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den Unsere Propositionen, so weit sie die im §. 14 der Verordnung bezeichneten Gegenstände betreffen, und alle sonst von der Regierung ausgehende, auf diese Gegenstände bezügliche Mittheilungen zugefer⸗ tigt, und bei ihm haben die Mitglieder ihre Anträge einzureichen.
Er beruft und schließt die einzelnen Plenar⸗Versammlungen. Von seiner Anordnung hängt zunächst Alles ab, was auf Ruhe und Ordnung in der Versammlung und auf Beschleunigung der Arbeiten Bezug hat. ie
Wenn ein Mitglied dauernd verhindert ist, an den Geschäften Theil zu nehmen, so muß dies dem Marschall angezeigt werden, wel⸗
cher davon Unseren Kommissarius in Kenntniß zu setzen chat, 8e wenn das verhinderte Mitglied ein Abgeordneter ist, dessen Steilver⸗ treter einberufen werde.
Zur Unterstützung des Marschalls bei Aufrechterhaltung der Ord⸗ nung in den Versammlungen wird von dem Landtags⸗Marschall jeder Provinz für jeden Stand seiner Provinz aus den diesem Stande an⸗ gehörigen Abgeordneten ein Ordner ernannt. Diese Ordner haben, 5 hft s nöthig ist, beim, Zählen der anwesenden Mitglieder und derjenigen, welche bei Abstimmungen aufgestanden oder sitzen geblie⸗ ben sind, mitzuwirken. Sie haben ferner die Namen derer, welche das Wort verlangen, zu vermerken und dem Marschall mitzutheilen, auch bei Wahlhandlungen die Stimmzettel einzusammeln. Für den Herrenstand werden die Functionen der Ordner von den Secretairen desselben (§. 25a.) verrichtet. vX“
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Secretaire. Der Marschall der Herrenkurie ernennt im Einvernehmen mit dem Marschall der Kurie der drei Stände acht Secretaire, aus jeder Provinz einen. Dieselben haben ihn bei der Geschäftsführung, na⸗ mentlich durch Verlesung der eingegangenen Schriften und bei Be⸗ wirkung der Abstimmungen zu unterstützen und in den Plenar⸗ Versammlungen das Protokoll zu führen. Zu den vorkommenden Schreibereien, so wie zu der sonst etwa erforderlichen Assistenz der Secretaire, sowohl in den Plenar⸗Versammlungen als auch außer⸗ halb derselben, können von dem Marschall geeignete Beamte unter Zustimmung Unseres Kommissarius angenommen werden. 8
Ernennung von Abtheilungen.
Jeder Plenar⸗Berathung muß eine Vorbereitung durch eine Ab⸗ theilung vorausgehen. Diese Abtheilungen hat der Marschall der Herrenkurie im Einvernehmen mit dem Marschall der Kurie der drei Stände, mit angemessener Berücksichtigung der verschiedenen Provin⸗ zen und des Stimm⸗Verhältnisses der verschiedenen Stände, zu er⸗ nennen und die Vorsitzenden derselben zu bestimmen.
Erste Verlesung der Propositionen.
Unsere Propositionen, so wie die sonst von der Regierung aus⸗ gehenden Mittheilungen, sind, ehe sie den Abtheilungen überwiesen werden, in einer Plenar⸗Versammlung zu verlesen. “
6 9. Behandlung der Sachen in den Abtheilungen. Die einzelnen Abtheilungen treten zur Berathung der ihnen über⸗ wiesenen Sachen auf die Einladung des Vorsitzenden zusammen. Dieser hat den Geschäftsgang zu leiten und die Referenten zu er⸗
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Berathung in denselben.
Der Vortrag des Referenten kann sowohl mündlich als schrift⸗ lich erstattet werden. Nach Beendigung dieses Vortrages in der Ab⸗ theilung beginnt deren mündliche Berathung. Ergiebt sich dabei eine Verschiedenheit der Meinungen, so hat der Vorsitzende die zu ent⸗ scheidenden Fragen aufzustellen und die Abstimmung darüber zu ver⸗ anlassen. 8
Abfassung der Protokolle und Gutachten der Abtheilungen.
Ueber die Berathung und deren Ergebnisse (§. 10) ist ein Pro⸗ tokoll zu führen und von allen anwesenden Mitgliedern der Abtheilung zu vollziehen. In der Regel wird auf Grund dieses Protokolls ein besonderes Gutachten von dem Referenten entworfen, welches hier⸗ nächst in der Abtheilung zu verlesen und nach erfolgter Genehmigung in einer von allen anwesenden Mitgliedern zu vollziehenden Reinschrift nebst den bezüglichen Schriftstücken durch den Vorsitzenden dem Mar⸗ schall des Herrenstandes einzureichen ist. In einfachen Sachen kann das Protokoll die Stelle des Gutachtens vertreten.
Theilnahme Königlicher . an den Abtheilungs⸗Berathungen. Unsere Staats⸗Minister, so wie die von Uns abgeordneten Be⸗ amten (Verordnung über die Bildung des Vereinigten Landtages vom 3. Februar d. J. §. 22), können den Berathungen der Abtheilungen beiwohnen, um, wo sie es nöthig finden, Aufklärung zu geben und Mißverständnisse zu berichtigen. Die Staats⸗Minister sind jedoch be⸗ fugt, sich hierbei durch andere geeignete Beamte vertreten zu lassen. Es muß daher vor dem Beginn einer jeden Berathung in den Ab⸗ theilungen von deren Gegenstande Unserem Kommissarius zur erfor⸗ derlichen weiteren Benachrichtigung Kenntniß gegeben werden. VPertheilung der Abtheilungs⸗Gutachten.
Das Gutachten der Abtheilung (§. 11) wird gedruckt. Jedes Mitglied der Plenar⸗Versammlung erhält ein Exemplar zu seiner In⸗ formation, und eine angemessene Anzahl von Exemplaren ist zur Ver⸗ fügung Unseres Kommissarius zu stellen. Bei Vertheilung des Gut⸗ achtens ernennt der Marschall des Herrenstandes zugleich den Refe⸗ renten für den Vortrag in der Plenar⸗Versammlung.
§. 14. 8 Verhandlung in den Plenar⸗Versammlungen. 8 In der Plenar⸗Versammlung führt der Marschall den Vorsitz. Auf beiden Seiten des Marschalls sitzt der Herrenstand. Die Abge⸗ ordneten nehmen ihre Plätze nach Provinzen und in diesen nach Ständen ein. Die Verhandlung beginnt mit Verlesung des Gutach⸗ tens der Abtheilung durch den Referenten; hiernächst eröffnet der Marschall die mündliche Berathung. . 8 Rexgeln für bgn Plenar⸗Berathung. 4 Für diese Berathung (§. 14) gelten folgende Regeln: 8 a2) Jedes Mitglied, welches zu reden verlangt, zeigt dies durch Aufstehen an und begiebt sich, nachdem es dazu von dem Mar⸗ schall aufgefordert worden, auf den zum Reden bestimmten Platz. Kein Mitglied darf von einem anderen als von diesem Platz 8 e nS 1 ) Verlangen mehrere Mitglieder zugleich das Wort, so bestimm der Marschall die Reihefolge b8. 1 e Rg c) Diese Reihefolge gilt weder für die Prinzen Unseres König⸗
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lichen Hauses, noch für Unsere Staats⸗Minister und diejenigen Unserer Beamten, welche in Unserem Auftrage der Berathung beiwohnen; dieselben erhalten das Wort, so oft sie es verlan⸗ . * gen, und sind befugt, von ihren Sitzen aus zur Versammlung zu sprechen.
Auch kann der Marschall dem Referenten außer der Reihe
ddeas Wort ertheilen, um Aufklärungen zu geben oder Mißver⸗ ständnisse zu beseitigen. Dasselbe gilt von solchen Mitgliedern, welche Bemerkungen, die sich auf ihre Person beziehen, sofort kurz zu berichtigen wünschen. d) Das Verlesen schriftlich abgefaßter Reden ist unzulässig. e) Die Reden dürfen nur an den Marschall gerichtet werden. f) Wer Aeußerungen einmischt, welche den Gegenstand der Bera⸗ ktbhung nicht betreffen oder von der zur Erörterung stehenden Frage abschweifen, ist von dem Marschall an die Vrdnung zu oaan“ 8) Neue zur Sache gehörende Vorschläge werden nur dann in EFrwägung genommen, wenn sie dem Marschall von dem Pro⸗ ponenten vor der Sitzung schriftlich eingereicht sind und auf Anfrage des Marschalls von 24 Mitgliedern durch Aufstehen unterstützt werden. Der Marschall kann jedoch in einzelnen Fällen, wenn die strenge Befolgung dieser Vorschrift erhebliche Uebelstände herbeiführen würde, Ausnahmen davon gestatten. h) Der Marschall ist berechtigt, die Redner, so oft er es zur Lei⸗ tung der Debatte nöthig findet, zu unterbrechen. Außerdem darf kein Redner in seinem Vortrage unterbrochen werden. Wenn Niemand weiter das Wort verlangt, so erklärt der Mar⸗ schall die Berathung für geschlossen. Derselbe ist auch befugt, wenn er die Erörterung des Gegenstandes für erschöpft hält, die Versamm⸗ lung hierauf aufmerksam zu machen. Widersprechen alsdann 24 Mit glieder der Schließung der Berathung, und snder sich der Marschall hierdurch nicht veranlaßt, die Fortsetzung der Berathung selbst nach zugeben, so ist die Frage: „ob’ jener Widerspruch zu berücksichtigen sei?“
zur Abstimmung zu bringen. Stellung der Fragen.
Nach dem Schlusse der Berathung stellt der Marschall die aus derselben sich ergebenden Fragen und bestimmt deren Reihefolge.
Die Fragen sind so zu stellen, daß sie mit Ja oder Nein oder durch eine einfache Alternative erschöpfend beantwortet werden können.
Den Mitgliedern der Versammlung sind zwar Erinnerungen ge⸗ gen die Stellung der Fragen und deren Reihefolge gestattet; dem Ermessen des Marschalls bleibt aber überlassen, ob und inwiefern diese Erinnerungen zu berücksichtigen sind.
“ Annahme ohne Abstimmung.
Bei Fragen, über welche sich eine Meinungsverschiedenheit nicht geäußert hat, ist keine Abstimmung erforderlich. Auch bedarf es nicht sogleich der Abstimmung, wenn sich bei der Diskussion ein Ueberge⸗ wicht für eine der verschiedenen Meinungen kundgegeben hat. Dem Marschall steht in solchem Falle frei, der Versammlung zu erklären, daß er diese Meinung für die der Mehrheit annehmen werde, sofern nicht 24 Mitglieder widersprechen sollten. Erfolgt ein solcher Wider⸗ spruch, so muß abgestimmt werden.
Die Fassung der an den Vereinigten Landtag gelangenden Ge⸗ setz⸗ oder Verordnungs⸗Entwürfe bleibt von der Berathung und Ab⸗ stimmung desselben ausgeschlossen.
Form der Abstimmung.
Die Abstimmung geschieht der Regel nach durch Aufstehen und Sitzenbleiben, ausnahmsweise durch namentlichen Aufruf aller anwesenden Mitglieder nach alphabetischer Ordnung, jedoch so, daß von Frage zu Frage um einen Buchstaben fortgerückt wird. Die Prinzen Unseres Königlichen Hauses geben ihre Stimme zuletzt, un⸗ mittelbar vor dem Marschall ab. Bei Stimmengleichheit giebt die Stimme des Marschalls den Ausschlag.
Die Abstimmung durch namentlichen Aufruf muß allemal statt⸗ finden, wenn der Marschall sie für nöthig hält oder 24 Mitglieder sie verlangen. v 8
Geschäftsgang bei der Sond eile. Bei der Sonderung in Theile (§. 17 der Verordnung) hat, wenn sie nach Provinzen stattfindet, in der Versammlung der zur besonderen Berathung zusammentretenden Mitglieder der Provinz deren Landtags⸗Marschall und, wenn die Sonderung nach Ständen stattfindet, in dem zur besonderen Berathung zusammentretenden Stande der Marschall der Herren⸗Kurie den Vorsitz zu übernehmen; derselbe kann aber einen der Marschälle der Provinzial⸗Landtage da⸗ mit beauftragen. Ein Stimmrecht hat der Vorsitzende eines zur be⸗ sonderen Berathung zusammentretenden Standes hierbei nur, wenn er diesem Stande angehört. 16 ö Abfassung des Protokolls.
Das über die Berathung und deren Ergebnisse aufzunehmende Protokoll muß außer einer kurzen Darstellung des geschichtlichen Ver⸗ laufs der Verhandlung:
a) die zur Abstimmung gebrachten Fragen in wörtlicher Fassung, b) die Resultate der Abstimmungen, und
c) die ohne Abstimmung gefaßten Beschlüsse b““] 18
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Feststellnng desselben. — 8 “
Das Protokoll wird in einer der nächsten Plenar⸗Versammlun⸗ gen verlesen. Wer gegen das Protokoll eine Erinnerung macht, ist verpflichtet, eine derselben entsprechende, bestimmt formulirte Fassung vorzuschlagen. Entstehen darüber Differenzen, welche der Marschall nicht sogleich beseitigen kann, so hat derselbe ohne Gestattung einer Diskussion die Abstimmung darüber zu veranlassen: ob die Abände⸗ rung angenommen werden soll oder nicht. 4
Die von der Fersamachn gefaßten Beschlüsse dürfen, bei Ge⸗ legenheit der gegen das Protokoll erhobenen Erinnerungen, nicht an⸗
renten und zwei Secretairen zu vollziehen. gi8
. t. Abfassung und Vollziehung der ständischen Erklärung. 1 Auf Grund sämmtlicher Verhandlungen wird von dem Referen⸗ ten oder demjenigen, welchen der Marschall dazu bestimmt, die Erklä⸗ rung der Stände abgefaßt, welche in einer anderweiten Plenar⸗Ver⸗ sammlung zu verlesen und nach erfolgter Genehmigung in einer in
urch den Marschall Unserem Kommissarius zu übergeben ““ .23. “ Vertheilung der Protokolle. Die Protokolle über die Plenar⸗Berathungen werden gedruckt;
jedes Mitglied erhält zwei Exemplare zu seinem Gebrauche, und eine
gefochten werden. Das Protokoll ist von dem Marschall, den Refe⸗
gleicer Weise, wie das Protokoll (§. 21), zu vollziehenden Reinschrift
angemessene Anzahl von Erxemplaren ist Unserem Kommissarius zum Gebrauche für die Regierung zu überweissen. Veröffentlichung der Berathungen.
Zur vollständigen Aufzeichnung der Plenar⸗Verhandlungen wer⸗ den vereidigte Stenographen angestellt. Die von denselben abgefaß⸗ ten Berichte über die Verhandlungen jeder Sitzung sind durch den Secretair, welcher in derselben das Protokoll geführt hat, unter Zu⸗ ziehung eines zweiten Secretairs zu prüfen und nach Befinden zu berichtigen, wobei dieselben jede etwa vorgekommene verletzende Aeu⸗ ßerung daraus zu entfernen haben. Die Berichte gelangen sodann an den Marschall zur Genehmigung, worauf sie, wenn der Vereinigte Landtag die Veröffentlichung seiner Verhandlungen wünscht, ohne weitere Censur, mit Nennung der Namen, durch vollständigen Ab⸗ druck in der Allgemeinen Preußischen Zeitung zur öffent⸗ lichen Kenntniß gebracht werden. Es steht jedoch dem Vereinigten Landtage jederzeit frei, diejenigen Verhandlungen, bei welchen er es für angemessen erachtet, von der Veröffentlichung auszuschließen. Eben so ist Unser Kommissarius befugt, die Veröffentlichung einzelner Verhandlungen zu untersagen.
0 H. 20.
II. Modificationen vorstehender Bestimmungen (§§. 4 bis 24) für die abgesonderten Versammlungen des Herren⸗Standes und der übrigen Stände.
Die vorstehenden Bestimmungen (§§. 4 bis 24) gelten auch für den Geschäftsgang in den besonderen Versammlungen der Kurie der Fürsten, Grafen und Herren und der Kurie der Ritterschaft, Städte und Landgemeinden, jedoch mit folgenden Modificationen:
a) In der Kurie der Ritterschaft, Städte und Landgemeinden ge⸗
bühren alle in den §§. 4 bis 24 dem Marschall der Herren⸗ Kurie überwiesenen Functionen dem Marschall der Kurie der drei Stände. 8 Aus dem Herrenstande werden zu den im §. 8 bezeichneten Ver⸗ richtungen nur zwei Secretaire ernannt. “ In den Plenar⸗Versammlungen der Herrenkurie reden die Mit⸗ glieder, welchen der Marschall das Wort giebt, stehend, von ihren Plätzen aus. In Stelle der in den §§. 15, 17 und 18 vorgeschriebenen Zahl von 24 Mitgliedern tritt für die Plenar⸗Berathungen der Her⸗ renkurie die Zahl von 6 Mitgliedern. Wenn in der Kurie der drei Stände die Abgeordneten eines Standes in Theile gehen, so führt in dem zu abgesonder⸗ ter Berathung zusammentretenden Stande der Marschall der Kurie der drei Stände selbst den Vorsitz. Ein Stimmrecht ge⸗ bührt ihm dabei nur, sofern er diesem Stande angehört. Wenn die Abgeordneten einer Provinz von dem Rechte der Sonde⸗ rung in Theile Gebrauch machen, so treten dieselben — jedoch nur für den jedesmal vorliegenden besonderen Zweck — mit den dem Herrenstande angehörenden Mitgliedern des Landtages dieser Provinz unter dem Landtags⸗ Marschall der Provinz zu abgesonderter Berathung zusammen.
In gleicher Weise wird verfahren, wenn Wir, dem Vorbehalte im §. 17 der Verordnung über die Bildung des Vereinigten Land⸗ tages zufolge, von einer der acht Provinzen desselben ein abgesonder⸗ tes Gutachten erfordern. Wird ein solches Gutachten von einem der drei durch Abgeordnete vertretenen Stände erfordert, so gebührt die Geschäfts⸗Leitung und der Vorsitz in den Versammlungen dem Mar⸗ schall der Kurie der drei Stände, der aber ein Stimmrecht dabei nur dann auszuüben hat, wenn er dem zu abgesonderter Berathung zu⸗ sammentretenden Stande selbst angehört. Der Marschall kann in solchen Fällen die Führung des Vorsitzes auch einem von ihm auszu⸗ wählenden Abgeordneten des betreffenden Standes übertragen.
§. 26. Besondere Vorschriften für diese Versammlungen.
1“ Behandlung der Petitions⸗Anträge.
Außerdem werden für die besonderen Versammlungen der Kurie der Fürsten, Grafen und Herren und der Kurie der Ritterschaft, Städte und Landgemeinden noch nachstehende Vorschristen ertheilt:
a) Anträge auf Bitten und Beschwerden (Petitionen) müssen inner⸗ halb der ersten 14 Tage nach Eröffnung des Vereinigten Land⸗ tages dem Marschall derjenigen Kurie desselben, welcher der Antragsteller angehört, schriftlich eingereicht werden. Die Mar⸗ schälle haben Unserem Kommissarius diese Anträge abschriftlich mitzutheilen und solche, ohne vorgängige Verlesung in einer Plenar⸗Versammlung, den betreffenden Abtheilungen zu über⸗ weisen. 8
b) Fällt das Abtheilungs⸗Gutachten gegen einen Petitions⸗Antrag aus, so hat der Marschall die Plenar⸗Versammlung, nachdem in derselben das Abtheilungs⸗Gutachten und, auf Verlangen der Versammlung, auch der Petitions⸗Antrag selbst verlesen worden ist, vor Eröffnung der Berathung zu befragen:
ob der Petitions⸗Antrag in Berathung genommen werden solle? 8 Erklären sich hierauf nicht in der Herrenkurie wenigstens 6 Mit⸗ glieder, in der Kurie der drei Stände aber wenigstens 24 Mit⸗ glieder durch Aufstehen für die Bejahung dieser Frage, so ge⸗ langt der Petitions⸗Antrag nicht zur Berathung, wird vielmehr ohne Weiteres als verworfen betrachtet.
c) Ist ein Petitions⸗Antrag in einer der beiden Kurien — in der Herrenkurie oder in der Kurie der drei Stände — durch eine Majorität von mindestens 3 der Stimmen angenommen wor⸗ den, so wird der Beschluß, daß die beantragte Petition an Uns zu richten sei, unter Angabe der Gründe, in einer nach §. 92 zu vollziehenden Ausfertigung unmittelbar dem Marschall der anderen Kurie mitgetheilt, welcher die Sache in c. Sorgs⸗ schriebenen Weise zur Plenar⸗Berathung vorbereiten üßt. 9— der Antrag auch hierbei durch eine Majorität une 1 ¹, der Stimmen angenommen, so ist die . tritts zu dem Beschluß derjenigen Kurie, 86 Ss. der „ e⸗ titions⸗Antrag ausgegangen ist, nebst einer Aeußerung üüber die Gründe, in der §. 22 vorgeschriebenen Form auszufertigen,
worauf Uns beide Ausfertigungen, mittelst eines von den Mar⸗
schällen beider Kurien zu unterzeichnenden Präsentations⸗Be⸗ richts, durch Vermittelung Unseres Kommissarius zu überrei⸗
chen sind. 8 d) Erhält ein in der einen Kurie angenommener Petitions⸗Antrag
bei der Plenar⸗Berathung in der anderen Kurie nicht eine Ma⸗
jorität von ½⅞ der Stimmen, so ist davon der Marschall der er⸗ steren, unter Zurücksendung des ausgefertigten Beschlusses der⸗
selben, zu benachrichtigen. 8.
e) Wenn ein von der einen Kurie beschlossener Petitions⸗Antrag bei der Plenar⸗Berathung in der anderen Kurie durch eine Majorität von ½ der Stimmen nur unter Modificationen an⸗ genommen wird, so ist auch hierüber ein motivirter Beschluß in der §. 22 vorgeschriebenen Form auszufertigen, welcher sodann unmittelbar dem Marschall derjenigen Kurie, von welcher der Petitions⸗Antrag ausgegangen ist, übersandt und hierauf in letzterer zur Berathung und Abstimmung gebracht wird. Be⸗
sschließt dieselbe, durch eine Majorität von „ der Stimmen, den 3 von der anderen Kurie nöthig befundenen Modificationen voll⸗ ständig beizutreten, so wird Uns dieser Beschluß, nebst den bei⸗ den früheren Beschlüssen, in vorschriftsmäßiger Ausfertigung, mittelst eines von den Marschällen beider Kurien zu unterzeich⸗ nenden Präsentations⸗Berichts durch Vermittelung Unseres
Kommissarius überreicht. Wenn hingegen diejenige Kurie, von
welcher der Petitions⸗Antrag ausgegangen ist, den von der an⸗
deren Kurie heschlossenen Modificationen desselben nicht voll⸗ ständig beitritt, so wird der Antrag als verworfen betrachtet.
. Einbringung der Propositionen.
f) Unsere Propositionen werden Wir entweder zuerst der einen oder der anderen der beiden Kurien des Vereinigten Landtages, oder beiden Kurien gleichzeitig vorlegen lassen. In allen Fällen ist die nach §. 22 abzufassende Erklärung jeder Kurie über eine solche Proposition durch den Marschall derselben ohne vorgän⸗ gige Communication mit dem Marschall der anderen Kurie Un⸗ serem Kommissarius zu übergeben. g) In einer jeden der beiden Kurien müssen vorzugsweise Unsere Propositionen zur Erledigung gebracht werden. . 27 Begutachtung der Rechnungen über die Verzinsung und Tilgung der Staatsschulden.
Die Jahres⸗Rechnungen über die Verzinsung und Tilgung der Staatsschulden werden mit den über deren Prüfung von der ständi⸗ schen Deputation für das Staatsschulden⸗Wesen abgefaßten Denk⸗ schriften durch Unseren Kommissarius den Marschällen beider Kurien des Vereinigten Landtages gleichzeitig vorgelegt und in jeder dersel ben nach erfolgter Vorberathung in der betreffenden Abtheilung, Be⸗ hufs des an Uns zu erstattenden Gutachtens, abgesondert zur Plenar⸗ Berathung gebracht. b j
Wahl der Kandidaten für die bei der Haupt⸗Verwaltung der Staats⸗
schulden erledigten Stellen.
Wenn bei der Haupt⸗Verwaltung der Staatsschulden eine Stelle erledigt ist, so werden die Uns für dieselbe von dem Vereinigten Landtage vorzuschlagenden drei Kandidaten auf die dieserhalb von Uns ergangene Aufforderung vermittelst verdeckter Stimmzettel ge⸗ wählt, welche von den Ordnern (§. 5) einzusammeln und von den Marschällen beider Kurien des Vereinigten Landtages unter Zuzie⸗ hung der Secretaire zu eröffnen sind. Diesenigen drei Kandidaten, welche relativ die meisten Stimmen für sich haben, sind als gewählt anzusehen. Im Falle einer Stimmengleichheit entscheidet das Loos.
g. 29. Versahren in Fällen eines Zweifels bei Auslegung der Vorschriften des Geschäfts⸗Reglements.
Sollten über die Auslegung der vorstehenden Vorschriften (§§. 4 bis 28) Zweifel entstehen, so ist einstweilen und, bis Wir darüber entschieden haben werden, nach der Bestimmung des vorsitzenden Marschalls zu verfahren. h
§. 30. Diäten und Reisekosten der Abgeordneten.
Die Abgeordneten der Ritterschaft, der Städte und Landgemein⸗ den erhalten für die Zeit ihrer Theilnahme an dem Vereinigten Land⸗ tage, so wie für die Reise hin und zurück, außer dem Ersatz der Reise⸗ kosten, täglich drei Thaler Diäten. Die Reisekosten der Abgeordne⸗ ten, so wie die allgemeinen Kosten des Vereinigten Landtages, werden aus der Staats⸗Kasse berichtigt, die Diäten sind dagegen in gleicher Weise wie die für die Abgeordneten zu den Provinzial⸗Landtagen aufzubringen.
Wir behalten Uns vor, eine Revision des gegenwärtigen Regle⸗ ments eintreten zu lassen, wenn sich solche nach den darüber gesam melten Erfahrungen künftig als nothwendig oder wünschenswerth er⸗ geben sollte.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel. 8 8 5
Gegeben Berlin, den 9. April 1847.
Friedrich Wilhelm. Prinz von Peoßen. v. Boyen. Mühler. Rother. Eichhorn. v. Thile.
v. Savigny. v. Bodelschwingh. Gr. zu Stolberg. Uhden. Frh. v. Canitz. v. Düesberg.
4
Uichtamtlicher Theil.
ZInland.
Berlin, 10. April. Die Nr. 15 der Gesetz⸗Sammlung ent⸗ hält die Allerhöchste Kabinetsordre, betreffend die interimistische Ueber⸗ tragung der Führung der den Herrschaften Cappenberg und Scheda auf dem Westfälischen Landtage beigelegten Virilstimme an den Grafen Ludwig von Kielmannsegge.
„Auf die Mir vorgetragene Bitte der Gräfin Therese von Kielmanns⸗ egge, gebornen Freiin von Stein, dermaligen Nutznießerin der Herrschaften Lappenberg und Scheda, will Ich ihrem Ehemanne, dem Grafen Ludwig von Kielmannsegge, in dankbarer Erinnerung an die großen Verdienste des verstorbenen Staatsministers von Stein um das deutsche Vaterland, die Führung der den gedachten Herrschaften auf dem Westälischen Landtage beigelegten Virilstimme in Gnaden auf so lange übertragen, als sein zur Succession berufener Sohn durch Minderjährigkeit ständische Rechte auszu⸗ üben behindert ist. — Mein gegenwärtiger Erlaß ist durch die Gesetzsamm⸗ lung zur öffentlichen Kenntniß zu bringen.
Berlin, den 4. April 1847.
Friedrich Wilhelm.
An das Staatsministerium.“
Desgl. das Gesetz über das Verfahren bei Kompetenz⸗Konflikten zwischen den Gerichten und Verwaltungs⸗Behörden:
Wie Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preu⸗ zen ꝛc. ꝛc.
verordnen über das Verfahren bei Kompetenz⸗Konflikten zwischen den Ge⸗ richten und Verwaltungs⸗Behörden, auf den Antrag Unseres Staats⸗Mini⸗ steriums und nach vernommenem Gutachten Unseres Staats⸗Raths, für den ganzen Umfang der Monarchie, was folgt:
§. 1. Die Entscheidung der Kompetenz⸗Konflikte zwischen den Gerich⸗ ten und den Verwaltungs⸗Behörden wird einer aus bleibenden Mitgliedern zu dhürge⸗ übertragen, welche unter dem Titel „Gerichtshof zur Entscheidung der Kompetenz⸗Konflikte?“ bestehen soll, sc — Feteen
1) aus dem Präsidenten des Staats⸗Raths, “
2) aus dem Staats⸗Secretair und neun anderen Mitgliedern des Staats⸗ Raths, von denen Fünf Justiz⸗Beamte, die übrigen Vier aber Ver⸗ waltungs⸗Beamte sein müssen. Diese Mitglieder werden von Uns
8 d,, nah egge Präsidenten des Staats⸗Raths ernannt.
S. 7. In rechtskraftig von den Gerichten entschiedenen Sachen kann der Kompetenz⸗Konflikt nicht mehr erhoben werden; eben so wenig findet gen noch statt, wenn in einem Prozesse, bei welchem eine Verwaltungs⸗ ec 2 et herselice ist, die von derselben aufgestellte Präjudizial⸗
ede der Unzulässigkeit des Rechtsweges rechtskräftig verworfen wor⸗
§. 3. Zur Erhebung des Kompetenz⸗Konflilts sind nur die Central⸗ und die Provinzial⸗Verwaltungs⸗Behörden befugt. Hält eine untere Ver⸗ waltungs⸗Behörde in einer zu ihrer Kenntniß kommenden Rechtssache die Erhebung des Kompetenz⸗Konslikts für erforderlich, so hat sie hiervon sofort der vorgesetzten Dienst⸗Behörde Anzeige zu machen.
§. 4. Die Erhebung des Kompetenz⸗Konflikts erfolgt durch Uebersen⸗ dung eines darüber abzufassenden motivirten Beschlusses der Verwaltungs⸗ Behörde an das Gericht, mit der Erktärung:
daß der Kompetenz⸗Konflikt erhoben werde, und mit dem Antrage: .“
das Rechts⸗Verfahren bis zur Entscheidung über denselben einzustellen.
Besteht die Provinzial⸗Behörde, welche den Konflikt erheben will, aus mehreren Abtheilungen, so muß der Beschluß vom Plenum derselben ge⸗ faßt werden.
§. 5. Sobald der Konsflikt auf diese Weise (§. 4) erhoben ist, stellt das Gericht das Rechts⸗Verfahren durch einen Bescheid, gegen welchen kein Rechtsmittel zulässig ist, einstweilen ein und fertigt diesen Bescheid, nebst einer Abschrift des Beschlusses der Verwaltungs⸗Behörde, den bei der Sache betheiligten Privat⸗Parteien mit dem Eröffnen zu, daß ihnen freistehe, sich binnen einer Präklusivfrist von vier Wochen über den Kompetenz⸗Konflikt schriftlich zu erklären. Eine solche Erklärung muß von einem Rechts⸗An walte unterzeichnet sein und nebst einer Abschrift derselben eingereicht werden.
§. 6. Nach dem Eingange der Erklärungen der Parteien läßt das Gericht die Abschriften derselben der Verwaltungs⸗Behörde (§. 4) zustellen und reicht sodann die Akten mit seinem Guachten dem Justiz⸗Minister ein.
Ist binnen der vierwöchentlichen Frist (§. 5) keine Erklärung einge⸗ gangen, so hat das Gericht hiervon die Verwaltungs⸗Behörde zu benach⸗ richtigen und erst alsdann die Akten an den Justiz⸗Minister zu befördern.
§. 7. Ist die Sache bei einem Untergerichte anhängig, so erstattet dasselbe den gutachtlichen Bericht (§. 6) an das vorgesetzte Landes⸗Justiz⸗ Kollegium, welches ihn, unter Beifügung seines Gutachtens, dem Justiz⸗ Minister überreicht.
§. 8. Im Bezirke des Appellations⸗Gerichtshofes zu Köln treten in dem vorstehend (§§. 4 — 7) angeordneten Verfahren folgende Abweichun⸗ gen ein.
Wird in einer bei einem Friedensgerichte anhängigen Sache der Kom⸗ petenz⸗Konflikt erhoben, so ist der im §. 6 gedachte Bericht von dem Frie⸗ dens⸗Richter an den Ober⸗Prokurator des Landgerichts zu erstatten und von diesem alsdann gutachtlich an den Justiz⸗Minister zu berichten.
Ist das Rechtsverfahren bei einem Landgerichte oder bei dem Appel⸗ lationsgerichtshofe anhängig, so hat die Verwaltungs⸗Behörde das Schrei⸗ ben, mit welchem sie den Beschluß über die Erhebung des Konflikts mit⸗ theilt (§. 4), nicht an das Gericht, sondern an den bei demselben ange⸗ stellten Ober⸗Prokurator odor General⸗Prokurator zu richten, welcher dem Gerichte sofort davon Mittheilung zu machen und, nach Abfassung des ge⸗ richtlichen Bescheides, durch den das Rechtsverfahren eingestellt ist (§. 5), alle übrigen in den §§. 5 und 6 den Gerichten vorgeschriebenen Handlun⸗ gen vorzunehmen hat.
Dem an den Justiz⸗Minister zu erstattenden Berichte hat der Ober⸗ Prokurator oder General⸗Prokurator statt der Gerichts⸗Akten die von den Parteien einzufordernden Akten derselben oder wenigstens die Ladung, fer⸗ ner den Beschluß der Verwaltungs⸗Behörde über die Erhebung des Kon⸗ flikts (§. 4), den Bescheid des Gerichts (§. 5), die etwa eingegangenen Erklärungen der Parteien und die mit der Verwaltungs⸗Behörde nach §. 6 geführte Korrespondenz beizufügen.
§. 9. Die Provinzial⸗Verwaltungsbehörde ist verpflichtet, sobald sie von dem Gerichte entweder die Erklärungen der Parteien oder die Benach⸗ richtigung empfangen hat, daß dergleichen Erklärungen nicht eingegangen sind (§. 6), unter Ueberreichung der Akten, an den betheiligten Verwal⸗ tungs⸗Chef gutachtlich zu berichten.
§. 10. Der Justiz⸗Minister sendet die ihm eingereichten gerichtlichen Akten (§s. 6, 8) nebst seinen Bemerkungen über den Konflikt, wenn er solche beizufügen für nöthig erachtet, an den im §. 1 genannten Gerichtshof und setzt davon den betheiligten Verwaltungs⸗Chef, unter Mittheilung jener Be⸗ merkungen, in Kenntniß.
§. 11. Erachtet der Verwaltungs⸗Chef den von der Provinzial⸗Be⸗ hörde erhobenen Kompetenz⸗Konflikt für nicht begründet, so hat er davon den Gerichtshof (§. 1) mit der Erklärung, daß der Antrag auf Einstellung des Rechts⸗Verfahrens zurückgenommen werde, zu benachrichtigen. Der Gerichtshof sendet alsdann die Akten dem Justiz⸗Minister zurück, und dieser veranlaßt den Fortgang des Rechts⸗Verfahrens.
§. 12. Hält dagegen der Verwaltungs⸗Chef den Kompetenz⸗Konflikt für begründet, so steht ihm srei, dem Gerichtshofe auch seine Bemerkungen zu übersenden; er hat dieselben aber dann auch dem Justiz⸗Minister mitzu⸗ theilen.
§. 13. Die bei dem Gerichtshofe eingegangenen gerichtlichen Akten (§. 10) werden dem Referenten zugestellt, sobald entweder eine Erklärung des betheiligten Verwaltungs⸗Chefs eingegangen oder eine achtwöchentliche Frist seit dem Tage verflossen ist, an welchem der Verwaltungs⸗Behörde die zuletzt eingegangene Erklärung der Parteien, oder das Benachrichtigungs⸗ Schreiben des Gerichts, daß keine solche Erklärungen eingegangen sind (§. 6), zugestellt worden ist.
§. 14. Die Entscheidung des Gerichtshofes erfolgt auf den schriftlichen Vortrag eines Referenten und eines Korreferenten. Zum Referenten kann einer der beim Staatsrathe angestellten Geheimen Referendarien oder kom⸗ missarischen Hülfsarbeiter ernannt werden; ein Stimmrecht steht jedoch einem solchen Referenten nicht zu.
§. 15. Zur Abfassung gültiger Erkenntnisse des Gerichtshofes ist die Theilnahme von wenigstens sieben Mitgliedern, mit Einschluß des Vorsitzen⸗ den, erforderlich.
§. 16. Der Justiz⸗Minister, so wie jeder der betheiligten Verwaltungs⸗ Chefs, ist befugt, zu den Berathungen des Gerichtshofes einen Rath seines Departements abzuordnen, welcher nöthigenfalls über die Sache nähere Auskunft zu geben hat, an der Entscheidung aber nicht Theil nimmt.
§. 17. Das Erkenntniß des Gerichtshofes ist mit den Entscheidungs⸗ gründen unter der Unterschrift des Vorsitzenden auszufertigen und dem Justiz⸗Minister, so wie dem betheiligten Verwaltungs Chef, zur Mittheilung an das Gericht und die Verwaltungs⸗Behörde zuzustellen. Das Gericht hat den Parteien das Erkenntniß bekannt zu machen. Die Veröffentlichung solcher Erkenntnisse bleibt dem Ermessen des Justiz⸗Ministers, so wie des Verwaltungs⸗Chefs, überlassen.
§. 18. Ist die Entscheidung (§. 17) gegen die Zulassung des Rechts⸗ weges ausgefallen, so hat das Gericht das Rechtsverfahren aufzuheben, die gerichtlichen Kosten niederzuschlagen und die etwa schon bezahlten zu er⸗ statten. Zur Erstattung außergerichtlicher Kosten ist in einem solchen Falle keine der Parteien verpflichtet.
§. 19. Durch Erhebung des Kompetenz⸗Konfliktes wird der Lauf der Präklusivfristen im Prozesse gehemmt, auch ist die Execution bis zur Ent⸗ scheidung über den Kompetenz⸗Konflikt unzulässig.
§. 20. Der im §. 1 angeordnete Gerichtshof hat auch über solche Streitigkeiten zwischen den Gerichts⸗ und Verwaltungs⸗Behörden zu ent⸗ scheiden, bei welchen eine jede der beiden Behörden sich in der Sache für inkompeten und dagegen die andere für kompetent hält.
§. 21. Den Verwaltungs⸗Behörden sind in den vorstehenden Bestim⸗ mungen (§§. 1 bis 29) die Auseinandersetzungs⸗Behörden gleich zu achten.
§. 22. Alle bei Publication dieses Gesetzes noch nicht entschiedenen Kompetenz⸗Konflikte werden dem im §. 1 angeordneten Gerichtshofe zur Entscheidung überwiesen. Die Vorschriften der §§. 5—13 finden jedoch nur auf diejenigen von diesen Sachen Anwendung, in weschen die Akten bei dem Justiz⸗Minister noch nicht einge gangen sind.
§. 23. Alle diesem Gesetze entgegenstehende Vorschriften werden hiermit aufgehoben.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift u drucktem Königlichen Insiegel. an “
Gegeben Berlin, den 8. April 1847. 8
(L. S.) Friedrich Wilhelm. 8 Frhr. von Müffling. Eichhorn. von Savigny. von Bodelschwingh. lberg. Uhden. von Düesberg.
beige⸗
von Boven.
Berrlin, 10. Apr. Nach dem heutigen Militair⸗Wochen⸗ blatt ist der General⸗Major von Werder J., Commandenr de 13ten Infanterie⸗Brigade, zum Kommandanten von Stralsund 2 General⸗Major von Borcke, Commmandeur der 14ten Landwehr⸗ Brigade, zum Commandeur der 13ten Infanterie⸗Brigade, der Oberst von Niesewand, Commandeur des 28sten Infanterie⸗Regiments, zum Commandeur der 14ten Landwehr⸗Brigade, der Obersi⸗Lieute⸗ nant Berger, vom 21sten Infanterie⸗Regiment, zum interim. Com⸗ mandeur des 28sten Infanterie⸗Regiments, der Oberst⸗Lieutenant von Puttkammer, aggr. der Garde, zum interim. Brigadier der lsten Artillerie⸗Brigade, der Hauptmann Roehl, von der 2ten Artillerie⸗Brigade, mit Beibehaltung seiner S so wie der Hauptmann, Baron Kurzbach von Seydlitz, Artillerie⸗Offizier des Platzes Torgau, in die Garde⸗Artillerie⸗Brigade als Compagnie⸗ Chef versetzt und zum überzähligen Major ernannt und der Oberst und Flügel⸗Adjutant von Hahn, Chef vom Generalstabe der Ge⸗ neral⸗Inspection der Artillerie, unter Ernennung zum Brigadier der Garde⸗Artillerie⸗Brigade, von der Dienstleistung bei der Kommission zur Prüfung militairwissenschaftlicher und technischer Gegenstände entbunden, dieser Kommission dagegen der Oberst⸗ Lieutenant Encke, Brigadier der 1sten Artillerie⸗ Brigade, unter Er⸗ nennung zum Chef des Generalstabes der General⸗Inspertion der Artillerie, überwiesen worden. Ferner ist den Hauptleuten Berg⸗ welt, von der 5ten Artillerie⸗Brigade, Burg, Lehrer bei der ver⸗ einten Artillerie⸗ und Ingenieur⸗Schule, Wolff (Zeug⸗Hauptmann) in Neiße, der Charakter als Major beigelegt und dem General⸗ Major de Finance, Commandeur der 15ten Landwehr⸗Brigade, als General-Lieutenant mit Pension der Abschied bewilligt worden.
Dasselbe Blatt enthält noch folgende amtliche Mittheilungen:
Um die Verdienste des Generals der Infanterie von Aster in dauerndem Andenken zu erhalten, haben des Königs Majestät mittelst Allerhöchster Kabinets⸗Ordre vom 4. März d. J. dem Kernwerk auf der pfaffendorfer Höhe bei Koblenz die Benennung Aster Stein beizulegen geruht.
Um die Verdienste des verstorbenen kommandirenden Generals des 5ten Armee⸗Corps, Generals der Infanterie von Grolm an, so wie des Chefs des Generalstabes der Armee, Generals der In⸗ fanterie von Krauseneck, und insbesondere den Antheil, welchen dieselben an dem Plane zur Befestigung von Königsberg in Pr. ha⸗ ben, in dauerndem Andenken zu erhalten, haben des Königs Majestät mittelst Allerhöchster Kabinets⸗Ordre vom 18ten d. M. zu bestimmen geruht, daß daselbst die auf dem rechten Pregel⸗Ufer vom oberen Anschluß bis zum Oberteich belegenen Festungsfronten „die Grol⸗ manschen Fronten“, so wie die auf dem rechten Pregel⸗Ufer vom unteren Anschluß bis zum Oberteich belegenen Festungsfronten „die Krauseneckschen Fronten“, außerdem aber das bisherige Bastion Kalt⸗ hoff künftighin „Bastion Grolman“ und das bisherige Hufen⸗Bastion künftighin „Bastion Krauseneck“ benannt werden sollen.
Berlin, 10. April. Das gestern angezeigte 12te Stück der Gesetz-Sammlung hat zwei wichtige Erlasse gebracht, ein Königliches Patent, die Bildung neuer Religions⸗Gesellschaften betreffend, und eine Verordnung, anlangend die Geburten, Heirathen und Sterbe⸗ fälle, deren bürgerliche Beglaubigung durch die Orts⸗Gerichte erfol⸗ gen muß. . 4 1 1 .
Das Bedürfniß, auf diesem Gebiete bestimmte Grundsätze aus⸗ zusprechen und Vorsorge für die Aufrechthaltung der bürgerlichen Ordnung, insbesondere für die Beglaubigung der Ehen, zu treffen, hat sich aus den Ereignissen der letzten Jahre ergeben. Sowohl unter der katholischen, als auch unter der evangelischen Bevölkerung des Landes haben Absonderungen aus dem im Staate rechtlich an⸗ erkannten Kirchen und Versuche neuer religiöser Bildungen stattge⸗ funden. An den Staat sind von zwei Seiten her Anforderungen herangetreten; von der Seite der berechtigten Kirchen die Anforde⸗ rung, sie in dem Besitz ihrer im Staate anerkannten Rechte zu schützen, von der Seite der Dissentirenden die Anforderung, ihnen einen Boden der Berechtigung zu gewähren zur freien Uebung ihres Bekenntnisses. Das Eintreten jener Erscheinungen war von einer heftigen Erregung der Gemüther begleitet, und nicht überall blieb man sich der Gränze bewußt, bis wohin Gesetz und öffentliche Ord⸗ nung der Bewegung der Einzelnen Raum lassen. Die gegenwärti⸗ gen Erlasse sind dazu bestimmt, hierin ein sicheres Maß festzustellen und mit gleicher Festigkeit die Rechte der bestehenden Kirchen, wie die gesetzliche Freiheit der von ihnen sich Lossagenden, zu schützen.
Hierüber spricht sich das Patent aus. Dasselbe steht ganz auf der Grundlage des bestehenden Rechts. Der König will, so wie er einerseits entschlossen ist, den in den Königlichen Staaten ge⸗ schichtlich und nach Staats⸗Verträgen bevorrechteten Kirchen, der cvangelischen und der römisch⸗katholischen, nach wie vor seinen kräf⸗ tigsten landesherrlichen Schutz angedeihen zu lassen und sie in dem Genuß ihrer besonderen Gerechtsame zu erhalten, andererseits auch seinen Unterthanen die in dem Allgemeinen Landrecht ausgesprochene Glaubens⸗ und Gewissens⸗Freiheit unverkümmert aufrecht erhalten, auch ihnen, nach Maßgabe der allgemeinen Landesgesetze, die Frei⸗ heit der Vereinigung zu einem gemeinsamen Bekenntnisse und Got⸗
tesdienste gestatten.
Als die geschichtlich und nach Staats⸗Verträgen bevorrechteten Kirchen werden in dem Patente die römisch⸗katholische und die evan⸗ gelische Kirche genannt. Es ist bekannt, daß durch das ganze Mit⸗ telalter hindurch die Angehörigkeit zu der abendländisch⸗katholischen Kirche, deren Ausbreitung in Deutschland mit den Anfängen unserer gegen Staatenbildung zusammenfällt, Grund und Bedingung aller Berechtigung im Staate blieb. In der Reformation spaltete sich die Kirche des Abendlandes. Der kirchliche Gegensatz ergriff auch die Staaten. Lange Zeit schien es, als könne die Obrigkeit eines Landes nur eine Kirche, die römisch⸗katholische oder die evangelische, in ihrem Gebiete dulden, bis endlich in dem westfälischen Frieden zuerst die Anerkennung des beiderseitigen Besitzstandes erkämpft, dann aber in der Bundes⸗Akte die gleiche Berechtigung der christlichen Kirchen als ein Grundgesetz deutschen Staatslebens anerkannt wurde.
In Preußen führte die geschichtliche Entwickelung früh schon auf die Nothwendigkeit einer solchen erweiterten Anerkennung.
In Brandenburg und Preußen hatte die Reformation die ganze Bevölkerung ergriffen, und in feierlichen Grundverträgen zwischen Fürst und Ständen war dem evangelischen Bekenntnisse ausgedehnter Schutz zugesichert worden. Spätere Erwerbungen führten dem Staate auch katholische Unterthanen zu; zuerst in Kleve, bann im vr Halberstädtischen und Magdeburgischen, später in eea- b Erwerbungen wurde den Katholiken von ber Frope Heeeann urg überall bürgerliche und politische Anerkennung zu Theil und durch Staats⸗ und Religions⸗Verträge das Recht des katholischen, wie des evange⸗ lischen Theils gesichert. Unter Friedrich II. kamen in Schlesien und Preußen neue Landestheile an die Krone, in welchen die katholische Kirche bis dahin die allein herrschende, die evangelische eine kaum 9 , 8 Friedrich II. sicherte in den Erwerbungs⸗ geduldete gewesen war. Grieobꝛc rtd den Säj 8 Verträgen der katholischen Kirche den fortdauernden Schutz ihrer Rechte zu; gleichzeitig ertheilte er, aber auch der evangelischen Kirche
9 dzdern gleiche Berechtigung; und dasselbe Prinzip der
in diesen Ländern glei 1 — Pariche welches hier zur Anwendung kam, wurde späterhin durch die
jandrechtlichen Bestimmungen befestigt.