.
überschreiten werden. Indessen langte 5. Mai en ein Wwiutant des General Guartenhelm schon am 45. Nachricht an, daß sein Chef am 17ten und die ersten hier mit 8 en am 19ten hier eintreffen werden. Und wirklich russischen keees der Mittagsstunde die ersten russischen Truppen 4000 Mann Infanterie, 1 Eskadron Ulauen, 1 Eska⸗ 8* Kosaken und 24 Stück Kanonen. Die ganze Stärke des für die Bukowina bestimmten Hülfscorps beträgt: an Infanterie 8900 Mann, 1 Ulanen⸗Regiment (1306 Mann mit 1375 Pferden), 2 Kosaken⸗Eskadronen (810 Mann mit 896 Pferden), 1 Kavallerie⸗ Batterie (120 Mann und 140 Pferde), 2 Infanterie⸗Batterieen (160 Mann und 244 Pferde). Im Ganzen 10,396 Mann mit 2665 Pferden. Das Aussehen der russischen Truppen ist gut, sie sind nicht groß, aber stark gebaut. Die eingerückten Russen scheinen zu glauben, es werde bei dem ungarischen Feldzuge nicht sein Bewenden haben, denn selbst die Gemeinen sagen, daß sie sich auf 5 Jahre gefaßt ma⸗ chen, ihre Heimat nicht wieder zu sehen. Die hier stationirten Romänen⸗ Compagnieen haben heute Befehl erhalten, nach Stanislawow auszu⸗ marschiren. Sie hatten gehofft, in ihre Heimat zu kommen, wo ihrer Weib und Kinder harren, aber man scheint in ihre Treue ein Mißtrauen zu setzen, weil einige von ihnen bei ihrem Aus⸗ marsche aus Siebenbürgen zum Feinde übergingen, um doch dem heimatlichen Heerde nahe zu bleiben. Wäre ihr Ausmarsch von hier ohne den gleichzeitigen Einmarsch der Russen erfolgt, so hätten sie sich diesem Befehle wohl minder leicht gefügt. Feldmarschall⸗ Lieutenant Fischer, der an der Stelle des Feldmarschall⸗Lieutenants von Malkowski das bukowinaer Gränzkommando uübernommen hat, ist mit einer Suite österreichischer und russischer Offiziere den an⸗ kommenden russischen Kolonnen entgegenritten und hat selbe an sich defiliren lassen. Er sprach sich sehr günftig über ihre Haltung und Adjustirung aus. Vom Kriegsschauplatz verlautet vor der Hand gar nichts, man scheint hinzuhalten, bis man den Rücken durch die Russen gedeckt hat. Uebermorgen sollen die übrigen rus⸗ sischen Truppen hier einrücken, aber in Czernowiz sollen im Ganzen nur 500 Pferde und 1000 Mann Infanterie zurückbleiben, die übrigen rücken an die Gränze und, wenn es die Lage erheischt, auf den Kriegsschauplatz ein. Hier in Czernowiz versteht man sich mit den Russen sehr wohl, indem viele derselben aus dem benachbarten Gouvernement geboren sind und daher ruthenisch sprechen, was hier beinahe die Hauptsprache des gemeinen Volkes ist.
Frankreich. Paris, 29. Mai. Herr Thiard, Gesandter der französischen Republik bei der schweizer Eidgenossenschaft, hat sein Entlassungsgesuch eingesandt. “
Sämmtliche Offiziere des 29sten Regiments erklären in einem Schreiben an das Peuple die Behauptung dieses Blattes, daß der Oberst jenes Regiments demselben verhaßt sei und die Mann⸗ schaften, weil sie ihm sich widerspenstig erwiesen hätten, drei Tage lang in die Kaserne eingesperrt habe, für eine Lüge und fügen bei, daß der Oberst die Liebe des ganzen Regiments besitze. Der Musikmeister und der Schuhmacher desselben Regiments, welche der Oberst, nach dem Peuple, entlassen hätte, erklären dies ebenfalls für erlogen und sprechen ihre hohe Achtung für den Obersten und ihre tiefe Entrüstung über die Versuche des Peuple und seiner Anhänger aus, die Gesinnungen der Armee in fal⸗ schem Lichte darzustellen. Ein drittes Schreiben an das Peuple, welches von 86 Unteroffizieren des 18ten leichten Infan⸗ terie⸗Regiments unterzeichnet ist und in mehreren Journalen sich befindet, weist verleumderische Behauptungen des Sozialisten⸗Organs, welche gegen Changarnier gerichtet waren, aufs entschiedenste als Lügen zurück und geißelt die angebliche Sympathie desselben für die Armee. Sie erklären, von dieser vorgeblichen Theilnahme nichts wissen zu wollen, weil sie eine Beschimpfung der Soldaten und die unreine Quelle derselben ihnen bekannt sei. .
Die Regierung hat vom Befehlshaber der französischen Schiffs⸗ station im mexikanischen Meerbusen die Anzeige empfangen, daß er den Hafen von Marakaibo in Blokadestand erklärt habe, weil die Regierung von Venezuela sich weigere, für Unbilden, welche zwei französischen Unterthanen widerfahren, Genugthuung zu geben.
Auch der 28. Mai, für den man ganz gewiß den Ausbruch
Gränze des Herzogthun
einer Emeute besorgt hatte, ist ruhig vorübergegangen. Dem Ely⸗†
sée, das ohnedies schon stark bewacht ist, wurde für alle Fälle noch ein Bataillon zur Verstärkung beigegeben. Man fürchtet dort einen Ueberfall von Seiten der Rothen. Ein Bericht spricht sich darüber in folgender Weise aus; „Die Polizei hat in Erfahrung gebracht, daß mehrere Emissarien der deutschen Demokratie tägliche Zusammenkunft mit Ledru Rollin und seinen Mon⸗ tagnards pflogen, in welchen nichts Geringeres verhaudelt werde, als den Präsidenten Bonaparte zu stürzen, einen sozia⸗ listsschen Konvent zu errichten und eine revolutionaire Regierung einzusetzen. Diese revolutionaire Regierung (Diktatur) solle die deutschen Fürsten vertreiben helfen und dann die Rheinlande als Entschädigungspreis erhalten. Jene Emissarien, welche ihr Vater⸗ land im Namen der Nationalität unterwühlen, fangen also damit an, den schönsten Theil ihres Landes den Feinden anzubieten.“ Gestern Abend feierten an der Poissonieère⸗Barrière zweitausend Menschen in dem dort gelegenen Lokal „der Freiheits⸗Garten“ den Zusammentritt der neuen demokratisch⸗sozialen Deputirten durch ein Bankett. Die kommunistischen Stimmführer des Berges waren alle anwesend. Rattier, der neue Militair⸗Deputirte, hatte gerade seine Rede begonnen, als der Polizei⸗Kommissarius Einlaß begehrte. Derselbe wurde ihm verweigert. Bald darauf kehrte er an der Spitze eines ganzen Regiments zurück. Rattier, der noch die Tri⸗ büne innehatte, protestirte in Begleitung mehrerer anderer Bankett⸗ Kommissarien am Eingange des Etablissements hiergegen, als einen Bruch des Vereinsrechtes, ermahnte aber die Gäste, sich ruhig zu⸗ rückzuziehen und der organisirten Staatsmacht zu weichen. Dieses Defiliren dauerte zwei Stunden. Nachdem die Gͤste durch die Militair⸗ Reihen geschritten, setzte sich das Militair seinerseits in Marsch und schritt durch die Volksmassen, welche rechts und links Spaliere bildeten. Von allen Seiten erscholl der Ruf: „Es lebe die Armee! Es leben die Bürger⸗Soldaten oder Soldaten⸗ Bürger!“ 1 über S Hirbl⸗ bemerkt: „Wie es scheint, weiß das Publikum esh. 8 sFraphischen Depeschen Leon Faucher'’s noch nicht Alles; 18. h heilt uns eben einen zweiten Theil der Depesche mit, Veraae heißt: „„Vertraulich. Sorgen Ste dafür, daß diejenigen eputirten, welche dem Ministerium ergeben sind, spältestens den 28. Mai in Paris eintreffen.“% Wozu sollte diese Rand⸗Empfeh⸗ lung dienrn? Viellricht giebt uns die Stung hieruber Aufschlüsse.“ „Die parlamentarischen Klubs, welche während der Dauer der National⸗Versammlung bestanden, haben einige Umgestaktung erlit⸗ ten. Der ehemalige so einflußreiche Klub der Rue de Poitiers hat seine Sitzungen nach den Salons des Staatsraths verlegt. Unter dem Vorsitz des Herrn Mols sind die Herren Berryer, von Mon⸗ talembert, Benoit und andere Legitimisten die Leiter dieses Klubs. Herr Thiers ist mit ungefaͤhr 80 seiner Freunde ausgetreten. Ein annderer Klub hat sich im Café Durand am Madeleine⸗Platz gebil⸗ det. Seinen Kern bilden die Herren Dufaure, Beaumont Torque⸗ ville und Chambolle, die freisinnigste Fraction der gemaͤßigten Par⸗
86886 28 tei. Der Berg und die Sozialisten halten ihre Versammlungen n der Rue Hazard⸗Richelieu.
Großbritanien und Irland. London, 29. Mai. Dem Morning Herald zufolge, ist mit dem Dampfboot „Cam⸗ bria“ ein Bruder Lord Elgin's in England angekommen, um das Entlassungsgesuch des Letzteren als General⸗Gouverneur von Ka⸗ nada zu überbringen. Lord Elgin war nochmals groben persön⸗ lichen Mißhandlungen von Seiten des britischen Pöbels in Mont⸗ real ausgesetzt. Zugleich langte auf demselben Dampfboot eine kanadische Deputation in England an mit einer Beschwerde⸗ schrift an die Regierung. Nach Briefen aus Halifax vom 19. Mai hat übrigens die Aufregung in Kanada wegen der Entschädigungs⸗Bill, die sich in der Verbrennung des Par⸗ laments⸗Berichts und des Bildnisses des Gouverneurs Luft machte, sehr abgenommen und einer gesetzlichen Agitation Platz gemacht. Sir Alan Maec Nab, das Haupt der Torypartei, wollte nach Eng⸗ land reisen, um die Regierung um ihr Veto gegen die Entschädi⸗ gungsbill und die Abberufung Lord Elgin's zu bitten. Er sieht darin das einzige Mittel, Kanada für England zu erhalten. Wie aus den jetzt veröffentlichten Depeschen hervorgeht, hat die Regierung aber bereits das Entlassungsgesuch Lord Elgin's in sehr schmeichelhaften und bestimmten Worten abgeschlagen.
Vor einigen Tagen war in Birmingham eine Bürgerversamm⸗ lung, um den gegenwärtigen Zustand Ungarns in Betracht zu zie⸗ hen und den Ungarn Sympalhie für ihre Bestrebungen für die Rechte ihrer Unabhängigkeit auszusprechen. Die Versammlung war sehr zahlreich besucht. Alderman Weston präsidirte, und man faßte nach mehreren Reden ven Beschluß, der ungarischen Sache auf jede Art, die dem Einzelnen in einem neutralen Staate möglich sei, bei⸗ zustehen. Zu diesem Zweck ist in Birmingham eine Subseription eröffnet. General Bem hat in früherer Zeit vier Monate lang im „goldenen Löwen“ in Birmingham gewohnt. “
Die Differenzialzölle, mit welchen die brasilische Legislatur alle Schiffe aus Ländern belegt, die mit Brasilien nicht Handels⸗ Verträge, welche sie den begünstigsten Nationen gleichstellen, abge⸗ schlossen haben, treten mit dem nächsten 1. Januar in Kraft. Eng⸗ land ist nicht unter der Zahl dieser Länder, und Daily News meldet, daß ein auf Zulassung gestelltes Verlangen des englischen Geschäftsträgers, Herrn Hudson, abfällig beschieden worden ist.
Das unter dem Ministerium Peel angenommene Gesetz, nach welchem der Prozeß gegen den Irländer John Hamilton wird ent⸗ schieden werden, lautet: „Wenn fortan irgend Jemand eine Flinte, Pistole oder sonst eine Feuerwaffe, gleichviel ob solche einen explo⸗ siven oder zerstörenden Stoff enthält oder nicht, mit Willen auf die Person der Königin abfeuert oder abzufeuern versucht, oder damit auf sie oder ihre Umgebung zielt; oder wenn irgend Jemand ab⸗ sichtlich mit einer Angriffswaffe nach der Person der Königin schlägt oder zu schlagen versucht; oder wenn irgend Jemand ab⸗ sichtlich irgend eine Substanz oder Sache nach der Person der Kö⸗ nigin wirft oder zu werfen versucht, wer das thut, soll eines schwe⸗ ren Vergehens schuldig sein und kann, nach Gutbefinden des Ge⸗ richtshofes, der ihn verurtheilt, auf sieben Jahre deportirt der, mit oder ohne harte Arbeit, auf drei Jahre eingesperrt werden, wäh⸗ rend welcher Periode er eine dreimalige, öffenkliche vder geheime Peitschenstrafe erleiden soll.“ b . 8
Der Graf von Mayo, einer der im Oberhause sitzenden irlän⸗ dischen Wahl⸗Patrs, ist gestorben. Güter und Titel erbt sein Neffe, Herr Robert Bourker, Vater des Parlaments⸗Mitgliedes für Kildare. 8 Der Herzog von St. Albans, Groß⸗Falkonier von England (bekannt als der Gemahl der Mrs. Coutts), ist vorgestern gestorben.
Die Presse zeigt sich, mit sehr wenig Ausnahmen, der ge⸗ heimen Abstimmung eben so wenig geneigt, als das Parlament.
So sagt die Times: „Oeffentlichkeit ist etwas mehr als eine Ge⸗ schmackssache; ist zugleich ein großer Schutz und eine starke Sie lenkt die Wirksamkeit der öffentlichen Meinung
Bürgschaft.
auf Einzelpersonen. Im Glanze dieser Mittagssonne glänzt der
Niedrigste wie ein Stäubchen im Sonnenstrahle und wird zu etwas Niemand, der an einer so ernsten Handlung, wie die Wahl eines Vertreters oder die Bildung einer Regierung ist, Theil Ein Wähler ist ein und eine Slimmen⸗ Abgabe ist eine Regie⸗ rungs⸗Handlung. Wir dulden keine geheime Gesetzgebung und keine geheime Regierung, warum sollten wir von der geheimen Wenn Jemand sich nicht den Folgen einer Abstimmung aussetzen kann, so soll er gar nicht stimmen. Ohne Solche Dinge können nicht ohne Auf allen Stufen des Lebens und der Stellun⸗ gen, vom Premier⸗Minister abwärts, kann eine Abstimmung uns In allen Klassen und Gesellschaften giebt es Männer, welche, ohne sich darauf etwas zu Gute zu thun, eine gewissenhafte Abstimmung der Beförderung ihres Interesses vorgezogen haben und in niedrigen Stellen stehen, Wir sehen aber gar nicht ein, warum die ärmere Klasse, zu deren Besten auf geheime Abstimmung gedrungen wird, befreit sein solle von dieser heilsamen Kontrolle der öffentlichen Meinung. Tüchtige Männer werden ihre Warum aber sollen wir diejenigen jeder Kontrolle entziehen, welche derselben am meisten bedürfen? Wir verwerfen daher die geheime Abstimmung als ein niedriges, unehrenhaftes, überflüssiges und zum Theil ge⸗
Großem. nimmt, darf die Oeffentlichkeit scheuen. Regierender, Abstimmung besser denken?
ihn kommen wir viel besser weg. Opfer abgehen.
unsere Zukunft kosten.
während sie hätten hohe erhalten können.
Ueberzeugung und ihre Abstimmung laut bekennen.
fährliches Mittel.“
An die Stelle des verstorbenen Erzbischofs Croly ist Dr. Dixon, Professor der heiligen Schrift am Maynovth⸗Kollegium, zum katho⸗
lischen Primas von Irland erwählt worden.
Die Bank hatte am 19. Mai einen Notenumlauf von 18,714,800
Pf. St. (240,760 Pf. St. weniger als vorige Woche) und einen Baarvorrath don 14,351,453 Pf. St. (43,558 Pf. St. mehr als die Woche vorher). 8” vaa. 1“ “
Niederlande. Aus dem Haag, 26. Mai. Der Justiz⸗ Minister hat das Gesetz über die ministertelle Verantwortlichkeit wieder zurückgenommen, nachdem die zweite Kammer der General⸗ staaten dasselbe einer radikalen Umgestaltung unterworfen hatte. Herr von Scherpenzeel hat auf sein doppeltes Mandat für die Ge⸗
neralstaaten verzichtet.
Schweiz. Bern, 25. Mai. (O. P. A. Z.) Nachdem im Nativnalrathe drei Dage lang liber die Aufhebung der Militair⸗ Capitulationen gestritten worden ist, hat er heute folgenden Beschluß gefaßt: 1) Die Militatr⸗Capitulationen sind mit der Ehre und Würde der Eidgenossenschaft unverträglich. 2) Der Bundesrath wird aufgefordert, die geeigneten Schritte zur Auflösung der Ca⸗ pitulationen zu thun und uͤber das Resultat Nachricht zu geben.
3) Der Bundesrath soll die Auflösung im Namen der Eidgenossen⸗
schaft aussprechen und die Rückkehr der Truppen bewirken, wenn dieselben zu einem Angriffe gegen fremde Staaten, insbesondere gegen solche verwendet werden sollen, die man in ihrem Selbst⸗ Konstituirungsrechte hindern wolle. 4) Alle Werbungen im Gebiete
8
der ganzen Eidgenossenschaft sind untersagt. Diese Beschlüsse wur⸗
den durch Namens⸗Aufruf mit 60 Stimmen gegen 37 gefaßt.
Italien. Turin, 22. Mai. (Const. Bl. a. B.) Die Gaz. „Da Unsere
Piemontese bringt folgenden Königlichen Erlaß: Rekonvalescenz noch durch einige Tage die Enthaltung von Staats⸗ geschäften erfordert, so haben Wir auf den Rath Unserer Minister und auf den Vorschlag des Ministers des Innern beschlossen: Unser vielgeliebter Bruder, Ferdinand Maria Albert, Herzog von Genua, wird, bis Unsere Gesundheit es Uns erlaubt, selbst wieder die Lei⸗ tung der Staatsgeschäfte zu übernehmen, in Unserem Namen für dieselben Sorge tragen und auf die Berichterstattung Unserer ver⸗ antwortlichen Minister, sowohl in den gewöhnlichen als besonders dringenden Angelegenheiten die Königlichen Dekrete unterzeichnet, denen dann die gewöhnliche Gegenzeichnung zu Theil werden wird. Der Minister⸗Präsident sowohl als jeder einzelne Minister sind be⸗ auftragt, jeder in seinem Amte zur Ausführung dieses Dekretes bei⸗
zutragen, welches in dem allgemeinen Kontroll⸗Amte einregistriri, beröffentlicht und in die Sammlung der Regierungs⸗Verordnungen
eingetragen werden wird. Turin, 21. Mat 1849. Victor Emanuel Pinelli.“ . —
Es heißt, daß der General⸗Major Lamarmora als Ober⸗Be⸗ fehlshaber der Armee an die Stelle des verabschiedeten Generals Chrzanowski treten werde. Das Ministerium hat die lombardische
Consulta aufgelöst.
Florenz, 19. Mai. (Const. Bl. a. B.) Der Moni⸗ tore Toscano bringt folgende Proclamation: „Der außeror⸗ dentliche Kommissär Sr. Kaiserl. Königl. Hoheit des Großherzogs Leopold von Toscana ꝛc. Toscaner! Die großherzige Bewegung, mittelst welcher ihr am 11. und 12. April die constitutionelle Re⸗ giernng wieder eingesetzt, so wie eure allgemeine Theilnahme und
Mitwirkung zur Wiederherstellung der Ordnung und Ruhe im Lande, vermochten nichts gegen jene ruchlose Partei, die nicht nur
in Livorno das Banner der Revolution aufrecht hielt und mit den Wassen vertheidigte, sondern auch mit Aufbietung aller Mittel8 das Land von Neuem in Anarchie zu stürzen suchte. Um solches Unglück zu verhüten, um dem Gesetze einen dauer⸗ haften Sieg zu verschaffen, stellte sich, was euch ebenfalls nicht entgangen sein kann, die zeitweilige Intervention österreichischer Krieger als unumgänglich nöthig heraus. Der Antheil, den das 8
gesammte Europa für die Restauration des vertriebenen Pap⸗ stes an den Tag gelegt hatte, verscheuchte jeden Zweifel über die ähnlichen Wänsche der größeren Mächte in Beziehung auf Toscana
und deren freundliche Bereitwilligkeit, unseren unzulänglichen Streit⸗
kräften zu Hülfe zu kommen. Indem die Kaiserlich österreichischen Truppen die Parlei bezwangen, welche Livorno tyrannisirte, indem diese Krieger das Land von den Schrecknissen eines langen Bürger⸗ krieges befreiten, haben sie jenen Demagogen, die sich fortwährend unter uns herumtrieben, den hemmenden Zügel angelegt, und durch die That unwiderlegbar bewiesen, daß die Militairmacht ein unum⸗ gängliches Element zur Herstellung der Ordnung und des Frie⸗ dens sei. Ihrem Beistande verdanken wir es, daß das gesammte Toscana sich heute, einer einzigen Familie gleich, um seinen con⸗
stitutionellen Fürsten zu schaaren und sich jener freien Institutionen
wieder zu erfreuen vermag, welche der Landesfürst verliehen und die von einer gewaltthätigen Faction zu anarchischen Zwecken gemiß⸗
braucht wurden. Toscaner! Die Hülfe, welche die österreichische Regierung eurem Großherzog geleistet, war sowohl durch die Ver⸗ hältnisse des gesammten Italiens, als durch die Nothwendigkeit, den Unordnungen, welche Mittelitalien zerfleischten, ein Ende zu ma⸗
chen, dringend bedingt. Fahret fort in dem von euch so schön be
gonnenen Werke, befestiget Ordnung und Ruhe auf dauerhafte Weise, und die Nothwendigkeit dieses Beistandes wird bald aufhö⸗
ren; eure Regierung selbst wird das Möglichste aufbieten, ihn ab zukür en und Pen ger lästig zu machen. Gegeben im Palazzo Veechio, 18. Mai 1849. L. Serristori.“
Spanien. Madrid, 24. Mai. Gestern versammelten sich die Sec⸗
tionen des Kongresses, um die Kommission zu wählen, welche über das
von der Regierung vorgelegte Zolltarif⸗Gesetz zu berichten hat. Trotz aller ihrer Anstrengungen gelang es keinem einzigen Deputir⸗ ten Cataloniens, in die Kommission gewählt zu werden. Diese be⸗
steht aus den Herren Barzanallana (Chef der Tarif⸗Abtheilung im Finanz⸗Ministerium), Vazquez Queipo (Unter⸗Staats⸗Secretair im Ministerium des Innern), Amblard (Deputirter für Cadix), Alvaro (General⸗Zoll⸗Direktor), Seijas (Ex⸗Minister), Olivan (höherer
Beamter im Ministerium des Innern) und Infante (General, ge⸗ mäßigter Progressist).
Die öffentliche Meinung beschäftigt sich hier übrigens fast nur mit demjenigen Theile des Gesetz⸗Entwurfes, welcher die Einfuhr gewisser Baumwollen⸗Waaren gestattet. Der andere Theil, welcher die Grundlagen festsetzt, nach denen die Regierung die bestehenden Zolltarife umzuändern (reformar) ermächtigt werden soll, wird we⸗ niger in Erwägung gezogen. Bei genauerer Prüfung ergiebt sich jedoch, daß der Finanz⸗Minister die jetzt bestehenden Eingangszölle nicht sowohl herabzusctzen, als vielmehr zu erhöhen beabsichtigt. In dem in Kraft stehenden Tarife sind Ürstoffe in der Regel mit oder 6 Prozent von dem im Tarife hoͤchst willkürlich festgesetzten Werthe belastet. Nach dem neuen Entwurfe sollen Urstoffe ein bis
Der in Kraft stehende Tarif belegt Ar⸗ tikel, welche der Verbrauch erheischt und der einheimische Kunstfleiß nicht liefert, im Durchschnitt mit 10 bis 15, der neue Entwurf mit 15 bis 20 Prozent. In dem in Kraft stehenden Tarife wird der größte Theil der einheimischen Artikel durch einen Schutzzoll von 1 20 bis 25 Prozent begünstigt, (bei einigen wenigen steigt er auf ee. 7g. fe
„ U dieser Schutzzoll aber, je nach den einzelnen Arlikeln, nfszgr 8* b 2g.2 Von den 1326 Nummern des gegen⸗ wärtigen Tarifes (die 284 des besonderen Supplementes nicht mitgerechnet) bezahlen mehr 835 15 Prozent, 55 bezahken 10, 8 Man muß bedenken, daß diese Abgabe von einem Werthe entrichtet
den die Regierung nach einem den wahren Werth des
Gegenstandes in der Regel um das Dreifache, Fünffache, Zehn⸗ fache übersteigenden Maßstabe willkürlich festgesetzt hat, und daß diese im voxraus bestimmte Werthschätzung, den Exklärungen des Finanz⸗Ministers zufolge, wie bisher bestehen bleibt. — Lei⸗ nengewebe bezahlen nach dem bestehenden Tarife 40 bis 25 Pro⸗ zent; nach dem neuen Entwurfe werden sie mit 25 bis 50 begät
zehn Prozent bezahlen.
30, bei sechs auf 40, bei einem auf 45).
und etwa 1000 Artikel weniger als 10 Prozent.
aber wird,
werden, als dem für Taheveäsese Fabrikate bestimmten Schutzzo Dasselbe Verhältniß wird in
Zolla
zahlen. 3 proz. 25 ½ G. 5proz. 10 ½ P. 8 8.
8 71 2 Wirkung aus.
ezug auf Wollenwaaren stattfinden. Dabei bleibt es der Willkür des Finanz⸗Ministers überlassen, solche ausländische Artikel, welche der spanische Kunstfleiß nicht liefert, als Gegenstände zu bezeichnen, welche der Verbrauch nicht nothwendig erheischt, und folglich mit dem höchsten Zelle zu belasten. Gegen⸗ wärtig ist jeder Artikel, nachdem er die in dem Tarife festgesetzten
bhabrn entrichtet hat, von allen anderen inneren ( städtischen) Abgaben befreit; nach dem neuen Tarife (dritte Grundlage) muß jeder Artikel obenein auch die städtischen und anderen Abgaben be⸗
8 Die Jüdin. Herr Tichatscheck: Eleazar. 88 (Den 30. Mai.) S.
8 Die „Jüdin“ ist als Halevy's bedeutendstes Werk längst anerkannt und rechtfertigt diesen Ruf, insosern die Musik reich an einzelnen drama⸗ tisch⸗effenvollen Momenten und fesselnden und geistvollen Zügen ist. Dabei kann jedoch nicht verhehlt werden, daß sich des Gesuchten, Gemalhien und Bizarren in Melodie, Harmonie und Instrumentirung ebenfalls in Menge arin vorfindet; Verirrungen, welche das grelle, weniscer tragisch ergreifende, ls (namentlich in seiner schauderhaften Katastrophe) den feineren, edleren Knunstgeschmack beleidigende Süjet theilweise hervorgerufen zu haben, nicht nit Unrecht beschuldigt wird, wenngleich das Textbuch, abgesehen von seinem krassen Inhalt, eine spannende Handlung entwickelt und ein höchst wirkungs⸗ reiches genannt werden muß. Das Ganze, äußerst dankbare Spiel⸗ und Singrollen enthaltend, verfehlt daher um so weniger das Interesse eines größeren Publikums in Anspruch zu nehmen, als der Musik und Handlung in einer nicht minder effektreichen und wahrhaft glänzenden scenischen Aus⸗ stattung eine Verbündete zur Seite steht, die eines mächtigen Eindruckes und günstigen Erfolges auf die Menge siets gewiß sein darf. Die Vor⸗ stellung des Werkes (am Mittwoch) mit Tichatscheck betreffend, so bewährte sie das eben Gesagte vollständigst, indem sie nicht nur einen für die Jahreszeit jedenfalls zahlreich zu nennenden Kreis von Hörern angezo⸗ gen hatte, sondern auch mit reichlichem Beifall ausgezeichnet wurde. Der Leistung unseres Gastes, als Eleazar, haben wir übrigens in diesen Blät⸗ tern bereits bei Gelegenheit seiner letztmaligen Anwesenheit vor zwei Jah⸗ ren in höchst anerkennungswerther Weise gedacht. Wir lönnen nur bestä⸗ tigen, was wir damals aussprachen. Im Vergleich zu Herrn Kraus (der bekanntlich ebenfalls ein ausgezeichneter Darsteller des Eleazar ist) faßt Tichatscheck den Charakter, seiner Individualität angemessen, jugendkräf⸗ tiger, heroischer auf, als unser heimischer Sänger, der einen vom Geist der Rache tief erfüllten, von Gram und Kummer ebeugten Greis hinstellt. Beide Auffassungsweisen sind zu motiviren. eine derselben schließt die Sehr gelungene Momenie bietet bei Tichatscheck namentlich der zweite Akt, wo er in dem Terzett mit Recha und Leopold die Dramatik seines Gesanges und Spieles in ergreifender Weise walten zu lassen Gelegenheit findet und z. B. die Zorn⸗ und Wuth⸗Ausbrüche des
8 wissenschaft und Kunst. n0 59 Koönigliches Opernhaus,
“
von Rache durchglühten Juden in ächt orientalischer Heftigkeit und Leiden⸗ 1 * (haßtlichkeit mit außerordentlicher Wahrheit und chen weiß. Zunächst ist es dann der vierte Akt, in welchem der Gast
irkung zu veranschauli⸗
sein dramatisches Talent ins hellste Licht zu setzen Anlaß gewinnt. Hier in dem Duett mit Brogni, und besonders in der sich anschließenden Arie⸗
erringt er durch die Macht seines Organes und den hinreißenden Eindruck
seines feurigströmenden Gesanges einen wahrhaft ausgezeichneten Ersolg, und nur in einzelnen Momenten läßt er sich durch die ihm von Natur in einem hohen Grade innewohnende Leidenschaftlichkeit zu einer zu starken Ausprägung der Affekte hinreißen. Die ehrendste Anerkennung des Publi⸗ kums wurde dem Gaste für seine treffliche Kunstleistung gebührendermaßen zu Theil. Nächst Herrn Tichaischeck verdiente Frau Köster, als Recha, Lob. Die geschätzte Sängerin, stets in ächt künstlerischem Fortschreiten be⸗ griffen, löst diese Aufgabe jetzt, nachdem sie noch tiefer darin eingedrungen ist, in Spiel und Gesang mit gleich großer Wirkung und errang sich eben⸗ falls allgemeinen Beifall. Auch Herr Bötticher (Kardinal Brogni), auf dessen Stimme die milde Jahreszeit wohlthätigen Einfluß auszuüben scheint, befriedigte in Folge dessen mehr, als sonst, während Frl. Tuczeck, als Eudora, besonders im Gesange glänzte und Herr Pfister in der ziemlich undankbaren und theilweise unsangbaren Partie des Leopold das Mög⸗ liche leistete.
Alessandro Stradella. Herr Tichatscheck: Stradella. (Den 1. Juni.)
Die fünfte Gastrolle des Herrn Tichatscheck (am Freitag) war die des Alessandro Stradella in der gleichnamigen von Flotowschen Oper, ein Werk, dessen dramatischer und mustkalischer Werth nicht hoch anzuschla⸗
en ist, das aber durch seine angenehm rhythmisixte und melodiöse Musik, sbwse durch ein vortreffliches scenisches Arrangement, nichts destoweniger einen nicht unbedeutenden Reiz auf das Publikum auszuüben pflegt, um so mehr, als es stets auch in guter Ausführung geboten wird. Daß sich übrigens unser geschätzter Gast in Folge der Richtung, welche seine ganze Gesangskunst nahm, für Rollen von so durchgängig lyrischer Haltung, wie die des Stradella ist, weniger eignet, bemerkten wir bereits in einem frü⸗ heren Berichte. Dennoch leistet er auch hier in vielem Betracht Anerken⸗ nungswerthes, und die seltene Fülle und Ausgiebigkeit seiner Stimme, die deutliche Aussprache der Textworte, die ungemeine Klarheit und das Em⸗ pfundene seines Vortrages wirken (trotz mangeluden Portaments) überall anregend anf den Hörer. Gleich in der ersten Serenade:
8 „Horch, Liebchen! Horch!“ macht der Sänger die bezeichneten Vorzüge mit echt künstlerischem Geschick geltend. Nicht minder gelungen, dramatisch belebt und mit einem eigen⸗ thümlichen und wirksamen Anflug von Humor singt der Gast die Salva⸗ tor⸗Rosa⸗Romanze im zweiten Akt, während er dem an sich ziemlich trivia⸗ len und jedes höheren, poetischen Schwunges entbehrenden Wechselgesange zu Anfang des dritten Altes: „Italia! Mein Vaterland,“
sogar durch seine trefflich nüancirte und tief ausdrucksvolle Ausführung einen solchen Grad von künstlerischer Weihe zu ertheilen weiß, daß die Flachheit der Composition in Folge dessen sast überhört wird. Aehnliches Lob gebührt dem Vortrage der Hymne gegen den Schluß der Oper. — Zum letztmaligen Auftreten (am Sonntag) hat Herr Tichatscheck den Raoul in den „Hugenotten“ gewählt, eine Nolle, die ihn in seiner eigent⸗ lichen und Glanz⸗Sphäre zu zeigen vollkommen geeignet ist und ihm so⸗ mit sein (leider! nur kurzes) Gastspiel in würdigster Weise abzuschließen vergönnt. . 1 ““
Konzert,
veranstaltet vom „Treubund für König und Vaterland“ im Krollschen Saale.
“ (Den 3:. Mai.)
„ Am Donnerstag gab der ‚„Treubund für König und Vaterland“ im Krollschen Saale suͤr die in Berlin zurückgebliebenen Familien der vaterländischen Krieger ein Konzert, das in Folge seiner zeitgemäßen Ten⸗ denz eine wahrhaft außerordentliche Theilnahme hervorgerufen hatte. Noch niemals dürfte das Lokal von einer ähnlichen zahlreichen Versammlung be⸗ sucht gewesen sein. Die Zahl der Anwesenden belief sich auf mehr als 2000, und die dicht gedrängten Reihen der Versammlung füllten nicht nur den roßen Hauptsaal ganz, sondern zum großen Theil auch die Nebensäle. Die Zuletztgekommenen (zu denen auch Referent gehörte) konnten daher Die Konzerlgaben selbst bei der großen Entfernung nur unvollkommen genießen. Eine Beurtheilung derselbe würde mithin für uns kaum möglich sein. die stürmischen Kundgebungen des Patriotismus wurden zunächst durch eine Declamation des Herrn Gern veranlaßt, deren Inhalt, so viel wir von unserem fernen Standpunkte aus zu hören vermochten, den „alten Fritz“ zum Gegenstande hatte. Unzählige Lebehochs, dem Vaterlande, dem Kö⸗ nige u. s. w. ausgebracht, erschollen nach diesem Vortrage, worauf das zum Volksgesange gewordene Lied; „Ich bin ein e.
von der ganzen Versammlung mit Begeisterung angestimmt wurde. Nicht minder enthusiastischen Anklang fanden später die Declamationen der Frau
relinger und des Herrn Rott, gleichwie auch dem Vortrage eines patriotischen Männer⸗Quartelts von Gottfr. Weiß, „dem treuen preußi⸗
schen Heere“ betitelt, lebhafte Acclamationen folgten. Die übrigen musika⸗ lischen Gaben des Konzertes bestanden, mit Ausnahme eines Festmarsches
von Gotifr. Weiß, der das Ganze eröffnete, und der Ouvertüre zum „Feldlager in Schlesien“ von Meperbeer; aus Liedern und Hperngesän⸗
g. S die Br Crnretz sans Hamburg) und Tuczek und die erren Pardini, Paltriniri, ister und Bötticher 8 rung kamnemn. Ntr. Tr Alghn 1s Nn f wa h AITTT” 88 2 194 * 8 5 8
VPerein für mittelalterliche Kunst. In der Versammlung des Vereins am 24. Mai hielt Herr Schnaase einen Vortrag über die Frage, ob man die Entstehung der architekronischen Formen des Mittelalters einer Geheimlehre oder einer symbolischen Bezie⸗ hung zuschreiben dürfe. Manche haben an eine Nachahmung druidischer Haine oder der ersten, in neubekehrien germanischen Gegenden aus Zwei⸗ gen geflochtenen Kapellen geglaubt; Andere sombolische oder mathematische Geheimlehren vermuthet und zum Theil nachzuweisen gesucht. Beides ist
unhaltbar. Symbolische Deutungen des Kirchengebäudes und seiner Theile
dev Ffch 868 schon bei g5. We- des Mittelalters, aber ei näherer Prüfung ergeben sie sich als müßige unterher erdachte F-Jdes „ ohne Einfluß auf die Fohmnbelb ing 1 Selbst die Kreuzgestalt hatte ihren Ursprung in der Zweckmäßigkeit, wenn man auch bald die Beziehung auf das Kreuz als heiliges Zeichen bemerkte und aussprach. Die oft wiederholte Behauptung, daß die Bauhütten ein sorgfältig bewahrtes und mit ihnen untergegangenes künst⸗ lerisches oder symbolisches Geheimniß gehabt, kann vor der historischen Kritik nicht bestehen. Sie sind nichts als zunftmäßige Verbindungen der Steinmetzen, und die (auch nur in späteren Urkunden) anempfohlene Ge⸗ hermhaltung bezieht sich nur auf „Gruß und Schank“, die Wahrzeichen der Zunftgenossen. Die Annahme einer Grundzahl ergiebt sich, selbst an den dafür angeführten Beispielen, als unhaltbar. Ein Gru ndmaß war nur in⸗ sofern vorhanden, als die Baumeister gewisse herkömmliche Verhältnisse der An⸗ lage beibehielten, jedoch mit künstlerischer Freiheit und ohne Einfluß auf die eigentliche Formbildung. Die Quadratur und Triangulatur, von der allerdings einige Schriftsteller des 15ten und 16ten Jahrhunderts geheimnißvoll sprechen, sind nichts als handwerksmäßige Hülfsmittel der Steinmetzen, um ohne geometrische Kenntniß die feineren Gliederungen richtig auszusühren, deren Ueberschätzung erst im Verfall der Kunst eintrat und denselben beför⸗ derte. Sie haben nur insofern ein historisches Interesse, als sich an ihnen zeigt, wie das geometrische Element, das in anderen Baustylen nur die verborgene Grundlage bildet, in der gothischen Architektur vorherrscht. Zwei Eigenschaften sind es also, welche dieser Architektur einen Anschein des Ge⸗ heimnisses geben „dies Vorherrschen des Gcometrischen und der An⸗ klang an vegetabilische Form. Beide beruhen aber nicht auf einer
Geheimlehre, sondern auf einem technischen Grunde, nämlich auf der Ver⸗
bindung des Bogens mit der senkrechten Stütze. Die konse⸗
quente Durchführung dieser Constructionsweise erzeugte sowohl feinere geo⸗
metrische nc S als auch die Pflanzenähnlichkeit. Das wahre Ge⸗
u dieses Styls ist daher nur die Annahme und Festhaltung dieser
orm, und es erklärt sich durch die Verwandtschaft derselben mit
dem Zeitgeiste. Denn derselbe Gegensatz, den wir als geometri⸗
sche Strenge und pflanzenartige Weichheit in der Architektur erkennen,
findet sich auf allen Gebieten des Mittelalters, in der Religiosität, in
der Sitte, in Wissenschaft und Poesie. Ueberall sehen wir die Ex
treme des Verständigen und Phantastischen, des Spröden und Milden
in höchster Steigerung und dennoch mit einander verschmolzen. Die Archi⸗ tektur, indem sie eine Form annahm, welche diesen Gegensatz hervorbrachte,
solgte daher nur demselben Triebe, aus welchem die ganze Bildung der Zeit hervorging, und sie erklärt sich in ollen ihren Eigenthümlichkeiten durch die Entstehungsgeschichte des Zeitgeistes. Dieser Vortrag er⸗ hielt von verschiedenen Seiten Beifall und Zustimmung. Her Waagen hatte als neue Erscheinung das Werk „Leben und Werke des Bildhauers Cilmann Riemenschneiders“ von dem als Kunstforscher rühmlich bekannten L. Becker vorgelegt. Sowohl die Abbildungen von ver⸗ schiedenen Werken dieses tüchtigen, bisher so wenig bekannten Künstlers, als die sonstige Ausstattung durch die Verlagshandlung von Rudolph Wei⸗ gel in Leipzig fanden allgemeine Anerkennung. Herr Waagen behält sich einen kurzen Bericht über den Text bis zur nächsten Ver ammlung vor. Derselbe theilt zur Anschaunung auch ein Exemplar des ganz neu erschienenen Werkes: „Auch ein Todtentanz aus dem Jahr 1848“, sechs Holzschnitte nach Zeichnungen von Alfred Rethel und ein erklärender Text von R. Reineck, mit. Obwohl dieses Werk, als der Gegenwart entsprossen, eigentlich außer dem Zweck des Vereins liegt, erscheint die Vorlage dessel⸗ ben doch dadurch gerechtfertigt, daß es sich einer echt⸗mittelalterlichen Auf⸗ fassung anschlirßt und zugleiche ein höchst erfreuliches Beispiel ge⸗ währt, ganz im mittelalterlichen Sinne durch bildliche Darstel⸗ lungen auf das Volk einzuwirken, wie dieses selbst noch am Schluß des Mittelalters, nämlich zur Zeit der Reformation, in so rei⸗ chem Maße geschehen ist. Das Unternehmen wird als ein in jeder Bezie⸗ hung gelungenes anerkannt und erwirbt sich den lebhaftesten Beifall. Die Zeichnungen sind geistreich und lebendig, die Ausführung der Ho zschnitte
unter der Leitung des tüchtigen Meisters in dieser Kunst, Herrn Bürkner in
Dresden, ist durchaus gelungen und ganz in dem angemessenen Charakter
des Holzschnitts gehalten, der gereimte Text von Reinick zeichnet sich eben
so sehr durch die tüchtige, echt vaterländische Gesinnung, als durch den
schlichten und allgemein verständlichen Ausdruck aus. Die Ausstattung der
Verlagshandlung von Georg Wigand in Leipzig ist in Druck und Papier
vortreglich zumal in Betracht des geringen Preises von 15 Sgr. Es ist
somit Alles vereinigt, um diesem trefflichen Unternehmen einen großen und
allgemeinen Erfolg zu versprechen. G. F. W.
Auch ein Todtentanz aus dem Jahre 1848. Erfunden und ezeichnet von Alfred Rethel. Mit erklärendem Texte von R. einick. Ausgeführt im akadem. Atelier für Holzschneidekunst zu
ehgt unter Leitung von H. Bürkner. Leipzig, Georg Wigand's
erlag.
Mit vielem Gück und entschiedenem Talent werden hier politische Fragen auf das Gebiet der Kunst im engeren Wortsinne geführt. Nicht um Scherz⸗ oder Spottbilder handelt es sich, sondern eine Reihe meisterhaft erfundener Zeichnungen, versinnbildlicht mit erschütterndem Ernste eine ewige Wahrheit, in deren Verkennung der Krantheitsstoff unserer Zeit besteht.
Um die absolute Gleichheit, das Wahnstreben so Mancher, her⸗ zustellen, erscheint — der Tod auf der Weltbühne. Auf dem ersten Blatte sehen wir einem Gerippe gllegorische Figuren sein Rüstzeug bringen. Der tiefgebengten, gefesselt im Hintergrunde sitzenden Gerechtigkeit hat die List das Schwert und die Lüge die Waage entwunden, um sie dem uner⸗ bittlichen Gleichmacher zu bringen. Die Eitelkeit stülpt ihm den Federhut 8n der Wahnwitz führt ihm das Roß zu, die Blutgier reicht ihm die
ense:
„ Ihr Menschen, ja! nun kommt der Mann, Der frei und gleich Euch machen kann!“
Auf dem zweiten Blatte reitet der Sensenmann einher, Leben und Seng fliehen entsetzt, nur einige Raben krächzen hinter seines Rosses Hufen her: S „Zur Stadt lenkt seinen Gaul er hin,
„Schon ahnt er reiche Beute drin.“
Weiter hin auf dem dritten Blatt sehen wir ihn, umgeben von einer ungebührlichen, trunkenen Menge, in der Hand die Waage, die er, arglistig grinsend, beim Zünglein faßt. Die Sehenden sind blind für den Betrug, nur eine blinde Frau eilt gebeugt hinweg von der Stätte des schnöden
Gaukelspiels: Sie schrie: „Das ist der rechte Mann! Dem folgen wir, der führ' uns an!“
„Auf dem vierten Bilde wirft er das Schwert der Gerechtigkeit dem wild tobenden Haufen zu; zuckende oder entseelte Körper bezeichnen des⸗ sen Bahn, und auf dem fün seb hat es in dem mit enisetzlicher Wahrheit gezeichneten Barrikadenkampf sein Ziel erreichht: L111“
„Sie stürzen rings, Er aber lachhntt:t: „Jetzt lös' ich mein Versprechen Euch: Ihr Alle sollt mir werden gleich!“ 8
Die sie geführt, es war der Tod!“
Auf dem letzten Blatte sieht man endlich das nackte Todtengerippe
— Mantel und Hut hat es abgeworfen — hoch zu Roß, die rothe
schwngend. Rauchende Trümmer, Waffen, Leichen und weinende rauen und Kinder reuxm. E1.“ mgethrtn. ArE:
“
wissen, was er davon zu halten hat. dürfte indeß Mancher sich überzeugen, dies bisher nicht gewußt zu haben.
„Als Leichen — ja! — da sind wir gleich, „ Nicht hoch noch tief, nicht arm noch reich! — „ Freiheit, wer führt dich herbei? „Nicht Mord und nicht der Laster Schrei. „Nur wann erstickt der Selbstsucht Glühn „Wirst du in Herrlichkeit erblühn. — v „Du, Bruderliebe, Bürgerhort, „Der reinsten Lehre reinstes Wort, 8 „Geschändet hat man dich, entehrt „Zur Mörderfackel dich verkehrt; „Vom Himmel nahmst du deinen Lauf, „Zum Himmel flamme freudig auf „Iu reiner That, ein heil'ger Brand! „So segne Gott das Vaterland!“
16“
Eine Denkschrift an die deuntsche Nation.
„Kirchliche Angelegenheiten vor die politische Presse zu bringen, dazu ist keine Zeit weniger geeignet, als die jetzge. Wenn es sich um Rechte oder um innere Einrichtungen der deutsch⸗evangelischen Kirche in der uns vorlie⸗ genden Denkschrift handelte, so würden wir damit von dem Gebiete des Staates fern bleiben zu müssen glauben, oder doch eine günstigere Stunde erwarten. Aber es handelt sich um keine Ansprüche der Kirche, sondern um Anerbietungen und Leistungen. Es handelt sich um ihre Leistungen auf ei⸗ nem Gebiete, auf welchem der Staat, eben jetzt, wo er sich von der Kirche getrennt hat, wieder mit ihr zusammentrifft.
„Die innere Mission der deutschen evangelischen Kirche“ ist der Titel der in Rede stehenden Schrift, von J. H. Wichern im Auf⸗ trage des Central⸗Ausschusses für die innere Mission herausgegeben. (am⸗ burg. Agentur des Rauhen Hauses zu Horn 1849.) Der Verfasser hat ein Anrecht darauf, auch in politischen Kreisen genannt zu werden, seitdem die schlesischen Nothstände ihn an der Spitze seiner Brüder vom Nauhen Hause bei Hamburg dorthin geführt haben, um aus dem reichen Schatze christlicher Werkthätigkeit, zu welchem das Rauhe Haus seine Bewohner ausrüstet, dasjenige hervorzusuchen, wodurch dem Zustande des Jammers, der Krankheit, des Hungers, der Verwahr⸗ losang, dem eine halbe Provinz des preußischen Staates versallen schien, einige Erleichterung verschafft werden mochte. Wer unter den aus dem Elend geretteten Kindern jener schlesischen Hungerdistrikte sich mit dem, was
innere Mission bedeute, bekannt machen will, der wird nicht mehr zweifeln, daß hier etwas geschieht, was für den Staat von unmittelbarster Bedeutung ist. Und um segleich noch von einem anderen Punkte aus und in Bezug auf das im engeren Sinn sogenannte politische Gebiet von der Wichtigkest dessen, was alles zur inneren Mission gerechnet wird, einen Begriff zu geben, brauchen wir nur an Aeußerungen zu erinnern, wie des Lord Ashlev, der be⸗ kannt hat, daß in den Stürmen des vergangenen Jahres London es vor Allem der Wirksamkeit seiner Straßenprediger, seiner Colporteurs und der zu dem leiblichen und geistigen Elende des Prolelariats sich herablassenden christlichen Werkthätigkeit der höheren Stände zu verdanken hat, wenn es von jenem Kampfe, der die Hauptstädte des Festlandes mit Blut und
Schrecken erfüllt hat, verschont geblieben ist. . Mit den tollen Träumen von Sozialisten und Kommunisten beschäftigt sich die Politik jetzt eifrig; sie muß es wohl; denn sie ist durch die Angriffe
(von dieser Seite zur Vertheidigung nicht nur, sondern auch zur Lösung von 8 9 „ 8 g
Aufgaben herausgefordert, welche sie vergessen zu haben schien. Sollte sie jetzt nicht auch auf das achten, was zur Lösung eben dieser Aufgaben von Seiten der Kirche geschieht? Der Kirche, die nicht aufdringlich, nicht feindlich, wie es Jene thun, sondern zur Unterstützung hinzutritt; deren Anerbietungen nicht auf Träumerei beruhen, und nicht der Jahrhunderte alten Wissenschaft neue Erfindungen entgegensetzen, sondern deren Erfah- rungen durch eine noch viel ältere Geschichte, als die der modernen Po-⸗ litik, bewährt sind.
Es kann nicht des Berichterstatters Absicht sein, eine Uebersicht der in- neren Mission, dessen was sie ist und was sie will, in diesen wenigen Zei⸗ len zu geben; da schon der Verfasser unserer Denkschrift Mühe und Kunst hat aufwenden müssen, um auf den Raum dieser Schrift ein vollständiges
Zild alles dessen, was hierher gehört, zusammenzudrängen. Dieser Bericht
kann nur eine Bitte sein wollen, das Buch nicht ungelesen zu lassen. Die⸗ jenigen, welche in unserer Zeit die Ueberzeugung von der ewigen Geltung des Christenthums festhalten, werden doch erst durch die Befreundung mit der Sache der inneren Mission in den Stand gesetzt, sich darüber Rechenschaft zu geben, in welcher Weise dasselbe, trotz dem Aufhören des christlichen Staats, fortdauern muß nicht blos eine Schule, sondern eine Anstalt, ein Reich von lebendigen und Leben spendenden Kräften zu sein — bis die Weltgeschichte Weltgericht wird. Diejenigen hingegen, welche das Christenthum zu den Todten werfen, dürfen doch an diesen, ihrer Meinung nach letzten, Lebens⸗ äußerungen des Todten nicht vorübergehen; es würde ihnen eine nicht un⸗ erhebliche Erscheinung aus der Geschichte der Gegenwart ganz entgehen;
eine Erscheinung, die, was auch aus ihr selbst werden möchte, jedenfalls ihrer gegenwärtigen Wirksamkeit nach viel nachhaltigere Folgen haben muß, als irgend eine jener sozialistischen oder kommunistischen Erfindungen, zu deren Studium und zu deren Dienst theilweise die Politik der Gegenwart sich herbeiläßt. s schreiber gehabt hat, die aber doch — weil sie das im Stillen sich ausbrei⸗ tende Christenthum nicht der Beachtung für werth hielten — weder ihre Gegenwart noch ihre Zukunft verstanden: so möchte es überall gerathen sein, keine Erscheinung der Gegenwart unerforscht zu lassen, auch wenn sie uns unbequem oder widerwärtig ist.
Wie das sinkende Alterthum einst seine großen Geschichts⸗
Um nur seine Stellung dazu einnehmen zu können, muß doch Jeder Aus der Wichernschen Schrift
Mancher versteht unter innerer Mission nichts als eine religiös oder pietistisch gefärbte Wohlthätigkeit, bei welcher die Religion bald mehr das Mittel, bald mehr der Zweck, und dann doch wie⸗ der nur das Mittel sein soll, durch welches die Aristokratie sich die Massen unschädlich oder unterwürfig machen und den Volksfreunden den Rang ab⸗ laufen will. Manche wieder, und auch Günstiggestimmte, haben für die soziale, für die politische Bedeutung der inneren Mission das Verständniß noch nicht gewonnen; sie sehen darin nur eine Thätigkeit zur Verbreitung der religiösen Segnungen in die Massen, die sich dem entzogen haben; sie verkennen den mittelbaren Einsluß einer wieder erweckten Religiosität auf das Gedeihen der Gesellschaft und auf bürgerlichen Frieden nicht; aber es entgeht ihnen, daß die Kirche selbst und unmittelbar soziale Anstalt ist. Die große Begriffsverwirrung unserer Zeit liegt darin, daß man zwischen Staat und Kirche das soziale Gebiet als ein drittes einschiebt, während doch Staat und Kirche die beiden Anstalten zur Lösung der sozialen Aufgabe sind, der Staat aber die nur stets versuchte — wir wollen nicht sagen, die stets mißlin⸗ gende, aber die stets auf der Oberfläche bleibende Lösung, und eben so sehr abir⸗ rend, wenn er das soziale Gebiet aus sich herausstellt, als andererseits, wenn er mehr als oberflächlich die Sache lösen will; denn alsdann wird er Sozialismus oder Kommunismus, und zerstört sich selbst. Nur die Kirche löst die Aufgabe in ihrer Tiefe, ihr ist dazu die innere Mission nicht das Mittel, sondern sie ist eben deshalb innere Mission; nur als solche lebt sie ein ihres Wesens und ihrer Aufgabe bewußtes Leben.
Das stille und stillwirkende Friedensreich, welches seine Helden und seine Unterthanen in den Gefängnissen, in den Krankenhäusern, unter den Verwahrlosten und Gefallenen findet, welches seine Geschichte durch alle Jahrhunderte mit Namen schreibt, von denen die Geschichte der Kriege und Revolutionen nichts weiß, welches durch alle Staaten hindurchgeht und alle Konfessionen zu seinen Provinzen macht, dessen deutsch⸗evangelische Provinz sich im vergangenen Jahre in den Tagen des zu Frankfurt aus⸗ gebrochenen Bürgerkrieges, im September 1848 zu Wittenberg einen die⸗ nenden Mittelpunkt an dem dort für die innere Mission gebildeten Central⸗ Ausschusse gegeben hat — dieses Friedensreich ist es, welches die Wichernsche Denkschrift an die deutsche Nation in großen Zügen schildert. Durch alle Konfessionen und Rationen, aber auch — was das wichtigste ist — durch alle Stände hindurch geht dieses Reich, indem es die Wunden heilt, die Neid und Stolz geschlagen haben. 1
Die Politik, wie die Geschichtsschreibung, hat bisher dieses verborgen⸗ Reich so gut wie übersehen. Sie hat eben deshalb nur halbe Arbeit ge than. Aber eben so, wie man von der Geschichtsschreibung, die mi, die
. 95 27„, z itten den Axtionen der Kabinette und Heere erzählt, dazu fortgeschri irb Entwickelungen des Volkslebens in die Darstellung auszunehmen: “