1849 / 38 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

An eine Verpflichtung zur Wiederherstellung Po⸗ lens, die wir hätten, glaube ich allerdings nicht. Aber ich daß wir die Theile Polens, die nun einmal ber fas oder . an uns gekommen sind, mit Schonung und mit bs; zu 6 . deln, daß wir ihre Nationalität zu achten und ihnen dg Versprechungen zu halten haben. Die Reorganisation 20 ganzfn Großherzogthums Posen ist ihnen zugesagt woree Kann dies. g eine Erfüllung dieses Versprechens gelten, daß wir drei Viertheile davon losreißen, daß dieser Reorganisation nur ein Viertheil übrig bleibt. Mit welchen Gründen wollten wir uns der russischen Regie⸗ rung widersetzen, wenn das den Polen überlassene Viertheil der Schauplatz der unruhigsten Bewegung, wenn es eig Seiten⸗ stück zur Moldau und Wallachei und dadurch für Rußland der Anlaß zum Einschreiten würde?“ Indessen bewährt sich Herr Döllinger auf dem politischen Gebiete keinesweges als ein so bedeutender Redner, wie in der Kirchenfrage. Nicht einmal die Aufmerksamkeit des Hauses vermag er in einem höheren Grade für die geschichtliche Auseinandersetzung zu fesseln, in welcher er die Umstände schildert, unter denen die Einverleibung Posens in das Königreich Preußen erfolgt sei. Durch ein großes Unrecht sei diese Einverleibung geschehen. Hüten wir uns nun, daß wir uns an die Ostseite des Reichs kein unglückliches Irland setzen! Von dem Prin⸗ zipe, daß wir den Volkswillen vertreten, dürfen wir auf keine so flagrante Weise abgehen. Was Anderes sei es denn, als eine Wie⸗ derholung des französischen Uebermuths, der einst zu den Holländern sagte: man wird verhandeln bei Euch, man wird verhandeln über Euch und wird verhandeln ohne Euch. Gerade so thun wic jetzt den Polen, so daß ihnen nur die Wahl zwischen zwei Uebeln bleibt, ob sie die Einverleibung des ganzen Großherzogthums oder ob sie dessen Zerstückelung wollen.

Göden von Krotoszyn: Die ganze Bewegung in unserer Pro⸗ vinz ist auf beiden Seiten eine nationale gewesen und als solche von Ihnen anerkannt worden. Eine Gränzlinie sollte gezogen werden zwischen dem deutschen und polnischen Theile. An dieser Trennung halte ich noch heute fest. ir

Tod verdammte!

Wir würden polnische Vertreter im deut⸗ schen Parlament, wir würden die Zwietracht anstatt des Friedens in meiner Heimat haben, sollte die ganze Provinz in Deutschland ein⸗ verleibt werden. Allein der Antrag der Herren Döllinger, Thinnes ꝛc. darauf ist schon nach der Geschäftsordnung nicht mehr zulässig, denn er ist schon einmal verworfen worden. Dagegen muß ich mich aus folgenden Gründen für die jetzt gezogene Gränzlinie dringend aussprechen. Unsere Provinz bildet ein flaches, wasser⸗ und hügel⸗ armes Land. Kein Berg und kein Fluß kann uns zur Gränzscheide dienen, und die Bauern, die Besteller des Bodens, sind wesentlich Deutsche. Dazu befindet sich unsere Provinz seit 10 Monaten in einer Unsicherheit ihrer Zustände, die allen ihren Wohlstand, die Handel und Gewerbe lähmt. Ich bitte Sie, genehmigen Sie die vom General Schäffer⸗Bernstein gezogene Gränzlinie, damit aus meiner Heimatgegend der Ausdruck des Dankes und der Freude hier⸗ her dringe!

Herr Venedey ist durch den Bericht des völkerrechtlichen Aus⸗ schusses von Schamgefühl erfüllt. Aber wie klein es auch sei, so verlangt er doch, daß ein Polen übrig bleibe, ein Stück Vater⸗ land, wo die Namen der Völker aufgezeichnet werden können, die Polen getheilt und zerrissen haben. Dies Polen, welches wir bald schmerzlich vermissen werden, wenn es den Kampf gegen Rußland ilt!

ü Ein plötzliches Schweigen lagert sich über die Versammlung. Es kündigt das Auftreten des

Herrn von Radowitz an: Meine Herren! Als ich vor sie⸗ ben Monaten mir das Wort in der posenschen Angelegenheit erbat, stand die Frage so: Soll und kann man da die Gränze ziehen, wo die polnische Nationalität und Sprache beginnt, oder baben wir Pflichten zu erfüllen, welche über diese Gränze hinausreichen? Meine Herren! Sie haben die Frage bereits beantwortet und zwar in letz⸗ terem Sinne. Ihr Beschluß vom 27. Juli v. J. stellte zwei Punkte fest. Der erste, daß die Landestheile, welche Posen angehören, Theile und Glieder des neuen deutschen Reichs sein sollen; der zweite, daß eine Demarcationslinie gezogen und da, wo sie zweifelhafte Landesstriche durch⸗ zieht, neuerdings Untersuchungen über ihre Feststellung stattfinden sol⸗ len. Ich ziehe hieraus Folgerungen, die ich für unabweielich hatte, und nach welchen in diesem Augenblick und nie die Rede davon sein kann, irgend einen Punkt jener Landestheile, die durch den Beschluß vom 27. Juli v. J. in den Reichsverband aufgenommen worden sind, zum Gegenstand einer Erörterung zu machen. Nissa und Itschernoff gehören zu Deutschland, wie Landau an der Isar und Homburg vertreten sind unter uns, und ich hoffe, Sie werden ferner Ihre Nationalität zu erhalten wissen.

Es kann daher meiner Ueberzeugung nach die sogenannte po⸗ sensche Frage in diese Erörterung überhaupt gar nicht mehr gezogen werden. Ich bin nicht fremd dem Mitgefühl der tragischen Geschichte des polnischen Volkes, ich weiß in seiner Geschichte das helle Licht und den tiefen Schatten sehr wohl zu unterscheiden. Dieses Mitgefühl ist selbst nicht erloschen durch die schmerzlichen Wahrnehmungen, daß wir seit Jahreefrist Manche unter ihnen als Sendboten des Un frie⸗ dens und der Empörung, als Condottiere des Aufruhrs geseben baben. Aber ich glaube, daß diese subjektive Ansicht mich nicht enebindet von der höchsten Pflicht, nämlich von der Pflicht gegen das Vate land, das einen, wenn auch nur kleinen Theil seiner Fürsorge in meine Hände gelegt hat. Die andere Frage, ob die Landestheile, welche von jener Aufnahme in das deutsche Reich ausgeschlossen worden, demgemäß eben alls zu Deutschland zu ziehen seien, halte ich nicht für hierher gehörig, denn darüber liegt uns kein Antrag vor, weder von den Betheiligten, noch von den Regierungen.

Meine Herren! Das Historische ist Ihnen bekannt, Sie wissen, daß der Reichs⸗Kommissär in Berlin bereitwillige Aufnahme ge⸗ funden hat, Sie wissen, daß er an Ort und Stelle die That⸗

ve ““ hat, als es ihm irgendwie möglich war. E616u6“ hat er uns seinen Vorschlag vorgelegt, der schon eine vorlänsige Genehmigung der preußischen Regierung erlge

- 8u migung der preußischen Regierung erlangt hat, und wir haben in letzter Instanz ihn zu prüfen. Dieser Vor schlag hat vier Gesichtspunkte in dem Berich 5 r

884 Sscise En E113“”“ m Berichte zur Erwägung gezogen. Zuerst: daß kein Theil, kein Punkt jener L desedile die der Beschluß vom 27. Juni in Deutschland se. wie wegen der Demarcation aus Deutschland ansgewiese! könne. Er bat zweitens geglaubt, Rücksicht nehmen 5 ngs auf die Reclamationen, welche an den Reichs⸗ Kommisser 8 waren. Er hat, drittens, Rücksichten aufgestellt, welche von g. rechtlicher Art sind, wie die Aufnahme der krotoschinschen Tbeile. und hat endlich, viertens, die politisch⸗militairischen Rücksichten genau und im Einzelnen erwogen. Ich habe hinsichtlich der drei ersten Gesichtspunkte es mir nicht zur Aufgabe gestellt, zu Ihnen zu sprechen. Wir hahben in dem Berichte das Material lie⸗ gen, und ich zweifle nicht, daß es weiter zu einer Erörterung kommen werde, dagegen erbtte ich mir Ihre Aufmerksamkeit für den letzten Theil, für den militairisch⸗ politischen Gesichtspunkt, der mich selbst am meisten berührt. Der Redner ersucht die Ver⸗ sammlung, die Karte zur Hand zu nehmen. Die strategischen Ent⸗ wickelungen, die er danach vor Augen legt, rechtfertigen die vom Reichs⸗Kommissär gezogene Linie als eine solche, wie sie gebieterisch

gefordert werde für die Vertheidigung Deutschlands. „Daher stimme ich für den Antrag.“ (Beifall.)

Herr Rösler von Oels findet gleich Herrn Schmidt aus Lö⸗ wenberg die Karte nicht ausreichend, die der National⸗Versammlung übergebenen Vorlagen überhaupt so ung haabd, daß er, nachdem vorhin sein präjudizieller Antrag als mit dem Schmidtschen gefallen betrachtet worden ist, jetzt den fernerweit l Antzuürg stellt, über den Ausschußbericht, in Erwartung, daß bess agen erfolgen wür⸗ den, vor der Hand zur motivirten Tag ig überzugehen.

Herr Wurm aus Hamburg: Dgo† che Standpunkt, von dem ich die Frage betrachte, ist der as Recht, sondern die Gewalt handhaben wir. Es ist ein Ftspruch, den wir zu erlas⸗ sen haben, schon darum, weil wir nur einseitig entscheiden. Aber die Nothwendigkeit gebietet, daß wir zu einem Schlusse kommen. Darum bin ich zwar nicht der Meinung, daß die Wiederherstellung Polens in das Reich der Träume zu verweisen sei. Aber nicht der Enthu⸗ siasmus wird Polen wieder aufrichten, vielmehr wird die nüch⸗ terne und praktische Politik, die schon mehrmals nahe hingestreift ist an der Wiederherstellung Polens, auf diese Wiederherstellung zu⸗ rückkommen. Wollen Sie Beweise?Sie finden sich in der ösier⸗ reichischen Geschichte der Zeit, wo sich Oesterreich mit Frank⸗ reich gegen Rußland verband, und in der Geschichte des wiener Kongresses. Auch das Jahr 1828 und die Zeit des polnischen Aufstandes erneuerte den Gedanken dieser Wiederherstellung in der diplomatischen Welt. Aber was die leitenden Grundsätze, von denen wir auszugehen haben, anlangt, so ist nicht so bekannt, als der, Polen betreffende Beschluß des Vorparlaments, die Be⸗ gründung des Antragstellers, des Herrn von Struve von Mann⸗ heim, in der es sofort für eine heilige Pflicht des Vaterlandes erklärt ward, sich der 700,000 deutschen Brüder in Posen anzunehmen. Der Funfziger⸗Ausschuß hat überdies sodann aus⸗ drücklich den Beschluß des Vorparlaments dahin erläutert, daß durch ihn die deutschen Interessen nicht gefährdet werden dürften. Es ist die Rücksicht auf die Nationalität, auf den Wunsch der Be⸗ völkerung, auf die militairische Gränze und endlich hauptsächlich die Rücksicht, daß wir ein Stück als Polen hinstellen, als ein vollberech⸗ tigtes Polen, die wir bei der Beurtheilung der Abgränzungslinie zu nehmen haben, einer Abgränzungslinie, die dereinst woyl die Gränz⸗ linie des deutschen Reiches werden kann. Die Centralgewalt hat ei⸗ nen Mann ihres Vertrauens nach Posen gesandt. Wozu hat man Experten, wenn man auf ihre Gründe kein Gewicht legen will? Stärken Sie Preußen, machen Sie es so unabhängig als möglich von Rußland. Preußens Stärke ist Deutschlands Stärke. Machen Sie es so stark, daß es eines Tages auch gerecht werden könne gegen Polen! (Beifall.)

Herr Wiesner von Wien: Die Polen haben auf allen Punkten Deutschlands für die Freiheit gefochten, in der Hoffnung auf den Dank des „gemüthlichen“ Deutschlancs. Wie lautet die Inschrift neben unserer Germazia? (Gelächter von dem Theile der Versammlung er ist nicht zahlrech der beim Erscheinen des Re ners auf dem Platze geblieben). „Walle hin, du Opfer⸗ brand ꝛc.“ Nachdem Herr Wiesner den Vers cetirt hat, beklact er, daß dessen Inbalt nur noch in den unbefangenen Seelen seiner Parteigenossen einen freundlichen Wiederhall finde. Die Theilung Polens sei in diesem Saale beschlossen worden, eine unglückselige Vorläuferin der Theilung Deutschlands, die jetzt durch die Aus— schließung Oesterreichs beabsichtigt werde. Wie die Deutschen in Posen zu ihrem Grundbesitz gelangt seien, darüber gebe das schwarze Buch von Hans von Held Auskunft. Wenn Deutschland solche Ko⸗ lonisten sende, so werde sich die Welt vor ihm hüten. Die Polen schweigen zu unserem Vorhaben, aber dies Schweigen ist keine Ein⸗ willigung. Die Polen handeln wie jene Mutter vor König Sa⸗ lomo, die ihr Kind lieber weggeben, als getheilt sehen wollte. Aber wo sitzt jetzt ein Salomo auf einem deutschen Thron? Herr Wies⸗ ner erklärt sich schließlich für den Antrag Wigard's auf Uebergang zur Tagesoreonung über den Ausschußbericht.

Herr Wuttke aus Leipzig brzeichnet es als eine undeutsche und schmäbliche Gesinnung, die das Unerhörte wage in einem deutschen Parlamente, das Mißliche und Schlechte des eigenin Volkes bervorzukehren, um daraus Anklagepunkte gegen sich selbst und Hülfsmittel für den Feins zu bilden. Denn seindlich habe sich Polen von je gegen Deutschland benommen. Nachdem der Red⸗ ner dann die Lage der Sachen betrachtet und in ihr nur die drin⸗ gendsten Geünde gefunden hat, daß durch einen Beschluß die deutsch⸗ polnische Frage enr gültig entschieden werde, hofft er, nien als wied r eine ähnliche Sprache, wie die von ihm gerügte, in diesem Hause zu vernehmen.

Da hierauf der Schluß der Debatte beliebt wed, so ergreift nech einmal der Berichterstatter, Herr Sch nbert, das Wort und bringt durch seinen Vortrag, worin er das ganze Ergebniß der heu⸗ tigen Debatte zusammenfaßt und die wider die Genehmigung der vor⸗ geschlagenen Abgränzungslinie geäußerte: Bedenken sowohl, als die der deutschen Nationalität in Bezuz auf Polen gemachten Vorwü fe widerlegt, eine nachdrückliche Wirkung h roor. Dann erfolgt die Ab⸗ stimmung nachdem der Antrag der Herren Wigard und Genossen auf Tagesordnung abgelehnt und der von Nauwerk gestellie even⸗ tuelle Antrag zurückgezogen worden ist durch Namensoaufruf dar⸗ über, daß die Nationalversammlung, dem Ausschußerachten gemäß,

„die vorbehaltene Genehmigung zu der in Auftrag eer provisori⸗ schen Centrolgewalt vom Reichskommissär von Schäffer⸗Berastein

festgestellten Demarcat onslinie auf Grund des Beschlusses vom 27.

Juli vorigen Jahres ertheile.“ dies wird von 280 bejahenden gegen 124 verneinende Stimmen an⸗ genommen. Alle Zusätze dazu werden abgelehnt. Die nächste Sitzung findet Donnerstag den Sten statt: Berathung über den zu⸗ rückgelegten Theil der Grundrechte.

Frankfurt a. M., 6. Frbr. Die O. P. A. Z. enthält in ihrem amtlichen Theile Folgendes:

„In Erwägung erstens, daß die auswärtigen Verhältnisse, deren Lage nach den Ereignissen in Frankreich vom Februar v. J. am 8. Mäͤrz v. J. die deutsche Bundes⸗Versammlung vermochte, an die Bundes⸗Regierungen das Ersaͤchen zu richten: „zur Sicherstellung des Beoarfs an Pferden bei etwa erforderlich werdender Mobil⸗ machung des einen oder des anderen Bundes⸗Armeecorps vorerst die Ausführung von Pferden nach anderen nicht zum deutschen Bunde gehörigen Staaten zu untersagen“, gegenwärtig keinen Grund zur allgemeinen Fortdauer eines solchen Verbotes darbie⸗ ten; in Erwägung sodann, daß die landwirthschaftlichen Inter⸗ essen mehrerer deutscher Staaten, namentlich Hannovers, Meck⸗ lenburgs, Oldenburgs, Luxemburgs, zufolge der Berichte der Regierungen dieser Staaten, welche die Pferde⸗Ausfuhr wieder freizuschen wünschen, unter dem Verbote derselben leiden, hat Se. Nelic. Hahne der Erzherzog Reichsverweser auf den Antrag seines d decgtse asce am 27. Januar 1849 beschlossen, den Regierungen tralgewalt für b kund zu geben, daß die provisorische Cen⸗ 11 he neg hes in dessen auswürrigen Verhältnissen kei⸗ deutschen Einzeig he, ein allgemeines Pferde⸗Aussuhrverbot in den

hen Einzelstaaten fortbestehen zu lassen, und daher den Regie⸗ rungen der Einzelstaaten anheimstelle, die ihnen in Folge de

Bundes⸗Beschlusses vom 8. März v. J. erlassenen Verordnungen wie⸗ der aufzuheben. „Der Reichs⸗Minister des Handels hat diese Kundmachung am

genannten Tage durch Cirkular⸗Note an alle deutschen Regierungen vollzogen.“

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Sachsen. Dresden, 6. Febr. (D. A. Z.) In der heu⸗ tigen Sitzung der ersten Kammer ergriff nach dem Vortrage der Registrande der Präsident Dr. Joseph das Wort, um in Betreff ersten Gegenstandes der Tagesordnung, die Berathung über einen Differenzpunkt in der deutschen Oberhaupts⸗Frage, zu bemerken, daß, als am 23. Januar die erste Kammer dem Heubnerschen Antrage beigetreten, sie sich nicht veranlaßt gesehen habe, dem Zusatzantrage des Abgeordn. Böricke, welcher ähnlichen Inhalts wie der Tzschir⸗ nersche gewesen, beizutreten. Inzw schen sei die Frage in der zweiten Kammer nochmals zur Berathung gekommen, und diese sei bei dem Tzschirnerschen Antrage dahingehend stehen geblieben, daß sich die Regierung im Sinne der Kammern über die Oberhauptsfrage aus⸗ sprechen möge. (Die Ministerplätze sind leer, jedoch befindet sich Staats⸗Minister Oberländer als Abgeordneter in der Kammer.) Abgeordneter Heubner räth der Kammer an, dem Beschlusse der zwei⸗ ten Kammer beizutreten. Als der Gegenstand zuerst zur Berathung gekom⸗ men, habe kein Prinzip zu Grunde gelegen, es habe sich einfach darum ge⸗ handelt, den Willen des Volks kundzumachen. Durch die preußische Cirku⸗ larnote sei mittlerweile in den Verhältnissen eine wesentliche Veränderung

insofern eingetreten, als nun die Regierung gezwungen sei, irgend welche Er⸗

klärung zu geben. Wünschenswerth aber müsse es sein, daß diese in dem Sinne der Kammer ausfalle. Abgeordneter Böricke zeigt hiernach den Unterschied seines von der ersten Kammer verworfenen Antrags und des Tschirnerschen; ersterer sei gegen die Einsetzung eines erblichen und unver⸗ antwortlichen Oberhaupts aus dem Hause Hohenzollern gerichtet gewesen, letzterer sei ganz allgemeiner Natur; er füge zu den Beschlüssen der Kam⸗ mer das Compelle hinzu, und das sei nothwendig, wenn die ersteren nicht ganz wirkungslos bleiben sollten.

Abgeordn. Oberländer: Er halte dafür, daß es am zweckmäßig⸗ sten sei, bei den Beschlüssen der ersten Kammer einfach stehen zu bleiben, indem dadurch der Zweck vollkommen erreicht worden wäre. Das Volk mußte sich in dieser wichtigen Frage durch seine gesetzlichen Vertreter aus⸗ sprechen, die öffentliche Meinung, der nichts zu widerstehen vermöge, hätte darin ihren Ausdruck gesunden. Uebrigens sei die Zeit vorüber, wo die Völker ein Spielball der Kabinetsstaatskunst gewesen seien, und sie werde hoffentlich niemals wiederkehren. Dies müsse man anerkennen, wenn man ein einiges und starkes Deutschland haben wolle, oder man werde gar kein Deutschland haben. Bei Beantwortung der deutschen Oberhauptsfrage dürfe kein Theil des Ganzen ausgeschlossen bleiben, und aus eben diesem Grunde sei die öster⸗ reichische Frage bei weitem die wichtigste, nicht allein der 10 Millionen deut⸗ schen Brüder, sondern auch der eigenthümlichen Lage dieser Länder wegen. Zuerst seien die materiellen Interessen Deutschlands ins Auge zu fassen. Wenn ämlich Deutschland dauernd für diese sorgen wolle, so müsse vor allen Din⸗ gen darauf Bedacht genommen werden, daß die Bewegung der deutschen Ge⸗ werbe und des deutschen Handels nach dem Oriente gelenkt werde. Wenn die⸗ ser den Deutschen verschlossen bliebe, was durch die Ausbreitung des Russen⸗ thums in kurzem bewirkt werden könnte, so würden diese niemals ein opu⸗ lentes Volk werden. Das Adriotische Meer sei die Pulsader des deutschen Handels, und wenn den Deutschen die Donau verschlossen werden sollte, so müßten alle kommerziellen und industriellen Anstrengungen umsonst bleiben. Nun aber könne Deutschland jenen Völkern nicht anders als durch die Ver⸗ mirtelung Oesterreichs die Hand reichen. Es sei deshalb dringend nothwen⸗ dig, bei unseren National⸗Vertretern in Frankfurt a. M. dahin zu wirken, daß die österreichische Frage baldmöglichst in diesem Sinne gelöst werde. In politischer Beziehung aber sei er der Meinung, daß die Oberhaupts⸗ frage nicht auf dem Wege der Diplomatie, sondern durch die National⸗ Versammlung entschieden werden müsse. Daher sei er der Ansicht, daß die Autorität der frankfurter National⸗Versammlung nicht zu schwächen, son⸗ dern zu kräftigen sei. Solle er für seine Person als Abgeordneter zu der Feststellung der Meinung des Hauses etwas beitragen, so sei allerdings nicht dahin zu wirken, daß ein erblicher Kaiser eingesetzt werde, aber ihm scheine es hinreichend, daß dies durch die gesetzlichen Vertreter des Volkes ausgesprochen worden sei. Uebrigens dürfe man sich über die Kraft des Widerspruchs in dieser Hinsicht keine Illusionen machen.

Abg. Heubner: Der Abg. Oberländer habe ihm ganz aus dem Her⸗ zen gesprochen; auch er wolle kein Kleindeutschland; lieber, daß jetzt nichts geschehe, als daß der Riß zwischen Deutschland und Oesterreich unheilbar gemacht werde. Bauen wir nicht, fährt der Redner fort, eine Kluft aus, die den Enkeln zum Nachtheil gereiche, und lassen wir eher die zusammen⸗ getragenen Bausteine einstweilen ungenutzt liegen, in der Geschichte haben einige Jahre nicht viel zu bedeuten. Gegen das Bollwerk, was man gegen Oesterreich aufzuführen gedachte, gegen den Grundsatz: „Ein Preußen und kein Deutschland!“ waren die Anträge der Kammern gerichtet. An einen Widerstand habe man hierbei nicht gedacht, sondern es habe sich blos um eine Willensäußerung des Volks gehandelt. Eine größere Bedeutung könne auch dem Tzschirnerschen Antrage nicht beigemessen werden. Die Kammer wünsche nun in dieser Frage mit der Regierung im Einklange zu stehen, und diesen herzustellen, sei der genannte Antrag geeignet. Nachdem hier⸗ auf der Präsident noch Einiges in formeller Beziehung bemerkt hatte, tritt die diesseitige Kammer dem Beschlusse der zweiten, d. h. dem Tzschirnerschen Antrage, daß sich die Staatsregierung im Sinne der Kammer in Betreff der Oberhauptsfrage aussprechen möge, einstimmig bei.

Sachsen⸗Weimar. Weimar, 7. Febr. Die Weim. 3. meldet: „Aus Veranlassung des für unser Fürstenhaus erfreulichen Ereignisses der Geburt einer Prinzessin hat der Großherzog am 2ten d. M. dem Staatsanwalte aufgegeben, alle bis zu diesim Tage an⸗ hängig gemachten Untersuchungen wegen Beleidigung Seiner Person oder anderer Glieder des Großherzogl. Haufes niederzuschlagen.“

Gegenwärtig sind Abgeordnete sämmtlicher thüringischen Staa⸗ ten hier versammelt, um unter dem Vorsitz des von der provisori⸗ schen Centralgewalt beauftragten Königl. sächsischen Generats, Gra⸗ fen von Holzendorf, die Formirung einer thüringischen Division aus den Militair⸗Kontingenten der verschiedenen Staaten Thüriagens zu berathen.

Oldenburg. Oldenburg, 5. Febr. (Wes. Zts.) Verm ttelangs⸗Vorschlag des Ministeriums in Bezug Hif . E Liste (s. Vreuß. St. Anz. Nr. 34) ist heute von bem Landlage bei namentlicher Abstimmung mit 20 gegen 5 Stimmen 1ou1. worden. Eine vierstündige, vielseitige Besprechung 1ö1 6 einer ungewöhnlich großen Zuhörermenge, welche mit testen Aufmerksamkeit den Verhandlungen folgte. bE111“ der Abgeordudten blieb eine ausführliche Begründung L111“ schuldig.

GC1I11“

Frankfurt. Frankfurt g. M.. 6. 8 8 8 SSS. r†inon . v 1 8 Einer in der heutigen Nummer des hiesigen Am e, Lagen . nen amtlichen Bekanntmachung zufolge, ist in hee. hh schen hier Herstellung einer elektro⸗magnetischen Telegraphen⸗Linie zwischen hier und Berlin auf hiesigem Gebiet begonnen worden.

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Oesterreich. Pesth, 2. Febr. (Coust. Bl. aus Böh⸗ men.) Gestern Nachmittags wurde folgender Erlaß veröffentlicht: Es ist zur Kenntniß Sr. Durchlaucht des Herrn delg arftahe Fürsten zu Windischgrätz gelangt, daß am 26sten und 27sten Se als Pesth und Ofen nur mit einer sehr schwachen Garnison besetzt war, 9 4 einem Theil der Einwohner ein kriegerischer Geist sich dadurch kund 8 61 mit Kap⸗ pen und anderen Nationalgarde⸗Kleidungsstücken, theils mit rothen Federn, 8 8 .

theils mit rothen, oder aber mit schwarz und roth eingefaßten Bändern auf den Hüten in den Gassen und auf den Plätzen beider Städte sich zeigten. Um diesem Geiste die Gelegenheit zur Beschaͤftigung geben zu können, haben Se. Durch⸗ laucht angeordnet, den gesammten Bewohnern dieser beiden Städte hiermit kund zu geben, daß alle Individuen, ohne Rücksicht auf ihr Alter oder ihren Stand, bei welchen solche Abzeichen gesehen werden, verhaftet, mit dem nächsten Militair-Transport von hier abgeführt und in einen Truppenkörper eingereiht werden. Damit aber sich Niemand mit einer Ausrede entschul⸗ digen könne, wird gegenwärtige Proclamation in allen Häusern vertheilt, und die Hausherren oder Stellvertreter sind verpflichtet, dieselbe allen In⸗ wohnern kund zu machen, auch wird solche an allen Schranken angeheftet, damit Zureisende Kenntniß davon erlangen. Am 3. Februar d J., bs alle Einwohner von dieser Anordnung bereits verständigt sein müssen, tritt dieselbe in Kraft und Wirksamkeit. Ofen, am 31. Januar 18490. Ladis⸗ laus Graf Wrbna, Feldmarschall⸗Lieutenant und Kommandant des 2. Armee⸗Corps.“ 8 8

Frankreich. National⸗Versammlung. Sitzung vom 5. Februar. Auf dem Konkordien Platze sieht man gegen Mittag einige Blusenmänner. Die Abtheilungssäle sind gedrangt voll; es werden die Vice⸗Präsidentschafts⸗ und Sekretariats⸗Wahlen vorge⸗ nommen. Bei Marrast, sagt man, sind sämmtliche Mitglieder der alten Verfassungs⸗Kommission versammelt, um eine Erklärung zu be⸗ rathen, die sie im Angesicht der National⸗Versammlung abgeben wollten, und die dahin lauten würde, daß sie bei Abfassung der Con⸗ stitution von dem Gesichtspunkte ausgingen, der Präsident der Repu⸗ blik müsse seine Minister aus der Majorität wählen. Eben so wolle man das Budget verwerfen. Um 2 Uhr eröffnet Marrast die öffentliche Sitzing. Eine Menge von Petitionen wird über⸗ reicht. Die Gemeinden Lavillette, Troyes, Lunneville, Vienne und andere bitten um die Erlaubniß, sich behufs Beschäf⸗ tigung ihres Proletariats übersteuern zu dürfen. Wird geneh⸗ migt. Marrast: Folgendes ist das Resultat der Büreauwahlen: Zu Vice⸗Präsidenten wurden gewählt: 1) Goudchaux mit 506, 2) Lamoricière mit 494, 3) Havin mit 494, 4) Corbon mit 473, 5) Billault und 6) Bedrau mit 364 Stimmen. Die Rue de Poitiers ist also ganz unterlegen. Perrée, der den Minister Faucher neulich so heftig angriff, und Peupin, Uhrmachergehülfe, wurden zu Stere⸗ tairen gewählt. An der Tagesordnung ist nun die Fortsetzung der Debatte über Dringlichkeit einer Untersuchung der Ereignisse vom 29. Januar. (Aufmerksamkeit.) Leon Faucher, Minister des In⸗ nern (hört! hört!): Die Erklärung im Moniteur, doß das Mi⸗ nisterium trotz des vorpestr gen Votums bleibe, beginnt er, sei als ein Trotz des Kabinets gegen eie National⸗Versammlung ausgelegt worden. Im Namen des Kabinets versichere er jedoch, daß kein solcher Geranke in der Erklärung des Moniteur liege. Der Prästdent der Republik habe den Augenblick zu ernst gefunden, um sein Ministerium zu ändern. (Ah! Ah! zur Linken.) So bange letzteres daher das Vertrauen des Präsidenten habe, werde dasselbe es als Pflicht halten, auf seinem Posten zu bleiben. (Bewegung.) Was die lithographirten Bülletins betreffe, so sei Befehl gegeben worden, daß jeder beurtheilende Artikel in Zu⸗ kunft wegfalle. (Nicht genug! zur Linken.) Was den Gesetz⸗Ent⸗ wurf rücksichtlich der Klubs betreffe, so gründe er seinen Aufhebungs⸗ Antrag auf folgenden Thatsachen. Der Minister entfaltet hier ein Aktenheft, um nachzuweisen, daß in Lyon allein 132 sozialistische und kommunistische Klubs beständen, in denen, wie in den pariser Bern⸗ hardschen Klubs, Mord und Todtschlag gelehrt würden. Aus diesen Klubs sei die große Staatsgefahr vom 29. Janur hervor gegangen, zu deren Abwendung die Regierung die starke Truppenmacht ent⸗ altet habe. Der Minister schildert noch einmal das Netz der geheimen Gesellschaften, welches ganz Frankreich umstricke und die Mobilgarde zu gewinnen gesucht habe, um die Republik zu stürzen. (Oh, Oh!) Statt also das Ministerium anzuklagen, verdiene es den Dank und die Anerkennung der National⸗Versammlung für seine Vorsicht. Flocon entgegnet dem Minister, daß er ücksichtlich der Klube nur abgerissene Berichte der Carlierschen Polizeispione vorgelesen habe, die so isolirt und einseitig daständen, daß sie gar nichts bewiesen, am allerwenigsten eine Aufhebung der heiligsten Volksrechte begründen könnten. Uebrigens verlange man ja nur Untersuchung der Dinge. Seien der Minister und die Polizei weärklich unschuldig, so werde sich dies schon herausstellen. Die Forestiersche Angelegenheit sei eine schreiende Ungerechtigkeit. Der Reduer keitisirt die Note im Moni⸗ teur mit Bitterkeit und sagt, die Minister allein gäben sich ein Ver⸗ trauenszeugniß. Oudinot schlägt folgende motivirte Tagesordnung als Vermittelung vor: „Die National⸗Versammlung nimmt die Konklusionen des Kommissionsberichts an und geht, in Erwägung, daß die Bülletins, welche Agitation im Lande bervor⸗ gerusen: reine Privat⸗Industrie seien und vom Ministerium desavouirt worden, zur Tagesordnung über.“ Oudinot entwickelt seinen Antrag. Er macht kein Geheimniß daraus, daß er denselben im Verein mit der Majorität der Untersuchungs⸗Kommi sion (und dem Ministerium) stelle. Es sei ein Mittel zur Versöhnung. Alle wollten ja nur Ein Ziel, nämlich das Glück und den Ruhm Frankreichs! Stimmen links: Der Republik! Oudinot: Nun ja, das Glück und den Ruhm unserer jungen Republik! Sar pont (Bussac) bekämpft den Oudinotschen Vorschlag. Mau⸗ habe dem Kabinet Mißtrauen auszusprechen. Und nun schlage man Befall für dasselbe vor. Statt eines Mißtrauens Votums werde ein Vertraurns⸗Votum beantragt. Die Minorität der Untersuchungs Kommission repräsentire die Majorität der Versamm⸗ lung, und sie werde nimmermehr in ein solches Gutzotsches System will gen. (Lärm rechts.) „Ja wohl, das Ministerium will nach Art Guzot's mit der Mmorität regicren. Es darf nicht länger am Staatsruder bleiben.’“ Der Redner sagt übrigens: die Kammer trage selbst die Folgen ihrer Fehler. Warum habe sie Grevy's Ver. fassungsamendent verworfen? Mit dem Piinzipe feststehender Prä⸗ sidentschaft werde man nothwendig wieder auf die alte monarchische Bahn gerathen. (Lärm zur Rechten und Beifall zur Linken.) Das Minssterium sei durch und durch reactiovair. In den Hafenplätze: und Festungen habe das Kriegs⸗Ministerium ganze Handwerker⸗ Compagnieen auf das Pflaster geworfen. Der Kriegs⸗Minister macht lebhafte Bewegungen auf seinem Platze.) In Straßburg habe der Magistrat die Brodlosen beschäftigt. Man habe absichtlich Gäh⸗ rung unter dem Proletariat erzeugen wollen. (Lärm und Bravo zur Linken.) Er hoffe daher, dies National⸗Versammlung werde nicht Ou⸗ dinot's, sondern Perrée's Fassung annehmen. R ulhidr es, Kriegs⸗ minister, und Tracy, Marineminister, ertheilen die Versicherung, daß alle Hafen⸗ und Festungsarbeiter wieder angestellt werden sollten. (Zum Schluß! Zum Schluß!) Unter großer Aufregung schreitet die VBersammlung zur Abstimmung über die Frage: Ob über 1 oder über Perrée's Tagesordnung zuerst abgestimmt werden solle? Mit 435 gegen 403 Stimmen wird der Oudinotschen Fassung der Vorrang eingeräumt. (Sensation.) Marrast liest die Oudinotsche Tagesordnung von neuem vor. Sie lautet: „Die National⸗Ver⸗ sammiung nimmt die Konklusionen der Untersuchungs⸗Kommission an und geht in Rücksicht, daß die Bülletins vom Ministerium desavouirt worden sind u. s. w. zur Tagesordnung über. „Es wird zur Ab⸗ stimmung geschritten. Die Huͤdinotsche Conciliations⸗Tagesordnung wird mit 481 gegen 359 Stimmen angenommen (oh! oh!) und die Situng um vor 7 Uhr geschlossen. Die Kavallerie, die das

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Sitzungslokal beschützte, kehrt heim; Paris ist in aufgeregter mung, aber überall ruhig.

Paris, 5. Fehbr. Das Journal des Debats gesteht den Antagonismus, der zwischen dem Präsidenten und der National⸗Ver⸗ sammlung herrsche, zu, meint aber, man solle diesen Antagonismus schlummern lassen; in der Politik dürfe man die Dinge nicht auf die Spitze treiben, sonst gebe es ein Erdbeben, und man werde in den Abgrund geschleudert. Der Constitutionnel dagegen richtet an Jedermann die Frage, ob dieser Gegensatz zwischen Versammlung und Präsident länger bestehen könne. „Auf der einen Seite“, sagt dies Blatt, „sehen wir den Präsidentzn, den sechs Millionen Stim⸗ men wählten, und der sich ein Mintffknjum aus Männern bildete, die für ihn votirten, das sich aber einer alternativen und oszilliren⸗ den Majorität gegenübersieht, diezeinestheils gegen Bonaparte stimmte, anderentheils den Grundsatz der Präsidentschaft bekämpfte. Auf der anderen Seite befindet sich ein gesetzgebender Staatskörper, des⸗ sen Rolle ausgespielt ist, und der die Regierungsmaschine in ihrem Gange geradezu hindert. Zwischen diesen beiden Gewalten ist der Kampf ausgebrochen. Wir fragen: ob nach dem Vorgange aller ge⸗ bildeten Länder dies keine Lage ist, die sich nicht andere als durch die Auflösung und eine neue Appellation an das allgemeine Stimmrecht heben läßt?“ Die Presse nimmt für keine Seite entschieden Partei. Der Na⸗ tional beschwört alle Mitglieder der „republikanischen Majorität“, sich um 12 Uhr pünktlich in den Abtheilungs⸗Sälen einzufinden, um sich den Sieg in den Erneuerungswahlen der sechs Vice⸗Präsidenten und zwei Secretaire nicht von der Rue de Poitiers entreißen zu lassen, die sich heute ebenfalls vollständig einfinden werde. (S. National⸗ Versammlung.) Das Sieele sagt, der Kampf sei keine bloße Kabinetsfrage mehr, sondern eine Constitutionsfrage. Man müsse wissen, ob der legislativen oder der exekutiven Staatsgewalt das Recht zustehe, die Minister zu wechseln und über die Schicksale des Landes zu entscheiden. Die Assemblée macht die Bergpartei mit ihrer Verschwörung unter dem Namen der „Re⸗ publikanischen Solidarität“ für die geg nwärtige Krisis verantwortlich und erklärt, es sei kein Heil zu hoffen, bis diese nicht unterdrückt wäre. Die Gazette de France sagt: „Der Präsident hat, laut der Verfassung, kein Recht, die National⸗Versammlung aufzulösen. Aber die National⸗Versammlung schrieb sich auch ihrerseits nicht das Recht zu, das Staatsoberhaupt nach Belieben oder in ge⸗ wissen Fällen abzusetzen. Zwischen beiden Mächten kann nur das Volk e tscheiden, das Beide wählte. Die National⸗Versammlung will aber ihr Mandat noch nicht als erloschen betrachten; ein Kon⸗ flikt wäre also unvermeidlich. Wir schlagen daher vor, daß ein De⸗ putirter von jedem Departement auf der Stelle sein Amt niederlege. Auf diese Weise müßten die 86 Departements zusammentreten, und man könnte sich schon jetzt der Stimmung des Souverains verge⸗ wissern.“ Reforme und Révolution rufen ihrer Partei, den sozialistischen Demokraten, zu, die contre⸗revolutionairen Factio⸗ nen spielten ihr Va-tout; man solle daher jeden blutigen Straßen⸗Konflikt vermeiden. Sollte der Appell geschlagen werden, dann sei es allerdings Pflicht jedes Demokraten, sich auf den Sammelplätzen einzufinden, aber nur um die Schritte der contre⸗revolutionairen Factionen zu überwachen. Ein Auf⸗ ruf des Peuple an die Arbeiter schließt mit den Worten: „Die

Stim⸗

redlichen Republikaner, die sich heute um Bonaparte, morgen um Heinrich V. und übermorgen um die Regentschaft schaaren, führen uns dem Chaos, der Avarchie zu. Wohlan! Das ist das beste Mittel, Allem ein baldiges Ende zu bereiten. Arbeiter! Rührt Euch nicht von der Stelle. Es lebe die Anarchie!“ Die Truppenmacht, welche Changarnier nach Paris herangezogen, wird auf 120,000 Mann geschätzt, von denen heute ungefähr 30,000 Mann zur Be⸗ wachung der National⸗Versammlung verwendet gewesen sein sollen. Marschall Bugeaud befindet sich jetzt in Bourges.

Nach der Estaffette will ein Mitglied der Opposition ein Amendement zu dem Vorschlage Rateau's wegen Auflösung der Na⸗ tional⸗Versammlung beantragen, welchem wahrscheinlich alle Gegner der Regierung zustimmen würden, weil es einer thatsächlichen Ver⸗ nichtung der über den Bericht Grevy stattgehabten Abstimmung gleich⸗ komme. Die Anträge auf Auflösung der National⸗Versammlung, die ursprünglich heute zur Verhandlung kommen sollten, die aber wegen der Debatte über die Untersuchungs⸗Kommission aufgeschoben wurden,

sind zehn an der Zahl. Vier davon setzen einen bestimmten Termin für die Zusammenberufung der gesetzgebenden Versammlung an, näm⸗ lich der ursprüngliche Antrag Rateau's den 19. März, der von Wo⸗ lowski, Lasteyrie und Anderen den 10. April, der von Pagnerre, Bixio und Anderen ausgehende den 4. Mai, der von Creton den 8. April; letzterer stellt als Bedingung der Auflösung die vorherige Berathung des Wahlgesetzes, der Gesetze über den Staatsrath und die Verantwortlichkrit des Präsidenten und der Minister. Die unbe⸗ dingte Auflösung, und zwar am 15. Februar ohne Festsetzung eines Termins zur Einberufung der gesetzgebenden Versammlung, verlangt Herr von Ligny. Von der Beschlußfassung über eine bestimmte Anzahl organischer Ge⸗ setze ohne Angabe eines Termins machen drei Amendements die Auf⸗ lösung der National⸗Versammlung abhängig. Herr Dabeanx ver⸗ langt die Auflösung nach der Berathung des Wahlgesetzes, das Amendement der Herren Desmolles und Chapot fügt zu diesem noch das Gesetz über die Verantwortlichkeit des Präsidenten und der Mi⸗ nister, Herr Debasse außer diesen beiden noch das Gesetz über den Staatsrath und die Organisation der bewaffneten Macht. Das Amendement Billault's will, daß die National⸗Versammlung den Tog ihrer Auflösung durch einen Paragraphen des Wahlgesetzes be⸗ stimme. Herr Rondeau endlich will erst das Budget und die bereits aufgezählten vier organischen Gesetze berathen wissen, worauf die Kammer selbst sich das Recht vorbehalten soll, den ihr zur Auflösung geeignet scheinenden Tag zu bestimmen.

Ueber die letzten Bewegungen in den Provinzen berichtet der Moniteur, außer dem bereits Mitgetheilten, noch Folgendes: „In Saargemünd verkündigten die Exaltirten laut ihre Hoffnungen auf den nahe bevorstehenden Kampf in Paris. Die geheimen Gesell⸗ schaften in den großen Städten, die bis dahin nicht einig gewesen waren, ver⸗ söhnten sich, um, wie sie sich ausdrückten, der Bourgeoisie eine letzte und grausame Lehre zu geben. Am frühesten Morgen des 29. Ja⸗ nuar zogen auf eine von Paris aus erhaltene Nachricht 50 Erdar⸗ beiter, die früher in den National⸗Werkstätten beschäftigt gewesen, von Poissy aus in größter Eil und in einer Schaar nach der Hauptstadt. Der Ausseher wollte sie zurückhalten, aber sie gaben ihm zur Ant⸗ wort: „„Man will sich in Paris schlagen; Sie könnten Jedem von

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Bordeaux, verlangten die Mitglieder des General⸗Conseils von dem Präfekten zusammenberufen zu werden, um in dem Falle, daß der Aufstand in der Hauptstadt siegen sollte, der Regierung zum Stütz⸗ punkte dienen zu können. Es liegt in diesem Einklang der Nation mit ihrer Regierung eine Lehre für die aufrührerischen Minoritäten. Möchten sie dieselbe begreifen und annehmen! Sie würden dann dem ande großen Schmerz ersparen.“

Herr d'Alton Shee hat von der Conciergerie aus ein Schreiben an die Journale gerichtet, worin er erklärt, daß er ganz allein in seiner Wohnung, und nicht, wie die Patrie gemeldet, nebst 200 sozialistischen Republikanern in dem Augenblicke verhaftet worden sei, wo er in der „Republikanischen Solidarttät“ präsidirt habe. Er sei letzterer, die übrigens kein Klub, sondern eine Association sei, durch⸗ aus fremd, habe ihr also auch nie präsidirt. Rein erdichtet sei es, daß man bei ihm ein Dekret der künftigen provisorischen Regierung gefunden habe, welches die Reichen mit 3 Milliarden besteuere, die Preßfreiheit suspendire und dergleichen mehr. Die Presse, welche das Komplott in Zweifel zu ziehen scheint, das angeblich am 29sten Januar losbrechen sollte, versichert, daß sich unter d'Alton Shee's weggenommenen Papieren nichts befinde, was auf ein Komplott Be⸗ zug habe; er sei blos wegen seiner bekannten politischen Meinungen und somit willkürlich, leichtsinnig und unüberlegt verhaftet worden, indem gar kein Anklagegrund gegen ihn vorliege. Der in Folge der Vorsälle des 29. Januar wegen Insubordination verhaftete Oberst der 6ten Legion der Nationalgarde, Forestier, ist vorgestern Abend seiner Haft entlassen worden.

Vor der Vertheilung von Kreuzen der Ehrenlegien bei der letz⸗ ten Truppen⸗Musterung ließ Louis Bonaparte, wie der Moniteur meldet, die Offiziere einen Kreis bilden und erklärte, daß die frühe⸗ ren Regierungen nur zu oft das Ehrenkreuz verschleudert hätten, daß aber sortan dasselbe blos die Belohnung der dem Vaterlande geleisteten Dienste sein und nur dem unbestrittenen Verdienste zuer⸗ kannt werden solle.

Die Akademie der Inschriften und schönen Wissenschaften hat den Sitz für Technologie einstimmig mit Herrn Lenormant besetzt.

Proudhon's Plan zur Errichtung der vielbesprochenen Volfksban ist heute erschienen.

Die Bank von Frankreich will alle bei ihr eingehenden Noten von 100 Francs, die auf grünes Papier gedruckt sind, wegen der zahlreichen Fälschungen dem Umlaufe entziehen und durch Noten auf weißem Papier ersetzen.

Zwischen Proudhon und Considerant hat sich ein lebhafter Zwist wegen der Angriffe erhoben, welche das Peuple gegen das Jour⸗ nal Considerant's vorgebracht hat, dem es Verrath und Abtrünnigkeit vorwirft.

Großbritanien und Irland. London, 5. Febr. Nach Berichten aus Lissabon vom 30. Januar hatte dort ein par⸗

uns 100 Fr. täglich bieten, wir würden doch nicht bleiben.““ Nach Perpignan hatte das trübe Wetter die telegraphische Depesche des Ministers, welche den Departements das Scheitern des Komplotts mel⸗ dete, nur halb gelangen lassen. Dies benutzten die Sozialisten, um die Stadt in Aufregung zu versetzen. Ein wilder Haufe zog nach der Präfektur und verlangte die Wiederanstellung eines vor kurzem abgesetz⸗ ten Polizei⸗Kommissars. Die Festigkeit des Präfekten erhielt aber die Ordnung aufrecht. Die Bevölkerung zeigte indeß überall in ihrer gro⸗ ßen Mehrheit die größte Abneigung gegen anarchische Bestrebungen, und in mehreren Departements in der Nähe von Paris wollte die Na⸗ tionalgarde unaufgefordert nach der Hauptstadt zur Unterstützung der

Regierung ziehen. In mehreren größeren Städten, namentlich in

tieller Ministerwechsel stattgefunden, indem die Minister der Justiz, der Finanzen und des Krieges entlassen und durch die Herren Sa Vargas, Lopes Branco und Baron Ourem ersetzt worden waren. Es hatten zwar sämmtliche Mitglieder des Kabinets ihre Entlassung eingereicht, die Königin aber sich geweigert, die des Marschall Sal⸗ danha und des Herrn Gomez de Castro anzunehmen. Diese waren daher im Ministerium verblieben. Der Grund des Ministerwechsels lag in der Stärke der Cabralschen Opposition, welche der Regierung fortwährend durch belästigende Interpellationen zu schaffen machte. Aus New⸗York hat man Nachrichten vom 23. Januar, denen zusolge die Gold⸗Manie noch mehr zugenommen hatte, weil die Quantität des in Kalifornien gefundenen kostbaren Metalls noch ge⸗ stiegen war. Eine offizielle Mittheilung des Marine⸗Agenten der Vereinigten Staaten, Thomas O. Larkin, meldet, daß er mehrere 1 bis 2 Pfund schwere Stücke Gold in Händen gehabt, und daß so⸗ gar Klumpen von 16 bis 25 Pfund Gewicht gefunden worden sein sollen. Er fügt hinzu: „Unsere Gold⸗Ausfuhr in diesem und in dem nächsten Jahre muß auf 5 bis 10 Millionen steigen.“ Es waren viele der Goldsuchenden am Fieber erkrankt, jedoch nur wenige daran gestorben. Im Hafen von New⸗York lagen 50 Schiffe zur Abfahrt nach der Goldregion bereit. 1 Nach einer Mittheilung, welche aus dem auswärtigen Amte im Namen Lord Palmerston's an die Lords des Schatzes ergangen ist, follen die Schiffe aus Schleswig⸗Holstein in britischen Häfen nach Vorschrift der zwischen Großbritanien und Dänemark bestehenden Handelsverträge, also eben so wie dänische Schiffe, behandelt

werden.

Italien. Turin, 24. Jan. (A. Z.) Heute morgen ist der Kön

nach der lombardischen Gränze abgereist, wie man sagt, in Begle

tung des Generals Pelet, um auch die dortigen Truppen zu besich⸗ tigen. Uebermorgen soll ein großes Manöver bei Alessandria statt⸗ sinden. nicht ganz bekannt, doch scheinen die Demokraten gesiegt zu haben. Gioberti ist in Turin viermal und eben so oft außerhalb gewählt. Auch die Minister Ratazzi und Buffa sind gewählt, Letzterer einstim

mig zu Ovada. verunglückt. Eine Kommission von fünf angesehenen Rechtsgelehrten arbeitet an einem neuen Gesetz⸗Entwurf.

Das Ergebniß der vorgestern stattgehabten Wahlen ist noch

Pinelli, der Kandidat der konservativen Partei, ist

Turin, 1. Febr. (A. Z.) Die Gazzetta Piemontese

vom 31. Januar enthält in ihrem nichtamtlichen Theil, aber vom Conseils⸗Präsidenten und Minister des Auswärtigen, Gioberti, unter zeichnet, eine an die auswärtigen Mächte gerichtete Protestation der sardinischen Regierung gegen angebliche Verletzungen der Waffenstill⸗ stands⸗Bedingungen auf Seiten Oesterreichs, namentlich hinsichtlich der Räumung Peschiera's, der Besetzung der Herzogthümer durch

österreichische Truppen und der in der Lombardei vorkommenden mili⸗

tairischen Hinrichtungen und Confiscationen, welche der am 20. Sep⸗

tember vom Kaiser bewilligten Amnestie zuwider seien. 9

Rom, 28. Jan. Heute wurde vom Kapitol herab das offiziell Wahlresultat verkündet; 101 Kanonenschüsse gaben das Signal. Am 25sten d. lief das mehrerwähnte spanische Geschwader, mit etwa 1000 (Andere sagen 3000 Mann) an Bord, in den Hafen von Gaeta ein um den Papst zu schützen.

Königliche Schauspiele. Freitag, 9. Febr. Im Opernhause. 20ste Abonnemenis⸗ Vorstellung: Die Hochzeit des Figaro, Oper in 2 Abth., mit Tanz. Musik von Mozart. Anfang halb 7 Uhr.

8 Königsstädtisches Theaterr. Freitag, 9. Febr. Zum 50stenmale wiederholt: Die Töchter Lucifer's. Großes phantastisches Zauberspiel mit Gesang in 5 Ab⸗ theilungen. (12 Tableaux), von W. Friedrich. Musik komponirt und arrangirt von Ed. Stiegmann. Mit neuen Shawle⸗ und Blumengruppen, eingelegten Musikstücken und neuen scenischen Aus⸗ schmückungen. 8 Sonnabend, 10. Febr. (Italienische Opern⸗Vorstellung.) NYorma. Oper in 2 Akten. Musik von Bellini. (Sgra. Emilia Dielib, v sardinische Kammersängerin vom Hof⸗Theater zu Turin: Norma, als letzte Gastrolle.)