1849 / 319 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Se . reveille ab, und zogen mit klingendem Spiele durch die 1 Stadt. Um Miktag war große Parade, wobei sich auch die Bürgerwehrmänner zahlreich einfanden, und nach 8 endigter Parade begab sich der Oberbefehlshaber der Bürgerwehr, Oberst Gerber, mit seinem Stabe in das Großherzogliche Schloß, um im Namen der gesammten Wehrmannschaft die Gratulation auf einem zu diesem Zwecke aufgelegten Gratulationsbogen abzu⸗ statten. Eine Reihenfolge von geselligen Vereinigungen, worunter namentlich ein Festmahl im Bürgerverein, dem die preußische und die badische Generalität, die Mitglieder des Kriegsministeriums, der Stab der Bürgerwehr und viele Wehrmänner beiwohnten, und wo⸗ bei Oberst Gerber den Toast auf Se. Königliche Hoheit den Groß herzog ausbrachte, beschloß in Eintracht loyaler Gesinnungen und festlicher Heiterkeit die Tagesfeier. Ein ansprechendes Bild bot

je mit badischen Truppen besetzte Kaserne im Schloßgarten, welche

on den Soldaten in sinniger Weise geschmückt und erleuchtet wor⸗

en war.

Hessen. Kassel, 16. Nov. (Kass. Ztg.) Nach Eröff⸗ nung der heutigen Sitzung der Stände Versammlung zeigte Herr Nebelthau für den Verfassungs⸗ Ausschuß an, daß auf den Wunsch des letzteren zum Behuf der Berathung über den Gesetz⸗ Entwurf wegen der Wahlen zum deutschen Volkshause folgende Aktenstücke: 1) betreffend die Verhandlungen über die provisorische Bundes⸗Kommission, 2) betreffend die Berathungen des Verwal⸗ ungsrathes, und 3) betreffend das Bündniß vom 26. Mai von er Landtags⸗Kommission mitgetheilt worden seien und auf der afel des Hauses zur Einsicht offen liegen.

Herr Henkel wünscht Auskunft darüber, ob es gegründet sei, daß 1) das Finanz⸗Ministerium alle durch das Gesetz vom 26. August 1848 aufgehobenen Realgerechtsame in den Steuerbüchern löschen lasse? 2) auch verfügt habe, daß in die Steuerbücher und in den ertheilt werdenden Steuer⸗ buchs⸗Auszügen bei den einzelnen Grundstücken die Anlieger nicht angege⸗ ben werden, 3) daß es bei Aufstellung der neuen Kataster an jeder Maß⸗ regel zur sosortigen zuverlässigen Konstatirung der Identität der Grundstücke nach der neueren und ältecen Bezeichnung fehle. Es würde dadurch eine heillose Verwirrung in dem Hypotheken⸗ und Währschaftswesen und eine ime Erschütterung des Kredits erwachsen; denn da an die Stelle der ufgehobenen Reallasten Forderungen getreten seien, welche als erste Hypo⸗ hek auf den Grundstuͤcken haften, so würde, wenn man die Neallasten vor achgewiesener Zählung jener Forderungen in den Steuerbüchern löschen woellte, bei allen Verkäufen oder Verpfändungen, wozu Steuerbuchs⸗Auszüge nöthig sind, der Käufer oder Darleiher gar nicht mehr aufmerksam darauf gemacht werden, nach der Zahlung jener Entschädigungssumme zu fragen; es seien auch die Anlieger oft das einzige Unterscheidungsmittel zweier sonst gleich bezeich⸗ ter Grundstücke; endlich werde, wenn in den Steuerbuchs⸗Auszügen nicht auch die ältere Bezeichnung angemerkt sei, Niemand seine Hypothek mehr finden können. Herr Staatsrath Wippermann entgegnete, daß allerdings eine diese Verhältnisse betreffende Verfügung getroffen sei, daß aber die Auskunft hierüber zu ausführlich sein müsse, um sie hier mündlich zu ge⸗ ben; er werde deshalb in aller Kürze eine schriftliche Darstellung geben. Herr Henkel: Er habe auch keine alsbaldige Antwort beabsichtigt. Der Antrag des Herrn Henkel wurde der Regierung mitzutheilen beschlossen.

Der Präsident verkündigte folgende selbstständige Anträge: 1) des

Herrn Hahndorf wegen Beschaffung eines Unterstützungsfonds zur Be⸗

ggründung eines eigenen Heerdes für arme, würdige und tüchtige Handwerker. 2) Des Herrn Peters: Den im Einverständniß mit dem Finanz⸗Ministe⸗ rium ergangenen Erlaß der Staatsjagdverwaltung vom 23. August d. J., welcher die Forstbedienten anweist, die Jagd überall da auszuüben, wo der im §. 3 des Gesetzes vom 1. Juli v. J. bestimmte Entschädigungs⸗Betrnag nicht gelöst sei als den Grundrechten zuwider und deshalb als gesetzwidrig zu erklären, und demgemäß die Regierung zu ersuchen, jenen Erlaß schleunigst zurückzuneh⸗ men und den Forstbedienten die Unterlassung weiterer Eingriffe in das reichsgesetzliche Jagdrecht der Eigenthümer nachdrücklich zu verbieten, auch darüber, daß dieses geschehen, der Stände⸗Versammlung baldige Mitthei⸗ lung zu machen. 3) Desselben Abgeordneten auf haldige Vorlage eines Ge⸗ setz⸗Entwurfes wegen Aufhebung der Befreiung der Prinzen des Kurhauses und der standesherrlichen Familiemvon der Wehrpflicht. 4) Des Herrn Hartmann auf Vor⸗ lage eines Gesetz⸗Entwurfes über die Verpflichtung derjenigen Gemeinde⸗Mitglie⸗ der, welche Grundeigenthum in einer anderen Gemarkung haben, auch davon ver⸗ hältnißmäßig zu den Kirchen⸗, Pfarr⸗ und Schulbaukosten beizutragen. 5) Desselben Abgeordneten wegen Anlage eines Kohlen⸗Bergwerkes bei der Stadt Sachsenhagen. 6) Des Herrn Bayrhoffer: die Stände⸗Versamm⸗ lung wolle die Verfassungs⸗ und Gesetzmäßigkeit des Anschlusses an das Dreilönigs⸗Bündniß seitens der Staatsregierung, so wie der Verordnung vom 25. Oktober 1849, die Bestimmungen für das Verfahren vor dem provisorischen Bundesschieds⸗Gerichte und die Vollziehung der Entscheidungen desselben betreffend, untersuchen und demgemäß die weiteren Schritte zur Herstellung des verfassungsmäßigen Zustandes thun.

Herr Henket berichtete für den Rechts⸗Ausschuß über den Gesetz⸗ Entwurf: die Ablösbarkeit der noch bestehenden Grundlasten betreffend. (Die Bestimmungen des Entwurfes sind folgende: Nach §. 1 soll eine Ver⸗ äußerung von Grundstücken künftig nur zu vollem Grundeigenthum statt⸗ finden dürfen. Die Entrichtung eines Grundzinses kann nur unter dem Vorbehalte der Ablösbarkeit bedungen werden. Eine Ermäßigung des Grundsteuer⸗Kapitals findet dieser Grundzinsen wegen nicht statt. §. 2. Alle ständigen Leistungen, welche auf den seit 1814 neu konstituirten Erb⸗ leihen und Erbpachten haften, so wie die vertragsmäßig als unablösbar bedungenen Rottzinsen sind ablösbar. Mit der Ablösung der ständigen Leistungen von dan Erbleihen und Erbpachten erwerben deren Beständer das volle Eigenthum an denselben. §. 3. Die Ablösung kann von beiden Thei⸗ len verlangt werden. §. 4. Das Ablösungs⸗Kapital besteht in dem fünf⸗ undzwanzigfachen, odert achtzehnfachen Betrage der Leistung, je nachdem die Ablösung von dem Pflichtigen oder dem Berechtigten begehrt wird. §. 5. Bei Berechnung des Werthes der in Naturalien bestehenden Leistungen sind die im §. 1 des Gesetzes vom 21. März 1835 enthaltenen Bestimmungen zu beachten. §. 6. Die Landes⸗Kredit⸗Kasse ist nur dann zur Darleihung des Ablösungs-Kapitals verbunden, wenn die Ablösung von Seiten des Berechtigten begehrt wird. §. 7. Hinsichtlich des Verfahrens finden die bisherigen Ablösungs⸗Gesetze analoge Anwendung. §. 8. Der Schlußsatz in §. 23 des Gesetzes vom 26. August 1848, so wie die in dem §. 24 ent⸗ haltenen Bestimmungen, wonach unablösbare Grundzinsen von Rottlände⸗ reien vertragsmäßig vorbehalten werden können, werden aufgehoben. Der

Ausschuß beantragt im Allgemeinen auf das Gesetz cinzugehen. Herr Lieberknecht ist gegen die Berathung des Entwurfs; er wünscht, daß vorerst festgestellt werde, welche Rechte sich auf einen bestimmten Entste⸗ hungsgrund zurückführen lassen. Herr Cöster ist zwar nicht gegen den Fügsbl im Allgemeinen, wohl aber gegen die vorliegende Form, weil erselbe Unvollständigkeiten und Unklarheiten enthalte, die passend nur mit⸗ n dieses Gesetzes beseitigt werden könnten. Herr Henkel: Diese Aus⸗ senungen seien aber nicht gegen die Berathung des Entwurfes gerichtet, sondern bieten nur Gele 9 7. SE e Gelegenheiten zu Verbesserungs⸗Anträgen dar. Die Ver⸗ ing beschloß, auf die Berathung des Entwurfs einzugehen. §. 1 wurde unverändert angenommen. Zu § 2 wurde nach Dist ssi zwischen den Herren Henkel, Hahnd f H Wö““ feiffer und Staats gel, Hahndorf, Hoos, Beuther, Nebelthau, Pfeiffer und Staatsrath Wippermann eine Abänderung des Ausschusses genommen, wonach der alsvaldige Uebergang des vollen Ei husses an die Beständer gusgesprochen werden soll vorbehaltlich der öö auf §§. 3, 4 und 5 wurden unverändert angenommen. Zu 8. mw8 non⸗ Die 8 1 Heren H 4 sen⸗ n. Zu H§. 6 wurde ein Amendement des Herrn Hoos, wonach die Landes⸗Kred 1 . vn G Kreditkasse in allen Fällen das Ablösungs⸗Kapital darleihen solle, dem Ausschuß überwi §§. 7 und 8 wurden angenommen, letzterer vorbehaltlich tion. Herr Cöster beantragte, die Ablösbarkeit der auf vier oder deece Augen stehenden Lehen, ausschließlich der Eventual⸗Belehnungen und 1 hens⸗Erspektanzen, mit in den Bereich des Gesetzes zu ziehen und dabei zugleich die Feststellung der hierdurch berührten Eigenibums⸗Verhältnisse so wie der Erbfolge mit Berücksichtigung der Unvollständigkeit und Dunkel⸗ heit des §. 21, Absatz 2 des Gesetzes vom 26. August v. J. ins Auge zu fassen. Herr Oetker beantragte einen Zusatz⸗Paragraphen hinsichtlich der Ablösbarkeit der an Kirchen, Schulen und Pfarreien zu entrichtenden

2108 Leistungen. Beide Anträge wurden in Erwägung gezogen und dem Aus⸗ schuß überwiesen.

Herr Bayrbhoffer begründet seine Interpellation wegen baldiger Vorlage eines Gesetzes für die Wahlen der Bezirksräthe, so wie wegen Aufhebung der Familien⸗Fideikommisse. In Betreff des ersteren Antrages bemerkte Antragsteller, daß bereits am 20. Juli d. J. ein denselben Gegen⸗

stand betreffender Antrag des Herrn Pfeiffer II. der Regierung mitgetheilt

worden sei. Nach dem Gesetze vom 31. Oktober v. J. wegen Bildung neuer Verwaltungs⸗Bezirke werden die Mitglieder des Bezirkgraths aus den Wahlmännern des letzten Landtags gewählt. Die gegenwärtigen Bezirks⸗

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räthe hätten zwar noch zwei Jahre zu fungiren, allein nach §. 22 stehe

auch der Regierung das Recht zur Auflösung des Bezirksraths vor Ablauf der dreijährigen Periode zu. Durch Aufhebung des früheren Wahlgesetzes hätten nun die letzten Wahlmänner ibre Eggenschaft als solche verloren; es sei deshalb wünschenswerth, durch ein Gesetz schleunigst ein neues Funda⸗ ment für die Wahl der Bezirksräthe zu gewinnen, da der jetzige Zustand der Ungewißheit ein peinlicher sei und uunr ein gesicherter Rechtszustand Ga⸗ rantie für die Zukunft gewähre. In Betreff des Gesetzes wegen Aufhe⸗ bung der Familien⸗Fideikommisse geht der Antragsteller vom §. 38 der Grundrechte und §. 4 des Einführungs⸗Gesetzes aus. Der Begriff der Familien⸗Fideikommisse widerstreite den Rechtsbegriffen unserer Zeit, dem Prinztp der gleichberechtigten Persönlichkeit und der ungetheilten Gewalt in den Händen des Staates. Sie erschienen als ein Monopol zu Gunsten einzelner Kinder gegen andere; sie übten Druck auf die Gewerbs⸗ Verhältnisse aus und seien ein schwarzer Punkt im sozialen Le⸗ ben. Der Landtags⸗Kommissar erwiederte, daß die Herren, welche an der Berathung des Gesetzes über die Bezirksräthe Theil genommen, sich er⸗ innern würden, daß die Regierung die Nothwendigkeit eines Wahlgesetzes nicht verkenne; sie sei mit der Ausarbeitung eines solchen beschäftigt, und werde dasselbe bestimmt noch auf diesem Landtage zur Vorlage gelangeu. Das Gesetz wegen Aufhebung der Familien⸗Fideikommisse sei von unter⸗ geordnetem Interesse; er sei nicht in der Lage, Auskunft darüber zu geben, wann die Vorlage eines solchen erfolge. Herr Bayrhoffer erllärte sich in Betreff des ersteren Punktes durch die gegebene Auskunft beruhigt; in Betreff des zweiten behält er sich weiteren Antrag vor. Herr Staatsrath Eberhard: Der Gesetz⸗Entwurf wegen der Wahl der Bezirksräthe sei bereits bis zur Revision ge⸗ diehen; er wolle anheimgeben, drei ständische Mitglieder der betref⸗ fenden Kommission beizugeben; es habe sich dieses Verfahren schon früher bewährt. Dieser Antrag wurde angenommen und die Wahl von drei Mit⸗ gliedern für die nächste Sitzung vorbehalten.

Der Landtags⸗Kommissar übergab folgende Mittheilungen des Finanz⸗ Ministeriums: 1) Eine Uebersicht sämmtlicher Staatsdomainen ꝛc., unter Vorbehalt der Nachlieferung eines Verzeichnisses der Pachtnachlässe aus den letzten zehn Jahren. Herr Gräfe beantragte alsbaldigen Druck. Die Versammlung beschloß nach dem Gräfeschen Antrag den Druck. 2) Eine Uebersicht der Einnahmen und Ausgaben des Spezialfonds aus den Laude⸗ mial⸗ und Ablösungsgeldern für die Jahre 1845 1848, mit dem Bemer⸗ ken, daß die Einsicht der Rechnungen freistehe. 3) Eine Nachweisung über die Verwendung des Staats⸗Einkommens in der sechsten Finanzperide. Sämmtliche Mittheilungen wurden dem Budget⸗Ausschuß überwiesen und die Sitzung hierauf geschlossen.

Braunschweig. Braunschweig, 17. Nov. (D. R. Z.) Bevor die Abgeordneten⸗Versammlung in ihrer heutigen Sitzung zur Tagesordnung überging, nahm der Staats⸗Minister von Schleinitz das Wort, um der Versammlung eine Mittheilung zu machen: Schon seit längerer Zeit habe sich das Bedürfniß heraus⸗ gestellt, das Personal des Staats⸗Ministeriums zu vervollständigen, namentlich sti dieses bei der nahe bevorstehenden neuen Organisa⸗ tion der inneren Verwaltung nothwendig geworden. Se. Hoheit der Herzog habe auf den Antrag des Ministeriums den Oberlandes⸗ gerichts⸗Rath Langerfeldt zum stimmführenden Mitgliede desselben ernannt und seien ihm die Sectionen des Innern und des Kultus übertragen. Da hierdurch eine Vakanz im Oberlandesgericht ent⸗ stehe, welche durch Wahl der Versammlung zu ersetzen sei, so wolle er anheimgeben, daß diese Wahl von der Versammlung baldigst vorgenommen werde. Er hege die Hoffnung, daß die Wahl des neuen Mitgliedes des Ministeriums dazu beitragen werde, das be⸗ stehende Verhältniß zwischen der Regierung und der Versammlung zu befestigen, namentlich werde es möglich sein, die Geschäfte zu beschleuni

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Uusland.

Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 16. Nov. Mehrere Petitionen werden eingereicht, welche die Beibehaltung des Gesetzes der Constituante über die Getrnksteuer verlangen. Herr Lancastel hatte den Antrag gestellt, die Abthei⸗ lungen sollten eine Kommission ernennen, um einen Gesetz⸗Entwurf auszuarbeiten, der dem Art. 66 der Constitution: „Die Zahl der Minister und ihre Befugnisse wird von der gesetzgebenden Gewalt bestimmt“, Genüge leiste. Die Konklusionen der Kommissionen ge⸗ hen dahin, den Antrag zu verwerfen. Der Stadt Rouen wird ge⸗ stattet, eine Anleihe von 20,000 Fr. zu machen. Herr Raudin zieht seinen Antrag, den Zeitungsstempel wieder einzuführen, zu⸗ rück. Eine lange Diskussion wird über den Antrag des Herrn Flandrin in Bezug auf die Gestüte von St. Cloud eröffnet. Der Antrag wird in Berathung gezogen werden. Der Kriegs⸗ Minister zeigt an, daß sich im Budget des Kriegs⸗Ministeriums ein Irrthum eingeschlichen. Das Ministerium hofft, daß der Friede erhalten werden würde. Sobald die Armee aus Italien zurück ist

und die Regierung hofft, daß das bald geschehen werde wird dieselbe auf ihren Normalstand reduzirt werden. Die Diskussion beginnt auch über den Antrag, dem Vice⸗Präsidenten eine Entschä⸗ digung für seine Repräsentations⸗Kosten zu gewähren. Eine De⸗ batte für und wider die Bewilligung der 20,000 Fr. als Logiskosten erhebt sich. Der Berichterstatter H. Flandrin spricht für die Be⸗ willigung. Der erste Artikel des Gesetzes, der den Vice⸗ Präsidenten eine jährliche Entschädigung zuspricht, wird nach zwei⸗ maliger Probe verworfen. Jetzt entsteht eine Debatte darüber, ob der zweite Artikel: „Dieser Kredit wird auf 20,000 Fr. für das Jahr 1849 angesetzt“, zur Abstimmung zugelassen werden soll? Herr Charras spricht gegen die Zulassung. Herr von der Moskowa: „Ich glaube, die Gedanken, die Absicht des Vice⸗ Präsidenten wiederzugeben, wenn ich sage, daß derselbe die Entschä⸗ digung, selbst wenn ein Amendement bewilligt wird, nach der er⸗ folgten ersten Abstimmung nicht annehmen wird.“ Herr Gavini hatte nämlich den Zusatz⸗Artikel vorgeschlagen: „Ein Kredit von 20,000 Fr. wird dem Minister der öffentlichen Bauten bewilligt.“ Herr Flandrin verlangt, daß das Amendement der Kommission überwiesen werde. Hierüber erhebt sich eine lebhafte Debatte, denn einige Mitglieder sehen dieses Amendement als einen neuen Vorschlag an. Die Kammer beschließt mit einer großen Stimmenmehrheit, daß dieser Vor chlag des Herrn Gavini nicht in Berathung gezogen werden soll, und schreitet zur Berathung des Antrags der Herren Doutre, Benoit und anderer Deputirten, wegen Abschaffung der Artikel 414 —15 und 416 des Strafgesetzbuchs, die jedoch auf morgen vertagt wird.

Paris, 16. Nov. General⸗Lieutenant Lahitte ist zum Ge⸗ sandten und bevollmächtigten Minister Frankreichs in Berlin er⸗ nannt.

Der Moniteur giebt über die Juni⸗Insurgenten folgende statistische Notiz: Der Prösident fand bei seinem Amtsantritte 3144

Feanleich.

Gefangene oder Transportirte in den Gefängnissen oder auf den Gefangenschiffken. Vom Monat Januar 1849 bis Oktober d. J. setzte er 1256 in Freiheit. Es blieben also noch 1858 in Cher⸗ bourg und Belle⸗Isle. 505 derselben hatten gerichtliche Anteceden⸗ tien, 12 starben, die übrigen 1341 wurden vom Präsidenten dieser Tage in Freiheit gesetzt. Der Präsident hat also im Ganzen 2597 Insurgenten begnadigt. Der Moniteur spricht sich nicht über die Natur der gerichtlichen Antecedentien aus. Das Evenement meint, der Minister selbst habe ja als alleiniges Verbrechen mehre⸗ rer der nicht Begnadigten angeführt, daß sie nicht sehr gefügig waren. Häufig seien es gerade die Unschuldigen, die eine Verdam⸗ mung, die sie für unverdient hielten, am ungeduldigsen ertrügen.

Der Minister Fould hat folgende Modification im Postwesen vorgeschlagen: „Die nicht frankirten Briefe kosten 6 Sous Porto.“ Hierdurch wird die Administration vereinfacht, und die Einnahme soll an 6 ½ Millionen gewinnen.

Der Gesetzvorschlag des jetzigen Finanz⸗Ministers in Betreff der Verlängerung des Vertrags, den am 30. Juni 1848 der dama⸗ lige Finanz⸗-Mi ister mit der Bank abgeschlossen, ward im Allge⸗ meinen gut aufgenommen. Das Finanz⸗Ministerium hatte nämlich mit der Bank den Vertrag abgeschlossen, daß dieselbe dem Schatze 150 Millionen vorschieße, 75 Millionen 1848 und 75 Millionen 1849. Von diesem Kredit sind noch 100 Millionen unangetastet. Auf diese 100 Millionen bezieht sich der jetzige Antrag des Ministers.

In Bezug auf das Deportationsgesetz fand gestern in den Ab theilungen eine sehr heftige Debatte statt. Die Demokraten griffen dies Gesetz als grausam an und hoben vor Allem hervor, daß der neue Bestimmungsort für die Deportirten ungesund sei. Aber auch die Majorität war nicht ganz einig in Bezug auf dies Gesetz; Ei⸗ nige wollen, es soll rückwirkende Kraft haben, Andere halten dies für ungerecht. Auch darüber kann man sich nicht einigen, ob die Deportation und das Gefängniß als eine Strafe verbunden werden darf. Die Kommission besteht aus Mitgliedern der Majorität, die dem Gesetze günstig sind.

Der Erzbischof von Paris wird nächsten Monat ein religiöses Journal veröffentlichen, der Moniteur religieux genannt. Abbé Darboy wird das Blatt redigiren und Herrn Poujoulat zum Gehülfen haben. Die vorzüglichsten Mitarbeiter der ehemaligen Ere Nouvelle sind als Mitarbeiter des neuen Journals bezeich⸗ net. Der Moniteur religieur soll eigentlich die Fortsetzung der Voix de la Verité bilden, die der Abbé Migne gründete.

Der Metall⸗Vorrath der Bank hat seit 8 Tagen um 3 Mil⸗ lionen zugenommen und beträgt 412 Millionen. Die Noten, die im Umlauf sind, betragen 447 Millionen; sie haben seit dem 8. No⸗ vember um 7 Millionen sich vermehrt. Die protestirten Wechsel betragen 4,800,000 Fr. Das Portefeuille hat für 124 Millionen Valuten, sür 3 ½ Millionen mehr, als vor 8 Tagen. Der Staat ist für 52 ¼ Millionen kreditirt, also für 3 ½ Millionen mehr, als vor 8 Tagen. Die laufenden Rechnungen betragen 115 Millionen, 3 Millionen weniger, als vor 8 Tagen. 1

Die Assemblee Nationale enthält die Nachricht, der Prä⸗ sident habe sich den Ansichten der drei Großmächte in Bezug anf die Schweiz angeschlossen.

Den gemäßigten Journalen zufolge, ist der Antrag des Herrn Desmousseaux de Givré nur in Berathung gezogen worden, um eine Gelegenheit zu haben, die Etikette der Kammer, wenn sie bei den Ceremonien erscheint, zu ordnen. Die Union bemerkt mit Be dauern, daß der Berg und die Gemäßigten in dieser Frage über⸗

einstimmten, und hofft, daß sich das nicht wieder ereignen werde.

Vorgestern Abend kamen zwei Zellenwagen nach Versailles, um die Verurtheilten nach Doullens zu bringen. Um 11 Uhr waren Hdie Verurtheilten im Bahnhof der Nordbahn zu Paris angekom⸗ men, wo sich auch Huber und Capitain Kleber einfanden. Augen⸗ zeugen versichern, daß Guinard seinen Kameraden als ein Anführer gilt, der einen bedeutenden Einfluß auf ihre Haltung ausübt. Die Verurtheilten konnten den ganzen Tag über ihre Verwandten sehen.

Gestern hatte der nordamerikanische Gesandte eine lange Kon⸗ ferenz mit dem Minister des Auswärtigen.

Herr Kestner, der für seine in der letzten Ausstellung geliefer⸗ ten Gegenstände zum Ritter der Ehren⸗Legion ernannt wurde, schrieb dem Minister, er möge dies Dekret zurücknehmen, denn die Ehren⸗Legion sei eine monarchische Einrichtung.

Die Napoleonisten haben sich vorgestern Abend versammelt. Unter diesem Namen bezeichnet man die Fraction der Deputirten, welche die Botschaft des Präsidenten als Programm anerkennen. Abatucci ist ihr Präsident. Auch mehrere Freunde des General Cavaignac haben sich dieser Reunion angeschlossen.

Die Besetzung des Ministeriums der auswärtigen Angelegen heiten ist noch nicht entschieden. Ein Journal meldet, Hautpoul wolle dasselbe übernehmen. Heute sagte man in der Kammer, Ge⸗ neral Grammont sei dafür zum Kriegs⸗Minister ernannt.

Großbritanien und Irland. London, 15. Nov. Am Sonnabend besuchten Ihre Majestät die Königin und Prinz Albrecht den Grafen und die Gräfin Neuilly in Claremont.

Bis jetzt ist noch keines der Schiffe abgesegelt, die für die Ver⸗ stärkung des britischen Geschwaders im Mittelländischen Meere be⸗ stimmt sind. Der Mangel an guten Matrosen für die Bemannung derselben ist sehr fühlbar.

Aus Marokko erfährt man über Gibraltar, daß es dem fran⸗ zösischen Konsul in Mogador gestattet worden war, sich an Bord der „Pomone“ einzuschiffen. Alle Franzosen hatten Marokko ver⸗ lassen, und man erwartete das französische Geschwader vor Tan⸗ ger, glaubte indeß, der Kaiser werde im letzten Momente nach⸗ Mit dem „Niagara“ sind Nachrichten aus Jamaika vom 20. Oktober eingegangen, welche melden, daß die Legislativ⸗Versamm⸗ lung die einige Wochen lang suspendirt gewesene Einfuhrzoll⸗ Bill wieder in Kraft treten zu lassen beschlossen hatte. Der Zoll von Manufaktur⸗Waaren war um 4 pCt. erhöht worden.

Die irländischen Journale erzählen, daß in den ersten neun Monaten dieses Jahres allein 900 Pächter in der Grafschaft Tip⸗ perary aus ihrer Pacht gewiesen worden seien. 1

In Kanada ist, nach den neuesten Nachrichten, die Bewegung, welche zu dem Anschluß an die Vereinigten Staaten drängte, im Ab⸗ n begriffen. keen Bohn Hay ist zum Aufseher der Docks in Plymouth er⸗ nannt worden und tritt daher aus dem Admiralitäts⸗Kollegium. In Folge dieser Anstellung wird eine Neuwahl für Windsor noth⸗ wendig.

Vom Cap sind Nachrichten eingelaufen, die bis zum 30. Au⸗ gust reichen. An diesem Tage wurde in einer Versammlung, der die vornehmsten Einwohner beiwohnten, einstimmig beschlossen, die Bezahlung der Abgaben zu verweigern, sobald die Regierung bei ihrem Beschlusse, Sträflinge in die Kolonie einzuführen, beharrte.

Niederlande. Aus dem Haag, 14. Nov. Die zweite

ammer hat heute ihre Sitzungen wieder eröffnet. Der Minister

des Innern, Herr Thorbecke, gab Erläuterungen über die jüngste Ministerkrisis, aus denen hervorgeht, daß er und Rosenthal bei Vollführung des Auftrags, den sie angenommen hatten, auf große Schwierigkeiten stießen. Die fähigsten Männer trugen Bedenken, einen Ministerposten anzunehmen. Ueberdies gewahrten Thorbecke und Rosenthal, daß sie nicht direkt mit dem Könige, sondern mit betheiligten Personen verhandelten. Erst 10 Tage nach Einreichung ihrer ersten Liste an den König konnten sie direkt mit diesem verhandeln. Das gegenwärtige Ministerium betrachtet sich als einen Ausfluß der Majorität der Volksvertretung undist entschlossen, im Einklang mit dieser Majorität zu verfahren. Der Berathung der organischen Gesetze wird eine neue Prüfung vorangehen müssen. Das vom vorigen Kabinet vorgelegte Bud⸗ ger ist einer neuen Revision unterworfen worden, deren Ergebniß der Kammer mitgetheilt werden soll. Die neue Organisation der ministeriellen Departements wird im Jahre 1850 in Kraft treten. Thorbecke schloß mit der Erklärung, daß er und Rosenthal nicht Willens seien, ein neues Repräsentanten⸗Mandat von den Wählern zu begehren. Van Goltstein gab hierauf einige Erläuterungen über seinen Antheil an den Unterhandlungen über die Bildung eines Ka⸗ binets. Doncker⸗Curtius nahn sodann das Wort zu seiner Recht⸗ fertigung. Er erklärte, daß der von ihm bei den Unterhandlungen übernommene Auftrag rein vertraulicher Art gewesen sei, und daß er darüber nur dem Könige und seinem Gewissen Rechenschaft schulde. Von dem Augenblicke an, wo andere Personen mit Bil⸗ dung eines anderen Kabinets beauftragt wurden, habe er seine Auf⸗ gabe als erledigt betrachtet.

Belgien. Brüssel, 17. Nov. Der König empfing die⸗ ser Tage den bisherigen österreichischen Botschafter in London, Grafen Colloredo, der mit seiner Familie aus England kam und nach Wien zurückkehrt. Aus Anlaß der Kammern⸗Eröffnung war großes Diner bei Hofe, dem auch der kürzlich nach siebenwöchentlicher Ab⸗ wesenheit zurückgekehrte Kriegs⸗Minister beiwohnte. Prinz Emil von Hessen⸗Darmstadt ist vor einigen Tagen hier angekommen.

Schweiz. Bern, 13. Nov. (O. P. A. Z.) Aus der heu⸗ tigen Sitzung des National⸗Raths (der Stände⸗Rath war nicht versammelt) ist hervorzuheben der Antrag, es möchte der Bundes⸗ Rath eingeladen werden, noch in dieser Sitzung Bericht zu erstat⸗ ten über die Petition mehrerer freiburger Bürger, die gegen die aus den Sonderbunds⸗Kriegskosten herrührenden Contributionen protestiren und schon längst angelangt, aber noch nicht auf den Traktanden erschienen seien. General Dufour erstattet einen inter⸗ essanten Bericht über die letz’e Gränzbesetzung, der sehr beachtens⸗ werthe Winke über die so nothwendige Verbesserung unseres Mili tairwesens enthält. Er bezeugt seine Freude über das schnelle und kampfmuthige Zustandekommen einer achtbaren Armee, über die In⸗ telligenz der Ober⸗Offiziere, über die Eintracht der verschiedenen Mannschaften, die 1847 noch als Feinde gegen einander gestanden seien, Ergebnisse, welche die Kosten mehr als aufwögen und durch eine endliche, umfassende Amnestie gekrönt werden möchten. Na⸗ tional⸗Rath Fischer wünscht, daß bei der Ueberweisung des Berichts an den Stände⸗-Rath demselben der Amnestie⸗Wunsch des Generals besonders bemerkt werden möchte; aber es erhoben sich nur sieben Stimmen für diesen Antrag. Der Bericht über das neue Militair⸗ Organisationsgesetz ward zum Schluß verlesen.

E“ 13. Nov. ) Gestern Nachmittag ist Friedrich Jenni Sohn, Buchhändler und Redackeur des Guckka stens, nach längerer Krankheit dahier verstorben. Nicht leicht hat ein Todes⸗

Obschon nicht ohne Geist und Ta⸗

(D. Z.)

—9. A

fall größeres Aufsehen erregt. lent, war doch der Verstorbene eine jener gemeinen Naturen, welche sich durch gränzenlose Frechheit, durch ekelhafte Selbstüberschätzung und durch gewaltsames Zurschautragen republikanischer (wohl besser demagogischer) Grundsätze ein gewisses Ansehen bei ihrer Partei zu verschaffen wissen. Dabei kam ihm seine Buchdruckerei und Buchhandlung sehr zu statten, und er benutzte beide in vollem Maße, um die revolutionairen Ideen nicht nur in der Schweiz, sondern namentlich auch in Deutschland möglichst zu verbreiten. In Hinsicht auf den Kanton Bern trug Jenni durch seinen mit beißendem Witz und schonungsloser Rücksichtslosig⸗ keit auf rein persöͤnliche und Familienverhältnisse geschriebenen Guckkasten zum Sturze der vorigen Regierung bei. Sein unnach⸗ ahmliches Talent zum Portraitiren machte das Blatt durch die ihm regelmäßig beigegebenen Bilder um so pikanter, erregte aber auch bei einem großen Theile des Publikums Unwillen und Haß gegen Jenni, welcher von vielen Leuten nicht besser als der leibhaftige Teufel angesehen war. Nachdem 1846 seine Partei zur Herrschaft gelangte und seine intimen Freunde und Gesinnungs⸗Verwandten Niggeler und Stämpfli an die Spitze der Regierung traten, wurde der Guckkasten ganz naturgemäß ein Organ der Regierungspartei und als solches eine we⸗ sentliche Stütze der letzteren; durch diesen Wechsel wurde ihm gewisser⸗ maßen die Spitze abgebrochen. Denn ein Zeitungsblatt von der Tendenz wie der Guckkasten sollte beinahe nothwendig ein Oppositionsblatt sein und bleiben. Allein Jenni glaubte seiner Partei auch ferner⸗ hin durch den Guckkasten nutzen zu können, und jedenfalls hat er durch denselben weit mehr gewirkt, als vermöge seiner Eigenschaft als Mitglied des Großen Raths, in welchem er eine ziemlich un⸗ tergeordnete Rolle spielte. Merkwürdig ist es aber, daß Jenni ge⸗ rade in dem Augenblicke aus dieser Welt scheiden mußte, wo die Regierung seiner Stütze am allermeisten benöthigt gewesen wäre.

Luzern, 12. Nov. (O. P. A. Z.) Die Wahlen für das schweizerische Assisengericht sind den 10ten d. M. im Kanton Luzern sich gegangen. Ueberall in der Schweiz, wo bisher die Ge⸗ schworenen gewählt worden, beklagte man sich über zu große Lau⸗ heit der Bürger, indem durchschniktlich auf 1000 stimmfähige Bür⸗ ger höchstens 50 erschienen. Nicht so war es im Kanton Luzern. In allen Gegenden des Kantons regten sich ohne weiteres Zuthun die Konservativen und wollten wieder einmal ihr Gewicht geltend machen. Diese Stimmung konnte der Regierung nicht lange ver⸗ borgen bleiben, und sie sah sich genöthigt, energische Maßregeln zu treffen, wenn sie nicht gewärtigen wollte, daß durch eine entscheidende Wahl von konservativen Geschworenen ihr fer⸗ neres Dasein in Frage gestellt werde. Das Auftreten der Regie . wurde daher mit jedem Tag hindernder. Die angesehensten Männer der Konservativen: Alt⸗Obergerichts⸗Präsident Boßard Luzern, Gemeindeammann Kopp in Ebikon und Fürsprech (Ad⸗ Weber in Sursee wurden auf offener Straße von den nnd verhaftet. Boten wurden an alle Getreuen gesendet * ICeen aufgefordert, ihre Mannschaft aufzubieten und auf wurd Fhiplaß z9 führen. In den konservativen Bezirk Entlebuch wurde sogar eine Abtheilung Dragoner entsendet, um den Wählern zu imponiren. Es hatte fast das Ansehen, als wollte man durch b aühaftungen absichtlich Unruhen provoziren, um dann mit drücken 1““ die Opposition gänzlich zu unter⸗ auf dn Parteien begnügten sich aber, recht zahlreich Stböcken zn b hb gerscheinen und sich gegenseitig mit Wahlkreisen riegen. Mit Ausnahme von Luzern, gab es in allen

ztreisen blutige Köpfe. Im Wahlkreis Rothenburg, wo die

nahme einiger Verhaftungen, ruhig ab. Im Entlebuch retteten die Dragoner das liberale Prinzip, in Ettiswil wäre es ebenfalls ver⸗ loren gegangen, hätte man nicht zwei konservative Führer so zu Boden geschlagen, daß ihnen das Aufstehen verging. In Dagmer⸗ sellen nahm das Büreau keine anderen Vorschläge als radilale an, und damit war der Streit geschlichtet. In Münster mußte sich die Mehrheit der Minderheit fügen, sonst drohte der Wahlpräsident mit einem niederschlagenden Pulver. Auf diese Art konnten von 125 Geschworenen 105 für die freisinnige Partei gewonnen werden. Noch ein solcher Sieg, und der Radikalismus kann sich bei uns begra⸗ ben lassen.

Italien. Turin, 10. Nov. (Lloyd. minister macht der Armee in einem Tagesbefehle seine Ernennung bekannt. Er lautet: „Soldaten! Vom Könige ins Kriegsmini⸗ sterium berufen, fühle ich das Bedürfniß, an Euch das Wort zu richten, um Euch zu sagen, wie glücklich ich mich schätze, mich Euch gänzlich weihen zu können. Euer Kriegskamerad in den lombar⸗ dischen Feldzügen, bewunderte ich Eure Tapferkeit. Später mit einem Kommando im Innern betraut, schätzte ich Eure Ergebenheit für den König, für die Verfassung und die Gesetze. Das Vater⸗ land erwartet viel von Euch, und damit es in seinen Erwartungen nicht getäuscht werde, will ich die größte Sorgfalt auf die Verbes⸗ serung aller mir bekannt gewordenen Mißbräuche richten, die im Heerwesen sich eingeschlichen haben. Mit besonderem Eifer werde ich auf die Disziplin, den militairischen Geist und auf die Beleh⸗ rung mein Augenmerk richten und vertraue dabei auf Eure Mit⸗ wirkung. Der Kriegsminister Alphons Lamarmora.“

Man versichert hier, daß die Oesterreicher in Piacenza ein Observationslager beziehen werden.

Aus Nizza laufen hier Klagen über das Betragen der unga⸗ rischen Ueberläufer ein. Zwei dieser Individuen, welche sich durch den Charakter politischen Märtyrerthums eine gewisse Weihe zu geben suchten, wollten gewaltsam in das Haus eines Bürgers ein⸗ dringen, wurden aber von der Magd aus dem Felde geschlagen, wofür sich diese Ehrenmänner durch einen Steinhagel, den sie ge⸗ gen die Magd schleuderten, zu entschädigen suchten.

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Rom, 5. Nov. (Ll.) Die Verhaftung des Obersten Calan⸗ drelli in der Wohnung des französischen Generals hat hier Auf⸗ sehen erregt. t

Morgen erwartet man die Rückkehr der nach Portici abgeschick⸗ ten Deputation. Der Papst soll den Herren folgende Antwort auf ihr Ansuchen gegeben haben: „Wir haben uns geweigert, so lange nach unseren Staaten zurückzukehren, als die Diskussionen in Paris wegen unserer unabhängigen Stellung lebhaft geführt wurden. Da aber eine befriedigende Lösung, die jedem Zweifel ein Ende macht, erfolgt ist, so hoffen wir recht bald nach unserem lieben Rom zu⸗ rückkehren zu köͤnnen.“ Neapel, 2. Nov. Die militairische Zeitung Araldo drückt sich über die der Regierung gemachten Vorwurfe in folgender Weise aus: „Die Regierung begnügt sich damit, blos die Häupter der Verschwörung zu bezeichnen, und sie so lange in Verhaft zu behal⸗ ten, bis die Akten geschlossen und die Richter das Urtheil gefällt haben. Die in Wort und Schrift ausgesprochenen Ansichten wur⸗ den von einer Regierung, die so großmüthig und zum Verzeihen geneigt ist, wie die unsere, geschont. Es ist nicht nur niederträch⸗ tig, sondern auch im höchsten Grade thöricht, die Milde und die unvergleichliche Großmuth des frommen und erhabenen Gebieters, der gegenwärtig über beide Sicilien herrscht, auch nur einen Au⸗

onservativen immer die sz der Stimmen haben, lief es, mit Aus⸗

genblick in Zweifel ziehen zu wollen. Die Geschichte wird den Zweiflern ein feierliches Dementi geben.“

Spanien. M adrid, 6. Nov. Der Herzog von Valencia hat heute auf den Tadel und die Interpellationen Olozaga's ge⸗ antwortet. Die Thronrede sei und bleibe eine Formalität, und der Mangel derselben sei kein Hinderniß für wichtige Diskussionen. Es stehe der Opposition frei, die Initiative zu ergreifen, und das Mi⸗ nisterium werde willig antworten. Die römische Frage sei durch die Interpellanten entstellt worden. Die spanischen Truppen hätten in Italien ihrer Fahne keine Schmach zugefügt. Sie wären zu derselben Zeit mit den anderen fremden Truppen angekonmmen und hätten die Stel⸗ lungen eingenommen, die ihnen durch den Kongreß der Mächte im voraus bestimmt gewesen wären. Daß Oudinot nicht das Anerbieten angenom⸗ men habe, die Spanier an der Belagerung Roms theilnehmen zu lassen, sei wahr, aber jeder andere General würde das in seiner Lage nach einem unglücklichen Beginnen und in der Ueberzeugung, daß seine Macht vollkommen genüge, die Unternehmung zu einem glücklichen Ende zu führen, ebenfalls gethan haben. Was die Aus⸗ gaben für die Expedition, von der sich Spanien als katholische Macht nicht habe ausschließen können, beträfe, so würde der Rechnungs⸗ Nachweis der Kammer zur Genehmigung vorgelegt werden. Hin⸗ sichtlich der ministeriellen Krisis hätten sie, im Fall sie ihre Ent⸗ lassung einreichten, nur der Königin, deren verantwortliche Räthe sie wären, Rechenschaft zu geben, besonders wenn die Gründe nicht öffentliches Interesse beträfen. Uebrigens wäre das Ministerium nicht geschwächt, sondern im vollen Be⸗ sitze der Macht, um das ihnen von der Königin anvertraute Man⸗ dat zu erfüllen. Man fügt hinzu, daß blos der Wunsch der Männer seiner Partei ihn zum Austritt aus dem Ministerium bewogen habe, erklärte dabei aber entschieden seinen Entschluß, die Politik des ge⸗ genwärtigen Kabinels zu stützen. Dann begann die eigentliche Dis⸗ kussion über Olozaga’'s Antrag. Benavides, ein Oppositionsmitglied, wiederholte und entwickelte die Anträge Olozaga's. 1

Die Munizipalwahlen haben sich nicht nur in Madrid, sondern auch überall in den Provinzen zum Vortheil der gemäßigten Partei herausgestellt, und was sich in den Cortes bemerkbar macht, ist nur ein Bild dessen, was sich in der ganzen Nation ereignet.

Der Finanz⸗Minister hat sich über die Finanzlage Spaniens dahin ausgesprochen, daß dieselbe keinesweges befriedigend sei. Trotz aller den Steuerpflichtigen aufgelegten Opfer sei man noch nicht dahin gelangt, ein Gleichgewicht zwischen den Einnahmen und Aus⸗ gaben herzustellenz im Gegentheil herrsche zein Defizit, was dem Gange der Regierung oft große Schwierigkeiten bereitet habe. Dieser Zustand müsse verschwinden, wenn nicht die Umsturzpartei Spanien dasselbe Unheil bereiten solle, was andere Staaten Europa's kürzlich getroffen habe. Das könne und dürfe nur auf zwei Wegen versucht werden, 1) die Erhe⸗ bung der bereies bestehenden Auflagen zu verbessern, um einen höheren Ertrag zu erhalten, ohne die Steuern selbst zu erhöhen. 2) Ersparnisse bei den Ausgaben einzuführen, ohne dem Dienste der Verwaltung zu schaden. Die größte Ersparniß würde bei dem Militair⸗Budget vorgenommen werden, indem das stehende Heer um ein Drittheil vermindert werden solle. Andere Ersparnisse sollten den Cortes zur Berathung vorgelegt werden. Einstweilen sei aber die Regierung gezwungen, ein monatliches Gehalt der aktiven Civil⸗ Staatsdiener und der nicht aktiven Militairpersonen, ein zweimo⸗ natliches der Pensionairs inne zu behalten. Von den Rückständen

von den Rückständen der Pensionairs einen in Abzug bringen.

Madrid, 8. Nov. Am Ende der vorgestrigen Sitzung machte Olozaga der Regierung sehr heftige Vorwürfe darüber, daß sie die Veröffentlichung des Clamor publico verhindert habe. Der Chef der madrider Polizei erklärte, daß er dabei nur Gebrauch von seinem Rechte gemacht habe. Die gestrige Sitzung wurde sehr spät eröffnet. Die Tribünen waren überfüllt, weil man neue Interpella⸗ tionen über die Beschlagnahme des Clamor publico erwartete, die aber nicht stattfanden. Der General San Miguel inter⸗ pellirte blos das Ministerium von neuem über die Amnestie und die römische Expedition und beklagte, daß die Espartero als Regent des Königreichs verliehenen Grade noch nicht rehabilitirt worden wären. Den größten Theil der Sitzung füllte die Rede Escosura's aus, der die Vorschläge Olozaga's unterstützte und die Politik der progressistischen Partei ausführlich entwickelte. Frankreich stehe an der Spitze der Civilisation, doch eben so an der Spitze der Irrthümer. Die republikanische Regierung sei viel reaclionairer als die unter Ludwig Philipp. Die progressistische Partei erkenne Frankreich das Recht zu, sich nach Belieben beherr⸗ schen zu lassen, aber sie verlange, Frankreich solle die Un abhängigkeit und Freiheit Spaniens achten. Escosura be trachtet es als ein Verbrechen, daß Europa die Freiheit und Unabhängigkeit Italiens erstickt habe. Hinsichtlich der in neren Politik tadelt der Redner die Regierung, daß sie ihre Stütze nur in Verhaftungen und Verbannungen suche, beklagt sich über die Einmischung der Autoritäten in die Munizipal⸗Wahlen, über die wenige Freiheit, die man der progressistischen Presse gestatte, und erklärt, daß seine Partei eben so monarchisch gesinnt sei wie die Rechte. Der Kriegs⸗Minister widerlegte den General San Mi⸗ guel, und der Minister des Innern bestieg die Tribüne, um Es⸗ cosura zu antworten.

Der Minister des Unterrichts macht bekannt, sche Ackerbauschulen errichtet werden sollen.

Madrid, 10. Nov. (Fr. Bl.) Der National⸗Ackerbau⸗ Kongreß hält heute seine letzte Sitzung. Die Mitglieder wollen ein Gastmahl geben, das nur aus rein spanischen Produkten bereitet werden soll.

Der Prinz Georg von Preußen wird kommende Woche Madrid verlassen. Uebermorgen ist er bei der verwittweten Königin ein- geladen.

Der Antrag Olozaga's auf Vorlegung mehrerer Dokumente ist mit 107 gegen 29 Stimmen verworfen worden. 8

Der Minister des Auswärtigen erklärte in der gestrigen Kam⸗- mersitzung, den spanischen Truppen sei der Befehl zugekommen, Italien zu verlassen und heimzukehren. 8

Die baskischen Provinzen hatten bis jetzt ihre Fueros, vermöge deren sie von den direkten Abgaben und der Soldatenpflicht befreit waren. Die Regierung begünstigt einen Antrag mehrerer Depu⸗ tirten, daß diese Fueros aufgehoben werden sollen.

3proz. 27 baar.

Madrid, 11. Nov. (Fr. Bl.) Der König will heute im Theater des Palastes erscheinen und auch dem Gastmahl, das die Königin dem Prinzen Georg giebt, beiwohnen. Die Königin Mutter und der König wollen sich aussöhnen.

Das Pais bringt das Gerücht, die Regierung Schiffe nach den Philippinen schicken. .

Das Budget von 1850 ist um 53,864,950 Realen das von 1849.

Portugal. Lissabon, 9. Nov. gin abgehaltenen Sitzung des Staatsrathes haben sich die Theil⸗ nehmer einstimmig dahin ausgesprochen, daß die Depesche Lord Pal⸗ merston's in Betreff der gewaltsamen Befreiung des Herrn Sum⸗ mers durch den Capitain Keppel zu Macao nicht befriedigend sei. Mehrere Räthe waren jedoch der Ansicht, die Sache sei der briti⸗ schen Regierung nicht in der geeigneten Form vorgelegt worden. Es wurde beschlossen, daß vor Absendung einer neuen Note durch

viermonatlichen Betrag

daß drei prakti⸗

wolle zwei

größer als

In einer von der Köni⸗

der aktiven Staatsdiener müsse man einen zweimonatlichen Betrag,

den Minister der auswärtigen Angelegenheiten der Text derselben nebst den Dokumenten, auf welche Portugal seine Satisfactions⸗ Ansprüche gründet, dem Rathe vorgelegt werden solle. An die Stelle des ermordeten d'Amaral ist Alexander d'Acunha zum Gou⸗ verneur der portugiesischen Besitzungen in China ernannt worden.

In der Wohnung des Grafen das Antas ist vor kurzem eine Progressisten⸗Zusammenkunft gehalten worden, in welcher ein Aus⸗ schuß zur Organisation dieser Partei in Lissabon gebildet wurde. Aehnliche Ausschüsse werden in anderen Theilen des Landes or⸗ ganisirt.

Die Gemeinderaths⸗-Wahlen sind im Ganzen zu Gunsten der Regierung ausgefallen, obgleich man an einigen Orten Progres sisten gewählt hat.

Jonische Inseln. (Wanderer.) Der oberste Ge⸗ richtshof auf Korfu, bestehend aus den ordentlichen Mitgliedern: D)r. Johann Zambelli, Justizchef, William Blair, Ritter James Reid und Dr. Georg Marcoran, dann aus den außerordentlichen Mitgliedern Dr. Spiridion Valsamachi, Dr. Michael Lando und Dr. Alvise Curzola. Dr. Spiridion Garzoni hat die Sentenz über die vom Ministerium am 8. Februar 1849 in Anklagestand versetz⸗ ten Georg und Stauro Metascan, Gerasimo Lazzari, Nicols Co⸗ laiti, Anastasius Supiona, Spiridion Zaichi, Georg Lorenzato, De metriv Apostolato, Siro Manroidi und Theodor Tipaldo (nun be⸗ reits gestorben) gefällt. Hinsichtlich des letzteren war das Straf⸗ verfahren aufgehoben worden. Die übrigen wurden des Hochver⸗ rathes schuldig erklärt gegen die innere Sicherheit und sonach zum Tode und solidarisch zur Zahlung der auf 709 Pfd. St. 8 Sch. und 4 ½ Pece. liquidirten Gerichtskosten verurtheilt. Die Verurtheil ten sind sämmtlich Cephalonier und ihr Verbrechen datirt aus den Semptembertagen.

Der Distrikt Pillaros hat eine mit vielen Unterschriften ver⸗ sehene Adresse an den Lord Ober⸗Kommissär gerichtet, worin die Einwohner ihm für die Befreiung des Landes von den schweren Gefahren danken, deren es durch fast 2 Monate erlag und zugleich die Hoffnung aussprechen, daß er jeden Keim künftiger Unordnung ausrotten werde. Auch erklären sie ihre Verbindlichkeit für die An⸗ erkennung ihrer guten Gesinnung von Lord Wards in den Procla⸗ mationen an die Cephalonier d. d. 29. August und 15. Oktober und wie derselbe Geist sie auch in Zukunft leiten werde. Lord Ward erwiederte diese Adresse auf die übliche Weise.

Hans von Hülsen.

Dieser würdige Mann, dessen Tod die heutigen Zeitungen mel⸗ den, ergriff, nach einem handschriftlichen Vermerke seines verstorbe⸗ nen Freundes, des General⸗Feldmarschalls von Boyen, bei. 27Jan witz als Capitain die Fahne und führte das Bataillon, dessen Com⸗ mandeur blessirt worden war, zu einem neuen Angriffe. 1

Berlin, den 18. November 1849 Professor Preuß