1849 / 311 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

dem Intendantur⸗Assessor Fabricz, Henry, Proviantmeister Lohmeier, „„ 8 Neumeister, 8 1 Regierungs⸗Arzt Dr. Hedinger vom 17ten Infanterie⸗ Regiment, ohen Iracet Seen Assistenz⸗Arzt Homann vom en Infanterie⸗ iment, ant 1 5 Dr. Schwarz vom 2ssten Infanterie⸗Re⸗ giment, 1 Regiments⸗Arzt Dr. Wagner vom 26sten Infanterie⸗ Regiment, Bataillons⸗Arzt Dr. Wesch vom 3ten Bataillon (Waren⸗ vorf) 13ten Landwehr⸗Regiments, Dr. Schulze vom 2ten Bataillon (Mag⸗ deburg) 2ten Garde⸗ Landwehr⸗Regi ments, 1 1 Regiments⸗Arzt Dr. Leinveber vom 3lsten Infanterie⸗ Regiment, 8⸗Arzt Dr. Hammer vom 3ten Bataillon (Aschersleben) 27sten Landwehr⸗Re⸗ giments, Arzt Dr. Haun vom 3ten Bataillon (Sanger⸗

hausen) 31sten Landwehr⸗Regiments.

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gsgpotsdam, den 10. November.

Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich der Nieder⸗ lande ist auf Schloß Sanssouei eingetroffen. Se. Hoheit der Herzog Gustav von Mecklenburg⸗ Schwerin ist, von Schwerin kommend, nach Eisenach hier durch

gereist.

Instiz⸗Ministerium.

Der bisherige Land⸗ und Stadtgerichts⸗Assessor Will zu Zempelburg ist zum Rechts⸗Anwalt bei den Gerichts⸗Behörden im Bezirk des Kreisgerichts zu Schwetz, mit Anweisung seines Wohn⸗ sitzes in Neuenburg, vom 1. Dezember c. ab, und zugleich zum Notar im Departement des Appellationsgerichts zu Marienwerder;

Der Kreisgerichts⸗Direktor Brehmer zu Kalau zum Direktor des Kreisgerichts zu Krossen;

Der Kreisgerichts⸗Direktor Kunowski in Landsberg a. d. W. zum Direktor des Kreisgerichts in Frankfurt a. d. O. ernannt; und

Der Rechts⸗Anwalt Stinner zu Tuchel ist auf seinen Antrag in gleicher Eigenschaft an das Kreisgericht zu Schlochau, mit An⸗ weisung seines Wohnsitzes daselbst, vom 1. Januar 1850 ab versetzt worden.

Angekommen: Ihre Durchlaucht die Herzogin von Sagan, von Sagan. Der General⸗Major und Commandeur der 3ten Kavallerie⸗

Brigade, Schach von Wittenau, von Stettin.

n.

Nichtamtlicher Theil. Deutschland.

Preußen. Berlin, 11. Nov. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem General⸗Adjutanten, General⸗Lieu⸗ tenant von Neumann die Erlaubniß zur Anlegung des von des Herzogs von Braunschweig Hoheit demselben verliehenen Großkreu zes vom Orden Heinrich's des Löwen; so wie dem dienstleistenden Adjutanten des Prinzen Karl von Preußen Königl. Hoheit, Pre⸗ mier⸗Lieutenant Grafen von der Gröben des Garde⸗Dragoner⸗ Regiments, zur Anlegung des Ritterkreuzes von diesem Orden zu ertheilen.

Breslau, 9. Nov. Ueber den Aufenthalt Sr. Majestät des Königs berichtet die Schles. Ztg. noch Folgendes: „Auf die schon am Vormittage des gestrigen Tages eingegangene Nachricht, daß Se. Majestät der König hier eintreffen werde, verfügte sich das Direktorium des Central⸗Handwerker⸗Vereins zum Herrn Ober⸗Präsidenten und legte ihm die Bitte vor, im Fall sich jene Nachricht bestätige, bei Sr. Majestät den Zutritt einer Deputation des Handwerkerstandes zu vermitteln. Der Herr Ober⸗Präsident sagte bereitwillig zu, sobald sich die „unwahrscheinliche“ Nachricht verwirkliche. Abends 7 ¼ Uhr wurde dem Direktorium eröffnet, daß Se. Majestät angelangt und die Bitte der Handwerker ge⸗ währt sei. Obwohl diese freudige Nachricht dem Direktorium, das für diesen Abend auf die Audienz schon verzichtet, vnerwar tet kam, so wurde doch noch schleunigst eine Adresse wo;gefaßt, worauf sich die Deputation, bestehend aus dem Sattler⸗Meister Dressler, dem Konditor Friedrich, dem Bäcker⸗Meister Ludewig, dem Obermeister des Sattlergewerks Pracht, dem Schneidermeister Löschburg und dem Schmiedemeister Rother, ins Schloß verfügte und in kurzer Zeit vorgelassen wurde. Se. Majestät empfing die⸗ selbe mit herzgewinnender Freundlichkeit im kleinen blauen Zimmer des Schlosses neben dem Thronsaal. Auf die Worte des Bäcker⸗ meister Ludewig, daß die Handwerker die Gunst des Augenblicks benutzten, um sich Sr. Majestät vorzustellen, und dabei hofften, nicht die rechte Stunde verfehlt zu haben, erwiederte der König: „Nein, meine Herren, glauben Sie mir, ich freue mich recht herz⸗ lich, Sie hier zu sehen, und namentlich die Handwerker. Deshalb habe ich Sie auch zuerst zu mir bescheiden lassen. Sie dürfen es

lauben, ich freue mich sehr!“ Nun hielt Herr Ludewig folgende Anrede an den König:

„Majestät! Schon im Dezember v. J. wurde den Abgeord⸗ neten des schlesischen Handwerkerstandes, im Verein mit denen an⸗ derer Landestheile Preußens, das Glück zu Theil, Ev. Majestät zunächst für die am 5. Dezember dem Lande verliehene Verfassung

als die Grundlage unseres politischen Lebens und Wirkens den e Dank auszusprechen und an diesen Dank die Bitte zu sssvreactde e cb. gesetzlichen Regelung dringend bedürftigen ande die väterliche Aufmerksamkeit und Hülfe zuwenden zn wollen. Dieser unserer Bitte ist in der Verordnung vom 9. Fe⸗ bruar d. 21 Berüchksichtigung zu Theil geworden. Genehmigen Ew. Majestät unsere Versicherung, daß wir durch dieses Gesetz nicht mittelalterliche, zeitwidrige Privilegien, den frühere -

V1g. g,g.; - gien, den früheren sogenannten goldenen Boden für das Handwerk zu erreichen streben, sondern wir wünschen nur, dem Handwerker bei Fleiß und Thätigkeit sein ihm

gebührendes Brot gesichert zu sehen. Wir hoffen zu Gott und df die fernere landesväterliche Huld Ew. Majestät, daß durch be weise und zweckmäßige Anwendung und Handhabung dieses Gesetz zum Heil und Segen des gesammten Gewerbestandes ausschlagen werde. Und wie im ganzen deutschen Vaterlande die Mit⸗ und

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terdrückt, die Brandfackel der Anarchie ausgelöscht und den Landes⸗ frieden wiederhergestellt haben; eben so dankbar erkennt unser Stand Ew. Majestät Bestrebungen an, auf dem Wege der Gesetzgebung der Gewerbe⸗Anarchie zu wehren und die Landeswohlfahrt zu be⸗ gründen. Im Namen unserer Standesgenossen sprechen wir daher diesen aufrichtigen Dank hiermit aus.

„Wir bitten ferner, Ew. Majestät wolle, wie Sie bisher die innere Aufhülfe unseres Standes so väterlich gefördert haben, durch weise Maßnahmen Ihrer Landesregierung der Arbeit des Hand⸗ werkerstandes auch den erforderlichen äußeren Schutz gewähren, und wünschen dieserhalb, daß Sie zu unserem und des ganzen Va⸗ terlandes Heil und Segen uns noch lange erhalten bleiben.“

Als Se. Majestät die Adresse huldreichst entgegengenommen, ward es dem Schmiedemeister Rother vergönnt, sich im Sinne der Adresse auszusprechen, während Schneidermeister Löschburg Gele⸗ genheit hatte, auf die Deputation hinzuweisen, welcher der König liche Herr im Januar d. J. in Betreff der Klagen des Handwer⸗ kerstandes ein geneigtes Gehör geschenkt. Die Hoffnungen, welche die Deputation rege gemacht, seien bereits in Erfüllung gegangen oder doch der Erfüllung nahe. Konditor Friedrich, an den nun die Reihe kam, äußerte sich dahin, daß das preußische Volk und vor Allen der Handwerker brav und redlich sei. Und wenn in der Zeit politischer Aufregung manches Betrübende vorgekommen, so sei dies weniger in der Verderbtheit des Volkes zu suchen, es müsse vielmehr auf Rechnung einzelner Volks⸗Verführer kommen, welche die unbefangenen Gemüther der Menge irre geleitet und mit sich fortgerissen. Der Handwerker⸗Verein habe stets mit gesetzlichen Mitteln für das materielle Wohl des Handwerker standes nach bestem Wissen und Gewissen gekämpft, und werde auf diesem Wege unbeirrt fortschreiten, namentlich wenn sein hoher Pro tektor ihm ferner seine Huld und Gnade zu Theil werden lasse. Sattlermeister Pracht erklärte sich in ähnlicher Weise. Hierauf entgegnete Se. Majestät der König, es gereiche ihm zur großen Befriedigung, zu hören, daß die Handwerker das Gewerbe⸗Gesetz zu würdigen verständen. Man möge doch sicher glauben, daß ihm das Wohl aller seiner Preußen eben so sehr am Herzen liege, als sein eigenes Wohl, und in Zukunft werde er alle nur mögliche Rücksicht einem Stande gewähren, welchen er hochachte.

„Nachdem nun der Ober⸗Präsident, Herr von Schleinitz, die Abgeordneten alle namentlich vorgestellt, erinnerte sich Se. Ma⸗ jestät sehr wohl der Person der Herren Ludewig, Rother und Lösch⸗ burg, und hatte die Geneigtheit, Letzteren zu fragen: wie es ihm gehe. Auch erkundigte sich der Königliche Herr, wie das Gewerbe im Allgemeinen gehe, ob schon eine merkliche Besserung sich zeige. In Berlin hebe es sich schon, wenigstens im Vergleich zu früher. Die dortigen Tischler seien ja im vorigen Jahre dem Verhungern nahe gewesen; es sei dies recht traurig. Herr Rother antwor⸗ tete hierauf: In Breslau gehe es mit dem Gewerbe noch sehr schlecht, und daran sei besonders die Gränzsperre von Polen schuld. Wenn die offen wäre, würde es um Breslau besser stehen. Auch Herr Löschburg stimmte hiermit überein; er be⸗ stätigte namentlich das gänzliche Daniederliegen des Schneider⸗ und Tischlergewerks. Herr Ludewig gedachte ver Bauhandwerker, welch nicht besser daran seien. Alle Neubauten blieben liegen, weil die Kapitalisten den politischen Zuständen noch nicht trauten und lieber ihr Geld im Kasten behielten. Doch lasse sich bei fortdauernder Ruhe und Sicherheit wohl hoffen, daß sich dies wohl ändern werde und Privaten wie Behörden dem Baufache Vorschub leisten würden. Auf die obige Bemerkung Rothers zuckte der König mit den Achseln und sprach dann die ermunternden Worte: daß die Handwerker als brave Männer und treugesinnte Staatsbürger brü derlich zusammenhalten sollten. Gott werde dann weiter helfen. Was er thun könne, werde geschehen; denn es sei wohlthuend für ihn, zu sehen, wenn es einem Jeden gut gehe. 3

„Hiermit wurde die Deputation entlassen. Das leutselige Be nehmen und die rege Theilnahme, welche Se. Majestät sur den gedrückten Handwerkerstand so unzweideutig an den Tag legte, hat auf diese schlichten Handwerker einen Eindruck gemacht, der unver geßlich sein wird; jedem Einzelnen aber hat sich die feste Ueber⸗ zeugung aufgedrungen, daß, so lange ein solcher Herrscher über unser Vaterland wacht, es um Preußen nicht schlecht bestellt sein könne.

„Heute Morgen nach 8 Uhr wurde die Deputation der Stadt⸗ verordneten durch den Ober⸗Präsidenten Herrn von Schleinitz bei Sr. Majestät dem Könige eingeführt, um ihn erfurchtsvoll zu be grüßen. Der Vorsteher, Dr. Grätzer, sprach die Versicherung der Treue und Anhänglichkeit an das Königshaus, so wie die Freude aus, Se. Majestät in unserer Stadt zu schen. Se. Majestät ver König erwiederten, wie Sie es bedauerten, vie Stadtverorbneten nicht schon gestern Abend haben sprechen zu können, weil Sie zum Empfange Ihrer Majestät der Königin nach dem Bahnhofe hätten fahren müssen. Sie bemerkten, daß es in Breslau besser geworden sei, und forderten die Stadlverordneten auf, von ihrem Einflusse kräftig Gebrauch zu machen. Es sei das Uebel fast in allen großen Städten gewesen, daß die Kommunal⸗Behörden geglaubt haben, daß, wenn sie mit dem Strome schwimmen, sie diesen auch besiegen wuͤrden. Die Geschichte aber beweise das Gegentheil. Se. Ma⸗ jestät sprachen noch das Bedauern aus, sich aus Zeitmangel hier nicht umsehen zu können, und fügten hinzu: Ich wünsche, daß, wenn Ich nach Meinem lieben Breslau wiederkehre, Ich auch Meine eben ausgesprochene Erwarlung erfüllt finde. Zum Schlusse ließen sich Se. Mazestät der König von dem Vorsteher die einzel nen Mitglieder der Deputation vorstellen, worauf diese freundlichst entlassen wurde.“

Hesterreich. Wien, 8. Nov. Se. Majestät der Kaiser hat Ihrer Kaiserl. Hoheit der Erzherzogin Sophie bei Gelegenheit ihres silbernen Hochzeitsfestes ein kostbares Armband verehrt. Das⸗ selbe wurde von drei hiesigen Meistern zverfertigt und ist, kwie der Lloyd sagt, ein wahres Kunstwerk. Heute früh um 7 Uhr sind Ihre Majestäten die Königinnen von Preußen und Sachsen mit⸗ telst Separat⸗Trains in ihren eigenen Wagen von hier abgereist.

Die Wiener Zeitung enthält jetzt die Bestätigung der be⸗ reits nach dem Lloyd mitgetheilten Ernennungen in der österreichi⸗ schen Armee. Außerdem haben in den oberen Graden folgende Be⸗ förderungen stattgefunden. Zum Felrmarschall der Feldzeugmeister Laval Graf Nugent. Zum General der Kavallerie und Feldzeug⸗ meister die Feldmarschall-Lieutenants Joseph Freiherr von Böhm, als ad latus des ersten Armee⸗Kommandanten. für Nieder⸗Oester⸗ reich; Franz Graf Khevenhüller „Metsch, ad interim als ad latus des ersten Armee⸗Kommandanten für Böhmen, und zum Stadt⸗ und Festungs⸗Kommandanten zu Prag. Zu Feldmarschall⸗Lieute nants die General⸗Majore August Freiherr von Eynatten, als Mi⸗ litair⸗Kommandant zu Gratz; Joseph Freiherr Baltheser von Lö⸗ wenfeld, beim Kriegs⸗Ministerium in seiner Anstellnng; Karl Frei⸗ herr von Lederer, als Divisionarr. Johann Bordolo von Boreo, Militair⸗Distrikts⸗Kommandant, in seiner Anstellung; Karl Zischer

von See, als Divisionair; Ferdinand Freiherr von Schirnding, als

Nachwelt es wird dankbar anerkennen müssen, daß Ew. Masestät Divisionair; Johann Susan, General⸗Adjutant beim Feldzeugmei⸗

durch ihr tapferes, treues Heer den auflodernden Bürgerkrieg un⸗

ster Freiherrn von Haynau, in seiner Anstellung; Ignaz Ritter

8 8 8. 1“ I“ Dreihann von Sulzberg am Steinhof, beim Kriegs⸗Ministerium, in seiner Anstellung; Emanuel Zitta, vom Ingenieur⸗Corps, im Corps; Joseph Freiherr von Neustädter, als Divisionair; Paul Ritter von Chizolla, als Divisionair; Franz Edler von Hauslaub, Artillerie⸗ Direktor in Ungarn, in seiner Anstellung; Karl Freiherr von Mer⸗ tens, im Kriegs⸗Ministerium, in seiner Anstellung; Gustav Graf Wimpffen, als Divisionair.

Wien, 9. Nov. Der Lloyd meldet: „Gestern Morgen um sieben Uhr sind Ihre Majestäten die Königinnen von Preußen und Sachsen, dann die Frau Prinzessin Amalie Auguste von Sachsen sammt Gefolge mitltelst Separatzuges von hier abgereist. Ihre Kaiserl. Hoheit die durchlauchtigste Frau Erzherzogin Sophie und zwei Brüder Sr. Majestät des Kaisers, dann der Flügel⸗Adjutant Sr. Majestät, Graf Trojer, begleiteten die höchsten Gäste bis Pre⸗ rau. Die Frau Erzherzogin Sophie wurde mit dem gestrigen Abend⸗ Personen⸗Train wieder hier zurückerwartet. Vor der Ankunft

der höchsten Gäste im Bahnhofe fanden sich daselbst Se. Ma⸗

jestät der Kaiser, dessen zwei Bruͤder und der Erzherzog Franz Karl in Begleitung des K. K. Gencral⸗Adjutanten Grafen von Grünne und des K. K. Oberst⸗Hofmeisters Fürsten von Liechten⸗ stein, dann des Königl. preußischen und Königl. sächsischen Ge⸗ sandten, so wie deren Attachés, zum Empfange der höchsten Herrschaften ein. Der gegenseitige Abschied war eben so herz⸗ lich als rührend. Der General Inspektor, Herr Keißler, dann der General⸗Secretair Herr Sichrowsky und Direktor Herr Stumer, hatten die Ehre, die hohen Gäste zu begleiteu. Erzherzog Karl Ferdinand ist mit dem vorgestrigen Abend⸗Posttrain mit Gefolge nach Brescia abgereist. Der niederoͤsterreichische Gewerbverein hat seinem Protäktor, dem Erzherzog Franz Karl, bei Gelegenheit der Feier der silbernen Hochzeit, zwei große Vasen aus Rubinglas überreichen lassen und zugleich eine Stiftung gegründet, deren Zweck es ist, einen Techniker zu dessen Ausbildung reifen zu lassen.“

Wien, 9. Nov. Se. Majestät der Kaiser hat den Professor der deutschen Sprache und Literatur an der Universität in Basel, Wilhelm Wackernagel, zum ordentlichen Professor desselben Faches an der Universität in Wien, den Professor Dr. K. A. Hahn in Heidelberg zum ordentlichen Professor der deutschen Sprache und Literatur an der Universität in Prag und den Dec. W. Kergel in Breslau zum außerordentlichen Professor der klassischen Literatur an der Universität in Olmütz ernannt.

Bayern. München, 7. Nov. (Nürnb. Korresp.) Die heutige Sitzung der Abgeordneten⸗Kammer begann um 10 ½ Uhr. Die Gallerieen sind wieder überfüllt, die Abgeordneten bilden zahl⸗ reiche, sehr bewegte Gruppen, am Ministertische befindet sich das gesammte Ministerium und mehrere Ministerial⸗Kommissäre.

Der Abgeordnete Lerchenfeld erhebt eine Reclamation gegen einen Passus im Protokoll, welcher beginnt: „Die Linke“, indem es blos Kammer⸗ Mitglieder, aber offiziell keine Frak tionen gebe; zugleich verwahrt er sich gegen eine b molivirte Abstimmung, wie sie diese sogenannte Linke beabsichtige; diese Art Abstimmung sei ein unparlamentarischer und erbärmlicher frankfurter Usus, der alle Grundsätze beseitige und die hetero⸗ gensten Elemente zusammenführe, was auch Arnheim und seine Freunde wohl gefühlt und durch ihre gestrige Verwahrung ausge⸗ sprochen hätten. Der Präsident hält die letztere Reclamation Lerchenfeld's für antizipirt. Fürst Walle rstein tadelt, daß man die Linke, die man immer als Fraction behandle, bei ihrem wirk⸗ lichen Auftreten mit unparlamentarischen Anspielungen verfolge, be⸗ lehrt den Reklamanten, daß in England häufig motivirte Abstim mungen vorkommen, die wohl auch heute, wo es sich über eine mit mehr als 20 Motiven versehene Tagesordnung handle, hier statt⸗ finden dürften. Kirchgeßner widerlegt die Ansicht Lerchenfeld's, indem es Jedermann freistünde, seine Meinung zu motiviren, wie er wolle. Aus der Erklärung des zweiten Secretairs ergiebt sich, daß in früheren Protokollen nebst thatsächlichen Momenten auch ein⸗ zelne Acußeruugen und Motive aufgenommen wurden. Der Prä⸗ sident schneidet die Debatte ab, indem er sie für verfrüht erklärt,

Der Referent verliest nun sein, bekanntlich vom Ausschusse nicht angenommenes Referat, während welcher Operation der Saal sich leert. Der Referent holt sehr weit aus und findet in den pan theistischen Ansichten des vorigen Jahrhunderts und deren Fortent⸗ wicklung unser Nationalunglück. Nachdem er dieses Nationalunglück vom mekaphysischen, religiösen und staatsrechtlichen Standpunkte aus in einstündiger Verlesung durchgeführt hat, widerlegt er einige von der Linken geltend gemachte Ansichten und kommt auf das ministe⸗ rielle Verfahren, an welches er nicht den Maßstab splitterrichterli cher Diplomatie anlegen zu dürfen glaubt. Er bekämpft die dem Ministerium gemachten Vorwürfe des Partikularismus und ist der Ansicht, daß dasselbe echt deutsch gehandelt habe und durch ein ent⸗ gegengesetztes Verfahren einen Verrath an Deutschland und Bayern begangen haben würde. Das Evangelium der Linken, die franksurter Reichsverfassung mit ihrer Souverainetäts⸗ und Oktroyirungsan⸗ maßung, verwirft er, obwohl er ihr den Charakter eines beach⸗ tenswerthen Aktes der deutschen Geschichte nicht abspricht. Die Nationalversammlung selbst greift er an wegen der Kathederweis⸗ heit und des rothen Radikalismus, welche in Frankfurt geherrscht, und wegen des Götzen der Volkssouverainetät, der sich unter dem Beifall des souverainen Volkes der Gallereien geltend gemacht. Die durch 26stündige Debatten bereits ermüdete Kammer zählt wäh rend der Verlesung des Referats kaum 60 Mitglieder, die Gallerieen gebehrden sich unruhig, die Journalistenloge ist fast legr. Der Re⸗ ferent geht unter fortwährender Unruhe des Auditoriums auf die Zukunft Deutschlands über, warnt vor dem Ultrademokratismus, us welchem die Militairdespotie entspringe, und findet das wahre Wohl Oeutschlands nur in einem Bundesstaate. Er glaubt, daß ein wahrer! Constitutionalismus Mitteldeutschlands den Dualismus

der Großmächte paralysire, die sich blos auf Bajonette stützen, und

spricht sich deshalb für eine Trias aus. Endlich schließt er seine

preistündige Vorlesung unter einem nicht schwer zu deutenbden

Beifall. Minister von der Pfordten: Meine Herren, es war nicht

meine Absicht, noch eine lange Rede zum Schlusse an Sie zu rich⸗

ten, und wäre dies der Fall gewesen, so würde ich jetzt darauf ver⸗ zichten. (Beifall.) Nur Einiges erlaube ich mir noch in kurzem zu bemerken. Die gestrige Debatte hat durch die würdige Art und Weise, mit der man sich, wenn auch mitunter mißbilligend, über das Verfahren der Regierung geäußert, die Regierung sehr befrie⸗ vigt. Nur auf den Antrag ves Fürsten Wallerstein, der sich vor⸗ züglich auf frühere Aeußerungen des Ministeriums stützt, glaube ich näher eingehen zu müssen. Wir können diese Art der Zustimmung nicht annehmen. Unsere Grundgedanken sind zu verschieden, wenn wir auch in einzelnen Wahrheiten zusammentreffen. Diese Wahr⸗

heiten, die uns gemeinsam sind, liegen in den von mir bezeichneten

Sätzen, die der Herr Fürst in seinem Antrag aufgenommen hat; allein unser Standpunkt 5 und durch verschieden. Ich muß deshalb ver⸗ langen, daß von diesem sogenannten Billigungsantrag, bestehend lediglich in aus dem Zusammenhang gerissenen Sätzen, Umgang genommen werde,

Man bezieht sich in diesem Antrag darauf, daß Bayern erklärt habe,

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auch ohne Oesterreich sich bei einem Reichstage betheiligen zu wol⸗

len. Allein bedenken Sie, meine Herreun, damals standen wir noch in Unterhandlung und hegten die Hoffnung, daß dieselbe zum Ziele führen möchte. Damals glaubte Bayern auf solcher Grnndlage hin Antheil nehmen zu koͤnnen. Dies hat sich aber geändert. Vor mir haben mehrere Redner die Ansicht ausgesprochen, daß ein Reichstag nicht eher zusammenberufen werden dürfe, als bis die berufenden Regierungen über die zu machenden Vorlagen einig seien. Die Regierung theilt alle Bedenken der verehrten Redner, a ein neuer Reichstag, dem nicht wenigstens die Grundzüge einer gemeinschaftlichen Verfassung vorgelegt werden könnten, dieselbe resultatlose Wiederholung des bereits dagewesenen zur Folge ha⸗ ben würde. Die Regierung muß bestimmt erklären, daß sie eine solche Zustimmung, die in ihren innersten Grundzügen von den ihrigen abweicht, nie annehmen könne. Wahrheit und Offenheit muß herrschen, mag das Resultat ausfallen, wie es wolle, es wird dann zum Wohle Bayerns und Deutschlands gewiß beitragen. Noch muß ich eine allgemeine Bemerkung machen; habe ich den Ausdruck der Debatte richtig erfaßt, so ist die Majorität darüber, was geschehen soll, nicht einig, durch ihre Abstimmung wird sie uns aber die Grundgedanken bezeichnen, welche die künftige Leitung der Verhältnisse zur Richtschnur nehmen und sich bei ihrem Han⸗ deln vergegenwärtigen muß. Es haben sich Zweifel und Befurch⸗ tungen über die Lage der deutschen Monarchieen von verschiedenen Fractionen erhoben. Meine Herren! Die Monarchie ist eine politische Institution, die eben so große Pflichten als Rechte hat, und, die fur sie wirken, muͤssen bei jedem Schritt, bevor sie ihn thun, ins Auge fassen, ob die Grundfesten der Monarchie dadurch angegriffen wer⸗ den oder nicht? Im erstern Falle darf die Regierung ihn nicht thun, ohne Furcht wegen des Erfolges, denn die vermeintliche Rettung der Mo⸗ narchie wuüͤrde zu ihrer Vernichtung führen. Es gilt hier der Grundsatz: Die Furcht, zu sterben, ist so viel, wie schon gestorben. Hier handelt es sich um den Kampf für das anerkannte Gut, unbekümmert um den Ausgang. Deshalb haben wir der Reichs⸗ verfassung von Frankfurt unsere Zustimmung versagt, weil wir darin das Todesurtheil der monarchischen Verfassung erkannten; deshalb haben wir auch dem Entwurf vom 26. Mai die Aner⸗ kennung versagt, weil wir das Grab der Monarchie, zwar nicht in ganz Deutschland, aber doch in Bayern darin sahen. Niemals kann die Regierung, um die Monarchie zu retten, etwas annehmen, was die Vernichtung derselben, weun auch vorerst nur im Keim, enthält. Allein fürchten Sie sich nicht, wir werden nicht im Kampfe unter⸗ liegen. Die Zukunft gehört dem monarchischen Prinzip. Ich ver⸗ kenne die Vernunftmäßigkeit aller Staatsformen unler gewissen Ver⸗ hältnissen keinesweges; allein bei der geschichtlichen Höhe, bei dem Kulturzustande Deutschlands wird die Monarchie trotz allen Kämpfen und allen Anstrengungen, sie zu stürzen, bestehen: das Volk will sie selbst. Nicht mit der Furcht des Unterliegens, sondern mit der Ge⸗ wißheit des Sieges stehe ich auf meinem Posten, um stets die Mo⸗ narchie zu vertheidigen. Ich schließe mit der Wiederholung meiner neulichen Bitte, einen bestimmten und klaren Ausspruch zu thun. Biele wichtige Abstimmungen stnd in diesem Saale schon erfolgt, viele wichtige werden folgen, allein gewiß ist die heutige eine der wichtigsten. Der Griffelzug, den Sie zu thun im Begriffe stehen, berührt die bayerische, die deutsche, ja mittelbar die europäische Ge⸗ schichte. Fürst Wallerstein erklärt, daß er seinen Antrag zurück ziehe, da er ihn mit seinen Freunden nur in der Ueberzeugung ge⸗ stellt habe, das Ministerium werde seinen früheren Aeußerungen treu bleiben. Da nun aber die damaligen Aussprüche des Mini⸗ steriums nicht mehr der gegenwärtige Ueberzeugungsausdruck dessel⸗ ben seien, so verliere der Antrag sein Objekt.

Es wird nun zur Abstimmung geschritten. Es wird über alle Anträge namentlich abgestimmt. Der für die Frage kritische Kirch⸗ geßnersche Antrag*) kömmt zuerst an die Reihe und wird mit 73 gegen 50 Stimmen verworfen.

Sodann wurde über Absatz 1 des Paur⸗Weißschen Antrags abgestimmt und dieser bei der Probe⸗ durch Aufstehen und Sitzen⸗ bleiben mit großer Mehrheit verworfen. Absatz 1 des Ausschuß⸗ Antrages wurde sodann bei namentlicher Abstimmung mit 73 gegen 56 Stimmen angenommen; desgleichen Absatz 2 des Paur Weißschen Antrages mit 70 gegen 59. Absatz 3 desselben Antrags wurde mit 100 gegen 23 Stimmen verworfen. Absatz 3 des Ausschuß⸗Antrages endlich mit 70 gegen 59 angenommen. Der von Forndran eingebrachte Zusatz: „mit einer wahrhaft unverkümmerten Volksvertrelung“ wurde angenommen; eben so der zweite Antrag von Forndran. Nach geschlos⸗ sener Abstimmung erklärte noch Fürst Wallerstein, daß er, nach⸗ dem der Kirchgeßnersche Antrag gefallen und da die stenographi schen Berichte ohnedies die Motivirung der Linken brächten, er auf die Aufnahme dieser Motivirung in das Protokoll, worüber der Präsident eben die Abstimmung eröffnen wollte, verzichte. Daß diese Abstimmung gegen die Aufnahme ausgefallen seen würde, ließ sich voraussehen. Schluß der Sitzung um 3 Uhr.

Der von der Kammer gefaßte Beschluß lautet nunmehr: In Erwägung, daß der Grundgedanke und das Ziel der deutschen Bewegung des Jahres 1848, so wie die Aufgabe der deutschen National⸗Versammlung die politische und materielle Einigung aller deulschen Stämme gewesen ist; daß einzig und allein die Erreichung dieses Zieles den Anforderungen des Nationalwillens

**) Der Kirchgeßnersche Antrag lautete: „In Erwägung 1) daß die Bestimmung der bayerischen Verfassungs⸗Urkunde Tit. I. §. 1 durch jede Unterordnung des bayerischen Staates unter ein staatsrechtliches Verhältniß zu anreren Staaten geändert würde; 2) eine solche Aenderung nur auf versassungsmäßigem Wege geschehen kann; 3) dieser Weg auch in Bezie⸗ hung auf die deutsche Verfassungsfrage durch das Gesetz vom 15. April⸗ 1848, die Wahl der bayerischen Abgeordneten zur Volksvertretung bei dem dentschen Bunde betreffend, verfassungsgemäß betreten ist, nachdem in Folge Beschlusses des Vorparlaments und des Funsziger⸗Augschusses die Bundes⸗ Versammlung durch Beschluß vom 30. März und 7. April 1848 die Wah⸗ len von Nationalvertretern angeordnet halte, um zwischen den Regierungen und dem Volke das deutsche Verfassungswerk zu Stande zu bringen; 4) der Umstand, daß diese erste Versammlung geendet hat, ohne das Ferfassungs⸗ werk vollständig zu Stande zu bringen, das jedenfalls in seinem Abschnitte über die Oberhauptsfrage als unausführbar erscheint, keinesweges zu der Folgerung berechtigt, als liege ein Verzicht des deutschen Volkes auf Zustande⸗ bringen des Verfassungswerkes vor, vielmehr das Rechtsverhältniß vom 30. März J. April als noch bestehend erachtet werden muß; 5) demgenäß nur allein die sn 1 National⸗Vertretung auf Grund der früheren Wahlgesetze als das Uhsaiegen zur Gründung des deutschen Verfassungswerks zwischen den übes eine Ve dem Volke erscheint; 6) eine Einigung der Regierungen v Ie ung Deutschlands, sei sie interimistisch oder definitiv, im⸗

g niwurf, wohl aber um so annehmbarer betrachtet werden

muß, je sicherer hierbei ohne Gefährd 8 N. 1 die Vereini rdung der Interessen der Volksvertretung die Vereinigung aller deutschen Stämme gegeben ist: beschließt die Kammer

der düe aes hesit. Se. Majestät den König allerehrfurchtsvollst zu bitten, durch Allerhöchstderselben Staats⸗Regierung mit allem Eifer dahin wirken zu lassen, daß eine deutsche National⸗Vertretung auf Grund der früheren Wahlgesetze alsbald berufen werde, um durch dieselbe zwischen den Regie⸗ rungen und dem Volke das Verfassungewerk zu Stande zu bringen. Zu⸗ gleich legt gber die bgyerische Kammer der Abgeordneten Verwahrung ein lesun veree ernFianss, ihüshaas welche in Betreff der deutschen Ver⸗ assungsfrage einseitig ohne Zustimmung der 2

urden ber abgeschlossen werden.“ tsthctttzategitstite Sadt

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enügen vermag, und daß sie daher so lange angestrebt werden muß, als nicht die letzte Hoffnung verschwunden ist, dasselbe zu er⸗ ringen; daß aber diese Absicht durch den von Preußen ausgegange⸗ nen Verfassungsentwurf nicht erreicht wird, indem derselbe den Be stimmungen des Bundesvertrags widerspricht und Deutschland durch den Ausschluß Oesterreichs zerreißt; daß die von dem Staatsmini⸗ ster des Aeußern theils der Kammer vorgelegten, theils dem Ausschusse vertraulich mitgetheilten Aktenstücke darthun, derselbe habe nicht versäumt, in richtiger Auffassung der Stellung Bayerns einerseits Oesterreich zu einer Aenderung seiner bisherigen zu war⸗ tenden und ablehnenden Politik und zu einem engeren staat⸗ lichen Verbande mit dem übrigen Deutschland unter den, der öffentlichen Meinung und den Bedürfnissen des Volkes entspre⸗ chenden Formen und Bürgschaften zu vermögen, und anderer⸗ seits Preußen gegenüber die Beseitigung der Hindernisse zu er⸗ wirken, welche jenem Anschlusse im Wege stehen; daß mithin das Staatsministerium durch sein Bestreben, den Grundgedanken des nationalen Aufschwunges festzuhalten und zu verwirklichen, den Interessen Deutschlands und Bayerns entsprechend gehandelt hat: aus diesen Gründen geht die Kammer zur motivirten Tagesord⸗ nung über (Antrag des Ausschusses) *); in Erwägung, daß unter den bestehenden Verhältnissen, bei der Zerrissenheit des Vaterlandes die Bildung einer neuen provisorischen Centralgewalt an sich, sowohl hinsichtlich der Sicherung und Stellung Deutschlands gegenüber dem Auslande, als hinsichtlich der Besorgung seiner noch bestehenden in⸗ neren gemeinschaftlichen Angelegenheiten ein politisches und prakti⸗ sches Bedürfniß war; in Erwägung, daß, wenn auch der Vertrag vom 30. September d. J., die Bildung einer provisorischen Bundes Central Kommission betreffend, so wie er geschlossen, eben so den bishe⸗ rigen Bundesrechten der Einzelstaaten entgegensteht, als er nicht geeignet erscheint, in dem deutschen Volke Vertrauen auf die Gestaltung sei⸗ ner Zukunft zu erwecken, es gleichwohl bei der Dringlichkeit des Bedursnisses nicht mehr ausführbar erscheint, ein anderes Organ an die Stelle dieser provisorischen Centralgewalt zu setzen: beschließt die Kammer, indem sie jede Verlängerung der Dauer dieses Pro⸗ visoriums für unzulaͤssig erklärt und indem sie für jetzt Umgang von der Erörterung der Frage nimmt, ob von Seiten der Koöͤnig⸗ lichen Staatsregierung ihre Zustimmung zur Genehmigung des erwähnten Vertrages zu erholen gewesen wäre, auch über diese Mittheilung des Königl. Ministeriums zur motivirten Tagesordnung überzugehen. (Paur⸗Weißscher Antrag.) **) In Erwägung jedoch, daß die Ungewißheit über das zukünftige Schicksal des Vaterlandes nicht nur eine bedenkliche Aufregung erhält, sondern auch die ma⸗ teriellen Interessen des Volkes aufs schwerste beeinträchtigt und gefährdet; daß der trostlos schleppende Gang der Unterhandlungen und das überwiegende Hervortreten dynastischer Bestrebungen jene Uebelstände ins Unbestimmte zu verlängern drohen; daß aber ge⸗ rade jetzt bei dem Mangel einer allgemeinen Vertretung des deut⸗ schen Volkes es um so dringendere Pflicht der Regierungen ist, mit Entschiedenheit, Offenheit und Selbstverleugnung das schleunige Zustandekommen einer ganz Deutschland umfassenden Einigung an⸗ zustreben, welche durch Herstellung seiner ungetheilten Macht gegen außen, durch kräftige Förderung seiner materiellen Interessen im Innern, durch vollständige Entwickelung und unverkümmerte Gel⸗ tung des constitutionellen Prinzips den gerechten Wünschen des deutscheu Volks Genüge zu leisten vermag; daß übrigens die Gründe, welche Oesterreichs bisherige Haltung bedingen mochten, nunmehr in den Hintergrund getreten sind, daher sein Anschluß wesentlich erleichtert erscheint; aus diesen Gründen erwartet die Kammer: das Ministerium werde bei den Verhandlungen in der deut⸗ schen Frage den Grundgedanken der Einigung des gesammten Deutsch⸗ lands festhalten und für das Zustandekommen einer definitiven Ver⸗ fassung in diesem Geiste („mit einer wahrhaft uns erkümmerten Volksver⸗ tretung“ Forndranscher Antrag) nothwendige Opfer nicht scheuen und der Kammer die Ergebnisse der Verhandlungen zur Kenntniß und zur Zustimmung vorlegen. (Ausschußantrag.) ***) Die Kammer

*) Der abgelehnie erste Absatz des Paur⸗Weißschen Antrages lau⸗ tete: In Erwägung, daß das deutsche Volk schon lange vor dem März 1848 sich der Nothwendigkeit einer innigeren Verbindung aller deutschen Stämmen in politischer und materieller Beziehung eben so, als der Noth⸗ wendigkeit allseitiger Anerkennung und wahrer Durchführung des constitutionel⸗ len Prinzips, insbesondere der Vertretung der deutschen Nation bei einer die allgemeinen deutschen Angelegenheiten leitenden Gewalt bewußt war; in Erwägung, daß dieses Streben nach allgemeiner Einigung der Grund⸗ gedanke der Bewegung des Jahres 1848; in Erwägung, daß hiernach das Königl. Ministerium, insofern es, wie es erklärt, von diesem Gesichtspunkter ausgehend, vorerst unter Ablehnung der Ergreifung irgend einer definitiven Parteistellung vor Allem den Versuch machen zu müssen glaubte, die haupt⸗ sächlichen Hindernisse der allgemeinen Einigung die bisherige, die Neu⸗ gestaltung Deutschlands hemmende, den Abschluß des Verfassungswerkes ins Ungewisse verschiebende Politik Oesterreichs einerseits, und das Festhalten Preußens an Verfassungs⸗Bestimmungen, welche solche Einigung unmöglich erscheinen ließen, andererseits, vermittelnd zu entfernen, und insofern es hierbei aus gleichem Beweggrunde der Beseitigung des Widerstandes gegen den erwähnten Hauptzweck auch spezielle, materielle Iunteressen Bayerns ver⸗ trat, genügenden Grund hierfür finden konnte, geht die Kammer über die Vorlagen des Ministeriums zur motivirten Tagesordnung über.

**%) Der durch Annahme des Paur⸗ Weißschen Antrags be⸗ seitigte zweite Absatz des Ausschuß⸗Antrags lautete: In weiterer Erwä⸗ gung, daß durch die faktische Spaltung der beiden deutschen Großmächte der künftigen Einigung Deutschlands die größte Gefahr drohte, daß der Mangel einer allseitig anerkannten Bundesgewalt einen Zustand allgemeiner Verwirrung und Rechtlosigkeit hätte herbeiführen müssen, dessen Vermeidung vor Allem nothwendig war; daß, wenn auch die neugebildete Centralgewalt unleugbar die Rechte der Einzelstaaten wesentlich gefährdet und den Wün⸗ schen und Bedüͤrfnissen des Volkes in keiner Weise genügt, somit deren Fortdauer über dvie festgesetzte Zeit unter keiner Voraussetzung zulässig ist, dennoch nur durch ihre Bildung die sofortige Zerreißung Deutschlands ver⸗ mieden und der Uebergang zu einer definitiven Neugestaltung des⸗ selben vermittelt wird, daß unter diesen Verhältnissen die Opfer, welche Bayern durch die Anerkennung der provisorischen Cen⸗ tralgewalt dem Zwecke der Einigung bringt, gerechtfertigt er⸗ scheinen: aus diesen Gründen geht die Kammer zur motivirten Tagesord⸗ nung über.

8*) Der abgelehnte Absatz 3 des Paur⸗Weiß'schen Antrages wollte dafür: In Erwägung jedoch, daß das Wohl des Vaterlandes es unabweis⸗ bar verlangt, daß die künftige Verfassung Deutschlands in kürzester Frist festgestellt werde, daß Bayern sowohl durch seine Größe als erster deutscher Staat nach den beiden Großmächten, namentlich aber durch seine schon seit dem Jahre 1818 bestehende constitutionelle Staatsform vorzugsweise berusen ist, zur Lösung dieser Frage in einer dem Nationalwillen entspre⸗ chenden Weise durch direktes Handeln mitzuwirken; in Erwägung, daß die Macht und Fähigkeit Baperns zu dem angegebenen Zwecke absolut da⸗ durch bedingt erscheint, daß kein Zweisel darüber bestehen bleibe, es verfolge bei dieser Aufgabe keinerlei partikularistische oder dynastische Iunteressen, sondern eine durchaus deutsche und wahrhaft constitutionelle Politik, indem nur unter dieser Voraussetzung die übrigen kleinen Staaten Vertrauen zu ihm fassen und mit ihm gehen können, und es nur hierdurch zu einer Macht gelangen kann, um bei Lösung der Verfassungsfrage auf eine, dem Natio⸗ nalwillen, dem doppelten Zwecke der Einheit und Freiheit entsprechende Weise Ge⸗ wicht zu äußern; in Erwägung, daß die gegenwärtige Lage der Dinge für Bayern wiederholt die Aufforderung enthält, in dieser Richtung eben so rasch, als energisch vorzuschreiten, spricht die Kammer die Erwartung aus: daß das Königl. Ministerium durch seine Maßregeln im Allgemeinen, ins⸗ besondere durch baldige Vorlagen über diezugesicherten Verfassungsreformen,

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giebt sich der Ueberzeugung hin, die bayerische Regierung werde nicht versäumen, dahin zu wirken, daß, unbeschadet dieser Auf⸗ gabe, vor Allem die industriellen und handelspolitischen Verhält⸗ nisse und Bedürfnisse aller deutschen Staaten unter geeigneter Be⸗ des Volkes gemeinsam geregelt werden. (Forndranscher ntrag.)

München, 8. Nov. (Münch. Ztg.) Die Kammer der Reichsräthe hat heute eine öffentliche Sitzung gehalten, in welcher der von dem Staats⸗Ministerium der Justiz FFrgzlegts und in der Kammer der Abgeordneten bereits debattirte Gesetz⸗Entwurf, „das Verfahren bei Preßvergehen in der Pfalz betreffend“, zur Be⸗ rathung und Abstimmung gebracht wurde. Derselbe wurde mit Ausnahme geringer Abänderungen und Redactions⸗Verbesserungen in der von der zweiten Kammer beschlossenen Fassung sammt Mo⸗ disicationen einstimmig angenommen.

Sachsen. Dresden, 10. Nov. (Sächs. Bl.) Hier ist folgende Verordnung, die wegen Beleidigung der Person des Staats-Oberhauptes und seiner Familie zu ertheilende Amnestie betreffend, erschienen: b „Wir Friedrich Augu st, von Gottes Gnaden, König von Sachsen ꝛc., haben Uns bewogen gefunden, wegen aller nach dem zweiten Kapitel im zweiten Theile des Kriminalgesetzbuches zu beur⸗ theilenden, bis zum 31. Oktober d. J. vorgekommenen Vergehungen Amnestie zu ertheilen. Demzufolge sollen wegen der ebengedachten Vergehungen Untersuchungen nicht eingeleitet werden, auch werden alle wegen dieser Vergehungen bereits anhängigen Untersuchungen hierdurch niedergeschlagen und die deshalb zuerkannten Strafen, so weit sie noch nicht vollstreckt sind, erlassen. Wegen der Verbindlich⸗ keit zur Kostenabstattung bewendet es bei dem, was deshalb bereits rechtlich erkannt ist, vorbehaltlich der dagegen zuständigen gesetzlichen Rechtsmittel. Ist noch kein Erkenntniß gesprochen, so sind die Ko⸗ sten Gerichts wegen zu übertragen.

Gegeben zu Dresden, den 3. November 1849.

Friedrich Augustt. 86 1 Dhr. Ferdinand Zschinsky.“ 8

8 Hannover. Hannover, 9. Nov. (Hannov. Ztg.) Von Sr. Majestät dem Könige sind zu Mitgliedern der allgemeinen Stände⸗Versammlung ernannt: 8 1 I. Für die erste Kammer: 4) Der Vorstand des Kriegs⸗Mi⸗ nisteriums, General⸗Lieutenant Prott; 2) der Vorstand des Mini⸗ steriums der geistlichen und Unterrichts⸗Angelegenheiten, Braun; 3) der General⸗Secretair des Ministeriums des Innern, Regie⸗ rungs⸗Rath Freiherr von Hammerstein; 4) der Kammerrath von Münchhausen. . 1

II. Für die zweite Kammer: Der Vorstand des Justiz⸗Mi⸗ nisteriums, von Düring. 8 Zu Kommissarien für beide Kammern sind ernannt: 1) Der General⸗Secretair des Kriegs⸗Ministeriums, Geheimer Kriegsrath Wedemeyer; 2) der General⸗Secretair des Finanz⸗Ministeriums, Ober⸗Finanzrath Bar; 3) der Justizrath Bacmeister; 4) der Mi⸗ nisterial⸗Referent Lichtenberg; 5) der Ministerial⸗Referent Leon⸗ hardt; 6) der Ministerial⸗Referent Brüel. .

In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer der allgemeinen Stände⸗Versammlung wurde nach Verlesung und Genehmigung des Protokolls der gestrigen Sitzung das Schreiben des Königlichen Gesammt⸗Ministeriums verlesen, wonach Se. Majestät der König von den zu Präsidenten vorgeschlagenen Mitgliedern den Professor Briegleb fuͤr die erste, und den Ober⸗Burgermeister Lindemann für die zweite Kammer bestätigt.

Nachdem sodann der Ober⸗Buͤrgermeister Lindemann den Prä⸗ sidenten-Eid für die zweite Kammer geleistet, sprach er folgende Worte:

„Meine Herren! Die erste Pflicht, welche ich nach Einnahme dieses Sitzes zu erfüllen habe, ist die des Dankes. Ich bin durch⸗ drungen von den lebhaftesten Gefühlen des Dankes fur das ehren⸗ volle Vertrauen von allen Seiten dieses Hauses, durchdrungen aber auch nicht weniger von dem ernsten Vorsatz, Alles aufzubieten, was meine schwachen Kräfte vermögen, um diesem Vertrauen zu Aamse. chen. Wenn irgend etwas geeignet sein kann, meine Kräfte zu be⸗ fähigen zur würdigen Versehung dieses oft schwierigen Amtes, so ist es das Bewußtsein, daß man mir von allen Seiten des Hauses mit Vertrauen entgegenkam. Bei meiner schwierigen Pflicht der strengen Unparteilichkeit werden Sie nicht von mir fordern, daß ich parteilos sei. Sie würden dadurch etwas Uebermenschliches fordern, oder verlan⸗ gen, daß ich Maschine sei; Sie werden nur fordern, daß ich auf dem Präsidentensitze meine Partei⸗Ansicht vergesse, und daß Letztere t bei Leitung der Geschäfte niemals Einfluß übe. In diesem Sinne hat die Forderung volle Berechtigung, und ich darf versichern, daß ich zu seiner Zeit dieser Forderung nicht uneingedenk sein werde und das Bestreben mich nicht verlassen wird, die strengste Unpar⸗ teilichkeit in diesem Sinne zu üben. Ich empfehle mich der Nach⸗ sicht des geehrten Hauses.“

Zum Vice⸗Präsidenten der zweiten Kammer wurden hierau vorgeschlagen von 75 stimmenden Mitgliedern mit 40 Stimmen der Dr. Ellissen; von 76 stimmenden Mitgliedern mit 41 Stimmen der Landdrost Dr. Meyer; von 77 stimmenden Mitgliedern mit 43 Stimmen der Justizrath Schlüter. Schließlich wurde einstimmig die Oeffentlichkeit der Verhandlungen beschlossen.

Schleswig⸗Holstein. Kiel, 8. Nov. (Alt. Merk.) Nachdem gestern Abend um 7 Uhr eine zweite geheime Sitzung be⸗ gonnen hatte, trat gegen 11 ½ Uhr eine öffentliche ein. Hier stellte der Abgeordnete Brackel den dringlichen Antrag: Die Landes⸗ Versammlung beschließt, bis zur zweiten Woche des Monats Dezem⸗ bers d. J., unter der Voraussetzung der näheren Bezeichnung des Tages durch das Präsidium, sich zu vertagen; die Landes⸗Versamm⸗ lung beschließt ferner, daß die Functionen des Büreau's bis acht Tage nach der Wiederzusammenlunft der Versammlung verlängert werden. Der Antrag ward angenommen; ein Amendement des Abgeordneten von Neergaard I., daß die Landes Versammlung schon früher zusammentreten solle, je nachdem nämlich der Ausschuß zur Prüfung des Budgets mit seinen Arbeiten fertig; ferner ein Amendement des Advokaten Gülich aus Pinneberg, daß die Landes-Versammlung sich bis zum Donnerstag in der zweiten Woche des Dezember⸗Monats vertage, wurden abgelehnt; ein Amen⸗ dement von Springer, daß das Büreau beauftragt werde, nöthi⸗

den thatsächlichen Beweis liefere, daß die Königl. Staatsregierung das con⸗ stitutionelle Prinzix wahrhaft durchzufühaen gemeint sei; daß dasselbe im möglichsten Verständnisse zunächst mit den bedeutenderen deutschen Mittel⸗ staaten auf Grundlage einer wahrhaft deutschen Politik bezeichne und fest⸗ stelle, unter welchen Normen das deutsche Verfassungswerk unter Mitwir⸗ kung der deutschen Nationalvertretung zum Abschlusse zu bringen sei, und daß endlich dasselbe s. Z. die betreffenden Resultate der Kammer vorlege, welche unter allen Verhältnissen in dem Erstehen eines deutschen Bundes⸗ staates allein auch die Erhöhung der politischen Bedeutung und ate- riellen Wohlfahrt Baverns erkennen kann und zur Erreichung dieses hohen

Zweckes die nöthigen Opfer nicht scheuen usheen 1b .