legtem 24sten Lebensjahre nicht angenommen werden sollen,
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gekränkte, aber versöhnte Heimat.
Sämmtliche Gerichts⸗Behörden werden angewiesen, sich nach den vor⸗
stehenden Bestimmungen zu achten.
1 26. November 1849. d- Der Justiz⸗Minister
Simons. An sämmtliche Gerichtsbehörden, mit Ausschluß derjenigen im Bezirke des Appellationsgerichtshofes zu 5.
Auf Ihren Bericht vom 8. November d. J. will Ich die Ordre vom 28. November 1838, wodurch es für das Departement der Justiz⸗Verwal⸗ tung ausnahmsweise bei der Anordnung belassen worden ist, daß Civil⸗ Supernumerarien, welche keine Militairdienste geleistet haben, vor zurückge⸗ mit Rücksicht auf die gegewärtigen veränderten Verhältnisse aufheben. Es soll künftig auch im Departement der Justiz⸗Verwaltung nur die Ordre vom 31. Okto⸗ ber 1827 unter Nr. 9 mit der Maßgabe zur Anwendung kommen, daß die Zulassung als Civil⸗Supernumerar nicht vor vollendetem 18ten Lebensjahre stattfindet und dabei die Erfüllung der allgemeinen Militairpflicht oder die Befreiung vom Militairdienste nachgewiesen werden muß⸗ Diejenigen, welche sich zum Militairdienste gemeldet haben, jedoch einstweilen zurückgestellt wor⸗ den sind, können zwar als Civil⸗Supernumerarien angenommen werden, haben aber den oben bezeichneten Nachweis vor der Zulassung der Aktua⸗ iats⸗Prüfung beizubringen.
Sanssouci, den 19. November 1849. . (gez.) Friedrich Wilhelm.
(gegengez.) Simons.
An den Justiz⸗Minister. W
Breslau, 29. Nov. Die Bresl. Ztg. meldet Folgendes: ‚Der oppelner Frühzug ist wegen des Schneegestöͤbers erst um 12 uihr hier angelangt. Der um 11½ Uhr fällige Güterzug ist bis etzt (6 Uhr) nicht eingetroffen. Nach einer heute Morgen um 10 Uhr aus Ratibor angelangten telegraphischen Depesche befand sich
der wiener Zug, welcher heute Nachmittag hier eintreffen sollte, in
Lundenburg und war durch die Witterung an der Weiterfahrt ge⸗ zindert. Der Abendzug nach Oppeln kann nicht abgehen, da die Bahn schon in der Nähe der Stadt, in Folge des massenhaften Schneefalles, gänzlich unfahrbar ist. Die freiburger Eisenbahnzüge aben sich gleichfalls verspätet, dagegen ist der Nachtzug der Nie⸗ derschlesischen Eisenbahn zur reglementsmäßigen Zeit eingetroffen.“
Bayern. München, 27. Nov. (Nürnb. Korresp.) In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer wurde die! Be⸗ rathung über die Amnestie fortgesetzt. 1
Eingeschrieben waren noch zehn Redner für die allgemeine Debatte.
Stöcker entwirft mit warmen Worten ein Bild von der Lage und den Gefühlen der Gattinnen und Kinder der Verhafteten
und ruft allen Familienvätern in dieser Kammer, welche das bese⸗
ligende Gefuhl des Wiedersehens schon empfunden, zu, sie möchten
milde sein. Aber auch jene Kollegen, denen das Gesetz verbiete, Familienvater zu sein, mahnt er zur Barmherzigkeit, da ja sie es
seien, die stets Liebe und Versöhnung predigen. Ein Redner habe sich tadelnd darüber geäußert, daß mehrere Frauen eine Eingabe um Amnestie an die Kammer gerichtet hätten; er (Stöcker) spreche
diesen Frauen hier seine höchste Achtung aus. Möchten die Juristen das Gesetz drehen, wie sie wollten, er rufe der Versammlung nur noch ein Wort zu: Verzeihung!
Dr. Jäger: Er sei auf dem Schauplatz in der Pfalz selbst gewesen und könne deshalb ein anderes Bild als Herr Tafel ent⸗ werfen, der damals in Stuttgart war und seinen Leib den Schwer⸗ tern preisgab. Die Durchfuhrung der Reichsverfassung war nur das Aushängeschild für Einführung der Republik, und zwar der rothen, darauf deutete die Union mit Baden, die Verbindung mit der vielzüngigen stehenden Miliz des Aufruhrs, den Polen, Schwei⸗ zern, Italienern, die doch gewiß nicht für die deutsche Reichsver⸗ fassung begeistert gewesen waren, habe man am Ende gar Ludwigs⸗ hafen aus deutschem Patriotismus zusammengeschossen? Wahrheit
ist nöthig, meine Herren, strenge Wahrheit in dieser Zeit. Wer
das Ungluck kennt, welches der Leichtsinn Einzelner uͤüber eine glück⸗ liche Provinz gebracht hat, die Mordbrennerwuth, mit welcher man über einzelne Dörfer herfiel, wer die Leichen von jungen Männern, wie ich, gesehen hat, die jugendliche Begeisterung dem Miß⸗ brauch zuführte, der kann keine allgemeine Amnestie wollen. Sie würde uns neues Ungluck bringen. Die Aufstände sind
nicht beseitigt, so lange wir keine Verfassung haben, deren bal⸗ diges Zustandebringen mit Hülfe einer Volksvertretung uns nur da⸗
vor retten kann. Bis dahin schweben wir zwischen dem Despotis⸗ mus des Säͤbels und der Gouillotine. Eine allgemeine Amnestie wurde neuen Zündstoff herbeiführen. Die Klugheit, die höher als das Gefüuhl stehen muß, wie ja der Kopf auch überm Herzen steht, muß uns hier leiten. Aber appelliren wir auch ans Ge⸗ füͤhl; haben wir denn keines für die Thränen der Väter um ihre Söhne, die gefallen sind oder zu Krüppeln geschossen wurden, haben wir kein Gefühl für diejenigen, welche Hab und Gut bei dem Aufstande verloren und ihren Wohlstand eingebüßt haben? Die Wuhler und Hetzer, welche die heilige Begeisterung mißbrauchten und so unsägliches Elend herbeiführten, verdienen kein Mitgefuhl, sie mögen im Auslande bleiben und dort Achtung vor dem Gesetze und dem Willen der Majorität des Volks lernen. Ist eine Ver⸗ fassung hergestellt, dann mögen sie geheilt zurückkehren in die schwer Deshalb bin ich für den Aus⸗ schußantrag, der die wahre Gränze zwischen Recht und Gnade ge⸗ zogen hat. Dem Antrage Boye's, der zwar viel Schätzbares ent⸗ hält, kann ich nicht beistimmen, weil er mir unausführbar scheint. süh Votum ist: Gnade für Verirrte — Gerechtigkeit gegen Ver⸗ ührer. Rebenak: Die Haltung der Pfalz durch das ganze Jahr 1848 bis zur Frage über die Gültigkeit der Reichsverfassung war wacker und untadelhaft, ungeachtet diese Provinz, zwischen dem westlichen Vulkan und den aufgeregten Kleinstaaten Deutschlands gelegen, al⸗ lem Einflusse preisgegeben war. Man muß bei Beurtheilung der Frage die Verhältnisse der Rheinprovinz im Gefühle der Gerechtig⸗ keit und Billigkeit berücksichtigen, die zweimal erobert wurde und weiß, was das heißt. Alles mußte ihr daran gelegen sein, endlich eine Verfassung, eine Einheit zu erlangen, um für die Zukunft ge⸗ sichert zu sein. Diese Hoffnung wurde vernichtet, die Reichsver⸗ seslung nicht anerkannt, und nun bemächtigte sich ein trauriges Gefuhl der wahrhaft wohlgesinnten, der guten Bürger, die jahre⸗ langes Hoffen betrogen sahen. Diesen Moment benutzte die Um⸗ sturzpartei; allein ich will hier feierlich konstatirt wissen, daß die Prn gerssch, Regierung keinen Augenblick einen Halt im Volke hatte. * provisorische Regierung stand auf schwachen Füßen, und ein Bataillon — es ist diese Aeußerung eines gestrigen Red⸗ ners ganz richtig — hätte genügt, um der schlechten Farce ein Ende zu machen. Leider hatte die Regierung in Speyer keinen Mann zur Verfugung, sogar die beiden Gränzfestungen waren nur nothdürftig besetzt. Worin der Grund dieser Schutzlosigkeit lag, iich weiß es nicht; die Pfalz ist wohl nicht schuld daran, daß sie ohne Hülfe war; darum gehe nicht alles auf Rechnung der Pfalz, sondern auf allgemeine Staatsrechnung. Der Redner schildert nun die Verfüh⸗ rungskünste, die man bei der Jugend und den Soldaten anwendete und wobei Bier, Wein, Freiheit und Brüderlichkeit eine Rolle spielten, und
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fährt fort: Meine Herren, die Pfälzer sind so übel nicht, und die Sünden finden sich auch auf einer anderen Seite. Mein Wunsch kleidet sich in vier Worte: „Unser Schuldbuch sei vernichtet.“ Ich verkenne dabei aber nicht, daß zur Zeit die Staatsklugheit Vorsicht gebietet, und werde mich deshalb dem Antrage anschließen, der den Pflichten des Gefühls mit deuen der gesunden Staatsklugheit wahr⸗ haft Rechnung trägt. (Beifall.) Dr. Narr geht aus vom Stand⸗ punkt der berechtigten Bewegung für die Reichsverfassung, an wel⸗ cher anfänglich sich das ganze Volk betheiligte. Man muß unter⸗ scheiden zwischen Verirrten und Verführern, darf aber nicht vergessen, daß man denjenigen Theil, der die Hauptursache der Bewegung ist, doch nicht mit Strafen erreichen kann: den Zeitgeist, die Schuld und Sünden der Vergangenheit. Wir waren so glücklich, Fürsten zu besitzen, deren Sinn für deutsche Einheit von jeher sich geltend machte, von ihnen wurde das Prinzip der Revolution unterstützt, welches das deutsche Parlament zu Stande brachte. An diesem Prinzip muß man festhalten. Im März war das deutsche Volk stark, im März ist das Volk mit den „Corps der Rache“ (Sepp) vor den Thronen stehen geblieben; die „Umsturzministerien“ haben dem Volke etwas gegeben; die Vereine haben sich verpflichtet, an je⸗ nem Prinzip festzuhalten. Im Sommer 1849 waͤr das Volk der besiegte Theil; einige Regierungen haben dem Volke mit Pulver und Blei und mit Stricken geantwortet. Ein chronisches Leiden ist das des deutschen Volkes; es hat schon seit Jahren nach Freiheit gestrebt; das deutsche Volk hat die französische Zwingherrschaft ab⸗ geworfen, hat Gut und Blut dafür geopfert, die Regierungen ha⸗ ben dies anerkannt und Verheißungen gemacht. Es trat aber ein Bundestag ins Leben, der wenig an das Volk dachte. König Max, ein Fürst von seltenen Herrschertugenden, gab dem Volk eine Ver⸗ fassung, die, wäre sie nicht verkümmert worden, große Rechte ge⸗ währt hätte. Der Redner beschwört nun beim Andenken dieses edlen Fürsten die Kammer und die Minister um Annahme des Boye'schen Antrages; er flehe sie an im Namen des fränkischen Volkes, aber das ganze bayerische und deutsche Volk werde Dank zollen. Das fränkische Volk verlange Amnestie und werde treu hal⸗ ten an der Verfassung und am Hause Wittelsbach!
Römich erklärt, daß er nur über pfälzer Verhältnisse sprechen werde, und knüpft an den Monat April d. J. an; schildert das Treiben der einzelnen Vereine in der Pfalz, wo er den vaterländi⸗ schen Verein als Typus der wahren Bürgerschaft, die blos die deutsche Reichsverfassung wollte, von dem demokratischen Verein, der Einführung der sozialen Republik erstrebte, unterscheidet. Als die Nachricht bekannt wurde, daß die bayerische Regierung die Reichsverfassung nicht anerkennen wolle, beschloß man eine Mini⸗ ster-Demonstration, wie in Württemberg; nur über die Mittel, die Art und Weise war man nicht einig. Der Redner kommt nun auf den Reichskommissär Eisenstuck zu sprechen, der seine Vollmacht überschritten habe, bemerkt jedoch, daß ein Anderer ohne bedeutende Militairbegleitung sich nicht hätte sehen lassen dürfen. Auch Bassermannsche Gestalten, worüber Redner früher gelacht, habe er damals gesehen, und im Gegensatze gänzliche Läh⸗ mung der Exekutivgewalt. Um ein richtiges Bild von der Sache zu bekommen, muͤsse man zwei Perioden unterscheiden. Die erste gehe von der Einsetzung des Landesvertheidigungs⸗Ausschusses bis zum badischen Aufstand. Während dieser Periode hätte das verlässige Zte Jägerbataillon genügt, in der zweiten Periode, die sich vom badischen Aufstand datirt, jedoch nicht mehr. Der Red⸗ ner geht nun auf die Amnestiefrage selbst über, welche er im Interesse der Regierung gelöst wissen will, die zeigen solle, daß sie hochherziger sei, als ihre Gegner. Schließlich kritisirt der Red⸗ ner die einzelnen Anträge, spricht sich gegen Boye aus und bemerkt weiter: Herr Sepp hat uns einen Gruß von seinen Wählern gebracht, die sich rühmten, stets treu an ihren Fürsten gehalten zu haben. Ich verweise den geschichtskundigen Herrn Sepp auf das Jahr 1634, wo gerade sein Wahlbezirk Traunstein einen bewaffneten Aufstand gegen seinen Fürsten Maxr IJ. unter⸗ nahm. (Beifälliges Gelächter.) Der Redner wünscht ein Beneh⸗ men, würdig des Siegers gegen die Besiegten, und bezeichnet als Wegweiser den Ausschußantrag.
Kirchgeßner stellt folgende Fragen: 1) Welche Bedeutung geben wir der Amnestie? 2) Welchen Personen und Handlungen muß Berücksichtigung gezollt werden? und 3) Was bietet uns der Gesetzentwurf? Diese Fragen sucht er nun im Einzelnen zu be⸗ antworten unter Beziehung auf die ältere und neueste Geschichte. Er zergliedert ferner den Boyeschen Antrag, den er für den besten erkennt. Auf die Aeußerungen des Herrn Ministers des Aeußern über den Reichsminister von Gagern, müsse er zu des Letzteren Vertheidigung entgegnen, daß diesem und resp. der Centralgewalt allerdings die Befugniß der Einschreitung zustand, daß von Ga⸗ gern hierbei — dafür bürge sein ehrenwerther Charakter — nur das Beste im Sinne hatte und keinesweges die Revolution begün⸗ stigen wollte. Pfälzische Truppen und der Kommissair Eisenstuck, der gleichfalls die besten Absichten habe, hatte man aus Klugheits⸗ rücksichten in die Pfalz gesendet. Dies müsse er im Interesse des Reichs⸗Minister⸗Präsidenten, den er hochachte und den man in ein zweideutiges Licht zu stellen versucht habe, bemerken, wobei er aber erkläre, daß er weder der Partei des Herrn von Gagern noch der Eisenstuck's angehört habe. Der Redner schließt mit dem Wunsche möglichster Ausdehnung der Amnestie, um unsere Kräfte zu ver⸗ einigen für die verschleierte Zukunft. Gelbert will die Amnestie als ein Vereinigungsfest zwischen Schuldlosen und Schuldigen, und ein solches wäre um so herzlicher, je mehr dabei zugezogen wären, um so freudiger, wenn dabei keine Thränen flössen. Die Amnestie sei aber auch eine staatsrechtliche Nothwendigkeit und verstoße keines⸗ wegs gegen die Staatsklugheit. Er citirt das Beispiel Heinrichs IV., dessen Name als einer der größten unter den französischen Regenten gefeiert werde; Karl II. von England habe gleichfalls Alle, die gegen ihn gekämpft, amnestirt, er erinnere weiter an die verschiedenen Re⸗ ligions⸗Friedensschlüsse in Deutschland, die nicht Akte der Schwäche gewesen seien, sondern der wahren Staatsklugheit. Er wolle keine spitzfindige Kategoricen⸗Ausfindung, sondern einen großen, feierlichen Akt der Humanität, der Gerechtigkeit. Der Redner protestirt gegen die der Pfalz gemachten Vorwuͤrfe von Mordbren⸗ nereien, Räubereien, die unwahr seien u. s. w., so wie gegen die Aeußerung des Justiz⸗Ministers, als wollte ihre (der Linken) Seite eine Amnestirung für Leute, die mit fremdem Gelde geflüch⸗ tet seien. Dr. Jäger erzählt zur faktischen Erwiederung einige Brandstiftungsversuche, worauf Gelbert entgegnet, daß der Gene⸗ ralstaatsprokurator in der Pfalz bestätigt habe, daß in dem beweg⸗ ten Jahre 1849 in der Pfalz nicht mehr soziale Verbrechen und Vergehen als in den Vorjahren vorgekommen seien.
Baier: Ob ein Amnestiegesetz aus der Quelle des Gefühls oder des Verstandes hervorgehen soll? Beides ist nicht zu trennen. Wie jeder wahre Gedanke aus der zusammentreffenden Wirkung aller Kräfte des Geistes und Gemüthes hervorgeht, so auch jeder po⸗ litische Entschluß aus reicher Geistes⸗ und Herzenserfahrung. In dem wir ein Amnestiegesetz erlassen, sprechen wir aus, bestimmte Handlungen sollen nicht aus dem Gesichtspunkte des Strafrechts be⸗ trachtet, nicht vor den Richterstuhl eines irdischen Richters gezogen, son⸗
dern vergeben und vergessen sein. Indem wir amnestiren, erklären
111.“
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wir, was für Deutschland geschah, soll nicht aus dem Gesichtspunkte des bayerischen Strafrechts beurtheilt werden, wir wollen die Thaten, die aus diesem Gesichtspunkte ein Verbrechen sind, vergessen und des höheren Gesetzes gedenken, das nicht von heute und gestern ist, sondern ewig und aus Gokt. Ein solches ewiges, über den Wechsel geschichtli⸗ cher ees leneg Fsbeac⸗ Gefühl ist die Liebe zum Vaterlande. Auf einem anderen Standpunkt steht der Ausschußbericht. Der Aus⸗ schuß hätte zwei Referenten erwählen sollen: einen für die Pfalz, einen zweiten für die Provinzen diesseits des Rheins. Auf Franken findet der geschichtliche Ueberblick, welchen das Referat vorausgeschickt, keine IAnwendung: da war der Grund und das Ziel der Bewegung die Liebe zum Vaterlande und des Vaterlandes Große. Wo ist eine Amnestie naturgemäß? In den inneren Kämpfen eines Volkes um die großen sittlichen Ideen der Menschheit. Nach aus⸗ gefochtenem Kampf ist Versöhnung der Parteien, gegenseitige Ver⸗ gebung und Vergessenheit nicht nur eine Forderung der Klugheit und ein Verlangen jedes fühlenden Herzens, sondern eine sittliche Pflicht. Schwäche kann eine möglichst ausgedehnte Amnestie nimmer⸗ mehr sein; eine Amnestie zu gewähren, ist nur Schwäche, wo irgend Muth dazu gehört, sie zu versagen. Doppelt dringend ist diese sittliche Verpflichtung zu einer möglichst ausgedehnten Amnestie, wenn am Anfange der Fortschrittsbewegung Alle nur einen Zweck verfolgten, später aber drei Parteien sich bilden, indem die Einen den ursprünglichen Zweck der Fortschrittsbewegung festhalten, eine zweite Partei auf ihren früheren Standpunkt sich zurückzieht, eine dritte über den früheren gemeinschaftlichen Zweck hinausgeht. Dies ist der Fall bei der deutschen Bewegung gewesen. Die Einen blieben feststehen auf dem Standpunkte der constituirenden National⸗ Versammlung, die Regierungen wichen auf ihren früheren Stand⸗ punkt zurück, in den Aufständen in Baden und in der Pfalz ging man über den ursprünglichen Zweck hinaus. Anfangs verfolgten die Regierungen mit den Volksstämmen einen Zweck: plötzlich zogen sich die Regierungen auf ihren früheren Standpunkt zurück; aber ohne Uebereinstimmung unter einander und ohne Entschiedenheit in sich selbst. Und sodann die gränzenlose Verwirrung, Nathlosigkeit, Unsicherhrit der Rechtsbegriffe und des sittlichen Bewußtseins. Für das große deutsche Vaterland hatte das Volk im März sich erhoben darum bedarf es nicht unserer Entschuldigung und Rechtfertigung, darum müssen wir es preisen! Wenn nun in Folge dieses Kampfes Einzelne sich hinreißen ließen zu verbreche⸗ rischen Thaten, wer trägt die Schuld all dieser Verwirrung, dieses Unglücks? Und wer wagt es, hier zu entscheiden? Sollen wir, die Vertreter des Volkes, die heiligsten Gefühle des Volkes ver⸗ leugnen? oder sollen wir als Richter auftreten, um das Maß der Verschuldungen in einzelnen Fällen festzustellen? Wer dieses wagt und wer die Geschichte des deutschen Volkes in dem denkwürdigen Jahre 1848 verleugnen will, der möge richten; wer aber des Volkes Wohl und Wehe in seinem innersten Herzen mitgefühlt, Der überlasse in diesem Falle das Richteramt dem allmächti⸗ gen Gott! 1 CCCCEEqö“ 8 8 Die erste Kammer beschloß in ihrer heutigen Sitzung, auf den An⸗ trag von Heintz, die Berathung des Gesetz⸗Entwurfs über die Dienstverhältnisse der gerichtlichen Beamten bis zur Diskussion des damit in Verbindung stehenden Gesetz⸗Entwurfs über die Gerichts⸗ Organisation zu vertagen.
Sachsen. Dresden, 29. Nov. (Dresd. J.) In der ersten Kammer fand heute die Wahl der stehenden Ausschüsse statt. Unter den Registranden⸗Nummern befand sich die Beschwerde Wi⸗ gard's in Betreff seiner Amts⸗Suspension wegen Theilnahme an der deutschen konstituirenden Versammlung zu Stuttgart. Ferner übergab der Landtags⸗Ausschuß die in Betreff der Finanz⸗Periode 1848/17 abgelegten Rechnungen, welche in Folge der Auflösung des Landtags von der ersten Kammer nicht haben justifizirt werden kön⸗ nen, letzterer zur nachträglichen Justification.
In der zweiten Kammer begründete heute der Abgeordnete Ober⸗Lieutenant Müller seinen Antrag auf Aufhebung des Be⸗ lagerungszustandes. Er welle hierbei, sagte er, vom Rechtspunkte eben so wohl als von den politischen Gruͤnden absehen und nur die praktische Seite ins Auge fassen. Er führte hierauf die Gründe an, welche dem Bürger, dem Gewerbtreibenden die Aufhebung des Belagerungszustandes wünschen ließen. Man rede zwar von einem Aufschwung der Gewerbe, derselbe habe aber größtentheils nur in den Bedürfnissen des Heeres seinen Grund, und es müsse also hier die Gesammtheit zu Gunsten Einzelner beitragen. Aufregung sei nicht mehr vorhanden, nur eine ernste gedrückte Stimmung, die durch den Belagerungszustand gewiß nicht beseitigt werde. Uebri⸗ gens sei der Zeitpunkt jetzt doppelt geeignet, da die Volksvertretung versammelt und also das Organ vorhanden sei, die Wünsche des Volkes an den Thron zu bringen. Dazu komme in Dresden noch ganz besonders die erfolgte Rekonstituirung der Kommunal⸗Garde. Mit Bedauern habe er vernommen, daß ein bei der ersten Kammer eingegangenes Dekret die Aufhebung des Belage⸗ rungszustandes als unthunlich bezeichnet habe; er wünsche daher dringend, daß sein Antrag als dringlich erachtet und in einer der nächsten Sitzungen zur Erledigung gebracht werde, damit die Schranke falle, welche unseliger Wahn zwischen Thron und Volk aufgerichtet. Koch wünscht den Antrag an den Ausschuß verwiesen zu sehen, welcher sich mit dem erwähnten Königlichen Dekrete zu beschäftigen haben werde, und stellt einen darauf gerichteten Antrag, jedoch mit dem Zusatze, daß der Ausschuß behufs größerer Beschleunigung beauftragt werde, vor der Hand nur schleunigst über die praktische Seite der Frage Bericht zu erstatten. Für den Kochschen Antrag verwendete sich Hähnel, für den Müllerschen Hering und Haberkorn, worauf denn schließlich der Müllersche Antrag mit 28 Stimmen gegen 25 Stimmen angenommen wurde. Derselbe wird daher dem nächst zur Verhandlung kommen. Man schritt nun zur Wahl der Deputationen.
Hannover. Hannover, 28. Nov. (Hannov. Ztg.) Das Justiz⸗Ministerium veröffentlicht folgende Bekanntmachung: „Nachdem die allgemeine Stände Versammlung zu dem unterm 7. April d. J. vorläufig erlassenen Gesetze über die Einführung einer Allgemeinen deutschen Wechsel⸗Ordnung die im §. 72 des Verfassungs⸗Gesetzes vom 5. September v. J. erforderte nach⸗ trägliche Zustimmung ertheilt hat, so wird dies zur allgemeinen
Kenntniß gebracht.“
Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 28. Nov. (D. A. Z.) Das Ministerium macht bekannt, daß, nachdem der Verwaltungs⸗ Rath der auf Grund des Vertrags vom 26. Mai d. J. und der bezüglichen Accessions⸗Urkunden verbündeten deutschen Regierungen in seiner Sitzung am 17. November die definitiven Beschlüsse in Betreff der allgemeinen Wahl der Abgeordneten zum Volkshause des nächsten Reichstags fur den ganzen Bereich der auf Grund des Vertrags vom 26. 89 1. Januar 1850 ausgeschrieben habe, auf höchsten Befehl diese Beschlüsse in Gesetzeskraft hiermit zur öffentlichen Kenntniß ge⸗ bracht und die mit Vorbereitung der Wahl zum Volkshause beauf⸗ tragten Behörden noch besonders angewiesen werden, dieses Ge⸗
Mai d. J. verbündeten deutschen Staaten, auf
—.
schäft so zu beschleunigen, daß die Hauptwahl der für das hiesige Land zum Volkshause zu erwählenden Abgeordneten jedenfalls am 31. Januar 1850 stattfinden könne.
Ansland.
Frankreich. Paris, 28. Nov. Der jetzt für ein halb⸗ amtliches Organ geltende Constitutionnel sagt: „Mehrere Journale haben von Mißhelligkeiten zwischen dem Präsidenten der Republik und dem Ministerium, oder zwischen den Mitgliedern des Ministeriums selbst gesprochen. Diese Gerüchte haben in keiner Weise Grund, und der Gesetz⸗Entwurf, welcher als Vorwand für diese Neuigkeit gedient hatte, ist genau derselbe, welcher vorgestern von dem gesammten Kabinet in der Versammlung vorgelegt wurde.“ Nach der Estafette war von einer Revue, welche Louts Bona⸗ parte am 10. Dezember halten würde, im Minister⸗Rathe die Rede: derselbe soll aber in dieser Beziehung noch zu keiner Entschei⸗ dung gelangt sein, sondern beschlossen haben, vor Allem den Gene⸗ ral Changarnier zu Rathe zu ziehen. Lord Normanby, der bisher mit Louis Bonaparte auf dem vertrautesten Fuße stand, soll jetzt mit ihm wegen der plötzlichen Abberufung der französischen Flotte aus der Levante zerfallen und seit mehreren Tagen im Elysee nicht mehr erschienen sein. Die ihm beigelegte Aeußerung, daß Frank⸗ reich gerade in dem Augenblicke England im Stiche lasse, wo dieses neue Zugeständnisse für die Türkei begehrte, hat von Seiten des Präsidenten angeblich eine lebhafte Antwort herbeigeführt.
Der Estafette zufolge, spricht man von zahlreichen Verhaf⸗ tungen, welche vorgestern vorgenommen worden. Die verhafteten und eingekerkerten Personen, deren Zahl man auf 46 angiebt, sollen eines legitimistischen Komplotts angeklagt sein, welches angeblich in der höheren Gesellschaft Verzweigungen haben soll. Die gemel⸗ deten Verhaftungen erfolgten angeblich Abends um 10 Uhr in einem Hause der Straße Rumfort im Faubourg St. Honoré, das plötzlich von einer Compagnie Voltigeurs umringt und von einer Abthei⸗ lung Polizei⸗Sergeanten durchsucht wurde. In einem Schulsaale für junge Mädchen fand man die 46 Personen versammelt, nahm sie sofort fest und brachte sie nach der Polizei⸗Präfektur.
Die demokratischen Organe behaupten, die Regierung gehe mit dem Plane um, die Nationalgarden in ganz Frankreich zu entwaff⸗ nen, was jedoch wenig Glauben findet. 8
Vom Kriegs⸗Schauplatze vor der Zaatcha sind Nachrichten bis zum 10. November eingetroffen. Der Oberst Canrobert war mit Verstärkung eingetroffen, nachdem er unterweges eine glückliche
azzia ausgeführt hatte. Man schickte sich zu einem neuen Sturme auf die Oasis an. Allein vorher wollte der General Herbillon eine Masse und Fußgänger zerstreuen, die sich, an die Oasis Ur. 8 gestützt, aufgestellt hatte. Der Kampf sollte am 12ten oder 13ten stattfinden. Die Verbindungen zwischen der Be⸗ lagerungs⸗Armee und Bathna waren durch feindliche Streifzüge bereits unterbrochen. Die Stämme der Provinz Algier waren zwar wie die von der Cholera dezimirten der Provinz Oran, noch ruhig, allein dennoch in einer gewissen Spannung. ö
Aus Anlaß des herannahenden Jahrestages des 10. Dezember wird, wie es heißt, der Minister des Innern in jedem Departe⸗ ment zwei Kreuze der Ehrenlegion vertheilen, das eine an ein Mit⸗ glied des General⸗Conseils, das andere au den ältesten Maire.
Im Elysee soll ernstlich von Wiederherstellung des Staats⸗ Secretariats, wie es als eine Art von geheimem Ministerium unter Napoleon bestand, die Rede sein; man nennt Maret de Bassano für diesen Posten.
Der bonapartistische Repräsentanten⸗Verein läßt in den Jour⸗ nalen mittheilen, daß er gar keine Liste seiner Mitglieder veröffent⸗ lichen werde, und daß die bisher unbefugt veröffentlichten Listen ungenau seien.
Das Journal des Débats bespricht die möglichen Folgen, welche ein längeres Verweilen der englischen Flotte in den Darda⸗ nellen haben könnte. Es meint, daß England dabei, wie jetzt die Dinge ständen, nur eine durch nichts gerechtfertigte förmliche Heraus⸗ forderung zum Streite bezwecken könne, was von unermeßlichen Folgen sein würde. Das Journal schließt mit dem Aussprechen einer tiefen Besorgniß vor einem großen europäischen Kriege, wobei Frankreich und das übrige Europa genöthigt sein würden, sich je nach der Lage und den Umständen für England oder für Rußland zu erklären.
Ein langjähriger Beamter der Hofhaltung Ludwig Philipp's wurde vorgestern wegen Entwendung von bedeutenden Quantitäten Porzellan und Glas aus den Tutilerieen, die er beim Ausbruche der Februar⸗Revolution verübte, vom Zuchtpolizeigericht zu einjährigem Gefängniß verurtheilt. “
Das Verfahren des turiner Ministeriums wird von den bedeu⸗ tendsten Organen der französischen Presse als der einzige ihm ge⸗ bliebene Ausweg betrachtet und deshalb vollkommen gebilligt. Die Präfekte der Departements haben in Folge der ihnen neu⸗ lich vom Minister des Innern zugegangenen Weisungen den ihnen untergebenen Maire's befohlen, die nöthigen Maßregeln zu ergrei⸗ fen, um den gesetzwidrigen Hausirverkauf von aufregenden Zeitun⸗ gen, Büchern, Flugschriften, Liedern ꝛc. zu verhindern.
Die Patrie erklärt, daß die Entlassungsgesuche der französi⸗ schen Gesandten in St. Petersburg und Wien, Lamoriciere und Beaumont, offiziell seien. Beide haben in motivirten Schreiben ihre Gesuche an den Minister des Auswärtigen gerichtet, und die⸗ selben seien angenommen worden. In einer der nächsten Versamm⸗ lungen des Ministerrathes werde die Ernennung ihrer Nachfolger stattfinden. Die Liberté legt ihrem Schritte bei ihren nahen Beziehungen zu Cavaignac große Wichtigkeit bei, in einem Augen⸗ blicke, wo die demokratische Partei gegen die Unternehmungen der persönlichen Regierung auf der Hut sei.
Die Kommission zur Prüfung des Gesetz⸗Entwurfs für Aus⸗ hebung von 80,000 Mann der Klasse von 1849 hat gestern ihren Be⸗ richt eingereicht, der die Annahme des Entwurfs beantragt. Auch bezüglich des Vorschlages von Grammont, welcher der Thierquälerei steuern soll, lautet das Gutachten der betreffenden Kommission auf Genehmigung.
E bP tern vom Disziplinar⸗Rathe des hiesigen Ad⸗ n b 8 gefällten Entscheidung sollen diejenigen Mitglieder b bzteren, welche mit Vertheidigung der Juni⸗Angeklagten vor dem hohen Gerichtshofe zu Versailles beauftragt waren, vor d Disziplinar⸗Rath Nesßch bs 6 ailles eauftrag M vor den schaft zu geben ”” hieden werden, um über ihr Verhalten Rechen⸗ II1“ d im geeigneten Falle mit einer Strafe belegt zu werden, deren höchster Grad di 8 8 tenliste ist. Grad die Ausstreichung von der Advoka⸗ Durch einen Befehl Changarnier's ist die Bewachung der ver⸗ schiedenen Ministerien ausschließlich Jäger Vincennes übertragen worden; dies e. nn Rer Innern, wo bisher stets die Munczipgill auch vom Ministerium des Garde den Dienst versah. garde oder die republikanische
Die Assemblee Nationale fordert unter Hinweisung auf
die b 2 3 p evorstehenden Ersatzwahlen für die National⸗Versammlung alle
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Schattirungen der gemäßigten Partei zur Verschmelzung und Einig⸗ die Bedingungen, unter welchen ihnen der Privat⸗Unterricht erlaubt
keit auf, weil nur ihre Spaltung den Rothen Aussicht auf Erfolg geben könne.
Der Assisenhof hat gestern einen vormaligen Capitain der Montagnards freigesprochen, welcher der Betheiligung an einer am 13. Juni bei dem Waffenschmied Roland hier verübten Plün⸗ derung seines Waffen⸗ und Munitions⸗Vorraths angeklagt war.
Nach einer stattgehabten Revision der Wählerlisten für das Seine⸗Departement fungirten auf denselben 12,000 Individuen, welche als frühere Sträflinge, Kontumazial⸗Verurtheilte ꝛc. wahl⸗ unfähig und daher jetzt sämmtlich ausgemerzt worden sind.
Großbritanien und Irland. London, 27. Nov. Die Lords des richterlichen Comité's des Geheimen Rathes werden ihre Sitzungen um 5. Dezember beginnen, um Appellationen von den Kolonieen und anderen Orten entgegenzunehmen. Das Comité der Lords des Geheimen Rathes hatte gestern eine Zusammenkunft im Handels⸗Ministerium. Auch hat gestern der angekundigte Kabinets⸗ Rath sämmtlicher Minister stattgefunden.
In Irland sind die Anhänger Gavan Duffy's, die sogenann⸗ ten Nationalisten, beschämt und erbittert über den kläglichen Er⸗ folg, den ihre erste Zusammenkunft gehabt hat, namentlich über den vollständigen Mangel an einer würdigen oder auch nur anständigen Haltung, die in der Versammlung herrschte. 8
Das Resultat der Verhandlungen der Orangisten⸗Loge in Du⸗ blin ist noch immer nicht bekannt; es soll jedoch in einigen Tagen in Form einer Broschüre veröffentlicht werden. 1t
Niederlande. Aus dem Haag, 23. Nov. Den Ge⸗ neralstaaten ist eben ein neues Portogesetz vorgelegt worden, wo⸗ nach einfache Briefe für eine Entfernung von 30 holländischen Meilen 5 Cents, für eine Entfernung von 60 Meilen 10 Cents, von 60 bis 120 Meilen 15 Cents und darüber hinaus 20 Cents zahlen sollen. Das Porto für Journale soll für jeden Bogen, von welcher Größe auch immer, einen Cent betragen.
Italien. Von der italienischen Gränze, 24. Nov. (Wanderer.) Die römischen Revolutionsmänner sollen sich theil⸗ weise auf den Boden von S. Marino zurückgezogen haben, von wo aus sie starke Verbindung mit den Legationen und der Marca unterhalten. General Baraguay d'Hilliers wurde am 17ten in Rom erwartet. Am (18ten sollten dann die französischen Truppen militairische Uebungen abhalten und am 19ten Rostolan abreisen. Auch dieser ist „römischer Bürger“ geworden. Die für den 15ten gerüchtweise angesagten Demonstrationen der Demagogen fanden in den Zurüstungen der Franzosen eine Abwehr. Die Verbrennung der Bons der römischen Republik hat stattgefunden. Sie reprä⸗ sentirten 52,000 Scudi. Auch das Tribunal der Sacra Ruota ist wieder mit aller Förmlichkeit und Feierlichkeit eröfsnet worden. Monsignor La Grua sprach die Eröffnungsrede.
Die piemontesische Regierung sah sich durch die häufigen An⸗ griffe auf Leben und Sicherheit der Bürger veranlaßt, mobile Ko⸗ lonnen auf die Landstraßen zu entsenden.
Gennua's jüngst erkorener Deputirter, Manin, hat das Mandat nicht angenommen.
Mearcello Durazzo hat der städtischen Bibliothek von Genua ein Legat vermacht. Es besteht dasselbe in 1645 Original⸗Zeich⸗ nungen klassischer Maler, die Durazzo mit vieler Mühe und Sorg⸗ falt gesammelt hatte; in einem Andachtsbuche von Pergament mit Malereien von Künstlern des funfzehnten Jahrhunderts, und ge⸗ bunden in Sammt mit Raphaelischer Ciselir⸗Arbeit; da ferner das Werk Stuart's über griechische Alterthümer in der sehr seltenen englischen Original-Ausgabe. Die Uebergabe an das Munizipium hat bereits stattgefunden.
In Livorno werden fortwährend politische Verhaftungen vor⸗ genommen. Professor Lottini's Sohn, der erst kurzlich aus der Haft entlassen worden war, ist wieder eingezogen worden.
Zum Andenken der Restauration des Großherzogs von Tos⸗ cana werden dreierlei Münzen geprägt. Zwei von Silber und mit dem Bilde des Großherzogs; außerdem soll die eine Gattung auf der Reversseite einen Eichenkranz mit dem Namen des wohlverdien⸗ ten Bürgers tragen, der zur Restauration beitrug; die zweite soll inmitten eines Eichenkranzes die Worte „Onore e fedeltà 12 April 1849« zeigen. Die dritte Gattung soll von Erz sein und an verdienstvolle Bürger ausgetheilt werden.
(Lloyd.) In Vercelli fand am 12ten d. M. die erste Si
zung der dort versammelten Bischöfe statt. In Porto⸗ d'Anzo dauert die Einschiffung der Spanier fort. Die Kavallerie ist bereits abgegangen. Fünf päpstliche Regimenter werden nun in den von den Spaniern besetzten Ortschaften garni⸗ soniren. 8
In Ferrara wurde die österreichische Hauptwache wieder aufs Kastell verlegt, und dem Vernehmen nach sollen wieder päpstliche Truppen den Wachtdienst in der Stadt verrichten.
Die Festung Piacenza wird, dem Corriere mercantile zufolge, ein verschanztes Lager für 25,00) Mann bilden. Die Zu⸗ sammenziehung der Truppen geht mit größter Schnelligkeit vor sich. Das österreichische Heer wird in dem Etsch⸗Mincio⸗Quadrate mit .“ Posten in Piacenza, Ancona und in Toscana ver bleiben.
Alessandria, 18. Nov. (Lloyd.) Die Eisenbahn⸗Arbeiten werden nun hier mit größter Rührigkeit betrieben und dürften schon im nächsten Jahre vollendet sein. Der Bahnhof wird befestigt und in den Bereich der Fortification gezogen. 8
Die Regimentsschulen sind seit zwei Tagen eröffnet worden und hat der Unterricht in den Militair⸗ Wissenschaften unter den Auspizien einiger Stabs⸗Offiziere begonnen.
Nach dem benachbarten Städtchen Basignong ist, ohne daß man sich die Ursache davon erklären könnte, der Befehl ergangen, drei Kirchen zu räumen. ““
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8 Florenz, 18. Nov. (Lloy d.) Die am Namensfeste de Großherzogs erwartete Amnestie ist nicht erschienen, d Bestimmtheit versichert, daß das betreffende Dekret nur der Groß⸗ Fersoalfcheg IG bedarf. H ie Cholera ist nach amtliche ichten i Hr herzogthume hie a 1 Ueber das Anlehen verlautet seit einigen Tagen ni Be⸗ stimmtes, und man giebt die auf, gdaß her. bekannten Weise zur Ausführung komme.
Die florentinische Munizipal⸗Behörde hat beschlossen, sich in corpore zum Großherzoge zu begeben, um ihm für die Zufrieden⸗ heit, welche er über die Wirksamkeit des Magistrats bei der Her⸗ tellung eines gesetzlichen Zustandes geäußert hat, Dank abzustatten.
Neapel, 11. Nov. (Lloyd.) Die Legge zählt eine ganze dae van se vorgenommen Verhaftungen auf. Der größere eil derselben besteht aus ehemaligen Deputirte Geistlichen. steh hemalige eputirten und In Folge des neuen Dekretes über den öffentlichen und Privat⸗
Unterricht giebt es hier keinen Rechts⸗ oder Medizin⸗Professor, der
es findet sich
wäre, zu erfüllen im Stande ist. Die Regierung hat den Inten⸗ danten der Provinzen den Befehl ertheilt, den Andrang der Stu⸗ direnden in der Hauptstadt zu hindern und ihnen die Erlaubniß zur Reise dahin zu versagen. Der Privat⸗Unterricht ist ebenfalls so lange untersagt, bis die betreffenden Lehrer die Bewilligung erhal⸗ ten haben werden. b
Palermo, 14. Nov. (Ll.) Ein früheres Dekret vom Jahre 1821, welches alle Bücher, die gegen die Religion, die öffentliche Sittlichkeit und gegen die Regierung gerichtet sind, verbietet, wird neuerdings geltend gemacht, um die Journale, welche zum Unge⸗ horsam gegen die Behörde und Anarchie predigen, zu unterdrücken.
Vereinigte Staaten von Nord⸗Amerika. New⸗ York, 6. Nov. Einzelne New⸗JYorker Blätter, namentlich der Herald und der Enquirer, so wie auch der in Philadelphia erscheinende Nord Americain, behaupten, das Kabinet des Ge⸗ neral Taylor sei zu dem Beschlusse gekommen, eine entschiedene und nöthigenfalls feindliche Stellung anzunehmen, um die Ansprüche nordamerikanischer Bürger in Betreff der ihnen zugesagten Ver⸗ kehrs⸗Begünstigungen in Nicaragua gegen die ihnen widerstreiten⸗ den Anspruche britischer Unterthanen aufrecht zu erhalten. Als Basis der Politik des nordamerikanischen Kabinets soll erstens die Doktrin des Präsidenten Munroe dienen, welche jede Einmischung europäischer Mächte in amerikanische Angelegenheiten an und für sich schon als unstatthaft erklärt, und zweitens die Behauptung, daß weder England selbst noch der Mosquito⸗König irgend ein Anrecht auf das Mosquito⸗Territorium habe, daß vielmehr jenes Gebiet das ausschließliche Eigenthum des Staates Nicaragua sei, und daß daher diejenigen Vorrechte, welche Nicaragua einzelnen nordameri⸗ kanischen Bürgern in Betreff des Verkehrs im Hafen und auf dem Flusse San Juan bewilligt hat, als allein zu Recht beständig an⸗ zusehen und gegen Jedermann aufrecht zu erhalten seien.
Nach Berichten, welche das in Washington erscheinende Blatt Republic mittheilt, ist das durch andere nordamerikanische Blätter verbreitete Gerücht von der Verbannung des russischen Gesandten in Washington, Herrn Bodisco, nach Sibirien unbegründet. Seine Familie hat Briefe von ihm aus St. Petersburg vom 8. Oktober erhalten, welche seine unverweilte Rückkehr nach den Vereinigten Staaten anmelden.
Eine große Gesellschaft in den Vereinigten Staaten hat, wie es heißt, mehrere der außer Kultur gesetzten Pflanzungen, Kupfer⸗ und Steinkohlen-Bergwerke in Jamaika gekauft und will sie mit guten Kapital⸗Fonds nach nordamerikanischen Prinzipien be⸗ arbeiten.
Die diesjährige Baumwollen⸗Aerndte hat in mehreren Staaten der Union durch die Zerstörungen des Wurms und des feuchten Wetters einen bedeutenden Ausfall erlitten. Man erwartet ein fortgesetztes Steigen der Preise. In Süd⸗Carolina sollen die Ver⸗ suche mit dem Anbau des Theestrauchs sehr günstig ausfallen.
Merxiko. Veracruz, 22. Okt. Man spricht von bevorstehen⸗ den Aufstandsversuchen; es soll sich am 28. September eine große An⸗ zahl von Offizieren von Mexiko nach Toluca begeben haben, um einen allgemeinen Aufstand gegen die Regierung zu organisiren. In Folge davon waren in der Nacht auf den 28. September in Mexiko viele Verhaftungen vorgenommen worden, und die Regierung hatte sogleich 200 Mann und drei Geschütze nach dem beabsichtigten Schauplatze des Aufstandes gesandt.
Am 28. September wurde in Mexiko und am 25sten in Cor⸗ dova eine starke Erderschütterung verspurt. 1
In Veracruz hat eine furchtbare Krankheit zu wüthen ange⸗ fangen, die in ihren Wirkungen noch verderblicher auftritt als die Cholera. 1 8
Die Gesellschaft, welcher die mexikanische Regierung das Recht bewilligt hat, eine Eisenbahn über die Landenge von Tehuantepec zu führen, schreitet rasch mit den Vorarbeiten fort.
Nachrichten aus Nucatan vom 9. Oktober melden die Ermor⸗ dung des Häuptlings der indianischen Insurgenten, Jacinto Pat.
Venezuela. Caraccas, 21. Okt. Die Regierung hat für die Theilnehmer an dem letzten Aufstande eine allgemeine Amnestie bewilligt, von der jedoch General Paez und einige der Hauptfuhrer ausgeschlossen sind. Ihr Urtheil lautet auf Verbannung.
Aus Haiti erfährt man, daß der Hafen Miragoane durch eine I des Kaisers für alle fremden Schiffe geschlossen wor⸗ en ist.
Königliche Schauspiele. Sonntag, 2. Dez. Im Opernhause. 139ste Abonnements⸗ Vorstellung: Armide, große heroische Oper in 5 Abth., nach dem Französischen des Quinault, übersetzt von J. von Voß. Musik vom Ritter Gluck. Ballets von Hoguet. Anfang halb 7 Uhr. Im Schauspielhause. 199ste Abonnements⸗Vorstellung: Ma- zarin, historisches Original⸗Schauspiel in 4 Akten, von Charl Birch⸗Pfeiffer. Anfang halb 7 Uhr. 8 hnet “ 200ste Abonnements⸗ b Porstellung: Deborah, Volks⸗Schauspiel in 4 fzu S. H. Mosenthal. Anfang halb 7 r s.. b Dienstag, 4. Dez. Im Opernhause. 140ste Abonnements⸗ Vorstellung: Martha, oder: Der Markt zu Richmond, romantisch⸗ komische Oper in 4 Abth., theilweise nach einem Plane des St. Georges, von W. Friedrich. Musik von Friedrich von Flotow. Anfang halb 7 Uhr. b 1 In Potsdam. Auf Allerhöchsten Bef hl: Der te Abbé Lustspiel in 2 Abth., nach dem Französischen von Plasts nmgs. (Herr Haase, vom Königlich konzessionirten Theater zu Potsdam: Claudius, als Gastrolle.) Hierauf: Die Leibrente, Schwank in 1 Akt, von G. A. von Maltitz. (Herr Bethge, vom Hof⸗Theater zu Strelitz: Robert, als Gastrolle.) Anfang halb 7 Uhr b
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önigsstädtisches Theater.
Sonntag, 2. Dez. Berlin bei Nacht. Posse mit Gesang bnsc Akten, von Kalisch. Vorher: Herr Lehmann. Monolo⸗ gische Scene mit Gesang von Dr. Beta, als Prolog, vor
- —855 etrage von Herrn Grobecker. 8 5 “ Montag, 3. Dez. (Italienische Opern⸗Vorstellung.) L'Elisir d 1eggg. Komische Oper in 2 Akten. Musik von Donizetti. b 8 Dienstag, 4. Dez. Berlin bei Nacht. Vorher: Herr Lehmann.
MM7 4. 8 8 . 4g — .„ 1 2 1 Mittwoch, 5. Dez. (Italienische Opern⸗Vorstellung.) Zum Erstenmale: II franco Arciero. Romantische Oper in 3 Akten, von Friedrich Kind. Musik von C. M. von Weber. Recitative 18 H. Berlioz. Mit neuen Decorationen und Kostümen. Die Maschinerieen und Verwandlungen sind vom Maschinisten Bency. Die Decorationen vom Theater⸗Maler Schwedler. (Sga. Claudina Fiorentini: Agathe, als Gastrolle.)