1849 / 203 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

m6Aüneeeenen Herzücben 2 ——— an eeh.

ggemeinscha

jeser faßt seine Beschlüsse auch nach der Mehr⸗

heit 88 g. 1 8* dem Gesammt⸗Organ der Regie⸗ Fngen berufen und geschlossen. Die Geschäfte des Gesammt⸗ Ausschusses gehen an Wichtigkeit denen der Einzel⸗Landtage vor, s daß die Ausschuß⸗Mitglirder ihre Thätigkeit, so lange der Aus⸗

wählt

t, diesem zuzuwenden haben. Jene acht thüringer Staa⸗ cuß khalten 5 dem Ober⸗Appellationsgerichte zu Jena ein

ftliches Ober⸗Appellations⸗ und Cassations⸗Gericht, ferner

vier Ober⸗, d. h. Appellations⸗Gerichte (in de Fan. Gotha,

Weimar und Altenburg), welche zugleich einen Geschwornen⸗Ge⸗ 8 Ketabezic bilden, und eine entsprechende Anzahl Kreisgerichte, und 8 sollen bei dem ersten ein General⸗Staats⸗Anwalt, bei den zweiten

8 Ober⸗Staats⸗Anwälte, und bei den dritten Staats⸗Anwälte ange⸗ sie dem Lande Schleswig eine abgesonderte politische Selbstständigkeit

8 stellt werden.“

Gotha, 21. Juli. (O. P. A. Z.) Unsere A bgeordneten⸗

Versammlung hat fast einstimmig den Beschluß gefaßt, die Staats⸗- Regierung zu ersuchen, nach den von der Konferenz der thüringi⸗ schen Landtags⸗Abgeordneten aufgestellten Grundzügen die schleunige

ker eine neue Sanction erhalten; in den Herzogthümern aber ist die Erbitterung und das Mißtrauen gegen Dänemark zugleich mit dem Vertrauen auf die eigene Wehrkraft immer höher gestiegen. Die Verpflichtung zur Ausführung jenes Friedens⸗Grundsatzes ohne und gegen den Willen der Herzogthümer aufs neue zu über⸗ nehmen, kann daher von der Centralgewalt jetzt nur für unmög⸗ lich erklärt werden. Diese Erklärung ist nicht so zu verstehen, als betrachte die Centralgewalt die Rücksichten der allgemei⸗ nen Politik nicht mehr als bestehend, welche bei Annahme der Basis leitend gewesen sind. Die Centralgewalt wird von ihrem Standpunkte aus keinen Widerspruch erheben, wenn die constitu⸗ tionelle Frage zwischen den Herzogthümern und ihrem Herzoge durch friedliche Mittel in einer Weise gelöst werden sollte, welche

ohne Einyerleibung in Deutschland anweisen würde; sie wird aber nicht mitwirken noch zugeben, daß die dänische Krone ihre vom

deutschen Bunde für unrechtmäßig erklärten Ansprüche gegen die

verfassungsmäßigen Rechte der Herzogthümer mit Waffengewalt

Herstellung eines gesetzgebenden Organs für die thüringer Staaten

im Wege des Staatsvertrags mit den übrigen Regierungen zu er⸗ streben. Zugleich ward seitens der Abgeordneten⸗Versammlung die

Erklärung abgegeben, daß dieselbe, wenn wider Verhoffen einer oder mehrere Staaten den Beitritt verweigern sollten, immer noch eine weniger umfassende Vereinigung so lange für wünschenswerth er⸗ achte, als noch der Zweck, die Gewinnung eines starken Mittelpunk⸗ tes für Thüringen, sich als erreichbar darstelle.

Frankfurt. Frankfurta. M., 23. Juli. (O. P. A. Z.) In einem erläuternden Artikel, mit welchem der Preuß. Staats⸗Anz. vom 20sten d. M. die Bekanntmachung der zwischen Preußen und Dänemark am 10ten d. M. abgeschlossenen Verträge begleitet, wird einer Instruction des Reichs⸗Ministeriums an Herrn Bunsen vom 27. April d. J. Erwähnung gethan, durch welche die Centralgewalt sich für nicht mehr an die im Februar angenommene Friedensbasis gebunden erklärte. Wir sind in den Stand gesetzt, diese Instruction nachstehend ihrem Wortlaute nach zu veröffentlichen, wobei wir übri⸗ gens hinzufügen können, daß das Reichs⸗Ministerium nicht erst durch dieses Aktenstück, sondern unmittelbar nach dem Wiederbeginn des Krieges, also in den ersten Tagen des April, sich die Freiheit von jeder vorher in der Unterhandlung übernommenen Verpflichtung auf das bestimmteste gewahrt hat.

Schreiben des Reichs⸗Ministers der auswärtigen An⸗ gelegenheiten an den Bevollmächtigten des Reichs⸗ verwesers in London, Herrn Bunsen, vom 27. April d. J.

Der Reichs⸗Ministerrath hat die Note des Königlich großbri⸗ tanischen ersten Staats⸗Secretairs für die auswärtigen Angelegen⸗ heiten vom 17ten l. M. und Ihre vorläusige Antwort vom 18ten in die der Wichtigkeit dieser Aktenstücke angemessene aufmerksamste Erwägung gezogen. Die Erklärung der britischen Regierung, daß sie das ihr von beiden Theilen anvertraute Amt friedlicher Vermit⸗ telung aufzugeben nicht gesonnen sei, hat bei den Ministern des Reichsverwesers eine höchst dankbare Aufnahme gefunden, weil die⸗ selben überzeugt sind, daß auf der Stellung und dem Einflusse Großbritaniens, auf der genauen Bekanntschaft Lord Palmerston's mit dieser schwierigen Angelegenheit und auf den bereits im Verlauf der Un⸗ terhandlung vorgebrachten Friedensvorschlägen auch jetzt noch die am mei⸗ sten wahrscheinliche Hoffnung einer endlichen Lösung beruht, so ungün⸗ stig auch die Umstände des Augenblicks erscheinen mögen. Der provisorischen Central⸗Regierung Deutschlands fehlt es gewiß so wenig an Beweggründen zum Frieden, als irgend einer anderen Staatsgewalt in Europa. Diese Beweggründe können jedoch unter den gegenwärtigen Verhältnissen den Abschluß eines militairischen Waffenstillstandes nicht rechtfertigen, welcher ohne die geringste po⸗ sttive Bürgschaft einer Ausgleichung der politischen Streitfrage, also ohne Aussicht auf Frieden eingegangen werden müßte, und Deutschland in eine noch weit weniger erträgliche Lage zurückver⸗ setzen würde, als diejenige war, welche die dänische Regierung durch die Kündigung des Waffenstillstandes hervorrief. Die Centralge⸗ walt kann sich nicht dazu verstehen, nach dem Belieben Dänemarks die Kontingente der Bundesstaaten hin⸗ und herrücken zu lassen,

sie kann in der jetzigen gefährlichen inneren Krisis Deutschlands die

Wahl des Zeitpunktes eines abermaligen Angriffs nicht einem äuße⸗ ren Feinde freistellen; auch kann sie weder die Kosten der Unterhal⸗ tung eines Heeres zu einer Höhe anschwellen lassen, für welche Dänemark keine Ersatzleistung szu gewähren vermöchte, noch durch Einwilligung in eine kurze Kündigungsfrist die Thätigkeit des deutschen Seehandels fortwährend lähmen. In Ueber⸗ einstimmung mit Ihrer vorläufigen Antwort vom 18. I. Mts. habe ich Sie daher zu benachrichtigen, daß die Centralgewalt ge⸗ genwärtig nicht im Stande ist, einen Waffenstillstand anzunehmen, welcher nicht auf eine geräumige Zeitdauer, etwa bis zum Ende des laufenden Jahres abgeschlossen würde, und zugleich eine vernünftige Sicherheit begründete, daß ein für beide Theile ehren⸗ voller endgültiger Friedensschluß bald könne erzielt werden. Es kann nicht unerwartet sein, wenn ich hinzufüge, daß eine Wiederanknüpfung der Unterhandlungen auf der zuletzt angenom⸗ menen Grundlage der Unabhängigkeit Schleswigs eine solche Sicher⸗ heit weder auf der einen noch auf der anderen Seite gewährt. Die dänische Regierung ihrerseits beharrt noch jetzt auf der Absicht, Schleswig zwar unabhängig von Deutschland, aber durchaus nicht unabhängig von Dänemark zu machen. Die Bevollmächtigten Dä⸗ nemarks in London haben noch am 16ten l. M. den unzulässigen Gesetz⸗Entwurf vom 26. März als Grundlage der Unterhandlung angeboten, und nach der Kenntniß, welche die Centralgewalt von den Absichten des kopenhagener Kabinets besitzen kann, wird der Verfassungs⸗Entwurf, welchen dasselbe nach ber Aufforderung Lord Palmerston's nach London zu senden beschlossen hat, nur einen neuen Beweis dieser Beharrlichkeit liefern. Dieser Entwurf wird dem Projekte, welches dem dänischen Reichstage vorgelegen hat, weit ähnlicher sein, als der von Deutschland früher angenom⸗ menen Friedensgrundlage. Dagegen steht es nicht in der Willkür der Regierung des Reichsverwesers, jetzt noch ganz dieselbe Sprache zu führen, wie vor dem Kriege. Die Trennung der seit Jahrhun⸗ verten bestehenden und noch im Monat Januar 1848 von Sr. Ma⸗ jestät dem Könige von Dänemark seierlich als ein Recht anerkann⸗ ten Gemeinsamkeit der öffentlichen Rechts ⸗Verhältnisse Schleswigs und ist eine nicht nur in diesen Herzogthümern, sondern in eutschland mit so großer Ungunst angtsetsene politische Neue⸗ S-a . - die Centralgewalt sich nur mit dem äußersten Widerstre⸗ h2 hied unter Verhältnissen, von welchen die gegenwärtigen sehr g-e. en . hat entschließen koͤnnen, um den Preis der geas ea .. der See . n9. em Köni e memark abgeson⸗

derten politischen Eristenz Schleswigs 7n2 g. Jetzt, 389 der Krieg dennoch nicht vermieden wurde, hat das nationale Ehr⸗ und Rechtsgefühl in ganz Deutschland, Abst in den am schwersten vom Kriege betroffenen Gebieten, sich abermals aufs lebendigste zu Gunsten jener Vereinigung geäußert und die größten An⸗ strengungen und Opfer nicht gescheut; die Gerechtigkeit der Sache

hat durch die allgemeine Theilnahme deutscher Fürsten und Völ⸗

durchsetze. Sie bedarf der Berathung mit der Statthalterschaft der Herzogthümer, um sich die Ueberzeugung von dem, was gegenwär⸗

tig ausführbar ist, zu verschaffen, und sie ist bereit, den Herzog⸗

lassen.

thümern jeden zum Zweck der Regelung der Verfassungsfrage viel⸗

leicht nützlichen Antheil an der Unterhandlung einzuräumen. Bei der geringen Wahrscheinlichkeit, auf diesem Wege das Friedenswerk zum Ziele zu führen, glaubt aber die Regierung des Reichsverwe⸗ sers, obwohl die Reihe der Vorschläge an Dänemark ist, zugleich ihren Wunsch des Friedens und ihre Achtung vor der vermittelnden Macht zu beweisen, indem sie zuvorkommend diejenigen anderen Wege der Vermittelung andeutet, in deren bestimmter und deutlicher An⸗ nahme durch Dänemark sie eine zur Einstellung der Feindseligkeiten hinreichende Gewähr einer endlichen Lösung erkennen würde. Sie bezeich⸗ net hiermit als solche, neben dem Ersatz der Kriegskosten, die beiden bereits im vergangenen Sommer von Lord Palmerston empfohlenen Vorschläge hinsichtlich der künftigen politischen Stellung Schleswigs, nämlich ent⸗ weder eine Theilung Schleswigs gemäß der Nationalität der Ein⸗ wohner, oder die Fortdauer der jetzigen Verbindung Schleswigs mit Heolstein, jedoch ohne Aufnahme des ersteren in das deutsche Reich, dessen Verfassung alsdann für Holstein anerkannt werden müßte, während von Seiten Deutschlands die definitive Regelung des Ver⸗ hältnisses zu Schleswig in einer Ausnahme von der Bestimmung des §. 2 der Reichsverfassung bestehen würde. Ich ersuche Sie, Herr Gesandter, den Inhalt dieses Schreibens zur Kenntniß des Ministers der vermittelnden Macht zu bringen und ihm auf Be⸗ gehren Abschrift und Uebersetzung zukommen zu lassen. Ich habe die Ehre ꝛc. (gez.) Gagern. 111uX“AX“

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Ausland. 82 Oesterreich. Vor Venedig, 20. Juli. (Llo yd.) Gestern waren wieder besondere Bewegungen in den Lagunen zu bemerken. Man schoß nur wenig, um so mehr aber wurden bei Malamaceo und Chioggia Schiffe hin und zurückgeschleppt, bis endlich Abends zwei venetia⸗ nische Briggs sammt dem Dampfer ausliefen. Unsere Vorposten⸗ Dampfer zogen sich zurück, um so dem Feinde Lust zu machen, au⸗ ßer dem Bereiche seiner Batterieen in die Schranken zu treten. Aber auch dieses Manböbver entwickelte nicht den gehörigen Reiz. Noch vor Sonnenuntergang wendeten beide Schiffe und segelten wieder dem Hafen von Malamoecco zu. Am Morgen des 19ten aber kam die englische Brigg „Racer“ aus den Lagunen, von dem venetianischen Dampfer bugsirt. Admiral Dahlrup be⸗ merkte natürlich mit besonderem Mißfallen dieses höchst sonder⸗ bare Benehmen der neutrale Flagge; da die Brigg aber noch bis gegen Abend vor Venedig backgebraßt dastand und ihre Boote auf und nieder fuhren, wurde der Escadre⸗Adjutant Graf Hadik mit ganz energischen Befehlen an Bord geschickt. Das Dampfschiff „Trieste“ (Capitain Littrow), der den Adjutanten bis zur englischen Brigg führte, kam bei dieser Mission in das Schuß⸗ Bereich der Lido⸗Batterieen zu stehen, ohne daß man zum allgemei⸗ nen Erstaunen auch nur einen Schuß gethan hatte. Der Engländer entschuldigte sich, dem Adjutanten gegenüber, durch hohle Ausflüchte und einige Versicherungen der besten Intelligenz zwischen England und Oesterreich, sein zweideutiges Benehmen gab aber wenigstens dadurch nur Satisfaction, daß er augenblicklich vollbrassen ließ und gegen Triest steuerte. Von dort erfuhren wir, daß er vier Passa⸗ giere an Bord hatte. Wenige Stunden später segelte das franzö⸗ sische Kriegsdampfschiff aus Venedig und steuerte ebenfalls nach Triest. Die Nacht war sehr stürmisch, unsere Schiffe mußten alle unter Segel setzen und lavirten trotz Wind und Wetter vor der Küste Venedigs.

Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 23, Juli. Präsident Dupin. Die Sitzung wird um 1 ½ Uhr eröffnet. Repellin erklärt im Namen der 15ten Kammer⸗Abthei⸗ lung, daß die gegen die Wahlen in Martinique eingelaufenen Pro⸗ testationen ohne bedeutendes Gewicht sind, und daß sie daher für die Fulasuns der Abgeordneten stimme. Die Kammer erklärt die Wahlen für gültig. Tagesordnung: Preßgesetz. Odilon Bar⸗ rot bringt ein Gesetz über das Gerichtswesen ein und verlangt die Dringlichkeit. Die Erwägung der Dringlichkeit wird angenommen. Grevy: „Niemand hat nach meiner Ansicht das Gesetz über die Presse so gut verstanden, wie Herr Montalembert. Er hat ein glänzendes Lob ausgesprochen, weil er weiß, es bringe der Freiheit einen Todesstoß bei. Der Minister der Justiz hat wohl begriffen, daß diese Hülfe ihm schade, und hat deshalb einen Theil des Lobes, das Herr Montalembert spendete, abgewiesen. Mein erster Vorwurf ist die Wiedereinführung der Bürgschaft. Diese Entlehnung von der bestehenden Gesetzgebung ist die fehlerhaftrste. Man be⸗ gnügte sich nicht mit Bestimmungen, den September⸗Gesetzen ent⸗ nommen. Herr Barrot meint, man müsse von seinen Feinden ent⸗ lehnen, er hat dies so weit getrieben, daß er ihnen gar nichts ge⸗ Man lacht.) Man hat nicht nur entlehnt, sondern noch verschärft. Man hat die September⸗Gesetze, die unter dem Pflaster des Februars beerdigtwaren, wieder ausgegraben und sie noch vervollstän⸗ digt. Der Entwurf vernichtet die Freiheit, verhindert die Veröf⸗ fentlichung. Er schafft neue Vergehen, neue Strafen. So ist der Gesetzentwurf, und was wurde nicht gegen die September⸗Gesetze selac wurden sie nicht aufs heftigste getadelt und an den Pranger ge⸗ tellt? Wenn es nöthig sein sollte, daß man, um Frankreich zu regieren, auf diese so verhöhnten Einrichtungen, verhöhnt von Euch Ihr Herren Minister, zurückkommen müßte, so hättet Ihr Anderen diese Arbeit lassen sollen. Ihr hättet die Pflicht nicht übernehmen sollen, hier auf dieser Tribüne Eure Reden, Eure Ansichten, Eure ganze Ver⸗ gangenheit zu wiederrufen. Ihr habt die Urheber der September⸗ gesetze mit Euren Vorwürfen verfolgt und was thut Ihr? Ihr erwartet alle diese Maßregeln, die sie genommen haben.“ Der Red⸗ ner liest einige Sätze aus dem Berichte des Herrn von Broglie über die Septembergesetze vor, welche von den Richtern unter Bei⸗ fall angehöͤrt werden. „Nun, meine Herren“, fuhr der Redner fort, „hieraus schließe ich, diese Sprache wurde von Allen geführt, welche die Landesfreiheiten antasten wollten. Unsere Minister sind

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nur Nachahmer. Eure Gegner von 1835 müßten sehe ge⸗ rächt sein, wenn sie Euch gezwungen sehen, von ihnen zu entlehnen. Herr Montalembert spricht jetzt das Entgegengesetzte von dem, was er Herrn Guizot sagte. Er erklärt seine Meinungs⸗ änderung durch die Veränderung der Zeiten. Heute ist er durch die Umsturztheorieen erschreckt, er nimmt ein Symptom für ein Fak⸗ tum. Die frühere Regierung trägt die Schuld dieses Uebels.“ Der Redner giebt eine Uebersicht der Fehler der gestürzten Regierung. „Was hat man,“ sagt er, „während 18 Jahre für das Volk ge⸗ than? Nichts! Dies die Ursache der Leiden, die wir mit Euch be⸗ klagen. Ihr setzt dieselben Fehler fort! Man wird noch die frü⸗ here Regierung bedauern. Das erste Mal, wo Ihr den Degen zieht, ist es gegen die Freiheit, was könnt Ihr mehr als Feinde der Republik thun?“ Der Minister des Innern: „Wären wir die Feinde der Republik, so würden wir das thun, was unsere Gegner wollen. Mit den Zeiten muß man die Gesetze ändern, daher mein Ansichtswechsel. Ich weiß meinen Gegnern Dank, daß sie meine Reden nachlesen, aber sie mögen es mit Verstand thun. Mö⸗ gen sie an die Nothwendigkeiten denken, deren Schuld sie tragen. Neue Gesetzvergehen sind begangen worden, nie hat man so verwegen geschrieben. Für neue Vergehen neue Stra⸗ fen. Habt Ihr nicht gesehen, daß einige Tage vor dem 13. Juni 150 Zeitungen einen Aufruf zu den Waffen enthielten? Ja, man bestimmte sogar den Ort des Zusammenkommens. Dieselbe Presse schrieb täglich gegen das allgemeine Wahlrecht, gegen diese Ver⸗ sammlung, gegen jede Ausübung der gouvernementalen Gewalt. Jeden Tag reizte sie Bürger gegen Bürger, Arme gegen Reiche. Die Anhänger dieser Ansicht sendeten Vertraute in die Provinzen, die dem Landmann sagten, seit 60 Jahren zahle der Arme nur die Steuer, der Reiche zahle nichts; die Armen hätten während dieser Zeit, um die Reichen zu entlasten, 65 Milliarden gezahlt. Dieser Keim des Bürgerkrieges wurde täglich ausgesäet. Nach dem 13. Juni fand sich die Regierung diesen Schwierigkeiten gegenüber. Ich könnte nachweisen, wenn ich auf moralische Erwägungen mich einlassen wollte, daß die Regierung keine andere Bahn betreten konnte. Nach der Aufreizung von Seiten der Presse, nach den Flintenschüssen vom Juni 1848 und 1849 war es unsere Pflicht, die Versammlungen zu schließen und den Ausschweifungen der Presse einen Zaum anzulegen. Wir können nicht jeden Tag einem Aus⸗ bruch des Bürgerkrieges entgegensehen. Nicht jeden Tag darf die Regierung das Blut der Nationalgarde vergießen lassen. Die Re⸗ gierung muß Mittel ergreifen, der Empörung vorzubeugen. Ich gebe nicht mit Herrn Grevy zu, daß man alle Leiden könne ver⸗ schwinden lassen, man kann sie jedoch vermindern. Wir beschäfti⸗ gen uns damit. Vor Allem muß daher die Ruhe und die Sicher⸗ heit hergestellt werden.“ Die Sitzung wird für eine Viertelstunde aufgehoben. E. Barranlt: „Die Presse ist das Schlachtfeld der Majoritäten und Minoritäten. Dies Gesetz reiht sich einem ganzen System an, das ich bezeichnen will, es reiht sich an die Ex⸗ pedition gegen Rom an, an das Unterrichtsgesetz, an den Belage⸗ rungszustand. Ich frage, wohin gehen wir, wo wollen wir hinaus?“ Der Redner wirft der Majorität die Nachahmerei im Anklagen der Minoritäten vor, indem sie dieselben einsperre und zerstreue. „Ich glaube“, sagt er, „daß man auf einer Seite alle Verschwörungen spielen läßt, auf einer Seite, die keine Revolution will, aber un⸗ aufhörlich an eine Restauration denkt, die jede Empörung für unge⸗ setzmäßig ansieht und nur die treubrüchigen Regierungen, die man stürzt, für heilig und unverletzlich erklärt. Die Empörer, die Auf⸗ wiegler stecken sich nicht hinter die Minorität, sondern hinter di

Majorität.“ (Rechts: Zur Ordnung!) Der Präsident: „Jetz

unterbricht die Majorität, wie kann ich mein Amt verwalten? Wenn die Majorität die Geschäftsordnung nicht beobachtet, wie kann ich sie auf die Minorität anwenden?“ Barrault setzt die gegenwärtige Lag

auseinander. „Wir sind“, sagt er, „auf dem Abhange einer Re⸗ volntion oder einer neuen Restauration, welche gewiß eine Revolu⸗ tion nach sich zieht. Wir haben ein sehr schlechtes Beispiel gege

ben, das uns einen Krieg verursachen kann: unsere Einmischung i

die römischen Verhältnisse. Ich fürchte nicht den Krieg für die Republik, sie wird stegreich hervorgehen, aber um den Preis von

Blutbächen und vielfacher Zerstörung. Noch können wir das Un-⸗

glück beschwören, indem wir nicht thun, was Ihr thut, und thun,

was Ihr nicht thut, indem wir nämlich die Bahn der Restauration

verlassen und die der Revolution betreten.’“ Der Redner tadelt

das Ministerium wegen seines repressiven Systems, er tadelt dasselbe,

weil es nicht an die sozialistischen Wahrheiten glaube und dessen Apostel in die Schweiz, England und Belgien zerstreue. Er ruft die Majorität

zur Versöhnlichkeit auf, lobt den Berg, welcher weder ein Gegen-⸗ stand des Schreckens, noch des Lachens sein müsse, der vielmehr

vor allen die Vorahnung der Zukunft habe. Er beschwört die Ver⸗

sammlung, nicht länger die Augen zu schließen vor den sozialen 8 Nettement will

Wahrheiten, sonst könnte sie sich selbst morden.

das Wort nehmen. (Zahlreiche Stimmen: Herr Thiers, Herr

Thiers!) Nettement bleibt auf der Tribüne. Er erklärt zuerst, die Freiheit der Presse, von der er einen so großen Gebrauch gemacht habe, vertheidigen zu wollen, aber er erkennt, man könne die Frei⸗ heit nicht von der Ordnung trennen, man müsse eine durch die andere unterstützen und organische Mittel anwenden, man müsse

Frankreich organisiren, und zwar der Art, daß eine Revolution, die in Paris ausbräche, von Frankreich nicht empfunden würde, man

müsse die Regierung so hoch stellen, daß sie die Beleidigung nicht fühle, daß Jeder sie achte, man müsse die Geister moraltsch, die

Herzen evangelisch machen und den Unterricht verbreiten. Der

Redner schließt damit, er achte die Majorität, gebe sein Blut für den Dienst des Vaterlandes her, er habe jedoch der Republik nicht

seinen Zuruf ertheilt. Die Sitzung wird aufgehoben.

Straßburg, 22. Juli. (Frankf. Journ.) Zweck erfüllt. gen noch bemerkten wir, wie eine größere Schaar unsere Stadt verließ, um sich nach dem Innern zu begeben. Auch sind viele nach Havre gereist, um nach Amerika auszuwandern. Die Begleitung

Hecker's dürfte in dieser Beziehung eine sehr zahlreiche sein. Die⸗ sen Nachmittag 3 Uhr geht derselbe mit den pariser Messagerieen von hier ab und wird sich am Ende dieser Woche noch in Havre nach Amerika einschiffen. Seine Familie wird ihm in kürzester Frist

nachfolgen. Im oberrheinischen Departement haben vor einigen Ta⸗ gen abermals Verhaftungen stattgefunden.

Straßburg, 23. Juli. (Frkf. J.) Während wir seit lan⸗

ger Zeit gewohnt waren, Flüchtlinge zu Hunderten in allen Theilen

der Stadt zu erblicken, sehen wir jetzt nicht einen einzigen mehr,

denn die Stadt, so wie das ganze Elsaß überhaupt, sind nun voll⸗

ständig von ihnen geräumt. Hecker ist gestern Nachmittag von hier abgereist. Er begiebt sich nach Havre, wo er sich in einigen Wochen mit seiner ganzen Familie nach Amerika einschiffen wird. gleiteten ihn sehr viele Freunde und Gesinnungsgenossen an den Eilwagen, der ihn morgen schon nach Havre bringt, da er sich in Paris nicht aufzuhalten gedenkt. Der Zug nach den badischen Bä⸗

dern ist noch immer ein sehr schwacher, desto größer ist der Andrang nach Niederbronn, das seit Menschengedenken nicht so viele Gäste

Die strengen Polizeimaßregeln gegen die deutschen Flüchtlinge haben nun ihren . Sie sind alle von hier abgezogen. Diesen Mor⸗

Es be⸗

. s Jahr. Das Elsaß ist überhaupt diesen Sommer sehtd, ene vesgeinden aus allen Theilen Europa's besucht. Die

ffe der Kölntschen Gesellschaft bringen jeden Tag sehr viele Reisende und befördern von hier nach dem Niederrhein eben⸗ falls den größten Theil der Passagiere, die sich sonst der badischen

Eisenbahn bedient hatten.

Großbritanien und Irland. London, 23. Juli, Nachdem Lord Palmerston vorgestern im Unterhause in Folge des Antrages Osborne's erklärt hatte, daß der englischen Regierung keine offiziellen Depeschen über das Vorrücken der russischen Trup⸗ pen in Ungarn zugegangen seien, nahm dieser seine auf Vorlegung derselben gerichtete Motion wieder zurück. Lord Palmerston ver⸗ sicherte bei dieser Gelegenheit, daß weder er, noch die Regierung, deren Organ er sei, irgend unfreundliche Gestnnungen gegen Oester⸗ reich hegten, vielmehr überzeugt seien, daß die Festigkeit des politi⸗ schen Systems von Europa sehr von der Aufrechterhaltung der Stärke und Macht dieses Reichs abhänge. Oesterreich, bemerkte er mit besonderer Hinsicht auf den vorliegenden Antrag, habe in der Ausübung seiner souveratnen Rechte die unzweifelhafte Befugniß, den Beistand einer fremden Macht anzurufen, und wenn dieser Beistand sich selbst bis auf das Einrücken fremder Armeen in seine Staaten erstrecke; die britische Regierung habe daher in dem, was geschehen, nichts er⸗ blicken können, wogegen sie Einwendungen zu machen hätte; aller⸗ dings aber bedaure er, daß Oesterreich einen solchen Schritt gethan, eben so wie er die Nothwendigkeit bedaure, die es dazu getrieben. Der Kampf, in welchem Oesterreich jetzt begriffen, sei in jeder Hinsicht zu beklagen, denn wie derselbe auch enden möchte, es würde immer unheil⸗ voll für Oesterreich sein. Gelinge es ihm, Ungarn niederzudrücken, so würde es finden, daß im nächsten halben Jahrhundert die Hülfs⸗ quellen des Reichs erschöpft sein würden, und daß es seinen eigenen rechten Arm gelähmt habe. Der Kampf sei aber nicht nur um Oesterreichs willen, sondern auch aus Rücksichten einer vernünftigen europäischen Politik zu bedauern. Indeß sehe er im vorliegenden Falle doch keinen Anlaß, der eine offizielle Einmischung der briti⸗ schen Regierung rechtfertigen könnte. So viel aber könne er ver⸗ sichern, daß, wenn eine Gelegenheit sich darbieten sollte, welche es der Regierung möglich machte, ihre guten Dienste anzubieten, um eine freundschaftliche Ausgleichung der zwischen den kämpfenden Parteien obschwebenden Differenzen herbeizuführen, diese Gelegen⸗ heit nicht unbenutzt bleiben werde.

Schweden und Norwegen. Gothenburg, 20. Juli. (Alt. Merk.) Der König, der Kronprinz und Prinz Gustav sind am 18. Juli Abends in Gothenburg angelangt. Am 19ten und 20sten hat der König in Gothenburg mit dem Kriegs⸗Minister und dem Minister des Auswärtigen Berathung gehalten, dem Verneh⸗ men nach, wegen der dänischen Angelegenheit. Graf Plessen, der die schwedische Mitwirkung beim Waffenstillstande anruft, ist seit Dienstag in Gothenburg.

Schweiz. Bern, 18. Juli. Eine Beilage zum Bundes⸗ blatt bringt folgende (schon kurz erwähnte) wichtige Aktenstücke:

1) Kreisschreiben vom 15. Juli, welches die Kantonsregierun⸗ Ph auffordert, früher ausgewiesene Flüchtlinge, wie Heinzen, Lommel, Neff,

hielmann, Löwenfels und solche, die wegen Theilnahme an der badischen Erhebung im September 1848 das Asylrecht verwirkt haben, wie Struve und Mithafte, nicht in ihrem Gebiete zu dulden.

2) Beschluß vom 16. Juli: „Der schweizerische Bundesrath, in Betracht der sehr beträchtlichen Anzahl von militairischen und anderen poli⸗ tischen Fluͤchtlingen, die aus dem Großherzogthum Baden, so wie aus Rheinbapern, in Folge des Bürgerkrieges, dessen Schauplatz jene Länder gewesen, auf schweizerisches Gebiet übergetreten sind; in Betracht, daß aus Erfahrung erhellt, daß die Anwesenheit einer beträchtlichen Anzahl von Flüchtlingen in der Schweiz, so wie auch die Unternehmungen, denen sie sich hingeben, sowohl der Eidgenossenschaft, als den Kantonen und Bürgern sehr schwere Lasten verursacht haben; in Erwägung, daß, wenn die Häupter des letzten Aufstandes im Großherzogthum Baden und Rheinbayern im Lande geduldet würden, die Schweiz der Fortdauer jener Lasten sich ausgesetzt sehen müßte; in Betracht der gerechten Mißstimmung, welche diese Lage der Dinge bei der schweizerischen Bevölkerung erwecken dürfte; in Betracht, daß die Schweiz nicht gewilligt ist, ihren Boden als Herd der Propaganda herzugeben, und zu Umtrieben mißbrauchen zu lassen, welche die benachbarten Staaten beunruhigen und die Eidgenossenschaft in große Verle⸗ genheiten verwickeln könnten; in der Absicht, selbst der Möglichkeit von Projekten und Versuchen, welche die völkerrechtlichen Verhältnisse der Eidge⸗ nossenschaft gefährden könnten, zuvorzukommen; in Erwägung, daß der Begriff des Asylrechts nicht so weit ausgedehnt werden darf, daß dadurch die innere oder äußere Sicherheit der Schweiz in Frage gestellt werden könnte; in Betracht, daß, da die Häupter des Ausstandes eine Zuflucht in Frankreich oder in anderen Ländern finden können, das Asyl auf dem Bo⸗ den der Eidgenossenschaft für sie kein unumgängliches Bedürfniß ist; in Erwägung, daß ein Mittel zur Beschleunigung des Abzugcs jener Massen von Flüchtlingen, wie zugleich auch zur Auswirkung einer Amnestie für diese Unglücklichen gerade in der Ausweisung der politischen und militairischen Chefs des Aufstandes gegeben sein dürfte; in Erwägung, daß die Schweiz die Pflichten, welche ihr die Humanität gegenüber dem Unglück auferlegt hat, hinlänglich erfüllt hat, indem sie den durch eine zahl⸗ reiche Armee verfolgten Flüchtlingen auf ihrem Boden Schutz und gastliche Aufnahme so lange gewährte, bis es denselben möglich wird, entweder in ihre Heimat zurückzukehren oder anderswo eine sichere Zufluchtsstätte zu fin⸗ den; gestützt auf Art. 57 und 90, Ziffer 8, 9 und 10 der Bundes⸗ Verfassung, beschließt: Art. t1. Die politischen und militairischen Chefs, so

wie auch die anderen Hauptführer, welche sich bei dem neuerlichen Auf⸗

stande in Rheinbayern und im Großherzogthum Baden betheiligt ha⸗ ben, und die so eben in der Schweiz angekommen sind, wer⸗ den sofort aus dem Gebiete der Eidgenossenschaft ausgewiesen. Art. 2. Im vorstehenden ersten Artikel sind inbegriffen: a. alle diejenigen, welche Mitglieder einer provisorischen Regierung oder an⸗ derer derartiger Behörden gewesen sind, als: Zitz, Brentano, Snuve, Gögg, Werner, Fickler; b. die militairischen Chefs, als: Louis Mieros⸗ lawski (Pole), Sigel, Doll, Mersy, Blenker, Willich, Germain Metternich; c. andere Männer, welche eine höhere oder einflußreichere Stellung bei der Regierung oder bei der Armee der Aufständischen eingenommen haben, und deren Namen der schweizerische Bundesrath später bekannt machen wird. Art. 3. Ferner sollen aus dem schweizerischen Gebiete ausge⸗ wiesen werden, die in dem Kreisschreiben vom 15ten d. M. erwähnten Individuen, als: K. Heinzen, Fr. Neff, Löwenfels, G. Thielmann und alle dieje⸗ nigen, welche an dem Einfall in das Großherzogthum Baden im September 1848 Theil genommen haben. Art. 4. Die Kantonal⸗Behörden sind eingeladen, unver⸗ züglich für Vollziehung des gegenwärtigen Beschlusses zu sorgen. Diesel⸗ ben haben sich, um diejenigen Nachweisungen, deren sie bedürfen sollten, zu erhalten, an das schweizerische Justiz⸗ und Polizei⸗Departement zu wenden. Sie werden den in Art. 2 und 3 oben erwähnten Individuen die erforder⸗ lichen Pässe ausstellen, um sich damit nach Frankreich oder nach einem an⸗ deren Staate, in welchem sie Sicherheit zu gewärtigen haben, begeben zu können. Die Kantonal⸗Behörden sind eingeladen, dem schweizerischen Bun⸗ desrath über die Vollziehung dieses Beschlusses Bericht zu erstatten. Gege⸗ ben in Bern, den 16. Juli 1849. (Folgen die Unterschristen.)

3) Kreisschreiben vom 17. Juli, theilt diesen Beschluß mit,

dessen Motive hinlänglich für sich selbst sprächen und keiner weiteren Be⸗ gründung 81 0, far sct.n fügt dann bei: „Wir zweifeln nicht daran, getreue, Uiebe Eidgenossen! daß Ihr, von der Noihwendigkeit unserer Schlußnahme überzeugt, Alles thun werdet, was in Enren Kräften liegt, um derselben eine genaue und beförderliche Vollzirhung zu verschaffen. Ihr werdet uns gefälligst so bald als möglich Bericht und Anzeige zugehen las⸗ sen, welche Flüchtlinge in Folge dieses Beschlusses Euren Kanton verlassen haben, an welchem Tag sie abgereist sind, wohin sie sich begeben und ob sie

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mit einem Passe versehen worden seien. Wir unsererseits werden, im Ge⸗ fühle der ganzen Verantwortlichkeit, welche auf uns wie auf Euch ruht, nichts verabsäumen, was geeignet sein dürfte, die Abreise der Masse dieser Flüchtlinge zu beschleunigen. Zu diesem Zwecke hat unser Präsident bei dem Großherzoglich bavischen Gesandten die erforderlichen Schritte bereits gethan; dasselbe ist auch von unseren diplomatischen Agenten im Auslande geschehen und die diesfälligen Unterhandlungen dauern stets fort; endlich haben wir uns im nämlichen Sinne direkt und auf eindringliche Weise an die Regierungen der Staaten, denen diese deutschen Flüchtlinge angehören, namentlich an Sachsen, Bayern, Württemberg, Baden, Hessen⸗Darmstadt und Hessen⸗Kassel gewendet, um zu dem so wünschenswerthen Ziele zu ge⸗ langen. Bis jedoch unsere eben so gerechten als im wohlverstandenen In⸗ teresse jener Staaten liegenden Verwendungen einen günstigen Erfolg er⸗ reicht haben werden, laden wir Euch ein, der unentwegtken Vollziehung un⸗ serer Kreisschreiben und Beschlüsse jene thätige und aufrichtige Unterstuͤtzung angedeihen zu lassen, welche Ench anmit zu verdanken, uns zu hoher Be⸗ friedigung gereicht.“

Der Schweizerbote fügt der Mittheilung des vom Bun⸗ desrathe gefaßten Beschlusses in Betreff der Fluchtlinge Folgendes bei: „Wie wir hören, soll die Regierung des Kantons Aargau ge⸗ gen den Beschluß des Bundesrathes wegen Ausweisung der An⸗ der badischen Bewegung bereits Reclamationen gemacht ha⸗ en.“

Mit Bezug auf obigen Beschluß des Bundesrathes erließ die Regierung von Zürich ein Vorstellungs⸗Schreiben ungefähr folgen⸗ den Inhalts an denselben: Es habe überraschen müssen, daß nach diesem Beschlusse entgegen dem bisher beobachteten Verfahren und im Widerspruch mit den noch in neuerer Zeit von den kom⸗ petenten Bundes⸗Behörden hinsichtlich der Geltendmachung des Asylrechtes ausgesprochenen Grundsätzen auch solche po⸗ litische Flüchtlinge von dem schweizerischen Boden weggewiesen werden sollen, bei denen von einem Mißbrauch des Asylrechts schon darum nicht die Rede sein könne, weil sie bisanhin nicht im Falle gewesen seien, dasselbe anzusprechen. Die Regierung von Zürich werde zwar, wenn der Bundesrath, ihren Wünschen entgegen, eine Modification seiner Schlußnahme in dem angedeuteten Sinne nicht für möglich halten sollte, gemäß den durch die Bundesverfassung ihr auferlegten Pflichten die Vollziehung derselben anordnen; da⸗ gegen müsse die bestimmte Erwartung ausgesprochen werden, daß die Tragweite der Art. 1 und 2 in möͤglichst kleinem Umfange gel⸗ tend gemacht werde, und daß die Ausweisung, weder direkt, noch indirekt, eine Auslieferung zur Folge habe, worüber noch bestimm⸗ tere Aufschlüsse erwartet werden.

Die Eidgenössische Zeitung bemerkt über diese Maß⸗ regel: „Der Beschluß des Bundes⸗Rathes, die politischen und mi⸗ litairischen Chefs, so wie auch die anderen Hauptführer, welche sich bei dem neulichen Aufstande in Rheinbayern und im Großherzog⸗ thum Baden betheiligt haben, aus der Eidgenossenschaft auszuwei⸗ sen, ist von solcher Hersatan und der bisherigen Praxis so sehr entgegen, daß Jedermann davon überrascht wurde. Nicht, daß wir im mindesten das Recht der Schweiz und ihrer Behörden in Zwei⸗ fel ziehen, Flüchtlinge auszuweisen, denn das Asylrecht ist nicht etwa ein Recht, das die Flüchtlinge besitzen, sondern ein Recht des Staates, Asyl zu gewähren, wem er will; wir übersehen auch nicht, daß vernünftigerweise ganz andere Präservativmaßregeln nöthig sind, wenn eine ganze Armee in ein benachbartes kleines Land übertritt, als wo einige Hunderte das Asyl ansprechen. Dennoch glauben wir nicht, daß dies, die Qualität eines Theils der Uebergetretenen hinzugerechnet, den gegenwärtigen Bundesrath vermocht hätte, einen so determinirten Beschluß zu fassen, wenn nicht noch andere, in den Erwägungen nicht enthaltene entscheidende Gründe hinzugetreten wären. Es ist uns zwar nicht vergönnt, hinter die Coulissen zu blicken; allein wir täuschen uns vielleicht nicht, wenn wir annehmen, der Bundesrath habe nach reiflicher Prüfung der gegenwärtigen Lage der europäischen Verhältnisse, desjenigen, was in der Pfalz und in Baden geschehen, und vielleicht auch desjenigen, wozu wenige Tage nach' dem Eintritt der Flücht⸗ linge in die Schweiz diesen von gewisser Seite Hoffnung gemacht wurde, gefunden, das Interesse der Schweiz erheische eine Maßre⸗ gel, welche mit der Humanität gegen die große Mehrzahl der Flüchtlinge sich verbinden lasse. Indem nämlich der Bundesrath durch Entfernung der Chefs die Schweiz vor vielleicht sehr weit gehenden Verwickelungen bewahre, werde es ihm zugleich moöͤglich, der Masse Amnestie und ungehinderte Rückkehr in ihre Heimat zu verschaffen. Etwas ganz Anderes wäre es, wenn es sich um eine Auslieferung handeln würde, wovon aber keine Rede ist. So we⸗ nig es der Ehre der Schweiz Eintrag that, daß sie sich nicht seinerzeit zur militairischen Unterhaltung ihres Halbbürgers Louis Napoleon’'s mit Frankreich in einen Krieg verwickelte, wie damals auch Mancher meinte, eben so wenig kann dies der Fall sein, wenn der Bundesrath die mit wenigen Ausnahmen mit Geld versehenen Chefs der badischen und pfälzischen Revolution weiter weist und sich zugleich für die Tausende der Mittellosen verwendet. Denken wir uns die Sache einmal umgekehrt: es wären auf badischem Boden circa 12,000 Schweizer in ähnlicher Lage, wie die Badenser in der Schweiz. Wir moͤchten daher keinesweges mithelfen, den Stab über den Bundesrath zu brechen, wohl aber denselben einladen, nicht zu lange zu zögern, die, offenbar in die Erwägungen nicht aufge⸗ nommenen, entscheidenden Gründe mitzutheilen, welche ihn zu die⸗ sem Beschlusse vermocht haben.“

In ihrer folgenden Nummer sagt dasselbe Blatt: „Es ge⸗ winnt den Anschein, als ob der Beschluß des Bundesrathes in der Flüchtlingssache eine nicht geringe Opposition hervorrufen werde. Dieses Widerstreben ist leicht erklärlich; denn seit Jahren ist die Schweiz an eine andere Praxis gewöhnt, an diejenige, alle Flücht⸗ linge bei sich aufzunehmen und nicht selten auch zu dulden, daß diese das Asyl mißbrauchen. Aber gerade weil dieses der Fall ist, hätten wir gewünscht, daß der Bundesrath gleich im Anfang seine Abweichung von der bisherigen Praxis ganz offen motivirt hätte, was ihm kaum schwergefallen wäre. Hüten wir uns jedoch, aus diesem Unterlassungsfehler mehr zu machen als er ist. Vor Allem aus hat eine Landesbehöede für das Volk zu sorgen, dem sie vorsteht, und wenn sie dies thut, so verdient sie Anerkennung. Daß der Beschluß, betreffend die Ausweisung der Chefs der Flüchtlinge, im Interesse unseres Volkes gefaßt wurde, bezweifelt Niemand; ob er noth⸗ wendig war, dürfte die nächste Zeit Manchem zeigen, der darüber zweifelhaft sein mag. So sehr unser Volk bereit ist, für seine höch⸗ sten Güter Alles zu wagen, so geneigt es ist, dem Unglücklichen und Hülflosen beizustehen, so wenig liegt es in seinem Charakter, frem⸗ der Angelegenheiten wegen sich große Opfer gefallen zu lassen. Mögen Staatsmänner und Juristen erklären, die Ehre der Schweiz erfordere die unbedingte Aufnahme aller Flüchtlinge; der schlichte Sinn des Volkes antwortet ihnen: Wir wollen erst sehen, wer es ist, und nicht unser Gut und Blut hergeben für solche, die es viel⸗ leicht nicht einmal verdienen. So ging es in der Piemontesergeschichte und im Louis⸗Napoleon⸗Handel u. s. w. Erst schraubte man sich hin⸗ auf, und erklärte, man dürfe nicht nachgeben und müsse es sogar auf einen Krieg ankommen lassen; das Volk aber fand, es sohne sich wegen eines Halbfranzosen nicht der Mühe, und das Ende vom Liede war, daß Alles froh war, als L. Napoleon durch seine Ab⸗ reise die Schweiz aus der Klemme erlöste. Aehnlich könnte es jetzt wieder gehen. Wir zweifeln daran, daß unser Volk Neigung hätte,

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sich für einige Dutzend Badenser und Pfälzer, die kein anderes Verdienst haben, als daß sie ihr Land ins Unglück stürzten, in die Schanze zu schlagen; denn für die Freiheit, welche die meisten die⸗ ser Chefs repräsentirten, würden sich unsere Schweizer bedanken, wie es das pfälzische Volk that. Die Ehre eines Staates aber er⸗ fordert so wenig, Jeden bei sich zu behalten, als der gute Ruf eines Privatmannes leidet, wenn er verdächtige und gefährliche Leute von der Schwelle seines Hauses entfernt hält.“ b Die Suisse spricht sich in folgender Weise aus: „Diese Maßnahmen werden gegenüber den deutschen Regierungen als Kon⸗ zessionen oder, wenn man will, als ein Unterpfand betrachtet werden für das Benehmen, das fortan die Schweiz in dieser Angelegenheit innehalten wird. In der That stellt auch der Beschluß des Bun⸗ desraths selbst diese Absicht keinesweges in Abrede. Man hat ge⸗ funden, daß sich die Pflichten der Humanität, die wir erfüllen, wenn wir Tausenden von Flüchtlingen ein Asyl gewähren, gar wohl mit politischen Rücksichten und internationalen Verbindlichkeiten ver⸗ einigen lassen. Das Verbleiben der Chefs der Insurrection auf schweizerischem Gebiete, selbst auf 8 Stunden von der Gränze internirt, konnte, da diese Flüchtlinge auf ein ge⸗ gebenes Zeichen leicht beträchtliche Hülfskräfte, die jetzt nur durch eine energische bewaffnete Intervention zurückgehalten wurden, zu ihrer Disposition finden könnten, gegenüber dem Großherzogthum Baden nicht anders als eine fortdauernde Bedrohung erscheinen. Diese Genugthuung, welche die Schweiz in früheren Jahren Frank⸗ reich in Bezug auf einen Mann, der unser Mitbürger geworden war (Louis Napoleon), der aber bei uns über keine Mittel dispo⸗ nirte, verweigert hat, hat nun der eidgenössische Bundes⸗Rath im vorliegenden Falle gewährt; er hat es für seine Pflicht erachtet, benachbarte Regierungen zu beruhigen, und hat damit sicherlich im Sinne der großen Mehrheit der schweizerischen Bevölkerung gehan⸗ delt. Es soll nun bewiesen werden, daß die Schweiz, durch das Or⸗ gan ihrer obersten Behörde, jede Solidarität, jeden Schein einer Konnivenz mit auswärtigen Revolutionen von sich weist. Sie be⸗ gnügt sich mit dem Wunsche, daß einst eine Sache, die mit ihren eigenen Institutionen mehr oder weniger harmonirt, siegreich aus dem Kampfe hervorgehen möchte. Die Schweiz hat es in viel gün⸗ stigeren Momenten, zur Zeit des lombardisch⸗sardinischen Krieges, abgelehnt, bewaffnet zu interveniren; wie könnte sie sich jetzt bewogen finden, durch indirekte Unterstützung einer so schlecht geleiteten Re⸗ volution dem Auslande Gründe oder Vorwände zu Feindseligkeiten zu bieten? Wenn die Ausweisung der politischen und militairi⸗ schen Chefs, um die es sich handelt, eine Konzession ist, so beein⸗ trächtigt sie gleichwohl keinesweges ein Prinzip, das um jeden Preis gewahrt werden soll, und der schweizerische Boden wird gleichwohl seinen gastfreundlichen Ruf bewahren. Das republika⸗ nische Frankreich hat, indem es die fremden Flüchtlinge von seiner Gränze zurückwies, weniger Edelsinn als die Schweiz gezeigt. Noch mehr aber als blos eine Konzession würden wir in den etroffenen Maßnahmen erblicken, wenn, wie wir es hofsen, ihr Re⸗ fultan das sein wird, Tausenden von Unglücklichen, die durch die Er⸗ eignisse zu einem schmerzlichen Exil getrieben wurden, ihre Heimat wiederzugeben. In dieser Hinsicht besonders billigen wir die Maß⸗ nahmen des Bundes⸗Rathes. Die Männer, die dadurch betroffen worden, werden selber Patriotismus genug haben, um sich im In⸗ teresse ihrer Landsleute nicht dagegen zu stemmen, denn es ist für ihre vollkommene Sicherheit gesorgt. Es giebt Fälle der Noth, vor welchen praktische Männer nicht zurückweichen, wenn dadurch die Ehre, die Würde und die Unabhängigkeit ihres Landes nicht kom⸗ promittirt wird. Wir glauben, daß der Bundes⸗Rath, wenn er sich innerhalb dieser Gränzen hält, im wohlverstandenen Interesse unse⸗ res Landes und in dem einer großen Anzahl von Emigrirten han⸗ delt, die sich bis dahin der freundlichen Aufnahme, die ihnen zu

Theil wurde, würdig zeigten.“

Die Basler Zeitung sagt ihrerseits: „Man fragt, wie sich eine solche Maßregel mit dem Asylrecht vertragen würde. Es hat aber Alles seine Gränzen, und ein deutsches Sprüchwort sagt: Es ist dafür gesorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Wir begreifen, daß der fragliche Beschluß den Bundesrath schwer angekommen ist, es ist das der nothwendige Rückschlag vorjähriger Uebertreibungen und Rechtsverweigerungen, die freilich eine andere Behörde als der Bundesrath verschuldet hat, aber er hat deren Erbe angetreten.“ Der N. Zürch. Ztg. wird aus Bern geschrieben, der Beschluß des Bundesrathes vom 16ten sei demselben nicht durch fremde No⸗ ten abgedrungen worden. „Wir können die bestimmte Versicherung ertheilen“, heißt es in diesem Blatt, „daß keinerlei Note von irgend einem auswärtigen Staate eingekommen ist, weder über die Flucht. linge, noch über andere politische Verhältnisse. Hiermit ist zugleich auch das falsche Gerücht widerlegt, daß ein preußischer Courier an den Bundesrath gesendet worden sei.“ Der Verfassungs⸗Freund berichtet: „Da eine ziemliche Anzahl Flüchtlinge, vorzüglich Deserteure, mit französischen und sardinischen Pässen versehen, im Kanton sich zeigen, so wurde vom hiesigen Regierungs⸗Rathe dem Bundes⸗Rathe hiervon mit dem Ansuchen Kenntniß gegeben, daß er dagegen ernste Maßregeln er⸗ greifen möchte.“ In Verbindung hiermit bringt die Eidg. Ztg. eine Notiz der National⸗Zeitung, worin es heißt: „Es ist auffallend, daß Frankreich, während es selbst keine Flüchtlinge, welche nicht in ihr Vaterland zurückkehren können, aus der Schweiz auf⸗ nimmt, viele solche mit Laufpässen versehen in dieselbe sendet und sie dann, wenn sie polizeilich zurückgewiesen werden, nicht wieder aufnimmt. Freundnachbarliche Rücksichten!“

Der französische Gesandte, Graf Reinhard, hat dem Bundes⸗ Präsidenten seine Kreditive überreicht. Derselbe wird sich am Ende der Woche für einen kürzeren Aufenthalt nach Paris begeben.

Basel, 21. Juli. (Frkf. Journ.) Laut offiziellem Bericht des bundesräthlichen Polizei⸗Departements befinden sich in der Schweiz 9000 deutsche Flüchtlinge, die kolonnenweise eingetroffen sind; ferner 150 Polen und noch außerdem viele einzelne Ueber⸗ getretene. Es ist Nachricht angelegt, daß 24 Pfälzer⸗Flüchtlinge, die sich auf dem Rhein heimbegeben, sofort arretirt und nach Lan⸗ dau geführt worden sind. Die badische Regierung begehrt von den Kantonal⸗Behörden die Auslieferung von Blenker, als der gemeinen Verbrechen von Brandschatzung, Raub und Erpressung beschuldigt. Dieses Auslieferungs⸗Begehren ist auch unter Beifügung gericht⸗ licher Nachweise obiger Verbrechen an die Gerichts⸗Behörden er⸗ gangen. Der Bundesrath wird darüber zu entscheiden haben.

Italien. Rom, 12. Juli. (Lloyd.) Da viele Personen un⸗ befugterweise noch immer Uniformen tragen, so wird dies vom Po⸗ lizei⸗Präfekten strengstens untersagt, und die Dawiderhandelnden werden mit Geld⸗ und Arreststrafe bedroht. ,

Hinsichtlich der Geldverhältnisse im Kirchenstaate wird vom Feldmarschall⸗Lieutenant Grafen von Wimpfen angeordnet, daß die päpstlichen Schatzbons vom Buchstaben A bis inkl. L, so wie die der römischen Bank, und endlich die von der provisorischen Fenee rung mit 600,000 Scudi kreirten Bankscheine, anerkannt Sae sogar einen Zwangs⸗Cours haben. Die von den Provinzialrätt

emittirten Bons werden den Schatzscheinen gleich betrachtet, wenn sie