1849 / 291 p. 1 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

.9 Wallerstein: Früher haben wir also keine Hoffnung hierzu? Zwehl: Es ist keine Veranlassung dazu gegeben. Wal⸗ lerstein behaͤlt sich weitere Anträge vor. ““ Der Abgeordn. Steinsdorf als Referent über oden durch den Abgeordn. Kirchgeßner an die Kammer gebrachten Antrag des Stadtmagistrats Würzburg, das Aufhoͤren freien Quartiers durch die Gemeinden der Garnisonsorte betreffend, erstattet nun Vortrag. Aus demselben geht hervor, daß der dritte Ausschuß beschlossen habe, an die Staats⸗Regierung den Antrag zu bringen, sie wolle gesetzlich aussprechen: I. Daß Offiziere und Militair⸗Beamte in Friedens⸗ zeiten bei Aufenthalts⸗Veränderungen wegen Anstellung, Beförderung oder Versetzung, so wie auch wegen dienstlicher Sendungen, die nicht mit einem Kommando einer Truppen⸗Abtheilung verbunden sind, weder unterweges noch am Orte der Garnison oder der sonstigen Bestimmung freies Quartier auf Dach und Fach, d. i. mit Liegerstatt, Be⸗ heizung und Licht, in Anspruch zu nehmen haben. II. Wenn die⸗ selben dagegen mit einer Truppen⸗Abtheilung an den Garnisonsort urückkehren oder in einen neuen einrücken, sei denselben ein freies wartier auf Dach und Fach, jedoch nur für drei Tage, zu gewäh⸗ ren. III. Die dagegenstehenden Bestimmungen, namentlich der Ver⸗ ordnung vom 9. August 1807 und der vom 19. Juni 1808, sollen dadurch außer Wirksamkeit gesetzt werden. Ferner spricht der dritte Ausschuß den Wunsch an die Staats⸗Regierung aus, dieselbe möge die Bestimmungen über Marsch⸗ und Einquartierungs⸗Wesen, dann über Ausgleichung der Einquartierungs⸗Lasten revidiren und ein Gesetz darüber an die Kammer bringen, von dem Prinzipe ausge⸗ hend, daß die Einquartierung eine allgemeine Staatslast sei und daß die Entschädigung hierfür, so wie fuͤr Kriegslasten, dem Staate zur gerechten Ausgleichung anheimfalle. Die Berathung und Schlußfassung über diesen Vortrag wird auf die nächste Ta⸗ gesordnung gesetzt.

Sodann geht man zur Berathung über den Gesetzentwurf, die Abschaffung der Strafen des bürgerlichen Todes, der öffentlichen Ausstellung und Brandmarkung betrefsend, über. Arnheim ver⸗ langt Abschaffung der Todesstrafe, da sie bereits in den Grund⸗ rechten, die für alle partikularen Gesetzgebungen maßgebend seien, ausgesprochen sei. Durch den vorgelegten Gesetzentwurf wird der bürgerliche Tod als inhuman abgeschafft; wenn der bürgerliche das schon ist, ist es gewiß noch mehr der physische. In der Be⸗ rathung über die Grundrechte wurde dies genugsam erörtert, des⸗ halb stelle ich ohne weitere Entwickelung der Gründe für Abschaf⸗ fung der Todesstrafe den Antrag: In der Ueberschrift nach „Ab⸗ schaffung“ einzuschalten „der Todesstrafe“, hierauf als Art. J. zu setzen: „Die Todesstrafe, ausgenommen, wo das Kriegsrecht sie vorschreibt, ist aufgehoben.“ Tafel ist mit Arnheim ein⸗ verstanden, kommt hierauf auf das Gefängnißwesen zu spre⸗ chen, insbesondere auf die Untersuchungskeuchen (wird un⸗ terbrochen und behält sich weitere Anträge vor). Ministe⸗ rial⸗Kommissär Molitor: „Die Bestimmung der Grundrechte über Abschaffung der Todesstrafe ist eine von denen, welche der Re⸗ gierung nicht genehm sind; jedoch ist letztere beschäftigt, die Todes⸗ strafe auf ganz wenig Fälle zu reduziren, und wird darüber baldigst Vorlagen machen. v. Lassaulx: Die Berathungen über die Ab⸗ schaffung der Todesstrafe in Frankfurt waren elend. Nur schwäch⸗ liche Sentimentalität kann dies verlangen. Gerade in der Zeit öffentlicher Verbrechen schreit man um Aufhebung der Todesstrafe als ein praktisches Mittel für Straflosigkeit gewisser Verbrechen. Die Todesstrafe wurde für die Blutrache eingeführt, indem der Staat die Sühne übernahm; dies ist in allen Ländern so gewesen, auch die praktischen Franzosen und Engländer haben die Todesstrafe beibehalten. Die Deutschen sind geneigt, alle Thorheiten nachzu⸗ äffen, nur das Gute wollen sie nicht annehmen und beibehalten. Alle wahrhaft sittlichen Völker haben die Todesstrafe. Es ist gar kein vernünftiger Grund vorhanden, Anträge auf Abschaffung zu stellen; eine solche würde dem sittlichen Gefühl des Volkes Hohn sprechen. Dasselbe sittliche Gefühl der alten Völker hat sie beibe⸗ halten; nur sittlich verweichlichte entnervte tragen auf Abschaffung

an. Arnheim: Der Abgeordn. Lassaulr nennt die frankfurter Debatten über die Abschaffung der Todesstrafe elend; ich überlasse

den Abgeordneten zur National⸗Versammlung, sich hierüber auszu⸗

sprechen, bemerke übrigens, daß, wenn die Abschaffung des physischen

Todes eine Sentimentalität und unvernünftige Handlung genannt

wird, dieser Vorwurf auch die Abschaffung des bürgerlichen Todes trifft, welche die Regierung will. Lassaulr: Begreife, wer da will, die Logik, die Fiction des bürgerlichen Todes mit der Realität der physischen Todesstrafe zusammenzustellen! Die Abschaffung der Todesstrafe, ich wiederhole es, ist eine Schwindelei der Zeit, und die Verhandlungen hierüber in Frankfurt waren außerordentlich elend. Pfarrer Westermaier: Vielleicht ist Dr. Arnheim auf die ministerielle Aeußerung hin geneigt, seinen Antrag zurückzuneh⸗ men; wenn dies nicht der Fall ist, werde ich dagegen das Wort ergreifen. Arnheim zieht seinen Antrag zurück. Dom⸗Kapitular Thinnes: Auch ich war Mitglied der frankfurter National⸗Ver⸗ sammlung und habe für Abschaffung der Todesstrafe gestimmt, war edoch schon, ehe ich nach Frankfurt kam, so sentimental, für die Abschaffung zu sein. Uebrigens hat der frankfurter Antragsteller, in tüchtiger Jurist, Scheller, mich doppelt, und zwar auch aus religiösen Gründen, überzeugt, die so treffend waren, daß sie un⸗ widerstehlich erschienen. Ich werde, wie in Frankfurt, auch bei Vorlage des Strafgesetzbuches stimmen. Es wird nunmehr zur Berathung über die einzelnen Gesetz⸗Paragraphen übergegangen ind dieselben, unter Ablehnung verschiedener zu Art. 5 gestellter Modificationen, unverändert, wie es auch in der Kammer der Reichsräthe geschehen, angenommen. Die Sitzung wird hierauf ge⸗ chlossen und die nächste auf übermorgen zur Fortsetzung der heu⸗ igen Tagesordnung anberaumt.

Anusland.

serocdesgerreich Ofen, 15. Okt. (Lloyd.) Die oft und vielfach be⸗ 18 ea egee ee üct ver Stes Judengemeinde ist in ein neues Sta⸗ 1— dee einigen Wochen wurden die Vorsteher, die sämmt⸗ ihrer Haft enttas rgegangenen Zahlungsfristen verhaftet waren, Hr nklassen. Daran knüpfte sich die Hoffnung einer wei⸗ teren Nachsicht. Nun ist unterm 7 Oktober hg z 21 Nun ist un .DOktober d. J. die Weisung an dieselbe ergangen: „Daß die beabsichtigte Straf-Reauisttionl sugen Geldstrafe umgewandelt worden sei nnß auf bis 1 8 meinde nach beiliegender Berechnung für ihr Theil en, IBenge⸗ von 573,913 Fl. C. M. komme, weiche in sechs Raten abzsfüneen ei; der Betrag der bereits fälligen vier Raten pro 260073 Ft. C. M. sei alsogleich ohne Verzug zu erlegen mit dinen Pönale von 500 Fl. C. M. für jeden Tag des weite⸗ ren Verzuges.“ Schließlich werden der Gemeinde noch weitere Zwangsmaßregeln angedroht, welche in ganzer Ausdehnung mit vollster Strenge unausbleiblich ins Leben gerufen werden sollen, und ihr die traurigsten Folgen zu Gemüthe geführt, die mit uner.

er Verfassungs⸗Urkunde die treffenden Gesetz⸗Vorlagen

bittlichem Nachdrucke die Israeliten⸗Gemeinde treffen müßten, falls die Eintreibung der Pönale ohne Wirkung bliebe!“ Man kann

1920

1u“

sich die Bestürzung denken, die in der unglücklichen Gemeinde herrscht,

die, seit Jahren verarmt, bereits ihre letzten Mittel erschöpft hat. Dazu kömmt, daß die Gemeinde zur Eintreibung der rückständigen Toleranzsteuer bereits verhalten wurde und zur Erhaltung des dor⸗ tigen Militair⸗Spitals mit einem vierten Theile der Kosten pro 1000 Fl. monatlich belastet ist. Wir wollten nur die Thatsachen zusammenstellen und können nicht anders glau⸗ ben, als daß bei einer etwaigen Untersuchung der Verhält⸗ nisse sich die Unmöglichkeit von selbst ergeben müsse. Die Gemeinde wünscht nichts sehnlicher, als daß eine solche Untersuchung stattfin⸗ den möge. Wir wollen hier in keine weitere Frage eingehen, we⸗ der in die der Zulässigkeit einer solidarischen Haftung, noch in die, warum sie gerade auf die Juden fallen müsse? Wir haben nur den Modus und das Strafmaß vor Augen, das eben, weil es unerschwinglich ist, auch an und für sich illusorisch und vergeblich ist und keinen weiteren Erfolg verspricht, als die Seelenangst und Qual, in der es die Gemüther hält. Wir haben nichts dagegen, wenn sie den Schuldigen träfe; wie es jetzt steht, ist das nicht der Fall.

Frankreich. Ober⸗Gerichtshof zu Versailles. Schluß der Sitzung vom 16. Oktober. Bareste, Zeuge, erzählt das Ver⸗ fahren der National⸗Garde in den Büreaus mehrerer Journale. Der Angeklagte André bemerkt, man dürfe nicht vergessen, daß der anführende Offizier dafür dekorirt worden sei. Girardin, Zeuge: „Bevor ich als Zeuge eine Aussage thue, muß ich mich über das Verfahren bei der Untersuchung beklagen, in der ein Szaats⸗Anwalt, Herr von Valée, beim Verhöre widergesetzlich gegenwärtig war und das Verhör leitete; die Art, wie er die Fragen stellte, empörte mich. Derselbe sagte zu einem Zeugen: „„Wie, Ihr wollt ernste Leute sein, und Ihr ruft Männer wie Girardin in Eure Versammlung?““ Am 16. Juni erhielt ich eine Einladung, mich im Preß⸗Comité ein⸗ zufinden; ich hatte nie eine Verbindung mit demselben. Ich zö⸗ gerte, ob ich hingehen sollte, und nahm endlich das Benehmen des Herrn Thiers von 1830 zum Muster. Ich hielt dafür, daß die Verfassung angegriffen worden. Ich begab mich in die Versamm⸗ lung. Ich sprach die Ansicht aus, zuerst die constitutionellen Mit⸗ tel anzuwenden, die Opposition solle sich permanent erklären, sie sollte proklamiren, daß die Majorität außer der Verfassung stehe, daß die Opposition allein den Gedanken des Landes ausdrücke. Man trat meiner Ansicht bei.“ Der Gene⸗ ral⸗Anwalt faßt die Worte Girardin's kurz zusammen. Girardin sagt ihm hierauf: „Ich begreife wohl, daß Ihnen darum zu thun ist, die Genauigkeit meiner Aussagen festzustellen.“ Spä⸗ ter sagt der Zeuge aus, man habe in der Versammlung in der Rue Cog Hejon nur gesagt, daß man sich mit der Opposition ver⸗ ständigen wolle, vom Berge sei nicht die Rede gewesen. Der Ge⸗ neral⸗Prokurator Rividère schien zu zweifeln, daß die von Girardin vorgeschlagenen Mittel friedlich und verfassungsmäßig gewesen seien; Herr Girardin möge sich darüber aussprechen. Der Präsident stimmt dem General⸗Anwalt bei, daß diese Frage nicht gestellt wer⸗ den dürfe. Die Advokaten der Angeklagten wollen protestiren; Girardin giebt ihnen ein Zeichen zum Schweigen. Girardin will dennoch sprechen. Der General⸗Anwalt bemerkt, in diesem Falle müsse man auf die Anwendung der Gesetze gegen ihn antragen. Girardin: „Wäre Herr Girardin ein furchtsamer Zeuge, so wuͤrde ihn seine Meinung verlassen machen. (Neuer Lärm, mehrere An⸗ geklagte wollen sprechen, der Präsident bedeckt sich. Der General⸗ Anwalt besteht darauf, daß der Zeuge Girardin sich nicht zum Ver⸗ theidiger der Angeklagten machen könne. Girardin: „Man sagt einem Zeugen: „„Sage, was du gehört hast““, und wenn er seine eigenen Worte wiederholt, so heißt es, er trage seine persönlichen Ansichten vor; das ist der Majestät der Justiz unwürdig.“ Der Präsident: „Um diese Schwierigkeit zu beseitigen, moge Herr Girardin sich kurz fassen.“ Girardin: „Ich hatte nur Einen Gedanken, eine Revolution zu verhindern. Ein Beweis jedoch, daß kein Komplott stattfand, ist, daß eine Stunde nach der Versammlung in dem Büreau der De mocratie pacifique Ledru Rollin eine ganz entgegengesetzte Ansicht aussprach.“ Der Präsident: „Ist der Incidentpunkt been⸗ det?“ Bank der Vertheidigung: „Nein, Nein!“ Man verliest die Aussage Girardin's vor dem intersuchungsrichter: „Auf die Frage, was zu thun sei, wenn man einen 18. Brumaire vor den Wahlen im Jahre 1852 versuchen sollte, sagte ich, man solle keine Mani⸗ festation auf der Straße machen, denn das Volk habe der Insur⸗ rection entsagt.“ Girardin bezeichnet noch einmal das Benehmen des Herrn Valée als treulos; man habe statt eines Zeugen einen Angeklagten haben wollen. Dann zieht sich Girardin zurück. Die anderen Aussagen sind ohne bedeutendes Interesse. Die Sitzung wird um 6 Uhr aufgehoben.

Sitzung vom 17. Oktober. Die Sitzung beginnt um 11 Uhr. Es werden einige Zeugen verhört, die Vorbereitung zu der Mani⸗ festation der Nationalgarde betreffend. Revel, ein Weinhändler in der Rue Bondy, sagt aus, Mehrere, die am 13. Juni ein Gläs chen bei ihm genommen, hätten anarchische Redensarten geführt: die Minister und der Präsident würden in Vincennes schlafen. Der⸗ selbe will auch die Aeußerung vernommen haben, die Aristokraten sollten sich in Acht nehmen, man würde die Gutllotine errichten. Der Zeuge erklärt jedoch, daß man ihn Mehreres habe sagen las⸗ sen, was er nicht gesagt. Als man den Zeugen fragt, ob er ein⸗ geschüchtert worden, antwortet er Nein. Villemot erklärt, er habe den Minister Lacrosse am 13ten begleitet, derselbe sei an der Porte St. Denis mit dem Rufe: Es lebe die Republik, es lebe die Con⸗ stitution, es lebe die römische Republik, nieder mit den Verräthern! empfangen worden. „Am Chateau d'Eau“, fährt der Zeuge fort, „wurde der Minister vom Volke umringt, er konnte nicht vorwaͤrts, ich näherte mich, um ihn loszumachen, und wurde auch umringt. Mein lebhaftes Pferd zog mich aus der Klemme, wir ritten im Galopp den Boulevard herunter. Wir kamen an eine Mairie, man gab Herrn Lacrosse einen Oberrock, denn der seine war zerrissen.“ Die Vorladung des Ministers Lacrosse und des Herrn Gent als Zeugen wird von Herrn Baune verlangt. Chabrier, Schwadrons⸗ Chef, der von Herrn Dufaure auf die Boulevards geschickt wurde, um ihm Auskunft zu geben, macht fast dieselben Aussagen. „Die verschiedenen Gruppen gaben sich Zeichen“, fügt er auf Befragen hinzu. Ein Zeuge, Handschuhfabrikant von Profession, will Abends vorher schon eine Aufregung am Chateau d'Eau bemerkt haben. Einige schrieen: Tod den Reichen! Etienne Arago war an der Spitze der bewaffneten Manifestation. Die Aussagen, die außer⸗ dem vor der Suspension der Sitzung stattfinden, konstatiren nur bekannte Thatsachen.

Schweiz. Genf, 12. Okt. (D. Z.) Die badischen Soldaten schei⸗ nen wenigstens keinen Unterschied zu machen: sie lassen sich eben so wenig von ihren frei gewählten, als früher von den ihnen gesetzten Offizieren Befehle geben. Unter den 120 Badensern, welche hier einkasernixt sind, ist am 8. Oktober, als die Offiziere gleich nach dem Zapfenstreich das Feuer ausgelöscht haben wollten, eine Meu⸗ terei ausgebrochen. Vierzehn von ihnen mußten verhaftet werden, und der Zapfenstreich wird seitdem eine Stunde früher geschlagen,

statt sonst um 9, jetzt schon um 8 Uhr.

Italien. Von der italienischen Gränze, 16. Okt. (Wanderer.) Wenn, wie man vermuthet, Garibaldi nach Ge⸗ nua gebracht wird, so geschieht dies ganz gegen seinen eigenen Wil⸗ len. Denn obwohl er einige Zeit selbst gewillt war, dahin zu zie⸗ hen, so haben ihn doch Nachrichten über die dortigen Machthaber bewogen, seinen Plan fallen zu lassen. Herr Pachicho, Agent für das Anlehen von Montarideo in Paris, soll nun das Nöthige ver⸗ anlaßt haben, um Garibaldi die Aufnahme dort vorzubereiten. Ga⸗ ribaldi wird übrigens, wenn er seine Erwartungen in Montarideo zu arg getäuscht sehen sollte, nach einem anderen Orte des ameri⸗ kanischen Kontinents ziehen. Mehrere seiner Freunde und Anhän⸗ ger scheinen sich an Herrn Pachicho gewendet zu haben. In Genua hatte man wieder eine andere Version über Garibaldi. Er soll die Insel Maddalena verlassen und die Richtung gegen Gibraltar ein⸗ geschlagen haben, um nach London und von dort nach New⸗York zu gehen.

Aus Alessandria meldet man, daß General Fanti und Oberst Sanfront von der lombardischen Ex⸗Division bereits zwei Verhöre bestanden haben. Fanti wird durch General Bussetti vertheidigt und Sanfront durch den Artillerie⸗Obersten Martin Montu.

Mittelst Dekrets vom 29sten ist dem sardinischen Minister des Innern ein Kredit von 100,000 Lire zur Unterstützung von Emi⸗ granten aus allen Theilen Italiens eröffnet worden.

In Turin sind die beiden Toskaner Marco Tabarrini und Bo⸗ netti Cipriani angekommen.

Moldau und Walachei. Bucharest, 2. Okt. (Ll.) Der General-Adjutant und kommandirende General des Kaitserl. russischen Armee⸗Corps, von Lüders, ist heute früh von hier nach Odessa abgereist.

Vereinigte Staaten von Nord⸗Amerika. New⸗ York, 29. Sept. Der französische Gesandte, Herr Poussin, hat Washington verlassen und sich nach New⸗York begeben, wo er Instuctionen von seiner Regierung erwartet. Ehe er den erstge⸗ nannten Ort verließ, hatte er sich, unterstützt von dem britischen Bevollmächtigten, Herrn Crampton, sehr bemüht, zu einer Unter⸗ redung mit dem Präsidenten und dem Staats⸗Secretair zu gelan⸗ gen; General Taylor jedoch und Herr Clayton hatten sich gewei⸗ dert, irgendwie offiziell mit ihm in Verbindung zu treten, ehe ihnen die weiteren Schritte der französischen Regierung bekannt seien.

Man spricht von Mißhelligkeiten zwischen den Vereinigten Staaten und dem Bey von Tunis; eine große Bedeutung mißt man denselben nicht bei.

In Owego, Cincinnati und anderen Städten haben große Feuersbrünste stattgehabt; auch ist die Brücke über den Susque⸗ hanna bei Owego abgebrannt. Der Schaden wird auf 500,000 Dollars veranschlagt.

wissenschaft und Kunst. Wissenschaftlicher Kunst⸗Verein.

Berlin. Der wissenschaftliche Kunstverein feierte mit dem Geburtstage Sr. Majestät des Königs, seines hohen Beschützers, zugleich sein Stiftungssest. Für die diesjährige Feier war von Seiten der Kunst sowohl als der Wissenschaft auf eine ausgezeichnete Weise gesorgt. Der Portrait⸗ und Genremaler Herr Kiesewetter, von Berlin gebürtig, welcher fürzlich, nach zwölfjähriger Abwesenheit im Auslande, zu uns zurückgekehrt ist, hatte von den Ergebnissen seiner Reise eine interessante Ausstellung ge⸗ macht. Diese bestand in einer Auswahl von Genrebildern, Scenen nach dem Leben und Portraits, welche er während seines Aufenthalts bei den Tataren, Kalmücken, Kirgisen und anderen kaukasischen Nomadenhorden gemalt, so wie in einer Anzahl von sehr künstlichen, von ihm selbst angefertigten Modellen der Zelte, Hütten, Tempel, Wohnungen und Paläste der verschiedenen Völker⸗ schaften der Krim und des asiatischen Nußlands. Unter diesen Modellen zeichnet sich ganz besonders aus: Der Palast der ehemaligen Tataren⸗Chane in Baktschiserai. Diese sehr umfangreiche Residenz besteht aus vierundzwanzig verschiedenen Gebänden, von denen jedes seinen besonderen Zweck hatte, in⸗ dem außer der Wohnung des Chans mit dem goldenen Saal, die Woh⸗ nungen für die Frauen, für die Fremden, der Gerichtshof, die Moschee, die Mausoleen, Schulen, Krankenhäuser, Gärten u. s. w. sich innerhalb der Ringmauern der Hofburg befinden. Eine Vorstellung von der Anmuth der Landschaft und der günstigen Lage der Ortschaften an der Südküste der Krim erhielten wir durch ein getren ausgeführtes Modell des Dorfes Jur⸗ suft. Dasselbe erhebt sich von der Küste des Schwarzen Meeres auf Ter⸗ rassen. Die Häuser sind so eingerichtet, daß die hinteren Zimmer in den Berg hinein gebaut sind, so daß sie in der heißesten Jahreszeit als Keller⸗ wohnungen einen kühlen Aufenthaltgewähren. Von der Krim aus, wo der Künst⸗ ler mehrere Jahre verweilte, unternahm er einen Ausflug zu den Gebirgsvölkern des Kaukasus und verlebte eine sehr glückliche Zeit unterden Nomadenhorden der Kirgisen, Kalmücken, Kurdenstämme, Turkomanen, Persern und indischen Feueranbetern. Auch von diesem Ausfluge, welcher reich an Abenteuern war, hat der Künstler eine Ausbeute an Bildern und Modellen mitgebracht. Gewiß würde es das größere Publikum sehr dankbar aufnehmen, wenn Herr Kiesewetter eine öffentliche Ausstellung seiner Sammlung veranstalten wollte, welche er während eines zwölffährigen Aufenthaltes in jenen fernen

Ländern zusammengebracht hat. Den wissenschaftlichen Vortrag hatte an die

sem Abend Professor Piper übernommen, und zu dessen Gegenstand de Mythus und die Lehre von der Harmonie der Sphären gewählt. Herr Pi per gab eine interessante Uebersicht der Mothen, Philosopheme, bildlichen Darstellungen und Dichtungen, welche in dem klassischen Alterthum, be den Orientalen, im Mittelalter und in neuerer Zeit diese phantasiereiche An schauung behandeln, so wie der Kontroversen, welche sie veranlaßt hat. Her Eichler legte dem Vereine vor: 1) Gipsabguß eines großen gothischen Kon sols mit Eichenlaub von dem Portal der St. Apollinariskirche zu Remagen welche der Graf Franz Egon von Fürstenberg⸗Stammheim unter O des Dombaumeisters Zwirner in Köln gegenwärtig erbauen läßt. Das Orgi nal ist in Sandstein gehauen und liefert einen Beweis, mit welcher Sau berkeit und in wie reinem Geschmack die Steinmetzarbeiten in den rheini schen Bauhütten jetzt ausgeführt werden. 2) Medaille mit dem Brustbild des Erzherzogs Stephan als Palatin von Unzarn, Rückseite darstellend der Huldigungsakt der ungarischen Magnaten vom 15. November 1847. Eine ver dienstvolle Arbeit des Medailleurs K. Lange in Wien. 3) Ein unter Kos⸗ suth geschlagener Kreuzer. Da diese Kreuzer eingezogen und umgeprägt wer⸗ den, dürften sie bald zu den Seltenheiten gehören. Der Dr. E. Förster in Munchen korrespondirendes Mitglied, hatte dem Vereine den sechsten Band seiner Ueber⸗ setzung des Vasari, womit dies Werk abschließt, eingesandt. 89 iesem Bande hat der Uebersetzer Neg vr G beigefügt, mit Benutzung der so eben in Florenz von einer Socictà veranstalteten Ausgabe des Vasari. Daß das von E. Förster und Kugler redigirte Kunstblatt aufgehört hat, wurde von dem 2 ereine mit Bedauern vernommen, da dieses Btatt für deutsche Kunstbestrebungen das einzige öffentliche Organ war; hoffentlich wird es bald in erneuter Gestalt wieder aufleben. Bei dem Festmale brachte Prof. W. Stier den Toast auf das Wohl Sr. Majestät in begeisteter Rede aus. Dr. F. Förster nahm Veranlassung, den Dank des Verein den beiden Freunden auszusprechen, von denen der Eine uns in die von keinem irdischen Lärm gestörten Räume, wo nur die Harmonie der Sphären vernommen wird, der Andere uns mitten in den Tumult und Kampf des Lebens geführt hatte. Für die Kunst wurde einer jeder dieser Beziehungen eine gleiche Berechtigung zugestanden; der Künstler dürfe weder in der ungestillten Sehnsucht nach dem Ueberirdischen verhimmeln, noch in dem lauten Lärm des Tages und im Genusse des irdischen Daseins volle Befriedigung finden.

Preußen. Berlin.

Das Abonnement beträgt: 2 Rthlr. für ¼ Jahr. 4 Rthlr. ⸗. 4 Jahr. 8 Rthlr. 1 Jahr. in allen Theilen der Monarchi ohne Preis⸗Erhöhung. Bet einzelnen Rummern wird der Bogen mit 2 ½ Sgr. berechnet

——

22 291.

1I11“““

Amtlicher Theil. 8 Deutschland.

. . Protokoll des deutschen Verwaltungs⸗Raths.

Oesterreich. Wien. Ordensverleihung. Revue. Infant Don Juan. Radetzky. Haynau. Jellacic. Die ungarischen Ur⸗ barial⸗Schuldigkeiten. Vermischtes.

Bayern. München. Trauergottesdienst für den König Verhandlungen der Abgeordneten⸗Kammer. Vermischtes.

Ausland.

Frankreich. Paris. Louis Bonaparte und Changarnier. Das Winwengehalt der Herzogin von Orleans. Die rözische und die tür⸗ kische Frage. Gesandten Sardiniens und Boliviens. Duell zwi⸗ schen Thiers und 1 Vermischtes.

Großbritanien und Irland. London. Beweau

Rußland und Polen. St. Petersburg. Außerordentli Sen⸗ dung des Grafen Moltke. Ordens⸗Verlechangen“

Niederlaude. Aus dem Haag. Die Ministerkrisis.

Schweiz. Bern. Eidgenössische Militair⸗Kommisston. Zürich. Kantons⸗Schul⸗Inspektor. Luzern. Beschluß in der Milisair⸗Ca⸗ pitulationssache. Lausanne. Die sardinische Gesandtschaft.

Börsen⸗ und Handels⸗Nachrichten.

11

Beilage

Amtlicher Theil

Ministerinm der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten.

Der Licentiat Smolka ist zum Direktor des in Peiskretscham, Regierungs⸗Bezirks Oppeln, neu errichteten katholischen Schullehrer⸗ Seminars ernannt; und

Dem Organisten und Hauptlehrer A. Ketschau zu Erfurt

mächtigten an. Die spezielle Erwiederung auf die Ausführung der Königlich preußischen Regierung bleibt ausdrücklich vorbehalten. Was die von dem Königlich sächsischen Bevollmächtigten in Bezug ge⸗ nommene Erwähnung der Vorbehalte in dem Schluß⸗Protokolle vom 26. Mai c. betrifft, so giebt der Königl. hannoversche Bevoll⸗ mächtigte hierüber faktische Erklärungen, die in dem Gedächtniß des Protokollführers ihre Bestätigung finden werden.

Der Protokollführer erklärt hierauf, daß bei Unterzeich⸗ nung des sogenannten Schluß⸗Protokolls vom 26. Mai c., d. h. bei Unterzeichnung derjenigen Urkunde, worin auf Grund der darin sub Litteris a. b. c. und d. angeführten und gegenseitig acceptir⸗ ten Vörlagen der Vertrag zwischen den Königlichen Regierungen von Preußen, Sachsen und Hannover protokollarisch festgestellt und geschlossen wurde, Vorbehalte keiner Art und von keiner Seite vor⸗ lagen. Nach der ursprünglichen Fassung der Urkunde hätten die Bevollmächtigten der Königlich sächsischen und der Königlich hanno⸗ verschen Regierung, unter ausdrücklicher Bezugnahme und Hin⸗ weisung auf ihre in den Konferenz⸗Protokollen der Sitzungen vom 17., 18., 19., 20., 21., 22., 23., 24. und 26. Mai niedergelegten Ansichten und Verwahrungen, der von dem Königlich preußischen Bevollmächtigten in den Vorlagen sub Litteris a, b und c gemach⸗ ten Proposition zugestimmt, diese Vorlagen förmlich acceptirt und als gegenseitig rechtsverbindlich anerkannt. In dieser Fassung sei die Urkunde von ihm, dem Protokollführer, anfänglich vorgelegt und verlesen worden. Die Bevollmächtigten der Königlich sächsi⸗ schen und Königlich hannoverschen Regierung hätten hierauf ver⸗ langt, daß ihnen in dem Text der Urkunde noch „eine zunächst die Oberhauptsfrage betreffende nähere Erklärung“ vorbehalten bleibe, welche Erklärung sie dann ihrerseits später ausführen und nachträglich zu dem Protokolle einreichen wollten. Diesem Verlangen sei mit⸗ telst Zufügen einer Randbemerkung stattgegeben und nun die Ur- kunde von sämmtlichen Bevollmächtigten genehmigt und unterzeich⸗

Alle Post⸗Anstalten des In⸗ und Auslandes nehmen Bestellung auf dieses Blatt an, für Berlin die Expedition des Preuß. Staats⸗ Anzeigers:

Behren⸗Straße Ur. 57.

net worden. Die Einreichung der in dieser Weise beim Vertrags⸗ schluß vom 26. Mai c. vorbehaltenen nachträglichen Erklärungen habe unter dem 28. Mai c. wirklich stattgefunden, und seien die⸗ selben auch an diesem Tage, wie der Vermerk auf dem Original nachweise, dem Schluß⸗Protokoll vom 26. Mai c. zugefügt worden. Der H lich ssauische Bevollmächtigte schlie Der Herzoglich nassauische B. igte schließt sich der Ausführung des Königlich preußischen Bevollmächtigten ge⸗

das Prädikat Musik⸗Direktor beigelegt worden.

Abgereist: Se. Durchlaucht der Fürst Georg zu Sayn⸗ Wittgenstein⸗Berleburg, nach St. Petersburg.

Der Wirkliche Geheime Ober⸗Justizrath und Unter⸗Staats⸗ Secretair im Ministerium für landwirthschaftliche Angelegenheiten, Bode, nach Schlesien. 1

Der Ober⸗Präsident der Provinz Posen, von Beurmann, nach Halle.

Der General⸗Major und Commandeur der 4ten Landwehr⸗ Brigade, von Korff, nach Bromberg. b G

Se. Excellenz der Herzogl. anhalt⸗deßauische Staats⸗Minister

von Plötz, nach Deßau.

Deutschland.

Schluß des Protokolls des

Preußen. Berlin, 22. Okt. (Vergl. das

Verwaltungsrathes der Sitzung vom 11. Oktober. gestrige Blatt des Preuß. Staats⸗Anzeigers.) Der Königlich sächsische Bevollmächtigte bemerkt hier⸗ auf, daß er die eben vernommene Ausführung des Vorsitzenden nicht in das heutige Protokoll niederlegen lassen könne, ohne wenig⸗ stens einige Worte sofort zu erwiedern. In Beziehung auf hse Vorbehalte habe er zuvörderst zu erwähnen, daß aus denselben nie ein Geheimniß gemacht worden, da sier in dem EE19112“ haltenen Schlußprotokolle vom 26. Mai d. J. 8 Königlich sächsische und hannoversche 11“ 299 ihre Blätter veröffentlicht habe, worüber E“ von dem damaligen Vorsitzenden sogar ein Vorwurf gemacht wor⸗ die Königlich preußische Re⸗

o wie endlich, daß 1 ö 83 diese Vorbehalte mit den Aktenstucken über vorgelegt habe.

die deutsche rage den hiesigen Kammern Nea⸗ 88 6 Fen vorgelesene Königlich preußische Erklärung selbst betreffe, so werde seiner Zeit darauf geantwortet werden; auf die Ausführung wegen der Vorbehalte müsse er sich aber sofort zu bemerken erlauben, daß es unter solchen Umständen in der That schwer halte, den Weg zu finden, auf dem ein gutes Recht ge⸗ ichert werden könne. Da übrigens in dieser Erklärung des Vor⸗ sitzenden derjenigen Vorschläge zu Aenderung des Verfassungs⸗Ent⸗ wurfs gedacht worden, welche ihm, dem Königlich sächsischen Bevoll⸗ mächtigten, vor einigen Tagen unter Couvert zugekommen seien, so betrachte er dieselben nunmehr als vorgelegt, und habe er nur noch die Frage an den Vorsitzenden zu richten: ob dieselben zugleich als Vorlagen bezüglich ver von der Königlich preußischen Regierung, wie er so eben vernommen habe, allerdings nicht anerkannten Vor⸗ behalte anzusehen seien? Der Vorsitzende erwiedert, daß die seinerseits mitgetheilten Vorlagen in Betreff der festzustellenden Modfficationen des Ver⸗ fassungs⸗Entwurfs 1 ichsi umfassender Art seien. Die Mitthei⸗ lung selbst sei indeß 58 st nur zu vorläufiger Einsicht und Kennt⸗ nißnahme geschelanigs⸗Ralhe ichs Fcelage dieser Modificationen werde im Verwalmnge⸗ erfolgen. Der Fg g hangoverscht Bevollmächtigte schließt sich in Allermaß grung des Königlich sächsischen Bevoll⸗

gen die des Königlich hannoverschen durchaus an, jedoch mit dem Zusatz, daß die schlagendste Widerlegung der letzteren Ausführung allerdings in den Ereignissen des Jahres 1848 und in der Beleh⸗ rung liege, die diese Ereignisse bei Beurtheilung und Würdigung politischer Fragen darbieten. Im Einzelnen bemerkt er noch Folgendes: In der Protokollar⸗Verhandlung vom 29. Juni 1849 sei seitens der Herzoglich nassauischen Regierung, und zwar vor ihrem Beitritt zu dem Vertrage vom 26. Mai c., der Inhalt und der Zweck dieses Vertrages, wie ihn die Herzogliche Regierung aufgefaßt, deutlich bezeichnet und hierauf von dem Verwaltungs⸗Rath ausdrücklich er⸗ klärt worden:

„Daß die einzelnen Bestimmungen des Vertrages selbst, sodann

der Verfassungs⸗Entwurf und dessen authentische Interpretation,

die Denkschrift vom 11. Juni c., so wie endlich die Noten des preußischen Staats⸗Ministeriums vom 28. und 30. Mai c., das offen dargelegte Material zum Verständniß des Inhaltes und des

Zweckes des Vertrages darbieten“, ja, der Köntglich hannoversche Bevollmächtigte habe, Ausweis der⸗ selben Protokollar⸗Verhandlung, seinerseits noch besonders zugesetzt:

„Daß in diesem Materiale die Resultate der gemeinschaft⸗

lichen Erörterungen und Entschließungen der kontrahirenden Re⸗

gierungen niedergelegt seien, daß es für die beitretenden Regierun⸗ gen nur auf diese ankommen möge, und daß eine Erörterung der vielleicht verschiedenen Motive, die zu den gemeinschaftlichen

Entschließungen geführt haben, wenn nicht unangemessen, doch

jedenfalls nicht erforderlich sein werde.“

Daß nach einer solchen auf eine bestimmte Anfrage der Her⸗ zoglich nassauischen Regierung so ertheilten und bestärkten Antwort die jetzige Bezugnahme auf die sogenannten Vorbehalte vor einer rechtlichen Erwägung nicht Bestand halten könnte, unterlasse er, der Vertreter der Herzoglichen Regierung, näher nachzuweisen. Dieselbe Unhaltbarkeit in rechtlicher Hinsicht und für den Zweck der jetzt beantragten Ausschreibung der Reichstagswahlen habe der Nichtbeitritt Bayerns und Württembergs. Der Vertrag vom 26. Mai c. sei, seiner innersten Wesenheit, so wie auch sei— ner authentischen Interpretation nach, auf Bildung eines Bundes⸗ staates nicht für alle, sondern für diejenigen deutschen Bundesstaaten gerichtet, die sich dem Vertrage freiwillig anschließen, wobei denn allerdings so Hoffnung als Raum geblieben, daß in Folge dieses freien Anschlusses der Bundesstaat nach und nach das ganze Va⸗ terland umfassen werde. Die Modificationen des Verfassungs⸗ Entwurfs, die bei dem Nichtbeitritt Bayerns und Württembergs nöthig werden, können das Ausschreiben der Reichstags⸗Wahlen eben so wenig erschweren. Was über diese Modisicationen in rechtlicher Hin⸗ sicht zu sagen, sei bereits früher von dem Königlich sächsischen und dem Königlich hannoverschen Bevollmächtigten in der Protokollar⸗ Verhandlung vom 27. Julin c. selbst gesagt worden, indem sie in 1u“ die Erklärung des Vorsitzenden bestärkend, aus⸗

„Daß der Beschluß des Vertrages vom 26. Mai c. und der Bei⸗ tritt zu diesem Vertrage jede der kontrahirenden und der beitre⸗ tenden Regierungen zum unverbrüchlichen Festhalten an dem In⸗ halte des einmal verkündeten Verfassungs⸗Entwurfs verpflichtet habe und verpflichtet halte, und zwar so lange, als nicht durch gemeinsame Uebereinstimmung aller dieser Regierungen eine Ab⸗ deh des Entwurfs nachträglich genehmigt und zugegeben

verde. 8

Hinsichtlich der zur Berathung und eventuellen Feststellung die⸗ ser Modificationen benöthigten Frist möge es genugen, auf die Konferenz⸗Protokolle hinzuweisen, Inhalts deren der ganze jetzt

vorliegende Verfassungs⸗Entwurf in nicht mehr als neun Tagen,

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vom 17. bis zum 26. Mai c., habe debattirt und zum Abschluß gebracht werden können.

Der Großherzoglich mecklenburg⸗strelitzsche Be⸗ vollmächtigte giebt in schriftlicher Fassung zu Protokoll:

„Abgesehen von Vorbehalten, über deren rechtliche Bedeutung, insofern sie außerhalb des Bundes⸗Vertrages vom 26. Mai 1849 und der dazu gehörigen Entwürfe, so wie der begleitenden Denk⸗ schrift, liegen, das Urtheil dahingestellt bleiben mag, folgt schon aus dem Inhalte dieser Grundlagen des Bundes die Nothwendig⸗ keit einer Umgestaltung des vorgelegten Verfassungs⸗Entwurfs und einer Vereinigung darüber unter den betheiligten Regierungen. Diese von dem Großherzoglich mecklenburg⸗strelitzschen Bevollmäch⸗ tigten schon bei der ersten Abstimmung gegen eine verfrühte An⸗ setzung des Reichswahltages hervorgehobene Nothwendigkeit einer vorherigen Feststellung derjenigen Modificationen, welche nach dem erklärten Nichtbeitritt der süddeutschen Staaten stattfinden müssen, glaubt derselbe in einigen der wichtigsten Beziehungen näher nach⸗ weisen zu müssen, da gegen jene Abstimmung der Einwand gemacht worden ist, daß sich die allerdings nöthigen Modificationen und Vorarbeiten bis zum Januar 1850 mit Sicherheit würden bewerk⸗ stelligen lassen.

Fasse man die Hauptzwecke ins Auge, welche die Königlichen Regierungen, Preußen an der Spitze, beim Abschluß des Bünd⸗ nisses vom 26. Mai 1849 nach dessen klarem Inhalte sich gestellt haben, so bestehen dieselben, wie dies von allen beigetretenen Staa⸗ ten gewiß mit Dank und Vertrauen erkannt sei, einerseits in der Wahrung der inneren und äußeren Sicherheit Deutschlands, also in der Handhabung des öffentlichen Rechts und der öffentlichen Ordnung in Deutschland, andererseits in dem Streben, das Be⸗ vürfniß der deutschen Nation nach einer kräftigen, durch freie In⸗ stitutionen verbürgten Einheit zu befriedigen.

Was zuvörderst die Sicherung des öͤffentlichen Rechtszustandes in Deutschland betreffe, so ist an die Spitze des Bündnisses klar und entschieden das Anerkenntniß des Fortbestandes des deutschen Bundes gestellt, woraus auch bei zugestandenem Wegfallen der Bundes⸗Versammlung von selbst folgt, daß sämmtlichen Gliedern des deutschen Bundes das Recht der freien Zustimmung zu Ver⸗ änderungen der Grundgesetze und organischen Einrichtungen des Bundes verblieben sei. Dieser Grundsatz sei auch bisher befolgt worden und werde insofern eine wiederholte praktische Aner⸗ kennung erhalten, als das Uebereinkommen zwischen Oesterreich und Preußen wegen provisorischer Regulirung der deutschen Cen⸗ tralgewalt sämmtlichen deutschen Regierungen, auch denen, welche dem Bündnisse vom 26. Mai 1849 beigetreten, zum Beitritt vor⸗ gelegt werden soll.

Nun haben allerdings die dem Bündnisse beigetretenen Re⸗ gierungen sich verpflichtet, den zum Bündnisse gehörigen Verfas⸗ sungs⸗Entwurf vorzulegen und zu vertreten, mithin auch nach besten Kräften Alles zu thun, was der Realistrung dieses Entwurfs in seinem eigentlichen hauptsächlichen Wesen foͤrderlich sei.

Weiter gehe aber ihre Verpflichtung nicht, und wenn sich aus dem Erfolge ergeben würde, daß der vereinbarte Entwurf im We⸗ sentlichen nicht zu realisiren sei, so haben sich für diesen Fall auch die beigetretenen Regierungen des Rechts nicht begeben, über eine

andere Vorlage von neuem zu berathen, bevor sie ihre Zustimmung zu derselben ertheilen. Eijne unbefangene Prüfung ergebe nun aber zweitens, daß ein nord- und mitteldeutscher Bundesstaat im Wesentlichen verschieden sci von einem deutschen Bundesstaat, und daß der dem Bündnisse

vom 26. Mai 1849 angehörige Verfassungs⸗Entwurf nur den deutschen Bundesstaat zur Voraussetzung hat und nur für diesen paßt. Der Artikel IV. des Bündnisses vom 26. Mai 1849 ist be⸗

stimmt, die Verhältnisse Deutschlands in Zukunft zu ordnen, nicht die Verhältnisse weniger oder vieler deutschen Staaten; er verpflichtet die Verbündeten, dem deutschen Volke die vereinbarte Verfassung zu gewähren, das deutsche Volk aber erstreckt sich weiter, als über Nord- und Mitteldeutschland, sein tiefes Bedürfniß de gesetzmäßigen Fortschreitens zu einer praktisch möglichen wahre vollständigen Einheit dulde es nicht, eine thatsächlich noch beste⸗ hende Spaltung zu einer verfassungsmäßigen zu machen. Schon der Name und der Begriff des „Reichs“, der durch den ganzen Entwurf geht, bezeichnet dessen Bedeutung unwiderleg lich, selbst das Wort „deutsch“, welches sich fast in jedem Pa ragraphen findet, paßt auf einen engeren nord⸗ und mitteldeutschen Bundesstaat nicht. Es ist nicht moͤglich, den wesentlichen Gegen⸗ satz durch eine bloße Veränderung der Ausdrücke zu verwischen. Daß aber auch materiell der Gegensatz in die wichtigsten Verhält⸗ nisse eingreift, geht zunächst schon aus den Abänderungs⸗Vor⸗ schlägen, welche von der Königl. preußischen Regierung dem Ver⸗ waltungs⸗Rathe vorgelegt, hervor. Es treten aber zu den hier angeregten Punkten ohne Zweifel noch andere hinzu, deren Erheblichktit nicht verkannt werden wird. So z. B. ver

hält sich nicht blos die Voraussetzung beigetretener Regie rungen, sondern auch eine sehr entschiedene öffentliche Mei nung in beigetretenen Ländern ganz verschieden, je nachdem de §. 33 des Reichs⸗Verfassungs⸗Entwurfes, welcher Ein Zoll⸗ un Handelsgebiet vorschreibt, der §. 34 über die Auflegung gemein⸗ schaftlicher Productions⸗ und Verbrauchssteuern, der §. 38, welcher den Handel und die Schiffahrt der Reichs⸗Gesetzgebung unterwirft, das ganze Gebiet des deutschen Reiches, mit alleiniger Ausnahm von Oesterreich, oder nur das Gebiet des engeren Bundesstaats zur Voraussetzung hat. Ein Beispiel in dieser Hinsicht liefert der dem Beitritte der mecklenburgischen Regierungen vorausgegangene Beschluß der mecklenburgischen Abgeordneten⸗Versammlung vom 2. August 1849, welcher auf den Grund der Auffassung, daß Meck⸗ lenburg zu Gunsten der deutschen Einheit Opfer zu bringen bercit sei, daß aber, sollte diese Einheit nicht erreicht werden, nicht abzu⸗ sehen sei, warum Mecklenburg seine materiellen Interessen opfern und sich den Zollgesetzen unterwerfen sollte, die vielleicht im vorherr⸗

schenden industriillen Interesse beliebt würden, als eine Bedingung .