Oesterreichische Monarchie.
Lemberg, 24. April. (Allg. Ztg.) Die Kriminal⸗Unter⸗ suchung wegen der bekannten hochverrätherischen Unternehmung in Galizien geht ihren gemessenen Gang und hat bereits die über⸗ raschendsten Resultate geliefert. Ist es gleich heute noch nicht an ger Zeit, über die Theilnehmer und den Umfang, über den Zweck und die Mittel jenes Komplotts unsere Ansicht hier vollständig auszu⸗ sprechen, so ergeben sich dennoch schon jetzt viele einzelne Züge, welche den Charakter des bis zum Wahnsinn kopflosen Unternehmens schlagend bezeichnen. Die ganze Tragödie spielt lediglich im Kreise des Adels und seiner Mandatare, Beamten und Bedienten, in welche Sphäre auch eine Anzahl dortlandes von den Gutsherrschaften in hohem Grade abhängiger Pfarrer und Vikare hineingezogen war, die von den Leitern und Agenten der Bewegung zum Dienst der Revolution, theils durch Drohungen, theils durch Verheißungen ge⸗ worben oder gepreßt wurden. Von einer theokratischen Tendenz, wie sie fälschlich behauptet worden ist, oder von einem Bündniß der Geist⸗ lichen mit kommunistischen Ideen findet sich bis jetzt auch nicht die lei⸗ seste Spur. Im Gegentheil spielen die inkriminirten Geistlichen, so⸗ viel aus den uns vorliegenden Materialien erhellt, die sehr demüthige Rolle ganz untergeordneter Werkzeuge und Gehülfen für Zwecke, die mit den kirchlichen Interessen nichts zu schaffen haben. Ein Pfarrer, der auf Befehl der Gutsherrschaft den Unterthanen die Aufhebung aller Roboten und die Abschaffung der Steuern ankündigen mußte, um sie zur Partei des Adels herüberzuziehen, benutzte zugleich die gute Gelegenheit, die Bauern zu bitten: sie möchten, da nun auch gewiß die Zehnten weg⸗ fallen würden, nur ihn und den Vikar nicht verhungern lassen! Der⸗ gleichen schmeckt nicht nach hierarchischer Ueberhebung, wofür es von gewissen Seiten her heute gar zu gern ausgegeben werden möchte, und legt sogar den Wuͤnsch nach einer heilsamen Kräftigung des kirch⸗ lichen Bewußtseins bei der dortigen Geistlichkeit nahe. Dagegen be⸗ zeichnet es den sittlichen Standpunkt aller bei dem Plane zur Empö⸗ rung betheiligten Perspnen, daß der Meuchelmord in ihrer Gedankensphäre als ein Mittel galt, dessen Rechtmäßigkeit und Unschuld gar nicht einmal mehr in Frage gestellt wurde. „Sie, Herr Kriminal⸗Rath“, sagte einer der Inquisiten zu der das Verhör leitenden Justiz⸗Person, „sollten mit Gift, welches man Ihnen im Gasthofe durch eine mir nicht genannte Per⸗ son im Kaffee zu reichen beabsichtigte, aus der Welt geschafft wer⸗ den.“ Demselben Geständnisse zufolge, war ein Anderer beauftragt, an einer Anzahl designirter Personen in Tarnow den Dienst des Henkers zu verrichten. Aber nicht blos den Deutschen war ihr Ende bei der allgemeinen Metzelei zugedacht. Auch jeder Pole, der seinen Arm der Sache der Umwälzung entziehen würde, war als Verräther des Vaterlandes offenkundigermaßen mit dem Tode bedroht. Schwankenden und furchtsamen Naturen wurde ein förm⸗ lich bestellter Beobachter beigeordnet, der den Beobachteten nicht mehr aus den Augen ließ. Einer der Inquisiten beschreibt um⸗ ständlich, wie er sich, als er bei dem Zuge nach Tarnow allgemach zur Besinnung kam, absichtlich etwas von der Menge entfernte, in der Hoffnung, von einer Patrouille aufgegriffen zu werden. Hätte er doch in diesem Falle bei dem leicht vorauszusehenden Fehlschlagen des ganzen Unternehmens eine Entschuldigung bei seinen Mitver⸗ schwornen gehabt! So glaubte eine verhältnißmäßige kleine, von der großen, ruhigen, redlichen Masse der galizischen Bevölkerung streng gesonderte und von ihr theils gehaßte, theils verachtete, größtentheils ökonomisch ruinirte Adelsfaction, wenn es darauf ankãme Einer gegen Fünfhundert! — die wirkliche Nation selbst mit physischer Gewalt zur Empörung zwingen zu können! Und dieser Plan galt und gilt der Mehrzahl der deutschen Journale als Sache der polnischen Nationalität. Doch täuschten sich wohl die Meisten über ihre Mittel, wie über ihre Stellung zur Nation, mit der sie, eine von den wirklichen Polen höchstwahrscheinlich selbst der Race, gewiß aber der Denkweise und den Interessen nach verschiedene kleine Partei, sich unaufhörlich verwechselten. Trinkgelage, deren Faden während der letzten Monate vor der Empörung nicht mehr abriß, ließen die Patrioten kaum mehr zur Besinnung kom⸗ men, und eine Fluth brandstifterischer Broschüren, die, auf geheimen Wegen ins Land geschleppt, von Hand zu Hand wanderten, steigerte den Taumel. So konnte, zumal bei der in dieser Sphäre zur anderen Natur gewordenen Unwahrhaftigkeit, nicht fehlen, daß die Theilnehmer an der Verschwörung sich selbft durch die absurdesten Mährchen täuschten und wechselseitig ihren Schwindel auf eine ihnen am meisten verderbliche Höhe trieben. Sie lebten und webten zuletzt nur noch in einer Welt, die mit der wirk⸗ lichen nichts mehr gemein hatte. Jeder stand für seine Gutsunter⸗ thanen, auf die er im Leben und Tod fest zählen könne; selbst das Kaiserliche Militair warte nur auf den rechten Augenblick, sich für die Sache Polens zu erklären; die Behörden ahnten theils nichts, theils seien sie mit im Einverständnisse oder doch aller Mittel des Widerstandes beraubt. Die Tollsten versicherten
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sogar, die Regierung selbst werde die Schilderhebung nicht ungern
sehen. Fast alle überredeten sich, die Sache habe für sie gar keine Gefahr; die Revolution brauche sich nur zu zeigen, um ohne Schwertstreich Siegerin zu bleiben. Daß auf diese exaltirten Kö⸗ pfe die prosaische Wirklichkeit — die ihnen in der Person der Bauern entgegentrat, welche alle Verheißungen des entarteten Adels mit Verachtung von sich wiesen und standhaft erklärten: sie seien gut Kaiserlich — daß diese Wirklichkeit nach solchen Fieber⸗ träumen wie ein eisiges Sturzbad wirken mußte, begreift sich leicht. Das dermalige maßlose Schimpfen und Verleumden der Partei nach dieser Seite hin erscheint demnach nur gar zu wohl motivirt. Weniger erklärlich ist es: daß ein Theil der deutschen Presse nicht müde wird, unter dieser Fahne zu fechten, einem gegen Deutschland bis zum Aeußersten überreizten Radikalismus schön zu thun und den Krieg gegen die Sache der Ordnung und des Rechts in Oesterreich rüstig und rührig fortzusetzen. .“
Rußland und Polen.
St. Petersburg, 30. April. Aus dem Kaukasus sind fol⸗ gende Berichte vom 10. April hier eingegangen: —
„Vor einiger Zeit ward in den Nachrichten vom Kaukasus erwähnt,
wie das starke und kriegerische Volk der Abadsechen, das bisher mit uns in Feindschaft lebte, am 20. Januar freiwillig seine Unterwerfung unter unsere Regierung erklärte und in die Unterthanschaft Rußlands trat. In kurzem nun soll von diesem Stamme eine Deputation nach St. Petersburg ab⸗ gehen, um das Glück zu haben, Sr. Majestät dem Kaiser sich vorzustellen; einstweilen haben sich in diesen Tagen beim Ober⸗Befehlshaber die bekann⸗ testen der Abadsechen⸗Aeltesten eingefunden, nämlich: von den Aelresten ersten Ranges, Mammed Dschabaturoff, von denen zweiten Ranges Seko⸗ schau Dusubojew, von den gelehrten Aeltesten Abul Gamid Efendi Pritwa und von den „rüstigen Kämpe.“ *) Bogdan Gadschi Sukoff. Die Aeltesten fanden in Tiflis eine schmeichelhafte und gastfreie Aufnahme, so lange sie daselbst verweilten, was, so viel man bemerken konnte, auf sie einen günstigen Ein⸗ druck machte. Es war das erstemal, daß die Abadsechen sich dem Ober⸗ Befehlshaber des Landes vorstellten, daß erstemal, daß sie sich in einer volk⸗ reichen Stadt sahen, und auf jedem Schritt drückten sie ihr Erstaunen über das geräuschvolle, ihnen fremde Leben aus. Das Beispiel der Unterwer⸗ sung, welches die Abadsechen gegeben, würkt bereits auf die noch nicht un⸗ jerworfenen Stämme in jener Gegend: am 22. März kamen die Fürsten Marschaniew, Aeltesten des baschilbajewschen Volkes, nach Stawropol, so wie der Abrek⸗Fürst Mahomet Girei Sidoff, bekannt durch zahlreiche und kühne Raubzüge. Sie kündigten ihre unbedingte Unterwerfung unter den Willen der Regierung an und baten um Aufnahme in die russische Unterthanschaft und zugleich auch, daß ihnen gestattet sein möge, sich von den Qnellen des Urup nach ihren früheren Wohnplätzen am Flusse Bolschoi⸗Selentschuk überzusiedeln. Der General⸗Lieutenant Sawadowoli erklärte im Namen des Ober⸗Befehlshabers dem Sidoff, daß ihm Verzei⸗ hung widerfahren sei, und ertheilte zugleich ihm und der baschilbajewschen Gemeinde die Erlaubniß, sich, ihrem Wunsche gemäß, übersiedeln zu duͤrfen. Obgleich dieser Stamm nicht über 4000 Seelen zählt, so wird der Ueber⸗ tritt desselben zu uns in gegenwärtiger Zeit einen großen Einfluß auf die entlegener wohnenden Tscherkessen üben. Ueberdies wird Sidoff mit seinen Auls gerade die Oite am Bolschei⸗Selentschuk besetzen, durch welche bis⸗ her die auf Raub auszichenden Trupps sich stets bequem nach dem batal⸗ paschinskischen Landestheil und zur lislowodskischen Linie durchschleichen konnten, so daß die neue Ansiedelung ein sicheres Bollwerk für unsere kubansche Linie und zugleich eine bedeutende Verstärkung der labaschen Kette abgeben wird. Am 25. März, bei Tagesanbruch, ward von dem Tachtposten, der sich auf halbem Wege zwischen Stawropol und der Staniza Nowomarjewskaja befindet, ein Räubertrupp bemerkt, der sich durch die Waldschluchten durch⸗ zuschleichen beabsichtigte. In Folge eines von diesem Posten gegebenen Signales kam es zwischen den Kosaken der anderen benachbarten Posten und den Räubern zu einem Gefechte. Da die Letzteren sahen, daß es ihnen schwer werden würde, zu entkommen, hielten sie sich hartnäckig, bis den Ko⸗ saken Verstärkung zukam. Nun warfen sie sich, beständig die Richtung wechselnd, in die jähen und waldigen Schluchten, bis sie, die Unmöglichkeit erkennend, sich zum Kuban durchzuschlagen, ihres Führers beraubt, sich im Walde zerstreuten, wo sie von den Kosaken verfolgt und aufgerieben wur⸗ den. Der ganze Trupp bestand aus 11 Mann; die Leichname von sechs derselben wurden nach Stawropol gebracht, die übrigen in den Schluchten gelassen; von den Pferden kamen 5 um, 6 wurden lebend gefangen. Auf unserer Seite wurden 2 Kosaken getödtet und 2 verwundet, und lkamen 4 Pferde um. Dieser Raubzug war, wie sich aus⸗ weist, unternommen, um in der Umgegend von Stawropol Beute zu ma⸗ chen. Die Bande bestand ganz aus Abreken, die ihrer Näubereien wegen bekannt sind; sie wurde vom flüchtig gewordenen kabardinischen Fürsten Mahomet Asch Ataschukin geführt; auch Mussa Dogumokor, ein Sohn des bekannten ubychschen Aeltesten Chadschi Berseka, war beim Zuge; die Leich⸗ name dieser Beiden wurden von den unterworfenen Gebirgsbewohnern er⸗ kannt. Die Vernichtung dieser Diebsbande und vorzüglich der Tod des Fürsten Mahomet Asch Ataschukin, eines Räubers von ausgezeichneter Tapfer⸗ keit und einem unpersöhnlichen Hasse gegen uns, ist als ein für die Ruhe an der rechten Flanke der kaukasischen Linie glücklicher Vorfall anzusehen. Verge⸗ enwärtigt man sich die bedeutendsten Ereignisse, welche sich im Laufe des etzten Jahres in jenen Gegenden zugetragen, so scheint man berechtigt, zu hoffen, daß für die rechte Flanke unserer Linie, und das vielleicht in nicht
*) Mit dieser Benennung ist Sukow in dem von seinem Volke an den Statthalter gerichteten Schreiben bezeichnet.
ferner Zeit eine friedliche und ruhige Zukunft sich vorbereitet: der G Schamil's, Soliman Efendi, konnte, obgleich er einen zahlreichen N zusammenbrachte, nichts zu unserem Nachtheile unternehmen, und Pläne scheiterten; im vergangenen Winter begab sich der mächtige Sn der Abadsechen unter russischen Schutz; gegenwärtig sind die widerspenf Baschilbajewzer russische Unterthanen geworden, und der aufrührerische, Sidoff hat seine Unterwerfung erklärt, endlich ist unlängst der vem Raubzügler und Bandenführer Ataschulin gefallen. Es ist zu erne daß diese ununterbrochene Reihe günstiger Ereignisse künftig die Sich der Ruhe und eines gesetzlichen Zustandes an der rechten Flanke der sischen Linie bedeutend erleichtern wird. Auf der ganzen Ausdehnu kaukasischen Linie und in Dagestan ist außer dem Vorerwähnten nichts besonderer Bedeutung vorgefallen; die Ruhe jenseits des Kaukasus durch nichts unterbrochen.“ 8
In Bezug auf die Umwandlung der Kriminalstrafen sind, a den schon mitgetheilten, noch folgende Vorschriften ergangen:
Der Senat bringt bei Verwandlung von Strafen in Sachen, a von demselben bereits entschieden sind oder die Kaiserliche Bestätigung halten haben, seine Verordnungen zur Vollziehung, wenn dieselben aut Senatoren unterschrieben worden, welche bei der Fällung des ersten U⸗ nicht mitgestimmt haben. In Sachen aber, welche Sr. Majestät zur stätigung vorgelegt waren, giebt der Senat dem Justiz⸗Minister an
die Kaiserliche Genehmigung dafür auszuwirken, daß seine Beschlußh us
Betreff der Verwandlung der Strafen vollzogen werden dürfen. Al gangene Verbrechen, für die am 13. Mai 1846 der durch die bestehe Gesetze anberaumte Verjährungstermin eingetreten ist, und über welch dahin keine Untersuchung stattgefunden hat, werden kraft dieser Verjä der Vergessenheit übergeben. Diese Bestimmung soll auch auf diejenigen brechen und Vergehen Anwendung finden, für welche nach dem neuen eine kürzere Verjährungszeit angesetzt ist, und die während dieses vem Verjährungstermines bis zum 13. Mai 1846 ebensalls nicht anhängig ge worden sind. Hierbei verbleibt jedoch das durch die bisher bestehenden Privatpersonen zuständige Klage⸗ und Rekurs⸗Recht in scinem jetzige sange. Wenn in den beim dirigirenden Staate oder bei Gerichtsbet -ster und 2ter Instanz verhandelten Sachen über solche Verbrecha Vergehen, welche nach dem neuen Koder nicht anders anhängig;
werden lönnen, als in Folge einer Klage, von Seiten der durch eine
gesetzliche Handlung verletzten Person, bereits vor dem 13. Mai 1846 ei
urtheil gefällt worden ist, so soll dasselbe gemäß den oben angegebenen ( sätzen zur Vollziehung gebracht werden. Wenn aber ein solches Urthef nicht erfolgt ist, so sollen jene Rechtssachen, sobald sie nicht auf das irgend einer verletzten Person, sondern kraft der bisher in Wirksamkeit ge nen Gesetze anhängig gemacht worden sind, suspendirt und nur in dem wieder aufgenommen werden, wenn darüber Bittschriften oder Klagen Privatpersonen einkommen, die nach dem neuen Koder das Recht haben, gleichen Gesuche einzureichen. Zum Einreichen dieser Klagen wird fin
jenigen, welche sich innerhalb der Gränzen des Reichs aufhalten, ein
jähriger, für diejenigen aber, welche sich im Auslande befinden, ein jähriger Termin, vom 13. Mai 1846 an gerechnet, angesetzt. We Laufe dieser Zeit keine Klage eingeht oder der Kläger im Verlaufe h Art. 163 des Kodex bestimmten Termine dieselbe nicht weiter verfolz wird die Verhandlung der Sache, sobald diese nicht zur Zahl der in 164 des neuen Straf⸗Koder speziell angegebenen gehört, eingestellt un Sache auf immer der Vergessenheit übergeben. Die von den Kriminalgn höfen bis zum 13. Mai 1846 noch nicht beendigten Sachen über schwere Verbra welche von Angellagten in einem Alter von 17 bis 21 Jahren beg worden sind, sollen in diesen Gerichtshöfen weiter verhandelt werden, ist diesen zur Pflicht zu machen, in solchen Sachen ihre Urtheile gh den für die Gewissenegerichte verordneten Grundsätzen zu fällen und dann diese Sachen dem dirigirenden Senate zur Revision ei zusenden, Zugleich sind nachstehende Bestimmungen für Umwandlung nach den jetzt bestehenden Kriminal⸗Gesetzen zuzuerkennenden Si in Strafen, wie der neue Kodex vom 27. August 1845 sie vorsch vom Kaiser bestätigt worden: Durch gerichtlichen Urtheilsspruch; kannte, die Zahl von 10 nicht übersteigende Knuthiebe sollen ä Peitschenhiebe verwandelt werden. Für 10 bis 20 Knuthietg 50 Peitschenhiebe zu ertheilen und so verhältnißmäßig weiter. so soll in ähnlichem Verhältniß, wo bisher auf Peitschenhiebe enl wurde, inskünftige eine Umwandlung dieser Strafe in Ruthenstn eintreten. * 8
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Paris, 2. Mai. Der Moniteur veröffentlicht heuß Beglückwünschungs⸗Reden, welche an den König gestern, an se Namensfeste, gerichtet wurden. Die Anrede des päpstlichen Nuf im Namen des diplomatischen Corps, hebt die glückliche Erhag des allgemeinen Friedens und den wunderbaren Schutz hervor, die Vorsehung dem König am 16. April angedeihen ließ. Ibn Pascha hatte sich auch eingefunden, dem König zu seinem Nan fest zu gratuliren. Se. Majestät hat dem Sohne des Vice⸗Ag Mehmed Ali eigenhändig das große Band des Ehren⸗Legions⸗O übergeben. Cormenin, der durch das Loos zu der großen Devpun der Deputirten⸗Kammer bestimmt worden war, soll gestern zume mal seit 1830 in den Tutllerieen erschienen sein.
Der Prinz August von Sachsen⸗Koburg ist aus Algerien u hier eingetroffen.
Ibrahim Pascha hatte eigenhändig an den Marschall Oudinot, zog von Reggio, als Gouverneur des Invalidenhauses, geschn
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Die übrigen Fabrikorte Toscana's bieten mehr oder weniger dieselben Erscheinungen, und wir fassen den Umfang und die Resultate ihrer Produk⸗ tivität kurz zusammen. Im ganzen Großherzogthum giebt es 3462 Seiden⸗ Webestühle, darunter die große Fabrik von Matteoni in Florenz von 800 Webestühlen; die Fabriken der namentlich nach dem Orient versandten Be⸗ retti, welche 230,000 Pfund Wolle konsumiren, tragen 2 Millionen Lire; die Industrie der bekannten Strohgeflechte Toscana's, welche noch vor zwölf Jahren 5 bis 6 Millionen Lire trug, hat dagegen in letzter Zeit we⸗ gen verminderter Nachfrage sehr abgenommen. Die Woll⸗Fabriken konsu⸗ miren im Ganzen 680,000 Pfund Wolle. Sehr blühend siud die Waffen⸗ Fabriken in Pistoja und Serravezza, so wie die Eisenschmelzen in Pietra, Saäanta und Follonica. Die Resultate dieser Fabrikthätigkeit sind ein ziem⸗ lich lebhafter Handelsverkehr. Der Hafen Livorno hatte 1835 548 Schiffe, die Insel Elba 245, und die Einfuhr in ersteren Hafen betrug 1822 an Werth 51,368,480 Lire, 1835 bereits 85,525,270 Lire, darunter für 8 Mil⸗ lionen Kolonialwaaren, 19 Millionen englische und Schweizerwaaren und 18 Millionen Getraide und andere Erzeugnisse der Levante. Die Ausfuhr betrug dagegen nur circa 40 Millionen Lire, darunter Acidum borax sür d200,000 Pezze (eine Pezza etwas mehr als 6 Lire), Strohgeflechte für 17,000 Pezze, Marmor für 116,000 Pezze, Oel für 900,000 Pezze, ver⸗ arbeitete Korallen für 500,000 Pezze ꝛc. *)
„Von dem Aufschwung des Ackerbaues in Toscana giebt die Muster⸗ Wirthschaft mit einem kleinen damit verbundenen landwirihschaftlichen In⸗ stitut des Marchese Ridolfi in Meleto ein rühmliches Zeugniß. Der edle Besitzer, Cosimo Ridolsi, gründete dieselbe 1839 und bestimmte, daß immer zehn toscanische Jünglinge in dieser Anstalt unentgeltlich, theorelisch wie praktisch, in dem Landhau ausgebildet werden sollten. Die Stiftung fand indeß bald solchen Beifall, und der Andrang der Zöglinge wurde so groß, daß ihre ursprünglichen Statuten geändert und auch gegen Bezahlung Pensjonagjre aufgenommen werden mußten. Das Institut erfreut sich gegen⸗ wärtig einer ausgezeichneten Blüthe und der edle Stister einer seltenen Ver⸗ ehrung 8 ganzen desde-
Unserer Betrachtung bleibt jetzt noch in gewerblicher und kommerzieller Beziehung der Kirchenstaat und daeca g gen vgc, 00, E.eelhen
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*) Sehr wichtig für die Kenntniß der gewerblichen Zustände Tos⸗ cana's und der Gränzstaaten ist Bowring's Report 4 919 Gee 2 of Toscany, Lucca etc. 1837. 1
übrig, über die wir leider bei Balbi nichts finden, wie denn überhaupt
„der Zweck dieses Buches mehr eine Statistik des Zustandes der Wissen⸗
schaften und der Literatur in Italien, als eine Schilderung der gegenwär⸗ tigen Handels⸗ und Gewerbeverhältnisse ist, welche letztere sich freilich indirekt aus den gesammelten Daten ergeben müssen. Wir vervollständigen dem⸗ nach diesen Abschnitt nach der hier mehrfach schon erwähnten und benutzten Schrift von Mittermaier, die, auf eine gründliche Kenntniß der Litera⸗ tur darüber gestützt, auch nach offiziellen Berichten zuverlässige Mittheilun⸗ gen zu machen vor allen im Stande ist.
Was Neapel anbetrifft, so betrug nach den von Bursotti in seiner Bibliotheca di Commercio (Lieserung VIII vom Jahre 1843) mit⸗ getheilten Tabellen im Jahre 1839 die Summe der in das Königreich di qua del Faro (worunter man bekanntlich alle Theile des Königreichs Nea⸗ pel, mit Ausnahme der Insel Sicilien, versteht) eingeführten Waaren 11,007,170 Ducati *); die Ausfuhr belief sich dagegen in demselben Jahre auf 10,833,495 D. Zu der ersteren gehörten: Kaffee (238,194 D.), Zucker (571,385 D.), gesponnene Baumwolle (1,068,006 D.), Musseline (508,780 D.), Modewagaren (252,625 D.), Baumwollen⸗Sammct (343,343 D.) u. s. w.; zu der letzteren: Olivenöl (5,214,038 D.), Hanf (321,734 D.), Wolle (87,751 D.), Getraide (212,241 D.), Wein (131,328 D.), Rohseide (676,943 D.), verarbeitete Seide (1,255,472 D.), Taback (38,045 D.) u., s. w. Die Einfuhr ersolgte vorzüglich zur See, und zwar auf neapoli⸗ tanischen Schiffen für 7,481,515 D., auf fremden Schiffen für 3.467,566 D. Oesterreich war dabei betheiligt mit 994,575 D., England mit 4,346,970 D., Frankreich mit 3,280,701 D., Amerika mit 327,199 D., Sardinien mit 680,323 D., Toscana mit 358,154 D., der Kirchenstaat mit 290,059 D. Den Zustand der Schifffahrt erkennt man aus der Bewegung der Häfen des Königreichs, diesseits der Meerenge; es liefen im Jahre 1839 ein: 2407 Schiffe, aus: 2372, von denen 1929 inländische, 143 englische, 105 österreichische, 63 französische waren.
In dem Königreich al di la del Faro (also in Sicilien) betrug die Einfuhr im Jahre 1838: 526,250 D., die Ausfuhr 10,123,935 D., dar⸗ unter Olivenöl für 532,480 D., Wein für 2,651,406 D., Schwefel für 2,664,380 D., Seide 280,640 D. u. s. w. Die Haupt⸗Ausfuhr ging nach Frankreich mit 2,888,915 D., nach England mit 3,795,236 D. uUnd Ame⸗
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1141414XA““ *) 1 Ducali = 1 Rthk. 5 GCgr. 1“]
rika mit 1,049,881 D. Im Jahre 1839 liefen in Sicilien ein: 938 S aus: 1569 Schiffe. Sccilien selbst hatte 1839 nur 1997 eigene Schi
Die Fabrik⸗Industrie hat seit 1824 im Königreich Neapel große! schritte gemacht, und interessante Aufschlüsse giebt darüber Bianchini'’s ria delle Finanze del Regno di Napoli.
Im Kirchenstaat fehlt es gleichfalls nicht an tüchtigen Krästen Ausschwung des Handels und der Industrie, aber die Unternehmul bleiben vereinzelt, da ihnen keine leitenden Grundsätze von der Regze vorgezeichnet werden. In Rom befinden sich 394 Fabriken, welche Menschen beschäftigen, und Dr. Bowring hat in seinem oben anzedeg ten Werke dem vortigen Gewerbfleiß und der Fabricalion manche W ein günstiges Zeugniß ausgestellt; doch ist nicht zu verkennen, daß i gemeinen die Industrie hier immer mehr verfällt. Die Fabricatiog herrlichen Schleier in Bologna beschäftigte einst 12000 Individuen, N war früher wegen seiner trefflichen Seiden⸗Spinnereien berühmt; je diese Fabriken gesunken.
Fabriken (47 in Rom) in Bologna und Perugia, Wollen⸗Fabriken Rom) in Bologna, Spoleto, Alatri und Pergola; Taback ist ein Regot Staats. Man findet die beste Darstellung des Sinkens der einzelnen werbe im Kirchenstaat in Galli, Cenni economico statistici sullo statoh ficio. (Roma 1840.)
Diese Andeutungen werden zur Genüge gezeigt haben, daß — die reichsten Elemente für eine hohe Blüthe der Industrie und des Vch besitzt, und daß auch das Volk mit Macht danach strebt und die No digkeit erkennt, durch Vereinigung theils von Privat⸗Personen, von aber durch Verbindung der Regierungen, jene Elemente zur Entwidt zu bringen. In ersterer Beziehung bemerkt man, wie die Bemühungen Männer darauf gerichtet sind, technische Schulen einzurichten, die Beuus und Verbesserung der Maschinen zu befördern und für Vermehrung Brenn⸗Materialien zu sorgen, daher auch namentlich in Sardinien und im bardisch⸗venetianischen Koͤnigreich die Wichtigkeit einer höheren Forst⸗K anerkanni wird. An den Regserungen ist es, die Bemühungen der Pi⸗ Personen zu begünstigen und die Hindernisse der vaterländischen Indu und des Verkehrs zu beseitigen.
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Die Gerbereien im Kirchenstaat sind noch! Bedeutung; in Rom allein giebt es deren 52; auch finden sich Er
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zmselben zu eröffnen, daß er seine Ausflüge in der Hanuptstadt en edlen Ueberresten der französischen Heere“ anfangen wolle; te bei „er sei nicht wenig ungeduldig, den ruhmreichen Vete⸗ zu begrüßen, der sie kommandire.“ Mittwoch um die Mittags⸗ chien Ibrahim Pascha in großer Uniform, begleitet von dem en Thierry, Adjutanten des Herzogs von Montpensier, dann oüman Pascha, General⸗Major in der ägyptischen Armee, und ffizieren, im Jeee- Alle in demselben wohnende Inpa⸗ 500 an der Zahl, waren in Uniform und bewaffnet im großen Reihe und Glied aufgestellt; der Marschall erwartete den chen Prinzen am Eingangsthor. Ibrahim Pascha bezeugte es Dankgefühl. „Es ist zu viel für mich“, wiederholte er als, „ich bin gekommen, diese Tapferen zu besuchen; ich glaube lbst dadurch zu ehren.“ Am Grabe Napoleon's verweilte der⸗ inige Zeit in ernster Betrachtung. Sehr ergriffen war beim dieses Monuments der Veteran der napoleonischen Armee, an Pascha, der als Husaren⸗Capitain in der Kaiserlichen Garde . Im Augenblick, wo Ibrahim Pascha im Begriff stand, das bdenhaus zu verlassen, wendete er sich an den Gouver⸗ ihm von neuem seinen Dank auszudrücken. Vom In⸗ begab sich Ibrahim Pascha nach der Militair⸗ wo ihn General Foucher an der Spitze seines Stabes g. Es war gerade die Stunde, wo die Zöglinge ihre einnehmen. Der ägyptische Prinz gab den Wunsch zu erken⸗ he Compagnieen möchten sich nicht stören lassen an ihrer Mahl⸗ nahm Platz unter ihnen, ließ sich eine Portion vorlegen und te sie mit dem besten Appetit. Dann unterhielt er sich mit ffizieren der verschiedenen Waffengattungen. Nachdem Ibrahim zum Wegfahren in den Wagen gestiegen war, schlug ihm Oberst vor, den Weg nach dem Elysee Bourbon durch das Gehölz pulogne und zurück am Triumphbogen de l'Etoile vorbei zu Er dinirte im Palast Elysee Bourbon und fuhr am Abend jncennes, um dem Herzog von Montpensier einen Besuch zu Gestern besuchte der ägyptische Gast den Palast Luxembourg, vom Herzog Decazes empfangen und umhergeführt wurde. ffizier⸗Corps der pariser Garnison wurde vorgestern im Elysée n vom Kriegs⸗Minister dem Sohne Mehmed Ali's vorgestellt. ernehmen nach, hätte dieser auch von der englischen Regierung ingende Einladung zu einer Reise nach London erhalten. Er sprochen haben, einige Wochen in der Hauptstadt Englands pgen. 8 Attentat von Fontainebleau gab auf allen Punkten Frank⸗ nlaß zu Manifestationen, zu deren Organen sich die Munizi⸗ ühe machten; allenthalben wurden Beglückwünschungs⸗Adressen zi König votirt. Inmitten dieser Einstimmigkeit wollte nur der pal⸗Rath von Toulouse, dessen Majorität die legitimistische und ikale Partei bilden, eine Ausnahme machen. Der Maire hatte yale Adresse verlesen; es entspann sich darauf eine lebhafte ion; die Legitimisten wollten an einer Abstimmung über die nicht Theil nehmen, unter dem Vorwande, das Gesetz ver⸗ en Munizipal⸗Räthen, Adressen zu erlassen; die Radikalen wei⸗ sich zwar nicht, über einen Adreß⸗Entwurf abzustimmen, woll⸗ er sich die Abfassung eines solchen vorbehalten. Der Ausgang, eser Streit genommen, ist noch nicht bekannt. Nan glaubt, der Prozeß über das Attentat werde höchstens 3 gen des Pairshofes in Anspruch nehmen, da die gerichtliche wuchung nur wenig neue Umstände zu Tage gebracht habe. Der gt Duvergier, welcher mit der offiziellen Vertheidigung Lecomte's agt ist, hat sich bereits mehrere Male zu diesem begeben. ae soll sich aber weigern, ihm irgend eine Erklärung zu machen. ber Kommissions⸗Bericht über das Budget der Ausgaben für K an die Mitglieder der Deputirten⸗Kammer vertheilt worden. eranschlagung ist auf nahe an 1456 Millionen Franken festge⸗ Zu außerordentlichen Ausgaben für öffentliche Arbeiten sind esonders in den nächsten Jahren 964 Millionen erforderlich, die Reserven der Schuldentilgungs⸗Kasse übernommen werden. sie Liquidation in französischen Renten ging heute an der ruhig vorüber. In Eisenbahn⸗Actien war durch die Liquida⸗ sehnlicher Umsatz veranlaßt. Die Course waren fest und im Steigen.
Paris, 1. Mai. Als gestern Mittag nach 1 Uhr die lichen Musik⸗Corps und Tambours der National⸗Garde vor dem ee der Tuilerieen ihren Gruß durch Ausführung von Musik⸗ und den Wiederhall von nahe an tausend Trommeln dar⸗ „erschien der König in Generals⸗Unisorm und dem großen Bande der Ehren⸗Legion geschmückt mit der Königin und den Mitgliedern seiner Familie am offenen Fenster und wurde von ganzen unten im Tutlerieenhose versammelten Volksmenge ehrmals wiederholtem Lebehoch empfangen. Das Wetter nach langen Wochen kalter, regnerischer Witterung die Feier vollkommen begünstigen zu wollen. Beleuchtung erwerk, wozu auf den Quais längs der Seine und im Tuile⸗ ürten, wie in den Champs Elysees, alle Vorbereitungen getrof⸗ d, werden daher diesen Abend wieder Hunderttausende der pa⸗ Pevölkerung auf dem Concorde⸗Platze versammeln. Alle Läden on Mittag an schon geschlossen, die Arbeitsstühle in den Fabri⸗ pen, und von allen Enden strömt die Masse den Orten zu, wo hauplatz der gewöhnlichen Volks⸗Belustigungen ist. 8 Algier erfahren wir heute noch, daß der General d'Arbou⸗ Buzada eingerückt ist und die Bewohner dieser Stadt für die ene Treulosigkeit, indem sie Abd el Kader allen möglichen Vor⸗ eisteten, schwer gezüchtigt hat. Die näheren Angaben über diese
che werden uns wohl erst mit dem nächsten Paketboote aus
zukommen. .
Großbritanien und Irland.
interhaus. Sitzungen vom 29. und 30. April. Die diungen betrafen an beiden Tagen Gegenstände von unter⸗ etem Interesse, die indeß wegen der gegenwärtigen Stellung kinisteriums im weiteren Verlaufe ihrer Erörterung zum Theil peine Bedeutung gewannen, zum Theil noch bedeutend werden . Gestern swand die ursprünglich von Lord Ashley beantragte 1-Bil, deren Vertretung jetzt Herr Fielden übernommen hat, veiten Verlesung auf der Tagesordnung. Die Bill will die für Kinder und besondere Fabrikzweige schon genehmigte Be⸗ ng der Arbeitszeit auf zehn Stunden des Tages in allen n für junge Leute von 13 bis 18 Jahren und für Frauen von Alter eingeführt wissen und findet den lebhaftesten Widerspruch ee denen, welche in jeder gesetzlichen Beschränkung der Arbeits⸗ einen Eingriff in die durch die Verfassung gewährten Rechte reiheiten des Individuums erblicken. Als Herr Fielden deshalb ntrag zur zweiten Lesung der Bill gestellt hafte, trat Herr - mit einem Amendement dagegen auf, die Bill über 6 Monate lesen, d. h. zu verwerfen. Die Regierung unterstützte das bement, als deren Organ Sir James Grahan sich entschie⸗ bgen die Bill aussprach. In den vier großen Fabrikzweigen, Aenelhen., Wollen⸗, Seiden⸗ und Linnen⸗Fabriten, bemerkte ninister, wären eine halbe Million Arbeiter beschäftigt, deren icher Arbeitslohn sich auf ungefähr eine Viertel⸗Million Pfd.
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“ 8 1 . 1“ Sterl. belaufe, während die Erzeugnisse ihrer Arbeit nicht weniger als drei Viertel der jährlichen Waaren⸗Ausfuhr des Reiches, im Werthe von 35 bis 40 Willionen Pfd. St., ausmachen. Ein gerin⸗ ger Irrthum würde deshalb schon von höchst nachtheiligen Folgen begleitet sein. Man wolle die Frage zwar nicht nach Pfunden und Shillingen erörtert wissen, aber Kapital, Ertrag, Arbeitslohn lassen ch nicht anders darstellen, und man könne damit nicht anders ver⸗ ahren, als nach anerkannten Prinzipien. Eine Verkürzung der Ar⸗ beitszeit um den sechsten Theil komme einer Besteuerung des ver⸗ wandten Kapitals von 16 pCt. gleich, und deshalb würde man als⸗ dann das jetzige Arbeitslohn nur durch eine Erhöhung der Waaren⸗ preise aufbringen können. Da das Letztere indeß die Konkurrenz auf den fremden Märkten verbiete, so müßte also auch mit der Arbeits⸗ zeit das Arbeitslohn verkürzt werden, wodurch man aber den schon „im Schweiße seines Angesichts sein Brod essenden englischen Arbei⸗ ter“ noch mehr beeinträchtigen und seine Lage nur verschlimmern würde. In Frankreich, den Vereinigten Staaten, Preußen, Oester⸗ reich und anderen Ländern des Kontinents wäre die Arbeitszeit in Fabriken entweder eben so lang oder noch länger als in England, und das letztere dürfe sich nicht, belästigt, wie es schon sei, durch viele Hindernisse, in einen ungleichen Kampf mit jenen Ländern einlassen. Der Minister sprach zum Schluß die Hoffnung aus, daß die Ab⸗ schaffung de⸗. Korngesetze für den englischen Arbeiter mehr Gutes wirken werde, als irgend etwas Anderes, da diese Gesetze, wie er jetzt die Ueberzeugung gewonnen habe, vorzugsweise ein großes Hin⸗ derniß der nutzbaren Anwendung der Kapitalien, so wie der Wohl⸗ fahrt des Arbeiters, gewesen seien. Nachdem der Minister gesprochen hatte, wurde die Debatte auf nächste Woche vertagt. Die Tory⸗ Blätter fordern ihre Partei auf, recht zahlreich im Unterhause zu er⸗ scheinen, um bei der Wiederaufnahme der Erörterung der Fabrik⸗Bill gegen das Ministerium zu stimmen.
In der heutigen Sitzung wurde die bekannte Angelegenheit des Herrn Smith O'Brien wieder aufgenommen und nach kurzer Berathung der von Herrn Estrourt gestellte Antrag, das Mitglied für Limer ick wegen Mißachtung des Hauses der Haft des Sergeant⸗at⸗arms zu übergeben, angenommen. Dieser Beamte des Hauses machte bald darauf die Anzeige, daß er diesen Beschluß ausgeführt habe. O'Con⸗ nell hat zum 4. Mai einen Antrag auf Entlassung des Herrn O'Brien aus seiner Haft angekündigt. — In der oft schon in Anregung ge⸗ brachten Frage hinsichtlich der „dänischen Ansprüche“, welche Herr Hawes heute erneuerte, erlitt das Ministerium eine Niederlage, die, wenn auch unbedeutend, doch von den Tory⸗Blättern als ein Vor⸗ zeichen naher Auflösung des Kabinets dargestellt wird. Herr Hawes beantragte nämlich die Einsetzung eines Comité'’s zur Un⸗ tersuchung jener Ansprüche. Dieselben schreiben sich bekannt⸗ lich von den Consiscationen von Waaren und Schiffen bri⸗ tischer Kaufleute und Rheder her, welche die dänische Regierung im Jahre 1807 vor erfolgter Kriegserklärung von Seiten Englands, aber nachdem die dänische Kriegsflotte weggenommen und dänischer⸗ seits auch der Krieg erklärt worden war, also offenbar in der Gestalt von Repressalien, gemacht hat. Die dadurch benachtheiligten englischen Unterthanen wandten sich an die britische Regierung mit dem Verlan⸗ gen, für ihre Verluste aus dem Ertrage des britischerseits konfiszirten dänischen Eigenthums entschädigt zu werden, und erlangten nach lang⸗ wieriger Verhandlung in den Jahren 1835 und 1836 Entschädigung für diejenigen Verluste, welche erstens durch Einziehung der Buchschul⸗
den und zweitens durch Consiscation von Waaren auf dem Lande entstanden waren. Eine dritte Klasse von Reklamanten zu entschädigen, nämlich diejenigen, welche durch Wegnahme von Waaren und Schiffen auf offener See Verluste erlitten haben, weigerten sich alle britischen Ministerien, ohne Unterschied der Parteifarbe, bis jetzt beharrlich, obgleich nicht nur das Unterhaus, sondern auch richterliche Autoritä⸗ ten die Gerechtigkeit der Entschädigungs⸗Forderungen, welche kommis⸗ sarisch auf 250,000 Pfd. festgestellt worden sind, wiederholt aner⸗ kannt haben. Herr Hawes führte alle diese Umstände weiter aus und machte zum Schlusse bemerklich, daß die Expedition gegen Ko⸗ penhagen aus Rücksichten des allgemeinen Interesses ganz im Gehei⸗ men ausgefertigt worden sei, weshalb denn auch nothwendigerweise der Staat diejenigen entschädigen müsse, welche, da die Regierung ihnen aus Rücksicht auf jenes allgemeine Interesse keine Nachricht von der Ge⸗ fahr habe geben können, welche ihren Unternehmungen in der Ostsee und in den dieselbe begränzenden Ländern drohte, sich blindlings in diese Ge⸗ fahr gestürzt haben. Der Kanzler der Schatzkammer äußerte sein Bedauern darüber, daß man die Regierung von neuem in die Verlegenheit setze, einen vom Unterhause gebilligten Antrag zu⸗ rückweisen zu müssen, wozu sie sich aus prinzipiellen Gründen ge⸗ nöthigt sehe. Die beiden ersten Klassen der Reklamanten seien befriedigt worden, weil ihre Ansprüche auf Exceptionen der völker⸗ rechtlichen Bestimmungen beruhen, die von allen Staatsrechts⸗Leh⸗ rern von Ansehen anerkannt werden. Das Völkerrecht schütze unter allen Umständen friedliches Eigenthum, wenn es sich auf dem festen Lande besinde, nicht aber auf offener See; das Eigen⸗ thum der dritten Klasse der Reklamanten aber sei auf offener See weggenommen, und zwar ohne Ausnahme erst nachdem von Seiten Dänemarks eine Kriegs⸗Erklärung stattgesunden habe. Wollte man aber den Anspruch gelten lassen, den die dritte Klasse der Reklaman⸗ ten erhebe, daß nämlich die Regierung zur Entschädigung verpflichtet sei, sobald sie es unterlasse, den Handelsstand vor möglicherweise ein⸗ tretenden Feindseligkeiten zu warnen, so würde der Entschädigungs⸗ Ansprüche kein Ende sein. Diese für und wider die Ansprüche gel⸗ tend gemachten Argumente wiederholten sich im Verlaufe der Dis⸗ kussion, die sich nach Beendigung der Rede des Herrn Goulburn ent⸗ spann, und an welcher die Herren Watson, Cardwell, Hume, F. Baring u. A. Theil nahmen. Das Resultat derselben war die Annahme der Motion des Herrn Hawes mit 59 gegen 41 Stimmen.
— Im Oberhause wurde die vom Unterhause überwiesene Bill, welche alle veralteten Straf⸗Bestimmungen gegen Religions⸗ Sekten abschafft, zum zweitenmal verlesen.
London, 1. Mai. Die Schifse des Uebungs⸗Geschwaders sind jetzt bis auf den „Canopus“ von 84 Kanonen bei Portsmouth versammelt. Sie bestehen aus acht Linienschiffen, worunter drei Drei⸗ decker und fünf Zweidecker, welche zusammen 712 Geschütze zählen und 6042 Mann Besatzung haben, und aus sechs Dampsschiffen, mit 53 Kanonen und 125 Mann. Im Ganzen also zählt das Geschwa⸗ der 14 Schiffe mit 765 Kanonen und 7168 Mann. Nach der United Service Gazette ist der Ober⸗Besehl der Flotte dem Vice⸗Admiral Sir William Parker bestimmt, der mit der „Hibernia“ von 104 Kanonen die Station im Mittelmeere verlassen und sich der Flotte bei den Azoren anschließen wird. Während der ganzen Dauer des Kreuzzuges soll eine stete Verbindung zwischen der Flotte und England mittelst Dampfschiffen unterhalten werden, damit die Flotte nöthigenfalls zu jeder Zeit dahin beordert werden kann, wo man ihrer etwa bedürfen möchte.
Der Herzog von Wellington vollendet heute sein 77stes Lebensjahr. Die Parlamentswahl in Falkirk, wo sich bekanntlich Lord Lincoln, der Staats⸗Secretair für Irland, als Kandidat gemeldet hat, wurde vorgestern eröffnet. Bei der Handerhebung erhoben sich indeß nur
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Aussichten sind daher auch hier sehr unsicher; nichtsdestoweniger hat er die namentliche Abstimmung begehrt, die heute statthat.
Die Eisen⸗ und Kohleugruben⸗Arbeiter von Wednesbury haben, 1500 an der Zahl, gestern ihre Arbeiten eingestellt, weil ihr Lohn um 3 Pee. täglich verkürzt werden sollte. — Von Liverpool aus wird berichtet, daß an eine Wiederaufnahme der Arbeiter noch nicht im entferntesten zu denken sei und die Folgen davon für die Industrie immer fühlbarer werden. Die Bergleute haben die Verabredung ge⸗ troffen, nicht über eine gewisse Quantität Kohlen, bei ihnen a get genannt, herauszufördern. So haben sie erreicht, daß keine 100 Ton⸗ nen Kohlen mehr hier zu Lande vorräthig sind, und daß die hiesigen bedeutenden Ziegelhütten wegen Mangel an Heizungsmaterial still⸗ stehen. — Von den Schreinern sind einzelne wieder an die Arbeit gegangen; die Maurer dagegen beharren hartnäckig in ihren Plänen;
ihre Piquets stehen fortwährend zum Abhalten der Arbeiter an den
Straßenthoren aufgestellt. Man fürchtet ernstere Folgen.
Seit kurzem erscheint hier eine neue Wochenschrift: The Topic, welche, ohne alle Partei⸗Rüchsichten, über die Tages⸗Gegenstände Belehrung liefert, die mit allgemeinem Beifall aufgenommen wird Das erste Stück enthielt einen gediegenen Aufsatz über den Krieg in Indien, das zweite über den Tarif, das dritte über Oregon und das letzte über Polen. Dieser ist besonders zeitgemäß und scheint von einem Mann herzurühren, der das Land und dessen Verhältnisse genau kennt und besonders über die allerletzten Begebenheiten wohlunter⸗ richtet ist. Die nächste Nummer soll gänzlich Irland gewidmet werden.
Die Blätter von Neu⸗Seeland enthalten statistische Mittheilun⸗ gen über unsere dortigen Kolonieen. Die Bevölkerung in den süd- lichen oder Compagnie⸗Kolonieen wird darin zu 9000, in den nörd-⸗ lichen oder Regierungs⸗Kolonieen zu 3500 Köpfen angegeben; erstere zählten 13,129 Schafe und 3125 Stück Hornvieh im Gesammtwerthe von 57,000 Pfd. St., letztere 1936 Schafe und 1768 Stück Horn⸗ vieh im Gesammtwerthe von 28,000 Pfd. St. Die südlichen Kolo⸗ nieen besaßen 3341, die nördlichen Kolonieen 1996 Morgen ange⸗ bauten Landes. Die Gesammt⸗Ausfuhren, meist in Erzen bestehend, vpicefeg sich bis zum Februar 1845 auf einen Werth von 136,000 Pfd. St.
London, 2. Mai. (B. H.) Gestern nahm das Unterhaus die so oft vertagte Debatte über die erste Verlesung der irländi⸗ schen Zwangsbill wieder auf und brachte sie endlich zum Schlusse. Es wurde nämlich die erste Verlesung der Bill mit 274 gegen 125, also mit einer Majorität von 149 Stimmen, geneh⸗ migt. Die der Abstimmung vorhergehende Debatte bot wenig Be⸗ merkenswerthes dar. Die Herren Somers, M. O'Connell, T. O' Brien, Bellew und H. Grattan sprachen gegen die Bill, welche auch Herr Colquhonn, ein Tory, wiewohl er für dieselbe stimmen zu wollen erklärte, als durchaus ungenügend zur nachhaltigen Sicherung der Ruhe in Irland bezeichnete. Darauf wiederholte der Gene⸗ ral⸗Prokurator, der allein von den Mitgliedern der Regierung das Wort nahm, die so oft schon von den Ministern vorgebrachten Argumente zu Gunsten der Bill. Außer ihnen sprachen noch die Herren Collett und Capitain Fitzmaurice für, Sharman Crawford, Roche und Capitain Layard gegen die Bill. Major Beresford erklärte, zwar für die erste Verlesung der Bill votiren zu wollen, sie jedoch als eine ganz unnütze Maßregel zu betrachten. Die Obersten Raw⸗ don, Sibthorp und Lord Ingestrie schlossen die Debatte, und nachdem Lord G. Bentinck zum Schlusse nachdrücklichst in Abrede gestellt hatte, daß zwischen ihm und Herrn Smith O’' Brien irgend eine Vereinbarung über die dem Hause vorliegenden Bills getroffen worden sei (man erinnert sich der Anfrage des Herrn O'Brien über die von den Protectionisten in Betreff Irlands beabsichtigten Maßnahmen), erfolgte die Abstimmung mit dem oben angegebenen Resultate.
Das Oberhaus beschäftigte sich gestern mit der Eisenbahn⸗ Bill, welche das Comité passirte. h-““
Niederlander.
Aus dem Haag, 1. Mai. Der Finanz⸗Minister hat dem Könige einen Bericht über den Stand der Staalsschuld am 1. Ja⸗ nuar 1844 und am 1. Januar 1846 eingereicht, aus welchem her⸗ vorgeht, daß das Kapital der Schuld in diesem Zeitraume um 3,027,708 Fl. 89 ½ Cts. sich vermehrt, die jährliche Rente aber um 1— 3,711,738 Fl. 5 Cts. sich vermindert hautt.
Am 1. Januar 1844 betrug die e“
an Kapital an Renten konsolidirte Schuld. 1,201,017,575 Fl. 18 38,758,894 Fl. 88 schwebende » 7,077,418 » 09 740,791 » 00 1228,05,903 Fl. 27 30,00/085 Fl. 88
Am 1. Januar 1846 betrug die konsolidirte Schuld. 1,225,212,861 Fl. 00 335,662,509 Fl. 83 schwebende » 5,909,841 » 16 ½ 125,438 » 00
71271 F. 15 35,N FvS
Durch Königlichen Beschluß vom 25. April werden die seelän⸗ dischen Reichsthaler oder Stücke von 2 Gulden 60 Cents, welche beschnitten sind oder keinen Rand haben, außer Umlauf gesetzt. Die seeländischen Thaler, deren Umschrift und Rand unversehrt sind, sollen einstweilen in Umlauf bleiben. Die Halben⸗, Viertel⸗ und Achtel seeländischen Thaler sind in obiger Maßregel nicht einbegriffen.
MAMRepräsentanten⸗Kammer. Sitzung vom 27. April. Nachdem der Sonntag die Debatte über das Ministerium einen Tag unterbrochen hatte, wurde sie heute wieder aufgenommen, und zwar durch Herrn Verhaegen, der ein Schreiben des Herrn Delfosse, Deputirten für Lüttich, verlas, worin dieser seine Theilnahme an den Schritten rechtfertigt, welche Herr Rogier zur Bildung eines Kabinets gethan hatte. Herr Delfosse behauptet, daß gerade diejenigen die Königliche Prärogative verletzten, welche dem Königthum das Recht absprächen, nach reiflicher Erwägung die Bestimmungen frei anzuneh⸗ men, die Jemand als Bedingung seines Eintritts ins Ministerium stelle. Auf den Tadel, daß sie die Auflösung auf sehr unbe⸗ stimmte Fälle hin verlangt hätten, habe er nur zu erwiedern, daß es dem Könige immer gegebenen Falls unbenommen geblieben, die Auflösung zu verweigern, indem Se. Majestät hätte erklären können, daß der bezeichnete Fall für die Auflösung der Kammer nicht vorhanden sei, falls etwa das Ministerium die gestellten Bedingungen hätte mißbrauchen wollen. Dem Könige sei durchaus nicht sein Recht der Würdigung des Falls beschränkt worden, man hätte sich aber Garantieen für den Fall eines Zwiespalts mit den Kammern aus⸗ wirken müssen, obgleich es dem Könige immer frei geblieben, ihnen sein Vertrauen zu entziehen. Man habe sich schützen müssen gegen die Wiederkehr des Falls von 1840, gegen den Se⸗ nat, während man in der Repräsentanten⸗Kammer sicher eine Majorität hätte erwarten dürfen. Das Ministerium von 1840 habe in dieser Kammer eine hinreichende Majorität gehabt, und da die liberale Partei stärker geworden, hätte ein liberales Ministe⸗ rium auch eine sichere Majorität erlangt. Es sei unwahr, daß die katholische Partei die Majorität habe, sie sei nur dadurch in der Ma⸗
ungefähr ein Dutzend Hände zu Gunsten des Ministers, und seine
jorität, daß sie das Ruder in Händen habe; das Umgekehrte würde
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