mit dem Patente vom 31. Dezember 1812 festgesetzte Erwerbstener besteht, anzuordnen. I. Steueranlage.
1. Zeit, für welche die Steuer gefordert
6. 1. Zur Deckung der außerordentlichen Staats⸗ Erfordernisse im
Verwaltungs ⸗Jahre 1850 wird für dasselbe eine Einkommensteuer ein⸗ gehoben. geh 2) Gegenstand der Steuer.
a) Grund- und Hausbesitz und hppothezirte Schulden.
§. 2. Das Einkommen von dem der Grund⸗ und Gebäudesteuer n terliegenden Besitztbume, dann von den auf demselben haftenden Kapitalien und Renten, wird durch den mit dem Patente vom 10. Oktober d. J., §§. 5, 6, angeordneten außerordentlichen Zuschlag zur Gennh. und Ge⸗ bäud steuer, und durch die dem Besitzer der Realität ertheilte T erechtigung des Steuerabzuges von den erwähnten Kapitalszinsen und Renten der Be⸗ steuerung unterzogen. 3
b) Andere Arten des Einkommens.
§. 3. Alle anderen Arten des reinen Einkommens, das die Bewohner der unter dem gegenwärtigen provisorischen Gesetze begriffenen Länder von ihrem persönlichen Erwerbe, oder ihrem in diesen Ländern verwendeten Ver⸗ mögen beziehen, ist, so weit das Gesetz keine Ausnahme bewilligt, der Ein⸗ kommensteuer unterworfen. Dieselbe hat sich auch auf den reilten Ertrag jener Gewerbe oder anderen industriellen Unternehmungen zu erstrecken, deren Betrieb mit dem Grund⸗ oder Hausbesitze verbunden ist, deren Einkommen jedoch keinen Gegenstand der Grund⸗ oder Gebäudesteuer ausmacht. 3 —
c) Klasseneintheilung des Einkommens.
§. 4. Die Arten des der Einkommensteuer unterliegenden Einkommens werden in 3 Klassen gereiht, und zwar:
J. Klasse. Das Einkommen von den der Erwerbsteuer unterworfenen Erwerbsgatungen, wozu ferner zu rechnen ist: 8
1) Das Einkommen vom Berg⸗ und Hüttenbetriebe.
2) Der Geminn, den die Pächter von Pachtungen beziehen. IlI. Klasse. Das Einkommen, das a) als Entgelt für solche Arbeiten oder Dienstleistungen, die der Erwerb⸗ steuer nicht unterliegen, unmittelbar von dem Arbeitenden oder Dienstleisten⸗ den, während der Dauer oder nach dem Aufhören der Beschäftigung oder Dienstleistung, oder von den Angehörigen desselben bezogen wird, oder
b) an stehenden Jahresbezügen aus Versorgungs⸗ oder Lebensver⸗ sicherungsanstalten denjenigen, für welche die Einlagen in diese Anstalten geschahen, zufließt.
Dieses Einkommen umfaßt im Einzelnen:
1) Die Gehalte, Personalzulagen und überhaupt die stehenden, (vor⸗ hinein festgesetzten) nicht mit der Verbindlichkeit zur Bestreitung bestimmter Dienstesauslagen verbundenen (nicht onorosen) Genüsse, welche die im Dienste des Staates, der Stände, Gemeinden, öffentlicher Anstalten, Privat⸗ personen oder Gesellschaften befindlichen Beamten oder Diener beziehen.
Die mit Rucksicht auf besondere Ortsverhältnisse, oder die Erfordernisse der amtlichen Stellung gewährten besonderen Genüsse, als: die Beuutzung einer Amtswohnung, Quartiergelder, Functionszulagen u. dergl. sind unter der Einkommensteuer nicht begriffen.
2) Die Pensionen, Quieszentengehalte oder anderen Ruhegenüsse, Gnadengnaben oder Unterhaltsbeiträge, welche die in den zeixrlichen oder
bleibenden Ruhestand versetzten Beamten, Diener oder Offiziere, dann die Wittwen oder Kinder der Beamten, Diener, Offiziere erhalten.
3) Die Beiträge, welche Pfründnern, Klostergemeinden oder geistlichen Orden aus dem Staatsschatze, öffentlichen Fonds oder von Gemeinden zum Unterhalte zugewiesen sind.
4) Das Einkommen von dem in den §. 2 des Erwerbsteuer⸗Patentes unter e. f. g. aufgeführten Beschäftigungen. Die ebendaselbst unter a. b. c.
ufgefuhrten Beschäftigungen fallen dagegen nicht unter die Einkommen⸗
III. Klasse. Zinsen von Darleihen oder anderen stehenden Schuld⸗
forderungen, die Leibrenten oder andere den Zinsgenuß von einem Kapitale
vertretende Renten, so weit diese Renten nicht in der zweiten Klasse begrif⸗ fen sind.
3. Befreiungen von der Steuer. a) In der ersten Klasse. 8 §. 5. Von der Einkommensteuer ist in der ersten Klasse das Einkom⸗ men von Künsten, Gewerben, Privatunterricht oder Beförderung von Per⸗
sonen und Sachen von einem Orte zum anderen fur diejenigen Personen ausgenommen, welche mit diesem Einkommen (§. 1 III. a—e und IV.
a und c des Erwerbsteuer⸗Patentes vom 31. Dezember 1812) in die un⸗ terste (erste) Erwerbsteuer⸗Klasse gereiht sind. b) In der zweiten Klasse.
8 In der zweiten Klasse werden der Einkommensteuer nicht nterzogennn 9 Die Dienstbezüge der im aktiven Dienste stehenden Soldaten und
ffiziere. 2) Die Bezüge, die den Mendikanten⸗Klöstern, dann den dem Unterrichte, V
2008
der Erziehung oder der Krankenpflege obliegenden geistlichen Orden, dann Schulen, Siechenhäusern oder anderen Anstalten der Wohlthätigkeit zu⸗ ih⸗ rem Unterhalte aus dem Staatsschatze, öffentlichen Fonds oder von Ge⸗ meinden bewilligt sind. 3) Das der zweiten Klasse angebörende Einkommen, dessen jährlicher Betrag für den dasselbe Beziehenden sechshundert Gulden nicht übersteigt. c) In der dritten Klasse. aa) Von Einlagen in Sparkassen. 1
§. 7. In der dritten Klasse bleibt das Einkommen steuerfrei, welches im Grunde einer in eine Sparkasse erfolgten Einlage aus dieser Anstalt bezogen wird.
bb) Andere Zins⸗ und Rentenbezüge.
§. 8. Beweist Jemand, daß sein gesammtes Jahreseinkommen, ohne Abzug der Schulden, im Ganzen dreihundert Gulden nicht überschreitet, so kann er verlangen, daß er von der Einkommensteuer, vie ihn von Ka⸗ pitalszinsen oder den Zinsgenuß vertretenden Renten entweder unmittelbar, oder durch den seinem Schuldner gestatteten Abzug (Patent vom 10. Ok⸗ sober 1849 §. 6 und gegenwärtige Verordnung §. 23) zu treffen hat, frei⸗ gelassen, oder, sofern er dieselbe berichtigt häste, ihm solche zurückerstattet
(Schluß solgt.)
Wissenschaft und Aunst.
Erste Sinfonie⸗Soiree. Mittwoch, den 31. Oktober 1849.
Die Sinfonie⸗Soiréen der Königlichen Kapelle, denen die Freunde der Tonkunst schon die schönsten musikalischen Weihestunden verdankten, ha⸗ ben am 31. Oktober im Saale der Singakademie wieder begonnen. Man kann diese Konzerte als den Mittelpunkt unseres ganzen musikalischen Lebens bezeichnen. Kein Institut hat weniger den Launen des Publikums und der herrschenden Geschmacklosigkeit gedient, als dieses; kein anderes ist durch die glückliche Vereinigung der bedeutensten Mittel und Kräfte mehr dazu befähigt, zu einer Zeit, in der gemeine Mittelmäßigkeit und behagliche Tri⸗ vialität das große Wort führen, die Reinheit und Würde der Kunst zu bewahren und echte musikalische Bildung zu verbreiten.
Das Programm des Abends war folgendes:
Ouverture zur Euryanthe von Weber.
Sinfonie (B-dur) von Haydn. ““ Ouverture zu „Ruy⸗Blas“ von Mendelssohn⸗Bartholdy. Sinfonie (C-dur) von Beethoven.
Die Oeverture zur Eurvanthe macht, wie fast alle größern Orchester⸗Kompositionen Weber's, den unerquicklichen Eindruck der mißlungenen Schöpfung eines bedeutenden Geistes. Weber hat von der Natur die reichsten Gaben empfangen, und dennoch hat er, der im hohen Grade berufen war, zum Allerheiligsten der Kunst vorzu⸗ dringen, kaum ihre Schwelle überschritten. Ihm fehlte die Energie des Willens, die natürliche Anlage zur echten künstlerischen Produktivität zu erheben. In seinen Werken strömt eine unversiegliche Quelle der schönsten Melodieen, aber was wir vergeblich suchen, das ist der männlichfeste Cha⸗ rakter; ihr Genuß wird uns verbittert durch eine zerflossene Sentimentalität; jene weichliche Empfindelei, von der sich der Komponist fast nie frei machen konnte. Betrachten wir Weber's äußeres Leben, so finden wir ihu von einer unruhigen Hast ergriffen, die ihn bei keinem Gegenstande länger zu verweilen erlaubt, ihn bald in der Malerei, bald in der Poesie seinen Beruf erblicken läßt. Er hatte nicht die Geduld und Selbstüberwindung, sich lange bei mühsamen Studien aufzuhalten, zuerst nach gegebenen Mustern sich zu bil⸗ den, er wollte in seinen Productionen gleich und ganz er selbst sein. Originalitätssucht — und an ihr sind schon die Besten gescheitert — führt nie zur wahren Eigenthümlichkeit, sondern blos zur Manier. Die größten Künstler haben es nicht verschmäht, zuerst fremde Vorbilder nachzuahmen. Shakespear, Göthe, Schiller, Mozart, Beethoven sind erst bei Anderen in die Schule gegangen, ehe sie Meister wurden. Daß selbst Geister zweiten Ran⸗ ges durch unermüdliche Arbeit dahin gelangt sind, Treffliches hervor⸗ zubringen, das haben Immermann und Mendelssohn bewiesen, während
andere, die zu dem Höchsten bestimmt waren, die ihnen angeborene schöpfe⸗ rische Kraft an wüste, formlose Productionen verschwendeten, weil ihnen die wahre künstlerische Bildung abging. Kein Genie geht fertig aus den Hän⸗ den der Natur hervor. Denn Paul und Weber, die Repräsentanten der rein natürlichen Genialität, haben nichts Vollkommenes schaffen können. Ihre Werke überraschen uns durch eine Fülle der bewunderungswürdigsten Einzelnheiten, aber neben dem Besten finden wir hier auch das Schlechteste, und vor Allem fehlt ihnen die innere Einheit, in der die wahre künstleri⸗ sche Weihe besteht. Wenn man mit Recht gewisse Melodieen von Weber dem Schönsten in der ganzen Musik an die Seite setzt, so muß man doch zugeben, daß der Komponist des Freischütz es nie vermochte, seinen musika⸗ lischen Charakteren jenes schöne Ebenmaß, jene vollendete Plastik zu verlei⸗ hen, die den Figuren Gluck's, Mozart's und Beethoven's eigenzist. In den Opern Weber's giebt es viele Stellen, in denen er vergeblich nach dem vol⸗ len Ausdruck seiner Empfindung ringt, und wo er dutch falsche, rein auf die Sinne berechnete Effekte zu wirken sucht. Und doch ist die Vokalmusikgerade das⸗
E
jenige Gebiet, in dem ersich am meisten heimisch fühlt. In seinen Orchester⸗Kom⸗ positionen tritt die innere Verworrenheit, ein unleidliches, manierirtes Wesen, der Mangel von konsequenter Durchführung ganz besonders an den Tag. Die Ouverture zur Eurpanthe ist weiter nichts als ein Opern⸗Portpourri für ein großes Orchester geschickt zusammengestellt; den einzelnen Theilen fehlt jede innere Verbindung, kein Gedanke wird zu einer weiteren Durchführung be⸗ nutzt, Motive, die sich nur für den Gesang eignen, sind ohne Weiteres in das Instrumentale übersetzt. So z. B. verliert die Melodie zu den Wor⸗ ten: „Ich bau' auf Gott und meine Eurvanth',“ die in der Oper ganz an ihrem Platz ist, in der Quverture alle Wirkung, weil ihr Wesen eine or⸗ chestrale Beahndlung ausschließt. Wenn trotz alledem die Weberschen Ou⸗ verturen manchen warmen Verehrer zählen, so danken sie es theils ihrer glänzenden Instrumenlation, besonders aber dem Umstande, daß in⸗ ihnen die Weisen, die wir aus seinen Opern lieben lernten, wiederklingen.
Einen wohlthuenden Gegensatz gegen die überromantische, innerlich zerrissene Ouverture bildete die kindlich unschuldige, in natürlicher Anmuth hinfließende Sinfonie Haydn's. Obgleich sie nicht zu den bedeutendsten Werken des Meisters gehört, so verleugnet sie doch nicht jenen liebens⸗ würdigen Familientypus, der die Schöpfungen Havdn'’s charakterisirt. sirt. Am frischesten empfunden und am lebendigsten durchgeführt, erscheinen uns der zweite und vierte Satz. Wie Haydn selbst noch am Abend seines Lebens einen jugendlichen Geist sich erhielt, und seine produktive Kraft sich eher steigerte als abnahm, so führen die musikalischen Gedanken, die seinen Sinfonieen zu Grunde liegen, gerade im Finale, wo bei Anderen die Be⸗ geisterung gewöhnlich sich aufgebraucht hat, zu der reichsten Entfaltung. Die folgende Ouverture Mendelssohn's zu „Ruy⸗Blas“ rechtfertigte durch ihren Inhalt nicht die Ehre, in das Programm der Sinfonie⸗Soi⸗ reen aufgenommen zu sein. Ihre Motive sind etwas ärmlich gerathen, und in der Durchführung vermissen wir die feine, geistreiche Zeichnung an⸗ derer Mendelssohnscher Werke. Ein paar Posaunen⸗AEffekte, die der Ou⸗ verture als benevolentiae vorangeschickt sind, kamen wegen ein⸗ zelner unreiner Töne nicht zur vollen Geltung.
Den Schluß des Konzerts machte Beethoven's erste Sinfonie. Herr Taubert hat die sinnige Veranstaltung getroffen, die Beethovenschen Sin⸗ fonieen in chronologischer Reihe zum Vortrag zu bringen, und so den Zuhörern Gelegenheit zu geben, die künstlerische Entwickelung des Genius zu verfolgen.
Man hat darüber geklagt, daß uns von Beethoven's äußerem Leben so we⸗
nig überliefert wurde, und daß seine menschliche Persönlichkeit schon fast
mythisch erscheint. In ein paar unbedeutenden Aneidoten, die Schindler unter dem prahlenden Titel einer Lebensbeschreibung gesammelt hat, besteht unser ganzes biographisches Material. Aber Beethoven's Leben bot in der That für einen gewöhnlichen Biographen wenig Inhalt. Still und zurück⸗ gezogen, erblicken wir ihn stets an demselben Orte, unbekümmert um die Meinung der Menschen, und ihre Gesellschaft fliehend. Doch wie geräusch⸗ los und unscheinbar seine äußere Existenz verlief, eben so groß und bedeu⸗ tend ist seine innere Geschichte, die er in seinen Partituren niederschrieb und die eben nur die allgemein menschliche Geschichte enthält. Niemand hat treulicher die Spiele des Kindes, die Träume und Illusionen des Jüng⸗ lings, die Kämpfe und Arbeiten des Mannes erzählt, als erx. Von Keinem wissen wir besser, wie er geliebt, gebetet, gelitten und geglaubt hat. Bei Beethoven geht der Mensch im Künstler auf. Seine Thaten und Erleb⸗ nisse sind seine Sinfonieen und Sonaten. Nirgends ist nun die chronolo⸗ gische Reihenfolge der Werke von größerem Gewicht, als hier, da sich in ihnen der systematische Fortschritt von der ersten Unmittelbarkeit durch den Zweifel und die Entzweiung zur endlichen Versöhunng aus⸗ spricht. Wer sie nur isolirt betrachtet, wird vergebens ihr Verständniß su⸗ chen. Die Kluft zwischen der ersten und neunten Sinfonie ist so groß, wie die zwischen Erde und Himmel, nur wenn man den Bildungsgang verfolgt, den der Künstler in den dazwischen liegenden Werken genommen, sindet man die Brücke, welche die beiden entgegengesetzten Welten verbindet und ihn vom Irdischen und Beschränk.en zum Ewigen und Unendlichen geführt hat. Die C-dur⸗-Sinfonie ist, mit beethovenschem Maßstabe gemessen, entschieden die unbedeutendste. Es ist bekannt, daß der Meister sie sowohl, wie die übrigen Compositionen aus seiner ersten Periode verleugnete, und den Bei⸗ fall, den man ihnen zollte, fast als persönliche Kränkung hinnahm. In der That erscheint dieser erste größere Orchesterversuch des sungen Künstlers nur als eine Schülerarbeit, bei der er sich die Werke seines verehrten Lehrers Haydn zum Muster nahm. Ihre ganze Anlage ist ziemlich eng. Die Themen, welche in den verschiedenen Sätzen nach der Reihe auftreten, ha- ben eben keinen tieferen Gehalt, und sind deshalb unfähig, jenen unend⸗ lichen Formenreichthum hervorzubringen, zu dem sich in den späteren Sin⸗ fonieen der musikalische Gedanke auseinander legt. Der durch das ganze Werk gehende Grundton ist der einer heiteren naiven Lebens⸗Anschauung, die noch keine Schmerzen und Widersprüche kennt. Die jugendliche An⸗ muth ist der Hauptreiz der Sinfonie, welche deshalb nicht verfehlt, den Zuhörer angenehm zu berühren, ohne freilich einen bleibenden Eindruck zu hintelassen.
Das Publikum war während des ganzen Konzertabends in der besten Laune, und jedem Stücke folgte ein lebhafter Applaus, den die vortreffliche
Leistung des Orchesters auch durchaus verdiente. 45.
3 S Bekanntmachungen. .s pandf Folgender von unterzeichnetem Gericht unterm 11. Familienname: Okiober c. erlassene Steckbrief wird hiermit erneuert: 1548] S b ti e f. Der unten näher bezeichnete Uhrmacher Franz An⸗ dreas Bergemann von hier, wegen Dieseshehlerei ind wissentlicher Theilnahme an den Vortheilen eines gewalisamen Hausdiebstahls zu einer funfzehnmonatli⸗ chen Strafarbeit rechtskräftig verurtheilt, ist entsprun⸗ 1 gen, ohne daß sein gegenwärtiger Aufenthalt zu ermit⸗ Sprache: deutsch. teln gewesen ist. flecke im Gesicht. Es werden alle Civil⸗ und Militair⸗Behörden des B In⸗ und Auslandes ersucht, auf denselben zu vigiliren im Betretungsfalle ihn festnehmen und mit allen bei ihm sich vorfindenden Gegenständen und Geldern mit⸗ telst Transports an die hiesige Gefängniß⸗Expedition abliefern zu lassen. Es wird die ungesäumte Erstattung der dadurch entstan⸗ denen baaren Auslagen und den verehrlichen Behörden 1546] des Auslandes eine gleiche Rechtswillfährigkeit versichert. Berlin, den 29. Oktober 1849.
Königl. Stadtgericht. Abtheilung für Untersuchungssachen. 8— V. Deputation für Verbrechen. Signalement des ꝛc. Bergemann.
Derselbe ist 32 Jahr alt, evangelischer Religion, in
Berlin geboren, 5 Fuß groß, hat schwarze Haare, braune
Augen, schwarze Augenbrauen, rundes Kinn, gewöhn⸗
liche Gesichtsbildung, blasse Gesichtsfarbe, spitze Nase, z S
gewöhnlichen Mund, schwarzen Bart, ist kleiner buckliger 1547] 1
1u 8f spricht die deutsche Sprache.
„Betieidet war derselbe mit einem schwarzen Pa⸗ schwarzen Buckskin⸗Hosen, i Eeerzen, Pülegr,
leinenem Hemde, halbl Stief nem H angen Stiefeln, grauen wollenen Strümpfen und schwarzem Hut. 8g
Nase: gewöhnlich,
B ek
1535] znüinf hn 81g 11u6p
Der unten näher bezeichnete Handschuhmacherges Ottomar Theodor ne, 8 deetccn wiederholten Diebstahls und Betrugs durch Fälschun die Anklage erhoben ist, ist, nachdem er den enn. wärter Lemcke in der Nacht vom 232sten zum 24sten d. M. erdrosselt hat, aus dem Krankenhause entsprungen
Es werden alle Civil⸗ und Militair⸗Behörden des In⸗ und Auslandes dienstergebenst ersucht, auf densel⸗ pen zu vigiliren, ihn im Betretungsfalle festzunehmen
und mit allen bei ihm sich vorfindenden Gegenständen
und Geldern mittelst Transports gefesselt unter sicherem .
Geleit an die unterzeichnete Behörde abzuliefern.
Stettin, den 24. Oktober 1849. Königliches Kreisgericht. Abiheilung für Strassachen.
Löwenberg, den
Familienname:
Theodor, Geburtsort: Neustettin, Aufenthaltsort: Rügenwalde, zuletzt Alt⸗Stettin, Religion: evangelisch, Alter: 20 Jahr, Größe: 5 Fuß 8 Zoll, Haare: röth⸗ lich, Stirn: frei, Augenbrauen: röthlich, Augen: grau,
stehen, Zähne: vollständig, Kinn: oval, Gesichtsbildung: gewöhnlich, Gesichtsfarbe: gesund,
So viel hat ermittelt werden können, war der ꝛc. Kressin bekleidet mit einem leinenen Hemde, gez. St. Lazareth, einem Rock von blaugestreiftem Zwillich, ei⸗ nem Paar Beinkleidern von graugestreiftem Zwillich, ohne Fußbekleidung.
Der am 24. Oktober d. J. steckbrieflich verfolgte Flei⸗ schergeselle Herrmann Rudolph Böttcher ist er⸗ griffen und wieder verhaftet. Steckbrief von dem obengenannten Tage wegen des Handschuhmachergesellen Kressin noch in Kraft. Stettin, den 26. Oktober 1849.
Königliches Kreisgericht.
Gegen den unten näher bezeichneten, früher bei der hiesigen christkatholischen Gemeinde angestellt gewesenen Prediger Franz Schmidt ist die gerichtliche Vorun⸗ tersuchung wegen Hochverraths und Aufruhr⸗Versuchs eröffnet. Derselbe ist nach Erledigung seines Mandats bei der deutschen National⸗Versammlung zu Frankfurt a. M. in seine Heimat nicht zurückgekehrt und der Flucht verdächtig. Alle Civil⸗ und Militair⸗Behörden des In⸗ und Auslandes werden ersucht, auf denselben zu vigili⸗ ren, im Betretungsfalle ihn festnehmen und mittelst Transports in das hiesige Stockhaus abliefern zu lassen. Es wird die ungesäumte Erstattung der dadurch entstan⸗ denen baaren Auslagen und den Behörden des Auslan⸗ des eine gleiche Rechtswillfährigkeit versichert.
Königliches Kreisgericht. I. Abtheilung. Der Untersuchungsrichter.
Signalement.
burtsort: Salzbrunn,
uhmachergesellen Kressin. Kressin, Vorname: Hugo Otto
Mund: gewöhnlich, Bart: im Ent⸗ gegeben werden. Gestalt: schlank, Besondere Kennzeichen: Sommer⸗ [4461]
Gtleid u n g.
öffentlich vorgeladen,
II lassen.
1 fahren werden. Es bleibt daher der
[545]
e cck br e f
schätzt, soll im Termine
Thorn, den 14. Ottober 1849.
30. Oktober 1849.
(gez.) Förster.
Schmidt, Vorname: Franz, Ge⸗
richts Termin an. Aufenthaltsort: unbekannt, dem
Gerüchte nach zuletzt Aarau in der Schweiz, Religion: christkatholisch, Alter: 31 Jahr, Größe: fünf Fuß vier Zoll, Haare: schwarz, Stirn: frei, Augenbrauen: schwarzbraun, Augen: braun, Nase und Mund gewöhn⸗ se sol- u un lich, Bart: starker schwarzer Kinnbart, Zähne: gut, auch in dem anberaumten Termine weder persönlich Kinn: bewachsen, Gesichtsbildung: oval, Gesichts farbe: blaß, Gestalt: schlank, Sprache: deutsch, besondere Kenn⸗ iu werd 1SSec zeichen sind nicht bekannt. Bekleidung kann nicht an⸗- nen deshalb gegen die übrigen Gläubiger ein ewiges
ö3““
Der Kaufmann Gustav Cichardt, früher zu Halle, später zu Teutschenthal, ist des strafbaren Bankerutts beschuldigt und wird, da er sich der Verhaftung entzo⸗ gen hat, auf Antrag der Staats⸗Anwaltschaft hiermit
den 4. Januar 1850, Freitags, Vorm. 11 Uhr, in unserem Geschäftshause, Zimmer Nr. 43, sich zu 1486] melden, um sich in der Voruntersuchung vernehmen zu Im Fall seines Ausbleibens würde mit der Untersuchung und Entscheidung in contumaciam ver⸗
Halle a. d. S., am 31. August 1849. Königl. Kreisgericht. I. Abtheilung.
- 1“ Subhastations⸗Patent.
Abtheilung für Strafsachen. Das im G Kreise sub vn. 1. zu Renczkau belegene, dem August Krampitz und seiner Ehefrau Emilie, geb. Manski, gehörige Bockwindmühlen⸗Grund⸗ stuͤck, zufolge der nebst Hypothekenschein in der Registra⸗ tur einzusehenden Taxe auf 8067 Thlr. 28 Sgr. ge⸗
den 28. Mai 1850, Vormittags 11 Uhr, in nothwendiger Subhastation verkauft werden.
Königliches Kreisgericht.
Oeffentliche Vorladung. Ueber das Vermögen der Handlung Ludwig Drews Wittwe und Kutschkow, deren Inhaber die Wittwe des Kaufmanns Ludwig Drews und der Kaufmann Leopoldt Kutschkow sind, ist der Konkurs durch Verfügung des Iöö Ben 3. Oktober c. eröffnet. n Zur Anmeldung resp. Ausweisung der an die on⸗ b b ; R 1 zu Fai e en Ansprüche gieh 1 Der Pofssans der M gg Fesscglchast 8 ven 21. Februar 1850, Vorm. 10 Uhr, vor dem Herrn Obergerichts⸗Referen Launay im Instructionszimmer des un Es werden dazu s ¹ biger der genannten Gemeinschuldner hiermit aufgefor⸗
t auf
darius Bellier de terzeichneten Ge⸗ ämmtliche Gläu⸗
na
dert, ihre Ansprüche an die Konkursmasse sogleich oder spätestens in dem anberaumten Termine anzumelden und deren Richtigkeit nachzuweisen, unter der Verwar⸗ nung, daß diejenigen, welche solches unterlassen und
noch durch zulässige Bevollmächtigte erscheinen, mit allen ihren Forderungen werden ausgeschlossen und ih⸗
Stillschweigen auferlegt werden wird.
Denjenigen Gläubigern, welchen es an Bekanntschaft am hiesigen Orte fehlt, wird der Rechts⸗Anwalt Heu⸗ bach hierselbst in Vorschlag gebracht, an den sie sich zu wenden und ihn mit Information und Vollmacht zu versehen haben.
Braunsberg, den 18. Oktober 1849.
Königliches Kreisgericht. I. Abtheilun
—
11““
Ueber das Vermögen des Kaufmanns und Gat besitzers G. Kerger von Liegnitz ist der Konkurs eröff⸗ net worden. Alle unbekannten Gläubiger des Gemein⸗ schuldners haben ihre Forderungen in termino den 21. Januar 1850, Vormittags 9 Uhr, vor dem Deputirten, Herrn Referendarius Boeck, im hiesigen Parteienzimmer, Bäckerstraße Nr. 89 und 90, anzumelden und zu bescheinigen. Die Ausbleibenden werden mit ihren Ansprüchen an die Masse prätludirt und es wird ihnen deshalb gegen die übrigen Gläubi⸗ ger ein ewiges Stillschweigen auferlegt werden.
Liegnitz, den 10. September 1849.
Königliches Kreisgericht. I. Abtheilung. Lühe.
[550] OA
Zu der am 12. Novemher d. J, Nachmittags 4 Uhr, in dem Hörsaale des hiesigen Gymnasiums statutenmä- ßig zu haltenden jährlichen General⸗Versammlung der
Friedens⸗Gesellschaft hierselbst, in welcher auch
sellschaft und die Vertheilung der diesjährigen Stipen⸗ dien an die Benefiziaten unseres Vereins statthaben wird, werden die geehrten Mitglieder desselben hierdurch ganz ergebenst eingeladen.
Potsdam, den 1. November 1849.
Oesterreich. Bayern.
Rußland und Polen.
die Neuwahl des Vorstandes (der Beamten) der Ge⸗ 1
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2 Athlr. für ½ Jahr.
v1“ 4 Athlr. ⸗ † 88 1 8 Athlr. ⸗ 1 Jahr. in allen Theilen der Monarchie ohne Preis⸗Erhöhung. 6 Bei einzelnen Nummern wird der n mit 2 ½ Sgr. berechnet.
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Sis gte. ,An. .8 124 k.
lin, Mittwoch den 7. November
Alle Post⸗Anstalten des In⸗ und
Auslandes nehmen Bestellung auf
dieses Blatt an, für Berlin die
PExpedition des Preuß. Staats⸗ Anzeigers:
Behren⸗Straße Nr. 57.
4 n 11““ 83 n 9 a l 1.
8 8 Amtlicher The -
„Berlin. Abreise des Prinzen Friedrich Wilhelm Königliche es. Pie .cnas von Oesterreich und Deutschland. esterr ien. Hofnachrichten. — Truppenschau. Verhandlungen der Abgeordneten⸗Kammer. —
München. Uebereinkunft
Weitere Aitenstücke zur deutschen Frage. — Augsburg. der Buchhändler und des katholischen Büchervereins. 8 Zachsen. Dresden. Der Landtag. — Die Besetzung geistlicher Stellen. Sachsen „Weimar. Landtags⸗Verhandlungen. Au s 1. 8 n d. 3 888 3sZe .. reich. Paris. Politische Aeußerungen des Präsidenten und die 85 11b Dekrete über den Ministerwechsel. — Be⸗ lohnungen für Auszeichnung während der Cholera. — Vertheidigung F. Barrot's. — Weitere Urtheile der Presse über den Ministerwechsel. — Soiree beim Präsidenten. — Vereidigung der Magistratur. — Vermis btes. Großbritanien und Irland. London. Befinden der verwittwe⸗ ten Königin. — Lord Talbot †. — Irländische Zustände. — Fortdauer der Aufregung auf Jamaika. — Vermischtes. St. Petersburg. Warschau. Neue katholische Kirche.
Börsen⸗ und Handels⸗Nack richten.
Amtlicher Theil.
Auf Ihren Bericht vom 19. September d. J., genchmige Ich hierdurch die Errichtung eines Gewerbegerichts für den Polizei⸗ Bezirk der Stadt Stettin, mit Einschluß der Ortschaft Kupfer⸗ mühle, welches in der genannten Stadt seinen Sitz haben und in der Klasse der Arbeitgeber aus sieben Mitgliedern, in der Klasse der Arbeitnehmer aber aus sechs Mitgliedern bestehen soll.
Saäanssouci, den 2. Oktober 1849.
- (gez.) Friedrich Wilhelm. (gegengez.) von der Heydt. Simons. An
den Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten und den Justiz⸗Minister.
F
Ernennung im Hosstaat.
Beilage.
— Se. Königl. Hoheit der Prinz Wilhelm und
Se. Königl. Hoheit der Prinz Adalbert sind nach Nym⸗ phenburg in Bayern abgereist.
Uichtamtlicher Theil. Deutschland.
Preußen. Berlin, 5. Nov. Se. Königl. Hoheit der Prinz Friedrich Wilhelm, Sohn Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen, sind in Begleitung des Oberst⸗ Lieutenant Fischer, des Lieutenant Heinz und des Prof. Curtius am 3. No⸗ vember Abends nach Frankfurt a. M. abgereist.
Die Wiener Zeitung vom 26. Ok⸗ iober widmet der Frage über die Zoll⸗Einigung von Oesterreich und Deutschland eine eben so ausführliche als interessante Besprechung *). Sie erklärt mit Selbstgefühl, daß sie in dieser wichtigsten aller Fragen, bei welcher es sich um Be⸗ gründung einer neuen gemeinsamen Grundlage der ökonomischen Verhältnisse und der ganzen Volkswirthschaft für Deutschland und Oesterreich handle, die der wiener Presse vielfach vorgeworfene ne⸗ gative Haltung verlassen und die Diskussion mit bestimmten Vor⸗ schlägen eröffnen wolle. Diese Vorschläge, bei welchen als leiten⸗ der Gedanke festgehalten werden soll, daß die 2 ollvereinigung kein wesentliches Interesse der drei großen deutschen Handelsgebiete — Oesterreich, Zollverein und Steuerverein — verletzen dürfe, werden mit der Erklärung eingeleitet, daß man in Oesterreich entschlossen sei, die Ausfuhr⸗Verbote aufzuheben, die Einsuhr⸗Verbote durch kräftige Schutzzölle zu ersetzen, die Ausfuhr von Fabrikaten einer bloßen Kontroll⸗Abgabe zu unterwerfen und beim Uebergang über die Zolllinie auf jede Weise zu erleichtern, die Zollbefreiungen be⸗ deutend zu crweitern, die Zölle unter 1 Kr. nicht zu erheben, die Gegenstände des ländlichen Gränzverkehrs und des täglichen Bedarfs zu befreien, und überhaupt sich thunlichst an den Tarif des Zoll⸗ vereins anzunähern. Der Zollverein soll durch eine Reform seines Tarifs, in dem von seinen Industriellen gewünschten Sinne, auf halbem Wege entgegenkommen, und es soll das auf diese Weise durch beiderseitige Reformen vorbereitete Einigungswerk, nach Maß⸗ gabe eines zwischen den betheiligten Regierungen, nach Vernehmung der konsultativen Körperschaften und unter Mitwirkung der legis⸗ lativen Gewalten, vertragsmäßig festzustellenden Planes, allmälig und zwar nach folgenden Grundzügen ins Leben treten. In der ersten Periode beschäftigt man sich auf beiden Seiten wesentlich mit derinneren Reform und zwar in dem Sinne moͤglichster Annäherung der beiderseitigen Tarifsätze. Namentlich werden in Oesterreich die Zölle auf Roh⸗ und Färbestoffe für die Industrie beseitigt oder ermäßigt, die Ver⸗ bote und Prohibitiv⸗Zölle durch kräftige Schutzzölle ersetzt und die Zollschranken im Innern aufgehoben; gleichzeitig tritt der gegen⸗ seitige zollfreie Austausch aller einheimischen Roh⸗Erzeugnisse und
Berlin, 6. Nov.
*) Befindet sich vollständig abgedruckt in Nr. 297 des
reuß. Staats⸗Anzeigers S. 1963. p
Nahrungsstoffe, so wie, unter Voraussetzung gleichmäßigen Schutzes an den Gränzen der beiderseitigen Zollgebiete, der rohen Metalle ein, der Gränzverkehr wird überhaupt möglichst erleichtert und es wird für die gegenseitige Durchfuhr Zollfreiheit bewilligt. Daneben werden Conventionen uber gemeinsames Münz⸗, Maß⸗ und Ge⸗ wichts⸗System, Handels⸗, Wechsel⸗ und Seerecht, Gewerbe⸗ und Heimats⸗Gesetzgebung, Flußschifffahrts⸗, Post⸗, Eisenbahn⸗ und Telegraphenwesen vorbereitet und abgeschlossen. In der zweiten Periode werden die beiderseitigen Zölle von Manufaktur⸗Erzeug⸗ nissen für die gegenseitigen Linuhren auf des tarifmäßigen Satzes ermäßigt und es erfolgt eine durchgreifende Erleichterung in der beider⸗ seitigen Gränz⸗Verwaltung. Die dritte Periode bringt eine weitere Herabsetzung jener Zölle auf die Hälfte des tarifmäßigen Satzes, eine Annäherung in den Finanz⸗Zöllen und gemeinsame Bestim⸗ mungen über die Seeschifffahrt und etwanige Differenzial⸗Zölle. In der vierten Periode endlich sollen die Zölle von Manufaktur⸗ Waaren für die gegenseitigen Erzeugnisse, so weit thunlich, ganz aufgehoben, jedenfalls aber auf ein Viertheil der Tarifsätze ermä⸗ ßigt und es soll gleichzeitig das gemeinsame Schifffahrts⸗System ausgebildet, wo möglich ein Schifffahrts⸗Gesetz für ganz Deutsch⸗ land erlassen und die gemeinsame auswärtige Vertretung und Han⸗ delspolitik angebahnt werden. Der letzte entscheidende Schritt: der Uebergang zur völligen Zollvereinigung mit Feststellung eines all⸗ gemeinen österreichisch⸗deutschen Zolltarifs, bleibt alsdann einem neuen Vertrage im Einverständniß mit den legislativen Gewalten vorbehalten. — So weit die Vorschläge der Wiener Zeitung.
Man sieht, diese Vorschläge sind von der umfassendsten Art. Durchdrungen von der Nothwendigkeit einer Annäherung und Ver⸗ schmelzung der seit länger als einem Vierteljahrhundert gewaltsam getrennten materiellen Interessen Deutschlands und Oesterreichs, greift eine lebhafte Phantasie weit in die Zukunft hinaus und ver⸗ sucht es, dem Entwickelungsgange der staatswirthschaftlichen Ver⸗ hältnisse von Mittel⸗Europa für Jahrzehnte eine planmäßig durch⸗ dachte Regel vorzuschreiben. Wir zweifeln, ob es uns gelingen wird, diesem Fluge bis an sein Ende zu folgen, aber wir freuen uns aufrichtig, daß wir von demselben Punkte aus⸗ und wohl auch ein gutes Stück Weges mitgehen können.
Zunächst können wir uns der politischen Auffassung, welche durch den ganzen Plan hindurchgeht, vollkommen anschließen. Es werden zwei große handelspolitische Gebiete gedacht, jedes in sich durch eine gemeinsame legislative Gewalt zu einem politischen Gan⸗ zen verbunden, beide ausgehend von dem Bewußtsein eines durch ihre Natur, ihre Geschichte und das positive Recht begründeten en⸗ gen Zusammenhanges, und in diesem Sinne ihre beiderseitigen ma⸗ teriellen Interessen regelnd. Freilich gehen wir mit dieser Auffas⸗ sung schon um einige Schritte über die augenblickliche Wirklichkeit hinaus, denn weder Oesterreich noch Deutschland ist zur Zeit ein durch gemeinsame Legislatur verbundenes politisches, oder auch nur ein handelspolitisches Ganze, aber hier wie dort hat die Herbeifüh⸗ rung einer politischen und staatswirthschaftlichen Einigung die Sphäre der Projekte bereits verlassen und das Feld der Thaten betreten.
Mit gleicher Entschiedenheit nehmen wir den national⸗ ökono⸗ mischen Ausgangspunkt an, ja, wir haben sogar das Vergnügen, hier auf alte Bekannte zu treffen. Man mag es uns daher ver⸗ zeihen, wenn wir einen Augenblick hier verweilen und an ein halb vergessenes Stück Geschichte erinnern. “ 8
*Als im Jahre 1835 der Zollverein in seiner jetzigen Gestalt im Wesentlichen vollendet war und Oesterreich auf seiner ganzen 300 Meilen langen Gränze gegen Deutschland ein einziges handels⸗ politisches Gebiet sich gegenüber hatte, glaubte man in Preußen, daß der Zeitpunkt gekommen sei, wo Oesterreich die bis dahin den einzelnen Bundesländern gegenuͤber festgehaltene gänzliche Entfer⸗ nung in seinen Zoll⸗ und Handels⸗Einrichtungen aufgeben könne. Man hatte dabei weder eine völlige Uebereinstimmung der Tarife, noch weniger eine Gemeinschaftlichkeit der Zoll⸗Revenüen im Auge, sondern eine wechselseitige Erleichterung derjenigen Beschwernisse, welche für die an einander gränzenden Länder aus den gegenseiti⸗ gen Zoll⸗Einrichtungen erwachsen und eine unter dieser Voraus⸗ setzung um so genügender zu gewährende Mitwirkung zum Schutze der beiderseitigen Zoll⸗Intraden. In diesem Sinne wurde die Sache im Herbste 1835 in Teplitz und im Frühjahr 1836 in Wien zwischen preußischen und österreichischen Staatsmännern vertraulich besprochen. Preußischerseits knüpfte man an den von Oesterreich kundgegebenen Wunsch um Abschließung eines Zoll⸗Kartels an. Man machte darauf aufmerksam, daß der Zollverein die Anwen⸗ dung von Maßregeln zum Schutze der österreichischen Zoll⸗Intraden seinen Angehörigen gegenüber nur unter der Voraussetzung recht⸗ fertigen koͤnne, wenn Oesterreich sein Zoll⸗System in dem Sinne ändere, daß ein gesetzlicher Handel nach seinem Zoll⸗Gebiete möglich werde, und man bezeichnete als die dahin zielenden Anordnungen: die gegenseitige Zollfreiheit der beiderseitigen Rohprodukte beim Eingange und Ausgange, die Aufhebung der österreichischen Einfuhr⸗Verbote von Manufakturwaaren und deren Ersatz durch angemessene Schutzzölle, fei es für die gesammte österreichische Einfuhr, sei es in der Be⸗ schränkung auf Erzeugnisse des Zollvereins, endlich eine Annähe⸗ rung der beiderseitigen Tarife hinsichtlich der eigentlichen Finanz⸗ Zölle. Ein Resultat wurde indessen nicht erzielt. Man hielt in Wien die Zollbefreiung vereinsländischer Rohprodukte nicht für möglich, so lange dieselben Produkte bei dem Uebergange aus Un⸗ garn in das österreichische Zollgebiet einer Eingangs⸗Abgabe un⸗ terlägen; man war ferner zwar von der Unhaltbarkeit des Prohi⸗ bitiv⸗Systems überzeugt, aber man glaubte die mit demselben ver⸗ flochtenen wichtigen und mächtigen Interessen nur mit großer Scho⸗ nung behandeln zu dürfen; am ersten wäre man mit der später auch zum Theil erfolgten Annäherung in den Finanzzöllen einver⸗ standen gewesen. ““
Zehn Jahre später gab die Einziehung Krakau's in die öster⸗ reichische Zollgränze der preußischen Regierung Veranlassung, auf jene Andeutungen zurückzukommen. Der Erfolg war nicht viel gün⸗
stiger, als damals; man verständigte sich über einige wenig bedeu⸗ tende Erleichterungen des Gränzverkehrs. “
Kehren wir nach dieser Abschweifung zu den Vorschlägen der Wiener Zeitung zurück und fassen wir die Hauptgesichtspunkte derselben, vorläufig abgesehen von der für die Ausführung propo⸗ nirten Form, ins Auge, so kommen wir, zunächst in Beziehung auf die eigentlichen Handels⸗Verhältnisse, auf folgende Sätze:
1) gegenseitiger zollfreier Austausch der einheimischen Roherzeug⸗ nisse und Nahrungsstoffe, einschließlich der rohen Metalle;
2) gegenseitige Begünstigung bei der Einfuhr der beiderseitigen Manufaktur⸗Erzeugnisse, unter gleichzeitiger Annäherung der beiderseitigen Tarifsätze für diese Artikel; —
3) Befreiung des gegenseitigen Transits; 1
4) Annäherung der Sätze für die beiderseitigen Finanzzölle.
Wir werden in der Konsequenz mit der von Preußen und dem Zoll⸗Verein befolgten Handele⸗Politik bleiben, wenn wir diese Sätze in dem Sinne vollständig acceptiren, daß darin das Ziel ausge⸗ drückt ist, dessen Erreichung von beiden Seiten als die nächste Auf⸗ gabe angesehen werden muß.
Schon im verflossenen Jahre war es für die Regierungen der Zollvereinsstaaten Gegenstand der Erwägung, ob rohe Fabrik⸗Ma⸗ terialien und Nahrungsstoffe von jedem Zolle zu befreien oder doch, wie z. B. Vieh und Talg, erheblich zu ermäßigen seien. Was die gegenseitige zollfreie Einfuhr der Metalle anlangt, so macht die Wiener Zeitung dieselbe von „einem gleichmäßigen Schutz an den Gränzen der beiderseitigen Zollgebiete gegen die nicht zu den⸗ selben gehörenden Länder“ abhängig, und da fragt es sich freilich, was unter dem gleichmäßigen Schutze zu verstehen ist. Von den wichtigeren Metallen sind gegenwärtig in Oesterreich nur Kupfer und Zink mäßig besteuert — ersteres etwa mit dem Satze des Zollvereins⸗Tarifs, letzteres sogar nur mit etwa 12 ¾ Sgr. pr. wiener Centner. — Dagegen ist Zinn mit beinahe 3 Rthlr. pr. wiener Centner belastet und Eisen und Blei gar außer Handel ge⸗ setzt. Wir bitten die Wiener Zeitung, bei diesem Punkte nicht zu übersehen, daß unter den auch von ihr als beachtenswerth an⸗ erkannten, den Zolltarif betreffenden Wünschen der Nordseestaaten, der Wunsch nach niedriger Besteuerung der Metalle mit in erster Linie steht. 8 88
Ueber die in sichere Aussicht gestellte Aufhebung der österreichi⸗ schen Einfuhr⸗Verbote und Prohibitivzölle für Manufakturwaaren können wir uns nur aufrichtig freuen, denn diese Aufhebung ist die unerläßliche Vorbedingung für die kommerzielle Annäherung Oester⸗ reichs an Deutschland. Nicht daß wir uns sanguinischen Hoffnungen auf ein ausgedehntes Ausfuhr⸗Geschäft in vereinsländischen Fabrikaten nach Oesterreich hingäben, wir wissen sehr wohl, welchen Standpunkt die österreichische Industrie in den wichtigsten Zweigen der Fabrication erreicht hat; aber wie ist eine Annäherung der Interessen überhaupt denkbar, so lange der eine Interessent den wichtigsten Interessen des anderen grundsätzlich jede Anerkennung versagt? Also, daß Oester⸗ reich die von seinen Staatsmännern längst erkannte Unhaltbarkeit des Prohibitiv⸗Systems endlich in seiner Zollgesetzgebung anerken⸗ nen will, ist jedenfalls schon im Prinzip etwas werth. Freilich wird es nun weiter darauf ankommen, welche konkrete Form diesem Prinzip gegeben wird, und hiervon hängt es wesentlich ab, welche Hoffnungen man auf die Wirklichkeit einer kommerziellen Annähe⸗ rung setzen kann. Wir verkennen nicht, daß der Uebergang von dem Prohibitiv⸗System zu einem Schutzzoll⸗System, welches sich nicht etwa blos dem Namen nach von dem ersteren unterscheidet, keine ganz leichte Aufgabe ist, wir müssen aber mit voller Ueber⸗ zeugung aussprechen, daß von der Art, wie diese Aufgabe gelöst wird, unser Vertrauen auf die kommerzielle Annäherung Oester⸗ reichs an Deutschland abhängt. Die Wiener Zeitung legt auf die Assimilirung der beiderseitigen Tarife in dem Sinne, daß die Tarifsätze des Zollvereins eine Erhöhung erfahren sollen, großen Werth; wir wollen ganz dahingestellt sein lassen, ob und in welchem Maße eine solche Erhöhung überhaupt räthlich wäre, so viel scheint uns aber unzweifelhaft, daß eine höhere Besteuerung der aus Oesterreich in den Zollverein eingehenden Waaren nicht gerade der erste Schritt zu einer kommerziellen Annäherung sein dürfte. Eben so wenig ist aber diese Annäherung eine Wahrheit, so lange im Großen und Ganzen vereinsländische Erzeugnisse in Oesterreich höher belastet sind, als die gleichartigen österreichischen Erzeugnisse im Zollverein, und wir glauben deshalb, daß man, wie sich auch die beiderseitigen Tarifsätze fuͤr die Einfuhren aus dritten Ländern stellen mögen, bei der Behandlung der gegenseitigen Ein⸗ fuhr fabrizirter Waaren beiderseits von den Sätzen des jetzt be⸗ stehenden Zollvereins⸗Tarifs auszugehen haben wird.
In liberaler Behandlung der Waaren⸗Durchfuhr ist Oester⸗ reich dem Zollverein voran. Beide Handelsgebiete befinden sich hierbei allerdings in verschiedener Lage: der Zollverein erhält im Transit durch Oesterreich höchstens 250,000 Ctr. Waaren jährlich, während Oesterreich im Transit durch den Zollverein weit mehr als das Doppelte, nämlich etwa 650,000 Ctr. Waaren, erhält, darunter die wichtigsten Fabrik⸗Materialien: Baumwolle und Baumwollen⸗ garn und wichtige Verzehrungs⸗Gegenstände, wie Zucker und Kaffee. Wir sind indeß mit der Wiener Zeitung der Meinung daß die gegenseitige zollfreie Durchfuhr erreicht werden muß und zu erreichen ist, so groß die Schwierigkeiten auch sind, welche das mit wichtigen Fragen internationaler Handelspolitik eng verflochtene Zollwesen auf den sogenannten conventionellen Flüssen in dieser Beziehung nicht für Oesterreich, wohl aber für Deutschland in den Weg legt. .
Die Annäherung der beiderseitigen Finanzzölle verstehen wir eben nur als eine Annäherung, d. h. wir sehen von der Erreichung eines gemeinschaftlichen Tarifs ab und fassen als Ziel 85 8 solche Assimilirung ins Auge, bei welcher ein Schleichhande Sinne nicht mehr lohnend ist, daß fremde Waaren in 1
— rei rkehr desselben Gebiete versteuert werden, um aus dem freien Ve 1“
1 Gebiet im Wege des Schleichhandels in das andere bie reichen, Dieses den beiderseitigen Interesse wünschenswerthe Ziel zu erreich
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