1847 / 329 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

E““ Di ifter 8§. 35 bis 37 treten auch dann ein, wenn die eT e einem einseitigen Dienstbarkeits⸗Rechte

beruht. . . . 1 fi diese Vorschriften in allen denjenigen Fällen degg. F. durch entgegenstehende rechtsbeständige

dillens. ng echtskräftige Erkenntnisse oder durch Verjährung

2 3 9 . 85 . Wilenek Sngas getzunftes oder der Art der Ausübung ein abwei⸗

8 Rechtsverhältniß begründet ist. .. Lhashanahe solcher besonderen Rechte gegen Ent⸗ schädigung, so wie wegen Einführung anderweiter Ordnungen zur besseren Benutzung der Grundstücke, verbleibt es bei den Vorschriften dem Verfahren des zweiten Abschnittes der Gemeinheitstheilungs⸗ 7. Juni 1821. 8

11“ 1“]

An Orten, wo ein Pfandstall nöthig ist, hat die Gemeinde einen sooelchen zu beschaffen. §. 40.

Tauben, welche Jemand hält, ohne ein wirkliches Recht dazu

u haben, sind, wenn sie im Freien betroffen werden, ein Gegen⸗ stand des Thierfanges (Allgemeines Landrecht Thl. I. Tit. 9. §. 111).

Durch Gemeinde⸗Beschlüsse kann aber sowohl in Städten, als in ländlichen Gemeinden bestimmt werden, daß auch die Tauben desjenigen, welcher ein Recht hat, solche zu halten, wenn dieselben zur Saat⸗ und Aerndtezeit im Freien und besonders auf den Aeckern betroffen werden, Gegenstand des Thierfangs sein sollen. Dergleichen Gemeinde⸗Beschlüsse bedürfen jedoch zu ihrer Gültigkeit der Bestäti⸗

gung der Regierung. §. 41.

Mit Geldbuße von 5 Sgr. bis zu 3 Rthlrn. ist zu bestrafen, wer unbefugterweise:

1) über Gärten, Weinberge, oder vor völlig beendeter Aerndte

über bestellte Aecker oder Wiesen, oder über solche Aecker, Wie⸗ ssen oder Weiden, welche eingefriedigt sind, oder deren Betreten

durch Warnungszeichen (Tafeln, Strohwische, Gräben u. s. w.) ntersagt ist, oder auf einem durch Warnungszeichen geschlosse⸗ nen Privatwege geht, reitet, fährt oder Vieh treibt; in Gärten, Obst⸗Anlagen, Weinbergen oder auf Aeckern eine Nachlese hält; auf Grasangern oder Hecken Leinwand, Wäsche oder andere Gegenstände zum Bleichen, Trocknen u. s. w. ausbreitet oder niederlegt; in Privatgewässern oder auf fremdem Grund und Boden Flachs oder Hanf röthet oder Privatgewässer durch Aufweichen von Fellen darin oder sonst verunreinigt; fremde, auf dem Felde zurückgelassene Ackergeräthe gebraucht; das an Gränzrainen, Gräben, Wegen oder Triften wachsende Gras oder sonstige Viehfutter abschneidet oder abrupft; Dünger von Aeckern, Wiesen oder Weiden aufsammelt; Knochen gräbt oder sammelt; die zur Sperrung von Wegen oder von Eingängen in einge⸗ friedigte Plätze dienenden Gatterthore, Pforten, Hecke u. s. w.

Eöffnet oder nach dem Hindurchgehen nicht wieder schließt.

§. 42.

MMit Geldbuße von zehn Silbergroschen bis zu fünf Thalern soll

bestraft werden, wer unbefugterweise:

4) Erde, Lehm, Grand, Sand, Mergel oder dergleichen gräbt;

2) Plaggen oder Bülten haut oder Rasen sticht;

3.) Steine gräbt, bricht oder einsammelt, insofern das unbefugte

FSportnehmen derselben nicht deshalb, weil sie zum Berg⸗

reegal gehören, in den Gesetzen mit einer höheren Strafe be⸗ droht ist;

4) Steine, Scherben, Schutt oder Unrath auf fremde Grundstücke oder Privatwege wirft;

5) von Allee⸗ oder Feldbäumen oder von Hecken Laub abpflückt oder Zweige abbricht;

6) Garten⸗ oder Feldfrüchte in geringer Quantität und unter Um⸗ ständen, welche die Absicht eines unredlichen Gewinnes aus⸗

sschließen, z. B. zum Verzehren auf der Stelle, entwendet;

7) das zur Bewässerung von Grundstücken dienende Wasser ableitet.

§. 43.

8 Mit Geldbuße von funfzehn Silbergroschen bis zu

Thalern ist zu belegen, wer unbefugterweise:

1) sich eines Theiles benachbarter Grundstücke durch Abpflügen oder auf andere Weise anmaßt, oder durch Abpflügen, Abgra⸗ ben oder andere dergleichen Handlungen einen Privatweg oder Gränzrain ganz oder theilweise sich zueignet;

2) Bäume oder Sträuche, welche in Gärten, Obst⸗Anlagen, Alleen, auf Aeckern oder sonst außerhalb eines Forstes stehen, oder Hecken und andere zur Einfassung von Grundstücken dienende Anpflanzungen abhaut, abbricht oder beschädigt;

3) Einfriedigungen anderer Art, Baum⸗ oder Prellpfähle, oder Brücken auf Privatwegen beschädigt oder zerstört;

4) Steine, Pfähle, Tafeln, Strohwische, Gräben oder ähnliche zur Abgränzung, Absperrung oder Vermessung von Grundstücken oder Wegen dienende Merk⸗ oder Warnungszeichen fortnimmt, vernichtet oder sonst unkenntlich macht;

5) Gräben, Wälle, Rinnen oder andere zur Ab⸗ oder Zuleitung des Wassers dienende Anlagen beschädigt.

Gleicher Bestrafung unterliegt u“

6) wer ohne Erlaubniß der Orts⸗Polizei⸗Behörde Torfmoore ab⸗ brennt, oder Haidekraut, Bülten oder ähnliche Gegenstände auf dem Felde anzündet.

„Sind Handlungen der unter Nr. 5 und 6 bezeichneten Art nit gemeiner Gefahr verbunden, wie z. B. die Beschädigung von Deichen oder Dämmen, so unterliegen sie den anderweit in den Ge⸗

4 setzen bestimmten strengeren Strafen. 7 *

Sowohl in den im §. 41 Nr. 1 bezeichn He ats auch dann, wenn Jemand unbefugter Weise heceega, eee oFnc ärndtete Wiesen oder uneingefriedigte Weiden reitet, fährt oder Vieh

reibt, is die Pfändung r Reit⸗ oder Zugthiere oder des Viehes, se Ple leêigen erung von Pfandgets, nach den Vorschrsten der 88.4 Doch findet in allen diesen Fällen weder Pfä ch Scha⸗

enforderung, noch Bestrafung statt, wenn s,che. das fremde Grundstück geritten oder gefahren ist, oder Vieh getrie⸗

en hat, hierzu durch die schlechte Beschaffenheit eines 8 dem Grundstücke vorüberführenden und zum gemeinen Gebrauche bestimm⸗ ten Weges genöthigt worden ist. §. 45.

Ist in den Fällen der §§. 41 bis 43 eine Beschädigung frem⸗ den Eigenthums aus Rache oder Bosheit verübt, so muß der Thäter mit den in den Kriminalgesetzen bestimmten strengeren Strafen be⸗ egt werden.

§. 46.

Die nach dieser Feldpolizei⸗Ordnung verwirkten Strafen wer⸗

zwanzig

den durch Verjährung ausgeschlossen, wenn innerhalb dreier Monate seit Uebertretung eine Untersuchung derselben nicht eingelei⸗ tet ist.

Auch verjährt der Anspruch des Beschädigten auf Pfandgeld, wenn derselbe nicht innerhalb dreier Monate seit der Uebertretung bei der zuständigen Behörde angemeldet isist.

§. 47. 11““

Die nach dieser Feldpolizei⸗Ordnung verwirkten Geldbußen flie⸗ ßen zur Gemeindekasse des Orts, in dessen Feldmark die Uebertre⸗ tung verübt ist. Liegen jedoch innerhalb der Feldmark Besitzungen, welche nicht zum Gemeindeverbande gehören, oder besteht in der Feldmark kein Gemeideverband, so sind dergleichen Geldbußen an die Ortspolizei⸗Behörde zu entrichten, welche dieselben zu gemeinnützigen Zwecken für den Ort zu verwenden, über diese Verwendung aber da, wo eine Gemeinde vorhanden ist, solche zu hören hat.

§. 48.

Geldbußen, welche wegen Armuth der Schuldigen nicht beige⸗ trieben werden können, sind den bestehenden Vorschriften gemäß in Gefängnißstrafe oder nach dem Ermessen der erkennenden Behörde in Strafarbeit zu einem gemeinnützigen Zwecke zu verwandeln. Hierbei ist Ein Arbeitstag einer eintägigen Gefängnißstrafe gleich 1X“ 8

Aeltern, Pflege⸗Aeltern und Dienstherrschaften haften, sofern die von ihren im älterlichen Hause sich aufhaltenden Kindern oder Pflege⸗ kindern oder von ihren Dienstleuten begangenen Feldfrevel zu ihrem Vortheil gereichen, für die Pfandgelder, Entschädigungen, Kosten und Geldbußen.

Kann die Geldbuße gegen den eigentlich Schuldigen nicht voll⸗ streckt werden, so steht der Behörde frei, nach ihrem Ermessen ent⸗ weder die Geldbuße von jenen subsidiarisch dafür verpflichteten Per⸗ sonen einziehen oder mit Verzichtung hierauf die im Falle des Un⸗ vermögens an die Stelle der Geldbuße tretende Gefängnißstrafe oder Strafarbeit an dem Verurtheilten vollstrecken zu lassen.

§. 50.

Die Gemeinde kann beschließen, daß für den ganzen Gemeinde⸗ bezirk oder für einzelne Theile desselben Feldhüter bestellt werden, denen die Beaufsichtigung und Sicherung der Gärten, Aecker, Wie⸗ sen und deren Früchte gegen Entwendung und sonstige Beschädigungen, so wie die Verfolgung, Pfändung und Anzeige der Beschädiger ob⸗ liegt. Auch können zu diesem Zwecke Mitglieder der Gemeinde zu Ehrenfeldhütern (Feldherren) ernannt werden.

Den Feldhütern und Ehrenfeldhütern (§. 50) soll in Ansehung dessen, was sie über verübte Feldfrevel aus eigener Wahrnehmung bekunden, voller Glaube beigemessen werden, wenn dieselben

1) hinsichtlich ihrer Tüchtigkeit zu dem Geschäfte von dem Land⸗ rathe geprüft und bestätigt, sodann 2) gerichtlich ein⸗ für allemal dahin eidlich verpflichtet sind: daß sie die Feldfrevel, welche in den ihrer Aufsicht anver⸗ trauten Bezirken vorfallen und zu ihrer Kenntniß kommen, mit aller Treue, Wahrheit und Gewissenhaftigkeit anzeigen, auch was sie über die That⸗Umstände der Frevel und über deren Ur⸗ heber und Theilnehmer entweder aus eigener Sinneswahr⸗ nehmung oder durch fremde Mittheilung erfahren, mit ge⸗ nauer Beachtung dieses Unterschiedes angeben wollen, und 3) keinen Denunzianten⸗Antheil genießen, auch nicht Pfandgelder beziehen. §. 52.

Auch den zu keinem Gemeinde⸗Verbande gehörigen Gutsbe⸗ sitzern ist die Anstellung von dergleichen Feldhütern (§S§. 50, 51) gestattet.

§. 53.

Wer eine Pfändung vorgenommen hat, ist verpflichtet, hier⸗ von der Ortspolizei⸗Behörde spätestens binnen 24 Stunden Anzeige zu machen, und ihre Bestimmung darüber, ob er die Pfandstücke an sie zur Aufbewahrung abliefern oder bei sich aufbewahren soll, desgleichen, wenn eine Heerde gepfändet worden, auch darüber einzu⸗ holen, wie viel Stücke Vieh nach der Bestimmung des §. 7 zurückzu⸗ behalten sind.

Wer diese Anzeige unterläßt, verliert zwar dadurch nicht seine übrigen Ansprüche an den Gepfändeten, er kann aber auf dessen An⸗ trag zur sofortigen Rückgabe der Pfandstücke angehalten werden und hat außerdem seine etwanigen Ansprüche auf Erstattung der Kosten für Wartung, Stallung und Fütterung des gepfändeten Viehes ver⸗ wirkt.

§. 54.

Das abgepfändete Vieh muß sofort freigegeben werden, wenn der Gepfändete durch Niederlegung eines anderen Pfandes oder einer Geldsumme dem Beschädigten für dessen Forderung an Pfandgeld, Schadenersatz und Kosten hinlängliche Sicherheit bestellt. Ueber die Hinlänglichkeit dieser Sicherheit hat, wenn Streit darüber entsteht, die Ortspolizei⸗Behörde nach vorläufiger Prüfung und Feststellung jener Forderung zu entscheiden. .“ 8

Die Festsetzung der Kosten für Wartung, Stallung und Fütte⸗ rung der gepfändeten Viehstücke steht der Ortspolizei⸗Behörde zu. Die Regierungen sind befugt, für alle oder für einzelne Kreise, nach Vernehmung der Kreisstände, allgemein geltende Sätze für Kosten dieser Art zu bestimmen.

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§. 8 * 8 G“

Die Ortspolizei⸗Behörde hat, sobald ihr eine Pfändung oder eine zur Forderung von Pfandgeld berechtigende Uebertretung ange⸗ zeigt wird, beide Theile in möglichst kurzer Frist vor sich zu laden, den Pfänder oder Beschädigten üͤber die Veranlassung zur Pfändung oder Klage und über seine Forderung an Pfandgeld und Schaden⸗ ersatz, den Beschädiger aber mit seiner Erklärung hierüber zu hören, auch nöthigenfalls sofort den Beweis durch Besichtigung an Ort und Stelle oder durch Vernehmung der Zeugen aufzunehmen.

§. 57.

Fordert der Beschädigte nur Pfandgeld und Kosten, so gebührt die Entscheidung darüber, sofern nicht der im §. 58 Nr. 1 gedachte Fall eintritt, der Ortspolizei⸗Behörde.

Verwaltet ein Gutsherr die ihm zustehende Polizei⸗Gerichtsbar⸗ keit selbst und ist er oder einer seiner Angehörigen (§. 46 Tit. 17 Th. II. Allg. Landrechts) bei einem solchen Falle betheiligt, so steht die Entscheidung dem Landrathe zu.

§. 58. 8 Dagegen gebührt die Entscheidung des Streites dem Gerichte, wenn

1) der Gepfändete die Rechtmäßigkeit der Pfändung oder die For⸗ derung des Pfandgeldes deshalb bestreitet, weil er ein Recht zu der von ihm vorgenommenen Handlung zu haben behauptet, oder der Beschädigte sich mit dem Pfandgelde nicht begnügen will und zugleich oder allein den Ersatz des ihm verursachten Schadens fordert. 8 In beiden Fällen ist die Sache von der Polizei⸗Behörde an

das betreffende Gericht zu verweisen, welchem alsdann auch die wei⸗ tere Bestimmung darüber zusteht, was mit den Pfandstücken, sofern solche nach §. 54 noch nicht ausgelöst sind, geschehen soll.

Spoywohl in den ihrer Entscheidung unterliegenden, als in den

nach §. 58 Nr. 2 der gerichtlichen Entscheidung zu überweisenden

Streitfällen hat die Polizei⸗Behörde sich zu bemühen, zwischen beiden Theilen einen Vergleich zu Stande zu bringen. Gelingt dies, so ist über den Vergleich ein Protokoll aufzunehmen, auf Grund dessen, wie aus einem gerichtlichen Vergleiche, die Execution nachgesucht und voll⸗ streckt werden kann.

§. 60.

Erscheint derjenige, gegen welchen der Anspruch auf Pfandgeld

erhoben ist, auf die ergangene Vorladung (§. 56) nicht, so hat die Polizeibehörde nach thatsächlicher und rechtlicher Erörterung der Sache den Betrag des Pfandgeldes und der Kosten durch ein Resolut fest⸗ zusetzen, demnächst aber, wenn eine Pfändung geschehen ist und der Gepfändete sich nicht innerhalb acht Tagen seit der Pfändung meldet, das Pfand öffentlich zu versteigern, den Beschädigten daraus zu be⸗ friedigen und den etwanigen Ueberrest des Erlöses an das gerichtliche Depositum des Orts abzuliefern. §. 61.

Auf eben diese Weise (§. 60) hat die Polizei⸗Behörde in den⸗ jenigen Fällen zu verfahren, in welchen eine Pfändung geschehen ist, der Gepfändete aber, weil seine Person oder sein Aufenthalt unbe⸗

kannt war, zu der nach §. 50 vorzunehmenden Verhandlung nicht

vorgeladen werden konnte. §. 62.

Zur Erörterung der Sache gehört es auch, wenn der in An⸗ spruch Genommene behauptet, daß die Beschädigung durch die eigene Schuld und Nachlässigkeit des Pfändenden veranlaßt sei.

§. 63.

Veelzng: der Beschädigte die Abschätzung des Schadens, so hat

die Polizei⸗Behörde solche, selbst in denjenigen Fällen, welche der ge⸗

richtlichen Entscheidung unterliegen (§. 58) ungesäumt zu veranlassen

und dazu nicht nur den Beschädigten, sondern auch den Beschädiger vorzuladen. Erscheint der Beschädiger auf die Vorladung nicht, oder kann derselbe, weil seine Person oder sein Aufenthalt unbekannt ist, nicht vorgeladen werden, so kann auch ohne ihn die Abschätzung vor⸗ genommen werden.

Der Schade ist an Orten, wo Dorfgerichte vorhanden sind, durch diese, sonst aber durch andere vereidete Sachverständige abzu⸗

schätzen.

Sind die Dorfgerichte oder die ganze Gemeinde bei dem Aus⸗

gange der Sache betheiligt, so muß die Abschätzung durch benach⸗ barte unbetheiligte Dorfgerichte oder durch andere Sachverständige

geschehen. §. 65.

Für Orte oder Bezirke, wo ein Bedürfniß dazu obwaltet, sind

zu dergleichen Abschätzungen (§. 64) sachverständige Taxatoren zu be⸗

stellen und ein⸗ für allemal gerichtlich zu vereiden. Auf dem Lande

erfolgt eine solche Bestellung auf den Vorschlag der Ortsbehörden durch den Landrath, in den Städten durch den Magistrat. Die den Taxatoren zu gewährenden Gebühren sind von dem⸗ jenigen, welcher die Abschätzung beantragt hat, mit Vorbehalt seines Regresses an den Beschädiger, zu zahlen.

Die Regierungen sind befugt, die Sätze solcher Gebühren für ganze Kreise nach Vernehmung der Kreisstände, oder für einzelne

Orte nach Vernehmung der Ortsbehörden und Gemeinden allgemein

festzustellen. §. 67.

1 Gegen die Entscheidung der Polizeibehörde über Pfandgeld und Kosten kann jede Partei, welche sich dadurch verletzt erachtet, inner⸗ halb der nächsten zehn Tage, nach der ihr geschehenen Verkündung der Entscheidung, den Rekurs an die vorgesetzte Regierung einlegen. Uebersteigt die Summe, über welche entschieden ist, den Betrag von zehn Thalern, so steht der Beschwerde führenden Partei frei, binnen jener Frist statt des Rekurses an die Regierung auf gericht⸗

liche Erörterung und Entscheidung der Sache anzutragen; hat die⸗

selbe jedoch den Rekurs einmal eingelegt, so kann sie die gerichtliche Erörterung nicht mehr fordern.

Gegen die in Folge des Rekurses von der Regierung getroffene

Entscheidung ist kein weiteres Rechtsmittel zulässig. §. 68.

Ueber die in dieser Feldpolizei⸗Ordnung mit Strafe bedrohten Uebertretungen jeder Art steht der Orts⸗Polizei⸗Behörde die Unter⸗ suchung und Entscheidung zu.

§. 69.

Gegen das polizeiliche Strafresolut (§. 68) kann der Verur⸗ theilte, innerhalb der nächsten zehn Tage nach der Verkündung, den

Rekurs an die Regierung einlegen; er ist aber, wenn die gegen ihn

festgesetzte Strafe eine Geldbuße von zehn Thalern, oder eine Ge⸗

fängnißstrafe oder Strafarbeit von vierzehn Tagen übersteigt, auch befugt, binnen derselben Frist, statt des Rekurses auf gerichtliche Un⸗ tersuchung und Entscheidung anzutragen. Diese Befugniß fällt weg, wenn er den Rekurs einmal eingelegt hat.

Gegen die in Folge des Rekurses von der Regierung getroffene Entscheidung ist kein weiteres Rechtsmittel zulässig. h

§. 70.

An Orten, wo gegenwärtig die Feldpolizei und feldpolizeiliche Gerichtsbarkeit nicht durch die gewöhnlichen Ortspolizei⸗Behörden, sondern durch Feldämter oder andere zu diesem Zwecke eingesetzte, im Dienste der Gemeinde oder einzelner Gemeindeklassen oder Corpo⸗

rationen stehende Behörden verwaltet wird, gehen auf diese Behör⸗ den, für den bisherigen Umfang ihres Geschäftskreises, alle die Be⸗

fugnisse und Obliegenheiten über, welche in dieser Feldpolizei⸗Ordnung den Ortspolizei⸗Behörden zugetheilt sind. §. 71.

Den an einigen Orten herkömmlich bestehenden Gränz⸗Reguli⸗

rungs⸗ und Feldmeßämtern verbleibt die Befugniß und Verpflichtung, für Erhaltung der richtigen Gränzen zwischen den Flurnachbarn zu sorgen und dieserhalb Rechtsweges zu entscheiden.

Die Regierungen sind befugt, an solchen Orten, wo dies wegen zu großer Entfernung des Sitzes der Polizei⸗Behörde oder aus an⸗ deren Gründen angemessen erscheint, die Verwaltung der Feldpolizei

und der feldpolizeilichen Gerichtsbarkeit nach Inhalt dieser Ordnung

ganz oder theilweise den Dorfgerichten oder dem Orts⸗ oder Ge⸗ meindevorstande aufzutragen.

Auch können die Regierungen, nach eingeholter Genehmigung des Ministers des Innern, für einzelne Orte, oder aus mehreren Ort⸗ schaften zu bildende Bezirke, zur Verwaltung der Feldpolizei und feld⸗ polizeilichen Gerichtsbarkeit besondere Feldämter errichten, die aus mindestens drei vom Landrathe in Vorschlag zu bringenden und ge⸗ richtlich zu vereidigenden Grundbesitzern zusammenzusetzen sind.

die Polizeigerichtsbarkeit einer Privatperson zusteht, nur mit deren

ziehung auf Gegenstände dieser Feldpolizei⸗Ordnung nur diejenigen

schieden und in Getraide festgestellt,

entstehende Streitigkeiten vorbehaltlich des

Alle dergleichen Einrichtungen dürfen jedoch für Orte, über welche

Zustimmung getroffen werden. §. 73.

Wo ein Bedürfniß dazu obwaltet, wegen der Röumung und In⸗ standhaltung von Privatflüssen und Gräben und zu dem Ende wegen Bestellung von Schaurichtern und der denselben beizulegenden Auf⸗ sichts⸗ und Straf⸗Befugnisse besondere Ordnungen oder Statuten ab⸗ zufassen, kann dies auf dem im §. 25 bezeichneten Wege unter Be⸗ stätigung der Regierung mit verbindlicher Kraft geschehen. 88

Wo besondere Verhältnisse feldpolizeiliche Vorschriften über solche Gegenstände erforderlich machen, in Ansehung deren diese Feldpolizei⸗ Ordnung keine Bestimmungen enthält, können darüber Kreis⸗ oder Lokal⸗Verordnungen, nach Anhörung der Kreisstände oder der Orts⸗ polizei⸗Behörden, der Gutsherrschaften und Gemeinden, mit Geneh⸗ migung und unter Bestätigung Unserer Minister des Innern und der Justiz, erlassen werden.

Die gegenwärtige Feldpolizei⸗Ordnung soll am 1. Januar 1848 in Kraft treten. Von diesem Zeitpunkte ab verlieren alle bisherigen allgemeinen, provinziellen, statutarischen oder sonstigen Vorschriften über Gegenstände, worüber diese Feldpolizei⸗Ordnung Bestimmungen enthält, so weit nicht ausdrücklich darin auf sie verwiesen ist, ihre Wirksamkeit.

Doch verbleibt von der halberstädtischen Feld⸗Ordnung vom 27. Juli 1759, wo dieselbe bisher gegolten hat, der §. 38 derselben, in⸗ dessen auch dieser nur so weit in Kraft, als er die Schafhirten ver⸗ pflichtet, für den Schaden⸗Ersatz solidarisch zu haften; die darin aus⸗ gesprochene solidarische Verpflichtung dieser Personen für die Strafen wird aufgehoben. Von den im Allg. Landrecht Th. I. Tit. 14 Ab⸗ schnitt 4 enthaltenen Vorschriften über Pfändungen bleiben in Be⸗

gültig, welche in den hier beigedruckten Anhang aufgenommen sind. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel. Gegeben Sanssouci, den 1. November 1847. (L. S.) Friedrich Wilhelm. von Savigny. von Bodelschwingh. Uhden.

Beglaubigt: Bode.

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8 Deutsche Bundesstaaten.

—,

Königreich Bayern. In der öffentlichen Sitzung der Kammer der Abgeordneten am 22. November führte die Tages⸗ Ordnung zur Berathung über die Naturalbezüge für Studienlehrer und Professoren.

Sber⸗Studienrath Neumayr nimmt das Wort zur Abschneidung wei⸗ terer Debatten und zur Beruhigung, indem er bemerkte: er setze als bekannt voraus, daß die fragliche Verordnung vom 28. September 1845 nur Bezug habe auf Gymnasial⸗ und Lyceal⸗Professoren und Studienlehrer, für welche sie pragmatische Rechte ausspreche und höhere Besoldung, so wie Dienstes⸗ Zulage, gewähre; es handle sich daher nur noch um die Besoldungs⸗Aus⸗ scheidung. Die Verordnung habe von dem resp. Betrage je 75 Fl. ausge⸗ was eine Wandelbarkeit nach den Schwankungen der Getraidepreise statuire. Bezüglich dieser Ausscheidung habe das vorige Ministerium den Grundsatz allmäligen Eintretens festge⸗ setzt, und zwar nach dem Altersverhältnisse; die seit 1845 Angestellten hät⸗

einen wenig bösartigen Verlauf.

ten diese Bezüge erhalten, eben so die älteren Lehrer, welche seit dieser Zeit eine Beförderung erhalten, was Redner, nach den einzelnen Provinzen, mit Zahlen belegt. Hierauf erörtert er, ob dur obigen Grundsatz das vorige Ministerium das Recht verletzt habe; der Referent habe hierüber streng den Stab gebrochen; das jetzige Ministerium hätte zwar nicht die Aufgabe, sich alle Rechts⸗Ansichten des vorigen Systems anzueignen; doch halte Redner es für angemessen, Gründe für die vorige Ansicht beizubringen. Schon 1827 habe die Regierung ein neues Besoldungs⸗Regulativ mit Ausscheidung von Geld⸗ und Getraidebezügen eingeführt, und man habe gefragt, ob dasselbe auf die älteren Staatsdiener sich bezöge, welche

sich dagegen verwahrten; das erkläre sich aus dem damaligen niedrigen Ge⸗

traidepreise. Sei aber das Rechts⸗Prinzip bei jenem Preise richtig gegen die Regierung gewesen, so müsse es auch jetzt wohl für sie richtig sein: genug Billigkeits⸗Rücksichten bestehen für die alteren Lehrer; das Ministe⸗ rium habe höheren Orts angefragt und den Allerhöchsten Bescheid erhalten, daß die Verordnung vom 28. September 1845 allen Lehrern, älteren wie jüngeren, zu Gute kommen solle, sofern dieselben nicht selbst dagegen sein sollten. Es habe also der Antrag des Dr. Ramoser die Allerhöchste Sanction erhalten, ehe er noch in Folge der Kammer⸗Berathung an die Stufen des Thrones gekommen. (Freudige Bewegung.) Abg. Leybold giebt Beispiele merkwürdiger Interpretationen des Ministeriums Abel, welche mit der zu Grunde liegenden Verordnung in geradem Widerspruch gestanden; den durch Königswort mit Zulage beglückten Lehrern habe jenes Ministerium dieselbe wieder entzogen; solches erwarte er nicht mehr vom jetzigen Mini⸗ sterium. Dekan Bauer: Nicht um neue Gründe beizubringen und nicht um den Eindruck der eben vernommenen ministeriellen Erklärung zu schwä⸗ chen, ergreife er das Wort, sondern um von dem bavperischen Central⸗ Schulbücher⸗Verlag zu sprechen, über welchen er ein Promemorig überreicht, und dessen drückendes allgemeines Privilegium bekämpft habe. Durch dieses Monopol wäre der Buchhandel, zumal in den kleineren Städten, so viel als vernichtet; auch auf die Lehrer wirke es übel; jede geistige Erregtheit, worin der baverische Lehrstand sich früher ausgezeichnet, wäre verschwunden, damit aber auch jedes weitere Mittel einer ausreichenden Nahrungsquelle. Dekan Scholler: Man wäre dem Ministerium dankbar für seine Verwendung zu Gunsten des Lehrerstandes; aber das bezöge sich nur auf die Gymnasial⸗ Professoren und die Lehrer der mit den Gymnasien verbundenen Latein⸗ schulen; aber er wolle den Zustand aller Lehrer verbessert haben, deshalb müsse er auf Beschlußfassung der Kammer bestehen, und bezeichnet das Miß⸗ verhältniß der Lehrer⸗Besoldung zu der gegenwärtigen Theurung; freudig wäre die Ausdehnung der Professur auch auf die weltlichen Lehramts⸗Kandida⸗ ten begrüßt worden. Was die Lehrer an den isolirt gestellten Latein⸗Schu⸗ len betrifft, so wäre das Unrecht gegen sie um so schroffer, als sie vor 1845 mit den Lehrern der mit Gymnasien verbundenen Latein⸗Schulen gleichge⸗ standen wären; zu spät wäre es leider, durch Beschlußfassung beider Kam⸗ mern jene Lehrer zu befürworten; aber gerade deshalb sollten sich um so mehr Stimmen in dieser Kammer für he erheben; er erwarte jedenfalls baldige Zuschüsse des Landrathes für die Lehrer der isolirten Latein⸗Schu⸗ len; vernommen habe er sogar, daß durch Entschließung unter dem vorigen Ministerium die Subrektorate zur Etats⸗Anfertigung angewiesen worden, aber da man die Ausgabe zu hoch gefunden, habe man die Sache sistirt. Die Ausdehnung des Central⸗Schulbücher⸗Verlags sollte sich nur auf die deutschen Schulschriften erstrecken; übrigens könnte man in entgegengesetzter Weise zu weit gehen, er habe in Erfahrung gebracht, daß ein Studien⸗ Lehrer zu Gunsten seines Bruders, eines Buchhändlers, jedes Jahr die Le rbücher gewechselt; doch wäre Mannichfaltigkeit nothwendig. Ober⸗Stu⸗ dienrath Neumayr: Das vorige Ministerium habe den Gruudsatz ausge⸗ sprochen, daß die isolirten Latein⸗Schulen Lokal⸗Anstalten wären, und die⸗ ses Prinzip habe das gegenwärtige Ministerium überkommen; eine Aende⸗ rung wäre wegen der damit in Verbindung stehenden Finanz⸗Frage nicht sofort zu verwirklichen; man habe gesagt, es solle das jetzige Ministerium die Verlassenschaft des vorigen nur mit der Rechtswohlthat des Gesetzes und Inventars antreten, aber das besage, daß es nur so weit haften dürfe, als es (Finanz⸗) Mittel überkommen häaäͤtte. (Allgemeiner Beifall.) Pfar⸗ rer Ruland theilt Scholler's Ansicht über die Zurückstellung der Lehrer an den isolirten Lateinschulen, auch er sei dafür, daß Jeder, wäre er weltlich oder geistlich, zum Lehrerstand zugelassen werden solle; aber dagegen müsse er sich verwahren, als ob die Geistlichen bisher hierzu minder befähigt gewesen, und erinnert an die hohen Leistungen der Geistlichen im 2 Se.. dinister⸗

Verweser von Zu⸗Rhein fühlt sich verpflichtet, die Motive über die neueste 1““ 8 ö““ 11“ v“ 1u“ 8

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Verfügung wegen Zulassung der Weltlichen zum Lehrerstande auszusprechen; mit bgeng bügten die Ieaülchen dem Lehramt obgelegen; er selbst (Redner) wäre Zögling einer Anstalt gewesen, wo blos Geistliche angestellt waren, und was sie auf ihn gewirkt, werde er nie vergessen: allenthalben ertönten die Klagen über Mangel an Geistlichen als Priester, von Seiten des Epis⸗ kopats wären hierauf bezügliche Anträge gekommen; bis auf wenige seien die Listen der Priesteramts⸗Kandidaten geschwunden; es hätte das von selbst auf die Gestattung der Konkurrenz von auch weltlichen Lehramts⸗Kandidaten geführt; nicht einseitig solle die fragliche Maßregel aufgenommen werden, wovor er um so mehr warne, als die obrigkeitlichen Erlasse nur zu ost dem objektiven Standpunkte ruhiger Beurtheilung entzogen würden. Mehrere Redner, unter Anderen Pfarrer Riede, sprechen sich mehr oder minder aus⸗ führlich und nachdrücklich für die Studienlehrer aus. Eben so Dekan Lechner, welcher der ministeriellen Erklärung volle Anerkennung spendet, doch vermöchte er den Wunsch nicht zu unterdrücken, daß auch die Lehrer der isolirten Lateinschulen berücksichtigt werden möchten, zumal er den Grund ihrer Zurücksetzung nicht einsehen könne.

Die Kammer der Abgeordneten hat unterm 19. November nach⸗ stehende Mittheilung an die Kammer der Reichsräthe gerichtet:

„Die Kammer der Abgeordneten beehrt sich, der Kammer der Reichs⸗ räthe anzuzeigen, daß sie in ihrer heutigen öffentlichen Sitzung nach erstat⸗ tetem Vortrage ihres ersten Ausschusses über die Rückäußerung der Kammer der Reichsräthe auf den Antrag, die Vorlage eines Gesetz⸗Entwurfs über die Behandlung neuer Gesetzbücher betreffend, und nachdem von Seiten der Antragsteller das Ansinnen gestellt worden war, den bezeichneten Antrag in Erwägung der durch den Verlauf der Zeit veränderten Verhältnisse zurück⸗ ziehen zu dürfen, beschlossen habe, es sei diesem Ansinnen statt zu geben. Sie giebt zugleich der jenseitigen Würdigung anheim, ob dem gedachten Antrage Folge zu geben sei..)

Das Referat über die Eisenbahn⸗Geldfrage ist für die Reichs⸗ Raths⸗Kammer vom Grafen von Reigersberg bereits ausgearbeitet und am 20. November in einer Sitzung des kombinirten zweiten und vierten Ausschusses berathen worden. Ueber dessen Inhalt verlautet noch nichts. Wahrscheinlich am 24. November wird die Kammer sofort den Gesetz⸗Entwurf und dessen von der Majorität der Ab⸗ geordneten beschlossene Modificationen und Zusätze in Berathung ziehen. Morgen versammeln sich die Reichsräthe, um über die An⸗ träge der anderen Kammer bezüglich der Noth und Theurung und wegen der Mahllöhne Beschluß zu fassen. .

Rußland und Polen.

St. Petersburg, 17. Nov. Die Hoffnung, daß nach dem 3. November, an welchem Tage in Moskau eine Abnahme in der Zahl der Erkrankungen an der Cholera bemerkt wurde, die Epidemie an Intensität verlieren werde, scheint in Erfüllung zu gehen. Am 5. November sind 94 erkrankt, 39 genesen, 49 8 am 9. No⸗ vember nur noch 77 erkrankt, wovon 32 genasen und 22 starben. Demnach sind im Ganzen seit dem 30. September dort 2011 erkrankt, 930 gestorben, 422 genesen und 639 Personen in der Behandlung verblieben, von denen der größte Theil Hoffnung zur Genesung giebt. Von der Stadt Moskau aus hat sich die Epidemie bereits über einige Kreise des gleichnamigen Gouvernements verbreitet. In Kiew hat nach den letzten Berichten die Zahl der Erkrankungen noch zugenommen. In Kasan nimmt die Intensität der Krankheit sichtlich ab. In den übrigen von der Cholera getroffenen Gegenden des Reichs hat sie d nig Im Gouvernement Simbirsk ist sie in den Städten Simbirsk und Stawropol gänzlich erloschen. Im Gouvernement Saratoff hat die Epidemie in der Gouvernementsstadt, in allen Kreisstädten und in den Kreisen Kamyschin und Zarizün auf⸗ gehört. In den übrigen Kreisen des Gouvernements kommen noch einzelne Erkrankungen vor. Bei dem Fortschreiten der Cholera von den Gränzen des Gouvernements Astrachan in das Gouvernement Saratoff auf dem Landwege sind unter Anderem folgende Thatsachen beobachtet worden: 1) Die Epidemie ist auf ihrem Wege bis nach Saratoff hin fortwährend gegen den Wind vorgeschritten. 2) Gleichwie im Jahre 1830, hat sie auch gegenwärtig die auf diesem Wege liegende Kolonie Sarepta unberührt gelassen, ob⸗ gleich der Verkehr zwischen diesem Orte und der Umgegend nicht un⸗ terbrochen war. Man glaubt diese Thatsache kaum aus der Lage Sarepta's erklären zu können, da diese im Vergleich mit der anderer an der Wolga gelegenen Ortschaften nichts Besonderes darbietet, und man sucht deren Grund mit großer Wahrscheinlichkeit vielmehr darin, daß Sarepta keinen eigentlichen Pöbel hat, aus dem bekanntlich die Epidemie am häufigsten ihre Opfer holt und durch den sie am mei⸗ sten weiter getragen wird. Die Bewohner Sarepta's, betriebsam und wohlhabend, führen eine Lebensweise, die in Beziehung auf Gesund⸗ heitspflege als Muster aufgestellt wird. Sauber und reinlich, sind sie zugleich mäßig im Genuß. Die Epidemie ist bei Sarepta vorüber⸗ egangen, da sie keinen empfänglichen Boden unter der dortigen Bevöl⸗ erung gefunden. 3) Während die Epidemie von Kamüschin nach Saratoff vorschritt, verschonte sie unter Anderem auch die fünf auf diesem Wege liegenden fremdländischen Kolonieen. Später zeigte sie sich zwar auch in diesen Kolonieen, aber schon zu einer Zeit, wo in Saratoff die Krankheit ihre größte Intensität erreicht hatte. In allen diesen Ko⸗ lonisten⸗Dörfern brach die Cholera aus, unmittelbar nachdem Reisende aus Saratoff dorthin gekommen waren, die sich bei ihrer Ankunft entweder schon krank fühlten oder bald nachher von der Cholera be⸗ fallen wurden. In diesen Fällen, die übrigens die Möglichkeit einer Verbreitung der Krankheit durch Menschen beweisen, dauerte die In⸗ cubation nicht länger als 4 Tage. Andererseits hat man während der Cholerazeit in Saratoff die Bemerkung gemacht, daß Bewohner schon infizirter Ortschaften bei freiem Verkehr mit Kranken weit weniger von der Seuche ergriffen worden sind, als Per⸗ sonen, die aus noch gesunden Ortschaften dorthin kamen. Ueberhaupt hat der epidemische Charakter der Krankheit sichtlich zumeist bei solchen Personen sich offenbart, die während dieser Zeit an besonderem Druck in der Magengrube, an Verstimmtheit, Schlaflosigkeit bei sonstigem vollkommen körperlichen Wohlbefinden litten. Auch im Gouvernement Nischnij⸗Nowgorod greift die Krankheit nicht um sich und behält ihren wenig bösartigen Charakter bei. In den Gouvernements Nowgorod, Riasan, Wiatka, Cherson und Podolien sind keine neuen Cholerafälle vorgekommen, und über den Krankenbestand im Gouvernement Char⸗ koff sind in der letzten Woche keine neuen Nachrichten eingegangen. Den letzten Berichten zufolge, hat sich die Krankheit neuerdings ge⸗ zeigt: 1) Am 29. September im Gouvernement Kaluga im lichwin⸗ schen Kreise und am 21. Oktober in Kaluga selbst, wo in der ersten Woche 7 Personen erkrankten, von denen 5 gestorben sind. 2) Am 1. November im Gouvernement Minsk in der Stadt Reshiza. Im Verlaufe der ersten Tage kamen hier 4 Krankheitsfälle vor und star⸗ ben 3 Personen.

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Türkhkei.

Konstantinopel, 10. Nov. (Oesterr. Beob.) Die Cholera hat seit ihrem ersten Auftreten am 24sten v. M. in dieser Hauptstadt nur wenig um sich gegriffen. In sechzehn Tagen kamen 25 konstatirte Fälle vor, und von diesen hatten nur neun den Tod zur Folge, so zwar, daß mehrere der hiesigen ausübenden Aerzte das Dasein der Cholera als Epidemie noch gegenwärtig in Abrede stellen. In Trapezunt hatte die Krankheit völlig aufgehört. Jene einzeln in der Hauptstadt vorgekommenen Fälle der Cholera haben die Auf⸗ merksamkeit des Sanitäts⸗Rathes in den letztvergangenen Wochen⸗ Sitzungen besonders in Anspruch genommen. Nach mehreren, mitunter geistreichen und lichtvollen Vorträgen

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und Diskussionen von Seiten des ärztlichen Theiles der Conseil⸗Mit⸗ lieder über die Ansteckungsfähigkeit der Krankheit, welche aber haupt⸗ fachlich nur bezweckten, die bis jetzt gegen Abwendung der Epidemie in . und Vollzug gebrachten Schutzmittel zu rechtfertigen, wurde die Hauptfrage: ob nämlich im eventuellen Falle der Ausbrei⸗ tung der Epidemie in Konstantinopel sowohl das flache Land, wohin die Cholera noch nicht gedrungen, gegen die Hauptstadt, als auch diese gegen jene Gegenden, wo die Krankheit herrscht, durch Quaran⸗ tainen abgesperrt bleiben sollten, einer außerordentlichen, morgen statt⸗ findenden Sitzung vorbehalten. 812 Der gegenwärtige Gesundheits⸗Zustand in Konstantinopel flößt

keine Besorgniß ein, denn der Cholerafälle sind relativ sehr wenige und erklärbar durch die plötzlich eingetretene nasse Witterung, Furcht vor der Krankheit, die in dem durch die Dampsschiffe angenäherten Trapezunt erst kürzlich aufgehört hatte, und mehrere andere diese Krankheit fördernden Umstände, welche im sporadischen Charakter in Konstantinopel seßhaft geblieben war. So sind z. B. im verstossenen Sommer unter den Kaiserlichen Garden von 12,000 Mann drei Fälle der asiatischen Brechruhr vorgekommen, und gegenwärtig, wo die ei zelnen Fälle der Cholera amtlich der Sanitäts⸗Intendanz angezeigt werden, sind unter einer Bevölkerung von nahe 700,000 Menschen seit 24. Oktober bis gestern 25 Fälle signalisirt, wovon 9 mit dem Tode endigten. Unglücklicherweise wurde ein Diener des Quarantaine⸗ Amtes von der Cholera befallen, und dieses gleich zur Oeffentlichkeit gebrachte Ereigniß hat eben so sehr das Publikum in Schrecken gesetzt, als es auch den Kontagionisten eine neu Waffe in die Hand gab, bei dem Sanitäts⸗Conseil mit ihrer Stimme auf ein starres Festhalten an dem Absper⸗ rungssysteme durchzudringen und Konstantinopel in Quarantaine z setzen. Da aber beinahe gleichzeitig auch andere Fälle vorkamen, be welchen es vermessen wäre, den Kontakt mit einem Cholerabehafteten als den Ursprung der Krankheit anzunehmen, wie z. B. bei einen italienischen Tagelöhner in Galata, welcher drei Wochen vor seinem Tode, am 4. November der erwähnte Fall des Quarantaine⸗ Dieners ereignete sich am 24. oder 25. Oktober —, an einer heftigen Diarrhöe litt und am 3. November erst einen Arzt holen ließ; ferne bei einer Frau in Pera, welche unvorsichtigerweise bei heftiger Ge müthsbewegung sich eine plötzliche Erkältung zugezogen hatte, so scheint doch in dem Sanitäts⸗Rathe jetzt die Meinung das Ueberge⸗ wicht zu gewinnen, daß die Cholera keine pestilenzartige, nur durch Kontakt mittheilbare Krankheit, sondern eine auch in der Türkei seß⸗ hafte und zeitweise durch besondere klimatische Vorbedingnisse begün⸗ stigte Epidemie sei, gegen welche Quarantaine⸗Absperrungen unwirk⸗ sam, andere Schutzmittel hingegen mit Erfolg angewendet werden können. .

Naturhistorische Notiz über die Cholera von 1847. (Vergl. Allg. Pr. Ztg. Nr. 293.)

Seitdem ich einige naturhistorische Bemerkungen über diesen Gegen⸗ stand schrieb, hat die Cholera sowohl in Isium, als Charkoff und Tschu⸗ gueff aufgehört. In letzterem Orte war sie indessen schon Anfang Septem⸗ eber, nach fünfwöchentlicher Dauer, stark in der Abnahme, als ein ansehn⸗ liches Truppen⸗Cantonnement für die alljährigen Herbstübungen daselbst zusammengezogen wurde und die Krankheit auf die frischangekommenen, für sie noch nicht akklimatisirten Menschen mit neuer Wuth herfiel. Ungeachtet einer viel ansehnlicheren Menge von Kranken, als im August, zeigte sich die Krankheit doch in schwächerem Grade und auf eine verschie⸗ dene Weise. In dem Monat August, der ersten Periode nämlich, herrsch⸗ ten bei ihr Krämpfe vor, und der Kranke behielt oft noch ziemlich lange einen mehr oder weniger starken Puls; im September, der zweiten Periode dagegen, waren die Krämpfe schwach, nicht anhaltend, blieben zuweilen ganz 1 aus, und die ganze Krankheit äußerte sich vorzugsweise durch einen unge⸗

wöhnlich hohen Grad von Abstumpfung der Nerven und den schnellen Ver-⸗

lust des Pulses. Auch in der Verbreitung der Krankheit war in diesen bei⸗ 8 den Perioden eine Verschiedenheit zu merken; zuerst waren es kräftige Na- turen in schon vorgerücktem Mannesalter, die befallen wurden, während Frauen und Kinder verschont blieben; zu Ende der zweiten Periode waren es vorzugsweise diese Letzteren, die von der Krankheit litten. Sie verschonte selbst schwangere und säugende Frauen nicht, und nicht selten kamen Fälle. vor, wo die Mutter starb, das Brustkind aber leben blieb. Während der mehr als zweimonatlichen Dauer der Krankheit hatte man verschiedene Mittel mit mehr oder weniger Glück angewandt. Salz, Krausemünze, türkischen Pfeffer, Naphtha und Stinkspiritus, innerlich angewandt, blieben fortwährend die zuverlässigsten allopathischen Mittel. Abreibun⸗- gen mit der trockenen, flachen Hand, d. h. eine Art magnetischer f Manipulationen, entwickelten eine ganz wunderbare Kraft und brachten den Kranken die wesentlichsten Erleichterungen. Man brauchte dazu manchesmal sechs Menschen. Ich mache hier wieder auf den magnetischen Ursprung der Cholera aufmerksam. .“ 8

Merkwürdig ist es, daß die Cholera bis jetzt immer aus Süden kam und nach Norden sich zog, nicht aber umgekehrt. Meistens hatte sie auch eine westliche Richtung, während Epidemieen, wie die ägyptische Ophthalmie, ebenfalls aus Süden?) kamen, dann aber von West nach Ost gingen. Ueber den Ural nach Osten ist weder die eine noch die andere gekommen.

So lange die Krankheit währte, konnte man weder in der Luft, noch im Wasser irgend eine Veränderung oder etwas Auffallendes wahrnehmen.. Und doch starben die Stubenfliegen im August und September in solcher. Menge, daß man unaufhörlich die Fenstern abfegen mußte. Die Thiere 8 waren sehr matt, schwollen auf und endeten in wenig Stunden. Die Blät⸗ ter von vielen Bäumen, besonders aber von Linden, wurden schon in der ersten Hälfte des August gelb, und eine Menge davon fiel weit früher ab, als in anderen Jahren. Birnen, Gurken, Melonen 2ꝛc. waren dies Jahr in ungewöhnlicher Menge, doch meistens fleckig, und verdarben außerordent⸗ lich schnell, selbst in den besten Kellern. Die Kürbisse sind voll von grünen nierenförmigen Auswüchsen, die auch nach der Reife der Frucht grün blei⸗ ben. Die Blüthen und Stengel des türkischen Weizens waren dieses Jahr fast durchgehends von faustdicken Ustilaginen überwachsen. Die Kartoffeln dagegen sind vortrefflich, und von Kartoffelkrankheit hört man hier um Tschugueff und Charkoff nichts. Die Zugvögel zeigten sich wenig.

In dem Striche, wo die Krankheit den nördlichen Theil der ukraini⸗ schen Militair⸗Ansiedelungen berührt hat, sind im Ganzen an 6—700 Men⸗ sen, vone iner Bevölkerung von circa 30,000, gestorben, d. h. 2 oder ungefähr so viel, wie alljährlich in den Fabrik⸗Distrikten Englands. Im Jahre 1830 starben an der Cholera auf derselben Landesstrecke 180 und 1831. mehr als 1500 Menschen. Unter jenen 6—700 Todten gehören fast Alle zur nie⸗ deren Volksklasse, die gebildeten Stände zählen blos 12 Opfer.

Gouvernement Charkoff, den 17. Oktober 1847.

Victor von Motschulskp.

vermischtes.

Ein Wallfisch im finnischen Meerbusen. (Petersb. Ztg.) Am 16. September kehrte ein Fischerboot von der westwärts von Helsi 8 liegenden Insel Chursala nach genannter Stadt zurück. In dem s bese. sich zwei Studenten, der Eigenthümer des Bootes, eine Frau zas⸗ 1 ein zwölfjähriger Kuabe. Plötzlich bemerkten die Reisenden B För⸗ ser einen schwärzlichen, einer großen schwimmenden Tonne ühn zu per, der vor dem Boote, als dieses näher zu ihm hinangerumeis vorkam, fliehen schien. Der alte Fischer, dem dies nicht rece e Erscheinung glaubte in dem räthselhaften Gegenstande eine 2— Verfolgen dessel⸗ zu erblicken und veranlaßte seine 9 eisegefährten, von Indessen mochten ben abzustehen und ihren Weg nach Hause Hrtzuse cgesolg waren, dessen die beiken Studenten, die anfaͤnglich dem Schiffen

HV—

gsweise diese Richtung an⸗

9 Auch die Pest nimmt ursprünglich vorzu