1846 / 182 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

sehe, vorläufig aber sich provisorisch zu ver⸗ sammeln.

Das Kolonial⸗Conseil von Martinique ist am 12ten v. M. von dem Gouverneur Mathieu eröffnet worden; die Antwort⸗Adresse ent⸗ hält einen heftigen Protest gegen das Gesetz vom 18. Juli v. J., welches den Ruin der Kolonie bezwecke und nichts weiter sei, als eine verkappte Emancipation. Solle eine soziale Aenderung in der Kolo⸗ nie eintreten, so müsse wenigstens eine hinlängliche Entschädigung stattfinden, und wenn Frankreich, wie Herr Guizot vom marolkani⸗ schen Kriege gesagt, reich genug sei, seinen eigenen Ruhm zu bezah⸗ len, so dürfe es die Beraubung seiner Kinder nicht gutheißen. Der Gouverneur versicherte darauf, die Regierung umfasse alle Franzosen diesseits und jenseits des Oceans mit gleicher Liebe.

Die Mitglieder der Regierungs⸗Kommission, welche nach Aegypten gesandt wurde, um an Ort und Stelle die besten Mittel ausfindig s mit einer Mäßigung benommen, an welche die Vorgänger des Ge⸗

zu machen, wie der Transport der indischen Post von Suez nach Marseille zu fördern sei, sind wieder in Marseille eingetroffen. Trotz vieler Widerwärtigkeiten auf dem Wege und des niedrigen Wasser⸗ standes auf dem Nil und dem Kanal Mahmudi, legten sie den Weg von Suez nach Marseille in neun Tagen zurück. Es heißt, daß die Regierung bedeutende Veränderungen in dem ganzen Paketbootdienst nach dem Orient beabsichtige, um dadurch zu verhindern, daß derselbe von der Verbindung über Triest überflügelt werde.

In Dieppe hat man Nachrichten aus Neufundland vom 14ten v. M. erhalten, wonach zwei französische Schiffe aus St. Pierre, welche Häringe an der dortigen Küste hatten ankaufen wollen, von englischen Kreuzern konfiszirt worden, weil die Ausfuhr von Häringen nur auf englischen Fahrzeugen gestattet ist. Die Journale von Saint⸗ Pierre bei Neufundland berichten von einer merkwürdigen Natur⸗ Erscheinung: sie versichern nämlich, daß die Insel sich allmälig immer mehr über den Meeresspiegel emporhebt, was die Einwohner natür⸗ lich in große Unruhe versetzt, denn, wenn auch kein größeres Unglück erfolgen sollte, so werden doch die besten Häfen der Insel in kurzem unbrauchbar gemacht sein.

Nach dem Esprit public ist die Militair⸗Verwaltung damit beschäftigt, die Forts um Paris insgeheim bewaffnen zu lassen; ganz in Kürze würden sie mit Besatzungen versehen werden, zu diesem Zwecke richte man bereits die Kasematten ein; Marschall Bugeaud würde das General⸗Gouvernement von Algerien mit dem General⸗ Kommando über die Fortificationen und das Heer von Paris ver⸗ tauschen und den General Lamoricidèere zum Unter⸗Kommandanten erhalten; General Bedeau würde mit dem General⸗Gouvernement von Algerien beauftragt, dieses aber später in ein Vice⸗Königthum zu Gunsten des Herzogs von Aumale umgewandelt werden. Der Esprit Public berichtet ferner, die Munizipal⸗Garde werde mit großer Emsigkeit in den militairischen Manövern eingeübt, und selbst den Pompiers sei durch einen besonderen Tagesbefehl eröffnet wor⸗ den, daß sie fortan zur Garnison von Paris gehörten und sich bereit halten müßten, mit dieser bei jedem Anlasse als militairisches Corps zu operiren.

Die in Nancy in Folge der hohen Brodpreise am 20sten aus⸗ gebrochenen Unruhen waren am 23sten Abends noch nicht völlig ge⸗ stillt. Man hoffte jedoch, daß das Kürassier⸗Regiment, welches um Mitternacht zur Verstärkung der Garnison einrückte, die Ruhe wieder herstellen werde. Der Tumult war nur durch ein Mißverständniß hervorgerufen worden. Der Maire der Stadt hatte nämlich eine Proclamation erlassen, worin er den Einwohnern anzeigte, daß der Stadt⸗Rath in Verbindung mit dem Wohlthätigkeits⸗Verein Maßre⸗ geln getroffen habe, um ein weiteres Steigen des Brodtes zu ver⸗ hindern, indem er sie zugleich im Hinblick auf die nahe und reiche Aerndte zu beruhigen suchte. In dieser Proclamation stand auch der Ausdruck „bons des secours“, d. h. Anweisungen, auf welche jeder Arbeiter, der eine zahlreiche Familie hat oder arbeitslos ist, das Brod von 8 Kilogramm zu 2 Fr. 70 Cent. erhalten sollte. Die Arbeiter schlossen hieraus, daß das wohlfeilere Brod nur an diejeni⸗ gen vertheilt werden solle, welche in den Armenlisten eingeschrie⸗ ben seien.

Der Moniteur enthält eine Königl. Verordnung über Grün⸗ dung einer wissenschaftlichen Fakultät zu Aix. Sie wird fünf Lehr⸗ stühle: für Philosophie, Geschichte, alte Literatur, französische Lite⸗ ratur und fremde Literatur, erhalten, zu denen die ersten Ernennun⸗ gen vom Unterrichts⸗Minister erfolgen.

Die Abwesenheit sämmtlicher Minister bei der Trauer⸗Feier für Gregor XVI. wird in hiesigen Blättern folgendermaßen erklärt: Der Erzbischof von Paris habe, indem er die Einladungen an die Mi⸗ nister und vorzüglichsten öffentlichen Beamten gerichtet, deren keine an Herrn Guizot, Herrn Delessert und an die anderen protestanti⸗ schen Beamten gesandt. Man habe anfangs bei dem Prälaten dar⸗ auf gedrungen, daß er von dieser Ausschließung zurückkomme, später, daß er dieselbe in einem Schreiben an die Ausgeschlossenen motivire; allein es scheine, daß man, als dieses Schreiben abgefaßt gewesen, vorgezogen habe, dasselbe nicht abzusenden. Auch seien blos an die der ka⸗ tholischen Religion angehörenden Mitglieder des diplomatischen Corps Einladungen ergangen; deshalb seien weder katholische noch prote⸗ stantische Mitglieder dieses Corps bei der Feier erschienen. Eben so habe es sich mit den Verwaltungs⸗Beamten verhalten, so daß die sämmtlichen offiziell Eingeladenen der Feier nicht beigewohnt. Was in der Notre⸗Dame⸗Kirche vorgegangen, habe sich seitdem in den Pfarrkirchen erneuert, wo man bei der Trauerfeier die gänzliche Ab⸗ wesenheit des offiziellen Personals bemerkt habe.

Der Courrier frangais macht darauf aufmerksam, daß Eng⸗ land die einzige der großen Mächte sei, welche zu Rom keinen Ge⸗

790 sandten habe. Der einzige Repräsentant Englands in den Kirchen⸗ staaten sei sein Konsul zu Ancona. Geheime Unterhandlungen seien unter dem letzten Pontifikat angeknüpft worden, um einer solchen Lage ein Ende zu machen, allein sie hätten zu keinem Resultat ge⸗ führt, und man versichere, daß diese Unterhandlungen jetzt wieder aufgenommen werden sollten.

Das Journal des Débats findet die nächste Veranlassung zu dem Ausbruch des Krieges zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko darin, daß die Nord⸗Amerikauer die Gränze von Texas bis an den Rio Grande ausdehnten und das Gebiet bis dahin besetzten, während die eigentliche Gränze nur bis an den Fluß Nueces reiche. „Präsident Polk“, sagt es, „hat sich der Welt dargestellt, als handle er in rechtmäßiger Vertheidigung. Wahrscheinlich wird es aber fort⸗ an feststehen, daß er im Gegentheil der Angreifende gewesen, und daß die Ceutral⸗Regierung von Merxtko sich bei dieser Gelegenheit

neral Paredes die Mächte, die mit ihnen zu unterhandeln hatten, nicht gewöhnt. So lange die Soldaten der Union zu Corpus⸗Christi waren, befanden sie sich unter texianischen Kolonisten, und die Mexika⸗ ner kehrten sich nicht daran. Allein General Taylor ertheilte den Be⸗ fehl, das ganze Land bis zum Rio Grande zu besetzen, urd erst als er den Fluß erreicht, betrachteten sich die mexikanischen Generale als angegriffen und bereiteten sich zum Kampfe vor, nicht ohne an General Taylor Aufforderungen gerichtet zu haben. Also entspringt der Krieg daher, daß der Präsident der Vereinigten Staaten es für angemessen gehal⸗ ten, sich des Landes zwischen dem Nueces und Rio Grande zu be⸗ mächtigen. Geschah dies mit Recht oder Unrecht? Präsident Polk sagt heute, daß er dabei nur die Rechte der Vereinigten Staaten basnech erhalten, und daß Texas, als integrirender Theil der Union, bis zum Rio Grande reiche; dies ist es aber gerade, was man sehr richtig bestreitet, und was mehrere Redner im Kongreß hart getadelt. Freilich hatten die Texianer entschieden, daß Texas den Rio Grande als Gränze habe; allein hierin hatten sie mit dem ihnen gewohnten Uebermuthe gehandelt, der sie auch bewogen, sich Eingriffe in alle benachbarten mexikanischen Provinzen zu erlauben. Nun halten sie das ganze Land zwischen dem Nueces und dem Rio Grande besetzt. Im Osten, nach dem Nueces zu, hat das Land texianische Nieder⸗ lassungen, in der Nähe des Rio Grande aber wird Alles mexikanisch. Die Bevölkerungen des linken Ufers des Rio Grande sind eben so wie die des rechten Ufers im mexikanischen Kongreß vertreten worden, ohne es je im texianischen Kongreß zu sein. Die wahre Gränze des unabhängigen Texas war und mußte die des alten mexikanischen De⸗ partements dieses Namens sein. Weiter hinausgehen wollen, beson⸗ ders ohne vorgängige Unterhandlungen mit den Mexikanern und durch die bloße Wassengewalt der Union, ist eine ungerechte, auf bloße Ge⸗ walt gestützte Anmaßung, es ist eine Beraubung. Ja, Herr Polk kann nicht einmal den Versuch zur Rechtfertigung machen, daß er etwa sagte, die Mexikaner hätten jedes Uebereinkommen in Betreff der Gebiets⸗Abtretung abgelehnt. Es geht selbst aus dem dem Kon⸗ greß vorgelegten Aktenstücke hervor, daß die mexikanische Regierung blos etwas Feit verlangte, um die Gemüther zum friedlichen Ver⸗ gleiche zu stimmen.“

Die Sentinelle von Bayonne berichtet in ihrer Nummer vom 4sten d., daß am Abende zuvor die Offiziere der dortigen Garnison dem Infanten Don Enrique, welcher am Morgen des 24sten von Bayonne abzureisen gedachte, insgesammt einen Abschieds⸗Besuch machten.

Am 1. Juli wird zu Marseille die Eröffnung des wissenschaft⸗ lichen Kongresses in Frankreich statthaben. Das Organisations⸗Comité hat das Programm der bevorstehenden Arbeiten veröffentlicht und ladet alle Personen, welche an dem Fortschritte der Wissenschaften und Künste Theil nehmen, ein, sich den Arbeiten des Kongresses an⸗ zuschließen. Die Akademieen und gelehrten Gesellschaften Frankreichs werden gebeten, sich dabei repräsentiren zu lassen. Die Session wird 10 Tage dauern.

*₰ Paris, 27. Juni. In der heutigen Sitzung der Pairs⸗ Kammer hielt Graf⸗Portalis zuerst die Gedächtniß⸗Rede auf das verstorbene Mitglied, Baron Portal. Nach Vorlegung verschiedener Berichte durch die betreffenden Berichterstatter der Kommissionen ver⸗ langt Marquis von Boissy das Wort über die Tages⸗Ordnung. Er wünscht, der Gesetz⸗Entwurf in Betreff eines Kredits von 13,500,000 Fr. für Arbeiten an mehreren Handelshäfen u. s. w. möge sogleich nach dem Einnahme⸗Budget zur Verhandlung kommen. Die Tages⸗Ordnung sei sehr überladen, die Kammer habe Eie, damit zu Ende zu kommen, und es sei nöthig, daß die dringendsten In⸗ teressen des Landes Befriedigung fänden. Außerdem habe die Zeit gesehlt, um die vorgelegten Berichte zu studiren. Der Redner ent⸗ wickelt ausführliche Betrachtungen über die Nothwendigkeit der Vertagung der Verhandlung und stützt sich dabei auf einige Stellen des Berichts über den genannten Gesetz⸗Entwurf selbst. Der Minister der öffentlichen Arbeiten bekämpft diese Vertagung; der betreffende Gesetz⸗Entwurf sei von der höchsten Wichtigkeit, die dabei betheiligten Handels⸗Interessen könnten keinen Aufschub ertragen. In dieser Beziehung sei allerdings die Kommis⸗ sion mit der Regierung nicht in vollem Einklang, sie halte den Ge⸗ setz⸗Entwurf nicht für so dringend als diese, aber einige Aufflärun⸗ gen würden wohl alle Skrupel und Zweifel beseitigen. Der Minister geht nun auf Einzelnheiten ein, aus denen sich ergiebt, daß nach dem Gutachten der Ingenieure die beabsichtigten Arbeiten eben so unbe⸗ streitbar nützlich sind, als ihre Vertagung unmöglich ohne Nachtheil geschehen könnte. Baron Tupinier erklärt sich gleichfalls energisch

gegen die Vertagung; aber Marquis von Boissy spricht aufs neue für dieselbe. Es handle sich um das Interesse der Steuerpflichtigen, um die Zukunft und zugleich um die Würde und das Ansehen der Pairs⸗Kammer. Herr Victor Hugo dagegen spricht kräftig für das Dringende der vorzunehmenden Arbeiten. Er wünscht, daß zu einer allgemeinen Gesetzgebung in diesem Betreff geschritten werde, zu welcher das vorliegende Gesetz nur einen Theil bilde. Dieses Gesetz müsse in demselben Geiste abgefaßt werden, wie ihn das tref⸗ liche Wort des Herrn Ministers der öffentlichen Arbeiten bezeichnet habe. Das Meer sei ein zu fürchtender Feind für Frankreich, es reiße dem Lande immer mehr Boden ab, und dagegen müsse se schleunig als möglich Vorsorge getroffen werden. Heute fresse es eime Landzunge auf, morgen greife es ein Dorf an, übermorgen könne et die Existenz einer Stadt bedrohen. Die Einwirkung des Meeres auf die Küste sei unablässig, gleich der der Luft auf die Berge. Der Redner entwickelt eine förmliche Theorie der atmosphärischen Phänomene, die zuletzt die Ungeduld der Kammer erregt wegen ihrer Länge und als nicht zur Sache gehörig. Der Kanzler sieht sich endlich genöthigt, einzuschreiten und Herrn Victor Hugo zu bemerken, daß er nicht von der Spezialfrage spreche, um die es sich handle. Was derselbe gesagt, sei sehr gut, aber auf solche Weise, mit solchen Abschweifungen würde man mit der Verhandlung gar nicht zu Ende kommen. Man würde ganze Bände liefern, ohne zu einer Entschei⸗ dung zu gelangen. Herr Victor Hugo behauptet, er sei bei der Frage stehen geblieben (Rufe zur Abstimmung); jede Frage habe zwei Gesichtspunkte, einen allgemeinen und einen besonderen. Er be⸗ handle in diesem Augenblick die allgemeine Frage (Lärm, Unterbrechung wiederholter Ruf zur Abstimmung). Er behauptet zuerst die Dringlichkeit des Gesetzes; Havre, der erste Hafen Frankreichs, sei bedroht; Havre se⸗ am Ocean, was Marseille am Mittelmeere für Frankreich. Dar Kanzler bemerkt dem Redner aufs neue, er spreche nicht von der vorliegenden Frage. Herr von Laplace behauptet ebenfall der Redner gehe aus der Frage heraus, überschreite die Gränzen der Debatte. Dies könne er bei der Verhandlung des Gesetzes selbst und er (von Laplace) gedenke dann gleichfalls eine Interpellation e- den Minister der öffentlichen Arbeiten zu stellen. Für den Augenblit müsse man aber bei dem Punkt stehen bleiben, um den es sich handl. Herr Victor Hugo: Wenn er sonach jetzt nicht sprechen könne, so behalte er sich vor, bei der Diskussion des Gesetzes selbst alle seime Ideen aus einander zu setzen. (Ruf: Ja! Ja!) Der Antrag der Marquis von Boissy wird verworfen. Die darauf folgende Ver⸗ handlung bot kein allgemeines Interesse.

Großbritanien und Irland.

London, 27. Juni. Die allgemeine Aufmerksamkeit ist ge⸗ genwärtig zu sehr auf das Resultat der ministeriellen Bewveinge gerichtet, als daß im Parlamente irgend ein neuer Gegenstand u ausführlicher Erörterung gelangen könnte. Man ist gespannt auf die Erklärungen der Minister in der Montags⸗Sitzung des Unterhauses, da dann, wie man glaubt, Sir Robert Peel sowohl wie Lord John Russell die erwarteten Aufschlüsse über den Verlauf der ministeriellen Krisis geben werden. Gestern erhielten im Oberhause die Korn⸗ Bill und die Tarifbill nebst einer großen Anzahl anderer Bills durc eine Kommission die Königliche Bestätigung, und im Verlauf der dar⸗ auf folgenden kurzen Diskussion wurden auf beiden Seiten des Hau⸗ ses einige Andeutungen über den precairen Zustand des Ministerüuns laut. Der Graf von Ripon erklärte, daß er es unter den gegen⸗ wärtigen Umständen, in denen sich die Regierung befinde, für nicht angemessen halte, seine angekündigten Amendements zu dem Berichte übe die Pensionsbill für die Lords Hardinge und Gough dem Hause vorzulegen, und der Lordkanzler verhinderte aus demselben Grunde den Fortgamg einer daraufvorgenommenen kleineren Bill. Uebrigens waren die ministerie⸗ len Bänke, leer und das Haus vertagte sich sehr bald. Im Unter⸗ hause, wo sich eine große Anzahl von Mitgliedern schon frühzeitn versammelt hatte, wurde die Anzeige des Sprechers mit lauten Beifall aufgenommen, daß er im Oberhause gewesen sei und don gehört habe, die Korn⸗Bill und Tarif⸗Bill hätten die Königliche B⸗ stätigung erhalten. Nachdem hierauf der Bericht über die Zucken Bill vorgelegt und deren dritte Lesung auf Montag festgesetzt wan vertagte sich das Haus. b Von den ministeriellen Bewegungen weiß man noch nichts wen ter, als was die Times heute Morgen berichtet. Es bestätigt sich daß Sir Robert Peel gestern nach Beendigung des Kabinets⸗Rathen sich nach Osbornehouse auf der Insel Wight begeben hat, um dej Königin die Entlassung des Ministeriums einzureichen. Ihre Majesti wird, wie es heißt, übermorgen nach der Stadt kommen, damit di Zusammensetzung des neuen Kabineto bequemer bewerkstelligt werd fönne, vorher aber wohl noch Lord John Russell zu sich bescheid Der Marquis von Landsdowne hat, dem Vernehmen nach, seines A ters und seiner Kränklichkeit wegen jede Betheiligung an den vord reitenden Schritten abgelehnt. Uebrigens wird das jetzige Minist rium, damit die Geschäfte nicht ins Stvcken gerathen, bis zur Miun der nächsten Woche im Amte bleiben, obgleich die nöthigen Auflst rungen über den Verlauf der Dinge schon übermorgen erfolgen wer den. „Was für ein Kabinet“, schreibt die Times, „aus dem 9.9 genwärtigen chaotischen Zustande hervorgehen wird, beruht bis seß noch durchaus auf Vermuthung. Ein Gerücht deutet auf die Wi derherstellung des alten Whig⸗Kabinets und auf eine ausschließlich Verwendung der ursprünglichen Elemente desselben nach strengen Grundsätzen, als wie sie den fehlgeschlagenen Bildungsversuch veo Dezember v. J. charakterisirten. Indeß die einfache Frage ist: w soll das Minisserium thun? und wie soll es vorwärts kommen? D.

Baches, die Reste eines Lavastromes bis nach Bertrich herab. Stellen⸗ weise fließt der Bach noch jetzt über den Köpfen der Säulen sort, in welche die Lava abgesondert ist. Der Bach hat daher sein Bett noch nicht wieder überall so tief ausgehöhlt, als es beim Ergusse der Lava war. Durch Nachweis des Gefälles des Baches wurde versucht, diese Er⸗ scheinung zu erklären. In zwei Nebenthäler, welche sich in den Uesbach ergießen, ist die Lava aus dem Hauptthale eingedrungen und hat dieselben bis zu einer gewissen Höhe erfüllt. Der Lavastrom im Thale beweist, daß die Oberfläche der Gegend zur Zeit des vulkanischen Ausbruches schon ziemlich ihre gegenwärtige Form gehabt hat; auf den 700 Fuß über der Thalsohle liegenden bochebenen konnten daher keine großen Wasser⸗Samm⸗ lungen sein. Die Schichten von Schlacken⸗ und Schieferstücken, welche die vulkanischen Hügel in ziemlich weitem Umkreise umgeben, können daher nicht auf Ablagerungen im Wasser zurückgeführt werden, sie können nur einem Regen gleich beim Ausbruche niedergefallen sein. Merlwürdig ist es, daß die vulkanische Spalte sich auf der Hochebene in einer geringen Entfernung von dem tief eingeschnittenen Thale öffnete, hier den viel größeren Druck überwand, und daß so geringe Massen als Erzeugniß einer so gewaltigen Kraft an die Oberfläche traten. Zu ganz ähnlichen Betrachtungen p viele der vulkanischen Ausbrüche der hohen Eifel, welche sich von Bertrich an auf eine Erstreckung von 6 ½ Meilen bis zum Goldberge bei Ormund seher, Norg⸗We in einer Richtung wie auf einer großen Spalte aus⸗ ehnen. .“

Hierauf zeigte der Geheime Bergrath und Professor Nöggerath meh⸗

rere neue, merkwürdige Mineralien vor, auch große, schöne Krpstalle des so⸗ genannten Struvits (phosphorsaure Talkerde. Ammontak⸗Wasfer), welche das Prodult einer seit dem großen Brande in Hamburg verschülteten Kloafe ind. Bekanntlich hatte der Fund dieser Krpstalle in dem Hamb. Korre⸗ ponvdenten Koniroversen uͤber die Frage: ob diese Substanz eine Mine⸗

ralspezies sei, zwischen dem Herrn Ulex und dem Herrn Professor Wiebel hervorgerusen, in welchen Ersterer die Bejahung, der Zweite aber die Ver⸗ neinung dieser Frage behauptet. In der Gesellschaft glaubte man auch, ob⸗ gleich der Fund so großer Krystalle dieser chemischen Verbindung für inter⸗ essant genug gehalten wurde, den sogenannten Struvit, guf den Grund sei⸗ ner neueren Entstehungsweise aus organischen Ausscheidungen, nicht in das Gebiet der Mineralogie aufnehmen zu dürfen. Nöggerath hatte die Stru⸗ zeigiszahe unmittelbar von dem Herrn Professor Wiebel in Hamburg er⸗ alten.

Professor Argelander hielt einen Vortrag über die eigenthümlichen Anomalieen der Bahn des Uranus. Nach der Entdeckung dieses Planeten am 13. März 1781 fand man nach und nach in den Beobachtungs⸗Re⸗ gistern verschiedener älterer Astronomen zwanzig Beobachtungen auf, bei denen man denselben, da sein kleiner Durchmesser ihn in den älteren schlech⸗ teren Fermöhren nicht von einem Fixsterne unterschied, für einen solchen ge⸗ halten hatte. Diese Beobachtungen trugen nicht wenig zur genaueren Be⸗ stimmung der Elemente seiner Bahn bei. Als aber im Jahre 1821 der verstorbene verdienstvolle französische Astronom Bouvard genauere Tafeln be⸗ rechnete, fand er, daß solche, welche die sehr zahlreichen neuen Beobachtun⸗ gen alle gut darstellten, von den älteren um Quantitäten abwichen, die sich durch Beobachtungsfehler allein nicht erklären ließen. Diese sonderbare Anomalie bewog den verewigten Bessel, zu untersuchen, ob eine Aenderung der bei der Berechnung angenommenen Saturnsmasse sie beseitige. Es zeigte sich, daß man diese Masse etwa um ein Drittheil verändern müsse, um allen Beobachtungen Genüge zu leisten, eine Aenderung, welche mit den Wirkungen des Saturns auf andere Himmelskörper durchaus nicht in Uebereinstimmung zu bringen ist. Da nun auch andere Erscheinungen im Sonnensvsteme vermuthen ließen, daß einzelne Himmelskörper nicht mit lei⸗ cher Kraft auf jeden der übrigen wükten, so unzersuchte Beffel, ob ia- wao⸗

dification des Newtonschen Gesetzes in diesem Sinne mit den übrigen Himmel

Erscheinungen übereinstimmte. Nur der erste Theil dieser wichtigen Unt suchung ist in den berliner Memoiren erschienen. Denn bald nachher kla ten sich jene anderen Widersprüche, zum Theil durch Bessel's Bemühunge selbst, auf eine andere Weise auf. Mittlerweile waren auch die Bouvardsch Uranustafeln von den neuesten Beobachtungen schon bedeutend abgewiche und Bessel fing jetzt an, die Erklärung der Anomalie des Uranus dun das Dasein eines noch unbekannten großen Hauptplaneten außerhalb 8o Uranusbahn und die von ihm ausgeübten Störungen für wahrscheinle zu halten. Er beabsichtigte daher eine neue Bearbeitung der Uramg Theorie, zu der er Vorarbeiten zum Theil selbst schon gemacht, zum 81 durch Andere hatte machen lassen. Leider wurde er uns zu früh füf Vollendung dieser so wie vieler anderen wichtigen Arbeiten entruckt. . so erfreulicher ist es, daß wir von einer anderen Seite eine Auflh rung hierüber erhalten haben. Herr Leverrier in Paris nämlich seit mehreren Jahren sich mit der Theorie des Uranus beschäftigt, um diese mit großer Umsicht geführte Untersuchung hat ibm das merkwürdt Resultat gewährt, nicht nur, daß die Anomalieen in der Uranusbahn s durch die Annahme eines etwa doppelt so weit als diese von der Soun entfernten Planeten erklären lassen, sondern daß guch mit großer Wale scheinlichkeit der Ort angegeben werden lönne, wo dieser Himmelsköre zu suchen sei. Wenn dieser also nur hell genug ist, um ihn aus der glo ßen Menge kleiner Sterne, denen er im Aussehen gleichen muß, heran zu finden, so werden wir hoffentlich in kurzem eine höchst wichtige

deckung am Himmel machen, zu welcher die Theorie uns den Fingerzeig! geben hat.

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Wenige, was wir zu sehen bekommen, macht die Dunkelheit noch größer. Ein volksthümliches Kabinet, populaire Männer und Maß⸗ gegeln sind verständliche Dinge. Wir können uns wenigstens einen Ver⸗ in von Männern denken, welche neue Anhänger herbeiziehen, neue Sympa⸗ bieen gewinnen und den Kreis des Whig⸗Einflusses erweitern würden. Es aiebt keinen anderen Fortschritt auf der Welt, als den, welcher im⸗ wer das Neue in das Alte aufnimmt. Was nur auf sich beschränkt st und nur sein eigenes Wesen wieder zu erzeugen strebt, ist auf dem Wege zum Untergang. Aber wenn wir glauben sollen, was wir vernehmen, so ist dies der Fall Lord J. Russell's, der vielmehr auf je eingeborene Vitalität seines politischen Systems oder auf den loßen Namen des Whiggismus sich stützen will, als auf die ge⸗ vöhnlichen Mittel, durch welche Staatsmänner ihren Einfluß erweitern nd dauernd machen.“ Die Times setzt aus einander, daß die Be⸗ olgung dieses Raths den Keim des Unterganges in das neue Mini⸗ erium legen würde, denn die Whigs, als Partei in der Minorität, vürden sich nur durch die precaire Unterstützung der anderen Par⸗ eien halten können und daher jeden Augenblick einer entscheidenden Miederlage gewärtig sein müssen. „Wir fürchten“, heißt es weiter, daß Lord John Russell's Sache hoffnungslos ist, wenn er sich nicht ofort daran macht, seine Streitkräfte zu mehren. Das Haupt einer angen siegreichen Partei darf es wohl vergessen, seine Mannschaft zu zählen. Sein Name allein ist eine Heerschaar. Tausende erheben ch auf seinen Ruf und schaaren sich um sein Banner. Der Häupt⸗ ing aber, der sich noch zur Macht hindurch zu fechten hat, darf den numerischen Vergleich nicht gering achten. Er nuß seinen Gehülfen auf halbem Wege entgegenkommen und Maßregeln wählen, welche Mannschaft schaffen. Ohne Mann⸗ chaft geht er zu Grunde. Stimmen, Stimmen und wieder Stimmen, das ist das Erste, was Lord John Russell sich verschaffen nuß, wenn er kann; dazu aber gehören ein volksthümliches Kabinet, olksthümliche Männer und volksthümliche Maßnahmen.“ Die Times eutet damit unverhohlen an, daß sie der Herrschaft des radikalen Systems huldigt, denn nur die Aufnahme des radikalen Elements in die Whig⸗Partei kann Lord John Russell die Bildung einer einiger⸗ naßen haltbaren Partei möglich machen.

Die Gazette meldet die Ernennung des General⸗Major Sir John Harvey zum Vice⸗Gouverneur von Neu⸗Schottland und des Herrn Higginson zum Gouverneur von Antigua, Montserrat u. s. w. In demselben Blatte findet sich die Ernennung des großbritanischen Gesandten am berliner Hose, Grafen von Westmoreland, zum Groß⸗ kreuz des Bath⸗Ordens.

Die nordbritische Eisenbahn, welche sich von Edinburg bis Ber⸗ vick erstreckt und einen bedeutenden Theil der großen Bahn bildet, die in wenigen Monaten die Hauptstädte Englands und Schottlands verbinden wird, wurde am vorigen Donnerstag eröffnet. Obgleich der Festzug aus 26 bis 28 Wagen bestand, welche mit den 5 Loko⸗

otiven und Tenders eine Weglänge von 6—700 Fuß einnahmen, o wurde doch die ganze Bahnstrecke von 59 englischen Meilen in 2 Stunden und 3 Minuten zurückgelegt.

Zu Tremeirchion in der Grafschaft Denbigh soll in kurzem ein Iesuiten⸗Kollegium erbaut werden. Bei der neulichen Consecration es katholischen Titular⸗Bischofo Dr. Ullathorne waren der Pater Lithgoe, Provinzial der Jesuiten in England, und Dr. Barber, Gene⸗ ral⸗Abt der englischen Benediktiner, anwesend.

““ Brüssel, 28. Juni. Graf de Briey wird als Kandidat für den neu zu besetzenden belgischen Gesandtschafts⸗Posten in Rom be⸗ zeichnet. Auch die Ernennung eines bevollmächtigten Ministers beim russischen Hofe soll nahe bevorstehen. Ferner soll mit Spanien eine engere Verbindung angeknüpft und zu diesem Zwecke ein ausgezeich⸗ neter Diplomat nach Madrid gesandt werden.

Der dänische Geschäftsträger Coopmans hat dem Könige die Unsignien des Elephanten⸗Ordens überreicht.

Der Commerre d'’'Anvers berichtet: „Wir erhalten fort⸗ vihrend eine ungeheure Menge Getraide. Seit dem 20sten d. sind in unserem Hafen 42 Ladungen Weizen und 26 Ladungen Roggen, mehrere Ladungen Gerste und eine Ladung Hafer angekommen. Gestern liefen 36 Schiffe, worunter mehrere Dreimaster, in unsere Baüins ein. Diese Bassins haben selten so viel Schiffe enthalten, als jetzt.“

Herr H. de Brouckere hat bei seinem Abtreten von der Verwal⸗ tund der Provinz Lüttich ein Schreiden an alle Verwaltungs⸗Behör⸗ den derselben erlassen, worin er denselben seinen Dank für das ihm bewiesene Vertrauen und ihr kräftige Unterstützung ausspricht.

Vorgestern Abend wurde das kirchliche Jubiläum zu Lüttich

ffeierlichst geschlossen.

Schweiz.

Kanton Bern. Der Verfassungs⸗Rath hat zwei Tage hin⸗ durch, am 21sten und 25sten d. M., die Finanz⸗Reform⸗Frage be⸗ xathen; am 2östen sollte die Berathung fortgesetzt werden. Der An⸗ räge sind so viele und verschiedenartige, daß man nicht recht absieht, welche Wendung diese Frage nehmen wird.

Kanton Basel. Die Basler Zeitung enthält folgenden

rtikel in Betreff des Schutz⸗Vertrages der katholischen Stände:

„Das eben ist der Fluch der bösen That, daß sie fortwährend Boͤses muß gebären!“ Das eben ist das Unglück unserer tiefzerrütteten Zustände, daß jedes zur Heilung derselben versuchte Mittel das Uebel nur verschlim⸗ mern zu können scheimt. Der Zweck des neuen Schutz⸗Vertrags der katho⸗ lischen Stände ist, wir sind dessen überzeugt, derjenige erlaubtester Abwehr gegen bundeswidrige Angriffe, und doch müssen wir diesen Vertrag bei aller Rechtmäßigkeit des Zweckes als einen gefährlichen und eben deshalh für den allge⸗ meinen Bund nachtheiligen ansehen. Wirmöchten sagen, der Schuß⸗Vertrag loͤse den eidgenössischen Bund nicht auf, aber er setze dessen Auflösung voraus. Der Bundesvertrag von 1815 enthält Bestimmungen über Bundeshülfe im Falle einer, sei es von auswärtigen Staaten, sei es im Inneren eines Kantons, drohenden Gefahr, er schweigt ganz von den Gefahren, welche etwa einem Kanton von Seiten eines anderen Kantons drohen könnten. Warum wohl? Doch offenbar darum, weil er derartige Angriffe als ganz unmöglich, als durch den Begriff des Bundes selbst ausgeschlossen ansehen mußte. In der That, wo ein Stand fortwährend solchen Angriffen ausgesetzt ist, wie sie wirklich stattgefunden haben, da ist eben der Bund zerstört und gufgelöst. Hier ist nun gerade der Widerspruch, hier der Knoten, der durch politische Weisheit gelöst werden soll. Die von jenem Konkordate vorausgesetzte Thatsache ist leider nur zu wahr, aber die Eidgenossenschaft kann diese Vahrheit nicht anerkennen. Der Bund der zwölf Stände kann nicht seine eigene Auflösung voraussetzen, er muß an sein Leben glauben, und selbst wenn er nicht daran glaubt, muß er dafür sorgen, daß Andere daran glau⸗ en. Und wenn das Recht zehnmal gebrochen und niedergetreten worden sst, die Eidgenossenschaft kann den Zustand der Rechtlosigkeit und Selbst⸗ ülfe nicht als ihren ordinairen anerkennen, sie muß an die sich selbst restau⸗ rirende Kraft des Rechts glauben, sic darf die Hoffnung nicht aufgeben, daß der Bruch wieder zuheile.

Nicht sowohl durch seine Bestimmungen, als durch die Voraussetzun⸗ gen, von denen er ausgeht, ist also der Schutzvertraͤg der sieben Stände von moralischem Nachtheile für die Eidgenossenschaft. Dazu kommen dann die weiteren Folgen, das gesteigerte Mißtrauen ganz besonders, das von den Gegnern dieser Stände bereits so eifrig ausgebentet wird, die Gefahr, daß diesem Bunde ein anderer entgegengestellt werde, und daß über diesen banieulalge- Bestrebungen der gemeinsame Bund zuletzt ganz abhanden

ne.

Wenn wir dieses Alles nicht verkennen, so möchten wir an die betref⸗

senden Stände die dringende Bitte richten, noch einmal ruhig und umsichtig mit Unterdrückung mancher aus dem Hinblick auf Geschehenes sich aufdrän⸗ genden bitteren Gefühle die Sache zu überlegen, dabei nicht blos von dem Standpunkte gekränkter und bedrohter Einzelstände auszugehen, sondern den Blick auf das Allgemeine zu erheben und sich zu fragen, ob nicht der Pflicht der Selbsterhaltung gegen drohenden Uebergang auch auf andere Weise, in anderer Form als durch Errichtung neuer Bündnisse ein Genüge geschehen könne, ob nicht in der That der bestehende Bund fur diejenigen, welche treu und redlich an demselben zu halten entschlossen sind, die Mittel darbiete, dem Unrechte mit gemeinsamer Kraft zu widerstehen? Auch die Tagsatzung mag diese Erwartung aussprechen, sie soll es aber thun mit der ruhigen und gehaltenen Wurde einer gerechten, auf die Zukunft ver⸗ trauenden Behörde, nicht mit dem leidenschaftlichen Ungestüm einer revolu⸗ tionairen Faction, sie soll sich nicht von der rachsüchtigen Ungeduld des Standes Aargau, dieses Haupt⸗Urhebers aller Frevel am Bunde, hinreißen lassen. Die Eidgenossenschaft darf am wenigsten vergessen, daß ihre bekla⸗ genswerthe Ohnmacht es ist, welche die sieben Stände zu Eingehung jenes Schutzvertrags genöthigt hat; sie hat daher vor Allem diese Stände zu be⸗ ruhigen über die ihnen drohenden Gefahren, sie darf nicht gegen die Fried⸗ brecher nur Geduld und Nachsicht, gegen die Gekränkten und Bedrohten nur Eifer und Zorn blicken lassen. Tagsatzung, daß ihr Beschluß gegen die Freischaaren allerwärts und nicht blos zum Scheine vollzogen worden sei, denn wenn sogar der Stand Aargau, von dem diese jedes Recht auflösende Anarchie ausge⸗ gangen ist, es eingesehen hat, daß man nicht gegen den Schutz⸗Vertrag auftreten könne, so lange man das Freischaaren⸗Unwesen hegt, wie viel mehr muß die Tagsatzung solches erkennen! Wenn es aber Jahre gebraucht hat, um Aargau über das Wesen dieser barbarischen Anarchie zu belehren, so lasse man auf ähnliche Weise die Zeit auch bei den katholischen Stän⸗ den wirken; je mehr sich dieselben über die ihnen drohende Gefahr beruhigt sehen werden, um so leichter wird es sein, sie auch von der Gefährlichkeit des von ihnen ergriffenen Schutzmittels zu überzeugen.

Was wir hier anrathen, ist natürlich nicht im Sinne der revolutionai⸗ ren Faction. Sie, die den Bundes⸗Vertrag nach Belieben verhöhnt und mit Füßen tritt, möchte hier polternd und drohend zu dessen Schutze auf⸗ treten. Sie sagt es deutlich, dieser Sonderbund müsse die Jesuiten⸗Frage ersetzen, sie hofft von neuem den Haß zur Flamme anzuschüren und den mühsam ausrechterhaltenen Frieden zu zerstören. Sie will den Bund ge⸗ waltsam zerreißen, damit er sich nicht allmälig auflöse, sie will Oel ins Feuer gießen, damit es nicht langsam fortglimme. Jahrelang hat das radikale Siebner⸗Konkordat Bestand gehabt, es besteht vielleicht theilweise noch, es war dasselbe dem Bunde weit mehr zuwiderlaufend, als der katho⸗ lische Schutz⸗Vertrag, es war weit weniger durch die Umstände abgenöthigt und gerechtfertigt; die Tagsatzung hat dasselbe bestehen lassen, sie wird es sich um so mehr zur Pflicht machen müssen, auch die neuaufgeworfene Frage nicht nach den Diktaten einer friedbrüchigen Faction zu behandeln.“

Italien.

Neapel, 18. Juni. (O. P. A. Z.) Das Giornale del Regno delle due Sicilie enthält folgendes Königl. Dekret: „Ferdinand II. ꝛc. Um den Handel Unseres Königreichs zu begünsti⸗ gen, haben Wir beschlossen und beschließen, wie folgt: Art 1. In den Theilen Unseres Reiches diesseits des Faro wird der seitherige Zoll auf verarbeitete Tabacke jeder Art von 30 Ducati pr. schweren Centner (cantajo lordo) für die Zukunst auf 18 Ducati pr. cantajo lordo und der seitherige Zoll auf Blätter (rohen) Taback jeder Art 15 Ducati pr. Centner auf 9 Ducati pr. cantajo lordo herunter⸗

esetzt, Virginiataback nicht ausgenommen. Art. 2. Sowohl verar⸗ eitete wie auch Tabacke in Blättern werden im Depositorio der Douane von Palermo zugelassen. Gegeben am 17. Juni 1846.“

Ferner enthält dasselbe Blatt eine große Anzahl Ruhestands⸗ Versetzungen alter Staatsdiener und dagegen eine lange Liste neuer Ernennungen; unter den Namen dieser Neuangestellten befinden sich viele, von welchen sich das Land große Verbesserungen, besonders im Verwaltungs⸗ und Justizfache, versprechen darf. Die Neapolitaner bedauern bei jedem neuen Regierungsakte ihres thätigen und weisen Könige, nicht schon früher solche Monarchen gehabt zu haben. Wäre dies der Fall gewesen, und hätte sich dieses paradiesische Königreich schon früher einer gleich väterlichen Regierung, wie die gegenwärtige, zu erfreuen gehabt, so würde es gewiß in keiner Hinsicht irgend einem Staate Europa's nachstehen.

Der Prinz Alexander von Hessen fährt fort, die interessanten und bezaubernden Punkte der hiesigen Umgegend zu besuchen. Prinz Alexander stattete der in Castellamare residirenden Prinzessin von Baden, vermählten Marquisin von Douglas, schon mehrere längere Besuche ab. Gestern Nacht bestiegen die hohen Gäste den sehr un⸗ ruhigen Vesuv, und heute früh begeben sie sich nach Herkulanum und Pompeji. Die Abreise der deutschen Fürsten ist auf den 23sten d. M. festgesetzt.

Dieser Tage trafen von Paris aus 6 wunderschöne Equipagen für Se. Majestät den König ein. Diese Musterbilder von Geschmack und Eleganz sollen den hiesigen Fabriken als Modelle dienen.

RNom, 20. Juni. (A. Z.) Der General⸗Vikar Kardinal Pa⸗ trizzi hat folgenden in dieser Form sonst nur bei Gelegenheit eines Jubeljahrs gewöhnlichen Erlaß bekannt gemacht: „Das Krönungsfest Sr. Heiligkeit des Papstes Pius IX., unseres Herrn, das am Llsten d. M. in der St. Peters⸗Basilika mit üblicher Feier begangen wer⸗ den soll, veranlaßt denselben, vollen Sünden-Ablaß zu bewilligen allen Gläubigen beiderlei Geschlechts, welche mit aufrichtig reuigem Herzen nach vorausgegangener Beichte und Kommunion frommen Sinns dieser Function beiwohnen oder für die Ertheilung seines Segens vor der großen Loggia des Vatikans sich einfinden und beim Besuche der Basilika den König des Himmels für den endlichen Sieg der Kirche, die Eintracht der christlichen Fürsten und die Ausrottung der Ketzereien im Gebet angehen werden.“

Unter dem Titel: „Außerordentlicher Tagesbefehl“, hat das Kriegs⸗ Ministerium Folgendes an die Truppen gelangen lassen: „Nach we⸗ nigen Tagen betrübender Verlassenheit setzten die erhabenen Väter in nur zweitägiger Zurückgezogenheit mit selten einträchtigem, von den Völkern nie zu vergessendem Sinne den unter ihnen auf den Stuhl Petri, welcher durch ausgezeichnete Talente, Lebensheiligkeit und an⸗ dere glänzende Tugenden der in der Kirche Gottes Ersehnte war. In der Freude seines Herzens erklärt das Kriegs⸗Ministerium allen Truppen, daß Kardinal Mastai das Oberhaupt ist, welches die gött⸗ liche Vorsehung, nach seiner Annahme des bedeutungsvollen und be⸗ zeichnenden Namens Pius IX., der Kirche und dem Staate geschenkt hat. Zu wohlbekannt sind dem Kriegs⸗Ministerium das Gefühl für Ehre und der treue Sinn aller päpstlichen Truppen, als daß es für nöthig erachten sollte, sie in diesem wichtigen Augenblick an die Er⸗ füllung ihrer Pflichten besonders zu erinnern oder sie zu neuem Eifer zu ermuthigen. In diesem Vertrauen wird das Kriegs⸗Ministerium stets bemüht sein, von jedem Akt der Huldigung und bewährter Treue der Truppen dem heiligen Vater, welcher schon jetzt zu außer⸗ ordentlich gnädigen Gesinnungen für das Militair geneigt ist, sogleich Kunde zu geben.“

Das den Stadtarmen jedes Geschlechts und Alters, sogar den noch nicht geborenen Kindern, im großen Cortile des Vatikans am Krönungstage Sr. Heiligkeit nach altem Brauche zukommende päpst⸗ liche Donativ ward schon diesen Morgen verabreicht. Jeder der Kon⸗ kurrenten erhielt uugefähr 12 Kreuzer, die dann nach römischer Art ohne Aufschub in den Cauponen des Borgo verjubelt wurden. Mon⸗ signor Elemostniere hatte gegen vierzigtausend lärmende Köpfe zu beruhigen.

Gestern Abend hatte der Papst zwölf Kardinäle zu einer Cou⸗ gregation bei sich versammelt. Da bis zur Stunde kein Staats⸗

Secretair ernannt ist, so verliert man sich in Muthmaßungen, und Gerüchte aller Art sind in Umlauf. Es heißt, der Papst wolle einen Staats⸗Rath ernennen, an welchem sechs Kardinäle theilzunehmen hätten; die beiden Staats⸗Sekretariate sollen, wie früher, wieder Einem Kardinal anvertraut werden; das erwartete Amnestie⸗Dekret sei bereits unter der Presse, noch andere Anordnungen seien im Werke. Dem bisherigen Staats⸗Secretair der auswärtigen Angelegenheiten, Kardinal Lambruschini, soll ein Theil seiner früheren Verwaltung wieder angeboten worden sein, doch habe er, unter Berufung auf seine geschwächte Gesundheit, sich es als eine Gnade erbeten, fürs erste sich von allen Geschäften und selbst von hier zurückziehen zu dürfen. Der einzige Kardinal, von dem man heute mit Bestimmt⸗ heit sagt, er sei in seinem Posten bestätigt, ist der Prodatarius Kar⸗ dinal Spinola.

Heute früh empfing der Papst in seinen Gemächern auf dem Quirinal in einer Privat⸗Audienz Dom Miguel, der seit längerer Zeit sehr eingeschränkt und zurückgezogen hier lebt. Unter den ver⸗

2 n schiedenen Behörden, welche empfangen wurden, bemerkte man die Vor Allem überzeuge sich die

Generalität der päpstlichen Truppen in ihrer reichen Uniform; sie wurde vom Mons. Medici Spada als Presidente delle Armi vorge⸗ stellt. Der Papst hat das löbliche Beispiel mehrerer seiner Vorgän⸗ ger treu befolgt und zweien seiner hier befindlichen Nepoten besohlen, sich von hier zu entfernen.

Der als erster Secretair bei der französischen Botschaft ernannte junge Fürst von Broglie ist vorgestern als Courier hier eingetroffen.

Spanien.

5 Madrid, 22. Juni. Es stand zu erwarten, daß die von dem Privat⸗Secretair des Herzoges von Rianzares unterzeichnete, durch die hiesigen Blätter veröffentlichte Erklärung, welche die Ver⸗ theidigung der Königin Christine gegen die von Herrn Thiers erho⸗ bene Anschuldigung, daß sie in Neapel den künftigen Gemahl ihrer Tochter aufgesucht habe, bezweckt (s. Allg. Preuß. Ztg. Nr. 168) eine Erwiederung des erwähnten französischen Staatsmannes zur Folge haben werde. Diese ist allerdings erschienen, denn wir dürfen wohl einen von dem pariser Constitutionnel vor acht Tagen in Bezug auf diese Angelegenheit mitgetheilten Artikel als aus der Feder des Herrn Thiers geflossen betrachten. Derselbe hat hier um so größere Aufmerksamkeit erregt, als der Umstand, daß nicht die Königin Chri⸗ stine, sondern ein fremdes Kabinet, das französische, die Kandidatur des Grafen von Trapani zuerst aufgestellt habe, in ihm als unleug- bare Thatsache anerkannt wird.

Es kann daher auch kaum auffallen, wenn der aus dem verletz⸗ ten Selbstgefühl der Spanier hervorgehende Unwille sich in bittere Klagen gegen das fremde Kabinet, dessen offiziöse Vermittelung ihnen als selbstsüchtige Anmaßung erscheint, und gegen die einheimi⸗ schen Minister, die eben jenem Kabinet als blinde Werkzeuge dienen dürften, ergießt. Wenn selbst die Mutter Isabella's viele ihrer eif⸗ rigsten Anhänger sich entfremdete, weil sie für die Urheberin des be⸗ sprochenen Heiratsplanes galt, so begreift man, daß der spanische Nationalstolz sich jener auswärtigen Bevormundung noch entschiedener widersetzt. Alle hiesigen Blätter sind darüber einverstanden, daß der Hof der Tuilerieen der Königin von Spanien weder einen Gemahl aufdringen, noch auch einen sonst geeigneten Prinzen von der Be⸗ werbung um ihre Hand ausschließen dürfe.

„Das (französische) Kabinet“, sagt der Espanol, „beschränkt sich nicht darauf, seinen Kandidaten vorzustellen und ihn vermittelst stumpfsinniger oder die Interessen der Nation vernachlässigender Mi⸗ nister aufdrängen zu wollen. Es schließt auch einige erlauchte Be⸗ werber (pretendientes) um die Hand der Königin aus, erkühnt sich, ihrem souverainen Willen Schranken entgegenzustellen, und da nun einmal seine vortreffliche Combination gescheitert ist, so sagt es un- serer angebeteten Isabella: „„Wenn Du Den, welchen ich Dir vor⸗ schlage, nicht annimmst, so werde ich eben so wenig zugeben, daß Du Dich mit Demjenigen vermählst, welchen Du Dir vielleicht wünschest.““ Auf diese Weise wird eine Angelegenheit, die durch Spanien und für Spanien betrieben werden sollte, einzig und allein durch und für Frankreich betrieben. Darum hatten wir Recht, als wir uns als eine französische Provinz betrachteten“, u. s. w.

Es scheint keinem Zweifel zu unterliegen, daß der französische Botschafter, vermuthlich im Auftrage seines Hofes, der Königin Isa⸗ bella angerathen hat, den etwaigen Bewerbungen des Prinzen von Koburg kein Gehör zu schenken. Man spricht auch von sehr heftigen Drohungen, die der Botschafter gegen verschiedene Personen, die er für Parteigänger dieser Vermählungs⸗Combination hielt, ausgestoßen haben soll; es dürfte indessen wohl kaum anzunehmen sein, daß ein so umsichtiger und erfahrener Diplomat, wie der Graf von Bresson, auf vorlaute Weise seine gereizte Stimmung an den Tag legen sollte. Von letzterer soll auch der englische Gesandte eine Probe erhalten, sich jedoch gegen seine Regierung so vollkommen gerechtfertigt haben, daß seine von dritter Seite her in Anregung gebrachte Abberufung entschieden zurückgewiesen wurde. Man bemerkt überhaupt, daß das Verhältniß des französischen Botschafters zu den übrigen Mitgliedern des diplomatischen Corps mit jedem Tage gespannter wird. Sogar der Herzog von Rianzares, der den Grafen von Bresson gewiß nicht des Mangels an Zuvorkommenheit beschuldigen kann, hat sich fast ganz aus dessen Gesellschaft zurückgezogen und scheint vorzugsweise die des englischen Gesandten aufzusuchen.

Der bevollmächtigte Minister der Republik Venezuela, Don Fer⸗ min Toro, überreichte am 19ten der Königin in feierlicher Audienz sein Beglaͤubigungs⸗Schreiben. Darauf empfing die Königin den hier beglaubigten mexikanischen Gesandten, Herrn Valdivielso, der, dem Vernehmen nach, in gleicher Eigenschaft nach Paris versetzt wer⸗ den wird.

Die Hitze ist bereits auf 300°9R. gestiegen und so unerträglich, daß manche Personen ihr unterliegen.

La Plata-Staaten.

*. Paris, 27. Juni. Durch das gestern in Havre einge⸗ laufene französische Handelsschiff „Coriolan“, Capitain Lamand, ha⸗ ben wir direkte Nachrichten aus Montevideo vom 8. Mai, die sonach um 18 Tage neuer sind, als die letzten, die uns über England zugekommen waren. Die Umwälzung, welche in der Regierung von Montevideo vor sich gegangen war, hatte einen ganz friedlichen Ver⸗ lauf genommen. Nachdem der General Riveira wieder in den Be⸗ sitz der obersten Gewalt sich gesetzt hatte, war seine erste Sorge ge⸗ wesen, die ihm nothwendig dünkenden Veränderungen im Personale der Verwaltung vorzunehmen, auch einige Anordnungen für diese zu tref⸗ fen, worauf er die Stadt mit einem kleinen Corps von ungefähr 5 600 Mann wieder verlassen hat, fast durchaus Basken, die ihm angeblich frei⸗ willig gefolgt sind. Die Zahl der Basken in der Stadt beträgt nicht we⸗ niger als 12 15,000, die aus Frankreich und Spanien dahin ausgewandert sind, um daselbst Arbeit und reichlicheren Erwerb zu suchen, als sie denselben in ihrem Vaterlande zu finden vermögen. General Riveira hat sich mit ihnen eingeschifft und soll die Absicht haben, zu Colonia ans Land zu gehen, um seine Operationen mit denen der Armee von Corrientes zu verbinden. Dies dürfte Riveira aber wohl unterlassen, wenn die Nachrichten gegründet sind, die man andererseits von Buenos⸗Ayres erhält. Dort wurde allgemein versichert, die Cor⸗ rientiner hätten sich von der Sache des Generals Paz losgesagt und diesen sogar aufgefordert, ihr Gebiet zu verlassen. Ist