1849 / 291 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

der Zustimmung zum Beitritt auch die stellte, daß für den Fall,

wenn der zu begründende Bundesstaat nicht die gesammten deut⸗

chen Läͤndes, außer den österreichischen deutschen Staaten, in sich fassen sollte, der Beitritt Mecklenburgs zu dem in Aussicht gestell ten gemeinsamen Zollverbande der eigenen freien Entschließung Meck⸗

lenburgs vorbehalten bleibe. 8

Wenn es nun in mehrfacher Rücksicht nothwendig erscheint, daß uüͤber eine veränderte Vorlage zur Reichs⸗Verfassung eine Ver⸗ ständigung unter den deutschen Regierungen voraufgehe, so kann auf der einen Seite allerdings dadurch eine Verzögerung von eini⸗ gen Monaten veranlaßt werden, auf der anderen Seite ist aber auch nur auf diesem Wege die Möglichkeit aufrecht zu erhalten, daß das große Werk der deutschen Einheit seiner naͤher geführt werde, wozu die Aussicht, nachdem Oesterreich und Preußen sich vorläufig über die deutsche Centralgewalt vereinigt haben, keinesweges aufzugeben ist. Mecklenburg⸗Strelitz kann dies im Interesse des allgemetnen deutschen Rechtszustandes und der deutschen Einheit um so mehr aussprechen, als für dasselbe keine Motive oder Wünsche vorhanden sind, welche einem engen An⸗ schlusse an Preußen entgegen wären. .

Jedenfalls ist gerade im jetzigen Augenblicke kein Grund zu einer Beeilung des Reichs⸗ oder Vereinswahltages, welche wesent⸗ lich präjudiziren würde. Daß es an und für sich zweckmäßig wäre, den wichtigsten Schritt in dem Verfassungswerke, noch bevor man über die Grundlagen desselben vollständig einig ist, zu thun, dies findet sich unter den Gründen für die Beeilung nicht angegeben, es wird vielmehr nur auf die verstärkte Verpflichtung, welche die Regierungen selbst sich dadurch auflegen, und auf die Beruhigung von Besorgnissen in der deutschen Nation hingewiesen. Allein, wo die Regierungen ihre Verpflichtungen im wahren Interesse der deut⸗ schen Nation anerkennen, da bedarf es einer Verstärkung dersel⸗ ben nicht, und die deutsche Nation, der alle Verhandlungen öffent⸗ lich vorliegen, wird das Bestreben der Regierungen bei der Er⸗ füllung dieser Verpflichtungen anerkennen und unterstützen.

Der Großherzoglich mecklenburg⸗strelitzsche Bevollmächtigte giebt demnach wiederholt im Einverständnisse mit den Ansichten seiner Re⸗ gierung seine Stimme dahin ab, daß der Zeitpunkt zur Ansetzung des Wahltages noch nicht gekommen, dagegen Alles möglichst zu fördern ist, was ein vollständiges Einverständniß der deutschen Re⸗ gierungen über das deutsche Versassungswerk herbeizufuhren ge⸗ eignet ist.“

Der Großherzoglich badische Bevoilmächtigte. Indem er sich der eben mitgetheilten Beantwortung der Königlich preußischen Regierung gegen die Ausfuhrung der Königlich han⸗ noverschen anschließe, sehe er sich veranlaßt, derjenigen Erklä⸗ rung, welche der Königlich hannoversche Bevollmächtigte in der Sitzung vom 9ten d. M. abgegeben, noch folgende Acußerung, die in schriftlicher Fassung zu Protokoll gegeben wird, entgegen zu stellen.

I. Die eben gedachte Erklärung stellt die eventuelle Geltend⸗ machung eines Vorbehaltes in Aussicht, welcher hannoverscherseits in Bezug auf die Wirksamkeit des Vertrags vom 26. Mai gemacht worden sein soll.

Der Bevohlmächtigte, Vertreter des ersten accedirenden Staates, hat an fast allen späteren Beitritts⸗Verhandlungen im Verwaltungs⸗ Rathe Theil genommen; er fuhit sich verpflichtet, hier, der Wahr⸗ heit gemäß, auszusprechen, daß, seines Wissens, niemals, gegenuber von irgend einem der über den Beitritt verhandelnden Sraaten, auf den gedachten Vorbehalt, als auf ein die rechtliche Bedrutung des offenen Vertrags alterirendes Instrument, Bezug genommen dagegen zu wiederholtenmalen in der bundigsten Weise, sogar als Erwiederung auf gestellte Anfragen wegen etwaniger geheimer Vorbehalte, ausgesprochen worden ist, daß es nur die amtlich mit⸗ getheilten, öffentlichen Akten der Vertrag vom 26. Mai, mit

feinen Annexren, die gemeinschaftliche Note vom 28. Mai und die Denkschrift vom 11. Juni seien, welche das Objekt der zum Vertrags⸗Abschlusse erforderlichen gegenseitigen Verständigung bildeten.

Hiernach müsse der Bevollmäaͤchtigte erklären: daß er außer Stand ist, dem Vorbehalte, auf welchen jetzt zum erstenmale Be⸗ zug genommen wird, eine die rechliche Wirkung der durch das Bünd⸗ niß gegebenen Verhältnisse beeinträchtigende Kraft zuzugestehen.

Sollte indessen wie der Bevollmächtigte gern hofft die gedachte Bezugnahme auf einen Vorbehalt nur den Sinn haben, daß innerhalb des Bündnisses gewisse faktische Umstände nicht unbeachtet bleiben können, und demgemäß eine zusammenwirkende Thätigkeit der Verbündeten zur Verständigung über jene thatsäch⸗ lichen Verhältnisse hervorzurufen beabsichtigen, so ist der Bevoll⸗ mächtigte so weit entfernt, darin etwas zu erkennen, was eine Meinungs⸗Differenz zu begründen vermöchte, daß er im Gegentheile den Anlaß benutzt, um seiner Regierung etwanige Aeußerungen und Vorschläge, welche den veränderten Thatsachen Rechnung tragen, anmit ebenfalls vorzubehalten.

II. Einen weiteren Anlaß zu einer erwiedernden Aeußerung findet der Bevollmächtigte in der aufgestellten Behauptung, daß durch die Berufung des Reichstages eine bloße Thatsache dem Rechte entgegen gesetzt werden würde.

Durch diese Behauptung scheint der Verdacht ausgesprochen, daß diejenigen Staaten, welche das Bündniß zu dem Punkte ge⸗ diehen glauben, welcher den Vollzug des Artikels 4 des Vertrages vom 25. Mai möglich macht, nicht mehr auf dem Boden des Rechtes sich bewegten, und insbesondere, daß dieselben durch den Vollzug jenes Artikels ihre nicht beigetretenen deutschen Bundes⸗Genossen gleichsam in gewaltthätiger Weise bedrohten.

Der Bevollmäͤchtigte protestirt auf das Entschiedenste gegen ei⸗ nen derartigen Vorwurf; und er sieht sich genöthigt, zu diesem Behufe Folgendes vorzutragen:

Die Frage wegen Zustandekommen einer Reichs⸗Verfassung ist keine neue, jetzt noch in dem Stadium befindliche, wo die Entschlüsse ganz frei wären.

Die Bundes⸗Versammlung sprach es schon am 10. und 25. März v. J. aus, daß eine Revision der Bundes⸗Verfas⸗ sung auf wahrhaft zeitgemäßer und nationaler Grundlage vorgenommen werden solle. Ehe sie zu dem wichti⸗ gen Beschlusse vom 30. März v. J. (26ste Sitzung §. 209) über⸗ ging, stellte sie folgende Betrachtung an: G

„Eine neue Verfassung kann entweder einfach aus der Verein⸗ barung der Regierungen hervorgehen und von diesen gemeinschaft⸗ lich durch Bundes⸗Beschluß ockroyirt werden, oder sie kann im Wege des Vertrags und freier Zustimmung der Regierungen auf der einen und des Volkes auf der anderen Seite zur Gultigkeit gebracht werden.“

1 „Nur Weg giebt eine Gewähr für

en Bestand einer Verfassung; eine ocrroyirte wuüͤrde unter keinen Umständen rathsam sein; sie ist unter den jetzigen Verhält⸗ nissen eine Unmöglichkeit, denn die freisinninste, den ausgesproche⸗ nen Wunschen entsprechendste und selbst mit den größten Opfern der einzelnen Bundes⸗Fursten verbundene, würde, octroyirt, nie auf Beifall und Dank rechnen können.“

„Muß man also der Meinung sein, daß die freie Zustimmung des Volkes nicht entbehrt werden lann, so fragt es sich, auf welche

Weise diese zu erlangen sein wird?“

1922

„Nach den bestehenden Verhältnissen stellt sich hier der Weg als der gegebene dar, daß jede Regierung sich der Zustimmung ihres Volkes zu der beabsichtigten Verfassung selbst zu versichern habe, da, wo eine Vertretung desselben besteht, durch Vorlage an ne Stände⸗Versammlung oder durch Erlangung eines Vertrauens⸗ Votums, da, wo noch keine Stände⸗Versammlungen bestehen, in einer ihnen selbst zu überlassenden Weise. Allein es ist klar, daß man das Zustandekommen einer Verfassung für Deu tschland, deren wesentlichstes Ziel die nie dringender als jetzt nöthige Einheit der Nation ist, nicht der Gefahr aus⸗ setzen darf, daß es an dem Widerspruche einer viel⸗ leicht ganz geringen Minorität scheitern könne, oder daß wenigstens unabsehbare Weiterungen entständen. Wollte man aber annehmen, daß die gewiß allgemein in der Na⸗ tion gefüͤhlte Nothwendigkeit, das Vaterland durch eine neue Bundes⸗ Verfassung zu kräftigen, dahin führen wuͤrde, daß eine Zustimmung aller Bundes⸗Länder, aller einzelnen Stände⸗Versammlungen er⸗ folgen, jedes Sonder⸗Interesse unbeachtet bleiben, aller Widerspruch verstummen werde, um nur das Zustandekommen nicht zu hindern, so gäbe man damit zu, daß diese durch einen moralischen Zwang erzielte Zustimmung zur leeren Form herabsinken würde.“

„Es scheint also der einzig rathsame, vielleicht allein zulässige Weg der zu sein, daß der von der Bundesversamm⸗ lung und ihrem Beirathe ausgehende Entwurf einer neuen Bun⸗ desverfassung einer aus allen Bundesstaaten gewählten konstitui⸗ renden Volksversammlung zur Annahme vorgelegt werde.“

Auf diese Erwägungen gestützt, beschloß die Bundes⸗Versamm⸗ lung, daß Wahlen von National⸗Vertretern vorgenommen werden sollen, um zwischen den Regierungen und dem Volke das deutsche Verfassungswerk zu Stande zu bringen.

Die bündigsten Erklärungen abseiten der Regierungen liegen vor, daß sie gesonnen seien, zu der durch die angeordnete National⸗ Vertretung gegebenen Bildungsform eines Bundesstaates mit⸗ zuwirken. Insbesondere giebt die im Bundestags⸗ Protokolle der Züsten Sitzung vom 17. Mai v. J. §. 513 enthaltene Erklärung Hannovers ehrendes Zeugniß von der Gesinnung dieser Regierung.

Das von der National⸗Versammlung begonnene Werk schei⸗ terte, weil dieselbe, den ihr zugewiesenen Boden der Vereinbarung verlassend, nach souverainer Geltung griff; die in Folge bekannter Vorgänge groß gewordene Anarchie bedrohte alle Orrnung, alles Gesetz.

In dieser schwersten Zeit bewährte Preußen allein mit dem Willen auch die Macht, in Deulschland das bestehende Recht zu vertheidigen, ein neuentstehendes zu schützen. Um Prreußen, das die Errichlung des deutschen Bundesstaates zu seiner eigenen Auf⸗ gabe machte, durften sich die übrigen mindermächtigen Siaaten mit dem vollen Bewußtsein reihen, daß sie auf diesem Wege eine pa⸗ triorische Pflicht erfullten und ihr feierlich gegebenes Wort zu lösen vermöchten.

Das ist die eigentliche Bedeutung des Bündnisses vom 26. Mai inmitten der deutschen Verfassungskämpfe.

Oesterreich hat, mehr noch als durch Worte, durch die große und hoffentlich fur ras stammverwandte Land segensvolle That sei⸗ ner Konstituirung als ein Gesammtreich gesprochen: es sei nicht im Stande, an verjenigen Umbildung der Verfassung des deutschen Bundes, welche eine National⸗Vertretung zur Grundlage haben soll, sich zu betheiligen. Seine dauernde enge Verbindung mit Deutsch⸗ land in der ihm gebührenden Weise kann und soll durch diese Neu⸗ bildung keine Beeinträchtigung erleiden.

Die alte Bundes⸗Verfassung ist unwiederbringlich zu Grunde gegangen; zur Bildung einer neuen ist der Weg dahin vorgezeich⸗ net, daß sie durch Vereinbarung mit National⸗Vertretern zu su⸗ chen sei.

Bei dem Mangel eines für die Verfassungs⸗Angelegenheit kom⸗ petenten Bundes⸗Central⸗Organs ist es unmöglich, neue allgemeine Wahlen zu veranlassen, sofort eine allgemeine Verständigung aller Regierungen über die zur Vereinbarung zu proponirende Verfassung herzustellen.

Der einzige Weg, welcher noch übrig bleibt, wenn gleichmäßig das allseitig gebotene Ziel nicht verfehlt und der freien Selbstbe⸗ stimmung jedes einzelnen Landes nicht zu nahe getreten werden soll, ist der, daß einmal eine Verständigung der einzelnen Regierungen unter sich und dann dieser mit den Vertretern ihrer Länder gesucht werde.

Das Bündniß vom 26. Mai hat sich, als auf gesunder Grund⸗ lage beruhend, bewährt; es kann gerechten Anspruch auf nationale Bedeutung machen, weil es sich die Erringung der nationalen Ziele in der rechtlich jetzt möglichen Form zur Aufgabe macht, weil es dermalen bei vier Fünftheile der rein deutschen Staaten umfaßt. Den Staaten, welche es ihrer Lage dermalen noch nicht entsprechend finden, denselben Weg zu gehen, wird im Namen aller Verbündeten zu sagen sein, was in einer zur Oeffentlichkeit gediehenen Mit⸗ theilung der Königl. preuß. Regierung an die von Bayern gesagt ist:

„Die Königl. Regierung macht keinen Anspruch auf die Untrüglichkeit ihrer Auffassung, der sich die große Mehr⸗ zahl der deutschen Regierungen angeschlossen hat, aber sie hat in ernster Erwägung ihrer Pflichten gegen das Va⸗ terland, ihre Vorschläge zur Prüfung der Regierungen der Nation hingegeben.“

Niemand, der Rechtsgefühl in deutschem Sinn hat, wird zu⸗ eben, daß den nicht beigetretenen Staaten irgendwie in ihren Ent⸗ schluffen Zwang angethan werde. Niemand aber auch, der billig denkt, wird fordern, daß die Bündniß⸗Staaten sich durch die Nicht⸗ beitretenden in Erstrebung dessen hemmen lassen, was sie als noth⸗ wendig und rechtlich geboten erkennen. Ein liberum veto, in der Ausdehnung, wie es die hannoversche Erklärung beansprucht, hat das deutsche Bundesrecht nie gekannt, selbst nicht in den Fällen, wesche nur durch Stimmeneinhelligkeit geregelt werden konnten. Würde man dasselbe jetzt in die Institutionen aufnehmen, dann, ja dann würde unfehlbar jene Epoche der Gewaltthätigkeit herannahen, vor welcher der hannoversche Bevollmächtigte mit so vielem Ernste warnt. Die eigenen Worte in Bezug auf die diesem liberum veto der Ein⸗ zelnen (oder dem „völligen Einverständnisse aller deuischen Regie⸗ rungen“) möglicherweise zu gebende Anwendurg die nämlich, daß der Dissens Einzelner eine Einmischung des Auslandes in die inneren Angelegenheiten herbeiführen könnte diese Worte wie⸗ derlegen denjenigen, der sie ausspricht, denn nie wird es zugegeben werden können, daß in unserem öffentlichen Rechte eine Bestimmung gültig sei, welche einen deutschen Staat zum offenen Verrath an den Bundes⸗Genossen berechtiagte.

Indem der Bevollmächtigte seine obenerwähnte Verdächtigung wiederholt, ertlärt er Namens seiner Regierung, roß dieselbe sich bewußt ist, bei ihrer Zustimmung zur Bilrung eincs Reichstages nur sich eines ihr zustehenden freien Rechtes zu bedienen und einer Pflicht gegen ihr Land, wie gegen Deutschland, zu genugen, so wie, daß sie jeden Augenblick bereit ist, bri Verhandlungen mit den dem Bundnisse nicht angeschlossenen deutschen Ländern sich zu betheiligen und je⸗ dem begrundeten und billigen Anspruche mit den ihr zu Gebot ste⸗ henden Mitteln wärmste Unterstutzung angedeihen zu lassen.

Protestation gegen die

Der Großherzoglich hessische Bevollmächtigte ver⸗ zichtet darauf, der ausführlichen Beantwortung der Königl. preu⸗ ßischen Regiernng, der er im Ganzen durchaus beitritt, noch etwas zuzusetzen. Er weicht im Einzelnen nur insoweit ab, als er sich allerdings zu der in der Beantwortung der Königl. preußischen Regierung erwähnten strengeren Rechts⸗Ansicht bekennt, wonach die rechtliche Existenz des Bundes vom Jahre 1815 durch die Vor⸗ gänge des Jahres 1848 gebrochen ist. Vorbehalte seien nur geltend zu machen, wo sie üͤberhaupt gemacht seien, was gegen⸗ uber der Großherzeglichen Regierung sicherlich nicht geschehen sei. Dem Großherzoglich mecklenburg strelitzschen Bevollmächtigten mache er nur noch bemerklich, daß es von keiner Seite bestritten worden, den vorliegenden Verfassungs⸗Entwurf, jetzt nachdem Bayern und Württemberg den Anschluß an den Vertrag vom 26. Mai c. abge⸗ lehnt, den dadurch vidizirten Modificationen zu unterwerfen, daß bis zum 15. Januar 1850 hinlänglichste Zeit zur Bewältigung der desfallsigen Arbeiten gegeben sei, und daß die sonstigen Argumen⸗ tationen des Bevollmächtigten organische Bestimmungen voraus⸗ setzen, die seit Auflösung des Bundestages nicht mehr existiren, und zu deren Herstellung dem allenfallsigen Willen jedenfalls die Macht gebrechen würde.

Der gemeinschaftliche Bevollmächtigte für: Groß⸗- herzogthum Sachsen⸗Weimar, Herzogthum Sachsen⸗Ko⸗ burg⸗Gotha, Herzogthum Sachsen⸗Altenburg und für die Fürstenthümer Schwarzburg⸗Sonde rshausen, Schwarz⸗ burg⸗Rudolstadt und Reuß beider Linien: Auch er halte die von dem Königlich preußischen Bevollmächtigten eben vorgetra⸗ gene Widerlegung der von hannoverscher Seite neuerlichst vorge⸗ brachten Rechtsbedenken für durchaus begründet, namentlich, sofern darin der Nachweis gegeben sei, daß die von dem Königlich hanno⸗ verschen Bevollmächtigten aus den Bestimmungen der fruheren Bundesverfassung gegen die nunmehrige Verwirklichung des Bun⸗ desstaates hergeleiteten Einwände jeder zutreffenden Begründ ung ermangeln. Was übrigens den hier schon mehrerwähnten Vorbe⸗ halt der Königl. sächsischen und der Königl. hannoverschen Re⸗ gierung betreffe, so habe der Bevollmächtigte noch insbesondere be⸗ merklich zu machen, daß ein solcher Vorbehalt von denjenigen Re⸗ gierungen, die er hier zu vertreten die Ehre habe, weder als gültig, noch uberhaupt als bestehend angenommen werden könne. In den den Beitritt dieser Regierungen betreffenden Verhandlungen sei auf irgend einen Vorbehalt, durch welchen die Realistrung des be⸗ absichtigten Bundeestaates noch bedingt bleiben solle, nicht nur nicht bingewiesen worden, sondern es sei auch im Protokoll der 20sten Sinung, auf Grund dessen der Anschluß der Herzogthumer Sach⸗ sen-Altenburg und Sachsen⸗Koburg⸗Gotha, wie auch der beiden Furstenthuümer Reuß und der beiden Furstenthümer Schwarzburg, erfolgt sei, die im Verwaltungsrathe unter besonderer Zustimmung des hannoverschen Bevollmachtigten gegebene Versicherung nieder⸗ gelegt, daß die verbundeten Regierungen es I öbb

Pflicht zu erachten haben, an dem gemeinschaftlich von ihnen vorgelegten Verfassungs⸗Entwurfe festzu⸗ halten und, so viel immer in ihren Kräften liege, vereint dahin zu wirken, daß derselbe in möglichst kurzer Frist dem zu berufenden Reichstage zur Ver⸗ einbarung mit den Regierungen vorgelegt ‚werde. Was aber die Großherzogl. Regierung von Sachsen⸗Weimar be⸗ treffe, so sei deren damaligem Bevollmächtigten bei den Anschluß⸗ Verhandlungen die noch bestimmtere Erklärung geworden, daß neben dem Bundesvertrage vom 26. Mai c. und den zugehörigen Entwürfen der Reichsverfassung und des Wahlgesetzes, so wie der begleitenden Denkschrift anderweitige Vereinbarungen und Erklärungen, welche für die sich verbündenden Regierungen maß⸗ gebend sein könnten, nicht vorhanden seien. Der Kö⸗ niglich sächsische Bevollmächtigte habe vorhin geäußert, die fraglichen Vorbehalte seien so bald zur Oeffentlichkeit gelangt, daß auch die wegen des Anschlusses ihrer Regierungen hier unterhandelnden Bevollmächtigten davon Kenntniß gehabt haben müßten. Dies sei so richtig, daß die Bevollmächtigten eben deshalb an den Verwal⸗ tungsrath ausdrücklich die Frage gerichtet, ob außer den ihren Re⸗ gierungen bis jetzt offiziell mitgetheilten Vertragsbedingungen noch andere Bedingungen, welche für die sich verbündenden Regierungen maßgebend sein sollten, vorhanden seien. Die ihnen hierauf vom Verwaltungsrathe gegebenen Versicherungen seien nun so klar und bestimmt ertheilt worden, daß jede weitere Besorgniß, es möchten später noch bedingende Vorbehalte von Seiten der paciszirenden Staaten geltend gemacht werden, in der That als nicht mehr zu⸗ lässig hätte erscheinen müssen.

Auf die Bemerkung des Königl. sächsischen Bevollmächtigten, daß für die Großherzogl. sachsen⸗weimarische Regie⸗ rung allerdings, der ihrem Bevollmächtigten gegebenen Zusicherung gemäß, andere Vereinbarungen und Erklärungen nicht maßgebend seien, als der Bundesvertrag vom 26. Mai c. und dessen offiziell mitgetheilte Anlagen, fügt der Großherzoglich sachsen⸗ weimarische Bevollmächtigte hinzu, daß, wenn dies der Sinn der vom Verwal⸗ tungs⸗Rath gegebenen Antwort sein sollte, es dort hätte heißen müssen: „für die beitretende Regierung“; da aber gesagt sei: für die sich verbündenden Regierungen“ so mussen rarunter auch die von Sachsen und von Hannover verstanden werden. 8

Der Königlich hannoversche Bevollmächtigte wilb, so viel es die Andeuungen über beabsichtigte Geheimhaltung des hannoverschen Vorbehalts zu dem Vertrage vom 20. Mai c. be⸗ trifft, nur noch daran erinnern, daß dieser. Vorbehalt in mehreren gedruckten Exemplaren auf vem Tische des Verwaltungs⸗Rathes län⸗ gere Zeit aufgelegen hat. Eben so macht, der K önigli ch säch⸗ sische Bevollmächtigte, in spezieller Rückbeziehung auf die vor⸗ gängige Aeußerung des Großherzoglich b-r Bevollmächtigten, bemerklich, daß die definitive Beitritts⸗Erklärung der Großherzog⸗ lich hessischen Regierung erst erfolgte, nachdem die Königlich preu⸗ ßische Regierung mit den Akten über die deutsche Angelegenheit auch die sächsischen und hannoverschen Vorbehalte ihren Kammern vor⸗ geregte sats ls⸗ schtigten für Kurfürstenthum Hessen, ke lbdenkurg, s[ur Herzogthum für Großherzopihmwer; A JE1“ Braunschweig, fuür HSr zogthum Anhalt⸗B⸗ renburg und für Herzogthum Anhalt⸗Deßau und Cöthen erklchen übereinstimmend, raß sie der Ausführung der Königlich preußischen Regierung beitreten, daß auch ihren Regierungen bei deren I zu dem Vertrage vom 26. Mai c. nur der Vertrag selbst und der Verfassungs⸗Entwurf nebst Denkschrift, nicht aber auch irgend wel⸗

rcher sonstige Vorbehalt mitgetheilt worden, und daß sie alle Rechte 27 84

ihrer Regierungen aus dem Vertrage vom 26. Mai c. feierlich ver⸗ eh Großherzoglich mecklenburg⸗schwerinsche Be⸗ vollmächtigte schließt sich an. Es werde eine heilige Pflicht aller dem Vertrage vom 26. Mai c. beigetretenen Regierungen ge⸗ gen die deutsche Nation sein, die Königlich preußische Regierung in ihrem ernsten Streben nach balrmöglichster Konstituirung des deut⸗

schen Bundesstaatts zu unterstuͤtzen. Wenn in der hannoverschen

Rechtsausführung ein Hauptgewicht auf den Art. 7 der Bundes⸗ Akte gelegt worden, so sei es gerade dieser Artikel, der den Todesteim aller Bundesverfassung in sich trage. Es sei durch diesen Artikel geschaffen worden, was die Geschichte nie gesehen habe, ein Rath, der in allen wichtigen Fällen nicht durch Mehrheit der Stim⸗ men, sondern durch völlige Einhelligkeit, also fast nie und nirgend einen Beschluß zu Stande bringen konnte, ein Verein, dessen Zwecke durch die geforderte Einstimmigkeit geradezu an das einzelne Be⸗ lieben preisgegeben wurden. Wenn demnach irgend ein Artikel der Bundes⸗Akte es nicht verdiene, für den neuen Bundesstaat maß⸗ gebend zu werden, so sei es eben der bezogene Artikel 7, als wel⸗ cher recht eigentlich die Ohnmacht und Unfähigkeit des alten Bun⸗ destages organisirt hat.

Der Bevollmächtigte der freien und Hansestadt Bremen. Er könne nur auf seine in der Sitzung vom 9ten d. abgegebene Erklärung und auf die dem Antrage des Herzoglich nas⸗ sauischen Bevollmächtigten darin ertheilte Zustimmung zurückkommen. Zu der beantragten Ausschreibung der Wahlen fuͤr den nächsten Reichstag dränge die Konsequenz des Bündnisses vom 26. Mai c,., der bei der Einladung zu diesem Bündnisse angeführten Motive, der von den beitretenden Staaten vor ihrem Beitritte kundgegebe⸗ nen Voraussetzungen und der darauf erfolgten übereinstimmenden Erwiederungen der Königlich sächsischen und Königlich hannoverschen Bevollmächtigten, wie diese Erwiederungen in den Protokollen nie⸗ dergelegt seien. Es dränge dazu die ernste Würdigung der gegen⸗ wärtigen Lage Deutschlands und der von allen Seiten gesteigerten Erwartungen, der Rückblick auf die nachtheiligen Ergebnisse, welche im Frühling des verflossenen Jahres das System des Abwartens und der Mangel an Entschlossenheit in Leitung der deutschen Angelegenheiten herbeiführte, der Hinblick auf schwerlich aus⸗ bleibende ähnliche Folgen, sofern das von den Regierungen fest⸗ gehaltene Prinzip der Vereinbarung sich faktisch als nicht durchführ⸗ bar erweisen sollte. Daß vorab noch bedeutende Schwierigkeiten zu überwinden bleiben, sei sicherlich nicht zu verkennen; aber eben so wenig zu übersehen, daß zur Ueberwindung der Schwierigkeiten noch ein Zeitraum von drei Monaten verstattet bleibe. Werde der in Frage stehende Entschluß jetzt nicht gefaßt, so sei zu befürchten, vaß sich der Verwaltungs⸗Rath auch nach Ablauf dieser Monate noch in einer der heutigen völlig gleichen Lage befinden werde, während im hoffentlich anderen Falle und bei allseitig bereitwilli⸗ gem Entgegenkommen für diesen Zeitpunkt ein günstiges Resultat kaum zu bezweifeln sei.

Der Bevollmächtigte der freien Öund Hansestadt Hamburg. So fest er auch an der Hoffnung halte, daß in nicht zu ferner Zeit es noch gelingen werde, sämmtliche deutsche Staaten u einem ihren veränderten Verhältnissen und Stellungen ent⸗ prechenden Verfassungswerke zu vereinigen, so wenig könne er die Besorgniß und die Ansicht theilen, daß die Erfullung der Zusagen und Verpflichtungen, welche in Bezug auf das Verfassungs⸗ werk durch und in Folge des Bündnisses vom 26. Mai gegeben und eingegangen seien, für die Verbündeten von der Zustimmung

der füͤr jetzt nicht beigetretenen Staaten abhängig wäre. Eine

solche Abhängigkeit würde vielmehr jene Hofsnung vereiteln und nur dahin führen, daß uͤberall nichts zu Stande gebracht werden könnte, bevor nicht den Bedingungen des letzten dissentirenden Staates genügt sei. Nachdem indeß einmal der Zweifel aufgeworfen, ob die Verbundeten nicht mit zwingenden Pflichten gegen Andere in Widerspruch geriethen, wenn sie ihrerseits in Ausführung brächten, was sie als heilsam und nothwendig unter den veränderten Ver⸗ hältnissen betrachten zu müssen erklärt hätten, könne der Bevoll⸗ mächtigte nur mit Dank erkennen, daß preußischerseits in umfassen⸗ der Rechtsdarlegung diesem Zweifel entgegengetreten sei. Er schließe sich dieser so eben vernommenen Deduction im Allgemeinen aus per⸗ sönlicher Ueberzeugung an. So viel aber die Vorbehalte betreffe, so würden dieselben durch die preußischerseits vorgeschlagenen Mo⸗ dificationen von selbst zur Sprache kommen, und sehe er eventuell ferneren Vorschlägen des sächsischen und des hannoverschen Bevoll⸗ mächtigten entgegen.

Nachdem somit alle Mitglieder des Verwaltungs⸗Rathes, mit Ausnahme des Königlich sächsischen und des Großherzoglich mecklen⸗ burgisch⸗strelitschen Bevollmächtigten, der Königlich preußischen Regierung in ihrer Beantwortung der Königlich hannoverschen Rechts⸗Ausführung beigetreten sind, kündigt der Vorsitzende an, daß er in der nächsten Sitzung bestimmte Vorschläge seiner, der Königlich preußischen Regierung vorlegen werde, und zwar:

a) bezüglich der Modificationen des Verfassungs⸗Entwurfs, b) bezüglich Anberaumung und sofortiger Veröffentlichung eines

Wahltermins für den nächsten Reichstag,

c) bezüglich des Ortes zur Abhaltung des nächsten Reichstages, und endlich d) bezüglich der Art und Weise, in welcher der Verwaltungs⸗

Rath demnächst mit dem versammelten Reichstag verhandeln

wird.

Die Sitzung schließt Abends 11 Uhr.

Das Protokoll ist in der Sitzung vom 19. Oktober c. verlesen, von den in dieser Sitzung anwesenden Mitgliedern des Verwal⸗ tungs⸗Rathes genehmigt und von diesen und dem Protokollführer unterzeichnet worden. von Bodelschwingh. von Zeschau. H. von Wangenheim. Meysenbug. Pfeiffer. von Lepel. Seebeck. von

Schack. von Oertzen. Mosle. Vollpracht. Lieb Walther. Smidt. Banks. Bloemer.

Oesterreich. Wien, 20. Okt. Se. Majestät der Kaiser hat auf Vortrag des Ministers des Innern dem bevollmächtigten Kaiserlichen Kommissär im lombardisch ⸗venetianischen Königreiche, Albert Grafen Montecuccoli, mit Entschließung vom 17ten d. M. in Anerkennung seiner vieljährigen ersprießlichen Dienstleistung in der politischen Sphäre und der Verdienste, die er sich als bevoll⸗ mächtigter Kaiserl. Kommissär im lombardisch⸗venetianischen König⸗ reiche erworben hat, den Orden der eisernen Krone erster Klasse verliehen.

Heute Vormittag um 8 Uhr besichtigte Se. Majestät der Kai⸗ ser die unter dem Befehle des Feldmarschall⸗Lieutenants Simunich auf dem Glacis zwischen dem Burg⸗ und Schottenthore ausgerück⸗ ten neun Bataillone Infanterie und zwei Bataillone Jäger, dann Fußbatterieen, welche, auf ihrem Marsche von Komorn nach Boöhmen und Vorarlberg, in Wien einige Rasttage halten. In der Suite des Kaisers befanden sich die Erzherzoge Ferdinand, Marimi⸗ lian, Albrecht, Ferdinand Karl, Wilhelm und Leopold. In einem Iheh erschien die Erzherzogin Hildegarde mit dem kleinen Wilhelm. Unter der zahlreichen Generalität bemerkte man e Feldzeugmeister Heß und Welden, die Feldmarschal⸗Lieutenants b und Böhm. Der Kaiser ritt langs der Fronte, wäh⸗ rend die Musik die Volkshymne spielte. Die Bataillone formirten hierauf in Massen eine Kolonne, und nachdem die zwei Bataillone Ceccopiert und Este einige sehr gelungene Evolutionen vor dem Mo⸗ ausgefuhrt hatten, marschirten sie in ihre Standquar⸗ 1 .

Der spanische Infant Don Juan

estern unter dem In

1923

kognito eines Grafen von Montizon auf seiner Reise nach Triest hier passirt. 8 Feldmarschall Radetzky stattet heute seine Abschieds⸗Visiten ab. Feldzeugmeister Haynau hat, wie der Lloyd meldet, einen mehrwöchentlichen Urlaub genommen, wird aber nach Ablauf dessel⸗ ben ohne Zweifel auf seinen Posten ö“ Der Feldzeugmeister Baron Jellacic befindet sich seit drei Tagen krank; er soll einen choleraähnlichen Anfall gehabt haben, war aber gestern, wie der Lloyd versichert, außer aller Lebens⸗ efahr. c Der Lloyd berichtet: „Nach dem Entwurfe zu einer Verord⸗ nung in Betreff der in Ungarn aufzuhebenden Urbarialschuldigkei⸗ ten, worüber gegenwärtig im Ministerium berathen wird, erhalten die Besitzer der ehemaligen Urbarialitäten aus de Staatsschatze auf Abschlag der ihnen künftig gebührenden, im Wege einer billi⸗ gen Schätzung auszumittelnden Vergutung für eine jede Urbarial⸗ Ansäßigkeit 150 Fl. C. M. und für einen Urbarial⸗Häusler 20 Fl. C. M. als Vorschuß. Zur Flüssigmachung dieser Vorschüsse wird in jedem Distrikte eine Kommission aus sachverständigen unparteii⸗ schen Männern durch den Distrikts⸗Ober⸗Kommissar zusammenge⸗ stellt. Die Auszahlung findet gegen Abrechnung der Steuerschul⸗ digkeit bei eigends aufgestellten Kassen statt. Um jenen Seelsor⸗ gern, welche durch die freiwillige Entsagung des höheren Klerus auf jede Entschädigung des aufgehobenen geistlichen Zehents in ihrem Einkommen empfindlich geschmälert worden sind, die entspre⸗ chende Hülfe durch eine Aufbesserung ihres Bezuges zu gewähren, werden die Distrikts⸗Ober⸗Kommissäre sich mit der betreffenden Dioͤ⸗ zese in das Einvernehmen setzen, die zur Ergänzung der eingelösten Bezüge bis zum vollen Betrage der kanonischen oder sonst gesetzli⸗ chen Congrua auszumitteln, und die Resultate zur Einleitung der weiteren Verfügungen höheren Orts unterbreiten.“ Nach dem neuesten statistischen Ausweise befinden sich in der österreichischen Monarchie ohne Ungarn 61,888 Priester und Non⸗ nen, und zwar: 35,728 Pfarrer und Kapläne, dann in 703 Mönchsklöstern, 14,500 Mönche und 6000 Kleriker; in 113 Nonnen⸗ klöstern 3660 Nonnen und 2000 Novizen. Die Geistlichkeit in Un⸗

garn wird auf 20,000 Individuen geschätzt.

Bayern. München, 19. Okt. (Bayer. Bl.) Am Mitt⸗ woch fand in der Theatinerlirche der seierliche Trauergottesdienst für den König Mayx I. statt, welchem König Ludwig, die Prinzen Luitpold und Adalbert, zahlreiche Hof⸗ und Staatsdiener, so wie sehr viele Militairs aller Chargen und Waffengattungen bei⸗ wohnten.

In der gestrigen Sitzung der Abgeordneten⸗Kammer stellte der Fürst Wallerstein an das Präsidium die Frage, ob die Inter⸗ pellation, unterzeichnet von Lerchenfeld, Thinnes u. Anderen, über die preußischen Entschädigungs⸗ Ansprüche, wie man sie in öffentli⸗ chen Bläͤlttern liest, wirtlich gestellt, und wenn, ob dieselbe wieder zurückgenommen worden ser?

Der zweite Präsident bejaht Ersteres und bemerkt, daß die Beant⸗ wortung durch den Minister mit Zustimmung der Interpellanten auf eine spätere Sitzung verschoben worden. von der Pfordten: Die Beantwor⸗ tung kann in der nächsten Sitzung erfolgen, es mußten weitläufige frühere

Akten eingesehen werden, um Thatsachen zu konstatiren, und deshalb ent⸗ stand der Wunsch um die Verschiebung auf eine späͤtere Sitzung. 1

Wallerstein: Ich begnüge mich mit der Antwort des Herrn Mi⸗ nisters. Allein die Intervellation selbst muß um so mehr Aussehen erregen, als unter den Unterzeichnern mehrere Mitglieder der Kommission über die dentsche Frage sich befinden, die unn diesen isolirten Gegenstand aufgreifen. Bei Abfassung der Adresse hat man uns eine neutrale Stellung angewiesen, wir haben sie angenommen, seit dieser Zeit sind aber 4 Wochen verflossen, und noch hat uns die treffende Kommission keine Vorlage gemacht. Unter⸗ dessen drängt sich Thatsache auf Thatsache, und bereits ist ein Vertrag ge schlossen, der unsere Mitwirkung auszuschließen droht. Die Reichsräthe haben keinen Grund, sich um den Stand der deutschen Frage zu beküm⸗ mern, sie haben dies dem Minister anheimgestellt und sich für seine seit⸗ herige Thätigkeit bedankt; wir haben uns nicht bedankt, aber der Mund ist uns geschlossen, weil die Kommissionsglieder uns keine Gelegenheit zu reden, den Willen des Landes zu verkünden, geben. Das Vaterland, Deutsch⸗ land, erwartet von uns kräftige Worte, und wir können nicht reden. Ich werde deshalb den Weg der Interpellation mit meinen Freunden beitreten und eine Interpellation dahin stellen: Ob der veröffentlichte Vertrag wirk⸗ lich so besteht, wie er gemeldet wird, und ob er von der Regierung ohne Zustimmung der Kammer ins Leben gerufen werden will? Durch diesen Vertrag erhalten wir weniger, als wir vor dem März hatten; wir erhalten einen Bund, aber nicht einmal einen Bundestag. Deshalb erachten wir es für unsere heiligste Pflicht, gegen jeden solchen Akt, der die Mitwirkung des deutschen Volkes ausschließt, Verwahrung einzulegen. Meine Herren! Es ist heute der 18. Oltober. Ich habe denselben im Jahr 1813 mit durch⸗ lebt, was war das für eine Zeit, und wo stehen wir heute?!! Es ist die höchste Zeit, daß etwas geschieht; ich und die Freunde, mit denen ich stehe, werden deshalb die Interpellation noch heute in die Hände des Präsidiums bringen. Thinnes (als Mittglied der deutschen Kemmission); Wir hat⸗ ten bereits eine Sitzung, welcher der Minister beiwohnte und hierbei die er⸗ forderlichen Aufschlüsse gab. Als Referenten haben wir den Abgeordneten von Link aufgestellt, und der Unstand, daß derselbe sich bereits in zwei Kam⸗ mersitzungen nicht befindet, berechtigt mich zur Annahme, daß er sehr thetig an seiuem Referate arbeitet. Wir werden uns so viel als möglich beeilen, wenn der Vortrag in den Ausschuß gebracht wird.

Von der Pfordten: Der Vertrag, von dem gesprochen wurde, ist der Regierung bis jetzt offiziell nicht mitgetheilt. Die Verhandlungen selbst waren ihr bekannt, doch nicht die jetige offizielle Gestaltung, deshalb kann ich keine Vorlage machen; ist die Mittheilung an die Regierung erfolgt, so⸗ werde ich der Pflicht, die mir die Verfassung auflegt, Genüge leisten. Wal⸗ lerstein: Ich danke dem Heirn Minister für das Licht, das seine Erklä⸗ rung auf die Sache geworfen hat, obwohl eine Antwort auf meine vorlän⸗ fige Interpellation darin nicht enthalten ist. Vor Allem muß ich mich aber gegen einen bereits mehrmals aufgestellten Grundsatz aussprechen, als eig⸗ nen sich offizielle Verhandlungen nicht zur Vorlage an die Kammer. Die⸗ ser Grundsatz gilt allerdings von diplomatischen Verhandlungen mit dem Auslande, so lange sie schweben; hier ist keine solche diplomatische Verhand⸗ lung gegeben. Vor 1 ½ Jahren haben die Regierungen die konstituirende Versammlung der Nation in Frankfurt anerkannt, und jetzt soll das Volk nichts erhalten, als was ihm der Wille und die Gunst der Fürsten geben will. Beim Bundestage selbst hat man dieses diplomatische Amtsgeheim⸗ niß in inneren Angelegenheiten nicht beobachtet und Bayern selbst hat dies mehrfach bethätigt; es ist auf die deutsche Frage nicht anwendbar. Ich be⸗ daure, daß die Nation sich außer Stande befindet, ihren Willen durch uns auszusprechen, daß das Ministerium nicht sich mit der Kammer während der Verhandlungen benahm und daß wir nicht durch Interpellationen etwas über den Stand der Sache zu erfahren vermögen, Habe ich recht verstan⸗ den, so will die Regierung, ehe sie ihr letztes Wort spricht, unsere Mitwirkung ein⸗ holen. Wenn ich bedaure, daß sie die Ueberzeugung von 5 Millionen nicht zur Stütze bei den Verhandlungen nahm, so finde ich es doch erfreulich, daß sie wenigstens die Nation im letzten Augenblicke hören will. Heine: Die Interpellation der Herren Lerchenfeld, Thinnes ꝛc. ꝛc. kann nicht vom Ausschusse selbst herrühren, denn wirklich haben wir, seit Herr von Link Referent geworden ist, leine Sitzung mehr gehabt. Der Praäsident stellt an den Kriegsminister die Fragr, ob er die Jägersche Interpellation wegen der Einquartierungen in der Pfalz heute beantworten will, was dieser auf eine nächste Sitzung verspricht.

(Schluß folgt.)

Ihre Kaiserl. Hoheit die Frau Herzogin von Leuchtenberg ist gestern von ihren Gutern wieder hier eingetroffen; Ihre Majestät die Frau Herzogin von Braganza wird demnächst hier erwartet.

ndische Ministerresident am hiesigen Hofe hat seine

Abberufungsschreiben erhalten und darauf München verlassen 3. für die Zukunft wird diese Stelle unbesetzt bleiben. 1 Gegen die wegen Preßvergehen im Laufe des Jahrs in hiesi ger Frohnfeste sitzenden drei Redacteure des Tagblatts Gradaus erkannte das Appellationsgericht für Oberbayern, daß deren Unter⸗ suchung dem Central⸗Untersuchungsgericht in Augsburg zuzuwei⸗ sen sei.

Ausland. 173

Frankreich. Paris, 19. Okt. Der bonapartistische Dix Decembre enthält heute eine Note, aus welcher hervorgeht, daß Changarnier mit dem Präsidenten Bonaparte in gutem Einverneh⸗ men steht und ihn täglich ein⸗ oder zweimal nicht blos in seiner militairischen Eigenschaft, sondern noch mehr als Rathgeber besucht. Die Note sagt, Changarnier wisse, daß er von keiner Rückschritts⸗ partei, selbst wenn sie sich die Rechte nenne, etwas zu erwar⸗

1 habe. 8

Journal des Débats bezeichnet die günstige Ent⸗

scheidung der Kammer über den Antrag, das Wittwengehalt der

Herzogin von Orleans betreffend, als einen bloßen Akt der Gerech⸗

tigkeit, denn nach dem Artikel 4 des Ehekontraktes, welcher der

Vermählung des Herzogs von Orleans vorherging, entsagte die

Prinzessin Helene allen Ansprüchen auf Güter, Domainen oder son⸗

stige Rechte im Großherzogthum Mecklenburg⸗Schwerin, wogegen sich Ludwig Philipp verpflichtete, die Kammern um ein Wittwen⸗-⸗ gehalt von 300,000 Fr. für seine Schwiegertochter zu bitten, falls

der Herzog eher als sie sterben sollte. Durch ein Gesetz vom 8

Mai 1837 bewilligten die Kammern das Wittwengehalt unter der

Garantie Frankreichs. Die konstituirende National⸗Versammlung, der man gewiß keine Vorliebe für die Königliche Familie zuschrei⸗

ben könne, bestätigte im 4Aten Artikel des Dekrets vom 25. Oktober

1848 den Beschluß der früheren Kammern. Indessen kam dieser

Artikel bisher nicht zur Ausführung. Die Herzogin von

Orleans hatte 1848 eben so wenig, wie jetzt 1849, die Auszahlung

ihres Wittwengehaltes verlangt; die Herzogin hatte ihrem Notar

in Paris die Weisung gegeben, im Falle der Schatz trotz des De⸗

kretes die Auszahlung dieser Gelder verweigere, keine weiteren Vor⸗

stellungen zu machen, wenn aber der Schatz die 300,0900 Fr. aus⸗

zahle, die ganze Summe zum Besten Nothleidender zu verwenden. Um so mehr aber wäre es eine Schmach fur die National⸗Ver⸗

sammlung gewesen, wenn sie einer 1837 der Herzogin von Orleans

gegenüber ubernommenen Verpflichtung, die zweimal von der legis⸗

lativen Gewalt bestätigt worden, einmal durch das Gesetz vom 7.

Mai, als die Kammern die Macht mit dem Könige noch theilten,

sodann durch das Dekret von 1848, als die National⸗Versammlurg

souverain war, sich hätte entziehen wollen.

Die französische Flotte soll nur angewiesen sein, sich in den Gewässern von Sicilien mit der englischen Flotte zu vereinigen; ob sie dann direkt nach Smyrna segeln wird, ist zweifelhaft, und die Union will sogar bestimmt wissen, daß sie beordert sei, im Hafen von Nreapel weitere Befehle abzuwarten. Tliers, heißt es, mißbillige die Abfahrt der Flotte entschieden; auf die erste Kunde von dem derselben ertheilten Befehle soll er zu Tocqueville geeilt sein, um ihm vorzustellen, daß ein solches Auftreten gegen Ruß⸗ land eine reine Unmöglichkeit sei, worauf der Minister kalt ent⸗ gegnet hätte, die Flotte hänge schon nicht mehr an der Spitze des Telegraphen. Das Organ von Thiers, der Courrier français giebt zu verstehen, daß England blos Frankreich vorwärts zu trei⸗ ben bemüht sei, um es nschher im Stich zu lassen. Wie man jetzt erfährt, waren die letzten Depeschen des französischen Gesandten in Konstantinopel, worin er dringend seine Abberufung begehrt, wenn man ihm nicht seiner Stellung entsprechende Instructionen zusende, die unmittelbare Ursache, daß der Flotte sofort der Befehl zur Abfahrt ertheilt und ein Dampfschiff abgeschickt wurde, um Aupick davon in Kenntniß zu setzen. Die türkische Frage wird übrigens nächstens vor die National⸗Versammlung kom⸗ men, da Coralli von der Linken folgenden Vorschlag eingereicht hat: „In Anbetracht der Streitigkeiten, welche die Unabhängigkeit des Sultans und die Unverletzlichkeit des ottomanischen Gebhiets bedrohen, fordert die National⸗Versammlung im Interesse der Er⸗ haltung des europäischen Friedens und Gleichgewichts das Mini⸗ sterium auf, von allen Mächten, welche die Uebereinkunft vom 15. Juli 1840 unterzeichnet haben, wobei Frankreich durch den Ver⸗ trag vom 15. Juli 1841 kontrahirender Theil geworden ist, deren

strenge Erfüllung zu verlangen.“

Die Estafette versichert, daß die Majorität der mit Prüfung der für die römische Expedition begehrten Kredite mit dem Kabi⸗ nette einverstanden sei; von der einen wie von der anderen Secite werde man sich damit begnügen, das Motuproprio als ein erstes Zugeständniß zu betrachten.

Großbritanien und Irland. London, 18. Okt. Die United Serolce Gazette sagt: „Die jüngsten Nachrich⸗ ten aus Konstantinopel und die kriegerische Haltung Rußlands und Oesterreichs haben in unseren Kriegshäfen eine Thätigkeit hervorgerufen, von der sie lange keine Zrugen waren; dennoch scheinen sie uns noch nicht die Ausdehnung zu haben, welche mit der Wichtigkeit der Angelegenheit und mit dem Charakter der drohenden Bewegung von Seiten Rußlands und Oesterreichs ge⸗ gen die Türkei in Uebereinstimmung stehen. Die Bewegungen bestehen jetzt noch hauptsächlich im Vorbereiten und Vertheilen, im Untersuchen derselben und der Kriegsdampfschiffe, aber bis zur Bemannung derselben ist es noch nicht gekommen.“ Die genannte Zeitung verlangt, daß sofort eine Flotte von 5 Linienschiffen mit der gehörigen Anzahl von anderen Schiffen und Kriegsdampfschiffen ausgerüstet und zu einem Kreuzzuge nach der Nordsee entsendet werde. Der Morning Herald meldet, daß Admiral Parker am 4ten d. M. mit fünf Linienschiffen, einer Fregatte, drei Dampfschiffen und mehreren kleineren Fahrzeugen von Korfu nach Athen abgegangen sei, theils um der Piraterie zu steuern, theils um den Dardanellen näher zu sein. Einer An⸗ zeige der Admiralität zufolge, sind zwei Linienschiffe, „Superb“ und „La Hogue“, nach der Einfahrt in den Kanal beordert worden, um die durch den ungünstigen Wind zurückgehaltenen Kauffahrer mit Le⸗ bensmitteln und Wasser zu versehen. Früher pflegten zu diesem Zwecke nur kleine Dampfschiffe verwendet zu werden. In Ports mouth ist außerdem der Befehl eingegangen, das Linienschiff „Gan⸗ ges“ für den „Secedienst zu verproviantiren.

Die Königin Wittwe, die sich schon seit längerer Zeit sehr leidend befand, ist jetzt bedenklich erkrankt.

Die verwittwete Großherzogin von Baden ist hier ange⸗ kommen.

Am Sonnabend haben der Graf und die Gräfin von Neuilly der Herzogin von Kent in London einen Besuch abgestattet. Fber

Alle hiesigen Blätter äußern einstimmig ihren Ur s die Hinrichtungen in Masse, welche auf Haynau's Befehl in Un⸗

; über das an garn vorgenommen worden, und insbesonde auch über da Batthyany vollzogene Todesurtheil.