Gesetzes vom 3. Februar d. J. über die Bildung des Vereinigten Landtages Allergnädigst zu erlassen, welche außer Zweifel setze, daß das Recht des ständischen Bei⸗ raths über alle Steuergesetze überhaupt dem Vereinig⸗ rteen Landtage zustehe, hat die Herren⸗Kurie unverändert beizutreten beschlossen, da es sich hierbei nur um eine Allerhöchste Declaration zur Beseitigung eines Zweifes handelt. 8 Aus denselben Gründen hat die Herren⸗Kurie beschlossen, der Bitte der Kurie der drei Stände unverändert beizutre⸗ 8 Se. Majestät der König eine Declaration der Verord⸗ nung vom 3. Februar Allergnädigst erlassen möchten, durch welche außer Zweifel gestellt werde, daß mit Rücksicht auf die frühere Gesetzgebung in den rechtlichen Verhältnissen der Domainen und Regalien nichts geän⸗ dert sei, so daß die Mitwirkung der Stände, welche aus der die Domainen betreffenden Gesetzgebung zu be⸗ gründen, ungeschmälert sei. Der allerunterthänigsten Bitte der Kurie der drei Stände, betreffend die Wahlen zu den ständischen Ausschüssen und zu er ständischen Deputation für das Staatsschuldenwesen, hat die Herren⸗Kurie dahin modiftzirt beizutreten beschlossen: daß Seine Majestät mit Rücksicht auf die bereits for⸗ mirten allerunterthänigsten Anträge und namentlich auf die zugesicherte Wiedereinberufung des Vereinigten Land⸗ tages innerhalb 4 Jahren bis zur Allerhöchsten Entschei⸗ dung über jene Anträge die Wahlen zu den ständischen Ausschüssen und zu der ständischen Deputation für das Staatsschuldenwesen jetzt aussetzen zu lassen Allergnädigst 8 geruhen mögen. Die Herren⸗Kurie hält dies für eine Folgerung aus den vorste henden allerunterthänigsten Bitten. Berlin, den 21. Juni 1847. (gez.) L. F. zu Solms. (gez.) von Keltsch. von Krosigk. Graf York von Wartenburg. —
Der Beschluß der Stände⸗Kurie hinsichtlich der Erklärungen der Herren⸗Kurie:
Veschluß der Kurie der drei Stände hinsichtlich der Erklärungen der 8 Herren⸗Kurie über die Petition der Kurie der drei Stände, die Verordnung vom 3. Februar 1847 betreffend.
Die Kurie der drei Stände hatte nach ihrem Beschlusse vom 5. Juni 1847 sich zu folgenden Petitionen an Se. Majestät den König vereinigt.
J. Mit Bezug auf die frühere Gesetzgebung und aus Gründen der Nützlichkeit und inneren Nothwendigkeit Se. Majestät allerunter⸗ thänigst zu bitten, die Einberufung des Vereinigten Landtages alle zwei Jahre auszusprechen.
Dieser allerunterthänigsten Bitte ist die Herren⸗Kurie dahin mo⸗ difizirt beigetreten,
Se. Majestät zu bitten, die periodische Einberufung des Vereinig⸗
ten Landtages in einer von Allerhöchstdemselben zu bestimmenden
Frist Allergnädigst aussprechen zu wollen.
Die Kurie der drei Stände beschließt fast einstimmig mit Rück⸗ sicht darauf, daß die in dem früheren Beschlusse angenommene zwei⸗ jährige Periode besonders den Zweck haben sollte, eine so kurze Frist zu bezeichnen, welche die gedeihliche Wirksamkeit des Vereinigten Land⸗ tages möglich machen, und mit Rücksicht auf die hohe Wichtigkeit der Bitte überhaupt, deren Erfüllung die Lebensfähigkeit der ständischen Wirksamkeit des Vereinigten Landtages bedingt, ganz besonders aber mit festem Vertrauen darauf, daß Se. Majestät in Allerhöchstihrer Weisheit eine den Wünschen Allerhöchstihren getreuen Ständen ent sprechende kurze Periode wählen werden,
dem Antrage der Herren⸗Kurie beizutreten.
II. Die Kurie der drei Stände hat ferner beschlossen:
Mit Bezug auf die frühere Gesetzgebung und aus Gründen der
Nützlichkeit und inneren Nothwendigkeit Se. Majestät allerunter⸗
thänigst zu bitten, den Wegfall der Ausschüsse Allergnädigst auszu⸗
sprechen.
Auch dieser allerunterthänigsten Bitte ist die Herren-Kurie nur dahin modifizirend beigetreten,
Seine Majestät den König allerunterthänigst zu bitten, die Verord⸗
nung vom 3. Februar 1847 über den Vereinigten Ausschuß und
dessen Befugnissen Allergnädigst dahin abändern zu wollen, daß diesem Ausschusse in seinen Verhältnissen zu dem Vereinigten Land⸗ keine weiteren Rechte eingeräumt werden möchten, als solche dem ständischen Ausschusse der Provinzial⸗Landtage die⸗
sem letzteren gegenüber durch die Verordnung vom 21. Juni 1842
beigelegt waren und solches näher aus den §§. 2 und 4 der letzt⸗
gedachten Verordnung hervorgeht.
Die Kurie der drei Stände interpretirt das Konklusum der Her⸗ ren⸗Kurie so, daß dadurch den Ausschüssen nur die in den §§. 2 und 4 des Gesetzes vom 21. Juni 1842 erwähnten Rechte haben beige⸗ legt werden sollen, wie dies deutlich aus den Gründen des Konklu⸗ sums der Herren⸗Kurie hervorgeht und die Wirksamkeit der Ausschüsse daher keine andere sein soll, als eine blos vorbereitende und vorbe⸗ rathende, und schließt sich daher auch diesem Beschlusse der Herren⸗ Kurie mit überwiegender Majorität an.
III. Hat die Kurie der drei Stände die allerunterthänigste Bitte beschlossen,
daß Se. Majestät der König mit Rücksicht auf die bereits formir
ten allerunterthänigsten Anträge und namentlich auf die zugesicherte
Wiedereinberufung des Vereinigten Landtages innerhalb 4 Jahren
die Wahlen zu den ständischen Ausschüssen und zu der ständischen
Deputation für das Staatsschuldenwesen für jetzt aussätzen zu las⸗
sen Allergnädigst geruhen möge.
Die Herren⸗Kurie hat sich zu dem Beschlusse vereinigt,
daß mit Rücksicht auf die bereits formirten allerunterthänigsten An
träge und namentlich auf die zugesicherte Wiedereinberufung des
Vereinigten Landtages innerhalb 4 Jahren bis zur Allerhöchsten
Entscheidung über jene Anträge die Wahlen zu den ständischen
Ausschüssen und zu der ständischen Deputation für das Staats⸗
Schuldenwesen jetzt aussetzen zu lassen Seine Majestät Allergnä⸗
digst geruhen mögen. 1
Die Kurie der drei Stände schließt sich auch diesem Beschlusse der Herren⸗Kurie an.
Berlin, den 23. Juni 1847. Die Kurie der drei Stände des Vereinigten Landtages. .
Marschall: Ist gegen den Entwurf etwas zu bemerken?
Abgeordn. von Beckerath: Ich habe nichts gegen die nach meiner Meinung richtige Fassung zu erinnern, nur möchte ich die Vor⸗ aussetzung aussprechen, daß der frühere Beschluß der Drei⸗Stände⸗
1346 Kurie, wie dieses schon im Laufe der Verhandlungen beantragt wurde, mit beigelegt und an Se. Majestät abgesendet werde.
Marschall: Allerdings. Dies ist Vorschrift des Reglements.
Abgeordn. von Puttkammer (aus Stettin): Ich wollte nur den Antrag, der schon einmal hier gestellt worden ist, erneuern, daß das eigentlich erste Petitum der Drei⸗Stände⸗Kurie auch mit in den stenographischen Mittheilungen veröffentlicht würde. Ich halte es darum für nothwendig, weil dies ein Fall ist, wo die Kurien verschiedener Meinung gewesen sind und es gewiß nicht ausbleiben kann, daß das Volk hierüber urtheilen wird. Daher scheint es mir nothwendig, daß das sehr gut motivirte Petitum der Drei⸗Stände⸗Kurie in der Allg. Preuß. Zeitung mit veröffentlicht werde, damit das Volk unsere Gründe vollständig kennen lerne.
Marschall: Es steht dem nichts entgegen, daß der Abdruck erfolgt. Es ist sogar die Regel.
Eine Stimme: Da es nicht unmittelbar an Se. Majestät gelangt, so bin auch ich der Meinung, daß es abgedruckt werden müsse.
Marschall: Ich sage, es ist das Regel, daß dieses geschehe.
Der Herr Abgeordnete von Vincke bat vorhin um das Wort.
Abgeordn. Freiherr von Vincke: Ich wollte ebenfalls diesen Antrag stellen.
Abgeordn. Dittrich: Die Punkte V. und VI., welche in Uebereinstimmung mit der Herren⸗Kurie gefaßt worden sind, sind hier nicht erwähnt.
Referent von der Schulenburg: Ich habe mich nach der Form erkundigt und Instructionen darüber eingeholt, was in diese Petition aufzunehmen ist. Es ist mir gesagt worden, daß die beiden Punkte, die die Herren⸗Kurie angenommen hat, so wie die, welche sie nicht angenommen hat, in dieses Konklusum nicht gehören, da mit diesem Konklusum jene beiden Petitions⸗Entwürfe der beiden Kurien Sr. Majestät als Beilagen überreicht werden. Außerdem wollte ich bemerken, daß die Anträge, welche durch diese jetzt verlesene Petition an Se. Majestät gelangen, in der Art von mir aufgenommen sind, daß ich die Konklusa beider Kurien gegenüber gestellt habe, welche daher mit abgedruckt werden.
(Einige Stimmen: Sehr richtig!)
Marschall: Wenn nichts weiter bemerkt wird, so kann ich annehmen, daß die hohe Versammlung mit dem Entwurfe einverstan⸗ den ist.
Es sind noch einige Entwürfe zu verlesen. Ich bitte zunächst Herrn Abgeordneten von Wedell, den seinigen vorzutragen.
Referent von Wedell (liest diesen Entwurf vor)
Allerunterthänigste Bitte der Kurie der drei Stände des Vereinigten Landtags um Aufhebung der Censur und Einführung der Preßfreiheit und Erlaß eines Preß⸗ strafgesetzes.
Bei Berathung mehrerer auf Preßfreiheit gerichteter Petitionen wurde von dem Köͤniglichen Gouvernement mitgetheilt, daß bei der hohen Bundesversammlung bereits eine Revision der Bundesgesetze über die Censur und ihre Handhabung in den einzelnen Staaten im Gange sei, und daß die Regierung Sr. Majestät des Königs dabei darauf hinarbeite, das Präventiv⸗System verlassen und zum Repres⸗ sivsystem übergehen zu können.
Es wurde als eine Thatsache hervorgehoben, daß das Volk von dem Verlangen nach Preßfreiheit und einem Preßstrafgesetz beseelt sei, und daß dieses Verlangen nicht erlöschen werde, bis es Befrie⸗ digung gefunden haben werde.
Daß das Verlangen nach Preßfreiheit und einem Preßstrafge⸗ setze im Volke vorhanden sei, wurde jedoch aus verschiedenen Gesichts⸗ punkten anerkannt, und beschloß die Kurie der drei Stände,
unter dankbarer Anerkennung der bereits von Seiten der Krone geschehenen Schritte an Se. Majestät die ehrfurchtsvolle Bitte zu richten, von dem seither befolgten Präventivsystem abgehen, in der ganzen Monarchie die Censur aufheben, Preßfreiheit zu gewähren und zu diesem Zweck ein Preßstrafgesetz entwerfen und dem Land⸗ tage zur Berathung Allergnädigst vorlegen lassen zu wollen.
Berlin, den 23. Juni 1847.
Abgeordn. von Auerswald: Ich habe nur zwei unbedeutende Bemerkungen zu machen. Die erste betrifft die Ueberschrift. Es ist mir durchaus nicht erinnerlich, daß die eingegangenen Petitionen, noch der Beschluß der hohen Versammlung dahin gingen, Se. Majestät um ein Repressiv⸗Verfahren an die Stelle des bisherigen Präventiv⸗ Verfahrens zu bitten. Der Antrag ist vielmehr von allen Seiten dahin gegangen, Censurfreiheit zu bewilligen mit einem Preßstrafge⸗ setze, in Folge dessen allerdings Umwandlung des bisherigen Präven⸗ tivsystems in ein Repressivsystem erfolgen muß. Es hat dem Herrn Referenten aber beliebt, als Ueberschrift zu wählen: Umwandlung des Präventivsystems in ein Repressivsystem. Ich muß mich dem wider⸗ setzen, denn ich glaube, wie schon bemerkt, daß weder die Petitionen, noch der Beschluß der Versammlung so lauten, und ich bitte den Herrn Marschall, darüber entscheiden zu lassen. Dann erlaube ich mir noch eine zweite, anscheinend geringfügige Bemerkung. Es ist nämlich später in dem Entwurfe gesagt:
„es wurde diese Thatsache jedoch ꝛc.“ Zu diesen Worten, die ich nicht genau weiß, und die ich daher zu verlesen bitte, wünsche ich etwas zu berichtigen.
(Referent von Wedell verliest die betreffende Stelle noch einmal.)
Ich erlaube mir da die Frage, wo das Komma in dieser Stelle steht, ob es vor oder hinter dem Worte „jedoch“ steht, da dies ei— nen wesentlichen Unterschied machen dürfte.
Referent von Wedell: Das Komma steht vor „werden“.
Abgeordn. von Auerswald: Dann bitte ich es zu ändern, denn es ist im vorliegenden Falle ein wesentlicher Unterschied, ob ich sage: „es wurde, jedoch aus verschiedenen Gründen“, oder ob ich sage: „es wurde jedoch, aus verschiedenen Gründen ꝛc.“, und bei der Wichtigkeit des Gegenstandes darf der Sinn des Beschlusses nicht undeutlich werden.
Referent von Wedell: Ich habe unter Repressivsystem, so lange ich über Censur etwas gehört habe, nur immer verstanden, daß dies so viel wie Preßfreiheit mit einem Preßstrafgesetz bedeutet, ich habe keinen anderen Grund für die Wahl dieses Ausdruckes gehabt; sollte aber die Versammlung der Meinung sein, daß „Preßfreiheit“ und „Preßstrafgesetz“ die Sache bestimmter bezeichnen, so habe ich dagegen nichts einzuwenden.
Abgeordn. von Auerswald: Es kommt weder auf die Mei⸗ nung des Herrn Referenten, noch auf die meinige hierbei an, sondern lediglich darauf, was die Petenten beantragt haben und in der Ver⸗ sammlung beschlossen ist; der Beschluß ging aber auf Gewährung von Preßfreiheit neben Erlassung eines Preßstrafgesetzes.
Marschall: Somit möchte ich fragen, ob der hohen Versamm⸗ lung genehm ist, daß statt der ausländischen Wörter Repressiv⸗ und Präventivsystem inländische Wörter gewählt werden sollen?
(Die Versammlung stimmt unter großer Heiterkeit bei.)
Damit ist also der Entwurf genehmigt.
Abgeordn. Sattig: Wenn ich recht gehört habe, so ist in der Schrift auf das Gutachten der Abtheilung Bezug genommen; es kommt eine Stelle darin vor, daß die Kurie den 8
orschlag der Ab⸗
theilung angenommen hätte; da aber das Gutachten der Abtheilung Sr. Majestät nicht überreicht wird, so darf in der Schrift auch nicht darauf Bezug genommen werden.
Referent von Wedell: Die betreffende Stelle ist Wort vor Wort aus dem Protokoll entlehnt; es ist dies ja aber nur das Schrei⸗ ben, welches an die Herren⸗Kurie geht, nicht an Se. Majestät den König.
Marschall: Damit ist also die Sache erledigt. Der Herr Ab⸗ geordnete von Katte wird jetzt den Entwurf, betreffend die beabsich⸗ tigten Veränderungen des Reglements, der hohen Versammlung vor⸗ tragen.
Referent von Katte (verliest diesen Beschluß):
Beschluß
der Kurie der drei hinsichtlich mehrerer von der Herren⸗Kurie beschlossenen Modifi⸗ cationen und selbstständiger Anträge bei der gestellten allerunterthänigsten Bitte,
betreffend
1—
Stände
Abänderungen des Reglements über den Geschäftsgang
beim Vereinigten Landtage.
Die von der Kurie der drei Stände unterm 17. Mai d. J. ge⸗ stellte allerunterthänigste Bitte um mehrere Abänderungen des Regle⸗ ments über den Geschäftsgang bei dem Vereinigten Landtage hat nach §. 26a. desselben der Berathung und Beschlußnahme der Herren⸗ Kurie vorgelegen. Dieselbe stellte in folgenden Punkten theils Mo⸗ dificationen der Anträge der Stände-Kurie, theils selbstständige An⸗ träge auf, zu welchen letztere vollständig beizutreten sich erklärte.
1) Nr. 6 ihres Petitums ad §. 13 des Reglements hatte die
Stände⸗Kurie gebeten, den Zusatz Platz greifen zu lassen:
„Daß die Berathung in Pleno immer erst 24 Stunden nach Vertheilung des Gutachtens der Abtheilung beginnen dürfe, auch die Gegenstände, welche in jeder Sitzung zur Erörte⸗ rung kommen sollten, bei mündlicher Anberaumung derselben genau zu bezeichnen, bei schriftlicher auf den Einladungs⸗ Karten zu bemerken seien.“ Die Herren⸗Kurie ist diesem Petitum im Allgemeinen zwar bei⸗ getreten, findet aber den gebrauchten Ausdruck: „nach Vertheilung des Gutachtens“
nicht bestimmt genug und geht davon aus, daß die erbetene
Zusatzbestimmung nur die Regel ausdrücken soll, welche in ein⸗
zelnen dringenden Fällen Ausnahmen werde erleiden können.
Da diese Voraussetzung dem Antrage der Kurie der drei
Stände ebenfalls zum Grunde lag, so glaubte sie, daß die de⸗
finitive Redaction desselben, falls solcher die Allerhöchste Ge⸗ nehmigung erhielte, dem Gouvernement zu überlassen sei. ad Nr. 9 der Anträge der Drei⸗Stände⸗Kurie in Betreff §. 15 d. des Reglements:
„Daß es den der deutschen Sprache nicht vollkommen mäch⸗
tigen Landtags⸗Abgeordneten gestattet werden möge, ihre
Reden abzulesen“, stimmt dieselbe der Deutung der Herren⸗Kurie bei, wie die Ab⸗ sicht der ausgesprochenen Bitte nur dahin gerichtet sei, daß allein denjenigen Mitgliedern der Versammlung das Ablesen ihrer Reden gestanet werden könne, welche der deutschen Sprache in der That nicht hinreichend mächtig sind. ad §. 45e. des Reglements findet die Herren⸗Kurie die Vor⸗ schrift, wonach Reden nur an den Marschall gerichtet werden sollen, praktisch nicht streng ausführbar und stellte daher den Antrag:
„Allergnädigst bestimmen zu wollen, daß die Reden nur an
den Marschall oder an die Versammlung gerichtet werden
dürfen.“ Die Kurie der drei Stände erkennt die Angemessenheit dieses Antruges. ad §. 26a. des Reglements und Nr. 14 des Petitions⸗Antra⸗ ges der Kurie der drei Stände:
„Allergnädigst es der Versammlung zu überlassen, auch nach
Ablauf der Präklusivfrist ausnahmsweise Petitionen anzu⸗
nehmen“, tritt die Herren⸗Kurie mit der Modification bei, daß die Bitte dahin gerichtet werde:
„Allergnädigst es der Versammlung zu überlassen, auch nach
Ablauf der Präklusivfrist, in besonders wichtigen oder durch
den Augenblick gebotenen Fällen, ausnahmsweise Petitionen anzunehmen.“
Die Kurie der drei Stände findet diese Fassung ihres Be⸗ schlusses entsprechend.
Um das Eigenthumsrecht der einzelnen Mitglieder an den von ihnen verfaßten Petitionen zu sichern und die Modalitäten für das Verfahren bei dem Zurückziehen von Petitionen näher zu bestimmen, stellt die Herren⸗Kurie ad §. 26 a. die unterthänigste Bitte:
„Allergnädigst eine Bestimmung dahin zu erlassen, demjeni⸗
gen, der eine Petition eingebracht hat, steht in jedem Sta—
dinm der Verhandlung die Befugniß zu, den Antrag zurück⸗
zunehmen.“ Jede Petition wird aber auch, sobald sie eingebracht ist, der⸗ gestalt Eigenthum der Versammlung, daß dieser das Recht, die in Anregung gebrachte Sache zu debattiren, durch das Zurück⸗ ziehen von Seiten der Antragsteller nicht genommen werden kann. Wenn daher der Antragsteller eine Petition zurücknimmt, so kommt es darauf an, ob der Antrag demnächst die erforder⸗ liche Unterstützung durch 6 oder 24 Mitglieder findet. Ist dies der Fall, so erfolgt die Fortsetzung der Debatte und am Schlusse die Abstimmung der Versammlung. Wird dem Antrage die Unterstützung nicht zu Theil, so findet eine weitere Diskussion und Abstimmung darüber nicht statt.
Die Kurie der drei Stände erklärte ihren Beitritt zu die sem Antrage um so unbedenklicher, da ein ihm entsprechen⸗ der Gebrauch während des jetzigen Landtages in der Versamm⸗ lung sich bereits gebildet hat.
6) Dem sub Nr. 17 von der Kurie der drei Stände zu §. 26 e. des Reglements gestellten allerunterthänigsten Antrage,
„eine Bestimmung zu erlassen, nach welcher, wenn sich eine
wesentliche Meinungsverschiedenheit herausgestellt hat und
beide Kurien es wünschen, die betreffenden Abtheilungen zur
Vorbereitung einer Einigung beider Kurien zusammentreten
dürfen“, — 8 it vie Herren⸗Kurie mit einer wörtlich also lautenden Erklä⸗ rung beigetreten,
„nach den Worten dieses Antrages könnte es zwar scheinen,
als solle ein solcher Verständigungsversuch auch in dem Falle
eintreten, wenn eine Kurie ihren Beitritt zu einer de anderen beschlossenen Petition ganz versagt.“”)
Zweite Beilage
S
Dritte
gangenes und darum wahrhaft volksthümliches — Dank dem genialen Künstler, welchen Schlesien den Seinen nennt, Dank den ausgezeichneten Werkmeistern und ihren wackeren Gehülfen, jetzt vollendet, um der spätesten Nachwelt Zeugniß zu geben, von welcher Gesinnung, von welchen Gefühlen die Väter beseelt waren.
„Und was macht die Gemüther der Schlesier noch heute, nachdem mehr als ein Jahrhundert über wechselnde Geschlechter dahin gerauscht ist, bei der Erinnerung an Friedrich erglühn? Trägt unsere Gesinnung die Bürg schaft in sich, auch ferner fortvererbt zu werden auf die kommenden Ge⸗ schlechter? Was erklärt die überraschende Wahrnehmung, daß ein erobertes Land seinem Eroberer noch nach einem Jahrhunderte ein Denkmal dank⸗ barer Verehrung errichtet? — Alle diese Fragen, wann und wo könnten dieselben entschiedener an uns herantreten, als am heutigen Tage und an dieser Stätte; wie aber könnten dieselben anders ihre umsassende Lösung sinden, als in dem mächtigen Genius des großen Königs, wie er nicht von schwachem Munde geschildert zu werden vermag, sondern in der Weltgeschichte mit leuchtenden Zügen gezeichnet ist und in unvergänglichen Werken — von denen Schlesien'’'s beglückende Vereinigung mit Preußen das größeste — sich offenbart und bethätigt hat.
„Erfüllt von dem Bilde, von dem Leben und Wirken des über seiner Zeit stehenden, von seinem Volke, von Deutschland, ja von jeder freien Nation der Welt verehrten Weisen und Heros, sind wir heute zur Weihe seines Denkmals hier versammelt; und gewiß kann dieselbe sich nicht wür⸗ diger vorbereiten, als in der Erinnerung an Seine Gesinnung, in der Erinnerung dessen, was Er Preußen — Schlesien — was Er Deutschland gewesen ist!
„Ich suche nichts als die Wahrheit; ich ehre sie überall, wo ich sie finde; ich unterwerfe mich ihr, sobald man sie mir zeigt. „Falscher Religionseifer ist ein Tyrann, der die Lande entvölkert, Duldung ist eine zärtliche Mutter, welche sie pflegt und blühend macht. „Nur Tugend und Gerechtigkeit und Güte dürfen die Richtschnur der Fürsten sein; nur sie können ihnen ein dauerndes Glück auf dem Throne veisprechen. Der Fürst hat sich nicht als uneingeschränkter Herr der Völker, die er beherrscht, vielmehr als ihr erster Diener zu be⸗ trachten.“ „‚Mit einem von solchen Grundsätzen und Gesinnungen, unbeschadet der Majestät, bis ans Ende getragenen, in der Schule des Unglücks früh⸗ zeitig gereiften Charakter, von einem mit den reichsten Anlagen ausgestatte⸗ ten Geiste, zugleich durch die Wissenschaften hochgebildet, ergriff Friedrich die Zügel eines Staats, welcher den Namen eines Königreichs trug, dem es aber an Nationalität, an äußerem Ansehen, wie an innerem Wohlstande, gebrach. Durch die Besitznahme und die Behauptung Schlesiens, eines Landes, welches mit seiner Strom⸗Ader den Werth mancher Königreiche übersteigt, entschied Friedrich das Wesen der Monarchie, den Beruf Preußens in der Weltgeschichte! „„In dem sieben⸗ jährigen Kriege war den Augen der Menschen eine Kraft des Geistes, eine Standhaftigkeit des Gemüths, ein ausdauerndes Heldenthum offenbart, wie die Welt lange mehr kein ähnliches gesehen. Das deutsche Volk, in seinen politischen Verhältnissen ohne Würde, herabgesunken von der Höhe geistiger Klarheit, vermochte sich an dem, was Preußen, was Friedrich gethan, wie⸗ derum aufzubauen und im Schwunge einer lebhaften Begeisterung für das Hohe, dessen Zeuge es gewesen, aufs neue die Blüthen eines frischen Lebens zu entwickeln.““*) .“ Zahllos und noch heute fortwirkend sind die Wohlthaten, welche Frie⸗ drich Seinem Schlesien erwiesen hat! Gedenken wir nur der aus Ach tung vor dem Heiligthum der Menschenbrust — weshalb auch uns, fern von Splitterichterei, das Innerste des vielgeprüften großen Königs heilig sei — von ihm anerkannten Glaubens⸗ und Gewissensfreiheit, bei ge⸗ genseitiger Toleranz und gleicher Berechtigung der Konsessionen; der durch⸗ greifenden und umfassenden Umgestaltung und Verbesserung des Volks⸗ Schulwesens; der Gewährung einer geläuterten, vernunftgemäßen Ge⸗ etzgebung und Rechtspflege unter Abschaffung der Fol⸗ ter; der Grundsteuer⸗Regul irung, der Gründung des landwirthschaftlichen Kredit⸗Instituts, der kräftigsten Belebung des Handels und der Manufakturen und der entschiedensten Beförderung der gesammten Landes⸗Kultur; — aber was Schlesien als dauerndste unabsehbar beglückende und unendlich erhebende Wohlthat erkannt hat und fort und fort preisen wird, das beruht in seiner natio⸗ nalen Vereinigung mit Preußens Krone, mit einem Königs⸗ hause und Reiche, welches unüberwindlich auf seinen geistigen Grund⸗ lagen von der Vorsehung nach der von Friedrich zuerst mit vollster Klar⸗ heit und Entschiedenheit erfaßten Mission berufen ist, wahre Herrschermacht und Volkesgröße, Fürsten⸗ und Voltesglück in unzertrennbarer gegen⸗ seitiger Verbindung durch freie Entfaltung aller edlen Kräfte zu verwirklichen! — Nicht ohne schmerzliches Gefühl sah vor einem Jahrhun dert sich diese Stadt, obwohl von Friedrich zur dritten Haupt⸗ und Resi denzstadt in den Königlichen Staaten erklärt, obwohl in ihren Privilegien geschützt und sonst mannigfach begünstigt, des Schattenbilds vergangener, fast reichsstädtischer Freiheit und Herrl chkeit beraubt, aus ihrer isolirten, auf das Sonderinteresse gerichteten Beschränktheit herausgerissen und mit⸗ telst strenger Bevormundung in die Centralisation des großen Staats⸗Or⸗ ganismus hineingezogen; aber diese Zeit vormundschaftlicher Zucht mußte vorausgehen, um die Geister aus Schlaffheit und Egoismus aufzurütteln und die Stadtgemeinde fäͤhig und empfänglich zu machen, sich als Glied einer großen Nationalität zu erkennen und später, der Vormundschaft ent⸗ hoben, im freudigen Bewußtsein des Besitzes verliehener Selbstständigkeit die Liebe für König und Vaterland mit freier That ü⸗ be rdas Corporations⸗ Interesse zu stellen und in heiliger Begeisterung kein Opfer für des Vater⸗ fandes Altar mehr zu groß zu finden! b “
„Friedrich bedarf keines Denkmals, von Anderen errichtet; Er selbst hat eines — dauernder als Stein und Erz — sich für immer gegründet in der Größe, der Macht, dem Ansehen und dem Glücke des preußischen Staats, in dem hohen geistigen und materiellen Kulturzustande Schlesiens, zu wel⸗ chem Er den Grund gelegt, in der tiefen Verehrung und Dankbarkeit, von welcher die Schlesier aller Stände für Ihn beseelt sind; aber es soll das unter dem erhebenden Beifalle und mächtig fördernden Schutze des hochseligen wie des jetzt regierenden Königs Majestät von uns errichtete Denkmal Friedrich's Geist, Friedrich's für des Vaterlandes Wohl unerschöpf⸗ liche Thatkraft — wenn es noth thut, aufrufend und ernst mahnend — in Aller Gedächtniß lebendig erhalten helfen und es der Mit⸗ und Nachwelt bekunden: daß die dankbare Verehrung der Schlesier für den Eroberer nicht blos ihres Landes, sondern auch ihrer Geister und Herzen von Menschen⸗ alter zu Menschenalter durch ein Jahrhundert so vererbt, als aus eigener klarer Erkenntniß und bewußter Würdigung des Glücks entsprun⸗ gen und gepflegt worden ist, durch Friedrich's Genius, durch seine glor⸗ reichen Kämpfe und seine heiße Lebensarbeit unter Preußens Krone vereint und der höchsten Güter des Lebens theilhaftig zu sein!
„So wollen denn Ew. Majestät allerhuldreichst gestatten, daß heute, an dem Tage, an welchem vor 105 Jahren von jenem Balkon 8) herab Breslau's Einwohnerschaft der erste schlesische Friede feierlich verkündet wurde, enthüllt werde in dem sich vor uns erhebenden Denkmale der dankbaren Schlesier das Bild des großen Königs; unter den öffentlichen Schutz ge⸗ stellt, bleibe es fort und fort erhalten und schaue bis in die spätesten Zei⸗ ten von Geschlecht zu Geschlecht immer mehr verwirklicht Friedrich's heiße Wünsche, von denen Er für das höchste Glück Seines Königlichen Hauses, für das höchste Gluͤck des Vaterlandes bis zum letzten Hauche beseelt war.“ 8
Nachdem Se. Majestät Allerhöchstihre Genehmigung zur Ent⸗ hüllung des Denkmals ertheilt hatten, wurde dieselbe von dem Prä⸗ sidenten des Vereins, Sr. Durchlaucht dem Herrn Fürsten Adolph zu Hohenlohe⸗Ingelfingen, vollzbggen. Kaum war die Umhüllung ge⸗ fallen, so erscholl ein tausendfaches „Hurrah“ durch die Lüfte, und in demselben Momente vernahm man auch schon den Donner der Ge⸗ schütze vom Exerzierplatze her. Hierauf bestieg Se. Durchlaucht der e“ ¹ 8
*) Kugler's Geschichte Friedrich d. Gr. 8
8*) Haus Nr. 6 am Ringe, den Löschschen Erben gehörig.
a 2
Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung
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Fürst zu Hohenlohe die Tribüne und brachte nah einer kurzen Anrede mehrere „Lebehoch“ aus, in welche die Versammlung lebhaft und stür⸗ misch einfiel. Das erste galt den Manen Königs Friedrich's des Großen; das zweite Sr. Majestät unserem Allergnädigsten König; das dritte Ihrer Majfestät der Königin; das vierte Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen von Preußen; das letzte dem Vaterlande, dem Flore Schle⸗ siens, in welches Se. Majestät mit besonderer. Theilnahme einstimm⸗ ten. — Se. Majestät geruhten hierauf, Sich höchst huldvoll mit vielen der Umstehenden zu unterhalten, namentlich mit den anwesenden Veteranen und dem Herrn Geheimen Kommerzien⸗Rath Oelsner, welchem Allerhöchstdieselben den Glückwunsch zu dem nun vollendeten Werke gnädigst abzustatten geruhten. Ein zweites Festlied von Warnke wurde nach der Enthüllung ebenfalls unter Begleitung der Musikchöre von der Versammlung abgesungen.
Nachdem Se. Majestät das Standbild auch aus einiger Entfernung in Augenschein genommen, und Allerhöchstihre Zufriedenheit über die Ausführung zu erkennen gegeben hatten, erfolgte der Parademarsch sämmtlicher aufgestellten Truppen, und Se. Majestät geruhten, bei dem Vorbeimarsch der Bürgergarde hervorzutreten und derselben Aller⸗ höchstihre freundlichste Aufmerksamkeit zu schenken. Hiermit war die Feier beendigt, und Se. Majestät der König begaben sich unter un⸗ endlichem Freudengeschrei und Zuruf des Volkes wiederum zu Fuß nach dem Schlosse zurück.
Die Statue ist bekanntlich nach dem Entwurfe des Professor Kiß in Berlin ausgeführt, welcher im Jahre 1843 das von dem vier⸗ zehn Fuß hohen Thon-Modell abgenommene Gyps⸗Modell nach Bres⸗ lau sandte, wo der Direktor der Königlichen Stück⸗ und Glocken⸗ gießerei, Klagemann, den Erzguß vom September 1843 bis zum Ja nuar 1845 glücklich vollendete. Die Metall⸗Mischung besteht aus: 86 Theilen Kupfer, 10 Theilen Zink und 4 Theilen Zinn. Ciselirt wurde der Guß binnen zwei Jahren durch Vollgold. Den Entwurf zu dem Fußgestelle fertigte der Königliche Bau⸗Inspektor, Professor Strack zu Berlin. Die Ausführung übernahm der Steinmetzmeister Bungenstab in Breslau, und zwar aus Marmor von Kunzendorf, in der Länge von 11 Fuß 10 Zoll, in der Breite von 5 Fuß 9 Zoll und in der Höhe von 14 Fuß 9 Zoll. Die Verzierungen von Erz wurden nach den von Kiß gelieferten Modellen von dem Sohne Klagemann's ausgeführt. “ 8
Nhein⸗Provinz. Das am 25. Juni ausgegebene? blatt der Regierung zu Koblenz enthält eine Bekanntmachung des Ober⸗Präsidenten, wonach die Rheinschifffahrts⸗ Central⸗Kommission sich am 15. August in Mainz versammeln wird.
In Koblenz sind gegenwärtig die Directionen und Ausschüsse der vier rheinischen Fluß-, See⸗ und Land⸗Trausport⸗Assekuranz⸗Gesell⸗ schaften von Heilbronn, Mannheim, Mainz und Köln zur Abhaltung ihrer alljährlich stattfindenden Konferenz versammelt.
Ibgb
Deutsche Bundesstaaten. Großherzogthum Hessen und bei Rhein. Schließung des Landtags.
Frankreich. Paris. Beseitigung des Girardinschen Untersuchungs⸗ Antrages. — Der Kommissionsbericht in dem Cubieresschen Prozesse. — Prozeß über ein illustrirtes Album von Schloß Eu. — Der Mord⸗An⸗ fall auf Merilhou. — Börse. — Schreiben aus Paris. (Pairshof; Kommissionen der Deputirten⸗Kammer; Diskussion des Gesetz⸗Entwurfs über die Urbarmachung der Wälder.)
Großbritanien und Irland. London. Hofnachrichten. — Par⸗ laments⸗Verhandlungen: Dritte Lesung der Bill wegen Reform der Armen⸗Verwaltung. — Termin der Vertagung des Parlaments. — Bankgesetz. — Admiral Stopford †. — Feuersbrunst in Singapore. — Schreiben aus London. (Die jüngsten Ereignisse in China).
Schweiz. Fürstenthum Neuenburg. Tagsatzungs⸗Instruction.
Italien. Rom. Munizipal⸗Verfassung.
Portugal. London. Unveränderter Stand der Dinge. — Die Junta hat sich noch nicht unterworfen.
Syrien. Der Pascha von Jerusalem.
Wissenschaftliche und Kunst⸗Nachrichten. Schwefeläther.
Eisenbahnen. Lübeck. Die Lübeck⸗Büchener Eisenbahn.
Handels⸗ und Börsen⸗Nachrichten. Berlin. Boörsen⸗ und Markt⸗
bericht.
Deutsche Bundesstaaten.
Großherzogthum Hessen und bei Rhein. Am 28. Juni wurde der Landtag von Sr. Königl. Hoheit dem Großherzoge mit folgender Rede geschlossen:
„Meine Herren Stände! Nur in der Absicht, Sie, vor Ihrer Tren⸗ nung, noch einmal zu sehen, habe Ich Sie heute um Mich versammelt, zugleich auch, um bei dieser Gelegenheit das Anerkenntniß der Ausdauer aussprechen zu können, mit welcher Sie sich sehr zahlreichen, vorzüglich aber umfassenden Gesetzgebungs-⸗Arbeiten unterzogen haben. Namentlich bleibt Ihnen das Verdienst, die erste Abtheilung des künftigen allgemei⸗ nen bürgerlichen Gesetzbuches für das Großherzogthum fefstgestellt zu haben. Wir haben eben eine trübe Zeit durchlebt. Eine ganz un⸗ genügende Aerndte hat, da der Mißwachs sich über einen großen Theil Europa's erstreckte, die Preise der ersten Lebensbedürfnisse zu einer bei uns hoͤchst seltenen Höhe gesteigert, die nur Einzelnen Vortheil brachte, viele Meiner geliebten Unterthanen in Noth versetzte, sie theilweise dem Mangel preisgab, den Meisten aber wenigstens herbe Entbehrungen aufer⸗ legte. Daß diese Erscheinung Mich auf das tiefste schmerzte, davon sind Sie, ohne Meine Versicherung, überzeugt. Was von Mir und Meiner Regierung abhing, ist zur Beseitigung der allgemeinen Noth mit Eifer und Umsicht geschehen, und Ich erkenne dankend die Bereitwilligkeit an, mit welcher auch Sie mir durch Verwilligung ausreichender Mittel da⸗ bei entgegenkamen. Lobend muß Ich zugleich der Privat⸗Mildthä tigkeit gedenken, die in allen Klassen der Gesellschaft so kräftig zur Unterstützung nothleidender Mitbürger beitrug. Auch manche Gemeinden zeichneten sich durch die Sorgfalt aus, die sie den ärmeren Klassen ihrer Angehörigen theils unmittelbar, theils mittelbar durch Anordnung öffent⸗ licher Arbeiten widmeten. Nur so konnte es gelingen, diese sorgenvolle Zeit zu überdauern. Zur Ehre der Bevölkerung dieses Landes muß Ich aber auch die Ergebung hervorheben, mit welcher man sich den Fügungen der Vorsehung unterwarf, und nicht ohne eine gewisse Genugthuung sage Ich es, daß mit einer einzigen, noch nicht ganz aufgeklärten Ausnahme in dieser ganzen Epoche nirgends eine Störung der öffentlichen Ruhe und Ord⸗ nung, nirgends Widersetzlichkeit oder gewaltsamer Eingriff in fremdes Eigen⸗ thum stattfand, wiewohl es auch bei uns, an verschiedenen Orten, an Auf⸗ reizungen hierzu nicht gefehlt hat. Man kann sich, aus vielen Gründen, der Hoffnung hingeben, daß von nun an die Verhältnisse sich bessern wer⸗ den, und lassen sich auch die eben geschlagenen Wunden nicht sogleich hei⸗ len, so wird doch, dem Anscheine nach, schon die bevorstehende Aerndte zur Herstellung des Gleichgewichtes beitragen. Indessen bringt es die Natur
der Dinge mit sich, daß dergleichen verhängnißvolle Störungen der gewöhnlichen
Donnerstag den Ifen Juli.
Verhältnisse im Laufe der Zeit, wenn auch in längeren Zwischenräumen, wie⸗ derkehren, und es bietet sich daher die Frage dar, ob nicht vorsorgliche Mit⸗ tel gesunden werden können, um den zerstörenden Folgen solcher Kalamitä⸗ ten entgegenzutreten, sie wenigstens zu mindern? Dermalen aber, wo Ihre Sitzung dem Ende nahte, war zu solchen Erörterungen die Zeit zu be⸗ schränkt, sie mögen daher einem kommenden Landtage vorbehalten bleiben. Meine Entschließungen auf Ihre verschiedenen Eingaben, die durch die lange Vertagung des Landtags zum Theil verspätet worden sind, werden Ihnen nun verkündet werden, und Ich habe befohlen, daß nachdem der Landtag in Meinem Namen geschlossen werden soll. Empfangen Sie noch die Ver⸗ sicherung Meines landesherrlichen Wohlwollens.“
Der Minister des Innern ließ hierauf den Landtags⸗Abschied verlesen und erklärte den Landtag auf Befehl des Großherzogs für geschlossen. 8 8 E111“ Krisheri
Paris, 26. Juni. Der Schluß der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer (s. das Schreiben aus Paris in unserem gestri⸗ Batte) war wieder sehr stürmisch, da Girardin und die Oppositions⸗ Partei eine parlamentarische Untersuchung der gegen das Ministerium vorgebrachten Anschuldigungen verlangten. Nach einer lebhasten Dis⸗ kussion stellte Graf von Morny den Antrag, mit der Erklärung, die Kammer sei mit den von der Regierung gegebenen Aufschlüssen be⸗ friedigt“, zur Tagesordnung überzugehen; dieser Antrag wurde mit einer Majorität von 123 Stimmen angenommen; 225 waren dafür, 102 dagegen.
Der von Herrn Renouard verfaßte Bericht über die Voruntersuchung der Kommission des Pairshofs in der Anschuldigung gegen den General Cubieres und Genossen giebt eine Uebersicht des eingehaltenen Verfah⸗ rens der Kommission. Es wurden 1200 Aktenstücke, welche auf die Konzessionirung der Gruben von Gouhanans Bezug haben, dabei die ganze Korrespondenz des Generals Cubieres und des Herrn Pellaprat, ehemaligen General⸗Einnehmers, so wie des Gegners Parmentier, in Beschlag genommen. Der damalige Minister der öffentlichen Bauten, Herr Teste, soll durch Briefe des Herrn Pellaprat, jedoch ohne direkte Hinweisung auf Mitschuld, und nur durch ein Billet von seiner Hand an General Cubieres in der Art mit in die Sache verwickelt sein, daß die Kommission auch ihn als der Mitschuld verdächtig bezeichnen zu müssen glaubte. (Vergl. die gestern in dem Schreiben aus Paris mitgetheilte Selbst⸗Vertheidigung desselben.) Das fragliche Billet ist von Neris datirt und meldet dem Geueral, daß er wegen der Ver⸗ zögerung der Konzession nicht besorgt sein möge, indem er alle darauf bezüglichen Papiere zu eigener Einsicht mitgenommen habe und daher in seiner Abwesenheit kein etwa ungünstiger Bericht verfaßt werden könne. General Cubieres berichtete in seinen Briefen an Herrn Par mentier regelmäßig seine Besprechungen mit Herrn Teste, den Fort gang der Angelegenheit und ihr Schicksal im Ministerrathe, wie im Departement der öffentlichen Bauten, mit großer Genauigkeit. Ge⸗ neral Cubieres verneint jedoch, die Mittheilung von Herrn Teste erhalten zu haben. Ein Beamter habe sie ihm gemacht, den er aber nicht namhaft machen werde; in seinen Briefen werde sie aller⸗ dings irrthümlich und nur der Zuverlässigkeit wegen dem Minister zu⸗ geschrieben, mit dem er über die Sache nur zufällig sich unterhalten habe. Auf eine Frage, wie er eine Summe von 200,000, Fr. zu verwenden gedacht habe, die er von den Unternehmern zur Beförde⸗ rüͤng ihrer Interessen verlangte, hat der General erwiedert, daß er von Personen, welche mit der Erwerbung von Regierungs⸗Konzessio⸗ nen vertraut wären, stets gehört habe, daß einiges Geld dabei gut anzubringen sei. Allein er habe dann gesehen, daß er der Unter⸗ stützung, an welche er gedacht, nicht bedürfe, habe keine Bestechung angewendet und daher den Unternehmern das Geld restituirt. Er gebe zu, daß er Unrecht gethan, auf solche Dinge sich einzulassen, werde aber Niemanden von denen nennen, welche dabei in Betracht gekommen wären. Herr Teste hatte ebenfalls eine Vernehmung zu bestehen. Unter Anderem wurde er um die Wahrheit der Angabe be⸗ fragt, daß er ohne Vermögen Minister geworden und das Ministe⸗ rium sehr wohlhabend verlassen habe. Herr Teste versetzte, daß er als Anwalt 120 — 150,000 Fr. Einkommen gehabt und man also nicht wohl sagen könne, er sei ohne Vermögen Minister geworden. Auch erbot er sich, zu beweisen, daß er während seines Ministeriums von seinem Privatvermögen zuͤgesetzt und nachher genöthigt gewesen sei, einen Theil seines Grundbesitzes zu verkaufen. 1 daß Grund zu Verdacht gegen General Cubieres, die Herren Teste, Parmentier und Pellaprat vorliege, und stellt dem Pairshofe anheim,
zu entscheiden, ob derselbe hinreiche, den Anklagestand auszusprechen.
Die Gazette des Tribunaung bringt den Bericht über einen Prozeß, welcher zwischen einem britischen Kupferstecher, Herrn Skel ston, und Herrn Vatout, Mitglied der französischen Deputirten⸗Kam⸗ mer, aus Anlaß eines „das Schloß von Eu“ betitelten illustrirten Werkes entstanden. Die Veröffentlichung dieses Werkes, zu dem Herr Vatout den Text lieferte, wofür er sich ein Drittheil des Ge⸗ winnes vorbehielt, hatte nicht den glänzenden Erfolg, den sich der Deputirte davon versprochen hatte. Herr Vatout machte deshalb, wie der Anwalt seines Gegners vortrug, den Vorschlag zu einer neuen Speculation; es sollte nämlich aus einem der Portraits, die in dem illustrirten Album des „Schlosses von Eu“ enthalten sind, nämlich aus dem Portrait des Königs, ein neuer Vortheil gezogen werden; der Vorschlag des Herrn Vatout ging dahin, Abzüge dieses Portraits sämmtlichen Gemeinde⸗Vorständen in Frankreich für die Ausschmückung ihrer Sitzungssäle zum Kaufe anzubieten; Herr Vatout machte sich verbindlich, den Minister des Innern zur Ausfertigung eines Cirkulars zu vermögen, welches die Maires auffordern würde, Exemplare dieser Portraits anzukaufen. Der Deputirte bedingte sich dafür 1 Fr. für jedes Eremplarz er erwartete, daß vermöge der Empfehlung des ministeriellen Cirkulars wenigstens 12 — 15,000 Exemplare würden abgesetzt werden. Bald darauf überschickte er auch dem Herrn Skelton das verheißene Cirkular des Ministers des Innern; zugleich schrieb er Herrn Skelton, daß er mit ihm hinsichtlich der Kosten für die noch nicht edirten Lieferungen des Albums des „Schlosses von Eu“, dessen seitheriger Absatz freilich we⸗ nig ermuthigend sei, noch weitere Rücksprache nehmen wolle. Die Idee des Herrn Vatout war indeß nicht nach dem Geschmacke des Herrn Skelton. Der Kupferstecher trug bei dem Tribunale auf Aufhebung des Vertrages, den er mit Herrn Vatout abgeschlossen, an, weil sein Mitbetheiligter sich geweigert habe, die Fortsetzung des Manuskriptes für den Text des Albums zu liefern. Da aber eine solche Weigerung des Deputirten nicht nachgewiesen war, so wurde der Antrag des Künstlers von dem Tribunal verworfen.
Ueber den Mordanfall auf den Pair Herrn Merilhou erfährt man jetzt folgendes Nähere: Herr Merilhou ist der Vormund des zweiundzwanzigjährigen Vicomte Denain, Verfasser mehrerer Biogra⸗ phieen und einer kürzlich erschienenen Broschüre über die Kolonisirung von Algier. Denain hatte durch verschwenderisches Leben einen Theil seines Vermögens bereits durchgebracht, und Herr Merilhou, um den Rest zu retten, hielt ihn daher unter strenger Aufsicht. Am 28sten,
Der Bericht schließt,