1849 / 37 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Beifallklatschen von den Plätzen, und während der größere Theil des Hauses verwundert die Ursache des Vorganges wahrzuneh⸗ men sucht, wird Herr Temme in die Mitte seiner Parteigenossen eingeführt, die ihn mit jenen Zeichen lebhafter Theilnahme be⸗ grüßen.

Der erste Umsturz der Wahl⸗Urnen ergiebt unter 400 Abstim⸗

menden für Herrn Ed. Simson aus Königeberg 261 Stisenten. Auf die Herren Schüler von Jena sind 89, Edel von Würz⸗ burg 28, auf Heinrich Simon 9, auf Kirchgeßner 6 St mmen ge⸗ fallen, die übrigen vereinzelt. Herr Kirchgeßner verkündet daher Herrn Eduard Simson als Präsidenten der National⸗ Versammlung auf die Zeit des nächsten Monats. Allgemeiner Beifall, worauf Herr Simson folgende Worte an die Versammlung richtet:

Meine Herren, ich übernehme das Amt, zu dem Sie mich aber⸗ mals haben berufen wollen, in dem dankbaren Gefühl bewährten Vertrauens auf die ausdauernde Unterstützung aller Seiten dieses bohen Hauses und mit dem festen Entschlusse, es nach allen meinen Kräften im Interesse dieser Gesammtheit zu handhaben. Auch die zweite Hälfte unserer Hauptaufgabe ist inzwischen in ihrer ersten Le⸗ sung beendet worden. Der mäßige Zwischenraum, den wir bis zu der zweiten durch eine Reibe anderer, zum Theil kaum minder wich⸗ tigen Berathungen ausfüllen werden, wird sicherlich von allen Seiten dazu benutzt werden, um endlich das gemeinsame Ziel friedlich zu er⸗

reichen (Bravo!), nach welchem die Nation in immer erneuter An⸗ strengung gerungen hat und wahrlich nicht vergebens gerungen haben darf. (Beifall.) Die Wege zu diesem Ziele geben sich jetzt, meine ich, deutlicher zu erkennen als jemals; sie werden sich hoffent⸗ lich auch geebneter erweisen, als hier und da bis daher geglaubt sein mag. Und in dem Angesichte dieses nahen Zieles, meine Herren, da scheint mir ich denke, ich darf wagen, es auszusprechen der Zwiespalt der Meinungen, unter deren Antrieb und Einfluß diese Arbeit begonnen und fortgeführt worden, dürfte täglich mehr an Berechtigung verlieren. (Zustimmung im Hause.) Der Vollendung so nah, meine Herren, da sollten wir und das ist der Waͤnsch, mit dem ich schließe da sollten wir das alte Wort des Homeri⸗ schen Helden auch unter uns zur Wahrheit werden lassen: Daß nichts darauf ankomme, ob die Vögel von rechts oder links fliegen, und daß es nur ein Wahrzeichen gebe: des Vaterlandes Errertung. (Anhaltendes allseitiges Bravorufen und Händeklatschen.) Für die Wahl eines ersten Stellvertreters des Präsiventen sind 410 Stimmen eingegangen, wovon 214 auf Herrn Wilhelm Hart⸗ wig Beseler aus Schleswig daneben auf Schüler von Jena 101, auf Edel 29, auf Kirchgeßner 10, auf von Mühlfeldt und Temme je 7 Stimmen ꝛc. gefallen sind. Der demnach zum ersten Vice⸗Präsidenten ernannte Herr Beseler ist wegen Unwohlseins im Hause nicht zugegen. .

Die Stimmenmehrheit von 270 unter 343 erklärt sich bei der dritten Wahl für Herrn Kirchgeßner aus Würzburg. Der Ge⸗ nannte tritt sein Amt mit Dank und mit der Bitte um Nachsicht an, indem er ausspricht, daß er sich bewußt ist, an Interesse für das große Werk der Versammlung Keinem nachzustehen.

Der Tagesordnung gemäß werden hierauf noch die Wahlzettel zur Ergänzung des volkswirthschaftlichen Ausschusses eingefordert, dann soll die Berathung über den Bericht Schubert's aus Kö⸗ nigsberg

über die endgültige Feststellung der Abgränzungslinie im Großherzogthum Posen eröffnet werden. Das Erachten des völkerrechtlichen Ausschusses lau⸗ tet dahin, daß die vom Reichskommissär von Schäffer⸗Bernstein fest⸗ gestellte Abgränzungslinie auf Grund des Beschlusses vom 27. Juli genehmigt werde.

Von den fünf in Bezug auf den Gegenstand eingebrachten Anträgen sind zwei präjudizirlich und geben auf eine Vertagung der Berathung. Dagegen will Herr Osterrath aus Danzig die jetzt festgesetzte Linie noch nicht genehmigen, sondern die Angelegen⸗ heit der Centralgewalt zurückgeben, damit über die Einverlei⸗ bung von ganz Posen in den deutschen Bundessteat verhandelt werde. Herr Ahrens aus Salzgitter beantragt ebenfalls, daß die Wünsche der übrigbleibenden Bevölkerung eingeholt werden möch⸗ ten, ob die abgetrennten Theile nicht den Zutritt zum deutschen Bundesstaate vorziehen würden. Der Antrag Wigard's und Genossen endlich verlangt die Tages⸗Ordnung über den Ausschuß⸗ Bericht.

Für die Verschiebung der Berathung spricht Herr Ludwig Si⸗ mon von Trier: Der Bericht des Ausschusses sei erst gestern Mit⸗ tag und zum Theil sogar erst gestern Nachmittag an die Mitglieder vertheilt worden, so daß keine hinreichende Zeit zur Prüfung und Vorberathung eines so wichtigen Gegenstandes geblieben.

Präsident Simson: Wenn somit zwischen der Vertheilung des Berichts und der heutigen Berathung darüber nicht wenig⸗ stens 24 Stunden liegen, so bedarf es keiner weiteren Bearün⸗ dung des Vertagungs⸗Antrags. Ich spreche vielmehr die Auf chie⸗ bung der Berathung über die polnische Abgränzungsfrage hiermit selbst aus, indem ich sie auf die morgende Tagesordnung verweise.

Die heutige Sitzung schließt hierauf nachdem noch verkün⸗ digt worden ist, daß die Ergänzungswahl für den volkswirthschaftli⸗ chen Ausschuß auf Herrn Adam von Zerzog aus Regensburg gefal⸗ len schon 12 ½ Uhr Mittags.

Sachsen. Dresden, 5. Febr. (D. A. Z.) Die Regi⸗ strande der heutigen Sitzung der zweiten Kammer enthielt unter An⸗ deng eine Petition von 144 Soldaten des Artillerie⸗Regiments am Abänderung der Militairgesetze; eine Beifalls⸗ und eine Mißbilli⸗ gungs⸗Adresse an die Kammern; ein Königliches Dekret, den von Sachsen für die deutsche Marine zu leistenden Beitrag von 113,520 Rthlr. betreffend, und ein gleiches, die Einführung der Grundrechte betreffend. Staats⸗Minister Oberländer beantwortet bierauf die vorringen Tagen vom Abg. Blöde eingebrachte Interpellation wegen Borledaag 84 in der Thronrede angekündigten Gesäetz⸗-Entwürfe d Zran 6* e Füeürng zeit ihrem Bestehen in ununterbrochener ange⸗ strengter Thätigkeit gewesen, und daß während dieser Zeit die Kam⸗ mern fast forwährend versammelt gewesen wären, und zwischen Schhff des vorigen und dem Beginne des jetzigen deae ein Zeitraum von 50 Tage 111111A“X“X“ Rüchstände huͤtte benutt E111 den unvermeidsichen setzvorlagen solle die Wechsel⸗Ordnung nebst EEEö1 Ge⸗ denhaft und Wechsel⸗Prozeß so zeitig vorgelegt e ö testens im Mai in Wirksamkeit treten könne. Die N 8.g spã⸗ Gewerbe⸗Ordnung hänge von der Beendigung . ö“ der beiter⸗Kommission ab. Die Revision der Verfassung 1bat 8t Ar⸗ genommen werden, wenn die Reichsverfassung vollendet sei 8 88 Gesetz über die Organisation der Verwaltungs⸗Behörden sechs bis acht Wochen vorgelegt werden. Die e eio. Sra mwace könne zweckmäßig nicht eher organisirt werden, ais bis sich ““ setzgebenden Faktoren in den Grundsätzen über die Einrichtung der Staats⸗Verwaltung geeinigt hätten. Ein Gesetz über das Verfah⸗ ren bei Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung sei fertig. Ein Gesetz über Patronat⸗ und Kollaturrecht werde binnen acht Tagen an die Kammer kommen. Das Gesetz über die Wahlen zur Landes⸗Synode werde bearbeitet, und das Schulwesen sei einer

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besonderen Kommission überwiesen worden. Sodann antwortet Staats⸗Minister von der Pfordten auf die Tzschirnersche Interpella⸗ tion wegen der Erklärung auf die preußische Cirkularnote. Die Re⸗ gierung habe jene Note erhalten, aber noch nicht darauf geantwortet. Sie sei der Ansicht, daß diese Note nicht so bindend sei, jetzt schon eine Erklärung abgeben zu müssen. Wenn dies nöthig sein werde, würde die Regierung erst die Genehmigung der Stände einholen. Vice⸗Präsident Tzschirner ist durch diese Erklärung nicht befriedigt und behält sich die Stellung eines weiteren Antrags vor. Nachdem hierauf die ständische Schrift, den Riedelschen Antrag auf Nieder⸗ schlagung der Untersuchungen wegen Jasdvergehen betreffend, vorge⸗ tragen worden, wird die außerordentliche Deputation für das Berg⸗ wesen gewählt.

Dresden, 5. Febr. (D. A. Z.) Gemäß der ständischen Schrift vom 13. Juni 1846 hat die Regierung mittelst Königl. Dekrets vom 23. Januar der zweiten Kammer einen auf Grund mehrfacher Erör⸗ terungen und im Einverständnisse mit dem Direktorium des landwirth⸗ schaftlichen Hauptvereins ausgearbeiteten Organisations⸗ nebst Etats⸗ voranschlag einer auf der Domaine Schönfeld bei Pillnitz zu errichten den Ackerbauschule vorlegen lassen, und dabei die süddeutschen Schu⸗ len dieser Art, mit Berücksichtigung heimatlicher Verhältnisse, nach⸗ geahmt. Die hierzu erforderlichen baulichen Enrichtungen werden auf 7000 Rthlr., und die Mobiliar⸗Einrichtung, für 30 Schüler be⸗ rechnet, auf 2000 Rthtr. veranschlagt; der jährliche Etat der Anstalt wird auf 2000 Rthlr. berechnet, und beabsichtigt man, die neue An⸗ talt Ostern 1850 zu eröffnen.

Hessen. Kassel, 5. Febr. (Kass. Ztg.) Se. Königliche Hoheit der Kurfürst ist gestern Abend mit Gefolge nach Berlin ab⸗ gereist.

Anhalt⸗Deßau. Deßau, 3. Febr. (Magdb. Ztg.) Gestern ist der Entwurf der Gemeinde⸗Ordnung für die Herzogthü⸗ mer Anhalt⸗Deßau und Anhalt⸗Cöthen, aus 98 Paragraphen beste⸗ hend, im Druck erschienen und mit dem Staatsanzeiger aus⸗ gegeben worden. Der Entwurf ist in seiner jetzigen Gestalt aus der gemeinschaftlichen Bearbeitung und Berathung des Gesammtstaats⸗ Ministeriums undv einer Kommission des vereinigten Landtags her⸗ vorgegangen. Im Allgemeinen schließt er sich dem Entwurfe an, welchen die Linke der aufgelösten Nationalversammlung in Ber⸗ lin herausgegeben hat. Die Organe für die Gemeinde⸗An⸗ gelegenheiten sind: Gemeinde-Versammlungen sämmtlicher männ⸗ lichen, großjährigen, geschäftsfähigen Einwohner unter einem jährlich gewählten Vorsteher (in Gemeinden über 3000 Seelen werden ge⸗ sonderte Abtheilungen gebildet); ein Gemeinderath aus 5—25 auf 2 Jahr gewählten Gemeindeverordneten, welche zur Annahme des Amtes verpflichtet sind; und einem auf 6 Jahre gewählten besoldeten Ge⸗ meindevorstande. Aus den Gemeinden beider Herzogthümer sind drei Kreisverbände gebildet, welche durch den aus Abgeordneten der einzelnen Gemeinden bestehenden Kreisrath und durch einen von die⸗ sem auf 3 Jahre gewählten besoldeten Kreisdirektor vertreten werden. Die Armenpflege ist theils Sache der einzelnen Gemeinden, theils und besonders der Kreisverbände. Die Staatsregierung hat auf die ganze Gemeindeverwaltung so gut wie gar keinen Einfluß und ver⸗

kehrt mit den Organen derselben nur durch besondere siändige Kom⸗ missarien, in fast allen zweifeihaften Fällen steht dem Landtage die Entscheidung zu. Im Enzelnen weicht der Entwurf dagegen we⸗ sentlich von dem d'Esterschen Entwurfe ab. Er entzieht z. B. der Wirksamkeit der Kreisbehörden, deren Nützlichkeit für das kleine An⸗ halt überhaupt zweifelhaft und mit ihrer Kostspieligkeit kaum im Verhältniß sein dürfte, die Kreispolizei, welche der Staatsregierung vorbehalten ist; er berücksichtigt (§. 5) bei der Vertheilung der Ge⸗ meindegrundstücke vorzugsweise die bedürftigere Klasse und verbindet überhaupt eine durchaus freisinnige Verfassung mit denjenigen Grund⸗ sätzen, welche mit Rücksicht auf die kleinen Verhälknisse unseres Lan⸗ des für das Wohl der Gemeinden am zweckmäß gasten erschienen.

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Frankreich. Paris, 4. Febr. Das Ministerium hat gestern Abend am Schluß der Sitzung der Nationa!⸗Versammlung, der wieder erst um 8 ½ Uhr stattfand, eine Niederlage erlitten. Der Antrag desselben, über die Einleitung einer parlamentarischen Untersuchung der Mon⸗ tags⸗Ereignisse zur einfachen Tagesordnang zu schreiten, wurde mit 407 gegen 387 Stimmen verworfen. Die Linke rief: Es lebe die Republik! und die Versammlung ging in greßer Aufregung aus ein⸗ ander. Marrast's diplomatisches Mittagemahl, das firr 6 Uhr an⸗ gesagt war, konnte darum erst nach 8 Uhr eröffnet werden. Dasselbe bekam durch die herrschende Aufregung mehr die Färbung eines Klubs im Sinne der Repräsentaͤnten⸗Vereine des Palais National oder des Instituts, ats die eines Festmahls. Präsident Bonaparte wohnte demselben nicht bei. Er ließ sich durch Unwohlsein entschulꝛigen. Der Mo⸗ niteur beginnt übrigens heute seinen nichtamt!ichen Theil met folgender Erklärung: „Die Minister versammelten sich nach Ausgang der

Sitzung im E.ysée National. Es ist beschlossen worden, daß sie auf ihrem Posten bleiben und in der Aufgabe ausdauern wollen, welche enen anvertraut wurde.“ Das Jvurnal des Débats sagt: „Die Frage der parlamentarischen Untersuchung ist eigentlich durch den Geist der Diskussion schon gelöst worden! Eine solche parlamen⸗ tarische Untersuchung wäre aber weiter nichts, als eine Ankage ge gen das Ministeꝛium. Wir glauben uicht, daß es in der Kammer hundert Mitglieder giebt, die sich zu einer solchen Gewaltsamkeit hin⸗ reißen lassen würden, welche das öffentliche Gewissen empören müßte.“ Der Constitutionnel bemerkt: „Das Votum ist um so bedauerlicher, ais es die Frage nicht erledigte. Morgen muß daher zu einem Vo⸗ tum über die begründeten Tagesor nungs Anträge geschritten werden. Es liegen deren mehrere vor. Perrée’'s Tagesorduung enthält geradezu eine Weigerung des Vertrauens für das Ministerium; sie ist also eine Kriegserklärung der Constituante gegen die Exekutiv⸗Staa sgewalt; sie müßte zu einem Bruche zwischen der Versammlung und dem Volks⸗ erwählten vom 10. Dezember führen. Außerdem sind mehrere Toages⸗ ordnungen eingereicht worden, welche dem Verfahren des Ministeriums Gerechtigkeit zollen. Die Versammlung wird also zu wählen haben. Läßt sie sich zu einem Entscheid binreißen, der als eine der Exekutiv⸗ gewalt feindliche Erklärung angesehen werden müßte, dann hat sie die Folgen des hierdurch entstehenden Zusammenstoßes zu verantwor⸗ ten.“ Die Opinion publique, welche als Organ der Ansichten des Kultus⸗ und Unterrichtsministers Falloux gilt, äußert sich folgen- dermaßen: „Das Ministerium wird nicht weichen. Wir sehen nicht ein, warum es vor einer Coalition zurückbeben sollte, die mit Marrast und Cavaignac anfängt und mit Proudhon endigt? Gestern Abend fehl⸗ EC1113“ enn Freunden. Warum sollte die Versamm⸗ töckweisen. nee gec . 8* so gut auch die motivirte Tagesordnung zu⸗ gen wir schon das⸗ ö zurückwies? „So viel aber sa⸗

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noch um die Lbene miitel scian, zä— 28 den e..1e .J . e gähaze, Nati chlug, währen der Tod unter ihren Füßen

1“ ional und Sidele halten das Ministerium für ge⸗

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stürzt. Von dem gestrigen Schlage, meinen sie, könne es sich nicht mehr erholen. Die Revolution, Organ Ledru Rollin's, erläßt folgenden Aufruf: „Wir verlangen laut die Ver⸗ setzung der Minister in Anklagestand! Die gestrige Sitzung liefert uns neue Beläge für die Verderbtheit des Ministeriums. Wir fordern alle unsere Freunde in Paris und den Departements auf, den Antrag auf Anklage zahlreich zu unterschreiben. Verfassung und National⸗Versammlung müssen die Achtung wieder erhalten, die ihnen 2¹. verderbtes und antirepublikanisches Ministerium streitig macht. Sollte sich der Präsident der Republik der verrätherischen Po⸗ litik seines Kabinets beigesellen, sollte er Herrn Barrot nebst des⸗ sen Kollegen nicht sofort entlassen, wollte er, gleich ihnen, an das ganze Land appelliren und das allgemeine Stimmrecht zu selbstsüchtigen Zwecken ausbeuten, dann müsse sich die An⸗ klage, die gegen seine Agenten gerichtet ist, auch auf ihn aus⸗ dehnen. Man sicht, die Ereignisse drängen sich. Die Lösung ist nahr. Wie sie auch ausfalle, die Republik und die Revolution werden aufrecht stehen bleiben. Wir empfehlen Euch, Bürger, noch Ruhe. Bald führen wir vielleicht eine andere Sprache. Wir wer⸗ den unsere Pflicht erfüllen. Tod denen, welche die Republik ersticken Sund die National⸗Versammlung im Namen der Contrerevolution sprengen wollen. Das Volk von Paris und das Volk der Departe⸗ ments bilden nur eines, wenn es sich um Bestrafung der Ver⸗ räther ibrer Freiheiten handelt, und mögen dieselben so hoch stehen, wie sie wollen!“ An der beutigen Sonntags⸗Börse dat sich die 5proz. Rente, die gestern Abend um 9 Uhr von dem Stardpunkt, den ste um 3 Uhr gehabt hatte, auf 75 Fr. 90 Cent. wich, weil man den Rücktritt des Ministeriums für unausbleiblich hielt, von ihrem Schrecken wieder etwas erholt in Folge der katego⸗ rischen Erklärung im Moniteur, daß das Ministerium nicht zurüͤck⸗ trete. Dieser Entschluß des Kabinets wurde an der Börse allgemein gebilligt. „Das Ministerinm“, sagte mau, „darf nicht weichen, wenn es ganz Frankreich hinter sich hat.“ Nachmittags um 3 Uhr waren die Konferenzsäle der National⸗Versammlung überfüllt. De Reprä⸗ sentanten⸗-Klubs in der Rue de Poitiers, im Palais National und die der Bergpartei lassen für heute Abend wichtige Beschlüsse er⸗ warten. Wie verlautet, setzen sich mehrere Divisionen der Alpen⸗ Armee in Marsch gegen Paris. Bugeaud, der sich jetzt zu Orleans besindet, wo er angeblich fürs erste bleiben wird, lenkt die Departe⸗ mentsstreirkrafte, waäͤhrend Changarnier in Paris selbst seine Anordnungen trifft. Vorgestern war das Gerücht verbreitet, daß die Mobilgarde desinitiv verabschiedet werden solle; dies hat sich jedoch dadurch wider⸗ legt, daß an demselben Tage bereits über das erste reorganisirte Ba⸗ taidon dieser Garde auf dem Marsfelde Revne abgehalten wurde. Der Iustizminister hat allen Justizbeamten der Departements untersagt, ohne seine förmliche Erlaubniß ihre Posten zu verlassen und nach Pa⸗ ris zu kommen. Ministerium soll darüber berathen, oh d'Alton Shee und die übrigen am 29. Januar als Theilnehmer an einem Komplotte gegen die Sicherheit des Staates Verhafteten vor den Ober⸗Gerichtshof zu verweisen seien; eine Entscheidung, heißt es, werde jedoch erst nach beendigter Untersuchung erfolgen. Die Zeiturg Assemblée nationale enthielt in den hezten Tagen mehrere Artikel, welche verschiedene Mitglieder der National⸗Versamm⸗ lung, vornehmlich Herrn Ledru Rollin, der Theilnahme an einem Kemplott zum Uasturz der Regierung beschuldigten. In Folge dieser Artikel haben die Herren Ledru Rollin, Lammenais, Proudhon und 41 andere Mitglieder der Bergpartei bei dem Staatsanwalt bean⸗ tragt, gegen den Redacteur des genannten Blattes Klage wegen Verleumdung zu erheben.

Der Ministerrath hat sich mit der Frage beschäftigt, ob der Jahrestag der Februar⸗Revolution feierlich zu begehen sei oder nicht. Man entschied sich dagegen wegen der ungünstigen Jahreszeit und beschloß den 4. Mai, den Jahrestag der offiziellen Prorlama ion der Repablik, durch ein Fest zu feiern.

Großbritanien und Irland. Parlament. Unter⸗ haus⸗Sitzung vom 2. Febr. Sir J. Pakington stellte die An⸗ frage, ob die Regierung Aenderungen in der Geschäftsordnung des Hauses nach den Empfehlungen der in letzter Session niedergesetzten Kommission vorschlagen werde. Lord J. Russell erwiederte, daß er einige dahin zielende Vorschläge übermorgen machen wolle. Hier⸗ auf wurde die am Abend vorher vertagte Adreß⸗Debatte fortgesetzt. Da Grattan's Amendement durchgefallen war, so kam das Amende⸗ ment d'Isrgaeli's an die Reihe, welches die Erklärungen der Thron⸗ Rede, daß der Handel auflebe, die Lage der Fabrikbezirke ermuthi⸗ gend und das Einkommen im Wachsen begriffen sei, sämmtlich verneint und noch beifügt, daß die Agrikultur⸗ und Ko⸗ lonial-Interessen des Landes daniederlägen, und daß die auswärtigen Beziehungen keinen Grund zur Glückwünschung darböten. Herr Stafford sprach für das Amendement, so wie für Wiedereinführung mäßiger Getraide ölle, weil sonst die englischen Landwirthe nicht bestehen könnten. Er kadelte sodann, daß die Regierung beabsichtige, die Frage der Abänderung des irländischen Armengesetzes an ein Comité zu verweisen, anstatt dem Parlamente gleich die nöthigen Aenderungs⸗Vorschläge vorzulegen. Dies, meinte er, zeige nur, daß das Kabinet über diese Frage nicht einig sei. Der Seeretair für Irland, Sir W. Somerville rechtfertigte das Verfahren der Regierung bezüglich des irländischen Armengesetzes; durch U berweisung an ein Comité erfülle sie nur ein in letzter Ses⸗ sion gegebenes Versprechen. Der Redner suchte auch darz thun, daß die Angaben von dem vorgeblichen Ruine der irländischen Gutsbe⸗ sitzr durch die Armensteuer arg übertrieben seien. Sir J. Walsh behauptete, die Uebelstände des irländischen Armengesetzes bedürften schleuniger Abhülfe, welche ein Comité nichtgewähren könne; der Verwal⸗

tung Lord Clarendon's zolle er übrigens unbedingtes Lob. Der Reoner machte einige tadelnde B emerlungen überLord Palmerston's Politik in Sici⸗ lien, so wie überhaupt in Italien, und stimmte zum Schlusse für das Amendement. Herr M. Milnes erklärte sich gegen letzteres, weil es die Regierung unverdient tadele und angreife. Herr d'Israecli habe für seine Mißbilligung der auswärtigen Polit k des Kabinets durchaus keine Belege vorgebracht, und er, beschwöre das Haus, nicht in so feierlicher Weise die friedliche Politik der Minister zu verdam⸗ men, welche nicht blos von England den Krieg abgewendet, sondern auch sein Umsichgreifen auf dem Festlande gehemmt habe. Lord Mandeville war für das Amendement und hob besonders die vachtbeiligen Wirkungen der Gesetzgebung in Bezug auf die Kolonieen hervor. Herr Horsman bestritt, daß der Frei⸗ handel sich als für England nachtheilig erwiesen habe. Die Lage der auswärtigen Beziehungen sei freilich befriedigend; hieran sei aber das Parlament selbst eee Schuld, als dieser oder jener Minister. Wenn das Parlament nich eine wachsamere Kontrolle über die Departements des Auswärtigen und der Kolonieen ausübe, und deren Thun mehr der Publizität übergebe, so versäume es eine wichtige Pflicht. Herr rügte das System des Kolonial⸗Departements in . susdrücken. Oberst Sibthorp hielt eine heftige Rede Fehirene 2 wel⸗ chen er Doppelzüngigkeit, Zweideutigkeit und 1 ei 299 warf. Sir de Lacy Evans behauptete, 1 Poli⸗ tik Lord Palmerston's im Ganzen bisher vom besten 8. folge begleitet gewesen sei. Capitain Harris versicherte, eine Adresse nicht unterstützen

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stechende Handel und Gewerbfleiß.

des Krieges mit anderen

unsere Pflicht i schaftsbande zwischen uns und unserem nächsten Nachbar zu knüpfen,

zu können, welche in den meisten Paragraphen die Thatsachen entstelle. Herr Bankes äußerte, das Haus müsse eine Thronrede verurtheilen, welche so große Interessen, wie die der Kolonieen und der Landwirth⸗ schaft, unerwähnt lasse. Die Lage der auswärtigen Angelegenheiten biete übrigens eben so wenig Grund zu Glückwünschungen, als der Der Redner gedachte unter An⸗ erem auch des verstorbenen Lord Bentinck mit warmen Worten und am auf die Ausweisung Sir H. Bulwer’'s aus Madrid zurück. Herr Lochrane sah in den Ersparungsmaßregeln des Ministeriums nur ine sträfliche Nachgiebigkeit gegen den Andrang von außen, welche Herr Cobden auf unverfassungsmäßiae Weise organisire, wie er es schon bei der Agitation gegen die Getraidegesetze gethan habe. Herr Urquhart rügte mehrere Punkte der auswärtigen Poiitik, insbeson⸗ ere bezüglich Siciliens und Neapels. Lord Palmerston, der hier⸗ uf das Wort nahm, bemerlte, der eigentliche Zweck des Amende⸗ nents und seiner Urheber sei, das Haus unter dem Vorwande eines lmendements zu vermögen, daß es sich gegen die Freibandels-Lehre nd gegen die Aufhebung der Getraide⸗Gesetze ausspreche. Der Minister echtfertigte dann im Allgemeinen in der Thronrede und die in der Adresse ebrauchten Ausdrücke, und suchte durch eine ausführliche Darlegung es Verfahrens der Regierung in ihren verschiedenen Beziehungen zu den Festlands⸗Mächten und zu Nordamerika darzuthun, daß Eng lands auswärtige Politik, der bis jetzt die Aufrechthaltung des all⸗ zemeinen Friedens gelungen sei, allerdings zu Glückwünschen wegen zieses Erfolges berechtige. En glaube übrigens nicht, sagte der Minister, daß das Haus jetzt schon unterrichtet genug sei, um eine feste Meinung über diese Sache auszusprechen, sei aber über⸗ zeugt, daß dasselbe, wenn ihm alle betreffenden Dokumente bekannt wären, eher Ihrer Majestät über den Zustand der Beziehungen zu den auswärtigen Mächten Glück wünschen würde. Das Ziel der auswärtigen Politik Englande sei, außer ihrem vornehmsten Zwecke,

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der Wahrung der eigenen Interessen, die Erhaltung des Friedens mit

der übrigen Welt, und demnächst, wenn möglich, die Verhinderung Nationen. Dieses Ziel sei bis jetzt der gegenwärtigen Regierung erreicht, denn England habe

mirt abgelaufenen

an verschiedenen Orten ausgebrochenen Feindseligkeiten

durch Waffenstillstände, beendigt und gingen einer fried⸗ lichen Lösung entgegen. Ein Hauptvorwurf der Gegner sei, daß

die Regierung auf freundschaftlichem Fuße mit republikanischen Re⸗

gierungen geblieben sei. Ihn bedünke, daß es Englands Verhältniß zu Frankreich nicht stören könne, möge ein König, Kaiser, ein Prä⸗ sident oder ein Konsul an seiner Spitze stehen. „Unser Ziel und ist es“, erklärte Lord Palmerston, „die engsten Freund⸗

einer der mächtigsten Nationen, die im Kriege unser mächtigster Feind, im Frieden unser nützlichster Freund stets sein wird.“ Er ließ dann den von den verschiedenen Regierungen Frankreichs seit dem Februar 1848 kundgegebenen aufrichtigen, freundlichen und friedliebenden Gesinnungen volle Anerkenaung widerfahren. Wäre England, fügte er hinzu, als Gegner oder auch nur mißliebig gegen die Republik aufgetreten, so würde der Frieden in Europa schwerlich erhalten worden sein. Er beanspruchte Vertrauen und Glauben für den Erfolg der von der englischen Regierung versuchten Vermittelun⸗ gen zwischen mehreren fremden Staaten und hob die Schwierigkeiten

hervor, womit die Vermittelung zwischen Dänemark und Deutschland

ringen habe. Man tadle diese Vermittelung. England sei dazu aufge⸗ fordert worden; obgleich ste noch nicht zum deftnitiven Abschluß gekommen,

habe sie wenigstens eine Unterbrechung der Feindsel gkeiten und die Wieder⸗

herstellung des gestörten Handelsverkehrs zur Folge gehabt und werde gewiß auch die Grundlage abgeben zu einer friedlichen und ehrenvollen Ausgleichung zwischen den Parkeien. Herr d'Jsraeli meine, man hätte Dänemark seine Sache allein ausfechen lassen sollen, da es alsdann die Sache längst allein zu Ende gebracht hätte. Die Befolgung dieses

Raths würde aber einen europäischen Krieg nach sich gezogen haben. Auf

einer Seite Deutschland voll Enthusiasmus für eine besondere Doktrin über Schleswig, und auf der anderen Seite Dänemark, stark in se ner Meinung von seinem Anrecht auf das Herzogthum. Dänemark habe bereits auf dem Punkte gestanden, Frankreichs und Rußlands be⸗ waffnete Hülfe anzurufen, und Deutschland habe schon auf den Ebe⸗ nen Schleswigs gestanden; sei das etwas Anderes als ein eurepäi⸗ scher Krieg gewesen? Und man tadle das Ministerium, daß es ihn verhindert habe! Der zweite Aullagepuekt sei die Vermittelung zw⸗ schen Oesterreich und der Lombardei. Im Mai habe Oesterreich Englands Vermittelung gewünscht. Letzteres babe natürlich keine Be⸗ dingungen vorgeschlagen, deren Verwerfung vorauszuseben gewesen wäre. Wegen der aufgestellten Bedingungen habe der österreichische Ge⸗ schäftsträger an seine Regierung berichtet, darauf aber habe die Sache geruht. Später sei eine für Oesterreich günstige Wendung der Dinge eingetreten, und jetzt habe Sardinien bei Frankreich um Beistand nach⸗ gesucht. Im Einklang mit dem Verhältniß guten Einvernehmens, das zwischen Frankreich und England bestehe, habe ersteres dem letzteren a getragen, gem inschaftlich die Vermittelung zu übernehmen und Friedens⸗Bedingungen vorzuschlagen; im entgegengesetzten Falle sei Frankreich nicht im Stande, rine bewoffnete Intervention in Italien zu verhüten. Das Ministerium habe diesen Vorschlag angenommen, da ein evropäischer Krieg die Folge der bewaffneten Intervention ge⸗ wesen wäre. Man sage, England schreibe Oesterreich Bedingungen vor. Das sei nicht wahr. Man schreibe keine Bedingungen vor, noch beabsichtige man es. Er habe erklärt, warum er glaube, daß gewisse Anordnungen die wohlverstandenen Interessen, Oesterreichs sichern und eine friedliche Ausgleichung sördern würden; aber Oesterreich habe zu bestimmen, ob es dieselben annehmen wolle oder nicht. Er hoffe, daß dieser Staat es thun werde. Wenn nicht, so stehe Oesterreich das Zurückweisen so frei, wie Eng⸗ land das Anerbieten. Der dritte Punkt sei Neapel. Er wieder⸗ hole, wie er schen öfter gethan, daß die angeblich unberufene Einmischung Lord Minto's eine Erfindung sei. Lord Minto sei auf ausdrückliches Verlangen des Könizs von Neapel zuerst dorthin ge⸗ kommen und dann nach Sicilien gegangen, um eine Vermittelung zwischen dem Könige und seinen aufständischen Unterthanen zu ver⸗ suchen. Sie wäre ohne den Ausbruch der französischen Revolution wahrscheinlich auch gelungen. Die so viel getadelte Einmischung des englischen Admirals nach den Erfahrungen mit Messina habe nicht den Zweck gehabt, die kriegerischen Operationen Neapels gegen Si⸗ cilien zu verhindern. Ungestört habe man Messina von den Nea⸗ politanern einnehmen lassen, die aber, nachdem sich die Stadt unterworfen, eine grausame Verheerung begonnen. Hätten die beiden Admirale der englischen und der französischen Flotte es da nicht für eine Pflicht der Menschlichkeit halten sollen, einer so barbarischen Kriegführung ein Ende zu machen und Palermo vor einem ähnlichen Schicksale wie Messina zu bewahren? Dies sei der Zweck des von Sir W. Parker und Admiral Baudin vermittelten Waffenstillstandes gewesen. Er habe die Genugthuung, zu denken, daß dee französisch⸗engl sche Vermittelung Sicilien vor großem Un⸗ glücke bewahrt habe, und er glaube auch, daß, während sie auf der dinen Seite Sicilien seine Wohlfahrt und constitutionelle Freiheit flchere, sie andererseits zur dauernden Vereinigung der beiden Kro⸗ nen Neapels und Sieiliens auf dem Haupt ECines Monarchen führen werde. Man habe auch die spanische Angelegenheit be⸗

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sprochen, und hier scheine man die Regierung des Mangels an Energie zu beschuldigen. Man rufe, die Würde Englands sei verletzt. England habe die Abreise des Herrn Isturiz von London verlaagt in Folge der Ausweisung Sir H. Bulwer's aus Ma⸗ drid; das Letztere sei eine Beleidigung, und obgleich er eine Genug⸗ thuung für nöthig halte und überzeugt sei, daß die spanische Re⸗ gierung, wenn sie bei ruhiger Ueberlegung einsehe, daß sie sich über⸗ eist habe, Genugthuung geben werde, so könne er doch keine energi⸗ scheren Maßregeln als die schon ergriffenen wählen, da sonst kein anderer Ausweg als der Krieg sei. Man beschuldige ihn zuweilen der Kiegslust. Aber die Kriegspartei sitze ihm gegenüber. Die Minister ständen hier als Behörden des Friedens, als die Leute, welche eifrig bemüht gewesen, den Krieg zu verhüter, ihn, einmal aus⸗ gebrochen, nicht um sich greifen zu lassen und ihm baldmöglichst ein Ende zu machen. Sie ständen hier als Behörden des Friedens, bela⸗ stet mit der Anklage, Freunde des Kriegs zu sein. Das Haus möge richten. Der Marquis von Granby, ein Mitglied der Opposition, stelte nun ein Amendement auf weitere Vertagung der Debatte, das aber, wie schon erwähnt, mit 221 gegen 80 Stimmen verworfen wurde. Herr D'Igraeli zog darauf sein Amendement zur Adresse zurück, welche demnächst unverändert angenommen wurde. Der Kanz⸗ ler der Schatzkammer erhielt noch Erlaubniß, eine Bill zur Ver⸗ schmelzung der beiden Büreaus der Accise und der Steuern in ein einziges, wodurch eine Ersparniß von 70—80,000 Pfd. St. jährlich erzielt wird, einzubringen, und Lord Duncan beantragte die Er⸗ nennung einer besonderen Kommission über die Verwaltung der Kron⸗ domainen.

London, 3. Febr. Prinz Georg von Cambridge, der in der letzten Zeit ein Kommando in Irland führte, soll Befehlshaber des Bezirks von Manchester werden.

Die Times erklärt, sie könne dem Angriff der Opposition auf die auswärtige Politik des Ministeriums nur bedingtes Lob spenden. Er sei voll Geist und Leben gewesen, aber unfruchtbar. Dies sei auch ganz natürlich, denn auf einen Sieg der Opposition müsse ein neues Ministerium, eine Politik, ein Prozramm, ein Budget und alle soliden Wirklichkeiten des eigentlichen Regierens folgen, und ein sol⸗ ches Programm fehle den Protectionisten ganz und gar, so lange sie den Freihandel nicht als vollbrachte Thatsache annähmen.

Aus Dublin vom 2. Februar wird der Times geschrieben: „In Irland ist die Thronrede nicht gut aufgenommen worden; alle Parteien äußern sich darüber mit Bitterkeit. Die Repealer sind wü⸗ thend, daß die Suspension fortdauern soll.“ Es werden aus Irland wieder viele Brandstistungen gemeldet. Eine große Leinen⸗Fabrik wurde mit sämmtlichen Waaren⸗Vorräthen und Rohstoffen ein Raub der Flammen. Etwa 20 irländische Gutsbesitzer bieten gegenwärtig ihre Besitzungen feil, um auszuwandern. Viele katholische Geistliche wollen, weil ihre Lage sehr bedrängt ist, sich den Missionen in Nord⸗ Amerika anschließen. Aus Gebraltar erfährt man, dast in letzter Zeit mehrere britische Handelsschiffe durch marolkanische Seeräuber⸗ Schiffe weggenommen wurden.

Die peruanische Regierung hat durch ihren Gesandten in Lon⸗ don mit Herrn Robinson, dem Bevollmächtigten der Gläubiger der Republik, ein Abkommen wegen des noch unbezahlten Anlehens von 1822 und 1825 treffen lassen. Für die Schuldscheine von diesen beiden Anlehen werden neue 4 prozentige ausgestellt, die jedes Jahr „Ct. mehr tragen, bis die Zinsen 6 pCt. sind. Für die Zinsen⸗ rückstände werden ebenfalls Schuldscheine gegeben, die 1 p Ct., und jedes Jahr ¼ pCt. mehr, bis die Zinsensumme 3 pCt. wird, vom 1. April 1852 an tragen.

Die Bank hatte am 27. Januar einen Noten⸗Umlauf von 18,677,525 Pf. St., 49,090 Pf. St. mehr als bei letzter Abrech⸗ nung, und einen Baarvorrath von 15,042,071 Pf. St., 6480 weni⸗ ger als vorige Woche.

Die englische und nordamerikanesche Dampfschifffahrts⸗Gesellschaft hat den Bau zweier Dampfschiffe beginnen lassen, welche an Größe und Pracht alle bisherigen übertreffen sollen und zum Ersatze der zwei an die deutsche Central⸗Gewalt verkauften Dampfschiffe „Aca⸗ dia“ und „Britannia“ bestinimt sind. 88

In einer kürzlich ausgegebenen Schrift von Cowling Tayler „über die Vertheilung der breunbaren Fossilien“ ist nachgewiesen, daß Großbritanien 11,851 englische oder 474 deursche Quadratmeilen Kohlenfelder besitzt, Nordamerika 133,000 englische Quadratmeilen. Spanien, heißt es, besitt vielleicht größere Kohlenfelder als England, doch seien sie noch nicht gebörig untersucht, weil der Geist des Volks diese Arbeit scheue, wie die lange brach liegenden Silberlager von Spanien bewiesen. Belgien, Frankreich, Nordamerika und Deutsch⸗ land zusammen produziren etwas über 16 Million Tonnen, England üiber 30 Millionen. Schon um das Jahr 1615 sind jährlich 400 Kohlenschiffe für England gebraucht worden, 1700 allein für Lon⸗ dos 600; 1846 kamen 10,000 beladene Kohlenschiffe nach London.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 272 Die Handelszeitung publizirt folgenden Ukas des dirigirenden Senats vom 9. Januar, den Bau einer neuen Straße an der preu⸗ ßischen Gränze betreffend: „Der dirigirende Senat hat sich folgenden Bericht des Herrn Finanz⸗ ministers vortragen lassen: Da unsere an Preußen stoßende Gränze, wegen ihrer waldigen, durch keine bewohnte Ortschaften geschützten Lokalitäten, der Einbringung von Contrebande und dem ungehinderten Durchgang von Leu⸗ ten, welche die erforderlichen Erlaubnißscheine nicht besitzen, beonders günstig ist, so hat der Finanzminister, nach Uebereinkunft mit dem Militairgouverneur von Wilna, für nöthig erkannt, zur zweckmäßigeren Zollaufsicht an dieser Gränze, statt des jetzt längs der Gränzlinie selbst gehenden Weges, in einiger Ent⸗ fernung davon, jedoch nicht tiefer als ½ Werst ins Land hinein, einen neuen anzulegen, und zwar so, daß zwischen demselben und der Gränzlinie kein Dorf stehen bleibe, und auf diesen Weg die Cordonshäuser, welche einzeln an der Gränze stehen, zu setzen und überdies an demselben an verschiedenen Orten Banerhäuser zu bauen, in denen die zur Verstärkung der Wache an der preußischen Gränze dienenden Armeesoldaten wohnen sol⸗ len. In Folge dessen wurde eine eigene Kommission niedergesetzt, wesche auf der Karte den prejektirten neuen Weg verzeichnen, die Pläne zu den Bauten anfertigen und den Kostenanschlag machen soll'e. Nach Beendigung dieser Arbeiten und nach Durchsicht der Projekte in der Ober⸗ verwaltung der Wege⸗Communicationen und öffentlichen Bauten, machte der Finanz⸗Minister darüber eine Vorstellung im Minister⸗Comité, welche Se. Majestät der Kaiser am 10. Nov. v. J. Allerhöchst bestätigt, und demzu⸗ folge befohlen haben: 1) Die Vorschläge der Kommission, betreffend die Anlage einer neuen Straße auf einer Ausdehnung von 28 Werst und 142 Faden, die Ueberführung von 17 Cordons⸗ und Wachthäusern von der Gränze nach dem Innern des Landes, den Bau eines Cordongebäudes für die Gränzwache und von 30. Bauerhäusern für das die Wache verstärkende Militair und das Abbrechen von 3 Krügen soll mit folgenden Mo⸗ dificationen ausgeführt werden: a) Zwischen den Cordons Kaskalne und Schilingi, auf der Strecke von 6 Werst und 185 Faden, soll der neue Weg nicht gemacht werden; b) zwischen den Posten Schupory und Gudawa, auf einer Strecke von 3 Werst und 400 Faden, soll eigens für russische Unter⸗ thanen ein neuer Weg angelegt werden statt des dortigen gemeinschaftlichen Weges, der blos für den Gebrauch der preußischen ÜUnterthanen bestimmt sein soll; c) das jetzt auf dem gemeinschaftlichen Wege stehende Cordon⸗ haus von Gudawa und der gudawaer Krug sollen auf andere Plätze ver⸗ setzt werden; und d) für die dem Militair, welches die Gränzwache ver⸗ stärkt, zu erbauenden Häuser soll der Chef des jurburgschen Zollbezirks ge⸗

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meinschaftlich mit dem Generalstabsoffizier, der sich wegen der Verlegung

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dieses Militairs an der Gränze befindet, statt der von der Kommission auf der Gränze selbst bezeichneten Orte, andere in einiger Entsernung von da aussuchen. 2) Die Anlegung des Weges und die übrigen Arbeiten sollen nach den angefertigten Plänen und Anschlägen auf Kontrakt oder in öko- nomischer Weise, wie es am bequemsten erscheint, ausgeführt werden. 3) Wenn die Gutsbesitzer für ihr Land, das für den neuen Weg, die Cor⸗ donshäuser und Wohnhäuser des die Gränzwache verstärkenden Militaires genommen wird, eine Entschädigung verlangen, so soll dabei nach Grund- jage der Regeln für die Expropriation von Privatkand auf Anordnung de Regierung verfahren werden. 4) Die Instandhaltung des neuen Weges 1 wird den Lokalbewohnern zur Last gelegt, wogegen der von ihnen jetzt un⸗ terhaltene Weg längs der Gänzlinie überall, wo es angeht, vernichtet wer⸗ den soll, wobei den Bewohnern der Gegend zur Pflicht zu machen ist, die Strecke an der Gränze, von welcher der Gränzweg ins Land bineingezogen wird, rein zu erhalten, wie es der Art. 40 der Zollordnung (Bd. 6 des Swod) vor⸗ schreibt. 5) Das zur Anlage des Weges, zur Ueberführung und zum Bau der Häuser und zur Entschädigung der Krughalter und anderer Parseng nöthige Geld soll nach Anweisung des Finanz⸗Ministers von den Summen des Departements des auswärtigen Handels genommen werden. 6) Den⸗ jenigen Gränzbewohnern, deren Grundstücke zwischen dem neuen Wege und der Gränzlinie liegen, soll zur Pflicht gemacht werden, jedesmal, wenn über den Weg gehen, daven den nächsten Zollposten zu benachrichtigen, 28 damit dieser die zur Aufsicht erforderlichen Maßregeln treffe; dieserhalb muß angezeigt werden, wer von den Bewohnern dort Land besitzt; das Verzeichniß derselben ist dem Gränz⸗Zollchef zu übergeben; den Bewohnern aber ist anzuzeigen, daß mit denen, welche den nächsten Zollposten von ihren Gängen g über den Weg nicht benachrichtigen, so verfahren werden wird, wie mit Leuten, die sich eigenmächtig, ohne gehörigen Schein, von ihren Wohnun⸗ gen entfernen. 7) Alle Neubauten zwischen dem Gränzwege und der Gränzlinie, wie auch jeder Umbau der daselbst noch befindlichen Häuser, soll in Zukunft verboten sein, die Aufsicht darüber, und daß der Artikel 40 der Zollordnung genau beobachtet werde, wird der Ortspolizei und der Zoll⸗ behörde vorgeschrieben. Diesen allerhöchsten Befehl übergiebt er, der Finanz⸗ minister, dem dirigirenden Senat zur Publication und zeigt an, daß zur Erfüllung desselben den Herren Militair⸗Gouverneuren von Wilna und Riga Mittheilung geschehen und dem einstweiligen Chef des jurburgschen Zollbezirks Befehl ertheilt worden ist.“ 8. In der St. Petersburger Zeitung wird gemeldet: „Da die Kasse der Kredit⸗Expedition, der unbehinderten Befriedigung der Frage nach Silbermünze zur Umwechselung der Kreditbillette wegen,. stets einen bedeutenden Silbervorrath haben muß, der im Jahre 1848 aber sich um Einiges vermindert hat, so ist für nöthig erachtet wor⸗ den, zur Ergänzung der Kasse dieser Expedition unter allerhöchster Genehmigung Sr. Majestät des Kaisers 3 Mill. Silber⸗Rubel aus dem Vorrathsgewölbe dorthin überzuführen. An dem dazu bestimm-⸗ ten Tage des 13. Januars wurden demnach in Gegenwart des Herrn Gehülfen des Reichscontroleurs, der Mitglieder des Revisions⸗Comi-⸗ té's und der Deputirten der Börsenkaufmannschaft und der ausländi- schen Handelsgäste, die zur Ueberführung bestimmten Summen revi⸗ dirt und unter Aufsicht der genannten Personen und mit einem dazu eigens beorderten Infanterie⸗ und Kavallerie ⸗Convoi unter Anführung eines Stabs⸗Offiziers transportirt. Nachdem solches ge⸗ schehen, veranstaltete das Conseil der Kredit⸗Anstalten in einer Ple⸗ nar Versammlung seiner Mitglieder, unter Vorsitz des Generals der Kavallerie, Fürsten Alexander Iwanowitsch Tschernyschew, und in Ge⸗ genwart der obengenannten Deputirten der Börsen⸗Kaufmannschaf und der ausländischen Gäste, eine nochmalige Revision des in das Gewölbe der Kredit⸗Expedition gebrachten Kapitals und überzeugt⸗ sich von der Richtigkeit der Summe, worüber ein schriftlicher Akt aufgesetzt und von den bei Revision zugegen gewesenen Personen unterschrieben wurde. Aus diesem Akt erhellt, daß der im Vorraths⸗ Gewölbe der Peter⸗Pauls⸗Festung liegende Fond der Reichs⸗Krebit⸗ Billets, nach Abzug des eben übergeführten Kapitals, 106,588,595 Rubel 190 Kopeken Silber beträgt.“

Die Polizei⸗Zeitung enthält Nachstehendes: „Seit eini⸗ ger Zeit hat das Lotto⸗Spiel in den Klubs und anderen öffentlichen Gesällschaften nicht allein der beiden Hauptstädte, sondern auch meh⸗ rerer Gouvernements⸗Städte in einem außerordentlichen Grade über⸗ hand genommen. Dieses Spiel ist aus einem unschuldigen Zeitvertreibe in eine verderbliche Leidenschaft ausgeartet, welche dem Familien⸗ und gesellschaftlichen Leben um so mehr Schaden bringt, als sie vorzugsweise in der Mittel⸗Klasse, unter den Beamten und unbemittelten Leuten, verbreitet ist; in der Hoffnung auf plötzlichen Gewinn, verspielen sie nicht nur nach und nach ihre ganze Habe, sondern auch noch ihr Gehalt, wodurch sie sich und Fam lie in das Elend stürzen. In Betracht dessen hat Se. Majestät der Kaiser am 22sten d. M. allerhöchst zu befehlen geruht, daß das

öffentliche Lotto⸗Spiel in den Klubs und gesellschaftlichen Vereinen jeder Art durchaus verboten werde.“

Italien. Rom, 25. Jan. (A. Z.) Die Abstimmung für die Wahlen zur verfassunggebenden Versammlung, die den 21sten be⸗ gannen und den 22sten vollendet waren, haben nach den glaubwür⸗ digsten Angaben 20,000 Abstimmende ergeben. Da die Zahl der stimmfähigen Bürger 50,000 beträgt, so stellt die Summe der ein⸗ gesammelten Stimmen zwei Fünftheile der dieses Recht Genießenden dar. Der leitende Ausschuß hat alle Kunstgriffe, alle Ueberredungs⸗ gründe angewandt, um, besonders die Proletarier, zur Abstimmung zu bewegen. Der Finanz⸗Minister begab sich persönlich in die Bü- reaus, um die Beamten nachdrückl’ch, selbst durch Einschüchterung, zur Abreichung ihrer Wahlzettel anzufeuern. Die Truppen stimmten kollektiv. Nirgends war etwas von einer Aufsichts⸗Behörde zu sehen, um zu verhindern, daß Leute unter einem und demselben oder gar unter verschiedenen Namen zwei und mehr Wahlzettel bei zwei oder mehr Wahl⸗Kollegien abgaben.

Der Fürst von Cauino hat die Wappen des Papstes und des römischen Senats von seinem Palaste herabhnehmen lassen.

Viele Gemeinde⸗Magistrate, wie die von Ancona, Ravenna, Bologna, und viele Präsidenten, wie Zanolini, Manzoni, Lovatelli, haben ihre Ent⸗ lassung eingereicht. Die Regierung ist über die Wahl von Nachfol-⸗ gern für dieselben verlegen. In Terracina, Albano und anderen Orten sind einige Ruhestörungen vorgefallen. Die Regierung hat außerordentliche Kommissäre mit ausgedehnten Vollmachten und mit Truppen dahin geschickt. Der Staatsschatz ist leer. Man beabsicha tigt, weitere 600,000 Schatzscheine auszugeben, für welche derjenige Theil der ehemaligen Leuchtenbergischen Güter verpfändet werden soll, welchen die Käufer noch nicht bezahlt haben. Wie es scheint, werden die des Attenta's vom 19. Januar schuldig befundenen Sol⸗ daten begnadigt werden.

Rom, 26. Jan. Die Geldsammlungen für Venedig breiten sich mehr und mehr über Italien aus, und namentlich in Rom und Florenz scheinen sie günstigen Fortgang zu nehmen. Der Contempo-⸗ raneo sagt: wie Cato jede seiner Reden mit dem Wort beschlossen: „Römer, zerstört Karthago!“ so könne er jetzt nur immer und immer wieder rusen: „Römer, rettet Venedig!“ 8 8

Es wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß das Königl. 8 Ministerium der geistlichen ꝛe. Angelegenheiten, in Folge hierzu erhaltener 3. Allerhöchster Ermächtigung, die Auflösung der Jänickeschen Missions⸗Gesella. schaft hierselbst angeordnet hat und daher fuͤr die Zwecke derselben nicht mehr kollektirt werden darf. 3

in, den 27. Januar 1849.

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Königl. Konsistorium der Provinz Brandenburg.