1847 / 340 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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Deutsche Bundesstaaten. Königreich Bayern. Am 1. Dezember Nachmittags wurden sämmtliche Mitglieder des neu gebildeten Kabinets von Sr.

Majestät dem Könige in feierlicher Audienz empfangen. Württemberg. Der Schwäb. Merkur „Abermals ist eine Anzahl unserer Lands⸗ leute durch unvorsichtige Auswanderung verunglückt, EE wurden die Gemeindekassen vergeblich angestrengt, um der Ar 9 M zu werden: die Württemberger in Siebenbürgen sind in vo lem Rückzug. Bereits haben Manche das Vaterland wiedergefunden, aber elend, hülflos, krank vom ungesunden, fiebererzeugenden Klima, voll vog Nlagen über die dortigen Zustände, über die Wallachen, 9 on denen sie bestohlen, über die Ungarn, von denen sie verachtet, über die Deutschen, von denen ihnen nicht geholfen worden, über den trost⸗ losen Zustand des dortigen Kirchen⸗ und Schulwesens, wo die Alten ohne Erbauung, die Kinder ohne Unterricht seien. Ein Familienvater erzählt, mit seinem Weibe und einem drei Wochen alten Kinde habe er den Rückweg angetreten, das Kind in einem Korb auf eine Kiste gebunden, wochenlang unter freiem Himmel übernachtet, weil man ihn nicht einmal um Geld aufgenommen, als einen Deutschen, Kranken, Evangelischen; nun liegt er krank nebst einem Kameraden, sein Weib aber beinahe hoffnungslos; nur das liebliche Kleine ist unversehrt ge⸗ blieben von den rauhen Winden und Menschen. Alle klagen sich an, daß sie mit ihrem Zustande im Vaterlande nicht zufrieden gewesen, und rühmen jetzt, nach theurem Lehrgeld, es sei nirgends so gut, wie in Württemberg. Im nächsten Frühling werden fast Alle, die noch leben und die Mittel haben, ihnen nachfolgen.“

Königreich enthält Nachstehendes:

8 Kurfürstenthum Hessen. (Kass. Ztg.) In der öffent⸗

lichen Sitzung der Stände⸗Versammlung am 3. Dezember berichtete Herr Ziegler für den Budget⸗Ausschuß über den Gesetz-Entwurf, be⸗ treffend die Abänderung des durch die Verordnung vom 13. Juli d. J. für die Periode vom 1. September 1847 bis dahin 1850 publizirten Steuersatzes von inländischem Rübenzucker und empfahl den Entwurf zur Annahme. Seitens der Regierung war auch Herr Geh. Finanz⸗ rath Duysing als Spezial⸗Kommissar zugegen. Die Stände⸗Ver⸗ sammlung entschied sich fast einstimmig für die Annahme des Ent⸗ wurfs.

Der Präsident eröffnete hierauf, daß Herr Thon einen selbst⸗ ständigen Antrag des Inhalts angemeldet habe: „Die Stände⸗Ver⸗ sammlung wolle sich dahin aussprechen, daß durch den tödtlichen Hin⸗ tritt Sr. Königl. Hoheit des Kurfürsten Wilhelm II. keine Veran⸗ lassung gegeben sei, daß Se. Königl. Hoheit der jetzige Kurfürst Friedrich Wilhelm I. nochmals nach §. 6 der Verfassungs⸗Urkunde angelobe, die Staats⸗Verfassung aufrecht zu erhalten und in Gemäß⸗ heit derselben und nach den Gesetzen zu regieren und eine Urkunde darüber ausstelle, sondern daß durch die darüber von Sr. Königl. Hoheit bei Allerhöchstihrem im Jahre 1831 erfolg⸗ ten Regierungs⸗Antritt unterm 1. Oktober besagten Jahres ausgestellte und im landständischen Archiv hinterlegte Ur⸗ kunde dem Erfordernisse des §. 6 der Verfassungs⸗Urkunde für die ganze Regierungsdauer Allerhöchstdesselben ein für alle Mal Genüge geschehen und daher dieser Akt jetzt nicht zu wiederholen sei.“ Der Präsident änßerte, der Antrag betrefse einen höchst wichtigen, aber auch so einfachen Gegenstand, daß er eine weitere Begründung desselben und eine Begutachtung durch den Ausschuß für überflüssig halte, der Stände⸗Versammlung vielmehr anheim gebe, alsbald dar⸗ über abzustimmen, ob sie der entwickelten Ansicht beitrete, die mit sei⸗ ner (des Präsidenten) Ansicht vollkommen übereinstimme. Sämmtliche Mitglieder der Stände⸗Versammlung erhoben sich zum einstimmigen Beitritt, worauf der Präsident die Sitzung für geschlossen erklärte.

Freie Stadt Frankfurt. (Fr. J.) Die gesetzgebende Versammlung hat in ihrer Sitzung am 4. Dezember zuerst über den Senats⸗Antrag auf Bewilligung von 20,200 Fl. aus den früheren leberschüssen, zum Zweck der mit Hessen und Nassau gemeinschaftlich auszuführenden und binnen vier Jahren zu vollendenden Main⸗Cor rection, zu berathen. Der Gegenstand wurde an eine Kommission zur Prüfung einzelner Bedenken gewiesen, die sich nicht sowohl hin⸗ sichtlich der Nützlichkeit und Dringlichkeit der Sache, als wegen ein⸗ zelner Lokal⸗Verhältnisse erhoben. Dem Antrage wegen Aufhebung

-Abzugsgelder wurde ohne Debatte beigestimmt, da mit den mei⸗ sten Bundes⸗ und mehreren anderen Staaten bereits Frei⸗ zügigkeits⸗-Verträge geschlossen, auch der Ertrag der Nach⸗ steuer hierdurch auf ungefähr 100 Fl. jährlich geschmolzen sei, mithin zu den vielfachen Belästigungen, die mit der Cautionsstellung sowohl für die Pflichtigen als die verrechnende Behörde verbunden sind, in keinem Verhältniß stehe. Nicht beistimmend entschied sich dagegen die Versammlung bei dem Antrage des Herrn Dr. Kugler auf Ab⸗ kürzung der (bisher 30jährigen) Verjährungszeit für mehrere Arten von Klagen. Der von Herrn Dr. Reinganum vorgetragene Kom⸗ missions⸗Bericht führte aus, wie eine solche Abkürzung den täglichen Geschäftsverkehr nicht fördern, vielmehr beeinträchtigen, die Bürger in der Betreibung ihre Schuldforderungen bevormunden und sie im Auslande, so lange nicht alle oder doch mehrere deutsche Staaten eine gemeinschastliche Gesetzgebung über Verjährung besäßen, offen⸗ bar in Nachtheil versetzen würde. Den Gegengründen des Herrn Antragstellers gelang es nicht, den Eindruck des Kommissions⸗Gut⸗ achtens zu entkräften, vielmehr sprach sich die Versammlung mit über⸗ wiegenter Mehrheit für Ablehnung des Antrages aus.

Freie Ztadt Bremen. (H. C.) In der Versammlung der Bürzerschaft am 3. Dezember wurden die Verhandlungen über die Einführung rener Steuern und Erhöhung einzelner älterer fort⸗ gesetzt. Ler Zenat erklärte seine Zustimmung zur Feststellung der jährlichen eeeenes Einkommenschosses, vorläufig von 1 pCt. der reinen Ennahme bis zum Schlusse des Jahres 1852, desgleichen zu der .eaenen Erhöhung der Grund⸗ und Erbe⸗Steuer und der Gassenrenigungs⸗ und Erleuchtungs⸗Abgabe, nicht minder die fährli 8 Erhevung eines Flaggengeldes auf fünf Jahre. Ein Vor schlag FF. htung von besonderen Steuergerichten wurde von der

Bürge heß Reenommen. Zur Revision der im Jahre 1843 ver⸗ einbartte manangen, die mittleren und niederen Schulen, so wie die aAlpenmane üchulpflichtigkeit betreffend wurde ein Aus schuß s dem Senate und der Bürgerschaft niedergesetzt, und schbenich essuchte die Bürgerschaft den Senat, auch in ihrem Namen den Hoffentlich in den nächsten Tagen mit dem Washington“ aus den Vereinigten Staaten zurückkehrenden Mitbürger, Herrn C. T. Gevekoht, auf deutschem Boden wieder herzlich willkommen zu heißen und ihm ihren innigsten Dank für die aufopfernden Bemühun⸗

8 gen, für die warme Liebe zu dem Gesammt⸗Vaterlande auszudrücken, welche er in Vertretung der Interessen desselben bei den Verhandlun⸗

gen üiber eine Dampfschifffahrts⸗ Verbindung mit Amerika bethätigt habe. Der Senat erwiederte, daß er dieser Aufforderung um so be⸗ reitwilliger zu eutsprechen bemüht sein werde, als ihm die ununterbroche⸗ nen, mit so viel Umsicht als Aufopferung fortgeführten patriotischen Anstrengungen des Erwarteten zur Förderung des jetzt Erreichten in ihrem ganzen Umfange zur Kunde gekommen und unvergeßlich bleiben würden.

Mraänterie.

Paris, 3. Dez. Der König kam gestern wieder zu einem

Ministerrath nach Paris und kehrte zum Diner nach St. Cloud zurück. Die verbreiteten Gerüchte von einem bedenklichen Leiden des Prinzen Joinville werden in der Patrie für unbegründet erklärt. „Der Prinz“, sagt dies Blatt, „ist allerdings unwohl, aber er leidet an keiner ernsten Krankheit und wird nach einer ihm von den Aerzten anempfohlenen Ruhe von wenigen Monaten wieder in See gehen können.“

Der belgische Botschafter am hiesigen Hofe, ist wieder in Paris eingetroffen.

Der heutige Moniteur meldet: „Mit dem Paketboot „Stadt Bordeaurx“, welches am 28. November in Marseille eingelaufen ist, hat man Nachrichten aus Oran bis zum 25. November erhalten. Das Echo d'Oran berichtet, daß General von Lamoriciere sich am 19ten auf dem Dampfschiffe „Veloce“ eingeschifft hatte, um sich ꝛach Nemours (Dschemma Gasauat) zu begeben. Diese Abreise des Generals war durch die Bewegungen veranlaßt, welche in Marokko stattgefunden haben. Man hat in der That erfahren, daß die Trup⸗ pen Abd el Rhaman's eine Offenfiv⸗Bewegung gegen den Emir (Abd el Kader) gemacht hatten, der mit 1500 Mann Fußvolk und 500 Rei⸗ tern fünf Stunden von Melilah lagerte. Der General von Lamo⸗ riciere hatte bei seiner Abreise nach Nemours dem Genueral Renault und dem Oberst Mac⸗Mahon befohlen, sich in Marsch zu setzen, um sich mit ihren Kolonnen ihm anzuschließen. Man glaubt, seine Ab⸗ sicht sei, die Truppen Abd el Rhaman's zu unterstützen und sich des Emirs zu bemächtigen, wenn derselbe in das französische Gebiet ein⸗ dränge. General von Lamoriciere wird sich auf diesem Punkt an der Spitze von 5000 Mann befinden.“

Großbritanien und Irland.

London, 2. Dez. Die Bank von England hat heute ihren Diskonto von 7 pCt. auf 6 pCt. herabgesetzt.

Die Times meldet heute die Ankunft Sir Stratford Can⸗ ings in Paris auf seinem Wege nach Bern und theilt zugleich die Punkte mit, welche die Grundlagen der Vermittelung der fünf Mächte in der Schweiz ausmachen sollen. Das Vermittelungs⸗An erbieten der Mächte ist hiernach an die Tagsatzung und den Sonder⸗ bund gerichtet und beschränkt sich auf folgende Punkte: „1) Daß die katholischen Kantone in Bezug auf den religiösen Theil des Strei⸗ tes an den Rath des heiligen Stuhles appelliren, 2) daß die Tag⸗ satzung sich anheischig macht, diejenigen Kantone, deren Souveraine tät bedroht ist, zu schützen, 3) die Auflösung des Sonderbundes, 4) allgemeine und gegenseitige Entwaffnung, 5) die Zusage, den Bun⸗ desvertrag ohne einmüthige Zustimmung aller Kantone weder zu verletzen noch in irgend einer Weise zu ändern. Wird die Vermitte⸗ lung auf diesen Grundlagen angenommen, so werden die Pepräsen tanten der fünf Mächte ihr Friedenswerk unverzüglich beginnen. Wird sie zurückgewiesen, so werden die fünf Mächte den Vermitte⸗ lungsversuch für beendigt ansehen, in ihre respektive Stellungen zu⸗ rücktreten, als ob gar kein Vorschlag gemacht worden wäre, und den Umständen gemäß handeln.

Aus Dublin wird dem Globe unterm 30. November geschrie⸗ ben, daß der Entschluß der Regierung, durch Auwendung entschiede⸗ ner Unterdrückungs⸗Maßregeln dem Leben und Eigenthum in Irland wieder Sicherheit zu verschaffen, unter allen Klassen lauten Beifall sinde, und daß selbst die seitherigen Verfechter des Gewaltthätigkeits⸗ Systems nicht den Muth hätten, die Nothwendigkeit einer kräftigen Einschreitung zu leugnen. Leider sind wieder mehrere Berichte von neuerdings vorgefallenen Mordthaten eingelaufen. Der Pfarrer Lloyd zu Strokestown in der Grafschaft Roscommon wurde am 27. No⸗ vember erschossen, als er aus der Kirche heimkehrte. Man glaubt die Veranlassung darin zu finden, daß er mehrere Personen, jedoch nicht wegen Pacht-Rückstandes, zu verklagen genöthigt war. Am folgenden Abend wurde der Ober⸗Amtmann des Grafen Lucan, Herr M'Donnell, bei der Stadt Castlebar in der Grafschaft Majo ermor⸗ det. Das zu Dublin liegende 92ste Regiment Hochländer hat plötz⸗ lich Befehl erhalten, am 1. Dezember nach Limerick und Nenagh, wo die Ruhe stark bedroht sein soll, in Eilmärschen abzugehen.

Nach Berichten aus Malta vom 24. November, welche den Tod des dortigen Bischofs melden, kreuzte unsere Mittelmeer⸗Flotte unter Admiral Parker bis nach Maritimo hin, auf der Höhe der siciliani⸗ schen Küste. Die Flotte sollte in zwei Abtheilungen geschieden wer⸗ den, und die eine derselben angeblich bei Palermo, die andere bei Li⸗ vorno ihre Station nehmen.

Die neueste indische Ueberlandpost, wesche Bombay den 1. No⸗ vember verlassen hat, bringt die Nachricht von dem am 14. Okt. er⸗ folgten Ableben des Ex⸗Radschah von Sattara, für dessen Ansprüche auf sein ihm angeblich unrechtmäßig genommenes Besitzthum Herr Hume so unermüdlich im Parlamente thätig war. Er hinterläßt keine Kinder, und einen anderen Erben zu ernennen, war ihm nicht gestattet. Die Agitation zu Gunsten seiner Sache hat also mit seinem Tode ein Ende. Sein Reich, dem jetzt auch ein kinderloser Radschah vorsteht, fällt nach dessen Tode an die britische Regierung. Im Uebrigen ist aus Indien nichts zu berichten. Es herrschte überall Ruhe. Der General⸗Gouverneur Lord Hardinge war auf einer Reise 40 Miles nördlich von Simla in das Gebirge begriffen und wird erst zu Ende des Jahres nach einem längeren Besuche in Lucknow bei dem König von Oude über Allahadad nach Kalkutta zurückkehren, um von seinem Nachfolger, Lord Dalhounsie, abgelöst zu werden.

Furst von Ligne,

S ch w iz. Sitzung vom 2. Dezember.

1 8 Gegenstand der Dieselbe

Tagsatzung. ü Verhandlung war zunächst die Capitulation von Wallis.

wurde genehmigt und Herr Delarageaz von Waadt, F. ranscini von Tessin und Dr. Frei von Basellandschaft als eidgenössische Re⸗

präsentanten dahin erwählt. Sodann kam der (schon im Wesentlichen mitgetheilte) Entwurf der Siebner⸗Kommission, wegen der Kosten der Execution gegen den Sonderbund, zur Berathung. Er lautet voll⸗ ständig: 1) Den sieben Sonderbunds⸗Kantonen sollen alle Kosten auf⸗ erlegt werden, welche der Eidgenossenschaft durch deren Widerhand lung erwachsen sind, unter Vorbehalt des Rückgriffs gegen die Schul⸗ digen. 2) Sie haften dafür solidarisch und haben solche unter sich nach der eidgenössischen Geldskala zu tragen. 3) Bis zum 20. De⸗ zember ist eine Million Schweizerfranken zu bezahlen. 4) Der von der Tagsatzung zu bestimmende Rest ist ebenfalls baar oder in sicheren Titeln zu entrichten. 5) Bis diese Verpflichtungen erfüllt sind, dauert die militairische Besetzung fort. 6) Sie haben auch Ersatz für den von ihren Truppen durch Plünderung und Zerstörung angerichteten Schaden zu leisten. 7) Hierdurch ist den Beschlüssen der Tagsatzung für die Verantwortlichkeit von Neuenburg und Ap⸗ penzell J. Rh. nicht vorgegriffen, welche ihr Mannschafts⸗Kontingent nicht gestellt haben. Diese Anträge wurden mit 13 ½ Stimmen an⸗ genommen. Die Kosten für den Sonderbunds⸗Feldzug belaufen sich vom 25. Oktober bis zum 3. Dezember 1847 auf 3,163,000 Fr. und werden bis zum Schluß der Occupation auf 5,011,000 Fr. zu stehen kommen. Der Bericht des Vororts über die Maßregeln zur Herbeischaffung der nöthigen Geldmittel wurde genehmigt und ver⸗

dankt. Hierauf wurden noch zwei Adressen von Leipzig und Zwei⸗ brücken vorgelegt. Sodann stellte Bern den Antrag auf Entschädi⸗ gung von Verwundeten und Hinterlassenen der Gebliebenen. Zuletzt wurde Anzeige von dem in Paris erfolgten Ableben des dortigen eid⸗ genössischen Geschäftsträgers gemacht, und daß der Gesandtschafts⸗ Secrctair bis auf Weiteres die Geschäfte besorgen werde.

Kanton Bern. Das von Neuenburg zur eidgenössischen Kasse eingesandte Geldkontingent beläuft sich, der Baseler Zeitung zufolge, auf 20,000 Fr.

General Dufour ist am 3. Dezember Mittags in Bern ange⸗ langt, wo er ganz einfach, ohne Eskorte, in einem Zweispänner seine Einfahrt hielt. Niemand erkannte ihn, bis er ausstieg. Die Regie rung scheint selbst nicht von der Zeit seiner Ankunft vorher unterrich tet gewesen zu sein, denn sie hatte ihm keinen Empfang bereitet. Vielleicht hatte er sich einen solchen auch verbeten. Der Generalstab, dessen Einzug zu sehen, sich um 2 Uhr eine Menschenmenge versam⸗ melt hatte, war ebenfalls, wie man erfuhr, schon früher angekommen, ohne daß man etwas davon gewußt. „Jedenfalls“, schreibt man dem Frankf. Journal aus Bern, „ist der Abstand zwischen dem Ein⸗ zug Dusour's und Ochsenbein's ungeheuer groß.“

Man sprach am 3ten in Bern davon, daß eine französische Note angelangt sei; welches Inhalts, war nicht bekannt.

Professor Stettler will nicht mehr über schweizerisches Staats⸗ recht lesen, da dieses gewaltsam zerrissen sei.

Kanton Luzern. Die eidgenössischen Repräsentanten im Kanton Luzern haben an die provisorische Regierung des Kantons Luzern unterm 28. November folgendes Schreiben gerichtet:

„Tit.! Durch Ihre verehrliche Zuschrift vom gestrigen Datum und eine aus den Herren Schuhmacher Uttenberg und Alt⸗Schultheiß Kopp be⸗ stehende persönliche Abordnung ist uns die Mittheilung zugekommen, daß sich die Mitglieder des Stadtraths von Luzern in Verbindung mit den in Ihrem Schreiben näher bezeichneten Mitgliedern aus den übrigen Aemtern Ihres Kantons als provisorische Regierung für den Kanton Luzern konsti⸗ tuirten, nachdem sich die meisten Mitglieder der früheren Regierung geflüch⸗ tet haben und somit keine andere Regierung in Ihrem Kanton mehr be⸗ steht. Im Hinblick darauf, daß sowohl die Interessen der Eidgenossenschaft, als diejenigen des Kantons Luzern, gebieterisch fordern, daß provisorisch eine Behörde im Kanton Luzern für Handhabung von Ruhe und Ordnung sorge, bis in Folge neuer Wahlen eine Regierung sich definitiv konstituiren kann, nehmen wir keinen Anstand, gestützt auf die von der hohen Tagsatzung uns unterm 26. d. M. ertheilten Instructionen und Vollmachten, Sie in der Eigenschaft als provisorische Regierung für den Kanton Luzern anzuerken⸗ nen. Es gereicht uns zum wahren Vergnügen, in der neu konstituirten pro⸗ visorischen Behörde Männer zu erblicken, die durch bewährte eidgenössische Gesinnung, durch vielfache Geschäftserfahrung und Kenntniß der Verhält⸗ nisse und Bedürfnisse Ihres Kantons dem Gesammtvaterlande, wie dem Kanton Luzern, Gewähr einer besseren Zukunft darbieten. Wir werden es uns zur Pflicht machen, Sie in Ihrem Sireben für Handhabung von Ruhe und Ordnung bestens zu unterstützen. Die Eidgenossenschaft kann nichts sehnlicher wünschen, als daß es Ihnen gelingen möge, im Kanton Luzern recht bald einen beruhigenden Zustand herbeizuführen, da Glück und Friede in unse⸗ rem Vaterland so eng mit dem Frieden und der Wohlfahrt des vorörtlichen Kantons Luzern zusammenhängen. Wir werden nicht ermangeln, sowohl die eidgenössische Tagsatzung, als den eidgenössischen Vorort von Ihrer proviso⸗ rischen Konstituirung unverzüglich in Kenntniß zu setzen. Unserer gegenwärti⸗ gen Zuschrift fügen wir eine Anzahl der von der hohen Tagsatzung in der Sonderbundsfrage gefaßten Beschlüsse und erlassenen Proclamationen bei und ersuchen Sie, dieselben in allen Gemeinden des Kantons zu verbrei⸗ ten, damit das Volk des Kantons Luzern nachträglich noch offiziell von den versöhnlichen und beruhigenden Zusicherungen Kenntuiß erhalte, welche die eidge⸗ nössische Tagsatzung an Behörden und Volk des Kantons Luzern gerichtet hat, de⸗ ren Bekanntmachung aber von der letzten Regierung durch ein besonderes Straf⸗ dekret verboten worden war. Indem wir uns schließlich nur noch bewogen finden, Ihnen angelegentlich zu empfehlen, für definitive Konstituirung einer neuen Regierung mit möglichster Befoͤrderung die erforderlichen Einleitungen treffen zu wollen, benutzen wir diesen Anlaß, Sie unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern. Die eidgenössischen Repräsentanten im Kanton Luzern: (gez.) Dr. Kern. Bollier, Regierungsrath.

Aus einem Beschluß der provisorischen Regierung vom 30. No⸗ vember, welcher in Vollziehung ihres Beschlusses vom 29sten erlassen wurde, wonach „wegen Verschleppung der eidgenössischen Kriegskasse und der eidgenösfischen Spital⸗Effekten“ gegen sämmtliche Mitglieder der ehemaligen Regierung eingeschritten werden sollte, geht hervor, daß das unbewegliche und bewegliche Vermögen folgender Personen mit Beschlag belegt und inventarisirt worden ist. Rudolf Rüttimann von Luzern, Konstantin Siegwart Müller von Oberkirch, Karl Ema⸗ nuel Müller von Eschenbach, Ludwig Sigrist von Menznau, Wendelin Kost von Buchenrain, Ludwig von Sonnenberg von Luzern, Joseph Zünd von Luzern, Peter Thalmann von Entlibuch, Alots Hautt von Luzern, Joseph Tschopp von Mauensee, Joseph Scherer, Dr. med. von Hochdorf. Die von einem Blatte gebrachte Nachricht, daß auch gegen die Mitglieder des Großen Raths mit Vermögens⸗Inventarisation eingeschritten werde, hat sich bis jetzt nicht bestätigt. IX Unterm 2. Dezember hat die provisorische Regierung ein Jesuiten⸗ Ausweisungs⸗Dekret erlassen.

General Salis⸗Soglio soll sich nach Stanz im Kanton Unter⸗ walden zurückgezogen haben. 8

(Frkf. Bl.) General Dufour ist (mit dem eidgenössischen Ge⸗ neralstab) am 2. Dezember nach Bern abgereist. Das Ständchen das ihm am Abend vorher von der Bürgerschaft gebracht wurde⸗ scheint ihn, wiewohl er ein solches in Bern ausgeschlagen hatte, nun, nach der Auflösung des Sonderbundes, doch gefreut zu haben. Es war mit Gesang und Militair⸗Musik begleitet. Nach dem Liede „Wer ist groß“, sprach ihm Alt⸗Stadtammann Isaak den tiefsten Dank der Bürgerschaft aus für die humane Art, wie er seinen schwierigen Auftrag vollzogen habe. Seinen weisen Anordnungen verdanke die Stadt Luzern ihre Rettung, der Kanton seine Befreiung von siebenjährigem Joche, die Eidgenossenschaft den Frieden. Sodann brachte er Sr. Excellenz ein feuriges Lebehoch. General Dufour antwortete vom großen Balkon des Schweizerhofes in französischer Sprache mit sehr starker Stimme: „Er sei überrascht durch diese so glänzende Ehrenbezeigung, denn er verdiene sie nicht. Zu der Er⸗ füllung des Willens der hohen Tagsatzung habe er am wenigsten beigetragen; der vortrefflichen Haltung der eidgenössischen, Armee sei die glückkiche Lösung der Aufgabe zu verdanken; ohne sie hätte er nichts vermocht. Möge nur die Eidgenossenschaft einen dauernden Frieden erlangen. Die Eidgenossenschaft lebe Die fen he stimmte tausendstimmig ein. Barauf sangen die Luzerner mit, Musik: „Rufst du mein Vaterland“, und das Militair stimmte kräftig ein. Dann brachte Herr Isaak noch ein Lebehoch auf die eidgenössische Armee aus, das ebenfalls mit Enthusiasmus dargebracht wurde. Der General dankte mit vielen Verbeugungen. Darauf folgte Musik, und die Menge zog ab.

Kanton Schwyz. Durch Beschluß vom 28. November hat nun die Regierungs Kommission das Dekret, durch welches auf alles Gut der Angehörigen der bekannten 12*, Stände Beschlag gelegt worden, aufgehoben und als folgenlos erklärt.

Kanton Zug. Hier ist folgende Bekanntmachung der eid⸗ genössischen Repräsentanten an das Volk des Standes Zug erschienen: 2¹ꝙ„Getreue Miteidgenossen! Nachdem Euer dreifacher Landrath sich ge⸗ zwungen gesehen, weiteren Bestrebungen gegen bundesgemäßen Fortbestand

der schweizerischen Eidgenossenschaft und gegen die Rechtsgültigkeit bundes⸗ gemäßer Beschlüsse zu entsagen und Euren Kanton durch Capitulation in die Reihe der bundesgetreuen Stände zurückzuführen, hat die hohe Tag⸗ satzung für nöthig erachtet, für baldigste Herstellung gesetzlicher Zustände Vorsorge zu treffen und zu diesem Zwecke eidgenössische Repräsentanten ab⸗ nordnen, die den Auftrag haben, die einstweilige Besetzung Eures andes durch eidgenössische Truppen zu leiten und zugleich das Wal⸗ ten von Ruhe und Ordnung in demselben bestens zu verbürgen. Verpflich⸗ tet durch diesen ernsten Ruf, Eure Zukunft vor ähnlichem Unheile, wie das gegenwärtige, zu wahren, erwarten wir auch von Euch freudiges Entgegen⸗ kommen und Unterstützung. Solche bedauerliche Zustände können nie wie⸗ derkehren, so lange eidgenössische Treue die Kantone vereinigt hält und Ihr Euch bestrebt, durch Liebe und offenes Vertrauen den angebotenen Frieden zu befestigen. Zug, den 26. November 1847. Die eidgenössischen Reprä⸗ sentanten: Hoffmann; Hegetschweiler.“ ·

Kanton Freiburg. Der von der provisorischen Regierung aufgestellten neuen Wahl⸗Ordnung zufolge, nach welcher der neue Große Rath gewählt werden soll, werden die Wahlen am 10. Dez., statt in 13, in 6 Wahlkreisen vorgenommen: 1) Gebirgskreis mit dem Hauptorte Bulle, enthält 22,000 Seelen. 2) Glanekreis: Haupt⸗ ort Romont, mit 14,000 Seelen. 3) Saanekreis, Hauptort Freiburg, mit 29,800 Seelen. 4) Broyekreis, Hauptort Stäffis, mit 14,000 Seelen. 5) Seekreis, Hauptort Murten, mit 13,500 Seelen. 6) Sensekreis, Hauptort Tafers, mit 14,000 Seelen. Der neue Große Rath ist (wie schon erwähnt) zugleich gesetz⸗ gebende Behörde und Verfassungsrath. Das Volk wählt direkt (früher waren die Wahlen indirekt) 64 Mitglieder, die ihrerseits noch 10 Mitglieder dazu wählen. Ein Ceusus ist nicht festgestellt. Um wäh len zu können, wird ein Alter von 20 Jahren, um gewählt werden zu können, ein Alter von 25 Jahren erfordert. Die Eigenschaft eines Geistlichen wird mit der Ausübung politischer Rechte für unverträg⸗ lich erklärt. Die Wahlen finden eine nach der anderen mit Hand⸗ aufhebung nach der Mehrheit der Stimmen statt. Der Große Rath wird auf neun Jahre ernannt.

Es wird jetzt im Kanton an der Bildung von Volks⸗Vereinen gearbeitet.

Kanton Basel. (Frkf. Bl.) Schon um 11 Uhr strömte heute eine Masse Volkes der heimkehrenden Artillerie von Baselstadt entgegen. Um 1 Uhr war der Zug in der Stadt. Eine öffentliche oder offizielle Feier war es aber nicht, denn es waren Privaten, welche einige Geschütze auf einem Hügel, nahe der Gränze von Baselland, aufgestellt hatten, um die Heimkehrenden zu grüßen. Kein Vivat tönte, kein Tuch aus den Fenstern sah man winken.

Den kriegsgefangenen Wallisern wurde bei ihrem Durchzug durch Basellandschaft allseitig der gastfreundschaftlichste Empfang zu Theil, und jede Gemeinde, durch welche sie passirten, beeiferte sich, sie reich⸗ lich zu traktiren. Es sind sehr kräftige, gesunde Leute, und die be⸗ standenen Strapazen während 39 Tagen, worunter mehrtägiger Bi⸗ vouak im Schnee, kostete sie nur wenige Hantkranke. Dagegen hat ihre Bekleidung unendlich gelitten; es wird aber sehr freigebig hier in Basel nachgeholfen.

Kanton Graubündten. wehr⸗-Bataillone einberufen.

Kanton Tessin. (Frkf. Bl.) Man schreibt aus Lugano vom 28. November: „Die Sonderbündler haben sich gänzlich zurück gezogen; nur noch wenig Mannschaft blieb auf dem Hospiz zurück. Nach genaueren Berichten aus Airolo bestand die Kolonne, die in unseren Kanton einfiel, aus 800 bis 1000 wohlgeübten Scharfschützen und eben so viel Mann Infanterie.“ 8

Kanton Wallis. Der Beschluß des hiesigen Großen Ra⸗ thes zur Anknüpfung von Unterhandlungen, auf den sich die De⸗ pesche des Kommandanten der ersten Division an die Tagsatzung be⸗ rief, lantet folgendermaßen:

„Auf den Antrag seiner Kommission erklärt der Große Nath im Na⸗ men von Wallis, daß er von der Verbindung der 7 Stände zurücktritt, und giebt dem Staats⸗Rath Vollmachten, um bei den kompetenten Behörden Unterhandlungen zur Erhaltung der günstigsten Bedingungen für Wallis anzuknüpfen, die Ratification des Großen Rathes wo möglich vorbehalten. Der Große Rath verordnet die Entlassung der Truppen, indem er den Staats⸗Rath bevollmächtigt, diejenigen im Dienst zu behalten, die er zur Aufrechthaltung der Ordnung im Innern für nothwendig erachtet. Der Große Rath erklärte sich permanent, außer daß die zur Armee gehörigen Offiziere bevollmächtigt sind, sich zu den unter ihrem Befehl stehenden Mi⸗ lizen zu begeben, um sie von dem wahren Zustand der Dinge in Kenntniß zu setzen. Der Staatsrath wird jedoch dafür sorgen, daß eine hinreichende Anzahl Mitglieder bleibt, um berathen zu können. Der Staatsrath ist beauftragt, einen Tagesbefehl an die Truppen und eine Proclamation an das Volk zu erlassen. Sitten, den 28. November (unterz.) Bovier, Vice⸗Präsident; C. de Werra, Secretair.“

(O. P. A. Z.) Am 30. Nov. sind die ersten eidgenössischen Truppen in das walliser Gebiet eingerückt. Die Walliser hoffen, es möchte die capitulationsmäßige Zahl der 8000 Mann Besatzung auf 6000 verringert werden, der allgemeinen Armuth wegen. Die Je⸗ suitenhäuser zu Sitten und Brieg werden mit Einquartierung wohl bedacht werden. Baares Geld wird man nicht vorfinden und auch keine werthvollen Papiere; dieselben sind schon längst nach Piemont gegangen, mit ihnen die Patres Neltner, Chaignon, Michellod, Per⸗ rig, Welte, Iten, Moullet, Dronchat, Zweisig, Loretan, Staudin⸗ ger, Caveng, Petitjean, Hübner, Schlosser, Odermatt, Brückner, Schlaberg, Spicher, Frey, Havard, de Mehlem, Wiget und über 36 Scholastiker und Helfer. Von den Letzteren sind blos 4 zurückgeblieben, um zu sehen, was in beiden Ordenshäu⸗ sern vorgeht, und dieses dann an die Oberen zu berichten.

Zürich, 2. Dez. Wie Sie bereits wissen werden, sind der Tagsatzung in jüngster Zeit allmälig eine ganze Reihe von Adressen aus verschiedenen Städten Deutschlands zugekommen, deren Zweck der ist, der Zwölfer-Mehrheit zu Handen des ganzen schweizerischen Volkes die tiefste Hochachtung für die von der Tagsatzung bewiesene „Energie“ und die lebhafte Sympathie der Unterzeichner mit den neuesten Ereignissen in der Schweiz zu bezeugen. Es wird nun aus ziemlich guter Quelle versichert, der (ursprünglich aus Preußen ge⸗ bürtige) alte Professor Ludwig Snell mache sich ein förmliches Geschäft daraus, zur Betreibung solcher Adressen herumzureisen.

Die National⸗Zeitung (ein radikales Blatt aus Basel) erläßt in ihrer neuesten Nummer einen Aufruf an das gesammte Schweizer⸗Volk, worauf sie darauf anträgt, es möchte dem Herrn General Dufour von der Tagsatzung im Namen der ganzen Schweiz für seine siegreiche und zugleich schonende Kriegführung ein werth⸗ volles Geschenk als Zeichen der National⸗Erkenntlichkeit dekretirt werden. Die National⸗Zeitung macht den Voschlag, es möchte dasselbe in einem Besitzthum bestehen, das auf immer in der Familie Dufour bleiben sollte.

Ueber die schreckliche Verwüstung, welche der Kanton Luzern in den letzten paar Wochen von Freund und Feind zu erdulden hatte, kommen fortwährend die betrübendsten Nachrichten hierher. Ein Augenzeuge, dessen eigener Brief mir zu Gesichte gekommen, schreibt darüber: „Wenn man jetzt den eben noch so reichen Kanton Luzern durchreist, so findet man überall Zerstörung, Jammer, Elend und nirgends den Frieden, welchen nach radikaler Verheißung der Krieg bringen sollte, Die Rache derjenigen unter den Zwölfertruppen,

Die Regierung hat vier Land⸗

2333 die am 31. März 1845 Luzern als Freischärler betraten, damals aber geschlagen und in der Jesuiten⸗Kirche gesangen gehalten worden wa⸗ reu, hat hier und da fürchterlich gewüthet. Mehrere Häuser in Lu⸗ zern wurden gänzlich zerstört, die Mobilien zerschlagen, sogar die Tapeten der ,— abgerissen. Im Entlibuch wurde furchtbar ge⸗ haust durch eine Rotte Gesindels aus dem Kanton Bern, das der Reserve⸗Division Ochsenbein’s nachzog. In der Gegend von Sursee, Münster und Neuendorf wurden von den Radikalen Freiheitsbäume aufgestellt mit Inschriften. Häufig zwang man die Landstürmer, die⸗ selben zu küssen und zu rufen: „Es lebe die Eidgenossenschaft!“ In Neukirch wurden die (noch vom Jahre 1845 her) außer dem Kirchhof beerdigten Freischärler wieder ausgegraben, und der Vikar mußte ihnen eine feierliche Beerdigung auf dem Kirchhof halten. Ueber die Berner und Baselländler wird allerwärts als über die ro⸗ hesten und zügellosesten am meisten geklagt, dagegen thut es mir als Züricher wohl, unsere züricherischen Truppen von allen Seiten um

ihres humanen Betragens willen höchlich rühmen zu hören.“

AHtalien

MNom, 2ö5. Nov. (A. Z.) Die üble Stimmung, welche die Ernennung der hundert Räthe des Munizipiums bei dem Volke her⸗ vorgerufen hat, ist gründlich. Der gestrige Festzug vom Quirinal nach dem Kapitol war daher nicht blos geräuschlos, sondern von Zeichen entschiedenen Mißvergnügens begleitet, wenn schon keine De⸗ monstration damit verbunden war. Die Anrede, welche der Papst an die Munizipalräthe gerichtet hat, wird als trefflich und schön, ja dermaßen von Gemüth erfüllt angegeben, daß sie von sichtlicher Rüh⸗ rung begleitet war. Als der Zug aus der Kirche von Araceli, wo eine Messe abgehalten wurde, in das Senatszimmer des Konservato⸗ ren⸗Palastes gelangt war, wurde dort zunächst zur Uebergabe der ferrareser Prachtfahne, die in diesen Tagen mit einer Deputation ein⸗ getroffen war, geschritten, dann zu der der Fahnen der vierzehn Re⸗ gionen, welche 42 Deputirte dem Präsidenten des Munizipiums, dem Kardinal Altieri, aushändigten. Einer derselben hielt eine Rede, welche mit dem Wunsche schloß, daß man fernerhin von Rom nicht blos sagen dürfe, es war, sondern auch es ist, worauf der Kardinal mit Gewandtheit antwortete und auf einen ähnlichen Schluß hinarbeitete, der die Verheißung gab: Rom war, ist und wird sein. Der Applaus war' natürlich groß und vermehrte sich noch, als er im Namen des Papstes an jene 42 Deputirte eben so viele Silber⸗Medaillen zum Andenken an diese denkwürdige Begebenheit vertheilte. Dann begannen die Wahlen. Es kam nicht mehr als die Terne des Senators zu Stande. In dieser trat der Liebling des Volkes, Fürst Corsini, mit 77 Stimmen voran, Fürst Borghese mit 66 und Dorig mit 60. Als dieses Re⸗ sultat kund wurde, erhob sich im Volk gewaltiger Jubel. Er war um so gröter, als man zur Mehrung des Mißvergnügens die Nachricht den Tag über verbreitet hatte, daß Fürst Orsint, der bisherige, we gen seiner Härte verhaßte Senator, wieder gewählt werden dürfte. In der That hatte er nach obigen Dreien die meisten Stimmen. Der Papst soll die Wahl Corsini's sofort gebilligt haben. Heute früh haben sich die hundert Räthe aufs neue versammelt, um die acht Konservatoren zu wählen, von denen zwei durch das Accessit zum Senator ihre Stimmen schon erhalten haben.

Florenz, 27. Nov. Vor einigen Tagen hatte der Comthur Hippolyt Vilain XIV. die Ehre, in einer Privat⸗Audienz Sr. Kaiserl. Hoheit dem Großherzog sein Beglaubigungs⸗Schreiben als Ministerresident des Königs der Belgier am toscanischen Hof zu überreichen.

Der hiesige französische Gesandte ertheilte kürzlich seinen hier wohnhaften Landsleuten den Rath, in die Reihen der toscanischen Bürgergarde einzutreten, auch wenn sie durch die Gesetze keine Ver⸗ bindlichkeit dazu haben sollten.

Die aus den Studenten hier, in Pisa und Siena, einem un⸗ längst erlassenen Ministerial-⸗Schreiben gemäß, zu errichtende Univer sitäts-Bürgergarde soll in jeder der genannten Städte ein Bataillon bilden, zu deren Obersten, zur Freude der studirenden Jugend, der Minister Marchese Ridolfi vom Großherzog ernannt worden ist. Ein zusammengetretener Verein von Architekten, Ingenieuren u. s. w. hat darauf angetragen daß aus demselben ein Geniecorps bei der Bürgergarde organisirt werden möchte. Der Großherzog hat auch bereits einer deshalb an ihn abgesandten Deputation eine willfährige Antwort gegeben und das Nöthige wegen der erforderlichen Unter⸗ richtsertheilung verfügt.

Aus Livorno vom 26. November schreibt man der Allg. Ztg.: „Es heißt seit gestern, daß die Zwistigkeiten mit Modena ausgeglichen seien. Bis jetzt ist noch nichts Offizielles bekannt ge⸗ worden. Unser Handel stockt, aber man hat unrecht, wenn man die⸗ ses allein der politischen Aufregung zuschreibt. Die Krisis in England ist die Hauptursache, denn die Kaufleute wollen weder Aufträge ge gen Tratten ausführen, noch die Banquiers deren nehmen; so sind auch die Sendungen nach Amerika im Stocken, da für dieselben meh⸗ rentheils Bankcourse auf England angewiesen werden. Mit Verwun⸗ derung empfangen wir übrigens aus Deutschland sorgliche Aeußerun⸗ gen über unsere eigene Sicherheit. Wir haben uns seit langen Jah ren rücksichtlich unserer persönlichen Sicherheit und der unseres Eigen⸗ thums nicht so ruhig schlafen gelegt, als seit kurzem, wo wir uns von uns selbst bewacht wissen. So sind denn auch Missethaten und Diebstähle seit kurzem viel seltener. Die Gleichgültigkeit im Volke, mit der man die Spitzbuben gewähren ließ, hat aufgehört, und ein besseres moralisches Gefühl ist in die Masse gedrungen, seit sie be⸗ greift, daß sie nur dadurch sich auf den Standpunkt der Nation er⸗ heben kann.“

Neapel, 25. Nov. (A. Z.) Gestern Abend wiederholte sich das Evviva⸗Rufen in einem so vermehrten Grade, daß nicht allein die Schloßwachen verdoppelt, sondern auch alles Militair in den Ka⸗ sernen zusammengezogen wurde. Auf dem Schloßplatze wogten ein paar Tausend Menschen auf und ab; man hörte dem Könige, Pius IX., dem Progresso, der Lega Italiana, der Preßfreiheit Lebehochs brin⸗ gen mit Händeklatschen, Singen und Schreien. Auch auf dem To⸗ ledo und dem Largo di Castello war großes Gedränge von Leuten, welche den mittleren Ständen, keinesweges den Lazaroni angehörten. Da es galt dem Könige eine Huldigung zu bringen, und da derglei⸗ chen Auftritte in der Residenz, gehörig dargestellt, in der Provinz eine kalmirende Wirkung hervorbringen müssen, so ists begreiflich, daß Nie⸗ manden ein Leid geschah. Die Verhältnisse zwischen König und Volk sind jedoch noch immer sehr eigenthümlicher Art, gleichsam aus Furcht und Hoffnung, aus Mißtrauen und Wohlwollen zusammengesetzt. Solcher Zusammensetzung hat man auch die plötzliche Eröffnung einer neuen Schloßwache neben dem S. Carlo⸗Theater und deren Be⸗ setzung mit ungefähr 50 Husaren zu danken. Der Enthusiasmus trägt den intermittirenden Fieber-Charakter, und da die ersten Pa⸗ roxrysmen am 22. und 24. November stattfanden, so dürfen wir erst morgen Abend, 26. November, den dritten Anfall erwarten. Da sollen dann auch zahlreiche Kavallerie⸗Patrouillen die Straßen durch⸗ streifen, während gestern nur Gendarmerie, schweizer und andere Trup⸗ pen auf den Beinen waren. Wenn auch ein lebhaftes Evviva⸗ Schreien gern gesehen wird, so ist man doch bis zur heutigen Stunde

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auf die Lega Italiana und die Preßfreiheit zu Neapel noch gar nicht gefaßt gewesen.

Beleuchtung der Schutzzoll⸗Theorie

des Herrn Dr. von Hermann. e

Die Elberfelder Zeitung theilt in zwei außerordentlichen Beilagen vom 15. und 10. November (Nr. 316 und 317) einen voll⸗ ständigen Abdruck der Erwiderung mit, welche der Professor und Mi⸗ nisterial-Rath Herr Dr. von Hermann zu München der Schrift des Herrn Dr. Dönniges: „das System des freien Handels und der Schutzzölle, mit vorzüglicher Rücksicht auf den deutschen Zollverein, Berlin, 1847“, hat zu Theil werden lassen. Diese Entgegnung nimmt schon nach der literarischen Bedeutung und amtlichen Stel⸗ lung ihres Verfassers eine mehr als gewöhnliche Aufmerk⸗ samkeit in Anspruch, außerdem erklärt die Elberfelder Zeitung, eine eifrige Vertheidigerin der Schutzzölle, jene Kritik für das Beste, was sie über die wichtige Frage des Freihandels und der Schutzzölle ihren Lesern zu bieten vermöge, und ein ehrenwerthes Mitglied der bayerischen Kammer der Abgeordneten hat in der Sitzung vom 24. November l. J. zu jener Aeußerung eines hochgestellten Beamten des zweiten Zollvereins⸗Staates seinem Lande feierlich Glück ge⸗ wünscht.

Auch wir, obschon keinesweges mit den von Herrn Dr. von Hermann gewonnenen Resultaten einverstanden, heißen jene Aeuße⸗ rung in mehrfacher Hinsicht willkommen.

Zunächst ist uns eine gewisse Empfindlichkeit über die in neuerer Zeit hier und da wider die süddeutschen Staaten und die Anhänger der Schutzzölle erhobenen Anschuldigungen zwar etwas unerwartet, aber deshalb nicht minder erfreulich gewesen. Wer da weiß, mit welcher Heftigkeit eine zwar nicht allzu große, aber äußerst betrieb⸗ same Anzahl von Tagesschriftstellern die angeblich von Preußen ver⸗ tretene Handels-Politik mit Vorwürfen aller Art überschüttet hat, wer sich vergegenwärtigt, wie namentlich das in Augsburg, also in nächster Nachbarschaft des Verfassers der Entgegnung, erscheinende Zollvereinsblatt nicht müde geworden ist, alle diejenigen, die dem allein seligmachenden Glauben an die Heilkraft der Schutzzölle für alle irdischen Uebel nicht zugethan sind, mit den gehässigsten Schmähungen zu verfolgen, der muß al⸗ lerdings sich lebhaft an den bekaunten Satz erinnert fühlen, daß Niemand Prophet in seinem Lande ist, wenn er von Herrn Dr. von Hermann die im Verhältniß zu den Schimpfreden eines List und seiner Schaar doch nur geringen Leistungen einiger Freihandelsmänner so hoch aufgenommen sieht. Wir würden uns aber gar sehr freuen, wenn alle Freunde der Schutzzölle gleich lebhaft die hier und da wi⸗ der sie gerichteten Verunglimpfungen empfänden, weil in Folge dessen wohl zu hoffen stände, daß die widerwärtige Art und Weise, in wel⸗ cher gerade ihrerseits die Diskussionen über Schutzzölle geführt wor⸗ den sind, endlich allgemein beseitigt, daß die gegenseitigen Ansfeindungen zwischen den süddeutschen und norddeutschen Staaten aufhören, daß wir seitens der Regierungen, so auch im Publikum bei den auf eine Aenderung des Zollvereins-Tarifs gerichteten Vorschlä⸗ gen und Maßnahmen, nur das Gewicht der für oder wider die frag⸗ liche Maßregel sprechenden Gründe abgewogen würde, gleichviel, ob der Vorschlag von Bayern oder von Preußen, von Württemberg oder von Sachsen ausgegangen ist. *)

Zu der Entgegnung des Herrn Dr. von Hermann muß man sich jedoch vorzüglich deshalb Glück wünschen, weil wir hier dem Versuche, die Vorliebe für Schutzzölle theoretisch zu begründen und praktisch zu erläutern, das „vage Hin- und Herreden“ zu beseitigen, bei einem mit der Theorie der Staatswirthschaft vollkommen vertrau⸗ ten Manne begegnen. Einen derartigen Gegner kann man durch Bekäm⸗ pfung seiner Gründe entweder regelrecht widerlegen oder ihn bereitwillig als Sieger anerkennen, sofern etwa die Widerlegung nicht gelingen sollte. Möchten nur recht viele Verehrer der Schutzzölle dem Beispiele der Elberfelder Zeitung folgen und die Aeußerungen des Herrn Dr. von Hermann für das Beste erklären, was sie über diese wich⸗ tige Frage mitzutheilen im Stande sind!

Der oft erwähnte Artikel zerfällt in zwei Abschnitte, einmal in die belehrende und zurechtweisende Beurtheilung der Schrift von Dönniges, dann in die Erörterung der Gränzen, „inner denen ein Schutzzoll der Volkswirthschaft Vortheil verspricht oder Nachtheil droht“. Nur mit dem letzteren Abschnitte beabsichtigen wir uns hier zu beschäftigen. Herr Dönniges bedarf unserer Hülfe nicht und wird selbst am besten wissen, inwieweit er die gegen ihn erhobenen An⸗ griffe abzuwehren im Stande und geneigt ist.

Bevor wir aber die von Herrn Dr. von Hermann aufgestellten Ansichten im Einzelnen erörtern und die Beispiele, wodurch er in dankbar anzuerkennender Weise seine Theorie erläutert hat, näher be⸗ leuchten, mag hier die allgemeine Bemerkung Platz finden, daß Herr Dr. von Hermann sowohl in den Irrthümern, die gerügt, als in den Regeln, die aufgestellt werden, das Hauptgewicht auf die Verbes⸗ serung des Looses der Arbeiterklasse legt. Es ist hauptsäch⸗ lich ihr Wohl, dessen Förderung er von der Beibehaltung und Er⸗ weiterung der Schutzzölle erwartet und gegen welches ihm der etwa für die übrigen Einwohnerklassen sich ergebende Nachtheil von unter⸗ geordneter Bedeutung ist.

Es wäre eine lehrreiche Aufgabe, die Phasen zu erforschen und zu schildern, welche die Vertheidigung der Schutzzölle vor und nach durch⸗ laufen hat, wenn sie aus einer Stellung vertrieben sich in eine andere Stellung zu werfen genöthigt wurde. Man würde erkennen, daß die Waffen häufig mit Rücksicht auf die gerade vorherrschende Zeitrichtung gewechselt haben, daß zwar das Mittel die Schutzzölle so ziemlich dasselbe geblieben, daß dagegen der dadurch zu erreichende Zweck gar manchen Wandlungen unterworfen gewesen ist. Die Schrif⸗ ten des Dr. List haben den unbestreitbaren Erfolg, den sie zum Erstaunen so Vieler erlangten, welche über die wissenschaftlichen Mängel die politische Bedeutung seines Buches übersahen, großentheils dem Umstande zu verdanken gehabt, daß List mit bedeutendem Geschick das in Deutsch⸗ land neu erwachte Gefühl der Nationalität und die weitverbreitete Abneigung gegen die Büreaukratie seinen Zwecken dienstbar gemacht, daß ein Theil seiner eifrigsten Anhänger in Vertheidigung der Schutz⸗ zölle die Büreaukratie zu bekämpfen, die Nationalität zu fördern glaubte. Herr Dr. von Hermann hat nun nicht allein die noch fort⸗ tönende und hoffentlich nicht so bald verklingende nationale Saite angeschlagen, er hat vor Allem mit der Verbesserung des Looses

*) Nach Herrn De. von Hermann hat übrigens, beiläufg bemerkt, eine solche Divergenz zwischen den Vereins Regierungen, wie sie das Pu⸗ blikum häufig vorausgesetzt hat, keinesweges bestanden; die preußische Regie⸗ rung hat vielmehr, seiner Schilderung nach, so ziemlich den größten Eiser gezeigt, den inländischen Gewerbfleiß durch Schutzzölle zu fördern, ann. es gewesen wäre, die den Zoll auf Roheisen in Antrag gehroeht vgeeh 4 Rthlr. Twistzoll mit 3 Rthlr. Rückzoll für erportirte Baumwr ten nane⸗ ren vorgeschlagen hat. Ob in dieser gewissermaßen amalchen sehr an⸗ lung ein spätes Anerkenntniß der Bemühungen der lesc., Feese Darstellung gefeindeten preußischen Regierung zu finden, oder ob eimn Seundpunkte ge⸗ doch nicht so ganz dem mit Recht gepriesenen historischen b mäß sei, wagen wir nicht zu entscheiden.