eintreten zu lassen. Nur so durfte man hoffen, die engherzigen und unglückseligen Vorurtheile, welche sich nur zu oft aus dem Schoß des Klerus gegen die moderne Gesellschaft erheben, allmälig zu vernichten oder wenigstens zu mildern. Wir wollen indeß unsererseits gegen den gefaßten Beschluß nicht protesti ren, noch auch gegen den wohlwollenden Vorschlag, den die Kommis⸗ sion durch achtungswürdige Interessen geboten glaubte, nämlich den kleinen Seminarien eine ihnen im Jahre 1830 entzogene Dotation von 1,200,000 Fr. zu Freistellen, wenn diese Bewilligung sich als ge⸗ rechtfertigt zeige, wieder zurückzugeben. Die Schwierigkeit ist unter den jetzigen Umständen sehr groß, und um sie zu besiegen, hätte es allerdings eines kühneren Gedankens und stärkeren Willens bedurft, als sie in den Repräsentativ⸗Versammlungen unserer Tage sich zeigen.“ Die Absichten der Kommission hat Herr Thiers am Schluß seines Berichts in folgender Weise zusammengefaßt: „Wir wollen unseren Zweck nicht verhehlen; wir wollen Schutz für die Religion und ihre Diener; wir wünschen, wie jeder Aufgeklärte es wünschen muß, den Sieg der Religion über die Gemüther; aber wir wollen dem Klerus nicht den öffentlichen Unterricht preisgeben. Mögen die Geistlichen als Individuen daran Theil nehmen, nichts besser als dies: das ge⸗ genwärtige Gesetz soll ihnen diese Freiheit sichern; aber als Corpo⸗ ration können wir sie nicht zulassen. Wir wollen, daß die Lehrer der Jugend unseres Gleichen seien, durchdrungen, so wie wir, vom Geiste der Revolution, fähig, Bürger voll Hingebung fürs Vaterland, voll Anhänglichkeit an die Institutionen ihres Landes, zu bilden. Die Kirche ist eine hohe, eine erhabene Gewalt; man kann ihr aber nicht gestatten, das gute Recht für sich allein zu haben. Sie hat zum Heil der Welt über die Verfolgungen triumphirt, denen sie ausgesetzt war; über die ehrerbietige, aber unbeugsame Vernunft wird sie nicht triumphiren.“
Herr Vatout beschuldigte in der letzten Sitzung der Deputirten Kammer Herrn Grandin, er habe im Jahre 1840, obgleich er De putirter gewesen, Lieferungen für das Kriegs⸗Ministerium übernom⸗ men, und es stehe ihm daher übel an, jetzt als Vertheidiger des Cremieurschen Amendements wegen Ausschließung aller Mitglieder der Legislatur von Eisenbahn Unternehmungen aufzutreten. Diese Anklage gegen einen auf der Tribüne befindlichen Deputirten brachte einen völligen Sturm in der Kammer hervor. Die Opposition drang mit den heftigsten Exclamationen auf Herrn Vatout ein, bis es endlich dem Angegriffenen gelang, sich zu erklären. Er erzählte, daß er zur Zeit der Krisis von 1840 zu Herrn Thiers berufen worden sei, der ihn über die Mittel zu befra⸗ gen gewünscht, wie die außerordentlichen Lieferungen, welche die da⸗ maligen Umstände erheischten, am besten zu erlangen seien; er aber habe jede Theilnahme daran entschieden abgelehnt; Herr Thiers und selbst der Herzog von Orleans hätten an seinen Patriotismus appel⸗ lirt, aber er habe ihnen geantwortet, daß er, wenn er auf diese Vor⸗ schläge einginge, sich genöthigt erachten würde, auf sein Deputirten⸗ Mandat zu verzichten. Diese Erklärungen wurden nicht nur von Herrn Thiers, sondern auch von Herrn Lanyer, der über die Sup⸗ plementar⸗Kredite des Jahres 1810 Bericht erstattet hatte, bestätigt.
Der heutige Moniteur publizirt die Vergleichung des Ertrags der indirekten Steuern im ersten Semester von 1844 mit dem des⸗ selben Semesters in den Jahren 1842 und 1843. Es ergiebt sich für 1844 eine Zunahme von 7,752,000 Fr. gegen 1843 und von 14,677,000 Fr. gegen 1842.
22 Paris, 15. Juli. In der heutigen Sitzung der Pairs Kammer wurden die Supplementar⸗Kredite für 1843 und 1844 diskutirt. Vicomte Dubouchage erhob sich bei dem Kapitel Gefäng⸗ nisse gegen willkürliche Maßregeln, denen ehrenwerthe Männer wegen einer angeblichen Legitimisten Conspiration preisgegeben worden, an die Niemand gedacht habe. Er führt unter anderen Herrn Charbon⸗
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nier de la Guesnerie an, der 60 Jahr alt, an einem heftigen Rheu⸗ matismus leide, dessenungeachtet aber in ein feuchtes, ungesundes Gefängniß geworfen worden sci. Der Minister der öffentlichen Arbeiten: Nicht als Präventiv⸗Maßregel, sondern auf gerichtliches Mandat seien die Verhaftungen vorgenommen worden. Die übrigen Um⸗ stände seien durchaus unrichtig, die Zwecke der Gerechtigkeit würden mit Humanität vereinigt. Vicomte Dubouchage: Es habe keine vorgängige Versetzung in Anklagestand stattgefunden, also seien es Präventiv⸗Ver⸗ haftungen. Im Uebrigen bleibe er bei seinen Behauptungen. Herr Gabriel Delessert (Polizei⸗Präfekt) wiederholt und bekräftigt die Aussagen des Ministers, die Verhafteten seien durch die Gendarmerie abgeführt worden, da es kein anderes Verfahren der Art gebe. Im Uebrigen habe man sie mit allen Rücksichten behandelt. Marquis von Boissy macht einige Bemerkungen über die Art, wie die Haus⸗ suchungen bei den Herren von Escars und von Montmorency gesche⸗ hen seien, wobei die damit Beauftragten sich unhöflich benommen ha⸗ ben sollen. Herr Gabriel Delessert stellt dies in Abrede. Die sämmtlichen Artikel des Gesetzes wurden dann votirt, aber über das Ganze konnte nicht abgestimmt werden, da nicht genug Mitglieder anwesend waren.
In der Deputirten⸗Kammer legte der Minister der öffent⸗ lichen Arbeiten als Art. 3 des Gesetzes über die Eisenbahn von Or⸗ leans nach Bordeaux ein Amendement vor, wonach er provisorisch zum Betrieb der Strecke von Orleans nach Tours ermächtigt und dazu ein Kredit von 14,150,000 Fr. bewilligt werden soll. Dann wurde die Debatte über den von der Pairs⸗Kammer bekanntlich verworfenen Art. 7 (Amendement Cremieux) fortgesetzt. Unter Anderen nahm auch Herr Cremieur selbst das Wort, um sich gegen die in der Pairs⸗Kammer von mehreren Rednern seinem Amendement gemachten Vorwürfe zu vertheidigen. Er sucht demselben den Charakter der Ehrlichkeit und Redlichkeit zu vindiziren, und spricht von Schmähun⸗ gen, die man gegen ihn sich erlaubt, auf die er zu antworten sich 8 enthalte. Der Redner weist auf die Verhandlungen des englischen Parlaments in ähnlichen Fällen hin und räth den Ministern, das Bei⸗ spiel ihrer englischen Kollegen zu befolgen.
Schweden und Uorwegen
Stockholm, 12. Juli. Gestern Mittag wurde die Königliche Bekanntmachung zur Eröffnung des Reichstags mit den üblichen Ce remonien auf allen Plätzen öffentlich verlesen. Der ehemalige Justiz⸗ Minister, Graf Arvid Arvedson Posse, ist vom Könige zum Land⸗ Marschall, der Erzbischof Graf Wingaard zum Sprecher des Stan⸗ des der Geistlichkeit und der Bischof Hedrén zum Vice⸗Sprecher dessel ben Standes ernannt worden. Heut übergeben die Stände der Geist⸗ lichkeit, der Bürger und der Bauern ihre Vollmachten dem Justiz Minister, der sie unter Mitwirkung der Bevollmächtigten dieser Stände innerhalb vier Tagen zu prüfen hat.
Die erste Versammlung der Reichsstände in plenis wird am 16. stattfinden, das plenum plenorum im Reichssaal aber wohl erst am 20. gehalten werden können, da ein Tag zur Aufwartung bei dem Könige und der Königl. Familie, so wie zur Begrüßung der Stände unter sich erfordert wird. 8
Die Einwohner der Insel St. Barthelemy haben dem Könige eine Adresse übersandt, worin sie ihr Beileid über das Ableben des Königs Karl Johann und ihren Glückwunsch zu der Thronbesteigung des jetzigen Königs aussprechen.
Es regnet hier in der letzten Zeit unaufhörlich und aus den Provinzen wird dasselbe gemeldet. .“ v .“
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Modena, 0. Juli. Se. Königl. Hoheit der Herzog ist so weit wieder hergestellt, daß keine Bülletins mehr ausgegeben werden und Höchstderselbe bereits eine Ausfahrt im offenen Wagen machen konnte.
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Paris, 15. Juli. Telegraphische Depesche aus Spanien.
Bayonne, 13. Juli. Die Cortes sind durch ein am 10ten in der Gaceta erschienenes Dekret vom 4. Juli aufgelöst und die Wahl⸗Kollegien zum 3. September einberufen; das allgemeine Skrutinium soll am 14. September stattfinden. Die neuen Cortes versammeln sich am 10. Oktober.
Ein zweites Dekret vom 4. Juli stellt in den baskischen Provinzen die Deputationen und Ayuntamientos nach den Fueros wieder her; die General⸗Juntas sollen sich unver⸗ züglich versammeln und Kommissarien ernennen, um sich mit der Re⸗ gierung über die Fueros⸗Frage, welche den nächsten Cortes vorgelegt werden wird, zu berathen. In den Douanen, der Justiz⸗ und Po⸗ lizei-Verwaltung ist nichts abgeändert worden.
Ein drittes Dekret befiehlt die Uebertragung der sterblichen Ueber⸗
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reste Montes de Oca's von Vitoria nach Madrid.
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cigenthümlichen, effekterzielenden, bravourartigen Weise, die sich besonders durch vollgriffiges, massenhaftes Wesen auszeichnet. In zwei eigenen Com positionen entfaltete er eine so enorme Kraft, Ausdauer und Sicherheit, auf Manual und Pedal, daß wir nur gewünscht hätten, diese vortrefflichen Ei⸗ genschaften auch beim Vortragen irgend einer gediegenen, echten Or⸗ gel⸗Composition, vielleicht Seb⸗ Bach's, an ihm bewundern zu können. — Außerdem ließen sich einige unserer hiesigen bedeutendsten Orgelspieler mit verschiedenen Musikstücken hören und legten dadurch Zeugniß ab, daß auch bei uns das Orgelspiel seine würdigen Vertreter hat. Herr Musik⸗Direktor A. W. Bach, welcher die ganze auch durch ein⸗ und mehrstimmige Gesangsstücke ausge⸗ stattete Musik Aufführung veranstaltet hatte, st ielte mit anerkannter Meister⸗ schaft eine Introduction und Fuge von sich. Herr Haupt repräsentirte die alt -echte, sogenannte klassische Orgel⸗Schule durch eine Seb. Bachsche Tripel⸗Fuge, die er mit gebundener Klarheit und so deutlich, als es die nicht gefüllte Kirche zuließ, ausführte. Herr Thiele endlich gab sich in eigenen Variationen als ein Anhänger der oben bezeichneten modernen, so genannten rom antischen Schule zu erkennen, ohne deshalb die Gedie⸗ genheit und Gründlichkeit der älteren gänzlich zu verleugnen, indem er durch sein Spiel auss neue unser schon früher über ihn ausgesprochenes Urtheil bestätigte, das ihn, was Elastizität im Anschlage, Präzision und Korrektheit in Behandlung des Manuals, so wie Fertigkeit im Pedal, betrifft, an die Spitze unserer Orgelspieler (und jetzt auch, wenn nicht gar über den frem⸗ den Organisten, doch wenigstens zur Seite) stellt.
Vermischtes. Altona, 17. Juli. Der von Herrn Mauvais in Paris am 7ten d. M. im Sternbilde des Herkules entdeckte, nur durch Fernröhre sichtbare Komet hat wegen des für diese Jahreszeit ungewöhnlich schlechten Wetters nur wenig noch (in Altona nur dreimal) beobachtet werden können. Er erscheint im Fernrohr wie ein blasser, runder Lichtnebel ohne Schweif. Herr Obser vator Petersen hat aus den wenigen Beobachtungen, die ihm zu Gebote standen, eine vorläufige Bahn berechnet, nach der er sich der Sonne und der Erde nähert, also heller werden muß und noch mehrere Monate sichtbar bleibt. Erst nach etwa drei Monaten erreicht er den Punkt seiner Bahn, in dem er der Sonne am nachsten ist. Seine Bahn läßt sich übrigens noch nicht so genau bestimmen, daß man jetzt schon entscheiden könnte, ob es ein neuer oder ein schon früher gesehener Komet sei. Einige, aber nur entfernte Aehnlichkeit hat sie mit den Bahnen zweier Kometen, von denen
der eine 1780, der andere 1796 sichtbar war, diese Aehnlichkeit kann aber leicht, wenn die Bahn des jetzigen Kometen durch fortgesetzte Beobachtungen besser bestimmt wird, verschwinden.
London. In der diesjährigen Saison sind es unter den Konzertge⸗ bern wiederum die deutschen Kuͤnstler, welche Triumphe feiern. Döhler hat die Polka hier eingeführt, er entzückte vorzüglich durch seine Polka Brillante und die Phantasie über Themas aus der Favorita von Donizetti. Ernst machte durch sein Andante spianato, den Carneval, die Elegie, das Fecuillet d'Album und die Ludovic⸗Phantasie die früheren Violinisten vergessen. Mendelssohn, Moscheles und Dhalberg behaupteten ihre unbestritten ruhmvolle Stellung; es gelang Herrn Benediet, alle obigen und noch viele italienischen Künstler zu einem Konzert zu vereinigen, durch dessen Länge, indem achtundzwanzig Musikstücke aufgeführt wurden, die Engländer doch nicht zu ermüden waren. Lindpaintner hat sich als Instrumentalist Bahn gebrochen, seine kriegerische Jubel⸗Ouvertüre fand die ehrenvollste An⸗ erkennung. Döhler ist abgereist und denkt Miite August in Berlin zu sein.
Köln. Der hiesige Kunst⸗Verein hat zu Anfang Juli mit seinen Ausstellungen begonnen, und die Räume des Gürzenichs sind mit den Wer ken vieler trefflichen Künstler ausgeschmückt. Das Verzeichniß schließt mit der Nummer 283. Wenn auch natürlich den Haupttheil diesen Gegenstände die Gemälde bilden, so sind doch auch treffliche Handzeichnungen, Skulptur⸗ Arbeiten in Gops, Marmor, Bronze und Holz, so wie Kupferstiche, Litho graphieen und Glasgemälde vorhanden; letztere aus der enkaustischen Glas brennerei von Ch. Geerling in Köln. Die meisten Bilder gehören ausländischen Künstlern an, so z. B. bemerken wir deren 58 von belgischen, 63 von hol ländischen und 30 von französischen Malern, während von deutschen Künst⸗ lern nur 58 vorkommen. Berlin wird nur durch den Professor C. Kolbe ver treten; dagegen hat München 13 und Düsseldorf 14 Bilder eingesandt. Angekauft sind von dem Verein bis jetzt: eine Markt⸗Ansicht bei Kerzen⸗ und Mondlicht, auf Holz gemalt von P. van Schendel im Haag, und sechs Kupferstiche. Diese Gegenstände kommen dieses Jahr zur Verloosung; Actien⸗Zeichnungen à 5 Rthlr. finden jedoch noch bis Ende August statt.
Posen. Der Violin⸗Virtuose Bazzini und der Pianist Mortier de Fo ntaine haben uns verlassen; Ersterer gab hier fünf Konzerte bei gedrängt vollem Hause; den meisten Beifall erlangte er durch seine Phan tasieen über Themas aus Lucrezia, Oberon, Tochter des Regiments und Puritaner (Op. 17), so wie durch die Transscription der Casta diva von Bellini. Die schöne klangvolle Alistimme der Madame Mortier de Fon⸗ taine entzückte unsere Dilettanten, zumal beim Vortrag der Arie aus Mitrane von Rossi (aus dem Jahre 1686), der Alt⸗Arie aus dem Miserere
von Bertoni und einiger Romanzen aus den Soirées de Paris von Loisa Püget (Appelle-moi ta mère); Herr Mortier zeigte sich als gediegener Pianist: das vierte Sr. Majestät dem Könige von Preußen gewidmete Konzert von Händel, eine Improvisation über polnische Volkslieder, Lißt's ungarischer Sturm⸗Marsch und Don Juan⸗Phantasie, Beethoven’'s Egmont⸗Ouvertüre nach Kullak’'s Bearbeitung erwarben ihm in Kon⸗ zerten und Soiréen gerechte Anerlennung.
Christiania, 13. Juli. Die vierte Versammlung der skandinavischen Naturforscher wurde hier gestern Abend eröffnet. Die Zahl der hier an⸗ wesenden Gelehrten beträgt 147, worunter 23 aus Schweden, 83 aus Nor⸗ wegen, 37 aus Dänemark und 4 aus anderen Ländern. Der Professor Hansteen eröffnete die Verhandlungen mit einer Rede über die Ursachen des niedrigen Standpunktes der Natur Wissenschaften in Norwegen im Verhälmiß zu den beiden Bruder⸗Ländern. Der Konferenz⸗Rath Oerstedt aus Kopenhagen hielt sodann einen Vortrag über die Natur⸗Auffassung in der Denk⸗ und Einbildungskraft und Professor Retzius sprach über die Schädelbildung bei verschiedenen Volksstämmen.
Mendelssohn⸗Bartholdv befand sich Mitte Juli in dem Bade⸗ orte Soden.
Professor von Schwanthaler, dessen Gesundheit noch immer sehr schwankend, ist am 12. Juli von Muͤnchen nach Italien gereist, um bei Padug das Schlammbad zu gebrauchen.
Berlin. Herr C. G. Nehrlich, Gesang⸗Lehrer und Direktor des hiesigen neuen Gesang Konservatoriums (Louisenstraße Nr. 13 a.), hat durch die Gründung dieses Instituts, wit durch sein kürzlich erschienenes größeres Werk, „Gesangschule für gebildete Stände“, das auch in diesen Blättern eine anerkennende Beurtheilung erfahren (vergl. Allg. Preuß. Zeitung Nr. 170), die Anfmerksamkeit unserer Künstlerwelt auf sich gezogen. In Anerkennung der rühmlichen Bestrebungen auf dem Gebiete seiner Kunst ist Herrn Nehrlich von Sr. Majestät dem Könige, Allerhöchstwelcher die Dedi⸗ cation des obigen Werkes huldreichst angenommen hat, die goldene Huldi⸗ gungs⸗Medaille verliehen worden.
Herr Joseph Reis, Okulist und Optikus aus Nymwegen, hat von Sr. Masestät dem Könige von Preußen, in Anerkennung seiner Geschick⸗ lichkeit und als Zeichen der Allerhöchsten Zufriedenheit mit dessen Leistun⸗ gen in seinem Fache, die goldene Adler⸗Medaille, so wie die Erlaubniß erhalten, seinem Namen die Worte: „Brévété par Sa Majesté le Roi de Prussen“ beizufügen. 8