1844 / 227 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

1 jedenfalls, daß —— erfreulich vbanigtest bies vfecg ellen Lebens auf bereitwillige und

der Eigenthu⸗ gesteuert haben, und daß folglich diese Aus⸗ würdige dem giebt, was deutscher Fleiß 9 er Kraft bereits zu 2— vermag, und was er in fort⸗ schreitender Entwickelung für die Zukunft noch erwarten läßt. Und nn dieser Beziehung glauben wir, diese Gewerbe⸗Ausstellung, deren 8 Eröffnung wir mit stolzer Freude begrüßen, in ihrer Erscheinung und ihren Folgen als ein bedeutungsvolles Ereigniß der Zeit bezeichnen 8 zu können, welches die allgemeinste Theilnahme im höchsten Grade n Anspruch nehmen darf und, wie wir nicht zweifeln, auch überall

finden wird.

8 Provinz Westphalen. Der Westphälische Merkur berichtet „aus sicherer Quelle“, daß Sr. Excellenz dem Herrn Mini⸗ ster Eichhorn eine von der Mehrzahl der westphälischen Wundärzte erster Klasse unterzeichnete Bittschrift eingereicht worden, worin um Abschaffung der Benennung „Wundarzt erster Klasse“ und Verleihung eines Namens gebeten wird, welcher die Qualification und Befugnisse dieser Klasse von Aerzten möglichst genau bezeichnet. Die eigentliche Veranlassung hierzu soll, wie das angeführte Blatt sagt, durch viel⸗ fache, von Doktoren gemachte Versuche gegeben sein, den Namen „Wundarzt“ zu einer Mißdeutung der wirklichen Befugnisse der nicht⸗ promovirten Medico⸗Chirurgen beim Publikum zu benutzen.

Rhein⸗Provinz. Der Kölnischen Zeitung berichtet man aus Ruhrort vom 9. August: Während der Anwesenheit Sr. Kö⸗ niglichen Hoheit des Prinzen Adalbert in Wesel erging an denselben von Ruhrort aus eine Einladung zur Besichtigung unserer ausgedehn⸗ ten Hafen⸗ und industriellen Anlagen, die auf das freundlichste ange⸗ nommen wurde. Heute erfreute uns der Prinz mit seiner Anwesen⸗ heit, besah zunächst die Pläne der Stadt und ihrer Umgebungen, durchfuhr dann in einer Schaluppe, gefolgt von einer Menge von Fahrzeugen, die festlich geschmückten Hafen⸗Anlagen und stieg bei der Hafenschleuse und dem Hafenkopfe aus. Als Se. Königl. Hoheit sich bei dem Dampfboot⸗Werfte der Herren

acobi, Haniels und Huyssen befand, wurde ein eben vollende⸗ es eisernes Schleppboot vom Stapel gelassen. Nachher fuhr der Prinz in einem Dampfschiffe durch die Ruhrmündung, in welcher lange Reihen geschmückter Fahrzeuge vor Anker lagen. Bei dem festlichen, zu Ehren des Prinzen veranstalteten Mittagsmahle, welches der hohe Gast mit seiner Gegenwart beehrte, fehlte es nicht an passenden Trinksprüchen, und auch des Ereignisses vom 26. Juli wurde i passender und loyaler Weise erwähnt. Se. Königl. Hoheit äußerte sich in anerkennender freundlicher Weise über das, was er gesehen. Es kann nur wohlthätige Folgen haben, wenn ein Mitglied unserer Königsfamilie aus eigener Anschauung sich überzengt, wie rüstig vorwärts strebend die deutsche Betriebsamkeit und wie dieselbe jeder Förderung von hoher Stelle durchaus würdig ist. Der Elberfelder Zeitung wird aus Koblenz geschrieben: „Der Bischof Arnoldi hat gegen die hier bestehende sogenannte fromme Gesellschaft ein Benehmen an den Tag gelegt, welches Ferangcg Zeugniß von dessen richtiger gemäßigten Denkweise giebt, diesen Leu⸗ ten aber vielen Verdruß verursacht haben soll, indem er jede Gele⸗ genheit vermied, mit denselben in nähere Beziehung zu kommen und auch unter Anderem bei einem von jenen gerade ihm zu Ehren ver⸗ anstalteten Mahle nicht erschien. Dieses Ausbleiben des hohen Prä⸗

laten gesiel der erwähnten Gesellschaft so wenig, daß man wohl einen Toast für das Oberhaupt der Kirche, nämlich den Papst, aber keines⸗ def; einen für unseren Bischof ausbrachte, dem voch anfänglich das

Fest allein gelten sollte.“ * Schwetz a. d. W., 5. Aug. Der Sturm und die Regengüsse Fes. neuem sich erhoben, doch sinkt der Strom fort⸗ dauernd, wenn auch nur langsam. Wasserstand 14 Fuß 4 Zoll. Die Straßen sind groͤßtenth eils frei, aber der zurückgebliebene Schlamm bedeckt in den niedrigen Stadttheilen fußhoch das Straßenpflaster. Die mephitischen Dünste werden so manche Krankheit erzeugen. Im Uebrigen herrscht natürlich große Niedergeschlagenheit. Am 6. August. Kein Lüftchen bewegt sich heute, und die Wasserfläche, vor kurzem noch Tod und Verderben drohend, liegt, bis auf 13 Fuß 6 Zoll gesunken, wie ein klarer Spiegel vor uns, wäh⸗ rend die glühenden Strahlen der Sonne ihren lange entbehrten Se⸗ gen uns spenden. Der Lebensmuth kehrt wieder. Tausend Hände regen sich, um den Fluthen so manches Opfer noch zu entreißen und zu retten, was etwa noch zu retten ist. Der Unterstützungs⸗Verein fährt fort, die Nothleidenden mit Lebensmitteln zu versorgen, doch werden die Kräfte desselben sehr bald erschöpft sein. Zur Bethäti⸗ gung der Nächstenliebe bietet sich hier jedem Menschenfreunde, nah und fern, die passendste Gelegenheit dar.

itsche Bundesstaaten.

Königreich Bayern. Der Nürnberger Korrespon⸗ dent vom 12. August giebt Details über den Fortgang der Ar⸗ beiten am Lndwigs⸗Kaual, um nachzuweisen, daß die großartige Schöpfung, welche den Main mit der Donanu verbindet, nach mensch⸗ licher Voraussicht im Laufe des Jahres 1845 vollendet und der Ka⸗ nal alsdann in seiner ganzen Länge von Bamberg bis Kelheim ohne Unterbrechung der Schifffahrt geöffnet sein wird.

Königreich Sachsen. Der Bürgermeister von Dresden hat am 13. August das nachfolgende von des Königs Majestät an ihn gerichtete Handschreiben veröffentlicht:

„Mein lieber Bürgermeister Hübler! Die freudigen Gefühle, die Mich bei der Rückkehr in Meine gute Stadt Dresden, nach langer Abwesenheit, beseelten, sind durch den herzlichen Empfang, welcher Mir daselbst zu Theil ward, noch um Vieles erhöht worden. Auf das innigste gerührt über diese Beweise treuer Liebe, die Meinem Herzen so wohl thaten, ersuche Ich Sie, Meinen innigsten Dank dafür zur Kenntniß Meiner guten Dresdner zu bringen, und verbleibe mit wahrer Hochachtung Ihr wohlgeneigter Friedrich Au gust. Pillnitz, 12. August 1844.“

Am Morgen des 12. August fand in Pillnitz eine feierliche Begrüßung Sr. Majestät von beinahe 300 Sängern und Mu⸗ sikern statt.

„Herzogthum Sachsen⸗Koburg⸗Gotha. In Ge⸗ mäßheit eines vom Herzog von Sachsen⸗Koburg⸗Gotha am 24. Juli erlassenen Reskripts ist der Titel des Ministeriums dahin abgeändert worden, daß nüsabe vom 1. August an die Bezeichnung: „Her⸗ weslich süchsisches Staats⸗Ministerium“ führen wird, wo⸗ . hinsichtlich der für diese Behörde nach dem Reskripte

see * 889, 1826 getroffenen organischen Bestimmungen auch ais hües Zewenden behält. Unter diesem neuen Titel macht zugleich

8 Behandlune mittelst Erlasses vom 1. August bekannt, daß es von ung aller mit der Staats⸗Verwaltung in keiner Bezie⸗

ung stehenden, vielmehr die Person 889 des Herzogs selb d Pög Angelegenheiten von diesem Tage 5 8285⸗

alle deutschen Länder nach

ö1

erzogthum Holstein. Se. Königl. Hohei Kror öübemark 8 8. 9ten Nachmittags von Altona in Kiel an und setzte augenblicklich mit dem Dampfschiffe „Aegir“ seine Reise nach Friedericia sort. 3 8 4 Das anhaltende Regenwetter, welches jedoch in den letzten Tagen etwas nachgelassen hat, fängt an die Aerndte⸗Aussichten sehr zu trüben. Hinsichtlich der Rappsaat, so weit diese nicht schon vor mehreren Wochen eingeärndtet war, ist der Nachtheil des Auswachsens bereits eingetreten, auch der Roggen beginnt theilweise sehr zu leiden; jedoch wird in dieser Gegend, wenn es jetzt trocken bleibt, der Schaden im Ganzen noch nicht bedeutend werden. ““ Oesterreichische Monarchie. % Aus Böhmen. Anfangs Aug. Nach einer Anordnung des Hof⸗Kriegsraths sollen auch in diesem Jahre die in Böhmen dis⸗ lozirten Infanterie⸗Regimenter und Extra⸗Corps zu Waffen⸗Uebungen auf 4 Wochen vereinigt werden. Bei der Kavallerie wird ebenfalls nach vorausgegangenen vierwöchentlichen Uebungen der einzelnen Ab⸗ theilungen eine Konzentrirung in ganzen Regimentern stattfinden. Den Uebungen beider Truppen⸗Gattungen werden die entsprechenden Artil⸗ lerie⸗Abtheilungen und Geschütze beigegeben. Die Konzentrirung in den drei größeren Lagern bei Prag, Therestenstadt und Budweis be⸗ innt am 25. August und soll am 28. August überall beendet sein. Das Lager bei Prag bilden 10 Bataillone Infanterie, 3 Gre⸗ nadier⸗ und 2 Jäger⸗Bataillons, 12 Escadrons Kürassiere, dann 4 Fuß⸗ und 4 Kavallerie⸗Batterieen, jede zu 6 Geschützen. Das Lager bei Therestenstadt wird 6 Bataillone Infanterie, 1 Feldjäger⸗Bataillon und 1 Fuß⸗Batterie, jenes bei Budweis die 4 Bataillone des Infan⸗ terie⸗Regiments Wocher und 1 Fuß⸗Batterie vereinigen. Außer die⸗ sen 3 größeren Lagern finden noch Truppen⸗Uebungen statt für die Infanterie zu Josephstadt, Eger, Pilsen, Neuhaus und Czaslau, dann für die Kavallerie zu Pardubitz, Saaz und Klattau. .

Prag, 9. Aug. Die Stände Böhmens unterhalten aus dem Domestikal⸗Fonds durch Selbstbesteuerung bekanntlich auch meh⸗ rere Lehr⸗Anstalten. Außer dem hiesigen, für Schüler aus allen Ständen bestimmten polytechnischen Institute werden aus diesem Fonds noch besondere Reit⸗, Tanz⸗ und Fechtlehrer besoldet zum Unterrichte für mittellose Söhne des böhmischen Herren⸗ und Ritterstandes. Auf dem im vorigen Monate stattgehabten Geschäfts⸗Landtage ist der Be⸗ schluß gefaßt worden, diesen Ünterrichts⸗Gegenständen noch eine von den Ständen zu unterhaltende Turn⸗Anstalt hinzuzufügen. Diese hat vor der Hand ebenfalls die Bestimmung blos zur Benutzung für Söhne der beiden erwähnten Stände, und es soll der Inhaber der hiesigen, von Kindern aller Klassen sehr zahlreich besuch⸗ ten gymnastischen Anstalt, Herr Stephani, zum ständischen Turnlehrer bestellt werden. Bei der anerkannten Wichtigkeit aber, die das Tur⸗ nen, als ein wesentlicher Theil der physischen Erziehung, gegenwärtig behauptet, und bei der Ausbreitung, die dasselbe neuerlich, wie in Preußen, so auch in anderen deutschen Bundesstaaten, erlangt hat, ist nicht zu zweifeln, daß jenes von den Ständen bei uns zu errich⸗ tende Turn⸗Institut isolirt bleiben werde, und vielmehr zu hoffen, daß der bald sich herausstellende große Nutzen desselben auf ange⸗ messene Art auch den Angehörigen des Bürgerstandes zu erlangen möglich gemacht werden wird. Die in einem meiner früheren Berichte erwähnten Vor⸗ schläge unserer Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde, zur Restau⸗ rirung des unter dem Namen Belvedere in der Nähe der hiesigen Kaiserburg befindlichen Ferdinandeischen Lustschlosses, haben, zur großen Freude aller gebildeten Stadtbewohner, die höchste Ge⸗ nehmigung erhalten. Nach einer in diesen Tagen an das hiesige Gu⸗ bernium gelangten Mittheilung des Obersthofmeister⸗Amtes hat der Kaiser das Anerbieten der erwähnten Gesellschaft, den großen Saal jenes Lustschlosses auf ihre Kosten mit Freskogemälden aus der Ge⸗ schichte Böhmens zu zieren, angenommen und die Vorlegung der zu diesen Gemälden zu wählenden historischen Gegenstände angeordnet. Für mehrere im Innern nothwendige Herstellungen auf einer der mo⸗ numentalen Würde und Bestimmung des Gebäudes, dann seiner Aus⸗ schmückung durch Malerei und plastische Decoration, entsprechende Weise sind die auf 15,419 Fl. C. M. veranschlagten Kosten auf den Etat des Kaiserlichen Hofstaates übernommen worden. Der von der genannten Gesellschaft für die Ausführung der Fresken aus⸗ gesetzte Betrag ist auf 30,000 Fl. C. M. normirt und theils schon vorhanden, theils auch bereits gesichert durch das Actien⸗ Erträgniß des mit jener Gesellschaft verbundenen Kunst „Vereins. Die Ausführung des Ganzen wurde unserem wackeren, um die Förderung des Kunstsinnes hochverdienten Akademie⸗Direktor Ruben übertragen, dessen eigene Schöpfungen sowohl als auch die Befähi⸗ gung zur Mithülfe, welche unter seiner treuen Leitung mehrere Zög⸗ linge der hiesigen Akademie bereits erlangten, eine glückliche Lösung des ganzen großartigen Unternehmens verbürgen. Durch die Her⸗ stellung sjenes Gebäudes nach seinem ursprünglichen Bestande in der äußeren Form und inneren Ausschmückung desselben zu einem nationa⸗ len Denkmale erhält dasselbe nicht nur eine seiner herrlichen Lage und schönen Bauart würdige Bestimmung, sondern es wird diese Restauration auch der Anfang, bei uns die Kunst in das öffentliche Leben wieder einzuführen und sie so ihrem höchsten und edelsten Zweck zuzuwenden, was nicht ohne vortheilhafte Rückwirkungen blei⸗ ben kann und wird. z vW“

1I Ffrankreich. Paris, 10. Aug. Die heutigen Nachrichten aus Marokko lau⸗

ten friedlich. Der Moniteur enthält folgende Mittheilung darüber: „Berichte aus Tanger vom 2. August melden, daß zu dieser Zeit die dem Kaiser gesetzte Frist abgelaufen und daß auf das letzte Schrei⸗ ben des Herrn von Nyon (französischen General⸗Konsuls) noch keine Antwort eingegangen war; der „Gregeois“ aber, welcher Tanger in der Nacht zum Zten verlassen hatte, bringt die Kunde, daß in dem Augenblick, wo die Feindseligkeiten beginnen sollten, ein Schreiben des Kaisers dem Pascha von Larache Vollmacht zur Friedens⸗Unter⸗ handlung ertheilte. Der Kaiser benachrichtigte überdies den Pascha noch, daß er ein Schreiben an den Prinzen von Joinville zu richten im Begriff stehe, welche die Wiederherstellung des Friedens sichern solle.“ Der Pascha von Larache, Sidi Busselam, der also beauftragt ist, mit dem Prinzen zu unterhandeln, hatte schon in der letzten Zeit freundliche Gesinnungen gegen Frankreich gezeigt, wogegen Sidi Ben⸗ dris, der Minister des Sultans und bisheriger Vermittler zwischen ihm und Frankreich, von entgegengesetzter Stimmung schien. Man schließt daher, daß der Sultan jetzt ernstlich den Wunsch hege, einen Vergleich zu Stande zu bringen. Gleichzeitig hat man über England aus Gibraltar vom 30. Juli die Nachricht, daß das Dampfboot „Hekla“ am 2osten Tanger verlassen hatte, daß einige Tage vorher marokkanische Truppen in diese Stadt eingerückt waren, sich aber wieder daraus entfernt hatten. Es war kein einziger Christ mehr in Tanger, und auch alle Juden, die es möglich machen konnten, waren ausgewandert,

um nicht der Willkür der eingebornen Truppen preisgegeben zu sein, vor denen sie sich, wie die englischen Korrespondenzen sagen, noch mehr fürchteten, als vor den Bomben der Franzosen. Wie es scheint,

waren den Beduinen, die der Bevölkerung großen Schrecken einflößen,

die Thore verschlossen worden. Die Gattin des englischen General⸗ I

Konsuls, Herrn Drummond Hay, hatte sich an Bord des „Hekla“ be⸗ geben. Ueber die Sicherheit des Herrn Hay selbst war man in einiger Besorgniß gewesen, aber nach den letzten in England einge⸗ gangenen Nachrichten befand er sich, auf der Rückkehr von Marokko begriffen, nur noch zwei Tagemärsche von Tanger. b Das Journal du Havre ist der Meinung, daß die Nachrich⸗ ten, welche die englischen Blätter neuerdings über die Vorfälle auf Otaheiti gegeben (s. den Art. London in unserem gestrigen Blatt), und wonach einige Häuptlinge der Insel, denen die Franzosen ihre Weiber mit Gewalt geraubt, unter dem Ausruf: „Sind wir denn Hunde, daß wir uns so behandeln lassen sollen?“ die Eingeborenen zum Aufstande getrieben und an 50 Franzosen niedergemetzelt hätten, nichts als eine übertriebene und entstellte Variation der von franzöͤ⸗ sischen Blättern bereits mitgetheilten Berichte aus Otaheiti bis zum 26. März sei. Auch das Journal des Debats ist der Meinung, daß jene Nachricht sich auf das schon bekannte Scharmützel in der Bucht von Tairabu beziehe, in welchem nur 4 oder 5 Franzosen ums Leben gekommen. Das ministerielle Blatt empfiehlt bei dieser Gelegenheit überhaupt große Vorsicht in der Aufnahme der von so entfernten Gegenden und durch Privatquellen herkommenden Nachrichten und führt eine in französischen Blättern enthaltene Version der letzten Erklärungen des Herzogs von Wellington an, um zu zeigen, wie geneigt die Partei⸗Leidenschaft zu unrichtiger Auffassung selbst bei nahe liegenden Mitteln zu genauer Information sich erweise. Der Herzog hatte nämlich gesagt: „Ich will von den letzten Vorgängen auf Otaheiti nicht sprechen, die in Folge von Umständen stattgefunden, gegen die wir protestirt

haben und die von der französischen Regierung desavouirt worden sind.“ Die französischen Oppositionsblätter hatten aber den Mittelsatz

ganz weggelassen, so daß der Protest und die Desavouirung auf die

jetzten Vorgänge, nicht, wie der Herzog von Wellington es gemeint,

auf die Occupation von Otaheiti, bezogen wurden. 1 Wenn einer Korrespondenz der Presse aus Papeiti vom

26. März zu glauben ist, so haben die otaheitischen Händel zwischen 3 den Franzosen und Engländern schon, wie man befürchten mußte, einen

sehr nachtheiligen Einfluß in religiöser Hinsicht ausgeübt. Die Otaheitier fangen an, wieder vom Christenthum abzufallen, da sie ihre Lehrer, die englischen und französischen Missionaire, sich gegen⸗ seitig so leidenschaftlich befehden sehen. Der französische Berichter⸗ statter schreibt dies freilich nur den Umtrieben der Engländer zu und behauptet, die Missionaire dieser Nation gelangten schon zu der Ein⸗ sicht, daß sie zu weit gegangen, und suchten nun die Wilden wieder zu beruhigen, aber er giebt doch zu, daß die Missionaire der Fran⸗ zosen von den Eingebornen eben so zurückgewiesen würden, als die der Engländer. Es scheint also den Ersteren nicht eben gelungen zu sein, durch ihr Beispiel einen besseren Eindruck auf die Otaheitier zu machen. „Das ist die Frucht“ heißt es in der Kor⸗ respondenz, „von funfzigjährigem Predigen. Man versichert, der alte Aberglaube sei durch eine ehemalige Priesterin wiedererweckt worden,

die in das Lager der Wilden gekommen sei, um ihnen vorzuwerfen, daß sie ihre Götter verlassen, und ihnen die Wiederkehr ihrer Unab⸗

hängigkeit zu prophezeien, wenn sie ihre Fetische wieder aufrichten

wollten.

unterstützt worden sein.“ Was die politischen Verhältnisse betrifft, so wird in dieser Korrespondenz geradezu behauptet, das englische Dampf⸗ schiff „Cormoran“ habe Flinten und Pulver für die Eingeborenen zur Bekämpfung der Franzosen auf Otaheiti gelandet, ein Engländer habe die Eingebornen in der Bucht von Tairabu kommandirt, und der Gouverneur Bruat habe das Verfahren des Marine⸗Lieutenants von Aubiguy gegen Herrn Pritchard vollkommen gebilligt. Ueber den Charakter und Lebenswandel des Letzteren hat jetzt ein zu Caen er⸗

scheinendes Blatt, der Haro, allerlei nachtheilige Angaben verbreitet, welche es um so glaubhafter machen sollen, daß er auch zu Otaheiti

eine unziemliche Rolle gespielt habe. „Der englische Konsul Pritchard“, heißt es in diesem Blatte, „der jetzt in der politischen Welt so viel Aufsehen macht, ist in Caen sehr bekannt. Vor etwa 12 Jahren kam er mit einer zahlreichen Familie und einer Kammerjungfer, welche die Aufsicht über die Kinder führte, hier an und ließ sich in einem Hotel garni nieder. Hier lebte er einige Monate auf sehr behaglichem Fuß, ohne daß Jemand von Lady Pritchard etwas sah oder hörte. Herr Pritchard war ein sehr excentrischer Mann, sein National⸗Phlegma hatte einer Ungemessenheit im Benehmen Platz gemacht, die sehr nach der Taverne und anderer schlechter Gesellschaft schmeckte. Seine Be⸗ kannte sprachen von ihm, wie von einem verschrobenen Kopf, und selbst seine Landsleute gestanden, daß es mit seinen Gedanken nicht immer ganz richtig zu sein scheine. Nach Verlauf einiger Zeit entfernte sich Herr Pritchard in einer schönen Nacht ganz im Stillen, ließ seinen zahlreichen Lieferanten nichts als die Ehre zurück, ihn bedient zu ha⸗ ben, und vergaß zwei seiner Söhne, die sich in einer Pensions⸗Anstalt zu Caen befanden. Die armen Kinder hatten es der Menschenfreund⸗ lichkeit des Pensions⸗Vorstehers zu verdanken, daß sie nicht in ein Hospital gebracht wurden, denn erst nach längerer Zeit wurden sie von ihrer Familie reklamirt.“ Uebrigens äußert sich das Journal des Débats folgendermaßen über die vorletzten Verhandlungen des Ober⸗ hauses (die letzten sind in Paris noch nicht bekannt) in Betreff der otaheitischen Angelegenheit: „Wir können nicht umhin, zu versichern, daß wir durchaus keinen Werth auf diese Debatte legen, an welcher Lord Aberdeen, das eigentliche Organ Englands für die auswärtigen Beziehungen, keinen Theil nahm. Vielleicht hätte der Herzog von Wellington besser gethan, zu schweigen, als sich in die von ihm ge⸗ machten Erläuterungen einzulassen, die durchaus nichts aufklären, in⸗ dem er sagte, daß er nicht in die Frage eingehen wolle, ob Herr Pritchard die erduldete Behandlung verdient habe oder nicht! Darin liegt ja das punctum saliens der ganzen Sache, und so lange nicht entschieden ist und wir noch unklar darüber sind, von welcher Seite die ersten Uebergriffe ausgegangen, können wir gerechter Weise nicht über die von England in Anspruch genommene Genug⸗ thuung urtheilen. Lord Haddington, der See⸗Minister, scheint die Sache von viel richtigerem Standpunkte aus anzusehen, indem er sagte, daß, wenn Agenten irgend einer fremden Regierung über ihre Instructiounen hinausgehen und handeln, man sich deshalb an ihre Regierungen zu halten habe; das Recht der Intervention könne durch⸗ aus nicht untergeordneten Agenten irgend einer anderen Regierung anheim⸗ fallen, welche ihr Land auf solche Weise in Kriege verwickeln könnten, deren Folgen gar nicht abzusehen wären. Wir müssen eingestehen, daß diese Worte ein Verdammungs⸗Urtheil des Herrn Pritchard sind und seine Uebergriffe andeuten und enthalten.“ Der Constitutionnel ant

wortet auf diese Bemerkungen, das Ministerium könnte sich alle diese weitläusigen Redensarten ersparen; es komme nur darauf an

daß dasselbe einfach erkläre, ob es Herrn von Aubigny desavouiren

wolle oder nicht; alles Andere sei überflüssig und nichts

werth.

Gestern hatten die Advokaten, den Vorschriften gemä ähr⸗ lichen Erneuerung ihres Benhateng.egsc ee. Lesügze stande wurde wieder, und zwar zum viertenmal Herr Chaix d'Estange mit 352 unter 384 Stimmen gewählt. Im ZJustizpalast ging das Gerücht, daß die Mitglieder des Disziplinar⸗Raths ihre Appellation gegen das Urtheil, welches in ihrem Zwiste mit dem Präsidenten Séguier sie mit einem Verweise bestraft, zurückgenommen hätten.

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Die Wirkung ihres Erscheinens soll überdies durch reichliche 4 Spenden einer Art von Alkohol, der aus einer Pflanze gezogen wird,

--‧i Paris, 10. Aug. Die Angabe eines Blattes, daß Abd 1 Kader durch einen vom Sohne des Kaisers abgeschickten Mann

niedergeschossen worden, findet keinen Glauben; bestätigte sie sich, so

sandtschafts⸗Secretair dort bekleidet.

der Reise nach Cadix begriffen, durch Bayonne passirt sei, ein neuer Beweis, wie wenig man auf die Angaben der pariser Blätter

könnte man den Frieden als hergestellt betrachten. So lange aber Abd el Kader nicht zur vollkommenen Machtlosigkeit herabgebracht

ist, wird Frankreich die Waffen in Afrika nicht niederlegen können.

Daß man auch hohen Orts hier diese Ueberzeugung theilt und noch

immer an der Möglichkeit zweifelt, daß Kaiser Muley Abd el Rhaman seine jetzigen 1S und Zugeständnisse, wenn überhaupt von

etzteren schon die Rede sein kann, zu erfüllen im Stande sein sollte, eht klar aus der heutigen Bemerkung des Journal des Débats ervor, welches sagt: „Wir wünschen, daß diese Versprechungen gehalten werden mögen.“ Zugleich ersieht man daraus, daß auch die Ansicht, als wolle der Kaiser durch die im letzten Augenblicke gegebenen Versprechungen vielleicht nur aufs neue Zeit zu gewinnen suchen, selbst in den höheren Re⸗

gionen Raum findet. Gestern sprach man übrigens bereits von der Ab⸗

endung eines diplomatischen Agenten an den Kaiser Muley Abd el thaman und nannte als dazu bestimmt den jungen Herzog von Glücks⸗

berg, der längere Zeit unter Espartero's Regentschaft und nachher

noch bis zur Ankunft des Botschafters Grafen von Bresson als Ge⸗ chäftsträger zu Madrid fungirte und jetzt die Stelle als erster Ge⸗ Daß der Prinz von Joinville icht länger gezögert hätte, kräftig gegen Marolko aufzutreten, ist cher, denn die letzten Instructionen des Ministeriums sagten aus⸗ rücklich, er solle, wenn am 2. August die befriedigende Antwort nicht rfolgt sei, sich ohne Weiteres der Plätze Tanger und Mogador be⸗ mächtigen. Heute und zum Theil gestern schon kündeten alle hiesige Blätter die Ankunft des Capitains Bouet mit Depeschen des Prinzen von Joinville aus Cadix an, die vorgestern erfolgt sein sollte, während eute die bayonner Blätter die Nachricht bringen, daß derselbe am Sten, mit Depeschen des Ministeriums von Paris kommend und auf

sich verlassen kann.

Für die Streitfrage Frankreichs mit Marokko ist übrigens nun die zweite Periode eingetreten, der Kampf Muley Abd el Rhaman's mit Abd el Kader beginnt. Trotz des starken Anhangs, den der Letz⸗ ere unter den fanatischen Marokkanern selbst findet, und des Ueber⸗

gewichtes, das er dadurch über den Kaiser zu haben scheint, könnte seine Lage doch in der That kritisch werden, da er sich nun zwischen

zwei Feuern befindet.

„bef Für Frankreich ist die neue Lage der Dinge allerdings günstig und wichtig, denn wenn es seiner Flotte auch etwas

Leichtes gewesen wäre, die marokkanischen Seeplätze zu verbrennen, so wäre es doch eben so schwer als kostspielig, die Marokkaner ins

friedigende Weise zu modifiziren.

Innere zu verfolgen und zu besiegen.

In Betreff des Standes der Dinge hinsichtlich der Wegweisung des Herrn Pritchard von Otaheiti und dessen sechstägiger Gefangen⸗ schaft daselbst vernimmt man von neuem aufs bestimmteste, nicht blos, Herr von Aubigny, sondern auch der Gouverneur der französischen Besitzungen in Ozeanien, Herr Bruat, würden zurückberufen werden, dieser, weil er die Maßregeln des Ersteren gutgeheißen. Man fügt bei, die betreffende Verordnung werde schon in nächster Woche im Moniteur erscheinen, die englischen Minister aber würden Gelegen⸗ heit finden, im Parlamente die im ersten Augenblicke gemachten Er⸗ klärungen über die Sache, welche hier Anstoß erregten, auf eine be⸗ Die Schilderung, welche die eng⸗

lische Presse von den französischen Offizieren und besonders von dem

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Lieutenant von Aubigny entwirft, ist nichts weniger als der Wahr⸗ heit getreu; Herr von Aubigny ist hier als tüchtiger Seemann so⸗ wohl, wie als Mann von ruhigem, gemäßigtem Charakter und als Offizier von großer Kaltblütigkeit bekannt.

Man vernimmt, daß Ihre Majestät die Königin von Großbri⸗ tanien unmittelbar nach ihrer völligen Genesung eine Rundreise in Irland zu machen gedenke, so daß sie also den Besuch des Königs Ludwig Philipp erst nach ihrer Rückkehr empfangen könnte. Dieser würde demnach erst spät im September, wo nicht gar erst in den ersten Tagen des Oktober, stattfinden können. Bis dahin wird jedenfalls die otaheitische Angelegenheit in Ordnung gebracht sein.

Auch zu Metz macht man sich aus Anlaß des dortigen Uebungs⸗ lagers Hoffnung auf einen Besuch des Königs. Es ist dort wenig⸗ stens das Gerücht verbreitet, außer den Prinzen und Prinzessinnen werde auch der König selbst kommen, um die versammelten Truppen eine große Musterung passiren zu lassen. Der treffliche Empfang, den der Herzog von Nemours zu Langres, Besangon und überhaupt im Osten findet, wird durch zahlreiche Privatbriefe bestätigt, die alle sagen, daß der Prinz einen sehr guten Eindruck auf die Bevölkerung gemacht habe. Seine Antworten auf die verschiedenen Reden finden bei allen Unbefangenen Beifall. Der Prinz hat dabei aufs neue be⸗ wiesen, daß es ihm an Geist und Redegabe nicht fehlt, und daß nur eine gewisse Schüchternheit, die sein Auftreten charakterisirt, zu so viel⸗ fachen falschen Deutungen über ihn Anlaß gegeben hat.

Briefe aus Italien bringen die Nachricht von einer Vermählung, die, wenn sie sich bestätigt, hier in den Salons des Faubourg St. Germain sowohl als in denen des Faubourg St. Honoré eine mehr als gewöhnliche Sensation machen müßte. Mademoiselle, die Schwester des Herzogs von Bordeaur, soll sich nämlich in morganatischer Ehe mit dem Sohne des Herzogs von Blacas vermählt haben.

Großbritanien und Irland.

Unterhaus. Sitzung vom 9. August. Die heutige letzte Sitzung des Hauses vor seiner einstweiligen Vertagung bis zum An⸗ fange des nächsten Monats war durch mannigfache Erklärungen über den gegenwärtigen Zustand des Landes von Seiten dar Minister wie der Opposition von Bedeutung. Der Antrag Sir R. Peel's, das Haus möge sich bis zum 5. September vertagen, rief die Diskussion hervor, deren Haupt⸗Resultat ist, daß nicht blos der Wunsch, die Entscheidung über das O'Connellsche Cassationsgesuch noch in diesem Jahre aussprechen zu lassen, als die Ursache der ungewöhnlichen Vertagung des Parlaments betrachtet werden darf, sondern daß noch andere Umstände diese Maßregel vorzugsweise veranlaßt haben. Herr Sheil leitete heute die Diskussion durch eine Darstellung der irländischen Verhältnisse ein, indem er ver⸗ langte, daß das Ministerium nicht erst das Parlament ver⸗ tagen sollte, um die Entscheidung über das Cassationsgesuch O'Con⸗ nell's aussprechen zu lassen, sondern sofort in seinem eigenen Inter⸗ esse vermöge des Königlichen Begnadigungsrechtes O'Connell und seine Genossen in Freiheit setzen möchte. Zur Motivirung solcher Forderung ließ sich Herr Sheil über die bekannte, vielfach erörterte Art und Weise der Prozeßführung gegen O'Connell ausführlich aus, wie die Ge⸗ schwornen⸗Liste verstümmelt, die Jury nur aus Protestanten gebildet, und die Verurtheilung der Angeklagten im Parlamente von Lord J. Russell und Anderen für eine Ungerechtigkeit erklärt worden sei, wie endlich die Einkerkerung selbst dem irländischen Volke als ein ungeheures Unrecht erscheine, welches demselben in der Person seines Befreiers angethan sei. Die mit der bekannten Beredsamkeit des Herrn Sheil offenbarten Ansichten und Angriffe gegen irländische Politik der Minister fanden in Herrn Wyse ihren gewohnten Unter⸗ stützer, der des bedrohlichen Zustandes der Dinge in Irland in em⸗ phatischer Weise erwähnte. „Weder die Regierung, noch die Legis⸗

1253 latur,“ sagte er, „hat Grund, sich zu schmeicheln, daß sie die Macht besitze, der Aufregung in Irland nach Belieben zu jeder Zeit ein Ende zu machen. Ich fürchte sehr, daß das Gefühl der Abneigung und des Miß⸗ trauens in dem Herzen der Nation von Tage zu Tage größere Ausdeh⸗ nung gewinnt. Es handelt sich nicht mehr um einen Streit zwischen zwei verschiedenen Fractionen um Amtsgewalt oder zwischen verschiedenen Glaubens⸗Parteien um die Suprematie, sondern es ist ein Kampf einer ganzen Nation gegen die andere und der Kampfpreis ist unabhängige Gewalt. Andere Männer, Männer, von denen das Haus bis jetzt wenig Kenntniß hat, die auf der Schaubühne aber täglich mehr hervortreten, Männer von Talent, Energie und Entschlossenheit, nehmen immer mehr die Stelle der Männer von gemäßigter Bildung ein. Eine andere Generation, besser unterrichtet, vielleicht nicht besser genährt und ge⸗ kleidet als ihre Vorgänger, ist im Aufwachsen begriffen und wird bald genug herangewachsen sein, um das Volk zu bilden, das für jene Männer ein Werzeug sein soll. Und ist mitten unter allen diesen Elementen der Unbehaglichkeit, der Krankhaftigkeit und Gefahr im Innern der po⸗ litische Horizont ganz frei von drohenden Stürmen? Ist die Zeit des ewigen Friedens gekommen und der Krieg für immer dahin?“ Lord John Russell benutzte nach solchen Worten des Herrn Wyse den Zustand des Landes im Allgemeinen zur Sprache zu bringen. Er stellte zuvörderst in Abrede, daß er, wie Lord Lyndhurst zur Zeit, als das vorige Kabinet im Sturze begriffen war, zu thun pflegte, zu Ende der Session die Maßregeln des Ministeriums einer hämischen Kritik unterwerfen wolle, und gab als seinen Zweck an, fern von al⸗ len parteisüchtigen Bestrebungen, die gegenwärtige Lage des Landes im Allgemeinen in Erwägung zu ziehen und seine Ansichten über die noth⸗ wendig zu ergreifenden Maßregeln gleichsam zu Protokoll zu geben. Er berührte zuerst die irländischen Verhältnisse, und sprach seine Verwunde⸗ rung aus, daß trotz der wiederholten Erklärungen des Premier⸗Mini⸗ sters über die Schwierigkeiten Irlands, der Zustand dieses Landes im Großen und Ganzen behufs Einleitung von Maßregeln zur Verbesse⸗ rung desselben noch niemals in Erwägung gezogen worden sei. Irland sei zwar gegenwärtig ruhig, aber man solle doch ja nicht annehmen, daß diese Stille das Resultat einer durch die Maßregeln des Mini⸗ steriums gewonnenen Zuneigung des Volkes sei. Diese Maßregeln haben nur die Erbitterung des Volkes vermehrt. Lord Russell wie⸗ derholte alle seine früher gegen die Regierung erhobenen Vorwürfe wegen des OConnellschen Prozesses, der plötzlichen Unterdrückung der Repeal⸗Versammlungen, der Zusammensetzung der Jury und der gezwungenen Deduction einer conspiracy aus einer Reihe von Um⸗ ständen und Handlungen, welche sich über einen Zeitraum von mehrmonatlicher Dauer erstrecken. Alles dies konnte er nicht Gerechtigkeit, sondern Tyrannei nennen, die ihren Grund darin habe, daß die Regierung mit den Gefühlen des Volkes unbekannt sei oder sie nicht achte. Wenn es nun auch er⸗ freulich sei, bemerkte er, daß einige neuere Maßregeln der Regierung wenigstens als Symptome einer besseren Zukunft betrachtet werden können, so sei doch eine gründliche Heilung der Uebelstände unmöglich, so lange man nicht Irland mit England völlig gleichstelle sowohl in Bezug auf Pflichten als Rechte, und diesen Zweck zu erreichen sei nichts geeigneter als die Freilassung O'Connell's, welche die wahre Zuneigung des Volkes der Regierung gewinnen würde, wogegen die längere Haft, an einem am Ende seiner politischen Laufbahn stehen⸗ den Greise vollzogen, den Schein persönlicher Rachsucht nicht entfernen könne. Diese Zuneigung aber, so erklärte Lord John Russell, sei unter den gegenwärtig obwaltenden poli⸗ tischen Verhältnissen für die Regierung und das ganze Reich von der größten Wichtigkeit. Die Verhältnisse der Gegenwart seien von der größten Bedeutung, denn abgesehen davon, daß die Regie⸗ rung dafür zu sorgen habe, daß Frankreich, den von ihm übernom⸗ menen Verpflichtungen gemäß, seine Besitzungen in Afrika weder nach der Seite von Tunis noch von Marokko ausdehne, habe Sir Robert Peel von Frankreich mit Recht für die an einem britischen Unterthan in Otaheiti ausgeübte Gewaltthat Rechenschaft gefordert, und sei daher verpflichtet, dem Parlamente, sobald dasselbe wieder zusammen⸗ trete, über beide Punkte eine die Interessen und die Ehre des Landes zufriedenstellende Erklärung zu geben. „Man muß,“ sagt Lord John Russell, „wie ich glaube, zugeben, daß zu keiner Zeit seit dem allgemeinen Frieden von 1815, mit Ausnahme des Herbstes 1830, nach der belgischen und französischen Revolution und den Unruhen in Italien und des Herbstes 1840, nach dem Juli⸗ Traktate jenes Jahres und während der Operationen in Syrien, unsere auswärtigen Angelegenheiten geeignet ge⸗ wesen sind, so große Beserh einzuflößen, wie in dem gegenwärtigen Augenblicke.“ (Hört!) Einigkeit im Innern sei daher unter solchen Umständen mehr noch nöthig als eine starke Flotte und ein zahlreiches Landheer, und um so mehr müsse man Irland zu versöhnen suchen. Schließlich verbreitete sich Lord John Russell noch über den immer mehr versinkenden Zustand der arbeitenden Klasse in allen Theilen sowohl von Großbritanien als Irland und suchte nachzuweisen, daß nicht durch Wiederaufhebung des neuen Armengesetzes, in welcher so Manche die Hülfe erblicken wollen, sondern durch möglichste Verminderung aller die ge⸗ wöhnlichen Lebensbedürfnisse drückenden Belastungen, insbesondere durch Einführung eines mäßigen festen Getraide⸗Zolles und durch Herabsetzung der Malzsteuer geholfen werden könne. Ueberhaupt empfahl er eine umfassendere Anwendung des Prinzips der Handels⸗ Freiheit. Außerdem sprach er sich im Interesse der ärmeren Klassen für eine zweckmäßige Beförderung der Auswanderungen aus. End⸗ lich tadelte er mit besonderer Bezugnahme auf die abgelaufene Ses⸗ sion des Parlaments, daß sich das Unterhaus zu Anfang der Session allzusehr von den eigentlichen legislativen Geschäften fern halte und zu sehr mit Prinzipien⸗Fragen beschäftige, wodurch es komme, daß die nothwendigsten und nützlichsten Maßregeln gewöhnlich am Ende der Session in übermäßiger Eil berathen werden müssen.

Sir R. Peel belobte den allgemeinen Charakter der Rede Lord Russell's, der sich vom Partei⸗Standpunkte ferngehalten habe, und tadelte nur die einzelnen Bemerkungen. Er zeigte in dem Haupt⸗ theile seiner Rede die Vortheile, welche die diesjährige Session in legislativer Beziehung dem Lande gewährt habe und rechtfertigte gegen die einzelnen Anschuldigungen in Bezug auf Irland und die Handels⸗Beschränkungen die Politik des Kabinets. Wir kommen auf diese Rede noch zurück.

gondon, 10. Aug. Ueber den Titel des neugeborenen Prin⸗ zen ist man noch im Zweifel. Nach dem analogen Fall unter Georg III. dürfte er zum Herzoge von York erhoben werden, doch steht der Kö⸗ nigin allein die Entscheidung hierüber zu und es ist möglich, daß der Prinz den Rang und den Titel seines verstorbenen Großvaters, des Herzogs von Kent, erhält.

Der nunmehr veröffentlichte Bericht des Geheimen Post⸗Comi⸗ té's des Unterhauses umfaßt sechs Folio⸗Spalten der Times und entwickelt auf Grund der in den Staats⸗Archiven niedergelegten Do⸗ kumente die ganze Geschichte des Brief⸗Eröffnungs⸗Verfahrens von der ersten Einrichtung der Posten bis auf die jetzige Zeit. Nachdem in England die ersten Institute zur Beförderung von Re⸗ gierungs⸗Befehlen, Berichten an dieselben und dergleichen auch dem Dienste der Privat⸗Korrespondenz eröffnet wurden, entstand auch, wie

darin geschichtlich dokumentirt wird, fast gleichzeitig der Gebrauch, auf

einen Regierungs⸗Befehl einzelne Briefe zurückzuhalten und der Ein⸗ sicht des betreffenden Regierungs⸗Departements vorzulegen, und der⸗ selbe hat bis auf die neueste Zeit im Jahre 1711, dem 9ten Regie⸗ rungsjahre der Königin Anna, durch ein förmliches Gesetz und dann durch alle das Postwesen betreffenden späteren Parlaments⸗Akten auto⸗ risirt, fortgedauert. Sir James Graham hat demnach nur nach dem bestehenden Rechte und nicht anders als alle seine Vorgänger gehan⸗

delt. Was nun den besonderen Fall Mazzini's betrifft, so ist der betreffende Befehl vom 1. März bis zum 3. Juni in Kraft gewe⸗-

sen, während dessen seine Korrespondenz vom Post⸗Amt un⸗ gelesen dem Staats⸗Secretair der auswärtigen Angelegenheiten übersandt wurde. Auf die der englischen Regierung hohen Orts zu⸗ gegangenen Vorstellungen, daß Mazzini der Mittelpunkt gewisser Pläne zur Anstiftung einer Insurrection in Italien sei, erlies die britische Regierung, in Erwägung der Wichtigkeit der Aufrechthaltung des eu⸗ ropäischen Friedens für ihre britischen Interessen, nicht aber auf An trieb einer fremden Macht, den betreffenden Spezialbefehl. Diejeni gen aus diesen Briefen geschöpften Nachrichten, welche der britischen Regierung zur Vereitelung jenes Versuchs geeignet schienen, wurden einer fremden Macht mitgetheilt, auf eine Weise aber, daß keine Per son innerhalb des Bereichs jener fremden Macht dadurch gefährdet v und letztere auch mit der Quelle jener Nachrichten unbekannt blieb.

Eiin Spezial⸗Befehl in Betreff der an Grodicki zu Paris und ein anderes fremdes Individuum gerichteten Briefe war nur vom 3ten bis zum 13. Juni in Kraft und beruhte auf Gründen der dem Schutze Englands vertrauten persönlichen Sicherheit eines fremden Souverains; die Briefe scheinen indeß nichts Gefährliches enthalten zu haben. Auch bei Veranlassung der Arbeiter⸗Unruhen in den Fa⸗ brikdistrikten im Jahre 1842, so wie der Unruhen in Wales im Jahre

1843, und in diesem Jahre auch in Betreff der Korrespondenz der

Herren Worcell und Stoltzmann waren ähnliche Spezial⸗Befehle erlassen worden.

Was die Art und Weise, wie diese Befehle ausgestellt und aus⸗ geführt werden, betrifft, so werden diejenigen, welche sich auf reine Kriminalverbrechen beziehen, in Folge eines Gesuchs der betreffenden Behörde an das Ministerium des Innern von diesem letzteren er lassen, das Gesuch aber zunächst an den Unter⸗Staatssecretairen dieses Ministeriums gerichtet, der darüber an den Minister berichtet; die⸗ jenigen aber, welche auf politische Anschläge Bezug haben, werden von dem Minister des Innern nach eigenem Gutdünken gegeben, doch wird nicht, wie behauptet worden, der ganze Postbeutel dem Minister des Innern zur Untersuchung übergeben. Die erbrochenen Briefe werden, wenn nicht ausdrücklich etwas Anderes bestimmt wird, wieder versiegelt und ohne ein Merkzeichen ihrer Eröffnung weiter befördert. Die Schlußfolgerungen aus dem Ganzen sind, daß 1) die auf Kri⸗ minalvergehen bezüglichen Warrants, deren Erfolg im Einzelnen sich nicht nachweisen lasse, schon der Natur der Sache nach wenig Anstoß erregen; daß sich aber unter Umständen 2) der Nutzen der auf poli⸗ tische Anschläge bezüglichen nicht in Abrede stellen lasse, und daß⸗ wenngleich die Publizität, welche die Sache jetzt erlangt habe, die⸗ jenigen, welche sich staatsgefährliche Angelegenheiten b,rF 2 haben, künftig vorsichtig machen werde, dennoch die gänzliche ufhe⸗ bung der den Staatssecretairen bis jetzt zustehenden Besugnisse, all⸗ zugroße Sicherheit für staatsgefährliche Umtriebe hervorrufen würde . 83 üe es 88. 8. des Unterhauses, ob und wieweit eine Aenderung der bestehenden Gesetze in dieser Bezie⸗ hung nöthig sei. . 88 6 1 6 1g;

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X London, 10. Aug. Die Praxis, der Post anvertraute Briefe zu öffnen, scheint sich in England von derselben Gewohnheit in Frankreich oder in anderen Ländern hauptsächlich dadurch zu unter⸗ scheiden, daß in England diese Gewalt gesetzlich begründet ist, und niemals ohne alle die Formalitäten einer gesetzlichen Handlung der Regierung ausgeübt wurde, während das sogenannte cabinet noir ein geheimes und willkürliches Mittel ist oder war, dessen gewisse französische Regierungen sich bedient haben. Die Berichte der gehei⸗ men Comité's des Ober⸗ und Unterhauses sind nunmehr veröffentlicht worden, und der letztere namentlich enthält eine sehr umfassende und erschöpfende Darstellung der Geschichte und der Ausdehnung dieser Praxis. Es kann, nach den Zeugnissen des Herrn Reeve vom Ge⸗ heimen Rathe und anderer Staats⸗Archivare, kein Zweifel darüber bestehen, daß die Gewohnheit, Briefe der Durchsicht der Regierung zu unterwerfen, gleichzeitig mit Einrichtung der Posten entstanden ist. Unter der Regierung der Königin Anna wurde dies durch ein Gesetz förmlich sanctionirt und die Anwendung desselben unter Auto⸗ rität eines vom Staats⸗Secretair ausgehenden Befehls gestellt; dasselbe Verfahren ist hiernach ununterbrochen bis auf den heutigen Tag beobachtet worden. Die Nachweisungen über dergleichen Befehle (warrants), welche beim Ministerium des Innern aufbewahrt wer⸗ den, sind bis zu Ende des vorigen Jahrhunderts sehr unvollständig, obschon während der Rebellion von 1745, während Lord George Gordon's Unruhen im J. 1780 und in Kriminal⸗Prozessen wegen Un⸗ ruhestiftung bis zu der Untersuchung gegen Horne Tooke, solche Be⸗ fehle häufig erlassen wurden. Vom Jahre 1799 bis 1844 sind 372 Befehle erlassen worden, welche die Briefe von 724 Personen zur Oeffnung designirten. Von diesen bezweckten 233 die Entdeckung vo Verbrechen und Betrügereien und ungefähr 139 die Förderung von Staats⸗ Angelegenheiten; 20 Befehle überhaupt bezogen sich auf die Oeffnung aus⸗ wärtiger Korrespondenzen. Alle Staats⸗Secretaire des Innern und einige der auswärtigen Angelegenheiten haben sich diese Befugniß zu Nutzen gemacht. Lord Normanby sowohl als Lord⸗Lieutenant von Irland wie als Minister des Innern in ziemlich ausgedehntem Maße. Sir James Graham indeß erließ im Jahre 1842 zwanzig Befehle, welche vorzugsweise in die Zeit der Fabrik⸗Arbeiter⸗Unruhen jenes Jahres fielen; im Jahre 1843 betrug die Anzahl solcher Erlasse acht, und im Jahre 1844 sieben. Von letzteren bezog sich einer auf die Kor⸗ respondenz Mazzini's, die in Verbindung mit den befürchteten Um⸗ wälzungen in Italien stehen sollte, und zwei auf die Briefe von vier Fremden, die in Verdacht waren (obschon er sich später als unge⸗ gründet erwies), gegen die Person des Kaisers von Rußland wäh⸗ rend dessen Anwesenheit in England zu komplottiren. Andere aus⸗ wärtige Korrespondenzen sind nicht geöffnet worden. Es scheint indeß, daß bis vor sehr kurzer Zeit die durch die Post gehende Korrespondenz der fremden Gesandten zurückgehalten und im Ministerium der Aus⸗ wärtigen gelesen worden sei. Diese sehr anstößige Gewohnheit ist nunmehr gänzlich abgeschafft.

Die Haupt⸗Argumente gegen das Fortbestehen dieser Gewohn⸗ heit sind die, daß in Betracht der sehr geringen Ausdehnung, in wel⸗ cher sie zur Anwendung kam, selbst bei strenger Geheimhaltung nur sehr wenig Vortheil daraus hat entspringen können, und daß von nun an, nachdem das ganze Verfahren offenbar geworden ist, Ver⸗ rath und Verbrechen übende Personen sich hüten werden, das Post⸗ Amt mit ihren Plänen bekannt zu machen. Die Verhandlungen der geheimen Comité's haben übrigens über alle Zweifel erwiesen, daß diese Befugniß, Briefe zu öffnen, durchaus stets in gesetzlicher Weise und zur Förderung von Staatszwecken, niemals als geheime Praktik, oder aus Privat⸗Rücksichten oder anderen unehrenhaften Beweggrün⸗ den ausgeübt worden ist. Bei der ganzen Sache ist deshalb vielleicht nichts tadelhafter, als der Versuch der Whigs, darauf einen Angriff

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