schluß der kommerziellen Verhältnisse Oesterreichs an Deutschland, gegrün⸗ det auf politische Einheit, und erklärten sich dafür. Auch von dem gegen⸗ wärtigen Handelsminister Oesterreichs erwartet der Redner nur För⸗ derung, keine Hindernisse der Identifizirung des deutschen mit dem österreichischen Interesse, so daß er denn dringend darauf besteht, daß Oesterreich nicht von Deutschland abgetrennt werde. Was die beson⸗ dere Stellung Sachsens zur Kaiserfrage anlange, so müsse er, Herrn Biedermann gegenüber (was dieser gar nicht geleugnet hat), es aus⸗ sprechen, daß dort Niemand sei, der die Minister Braun und Ober⸗ länder nicht für vollkommen deutsche Männer halte. Zähle man die Majorität nicht mehr nach Köpfen, so wisse er (der Redner) nicht, wonach man sie ermitteln solle. Von 125 Kammermitgliedern in Sachsen aber sind nur 14 nicht aus dem Schooße der Partei hervorgegangen, die von den Vaterlandsvereinen vertreten werde, und diese Vereine haben gegen §. 1 des vorliegenden Verfassungs⸗ Abschnitts Widerspruch erhoben. Sachsen ist ein wesentlich industrielles Land. Es ist auch ein gut protestantisches Land, stolz darauf, daß aus ihm die Reformation hervorgegangen, und zuͤgleich tief betrübt darüber, daß der Platz, wo ie Wiege der Reformation gestanden, nicht mehr zu Sachsen gehört. Eine Neigung für Preußen ist nicht vorhanden und für das preußi⸗ sche Kaiserthum. Aber ich will nicht sächsisch reden, sondern eben nur deutsch, durchaus deutsch, und von diesem Standpunkte empfehle ich Ihnen den Mayfeldschen Verbesserungs⸗Antrag.
Karl Welcker: Ich habe nur einen Zweck vor Augen, daß ir keine der deutschen Großmächte von unserem Reiche ausschlie⸗ en, und daß wir das Vaterland nicht zerstückeln. Daher habe ich n Verfassungs⸗Ausschusse vorgeschlagen, daß die Oberleitung der
deutschen Angelegenheiten zwischen Oesterreich und Preußen sechsjäh⸗ rig wechsele. Kein Volksstamm darf der erbliche Herrscher des anderen sein, und hätte mein Vorschlag, nach welchem Preußen sogleich den Anfang machen und zunächst die Regierung führen sollte, Annahme gefunden, so wäre die Gefahr der Theilung Deutschlands, die Gesahr des Bürgerkrieges vermieden worden.“ Herr Welcker beklagt sodann die Einmischung der Leidenschaften in diese Frage und warnt vor jeder heftigen Wallung, die den Blick verwirren könnte. Dies bringt einen ganz eigenthümlichen Eindruck hervor, da eben die Stimme selbst, die vor der Leidenschaft warnt, von dem allerleidenschaftlich⸗ sten und heft gst eifernden Charakter ist. Nach Welcker's zornglühen⸗ der Meinung steht dem Eintritte Oesterreichs in den deutschen Bun⸗ desstaat auch gar kein Hinderniß entgegen. Auch nicht nach dem Programm von Kremsier. Was sind kleine Abweichungen von unse⸗ rer Verfassung, von unserem Hrerwesen, die wir den Oester⸗ reichern werden gestatten müssen, gegen den unermeßlichen Vortheil des Zusammenhalts? Das Aufgeben eines theoretischen Krams gegen die lebendige Wirklichkeit, weiter nichts. Wie oft hat Oesterreich für Deutschland gekämpft, ohne das wir nicht blos fran⸗ zösisch, sondern sogar türkisch geworden wären! An ein Schutz⸗ und Trutz⸗Bündniß denke man, an eine Union der materiellen In⸗ teressen? Wen man ausstoße, den verbinde man sich nicht. Es ist eine Täuschung unseres guten Volks, wenn man ihm sagt, Oester⸗ reich könne und wolle nicht zu uns. Die Art ist freilich etwas konfus, in der Herr Welcker den Beweis dafür liefert, allein sie erhält einen lebhaften Applaus derselben linken Seite des Hauses, von der der Redner bisher nur verhöhnt zu werden gewohnt war. Nicht blos nicht austreten wolle Oesterreich — es könne sogar gar nicht bestehen ohne Deutschland, wenn es nicht slavisch werden, wenn es nicht dem russischen Einflusse verfallen wolle. Die Rückkehr und den Sieg der österreichischen Politik in unserer Mitte, wenn dies Reich bei uns bleibt, wird doch ein deutsches Parlament nicht fürchten? Dann thäte es mir leid um dies Parlament. Und ist denn die österreichische Politik so arg gewesen, als sie uns geschil⸗ dert wird? Selbst die Politik Metternich's wird über Gebühr ver⸗ leumdet, was Herr Welcker mit den Veröffentlichungen aus der Mappe eines alten Diplomaten zu belegen sucht. Die Zerstückelung Deutschlands in zwei Hälften wäre ein Durchschneiden des organischen Lebens. Die Nationen, der einzelnen Staaten Deutschlands hätten keine Existenz neben dem erblichen Kaiserthum und anstatt des Par⸗ laments von Frankfurt würde das Parlament von Berlin herrschen. Habe man aber die Einzelstaaten wegräumen wollen zu Gunsten des Einheitsstaats, warum habe man denn nicht die rothen Repubikaner darauf losgelassen? (Jubel von der Linken.) Die Republi. kaner sodann hätte man ja mit einer Reichsarmee wieder bändigen können. Auch das Sprichwort, „mit Speck fängt man Mäuse“, liegt der parlamentarischen Sprache des Herrr Welcker nicht zu niedrig, um es aufzunehmen und gegen die preußische Erblichkeit zu verwen⸗ den. Auch die Stärke, die Sie für Deutschland zu begründen ge⸗ denken, ist nur eine Täuschung. Das katholische Deutschland würde beständig gegen das protestantische konspiriren. Am meisten scheint der Redner selber das preußische Erbkaiserthum zu hassen. Denn, um nur letzteres zu vermeiden, würde er se bst dem Rotenhanschen Direktorium seine Stimme geben. (Stürmischer Beifall von der Linken.) Frei wollt ihr sein und wisset nicht gerecht zu sein! Dies Wort des Franzosen ruft Welcker am Schlusse denjenigen in der Ver⸗ sammlung zu, die Deutschland von Oesterreich ablösen wollen.
Wernher von Nierstein. Er entlehnt die Gründe, die ihn zu
der Forderung eines erblichen Kaiserthums bestimmen, der Geschichte der Rheinlande und der Gestalt, welche dort die Verhältnisse seit Anfang dieses Jahrhunderts angenommen. Das linke Rheinufer will nicht die Republik, aber es verlangt große Standpunkte, weite Aus⸗ sichten im Staate. Geben Sie Deutschland eine feste Verfassung, machen Sie, daß es seine Größe habe, und Sie werden gerade an uns von jenseits des Rheins die treuesten Anhänger besitzen.
Siemens aus Hannover: Wir haben keine pa iikularistischen
Interessen, wird sind für die Einheit jedes Opfers fähig und auch einem preußischen Kaiserthum würde unsererseits kein Hinderniß ent⸗ gegenstehen. von Lassaulr aus München: Die Lebensdauer gro⸗ ßer Reiche pflegt 1000 Jahre zu sein. Wie aber das echte Rom eine unechte Fortsetzung in Konstantinopel gefunden hat, so scheine man das in Wien abgestorbene Reich Karl's des Großen in Berlin wieder aufleben lassen zu wollen. Das ist nun nicht nach Herrn von Lassauly's Sinne. Wollen wir einen deutschen Kaiser, so sei's der gon Oesterreich, und er trete zu uns mit seiner ganzen Macht, mit allen Nationalitäten seines Reichs. Auch dem Herrn von Lassaulr wir der lebhafte Beifall der Linken gespendet, den er nur dadurch etwas verscherzt, daß er mit dem jugendlichen Kaiser von Oesterreich auch dessen „große Feldherren“ zu uns herüberziehen will. Er ist für ein Direktorium, durch das er die wirkliche Macht Deutschlands zu begründen hofft. — Die Sitzung schließt gegen 3 Uyhr, um mor⸗ gen fortgesetzt zu werden.
Frankfurt a. M., 17. Jan. (O. P. A. Z.) Dem Großher⸗ zoglich badischen Bevollmüchtigten ist vorgestern nachstehendes Schrei⸗ ben vom Präsidenten des Reichsministerrathes zugegangen: „Der Reichsverweser hat von der Erklärung Kenntniß genom⸗ 7 87272 7 I. 7 men, durch welche Se. Königl. Hoheit der Großherzog von Baden den Entschluß ankündigt, sich einem einzigen und selbst erblichen Ober⸗ haupte, wenn ein solches an die Spitze des deutschen Bundesstaa⸗ tes gestellt werden sollte, in den großen gemeinsamen deutschen Angelegenheiten nach den Verfassungs⸗Bestimmungen, wie sie endgültig zu Stande kommen werden, unterzuordnen. In die⸗
120 ser hochherzigen Erklärung hat der Reichsverweser mit inni⸗ ger Freude eine starke Bürgschaft des Gelingens des seiner Obhut anvertrauten Werkes erkannt. Als der erste Ver⸗ treter der nationalen Einheit Deutschlands, hat er den Un⸗ terzeichneten mit dem Auftrage beehrt, bei Sr. Königlichen Hoheit den Ausdruck des Dankes zu übernehmen, in wel⸗ chem das ganze Vaterland übereinstimmen wird. Das badische Für⸗ stenhaus hat sich ein neues und unvergängliches Anrecht auf die Liebe des Volks erworben, indem es seinen Namen einzuzeichnen eilte auf derjenigen Tafel der gemeinsamen Geschichte, an welcher fortan, wenn die Hoffnung der Einigung nicht scheitert, die theuersten Erinnerun⸗ gen des deutschen Volks haften. Ganz Deutschland wird dem badi⸗ schen Lande und seinem Fürsten zu dem gegebenen Beispiele Glück wünschen; und was jetzt als ein Opfer empfunden werden mag, da⸗ für wird hoffentlich eine nahe Zukunft weit höheren Ersatz bieten in dem Antheil, welcher den Fürsten Deutschlands an der Kraft und Würde des Ganzen zufallen wird. Die Zeit der Schwäche und Zer splitterung Deutschlands kann nicht dir Zeit des echten Glanzes deut⸗ scher Fürstengeschlechter sein. Der Untetzeichnete bittet den Heirrn Bevollmächtigten für Baden, diese Erwieverung zur Kenntniß des Großherzegs zu bringen. Frankfurt a. M., den 13. Jannar 1849. I1“
Aus Tübingen ist eine von den meisten Universitäts⸗Lehrern und Mitgliedern des Gerichtohofs, von vielen Bürgern und Studenten unterzeichnete Adresse an die National⸗Versammlung eingegangen, worin die Uebertragung der Kaiserwürde an Preußen als der einzige Weg bezeichnet wird, auf welchem Deutschland eini d mächtig werden könne. 8 —
Oesterreich. Wien, 17. Jan. (Lloyd.) Das kaum fest⸗ gewordene Donaueis setzte sich gestern Morgen in Bewegung, bis es unterhalb Wien zum Stocken kam und den Kanal der Art an⸗ füllte, daß bei der Ferdinands-Brücke nur ein schmaler Wasserstrom zwischen den Eismassen sichtbar blieb. Die ganze Jägerzeile war 2 Fuß tief unter Wasser. Im Rothen⸗Thurmthor stand das Wasser 1 Fuß hoch. Von der Donau⸗Brücke wuden mehrere Joche weg⸗ geristen. Da das Wasser um halb 3 Uhr noch im Steigen war, verbreitete sich große Angst bei den vielen Betheiligten der Leopold stadt, die, kaum dem Fener entgangen, nun von dem entgegengesetz⸗ tin Elemente heimgesucht werden. Abends 6 Uhr wurde die Wasser⸗ gefahr immer drohender. Heute Morgen schien das Wasser wieder zurückzutreten, stieg jedoch Mittags wieder so hoch, daß der Fisch⸗ markt unter Wasser gesetzt wurde.
Bayern. Nürnberg, 15. Jan. (A. Z.) In Folge des vergaugene Nacht eingetretenen Thauwetters und heftigen Regens schwoll heute nach Mitternacht die Pegnitz zu einer solchen Höhe an, wie man sie hier noch nicht erlebte. Man spricht als bestimmt da⸗ von, daß mehrere Menschenleben verloren gegangen sind, die Verluste in den dem Flusse naheliegenden Waarenlagern müssen bedeutend sein, da diese bei der unerwartet reißend anwachsenden Wassermasse nicht geräumt werden konnten. Ein gleiches Schicksal traf wohl auch einen großen Toeil des Inhaͤlts der auf der Insel Schütt aufgestell⸗ ten Meßbuden. Ein Arbeiter wurde, nachdem er in einem fast ganz mit Wasser angefüllten Mühlengang mehrere Stunden in einer ver⸗ zweifelten Lage zugebracht hatte, durch einige entschlossene Männer mit höchster eigener Gefahr gerettet.
1 Sachsen. Dresden, 18. Jan. (D. A. Z.) In der hen⸗ tigen ersten öffentlichen Sitzung der zweiten Kammer befanden sich auf der Registrande mehre Königliche Dekrete über Finanzgegenstände, darunter eines, die Erhöhung der Grundsteuer um 2 Pfennige von jeder Einheit betreffend. Präsident Hensel schlägt die Wahl einer aus sieben Mitgliedern bestehenden Finanzdeputation zur Begutach⸗ tung der eingegangenen Dekrete vor, was einstimmig genehmigt wird. Die Wahl soll morgen ersolgen. Nach Vortrag der Regi⸗ strande interpellirt Vice⸗Präsident Tzschirner das Ministerium auf Vor⸗ legung des dem Gesandten von Könneritz hinsichtlich R. Blum's abzu⸗ fordern gewesenen Rechenschaftsberichts, da die Kammer nicht würdi⸗ ger ihre Verhandlungen beginnen könne, als mit dem Andenken an Robert Blum. Zugleich wünscht er Auskanft, was in dieser Angelegen⸗ heit sonst vom Ministerium geschehen sei. Staats⸗Minister v. d. Pfordten: Der Abgeordnete komme dem Ministerium nur entgegen, da der Rechen⸗ schaftsbericht des Gesandten auch ohnedem vorgelegt worden sein würde; er erwarte nur noch die Abschrift von einigen Aktenstücken aus Frankfurt, deren Abgang ihm bereits angezeigt sei, so daß er jedenfalls nächste Woche auf die Interpellation werde antworten kön⸗ nen. Die Kammer ist damit einverstanden. Zuletzt erwähnte der Präsident, daß nach der neuen Geschäftsordnung die Kammer in der ersten Sitzung darüber Entschließung zu fassen habe, ob eine Adresse erlassen werden solle oder nicht, und fragte, ob Jemand das Wort darüber begehre. Alles schweigt. Endlich erhebt sich der Abg. Fincke aus Crimmitzschau und stellt den Antrag: „Die Kammer beschließt, unter den obwaltenden Umständen von ihrem Recht, eine Adresse zu erlassen, für diesmal keinen Gebrauch zu machen.“ Der Antrag wird fast einstimmig unterstützt, nur einige Mitglieder der Linken und Rech⸗ ten erheben sich nicht. Der Präsident fragt, ob Jemand über den Antrag zu sprechen wünsche? Wieder allzemeines Schweigen. Der Antrag wird einstimmig angenommen und die Sitzung geschlossen. Auch die erste Kammer hat heute auf Antrag eines Abgeordneten einstimmig beschlossen, von Erlassung einer Adresse auf die Thronrede abzusehen.
Württemberg. Stuttgart, 17. Jan. (Schwäb. M.) Hier ist nachstehende Verfügung sämmtlicher Ministerien in Betreff der Einführung der Grundrechte des deutschen Volkes erschienen:
„Das von der deutschen National⸗Versammlung beschlossene, im Reichs⸗ Gesetzblatt vom 28. Dezember 1848 verkündigte Gesetz, betreffend die Grundrechte des deutschen Volkes, ist, gleich allen Reichsgesetzen, dem württem⸗ bergischen Regierungsblatte vom 31. Dezember 1848 beigelegt worden, und es erhalten hierdurch diejenigen Bestimmungen jenes Gesetzes, welche sogleich ins Leben treten sollen, mit dem 17. Januar 1849 für Württem⸗ berg verbindende Kraft. Indem wir auf Allerhöchsten Befehl Sei⸗ ner Majestät des Königs dem württembergischen Volke dieses mit dem Bemer ken eröffnen, daß die übrigen Bestimmungen des Gesetzes nach Maßgabe des Einführungsgesetzes spaͤter und längstens binnen 6 Monaten in Kraft treten werden, sprechen wir die zuversichtliche Hoffnung aus, dieses erste große Werk der deutschen National⸗Versammlung werde das Wohl und die ge⸗ setzliche Freiheit Deutschlands, und somit auch Württembergs, dauernd be⸗ gründen und wesentlich dazu mitwirken, daß den verschiedenen deutschen Volksstämmen nicht nur die Freiheit gewonnen sei, sondern auch die natio⸗ nale Einheit. Im Interesse der nöthigen Gleichförmigkeit in der Anwen⸗ ag 8 Grundrechte des deutschen Volkes, soweit diee nach Art. 1 des Felges bebcscsts⸗ mit dem 17, Januar 1849 Wirkung erhalten, wird vorrechte aufg vdtsn sags. 4 Da der Adel als Stand und alle Standes⸗ weche das gefe bleben/ 12. 1 auf 86s öffentlichen und die Privatrechte,
gerlichen einräumte namenältes biecc 2;e g⸗ Ctteh en; 89S bür⸗ gcg Steuerbeiträgen —2 9. 8 8 “ von 88 Einquartierung und
Vereidung der Verweller 1-”n 1 9 Einsprache bei Bürgerannahmen, die
ben für künftig enistehende Ford heinggtec 8. dffn See cen se-
tairpflicht fällt nach dem Zehr. Fzo PhesWehr h Hefteihet Mln⸗ adeligen Justiz disc poliz ußsatze des Paragraphen weg. Die Aufhebung der zeiverwaltung oder der Surrogate derselben, des
privilegirten Gerichtsstandes und der ständischen Verkretung, wird durch das Gesetz geregelt. (§§. 35, 41 der Grundrechte, Art. 3, Ziff. 8 und Art. 8 des Einführungsgesetzes.) Die Bestimmungen des Strafgesetzbuches Art. 33, 2) und des Poltzeistrafgesetzes Art. 17, soweit Letzteres sich auf adelige Standestitel bezieht, finden keine Anwendung mehr. Zu §. 8. Die Vor⸗ schrift wegen der Haftsbefehle bezieht sich nur auf Untersuchungs⸗Gefangene der nicht militairischen Gerichte. Die Ausführung eines nöthigenfalls mit Gewalt zu vollziehenden Vorführungsauftrages gegen einen Verdächtigen oder Zeugen ist von der Verhastung zu unterscheiden. In dem Haftsbe⸗ sehle, welcher dem auf Anordnung des Gerichts zur Haft gebrachten Verdächtigen in den ersten 24 Stunden zugestellt werden muß, brau⸗ chen die Verdachtsgründe nicht im Einzelnen ausgeführt zu sein. Das Konzept des Befehls ist zu den Akten zu bringen, und auf demselben sind die Art und die Zeit der Zustellung zu bemerken. Hiernach und durch die weiteren Bestimmungen, daß es im Falle der Ergreifung auf frischer That keines Haftbefehls bedarf, sind die Art. 161 und 172, Abs. 1 der Strafprozeß⸗Ordnung abgeändert. Wird ein flüchtiger oder abwesender Verdächtiger auf Veranstaltung des Gerichts eingeliefert, so laufen die 24 Stunden erst von der Zeit seiner Einbringung an. So lange die Verwaltungsstellen noch mit Strafgewalt versehen sind, haben sie rücksicht⸗ lich der Verhaftung der ihrer Strafgewalt unterworfenen Verdächtigen das Gleiche wie die Gerichte zu beobachten. Wenn endlich das Gesetz die Entlassung eines Angeschuldigten gegen Sicherheitsleistung oder Bürgschaft vorschreibt, gegen welchen keine dringenden Anzeigen eines schweren Ver⸗ brechens vorliegen, so ist nicht zu übersehen, daß dies die Voruntersuchung, ehe der Verdächtige in den Anschuldigungs⸗ oder Anklagestand versetzt ist, nicht berührt Zu §. 10. 1) Die Gründe des richterlichen Befehls sind aus Art. 239 der Strasprozeß⸗Ordnung zu entnehmen. Zu §. 11. Der hier genannte richterliche Befehl ist dem auf freiem Fuße befindlichen Verdächtigen zu eröffnen, ohne Rücksicht, ob ein Nachtheil für die Untersuchung entstehen kann: wodurch der Art. 250 der Strafprozeßordnung abgeändert ist. Zu §. 16. Sämmtliche Benachtheiligungen und Unterschiede des öffentlichen und Privatrechts, welche die Gesetze bisher an das Bekenntniß einer anderen Religion, als der drei christlichen Konfessionen, knüpften, sind aufgehoben. Insbesondere findet hiernach die Mehrzahl der in der ersten Abeheilung des Gesetzes vom 25. April 1828 über die bürgerlichen Verhältnisse der Israeliten enthaltenen Bestimmungen keine Anwendung mehr. Nur die in den Artikeln 2, 3, 4, 6, 8, 21, 31, 39, 41 dieses Gesetzes enthaltenen Vorschriften, welche die bürgerliche Gleichstellung und Verschmelzung der Israeliten bezwecken, blei⸗ ben in Kraft, eben so die in Art. 9 und 10 dieses Gesetzes enthaltenen Vorschriften über Aufenthalt und Einwanderung der armen außerdeutschen oder einem anderen deutschen Staate angehörigen Israeliten, für Letztere jedoch nur so lange, bis die in §. 3 der Grundrechte und in Art. 1 Zif⸗ fer 2 des Einführungsgesetzes verheißenen Reichsgesetze erschienen sind. Nachdem übrigens durch die Grundrechte die bisher an die Uebersiedelung und den Scha⸗ cherhandel der Israeliten geknüpften besonderen Beschränkungen aufgehoben sind, ist es nöthig, die gesetzlichen Vorschriften über unfreiwillige Aufnahme ins Bürgerrecht uͤberhaupt und die Frage, ob und welche Beschränkungen an die Betreibung einiger Arten des Schacherhandels für alle Staatsange⸗ hörigen zu knüpfen seien, einer ungesäumten Prüfung im Gesetzgebungswege zu unterwerfen. Zu §. 42. Der Art. 31 dei Strasprozeß⸗Ordnung wird durch den Inhalt dieses Paragraphen nicht berührt.
Stuttgart, den 14. Januar 1849.
Der Vorstand des Justiz⸗Departements, Römer. Der provisorische Vorstand des Departements der auswärtigen Angelegenheiten, Roser. Der Vorstand des Deopartements des Innern, Duvernoy. Der stellvertretende Vorstand des Departements des Kirchen⸗ und Schulwesens, Schmidlin. Der Vorstand des Kriegs⸗Deßartements, Rüpplin. Der Vorstand des Finanz⸗Departemen!s, Goppelt.“)
Das Regierungsblatt vom 16. Janaar enthält das Gesetz, wonach zur Herausgabe von Zeitungen und Zeitschriften jeder Art die Einholung einer Konzession der Regierungsbehörden nicht erfor⸗ derlich ist und alle entgegenstehenden Bestimmungen, welche eine solche vorschreiben, außer Wirkung treten. Der in dem Sporteltarif vom 23. Juni 1828 für die Erlaubniß zur Herausgabe von politischen Zeitschriften vorgeschriebene Sportel⸗-Ansatz von 20 Fl. findet nicht mehr statt. Diejenigen Sporteln für Konzessionirung politischer Zeit⸗ schriften, welche seit dem 1. März v. J. angesetzt worden sind, dür⸗ fen nicht mehr eingezogen werden und sind, wo sie bereits bezahlt wurden, zurückzugeben.
Stuttgart, 16. Jan. (Schwäb. Merk.) Der ungemein hohe Wasserstand des Neckars und seiner Nebenflüsse hat gestern auch auf den sonst so regelmäßigen Betrieb unserer Eisenbahn Einfluß ge⸗ habt. Die Züge von Süßen kamen etwas verspätet hier an, die Reisenden mußten in Altbach ween einer Beschädigung des Bahn⸗ körpers durch den Ort gehen. Auf der Richtung Stuttgart⸗Heilbronn war den Vormittag die Verbindung in Folge eines Durchbruches zwischen den Stationen Nordheim und Heilbronn gehemmt. Der Neckar hatte dort eine überwölbte Dohle gesprengt und so einen Riß in der Breite von etwa 15 Fuß gemacht, so daß der erste Zug von Heilbronn nicht herauf gelangen konnte. Schon im Laufe des Vor⸗ mittags wurde durch Balfen eine Brücke bereitet, über welche die Reisenden zu Fuß gehen und dann jenseits von einem anderen Zug aufgenommen werden. Auf diese Art war schon Mittags die Ver⸗ bindung wieder hergestellt, die Abendzüge gingen ungehindert ab, und heute früh wird der Fahrtenplan wieder ganz eingehalten. Die heu⸗
tigen Frühposten sind eingetroffen. Die ulmer Post fehlt Mittags 12 Uhr noch.
Schleswig⸗Holstein. Schleswig, 17. Jan. (H. C.) Das Büreau der schkeswig⸗holsteinischen Landes⸗Versammlung hat gestern Abend beschlossen, die Landes⸗Versammlung auf den 26sten d. zu konvoziren, so daß sie also Freitag über acht Tage, Mittags 12 Uhr, hier zusammentreten wird. 8
Die mit 600 Unterschriften versehene Adresse aus Flensburg, welche der National⸗Versammlung durch den Abgrordneten Francke gestern übersandt werden ist, lautet:
„An die hohe National⸗Versammlung in Frankfäurt. Bereits zweimal, im August und Dezember v. J., haben sich zahlreiche Einwohner der Stadt Flensburg in Adressen an die hohe National⸗Versammlung gewandt; durch den Hinblick auf die bevorstehenden Friedens⸗Unterhandlungen finden wir uns gedrungen, nochmals das Schicksal des Herzogthums Schleswig dieser hohen Versammlung ans Herz zu legen. Nach den bisherigen Ereignissen können wir als gewiß voraussetzen, daß das Streben der dänischen Regie⸗ rung hauptsächlich darauf gerichtet sein wird, dem Herzogthume Schleswig das zu entreißen, wofür das schleswig holsteinische Volk sich einmüthig. erho⸗ ben, was als unzweifelhaftes Recht des Herzogthums Schleswig, wie des Herzog⸗ thums Holstein, feststeht, wie solches vom ganzen Deutschland anerkannt worden: die innige Verbindung beider Herzogthümer mit einander, das Recht derselben auf eine gemeinsame Regierung, auf eine gemeinsame Verfassung. Jede andere Stel⸗ lung Schleswigs, wie dieselbe immer werden mochte, wuürde niemals zur Beruhigung der Gemüther gereichen, keine Gewähr für die Dauer des Friedens in sich enthalten; es würde durch jede andere, scheinbar noch so selbstständige Stellung Schleswigs dem Gelüste der Dänen neue Nahrung dem nationalen Bewußtsein der Schleswiger keine Befricdigung gewährt werden. Damit aber Schleswigs innige Verbin ung mit, Holstein unge⸗ schmälert bleibe und vor neuen feindseligen Angriffen 1ö“ es kein anderes Mittel geben, als daß die bisherige nationale, Sn iiig 1/ zwi 1 voß rutschen Vaterlande durch förmliche Aufnahme Schleswigs mit dem großen deutschen Vaterlande L“ Schleswigs in den deutschen Siaatsverband noch stir s 9 Schleswig⸗Holstein ungetheilt und auf gleiche Weise Thet 8. 8 san Ban⸗ zen werde. Demnach bitten wir die hohe National⸗Versammlung drin⸗
end: 1“ 1
8 dieselbe wolle darauf hinwirken, daß bei einem etwanigen Friedens⸗
Abschlusse Schleswig in seiner Verbindung mit Holstein als Theil ddes deutschen Bundesstaates anerkannt werde.
bruar⸗Revolution!
nen vergessen. (Genug! Genug! von der Linken.)
Ausland.
Oesterreich. Raab, 8. Jan. (Lloyd.) Heute ist hier folgende Kundmachung erschienen: „Nachdem sich in Betreff der Gültigkeit der Geldnote nüberhaupt, insbesondere aber der Ein⸗ und Zweigulden⸗Noten, wegen des fühlbaren Mangels der für den täglichen Verkehr sehr benöthigten kleineren Geldsorte allgemeine Besorgniß zeigt, wird hiermit veröffentlicht, daß in Folge eines Er⸗ lasses vom Herrn Feldmarschall Fürsten Alfred zu Windischgrätz in⸗ dessen noch bis in Hinsicht der höheren Geldnoten Allerhöchsten Orts entschieden werden kann, die ungarischen Ein⸗ und Zweigulden⸗Noten im vollen Wertze auch in allen Kaiserlichen Kassen angenommen wer⸗ den. Graf Felix Zichy, Königlicher Kommissär.“
Frankreich. National⸗Versammlung. Sitzung vom 16. Januar. Anfang 2 Uhr. Präsident Marrast läßt das Proto⸗ koll vorlesen, aber die Bänke sind noch leer, denn alle Deputirte befinden sich in den Büreausälen, wo heftige Debatten wegen der Kommission über Rateau's Antrag und wegen der Kommissions⸗ Wahlen für das Departements⸗ und Gemeindewesen (organisches Gesetz) stattfinden. Gleich nach dem Protokoll wird über die Wahlen am Senegal berichtet und der Gewählte (Durant) zuge⸗ lassen. De Marcay giebt seine Demission. An der Tagesordnung befindet sich zunächst ein Nachkredit von 2,700,000 Frk. für die Na⸗ tionalwerkstätten. Die Debatte sell beginnen. Stimme links: „Aber wir sind noch nicht beschlußfähig!“ Marrast läßt die Urnen ertheilen, um die Zahl durch Zertelabstimmung zu ermitteln. Mar⸗ rast: „Da Niemand über den Kredit das Wort verlangt, so werd die erste Berathung (nach dem neuen System) als geschlossen betrachtet und die Frage zur Abstimmung gebracht, um in fünf Tagen wiederholt zu wer⸗ den.“ Während diehen Zeit strömen die Deputirten aus den Büreaus, und es ergiebt sich folgendes Resultat: die 2te Berathung 630, dagegen 6. Die 2te Berathung soll in fünf Tagen stattfinden. Passy legt einen Beschluß des Präsi enten der Republik vor, der den Gesetz⸗Entwurf über die mobilen Einkünfte zurückzieht. (Beifall zur Rechten.) Goundchaux: „Ich benutze das Recht meiner parlamentarischen Initiative, um den Gesetz⸗Entwurf wieder aufzunehmen.”“ (Beifallssturm vom Berge.) Lacrosse, Minister der öffentlichen Arbeiten, überreicht mehrere Gesetzvorschläge, welche die Städte Troyes, Luneville, Vienne und andere zur Ueber⸗ bestenerung ermächtigen, um ihr Proletariat zu beschäftigen. An der Tagesordnung steht demnächst die Einführung einer neuen Steuer auf Kauf⸗ und Erwerbs⸗Verhältnisse beim Eigenthumswechsel der Güter aus todter Hand. Grellet bekämpft im Interesse religiöser Kör⸗ perschaften den Entwurf und erklärt die Hoffnung des Finanz⸗Mini⸗ ters, durch ihn 3 ½ Millionen Fr. sich zu verschaffen, für illusorisch. Grevy findet das gerade Gegentheil; es müsse Gleichheit herrschen. Die geistlichen Güter wären bisher viel weniger herangezogen wor⸗ den, als die bürgerlichen Grundstücke. Nach längerer Debatte wird die zweite Berathung beschlossen. Die Versammlung geht zur beabsichtigten Revision des Artikels 1781 des Civil⸗Kodex über. Dieser Artikel gesteht bei Zeugenverhören dem Herrn mehr Glaub⸗ würdigkeit als seinem Diener, dem Meister mehr als seinem Arbeiter zu. Dies sollte werden. de Brunel erhebt sich gegen den Antrag und sieht den Untergang aller Gesetzbücher, „dieses schönsten Erbtheils des Kaisers Napoleon“, hereinbrechen, wenn die National⸗Versammlung ihre zerstörende Hand daran lege. Sie habe schon den Handels⸗Kodex angegriffen, und jetzt wolle sie sich auch am Civil⸗ gesetzbuch vergreifen. (Gelächter zur Linken.) Corbon unterstützt den Antrag und findet es doch gar zu antidemokratisch, wenn das Gericht dem Meister mehr Glauben bei Zeugenverhören und sonstigen Streitigkeiten schenken müsse als dem Gesellen. Die Versammlung beschließt, nach fünf Tagen zur zweiten Debatte zu schreiten. Dann nimmt sie ei⸗ nen Antrag rücksichtlich der ehelichen Aufgebote vor, dessen zweite Berathung ebenfalls nach fünf Tagen stattfinden soll. Marrast zeigt der Versammlung an, daß ihm von dem Prokurator der Re⸗ publik zwei Anträge auf gerichtliche Versolgung zweier Deputirten zugegangen sind. Stimmen: Lesen Sie vorl Marrast erklärt dies für reglementswidrig. Aber die ungeduldige Versammlung be⸗ schließt, daß er ihr die Requisitorien sofort vorlegen müsse. Sie erfährt, daß es die beiden Deputirten Bourbousson und Reynaud Lagardette sind, und daß es eine Duellgeschichte in Nimes betrifft. Sie weist bas Verlangen des Prokurators an die Büreaus zur Be⸗ gutachtung. Die Sitzung wird schon um 5 9½ Uhr geschlossen.
Es stimmen 636; davon für
Sitzung vom 17. Jan. Alle Nepräsentanten sind in den Büreausälen, um den Antrag des Prokurators von Nimes auf Ver⸗ folgung der Duellanten Bourbonsson und Renaud de la Gardette zu prüfen. Jedes Büreau hatte einen Kommissar zu wählen, um eine Kommission zu bilden. Fast alle Wahlen sind im verneinenden Sinne ausgefallen, da sich Felix Pyat, Proudhon, Goudchaux, Ba⸗ ragugy, d'Hilliers, Gent und Andere ebenfalls schossen, ohne verfelgt zu werden. Diese Berathung hielt nech fast alle Abgeordnete zurück, als Marrast um 2 ½ Uhr den Präsidentenstuhl bestieg und die Sitzung eröffnete. Das Protokoll wird vorgelesen. An der Tagesordnung sind eine Menge Lokal-Gesetz⸗Entwürfe. Das Lolre⸗Departement, Reims und andere Orte bitten um die Erlaubniß, sich behufs der Beschäftigung des Proletariats übersteuern zu dürfen. Marrast läßt durch Zettel darüber abstimmen, damit der Saal be⸗ schlußfähig werde; 648 gegen 3 Mitglieder (es eilen 651 auf ihre Plätze) bewilligen die nöthige Erlaubniß. Abbé Fayet stäattet Be⸗ richt über Ornano's Wahl im Indre⸗ und Loire⸗Departement ab. Ornano, ein Verwandter Bonaparte’'s, wird zugelassen. Pascal Duprat barichtet über Napoleon Daru's Wahl in der Manche. Daru wird ebenfalls zugelassen. Nun sch eitet die Versammlung zu einer ersten Debatte über die den Pflanzern in den Kolonicen für ihre angeblichen Verluste zu bewilligenden Entschädigungen. Tran chaut möchte das Kolonie⸗Befreiungs⸗Prinzip noch einmal dis⸗ kutiren (Oh, Oh!) und trägt auf Vertyheilung des Berichts an. Es handele sich um 100 bis 120 Millionen. Cremieur: Vom Be⸗ freiungsprinzip selbst kann keine Rede sein! Das liegt in der Fe⸗ Deseimeris möchte auch das Prinzip nochmals diskutiren. (Oh, oh!) Man habe früher versprochen, über viele Fragen die Grundsätze noch einmal zu diskutiren. Diese Versprechungen schie⸗ Der Reduer geht ab. Marrast: „Der Einwand, daß der Bericht vertheilt werden müsse, ehe die Debatte beginnen könne, ist hinreichend, um sie zu ver⸗ chieben. Ich schlage den Frritag vor.“ Einstimmig angenommen. Die Versammlung diskutirt hierauf eine Unterstützung der Wagen⸗ bau⸗Industrie. Sie verwirft die diesfalligen Anträge. Eben so erledigt sie mehrere andere rein lokale Gesetz⸗Entwürfe. Die Tagesordnung ist erschöpft. Odilon Barrot, Conseils⸗Präsident, stellt im Namen der Re⸗ gierung den Antrag, die Mai⸗Grfangenen von dem obersten Gerichtshofe richten zu lassen. Die Versammlung überweist den Antrag ihren Büreaus.
Der Ort, wo sich der höchste Gerichtshof für die Maigefangenen
versammeln soll, ist Bourges, etwa sechzig Stunden von Paris ent⸗
fernt. Da nach Barrot's Vorlesung die Tagesordnung erschöpft war, so hörte die Versammlung noch einige Petitionsberichte an. Ger⸗ main Sarrut berichtet über den Antrag des Fraternitäts⸗Klubs in Blesle (Ober⸗Loire) auf sofortige Austreibung der
121
Der Ausschuß schlägt Tagesordnung
Jesuiten aus Frankreich. hu Setigunß des Petitionsbe⸗
vor. Wird ausgesprochen. Nach richts nimmt Dahirel das Wort. Dahirel will wissen, wie weit denn die Kommissions⸗Arbeiten wegen des Wahlgesetzes gediehen seien. Charton, Secretair der betreffenden Kom⸗ mission, antwortet, Guyot sei zum Berichterstatter gewählt und werde sein Gutachten im Laufe der nächsten Woche vorlegen. (Sehr gut!) Da Niemand mehr das Wort verlangte, so wurde die Sitzung ge⸗ schlossen. Morgen wird das Kabinet im Namen des Präsidenten der Republik seine Kandidaten für die Vice⸗Präsidentschaft vorschla⸗ gen. Man nennt darunter auch Abatucci, Vivien und Boulay aus dem Meurthe⸗Departement. Die Versammlung geht schon um 5 ½ Uhr aus einander.
Paris, 16. Jan. Der Moniteur und der Constitutionnel beobachten auch heute noch Seillschweigen rücksichtlich der Rüstungen in Toulon. Das offizielle Blatt erklärt nur, daß General Pelet nicht mit diplomatischen Aufträgen nach Turin geschickt worden sei, sondern dem Könige Karl Albert den Dank des Präsidenten Bonaparte für die ausgesprochenen Glückwünsche darbringen solle. „Bei Gelegen⸗ heit der Wahl Louis Napoleon Bonaparte's zum Präsidenten der R publik“, sagt der Moniteur, „sandte Sr. Majestät der König ven Sardinien einen Spezial⸗Agenten nach Paris, um den Präsi⸗ denten zu beglückwünschen. Die Absendung einer Person an Karl Albert, um diese Glückwünsche zu erwiedern, ist also nur ein Akt der den internationalen Traditionen angemessenen Höflichkeit.“ Das Journal des Débats erwähnt eines Gerüchts, wonach Oesterreich und Neapel dem französischen Kabinet ihren Ent⸗ schluß angezeigt hätten, im Kirchenstaat zu interveniren. In Folge davon habe die französische Regierung für nöthig befunden, an der Entwirrung der römischen Angelegenhriten thätigen Antheil zu nehmen, sowohl um den Papst wie um die constitutionellen In⸗ stitutionen Italiens zu schützen. Es heißt auch, daß der Erzbeschof von Paris mit Aufträgen der Regierung nach Gaeta abgehen werde. In Marseille war Herr de la Tour d'Auvergne, Attaché im Mini⸗ sterium des Auswärtigen, auf der Durchreist nach Toulon angelanat, von wo aus ihn ein Extra⸗Dampfschiff nach Gaeta bringen wird. Er begleitete Herrn von Concelles, als dieser unmittelbar nach der ersten Nachricht von de. Flucht des Papstes von Cavaignac in einer außer⸗ ordentlichen Mission nach Gaeta geschickt wurde. Das Sibele ver⸗ sichert, man habe die vom Marine⸗Minister angeordneten Maßregeln zu Toulon sehr übertrieben und überdies unrichtig dargestellt. Die Schiffe wür⸗ den allerdings seefertig gemacht, weil die Regierung bei den in Italien möglicherweise bevorstehenden Ereignissen nicht unvorbereitet sein wolles. Die Oesterreicher könnten in die Legationen einfallen und dadurch Frankreich zur Unternehmung einer Erxpedition nöthigen. Auch die Presse neunt das Gerücht, daß Befehl zur Absendung von 8⸗ b 8 10,000 Mann nach Civitavecchia ergangen sei, ein voreiliges; der Minister habe bleos befohlen, die Regierungsdampfschiffe in Stand zu setzen, damit sie für je den Fall bereit seien. Was die Expedition betreffe, so werde sie von mehreren Ministern gewünscht und sri al⸗
V
lerdings Gegenstand ernstlicher Erwägung. Marschall Bugreaud, jetzt ganz hergestellt, wird Ende des Monats zur Alpen⸗Armee abreisen und zuerst sein Haupequartier zu Lyon nehmen, später aber dasselbe näher an die Alpen verlegen, falls die Feindseligkeiten zwischen Oester⸗ reich und Piemont wieder losbrechen sollten. Karl Albert, heißt es, zeige sich immer mehr entschlossen, den Befehl seiner Armee einem französischen General anzuvertrauen. In Toulon dauerte übrigens am 11. Januar die lebhafte Thätigkeit in Hafen und Rhede fort; doch erwartete man noch nähere Befehle aus Paris. Der Natio⸗ nal fordert die National⸗Versammlung auf, sich dieses Gegen⸗ standes zu bemächtigen und die Minister zur Rede zu stellen.
Expedition sei zur Einsetzung eines neuen Königs von Sicilien, näm⸗ lich Lucian Murat's, bestimmt, findet gar keinen Glauben. Der lon⸗ doner Morning Herald behauptet, die touloner Expedition sei gar nicht für Italien bestimmt, sondern sie solle nach dem La Pla abgehen, um den dortigen Händeln ein Ende zu machen.
Großbritanien und Irland. London, 17. Jan. Die Königin hielt vorgestern Nachmittag im Schloß Windsor eine Geheimeraths⸗Sitzung, in welcher Sir Francis Thornhill Baring als erster Lord der Armiralität zum erstenmale seinen Sitz einnahm, nach⸗ dem er den üblichen Eid geleistet hatte. Die Minister kehrten gegen Abend nach L ndon zurück. Sir F. Baring ist Parlaments⸗Mitglied für Portsmoarh und war in Lord Melbourne's Ministerium von 1839 bis 1811 Kanzler der Schatzkammer. „Durch diese Ernen⸗ nung“, sagt die Times, „behalten die Krone und das Land die Dienste eines erfahrenen Ministers, eines Mannes, der vollkommen mit den Details der öffeutlichen Geschäfte vertraut und durch seine Erfahrung im Finanzfache unter einer früheren Regierung besonde befähigt ist, alle solche Reductionen in den Ausgaben für das See⸗ wesen zu bewirken, welche mit der Wirksamkeit dieses wichtigsten Zweiges des Dienstes verträglich sind. Die Unterhandlun⸗ gen, welche mit dieser Ernennnng geendet haben, sind et⸗ was verzögert worden durch den lobenswerthen Versuch von Seiten Lord John Russell's, seine Verwaltung dadurch zu stär⸗ ken, vaß er das Departement der Admiralität dem Sir James Graham anböte. Das Anerbieten war in einem Geiste der Frei⸗ müthigkrit und in guter Meinung gemacht worden, mit dem aufrich⸗ tigen Verlangen, alle vergangenen Differenzen, welche die Harmonie unter Männern, die unn denselben Ansichten huldigen, unterbrochen haben mögen, in Vergessenheit zu begraben. Von Seiten des Sir James Graham wurde das Anerbieten mit der vollständigen An⸗ erkennung der Motive, welche den Vorschlag herbeigeführt hatten, aufgenommen, obgleich er nach einigen Bedenken es abschlug, dasselbe anzunehmen. Wäre das Anerbieten angenommen worden, so würde es natürlich zu einigen weiteren Mor sicationen des Kabinets geführt haben, mit der Aussicht, die Basss der Regierung auszudehnen; aber unter den gegenwärtigen Umßänden glauben wir nicht, daß weitere Veränderungen eintreten werden. Lord J. Russell machte schon einmal den Versuch, die gemäßigten Konservativen mit dem Ministerium auszusöhnen, indem er bei der Bildung seines Ka⸗ binets Lord Lincoln und Herrn Sidney Herbert (unter Sir R. Peel⸗ Kriegssecretair) Stellen in demselben anbot und etwas später Lord Dalhonsie als Lord Hardinge's Nachfolger nach Ostindien schickte.“ Die Times lobt dieses Benehmen um so mehr, als dadurch die so oft gegen die Whigs ausgesprochene Aanklage widerlegt werde, daß sie zu sehr dem Nepotismus und dem Familienkoteriegeist huldigten. Ba⸗ ring's Eintritt ins Ministerium sindet ziemlich allgemeinen Beifall, und man erwartet, daß seine ausgezeichneten Finanzkeuntnisse dem Kabinet von großem Nutzen sein werden, um die Masse von Erspa⸗ ru gsplänen zu bekämpfen, welche von allen Seiten auftauchen. Man glaubt, daß Baring zum Pair erhoben werden wird. Lord Palmer⸗ ston wird nach wie vor von der nicht whigistischen Presse angegriffen. Unterläge er im Unterhause, so würde, meint man, eine Coalition mit den Tories und Palmerston's Austritt nothwendig. Man glaubt auch fortwährend, daß das jetzige Kabinet nach Eröffnung der Ses⸗ sion eine partielle Umgestaltung erhalten und Männer von Peel's Partei in sich aufnehmen werde.
Der Herzog von Wellington ist völlig hergestellt.
Der britische Handelsstand, der durch die Sachlage am Plata⸗ strome sehr leidet, sieht einer baldigen ernsten Einschreitung gegen Rosas mit Spannung entgegen. Man erwartet die Absendung einer französischen Expedition zur Unterstützung von Montevideo.
Die Times zeigt an, daß der französische General⸗Post⸗Direk⸗
ta
Die Presse behauptet, daß Oesterreich aus Anlaß einer Rede Ca⸗ vaignac's damals durch seinen Vertreter habe erklären lassen, es würde der mindesten Gebiets⸗Veränderung des lombardisch⸗venetiani⸗ schen Königreichs den Krieg vorziehen; Bastide habe auf diese Er⸗ klärung nichts geantwortt. Nach dem Corsaire hätte Oesterreich übrigens der französischen Regierung erklärt, daß es sein Heer um 200,000 Mann vermindern werde, wenn Frankreich ein Gleiches thue. In einem Ministerrathe soll diese Frage erörtert worden sein und der Finanz⸗Minister erklärt haben, daß nur durch bedentende Verminderung des Heeres ein großes finanzielles Unglück verhütet werden könne. Die Assemblée räth zu einer Intervention mit,
den katholischen Mächten, möchte aber England ausgeschlossen wissen. Der Credit, der im Sinne Cavaignac's und Baͤstide's schreibt, ist gegen jede Intervention, während die Democratie dieselbe schon für eine vollbrachte Thatsache erklärt und ausruft: „Ledru Rollin war neulich nur zu gut unterrichtet!“ Es wird übrigens versichert, daß an den Vice⸗Admiral Baudin neue Verhaltungs⸗Befehie abge⸗ gangen seien.
Für die Auflösung der National⸗Versammlung sprechen sich fol⸗ gende Zeitungen aus: Journal des Débats, Presse, Con stitutionnel, Gazette de France, Union, Courrier fran⸗ çais, Opinion publique, Assemblée nationale, Pays, Patrie, Liberté, Univers und Evénement. Drei andere: National, Sidele und Ere nouvelle, geben zu, daß die Ver⸗ sammlung sich einen bestimmten Schlußtermin setzen soll. Nur die ultrademokratischen Blätter: Démocratie pacifique, Réforme, République, Révolution démocratique et sociale und Le Peuple sind gegen die Auflösung. Ueber 60 Departements und 35 General⸗Censeils haben sich bereits für die Auflösung der gegenwärtigen National⸗Versammlung ausgesprochen, und mehrere Departements drohen ihren Abgeordneten, sie nicht wieder zu wäh⸗ len, wenn sie nicht ihre Function niederlegen.
Man vessichert jetzt, daß Od lon Barrot zum Vice⸗Präsidenten bestimmt sei, und daß alsdann an seine Stelle Herr Varoche in das Ministerium treten werde. Herr Remusat solle zugleich an Leon Faͤucher's Statt das Portefeuille des Innern übernehmen.
Paris, 17. Jan. Heute spricht sich die Assemblée über die
Rüstungen in Toulon folgendermaßen aus: „Zu den gestern gege⸗ benen Erläuterungen über die Expedition, die in Toulon vorbereitet wird, können wir folgende nene Einzelheiten hinzufügen. Die fran
zösische Regierung befindet sich hinsichtlich ihrer Verhältnisse nach in⸗ nen und außen in einer sehr delikaten Lage. Sie möchte gern auf einem Punkte Italiens landen, aber Rußland hat ihr erklärt, daß eine französische Intervention das Einschreiten eines russischen Armre⸗ Corps nach sich zöge. Nach innen ist ihre Lage höchst peinlich, weil die rothen Republikaner zu gewaltig schreien würden, wenn man zu Gunsten des Papstes intervenirte. Man kann mit ihnen noch nicht brechen; man braucht sie noch in der National⸗Versammlung. Wollte man sich mit einer Vermittelung begnügen, so zeigt sich Oesterreich hartnäckig, das die unbedingte Wiederherstellung der päpst
lichen Macht will. Neapel, Spanien und Portugal wollen einen ka⸗ tholischen Bund schließen, und auch dieser Umstand verwickelt die Sache. Bis jetzt steht darum noch nichts fest als die Rüstungen. Es sind 12 bis 14 Kriegs⸗Dampfschiffe, 4 Linien⸗Regimenter zu 3 Bataillonen, 1 leichtes Infanterie⸗Regiment und 2 Batterieen, im Ganzen 10 — 12,000 Mann, unter dem Befehl eines Divisions⸗Ge⸗ nerals beschlossen.“ Die Behauptung der florentinischen Alba, die
tor Thayer und der Präsident der Boulogne⸗Amiens⸗Eisenbahn, Laf⸗ fitte, hier waren und bei Lord Clamricarde durchgesetzt haben, daß die jetzigen Post⸗Einrichtungen zwischen Dover und Boulogne, welche
mit dem vorgestrigen Tage abgeändert werden sollten, noch bis zum 1. Februar unpverändert bleiben.
Für Reiselustige nach Kalifornien bringt die Times die Notiz daß der rascheste Weg dorthin der mit den westindischen Dampschiffen ist. Diese Dampfschiffe segeln am 17. jeden Monats von Southamp⸗ ton ab und treffen gegen den 23. des folgenden Monats zu Chagres ein. Von dort muß man über den Isthmus nach Panama, was drei Tage wegnimmt und gegen 25 Dollars kostet. Die Dampfschiffe der Vereinigten Staaten⸗Gesellschaft für das Stille Meer fahren am 1. jeden Monats von Panama nach Kalifornien ab. Ein Platz in der Staats⸗Kajüte kostet 250 Dollars, in der zweiten Kajüte 200 Dol⸗ lars und in der Vorkajüte 100 Dollars. Das Passagiergeld mit den westindischen Dampfschiffen nach Chagres kostet je nach dem Platze 60, 50 und 45 Pfd. Für Handwerker 25 Pfd. “
Die Cholera ist jetzt auch in Orfordshire und Carlisle ausge⸗ brochen.
Noch immer treffen zahlreiche Berichte über die traurigen Wir⸗ kungen der letzten Seestürme ein.
Die Chartisten⸗Umtriebe beginnen aufs neue. Vorgestern wurde eine öffentliche Versammlung der arbeitenden Klassen gehalten, um einen neuen Plan, die National⸗Charte zum Gesetz des Landes zu machen, zu organisiren. Feargus O’'Connor und andere Führer bei dem jüngsten Chartisten⸗Feldzuge hielten lebhafte Reden, worin gegen die letzten politischen Verfolgungen geeifert wurde. Mehrere Be⸗ schlüsse in diesem Sinne fanden einmüthige Annahme.
Nächster Tage steht das Erscheinen eines neuen Repealblatts in Aussicht, das unter den Auspizien des Alderman und Parlaments⸗ Mitglieds Timothy O'Brien, des Parlaments⸗Mitglieds F. Reynolds und Herrn W. Fords und unter Mitwirkung John O'Connell's her⸗ auskommen soll.
Durch Proclamation werden in den unter das Ausnahmegesetz zur Erhaltung des Landfriedens gestellten Baronieen alle Personen, welche ungesetzlich Waffen im Besitz haben, aufgefordert, dieselben bei Strafe zweijähriger Einsperrung mit Zwangsarbeit bis zum 18. Januar abzuliefern.
Graf Talbot ist dieser Tage in seinem 72sten Jahre gestorben. Sein Erbe ist sein ältester Sohn, der durch seine eifrige Vertre tung der Warnerschen Erfindung bekannte See⸗Capitain Lord Ingestre.
88
Die Cholera dauert noch immer fort. Im Ganzen sind bis jetzt in England und Schottland 7099 Individuen erkrankt, 3184 ge⸗ storben, 1445 genesen und 2470 in der Behandlung. Vor kurzem ist die Krankheit in großer Heftigkeit in einer Schulanstalt in Tot ting, in der Nähe von London, ausgebrochen. Es sind dort in kurn zer Zeit 80 Kinder gestorben und noch 103 in der Behandlung.
Nachrichten vom Cap bis zum 16. November lauten sehr gün⸗ stig für die Ruhe der Kolonie. Sir H. Smith hatte am 2. No⸗ vember die Kolonial⸗Legislatur eröffnet.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 9. Jan (Börs.⸗H.) Der König hat befohlen, daß ein Comité unter Vorsitz des Contre⸗Admirals von Sydow zusammentrete, um einen Vorschlag zur Ausrüstung der Kanonenschaluppen, Kanonenjollen, Mörserschiffe u. s. w. mit Gewehr und Handwaffen zu Nach Berichten aus Bergen vom 31. 2 ember waren dor bis