1849 / 332 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

General⸗Syvndikus über den hinsichtlich der Bestimmun⸗ bes die jüdischen Armenverbände abweichenden Beschluß zwei⸗ ter Kammer über den Gesetz⸗Entwurf, die Stolgebühren der Ju⸗ den ꝛc. betreffend, eine Konferenz zu beantragen.

eiten Beratbung über das Ministerial⸗ Schreiben vom 13. ö die dosbebanh der Salzsteuer von dem für landwirth- schaftliche Zwecke bestimmten Salze betreffend, stellte Woneken den Antrag, im Begleitschreiben dit Regierung zu. ersuchen, darac Bedacht zu nehmen, daß das für ausländisches Salz bestehende Ein⸗ fuhrverbot aufgehoben, und statt dessen der Bestand der inländischen Production durch eine angemessene Eingangssteuer gesichert werde. Der An⸗ tragsteller führte in einem längeren Vortrage aus, daß bei der Unentbehr⸗ lichkeit des Salzes für Arme und Reiche die Salzbesteuerung zu allen Zei⸗ ten als eine besonders drückende angesehen sei. Auch bei uns treffe dieselbe namentlich den sogenannten kleinen Mann auf dem Lande mit unverhälniß⸗ mäßiger Härte. Nach genauen, in Frankreich angestellten E mittelungen betrage die Salz⸗Comsumtion in den Städten per Kopf 8 Pfund, auf dem Lande 24 Pfund; bei uns werde das Verhältniß auf dem Lande ziemlich dasselbe sein. Berechene man nun den Mehrbetrag nnserer jetzigen Salz⸗ preise im Vergleiche zu dem Preise, zu welchem man en lisches Salz zu den Nordseehäfen haben könnte, so mache derselbe für eine Fa⸗ milie auf dem Lande 1 Rthlr. jährlich aus, also den Tagelohn einer gan⸗ zen Woche. Die von ihm zur Erwägung gestellte Maßregel erscheine da⸗ nach eben so gerecht, wie sie für die National⸗Oekonomie ersp ießlich sein werde. Dörrien, welcher bei dem Salzreichthum unseres Laudes die Freigebung der Einfuhr weder erforderlich noch nützlich hielt, stellte dagegen den Antrag, raß im Begleitschreiben die Regierung ersucht werde, die Auf⸗ hebung der Salzsteuer auch füär Soole und Salz, welches zu Fabrit⸗ und anderen industriellen Zvecken (Soragewinnung ꝛc.) verwender werde, in Ezwägung zu nehmen. Ministenal Vorstand Braun best itt veide Anträge als zu unbestimmt, und namentlich als unzeitig. Beide bezwecken die Ver⸗ minderung der gegenwärtigen Salzpreise; es sei aber so eben erst ein Gesetz⸗ Entwurf angenommen, durch welchen die Freigebung des Verkehrs mit in⸗ ländischem Salze eingeführt werde, welche unzweifelhaft eine Verminderung der Salzpreise bewirke. Ehe sich nicht herausgestellt habe, wie dieselben sich hiernach gestalten, entbehre eine Erwägung uber die von den Antrag⸗ stellern berührten Punkte jeder bestimmten Grundlage. Nach längerer Er⸗ örterung, in welcher von Hausmann und mehreren Anderen bemerklich gemacht wurde, daß die angegeben n geringen Preise des englischen Salzes das Steinsalz betreffen, wogegen das Kochsalz dort so theuer sei als hier, und daß zu Fabrikzwecken hanpisächlich nur die Soole, welche der Salz⸗ steuer nicht unterliege, verwendet werde, zog Wyneken unter der Bemer⸗ kung, daß es ihm genüge, diesen Gegenstand vorläufig in Anregung ge⸗ bracht zu haben, seinen Antrag zurück; der Antrag Dörrien’'s aber wurde abgelehnt, und der in der Vorlage enthaltene Antrag der Regierung ange⸗ nommen. von Honstedt sprach dabei den dringenden Wunsch aus, daß die Regierung fortfahren möge, die Förderung der Landwirhschaft im Auge zu behalten, welcher in nicht ferner Zakunft in der Konkurrenz der mit Riesen⸗ schritten forteilenden nordamerikanischen Landeskultur eine drohende Gefahr bevorzustehen scheine.

Bei der darauf folgenden zweiten Berathung des Gesetzentwurfes, die Bestrasung von Verbrechen gegen die Sicherheit des Betriebes der Telegra⸗ phen betreffend, wurden von Kirchhoff zu §. 1 die gestern angekündigten An⸗ träge gestellt. Der Entwurf wurdemit den beantragten (auch von der zwei⸗ ten Kammer beschlossenen) Aender ngen und Zusätzen angenommen.]

Die Tagesordnung führte zur ersten Lesung der Vorlage vom 13. März d. J., den Entwurf zu einem Gesetze über die Einführung kurzer Verjäh⸗ rungsfristen betrefsend. Wyneken bemerkte, daß der Entwurf in der Durchführung des Prinzips des Rechtsverlustes durch Zeitablauf zu writ zu gehen scheine. Das Prinzip widerstreite an sich der Moral, und müsse da⸗ her auf die äußerste Nothwend gkeit eingeschränkt werden. Die Einfuhrung der vorliegenden kurzen Verjahrungsfristen sei sür den Gläubiger nicht noth⸗ wendig, da dieser klagen könne, wann es ihm guttünke, sondern eher schärlich, da z. B. der Handwerker durch die gezwungene fruhe Anstellung einer Klaae seine Kundschaft zu verlieren fürchten müsse. Fur den Schuld⸗ ner brauche man auch nicht zu sorgen; er habe es in der Hand durch zei⸗ tige Tilgung der Schuld Verwirrungen zu vermeiden; auf der anderen Seite sei namentlich ein Gewerbetreibender bei Anfang seines Geschäftes häufig in der Lage, längeren Kredit zu bedur⸗ fen, als ihm nach diesem Gesetze gewähnt werden könne. Das Gesetz sei zu apodiktisch; man musse es den Betbeiligten frei lassen, sich längere Verjährungsflisten zu sichern; er empfehle eine Beschränkung dahin: daß die im Entwurfe bestimmten Verjährungsfristen dann eintreten, wenn vorher der Gläubiger sich nicht einen Schuld chein vom Schuldner habe ausstellen lassen. Regierungs⸗Kommissar Bacmeister. Das als unmo⸗ ralisch bezeichnete Prinzip des Rechtsverlustes durch Verjährung bestehe schon von jeher, und werde nicht erst durch dies Gesetz in das Rechtsiystem ge⸗ bracht. Der Entwurf werde in seiner praktischen Wirkung eher die Moral befördern, indem er die in den Schuldverhältnissen so heilsame und noth⸗ wondige Ordnung sichere, und Verwirrung und Verschleppung verhüte. Die Regie⸗ rung sei um die Vorlage eines solchen Gesetzes von vielen Seiten, namentlich aus der Klasse der Kaufmannschaft, angegangen; die Wohlthätigkeit desselben sei durch die in Preußen, wo 1838 ein fast gleiches Gesetz fur das Gebiet des preu⸗ ßischen Landrechts gegeben und 1845 über das ganze Königreich ausgedehnt sei, gemachte Erfahrung außer Zweifel gestellt. Die Regierung habe be⸗ sonderes Gewicht darauf gelegt, sich den in Preußen geltenden Vorschriften thunlichst anzuschließen, um fur diesen, den täglichen Verkehr berührenden Gegenstand eine Gleichmäßigkeit des Rechts in möglichst großem Kreise zu gewinnen. Das vom Vorredner vorgeschlagene Auskunftsmittel sei nichis Neues; denn schon bisher habe eine derartige Anerkennung des Schuld⸗ verhälmisses von Seiten des Schuldners die Verjährung unterbrochen; die Verjährung der Prokuratur⸗Forderungen (hinsichtlich welcher Woneken sich auf eine entgegengesetzte Entschridung berief) sei von eige⸗ ner Art, und der gewöhnlichen Verjährung nicht gleichzustellen. Herrmann bemerkte gegen Wyneken noch, daß die Gefahr der Handwerker ꝛc. durch frühzeitige Einklagung die Kundschaft zu verlieren, sich vermindern werde, da sich mit dem Rechtsz stande auch die Sitte ändere; und daß ein längeres Kreditgeben, wo solches nöthig sei, durch Verabredun von Zahlungsterminen erreicht werden könne. Der Entwurf wurde b. nachdem für das letzte Alinea des §. 5 von Wachsmuth eine bestimmtere emprohlen, zu §. 2 und §. 6 aber auf verschiedene hinsichtlich der

njurienklagen von Herrmann und Wyneken e hobenen Zweif! vom Regierungs⸗Kommissar Bacmeister Austunst gegeben war, a genommen, und sodann, auf den durch Kirchhaff und Wachsmuth unterstützten Antrag des General-Sond kus, dessen Prusung durch eine besondere gemeinschaftliche Kommission von je drei Mitgliedern beschiossen.

Vor Beendigung dieser Berathung mwurde von Hausmann Namens der Finanz⸗Kommession uber das Budget fur 1849 —50 ein dringlicher Be⸗ richt erstattet. Derselbe bemerlte, die Finanz⸗Kommission habe die Unmög⸗ lchkrit erkannt, in der kurzen Zeit bis Ende dieses Jahres die ordnungs⸗ mäßige Bearbertung des Budsets zu vollenden, und habe daber in Erwä⸗ gu g ziehen mussen, auf welche Weise, ohne die Fortfuhrung der Regierung zu hindern, und ohne dabei den Rechten der Stande zu vergeben, eine Ver⸗ mirtelang möalich sei. Das Auek mftsmittel habe die Finanz⸗Kommission, weiche sich über die bedanerlich verspätcte Berufung der Stände der weite⸗ ren Bemerkung en halte, in folgender Proposition gefunden, daß nämlich der Regierung Ständen Nachstehendes erwiedert werde: (Der hier⸗ M28 ist in dem Berichte über die Sitzung der zweiten Kam⸗

Der Präsident kündigte an, daß die sition b . sion, die Erwieverung auf das Minssteral⸗Schreiben, die Bildung des neuen werden sollen. d

In der zweiten Kammer erneuerte Bueren sein ige I 8er in de Thronrede versprochenen Vorlagen Iehs pagn und stellt, als dieselbe wiederum unbeanwortet bleibt, einen Antrag darauf die Regierung um unverzügliche Vorlage der versprochenen Aktenstucke zu ersuchen, welcher Antrag unterstützt wird und demnächfl auf vie Tagesord⸗ nung gesetzt werden soll. Hieruächst bringt Mertel solgenden genügend unterstüͤtzten Ur⸗Antrag ein:

„Stände beschließen, die Königliche Regierung zu ersuchen

I%IIX“

noch im Laufe dieser Diät, Gesetz⸗Vorlagen zur verfassungsmäßigen Zu⸗ stimmung der Stände dabin zu machen:

1) „Baß die §§. 13 bis 16 des Gesetzes vom 28. Dezember 1821, das

Verbot der Privateide betreffend, beseitigt und alle in einem öffentli⸗

9 chen Dokumente ausgesprochenen Verzichte der Frauenspersonen auf

die weiblichen Rechtswohlrhaten, so wie auf die ihnen zustehenden

Hopotheken⸗ und Vorzugsrechte für gültig und rechtsverbindlich zu

halsen seien; 2

2) „Daß alle gesetzlichen, so wie alle privilegirten Hypotheken, wenn sie vor den öffentlichen und ingrossizten Hppotheken den Vorzug genießen sollen, ebenfalls in das Hypothekenbuch der zuständigen Behörde ein⸗ zutragen seien, und die Priorität der gedachten Hopotheken ganz nach dem Zeitpunkte der Eintragung zu beurtheilen sei;

3) „Daß folgende in der Eivilprozeß⸗Ordnung vom 4. Dezember 1847 enthaltenen Bestimmungen, nämlich:

a) uber das Armenrecht in den §§. 47 bis 50 iull.,

b) über die Zulassung der Part ien und Sachwalte bei der Verneh⸗

mang der Zeugen im §. 124 sofort in Kraft und Wirksamkeit zu setzen seien.“ 1

Die Tages⸗Ordnung führt dann zur Fortsetzung der gestern abgebro⸗ chenen ersten Berathung der Regierungs⸗Vorlagen über die Organisation der Verwaltung und zwar zunächst der Grundzüge für die Organisation der Provinzial⸗Land chaften (Abschnitt IV. Geschäfts⸗Ordnung). Die sich hier findende B stimmung, wonach die Provinzial⸗Landschaft vom Landdro⸗ sten berufen werden soll, wird von mehren Seiten als eine Beschrän⸗ rung des für die osttriesischen und bremen⸗verdenschen Provinzial⸗Landschaf⸗ ten bestehenden Rechtes, sich ohne regierungeseitige Berufung nach eigenem Belieben zu versammeln, angegriffen. Groß und Bueren mollen dieses Selbstvereinigungsrecht für Ostfriesland gewahrt wissen, während Freu⸗ dentheil und Adrckes das Fortbestehen desselben auch für Bremen und Verden in Anspruch nebhmen. Stüve macht den Rednern bemerklich, daß es sich hier nicht um einen Gesetz⸗Entwurf handele, sondern daß auch über diesen Punkt demnächst mit den einzelnen Landschaften zu verhandeln sein werde. Der künftige Wirkungskrets der Provinzial⸗Landschaften werde üͤbrigens ein von dem bisherigen sehr verschiedener sein, insofern denselben eine wesentliche Theilname an der Verwaltung eingeräumt wer⸗ den solle und müssen die Versammlungen daher nothwendig im Einklange mit dem Geschäftsgange bei den Landdrosteien strhen. Vermögen übri⸗ gens einzelne Provinzial Landschaften demnächst nachzuweisen, daß die hier proponirte Bestimmung für sie nicht passe, nun so werde es viellricht kein Bedenken finden, das Recht der Vereinigung auszudehnen. Schläger, Schlüter und Gerding vermissen eine ausdrückliche Bestimmung dar⸗ über, daß die Verhandlungen der Provinzial⸗Landschaften öffentlich sein sollen, während von der Horst das den Provinzial⸗Landschaften bisher zugestandene Recht der Wahl zu einigen Richterstellen für dieselben gewahrt wissen will. Stüve und von Düring weisen darauf hin, daß das bisherige Präsentations⸗Recht zu Richterstellen, wenn es we⸗ sentliche Nachtheile auch bisher nicht gehabt, doch auch keines⸗ weges als besonders ersprießlich und zweckmäbig sich erw esen habe, und halten jede Beschränkung der Regierung in Besetzung der Richterstellen für ungeeignet und nachtheilig. Nach einigen durch von Hinüber hervor⸗ gerufenen Bemerkungen über die künftige Stellung des Landdrosten zu den Provinzial⸗Landschaften geht man zu dem Entwurse einer Verordnung, be⸗ treffend die Einrichtung der Aemter, über.

Der §. 1, dem zufolge die Amtsbezirke in der Regel so festgestellt wer⸗ den sollen, daß ein Beamter den Geschäften vorstehen kann, ruft eine Diskussion zwischen Oppermann, Srtüve, Lang l. und Schlüter über den zweckmäßigsten Umfang der Amtsbezirke hervor, wobei Stüver das Nachtheilige und Hemmende für die Geschäfte nachweist, welches zu große Verwaltungsbezirke nothwendig mit sich fuhren, namentlich dadurch, daß Beamte und Unterthanen zu weit von einander getrennt und deshalb ein großer Theil der Geschäfte der unmittelbaren Einwirkung des Beamten entzogen wird und [der Besorgung der Amtsunterbedienten anheimfällt. Beim §. 2 äußern Klee und Merkel den Wunsch, daß die Vormund⸗ schafts⸗ und Hypothekensachen den Gerichten abgenommen und den Verwal⸗ tungsbehörden mögen übertragen werden. Stuve und von Düring ver⸗ kennen nicht, daß sich Manches für diese Ansicht sagen lasse, namentlich in Betreff der nicht zu leugne den Kollisionen zwischen den obervormundschaft⸗ lichen und richterlichen Pflichten der Justizbeamten; dennoch aber können sie die Uebertragung der fraglichen Geschäfte an die Verwaltungsbeamten nicht für zuträglich halten, hauptsächlich deshalb, weil der letzteren ganze Stellung durch Wahrnehmung von Privat⸗Interessen verrückt werden, auch hier mannigfache Collisionen der Pflichten hervortreten und ein verkehrter Instanzenzug sich bilren würde. Der §. 3 giebt von der Horst Ver⸗ anlassung, fur die Landgemeinden ein gleiches Wahlrecht bezüglich der Ver⸗ waltungsbramten in Anspruch zu nehmen, wie es herkömmlich den städti⸗ schen Corporationen bereits z steht. Stüve vermeint, unter Hinweisung auf die große Verschiedenheit zwischen städtischen und Landgemeinden, den letzteren ein solches Wahlrecht füglich nicht zuagestehen zu kön⸗ nen, denn die Regierung sei für Handhabung der Gesetze verantwort⸗ lich und sie müsse die Männer sich aussuchen, die dazu für tauglich von ihr erachtet werden. Bei den §§. 4 und 5 findet die Stellung der Amtsgehulfen eine nahere Erörterung. Man fürchtet von einigen Sei⸗ ten, daß das projektirte Institut der Amtsgehülfen von denselben Nachtbei⸗ len begleitet sein werde, welche bislang mit dem Am sunterbed enten-Wesen als unzertrennlich sich gezeigt haben. Stuve bemerkt unter Hinweisung auf die Nothwendigteit und Nutzlichkeit des Institutes der Amesgchülfen zur Beruhigung der erhobenen Befürchtungen, daß die Stell ang eine wesentlich vershiedene und ungefahrliche schon deehalb sein werde, weil Beamter und Amtsgehülfe jeder Zeit an demselben Orte wohnen müssen.

Nachdem die weitere Berathung durch Vornahme der Schatzrathswahl unterbrochen worden, bi welcher gleich im ersten Skrutinium die absolute Majorität von 56 Stimmen fur Lang 2 sich entscheidet während 18 Stimmen a’f Hantelmann und 1 auf Buddenberg fallen gelangt man zu dem Gesetz⸗Entwurfe, die Einrichtung einer Amtsvertretung betreffend. Die meiste Anfechtung von einer Seite Ellissen und Bueren erleidet hier die Bestimmung im §. 2, wonach von den auf je 500 Einwohner einer Wahl⸗ und Wohnrechts⸗Gemeinde zu erwählenden zwei Vertretern jedesmal einer der höchsten in der Gemeinde vorkommenden Stimmrechts⸗Klasse an⸗ gehören soll. Die in dem Schreiben der Regierung fur diese Bestimmung angefuhrten Grunde, namentlich den aus der bisherigen allerdings leider bestehenden Theilnahmlesigkeit des Volkes an öffentlichen Dingen hergenommenen, will man nicht anerkennen. Ellissen glaubt den Grund der gedachten bisberigen Theilnahmlosigkeit in dem Ver⸗ fahren der unteren Regierungs⸗Organe finden zu mussen und Bueren halt jede Klassenvertemung füͤr naturwidrig und schädlich, und glaubt, daß man eingedenk des Spruches: „divide et impera“ die Klassen nur sondern wolle, um eine gegen die andere aufzuhetzen. Buddenburg und Stüve erbeben sich zur Vertheidigung der angefochtenen Bestimmung. Letzterer Lält die Gründe der bisherigen Tb ilnahelosigteit füͤr sehr mannichfaltig und kann sie in einem verkehrten Verfahren der Beamten, was hin und wieder gegen den Willen der Regierung vielleicht vorkommen möge, allein nicht finden. Er hat die Erfahrung gemacht, daß die Theilnahme für öf⸗ fentliche Dinge seit geraumer Zeit stets abgeneommen habe und zwar nicht weniger da, wo die Geschäfte gut verwaltet sind. Ohne Opfer an Zeit, Kräften und Erwerb komme man dabei nicht ab und deshalbd sei es noth⸗ wendig, einen Theil der Last auf diejenigen zu legen, welche ihren Vermö⸗ gensverhält issen nach dieselben tragen können.

Vor dem Schlusse der Sitzung wird von Lindemann noch der fol⸗ gende Antrag der Finanz⸗Kommission eingebracht, welcher baldthunlichst zur Berathung gebracht werden soll:

„Stände haben sich zwar beeilt, das ihnen mittelst Schreibens der königlichen Regierung vom 15. Nov. d. J. vorgelegte Budget für das Richnungsjahr vom 1. Inli 1849 bis 1850 in Berathung zu nehmen, sich aber zu ihrem Bedanern überzeugen mussen, daß sie sich nicht im Stande befunden, eine gehörige Prüfung des ersten, die vereinigten Kas⸗ sen betreffenden Budgets bis zum Ablaufe des Zeitpunktes zu beendigen, bis zu welchem nach Bestimmung des Landesverfassungs⸗Gesetzes die Steuern nur noch erhoben werden dürfen.

Spöo wie nun aber Stände fur verpflichtet halten, sowohl einerseits jrder für das Land verderblichen Störung im Staatsbaushalte vor⸗ zubeugen, als andererseits, ohne vorgängige grünrliche Prüfung, keine

förmliche Budgets⸗ s o sehen sie sich zwar in die wo möglich gets⸗Bewilligung auszusprechen, so sehen sie sich 3

Nothw ndigkeit versetzt, Königliche Regierung allgemein zu ermächtigen,

die Steuern, Zölle und sonstigen Einnahmen, nach Maßgabe der Budgets⸗

vorlagen vom 13. März und 15. November d. J. bis zum 1. Juli k. J. sortzuerheben, auch hienach die Ausgaben, insoweit über selbigt nicht in besonderen Vorlagen der Königlichen Regierung gemachte Bewilligungs⸗An⸗ träge erledigen sind, zu bestreiten; zugleich aber zu bevorworten; daß sie in dieser, durch die Lage der Dinge ihnen abgedrungenen, Erklärung kei⸗ neswegs eine solche Bewilligung erblicken können, aus welcher für die dem⸗ nächstige fernere Beibehaltung der aufgeführten Positionen irgend eine Konsequenz zu ziehen wäre.

„Indem sie vielmehr die erste erfeeefcice Frefen und Bewilli⸗ gung des Budgets der vereinigten Kassen auf das Budget für das Rech⸗ nungejahr 1850 51 verschieben, mussen sie zugleich die bestimmte Erwar⸗ tung aussprechen, daß ihnen dies Budget zeitig, und zwar spätestens im März k. J. vorgelegt und ihnen die Gelegenheit zu gründlicher Prufung desselben nicht abgeschnitten werde.

„Uebrigens müssen Stände ihre Aeußerung über de Nothwendigkeit der eingenr tenen späteren Berufung und über die dadurch unverkennbar herbeigefuhrten Unzuträglichkeiten sich vorbehalten.“

Hannover, 29. Nov. (Hannov. Zeitung.) Nachdem in der heutigen Sitzung der ersten Kammer die schleswig⸗holsteini⸗ sche Frage in geheimer Sitzung berathen worden, fand uber die Vorlage, das Offizier⸗Pensionswesen betreffend, eine ziemlich lebhafte Erörterung statt. Mehrere Abgeordnete, namennlich Wy⸗ neken, fanden die Pensionssätze der Offiziere im Vergleich zu de⸗ nen der Civil⸗Staatsdiener und in Aabetracht der ungleich gerin⸗ geren Arbeit und geistigen Ausbildung, welche der erstere gegen den letzteren erfordere, zu hoch, und sprachen sich gegen die uber⸗ triebene Wichtigkeit aus, welche dem Militairstande bisher im Staate beigelegt sei. Herrmann dagegen hob in anerkennenden Worten die Verdienste hervor, welche die Armeen in der letzten Zeit um die Aufrechthaltung der gesetzlichen Ordnung in treuer Diensterfüllung sich erworben hatten. Rittmeister von Münchhausen legte in einem ausführlicheren Vortrage über das Offizier⸗Pensionswesen den Gang der darüber früͤher stattgehabten ständischen Verhandlungen und die spätere Gestaltung dieses Instituts dar, und bezeugte, neben dem Ausdrucke seiner Befriedigung daruber, daß die Regierung endlich diese An⸗ gelegenheit den Ständen vertrauensvoll und offen vorlege, den Wunsch, daß die neuerlich erlassene, seiner Ansicht nach willkurliche und ungerechte Generalordre (Deckung neuer Pensionen durch Gageabzüge des zunächst Avancirenden) unterblieben sein möchte. Regierungs⸗Kommissar Wedemeyer, welcher im Allgemeinen die finanzielle Verwaltung des Kriegsministeriums rechtfertigte, erklärte, daß diese Ordre, das einzige für den Augenblick möglich gewesene Auskunftsmittel, gegenwärtig, nachdem vier dringende Pensionsfälle erledigt, bereits wieder sistirt sei. Bei der Abstimmung wurde die

Verweisung der Vorlage an eine aus je drei Mitgliedern jeder

Kammer zu bildende Kommission beschlossen.

Bei der sodann folgenden dritten Berathung des Gesetz⸗Ent⸗ wurfs, Verbrechen gegen die Sicherheit des Betriebes der Telegra⸗ phen betreffend, so wie bei der zweiten Abstimmung über den Ge⸗ setz⸗Entwurf, die Einführung kurzer Verjährungsfristen betreffend, wurden die frühern Beschlüsse wiederholt.

Endlich trat die Kammer dem Beschlusse der zweiten Kammer wegen der Lehns⸗Allodifications⸗Gesetze von 1836 und resp. 1848 bei, nachdem von Wachsmuth, Regierungsrath von Hammerstein und Vezin ausgefuhrt war, daß dieser Beschluß nur eine Konsequenz und weitere Ausbildung des Gesetzes von 1848 enthalte.

Lübeck. Lübeck, 28. Nov. (Ztg. f. Nord⸗Deutschl.) In der heutigen Sitzung des Burger⸗Ausschusses beantragten die Kommissarien des Senats die Genehmigung des Beitritts Lübecks dem am 30. September zwischen Preußen und Oesterreich geschlos⸗ senen Vertrage über Einsetzung einer deutschen Bundes⸗Kommisston bis zum 1. Mai 1850. Der Burger⸗Ausschuß beschloß, die Ge⸗ nehmigung zu empfehlen. Sodann kam der Kommissions⸗Bericht zum Entwurf einer Verordnung über die Wahl eines Abgeordneten zum „Volkshause des deutschen Bundeestaates“ zur Verhandlung. Oer Ausschuß beschloß, unter einzelnen unwesentlichen Modificatio⸗ nen des Entwurfs, die Empfehlung desselben an die Bürgerschaft, sofern durch die Annahme dieses Wahlgesetzes dem von der Bür⸗ gerschaft in ihrer Sitzung vom 10. September gemachten Vorbe⸗ halte hinsichtlich des Beitritts zum berliner Bundnisse nicht präju⸗ dizirt werde

Ausland.

Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom

28. Nrov. In der heutigen Sitzung beginnt die dritte Berathung des Gesetzes bezüglich der Naturalisirung und des Aufenthaltes von Ausländern in Frankreich. Bourzat und andere Mitglieder des Berges haben einen Verbesserungs⸗Antrag zu dem Kommissions⸗Ent⸗ wurfe eingereicht, wonach nicht dem Präsidenten der Republik, sondern der National Versammlung das Recht zustehen soll, die Naturalisation zu ertheilen. Nachdem Bourzat seinen Verbesserungs⸗Antrag mit einigen Worten vertheidigt und auch Vallette denselben befürwortet hat, beson⸗ ders weil die Bewilligung der Naturalisation als ein Akt der National⸗ Souverainetät der gesetzgebenden Gewalt, als der Inhaberin dieser Souverainetät, gewahrt werden musse, spricht Vatimesnil, Legi⸗ timist, dagegen, wobei es Aufsehen erregt, daß er behauptet, die Nallon habe den gesetzgebenden Theil ihrer Souverainetät an die Na⸗ tional⸗Versammlung, dagegen den anderen Theil derselben, die Voll⸗ ziehung, dem Präsidenten der Republik übertragen. J. Favre entgeg⸗ net, daß die National⸗Souverainetät ausschließlich in der Versamm⸗ lung ruhe. Die Aeußerung eines Mitgliedes der Rechten, es sei auffallend, daß das Ministerium sich in dieser wichtigen Frage gar nicht hören lasse, ruft den Justiz⸗Minister Rouher auf die Tri⸗ bune, der sein Verhalten rechefertigt und sich gegen den Verbesse⸗ rungs⸗Antrag ausspricht, ohne sich jedoch auf die Souverainetäts⸗ Strei igkeit einzulassen. Noch mehrere Redner sprechen fur und wi⸗ der, unter Anderen Mauguin, der unter dem Beifalle der Linken die ausschließeiche Souverainetät der Versammlung aufrecht erhält. Montigny von der Rechten bestreitet vie Doktrin J. Favre's von der Souverametät der National⸗Versammlung, worauf dieser nachzuweisen sucht, daß die Souverainetät, da sie eins und untheilbar sein musse, weil sie sonst nicht absolut sein könnte, und da sie weder in der Exckutiv⸗, noch in der richterlichen Gewalt allein residiren könne, nothwendigerweise in der gesetzgebenden Gewalt H residiren müusse. Er erinnert ferner an die Investitur des Präsidenten der Republik durch die National⸗Versammlung und an die dabei gelei⸗ stete Eidesformel, worin es heißt: „In Gegenwart Gottes und von der National⸗Versammlung, welche das französische Volk repräsen- tirt u. s. w.“, um zu schließen, daß die National⸗Versammlung allein souverain sei. Der Justiz⸗Minister erklärt das Volk fur den einzigen Souverain, die Natiwonal⸗Versammlung und den Präsiden⸗ ten der R publik dagegen nur fur besondere, mit begränzten Voll⸗ machten versehene Gewalten und keine Souveraine. (Beifall rechts.) Mauguin schlägt einen Verbesserungs⸗Antrag vor, wonach die Verleihung der politischen Rechte, die große Naturalisation, der ge⸗ setzgebenden Gewalt vorbehalten werden soll. Die Erwägung des⸗

1

selben wird ausgesprochen und damit die Debatte vertagt. Der Justiz⸗Minister überreicht einen Gesetz⸗Entwurf fur Abschaf⸗ sung der Ausstellung der Namen der kontumazialisch Verurtheilten am Pranger. Die Dringlichkeit wird erklärt und bald darauf die Sitzung geschlossen.

Parie, 29. Nov. Heute beschloß die gesetzgebende Versamm⸗

lung, ungeachtet der Gegenbemühungen des Berges, welchen Herr Savoye vertrat, der gemäßigten Linken, die vom General Cavaignac repräsentirt wurde, und selbst der Freunde des Elysee, von denen eee auch gegen die vorliegenden Kom missions⸗Anträge sprach, den

Vorschlag des Herrn Fouquier d'Herouel, wonach die Zahl der Wahlbezirke vermehrt werden soll, mit 418 gegen 201 Stimmen, in Erwägung zu ziehen. Diese Frage hatte im Schooß der konstituirenden Versammlung sehr lebhafte Debatten veranlaßt,

indem die Rechte sich bemühte, der Wahl in der Gemeinde den⸗

Sieg über die Wahl im Haupt⸗Kantonsort zu verschaffen. Der Vorschlag Fouquier d'Herouel's hat denselben Zweck. Die Linke der gegenwärtigen Versammlung fürchtet, eben so wie die Majori⸗ tät der Constituante, daß die Wahl in der Gemeinde die ländlichen Wähler von dem Einfluß der großen Gutebesitzer und der Geist⸗ lichkeit abhängig machen würde. Die jetzige Majorität theilt diese wesorgniß nicht, oder hat nicht gleichen Grund, sie zu theilen. Das Resultat der heutigen Abstimmung wurde daher auf den Bänken der Rechten mit großem Beifall aufgenommen. Der Vor⸗ schlag des Herrn Charras, der den Verkauf der Krondiamanten be⸗ antragte, wurde mit 439 gegen 187 Stimmen verworfen.

Die Regierung soll entschlossen sein, vorläufig die 16 Wahl⸗ kollegien, welche statt der verurtheilten 30 Repräsentanten eben so viele neue Mitglieder der National⸗Versammlung zu wählen haben, noch nicht einzuberufen; als Grund des Aufschubs giebt man ei⸗ nerseits an, die der Regierung zugegangenen Nachrichten ließen voraussehen, daß die Wahlen auf lauter Rothe fallen wurden, wäh⸗ rend andererseits behauptet wird, man wolle blos eine dem Handel und den Geschäften schädliche Aufregung vor den Weihnachts⸗ und Neujahrstagen vermeiden.

Wie es heißt, ist der Gesandtschaftsposten zu Wien Herrn von Lagrenée und der zu St. Petersburg dem General Tiburce Seba⸗ stiani angeboten worden. Einem demokratischen Organ zufolge, hätten Lamoriciere und Beaumont in ihren Demissionsgesuchen ihren Schritt durch die Botschaft vom 31. Oktober motivirt und deutlich zu verstehen gegeben, daß sie bei ihrer Rückkehr in die National⸗Versammlung die persönliche Politik Louis Bonaparte's entschieden bekämpsen würden.

Die Liberté und L'Ordre billigen die Absicht Louis Bona⸗ parte's, sich auf verfassungsmäßigem Wege wieder wählen zu lassen. Die legitimistische Union und die demokratischen Blätter Natio⸗ nal, Democratie pacifique und Voix du peuple erheben sich dagegen mit Nachdruck gegen die Wiedererwählung Louis Bo⸗ naparte's, die sie als verfassungswidrig bezeichnen, so lange die Verfassung nicht auf dem gesetzlichen Wege abgeändert sei; sie drin⸗ gen zugleich auf Einschreiten der National⸗Versammlung gegen je⸗ res Beginnen des Präsidenten, welches die Revision der Verfassung voraussetze.

Man versichert, daß der Präsident Bonaparte einen großarti⸗ gen Colonisationsplan ausgearbeitet habe, den er nächstens der Na⸗ tional⸗Versammlung vorlegen lassen werde.

Die Patrie und Galignani's Messenger bekämpfen einen so eben von der Kommission des hiesigen Gemeinderathes ge⸗ faßten Beschluß, wonach die städtischen Octroygebühren erhöht und mehrere Artikel besteuert werden sollen, welche die Kommission als Luxus bezeichnet, während sie jenen Blättern für nothwendige Be⸗ dürfnisse gelten. Dahin gehören frisch gelegte Eier, die per Stück 2 ½ Centimes bezahlen sollen, und Thee, der außer den starken Ein⸗ gangszöllen nach dem Vorschlage der Kommission noch mit 1 Fr. pro Kilogramm besteuert werden soll; ferner mehrere Arten von Fischen, welche die Kommission einer erhöhten Abgabe unterwerfen will. Die genannten Blätter sprechen die Hoffnung aus, daß der Minister des Innern den Kommissions⸗Anträgen bezüglich der ge⸗ dachten Artikel, die auch den unteren Volksklassen unentbehrlich seien, seine Genehmigung verweigern und sich nicht dadurch irre machen lassen werde, daß die Kommission behaupte, nur durch diese Octroimaßregeln könne die städtische Behörde be⸗ fähigt werden, einen Fonds für öffentliche Bauten aufzubringen und den Armen Beschäftigung zu geben. Dieser Zweck sei zwar löblich, das gewählte Mittel aber tadelnswerth, und das Octroi⸗ System schon jetzt lästig und drückend genug. Brauche man durch⸗ aus mehr Geld, so möge man zur direkten Besteucrung, nämlich zur Einkommensteuer schreiten.

Die zwei gegen die Duelle gerichteten Vorschläge, welche gestern der National⸗Versammlung vorgelegt wurden, rühren einerseits von Herrn Remilly, andererseits von den Herren Gavini und Failly her. Nach Remilly's Vorschlag soll jeder Repräsentant, welcher während der Dauer seines Mandats zum Duelle herausfordert oder ein Duell besteht, seiner Eigenschaft als Volksvertreter verlustig sein. Der andere Vorschlag ist ganz allgemein gehalten und bestimmt, daß Jeder, der sich duellirt oder den Duellanten als Zeuge bei⸗ steht, mit Verlust der bürgerlichen Rechte für mindestens 1 Jahr bis höchstens zu 10 Jahren bestraft werden soll, vorbehaltlich der etwaigen schwereren Strafen, die er gesetzlich verwirkt hat.

Straßburg, 26. Nov. (Köln. Z.) Die politische Aufre⸗ gung hat nun neuen Zündstoff durch die bevorstehenden Repräsen⸗ tanten⸗Wahlen erhalten. Die Partei⸗Umtriebe zeigen sich nament⸗ lich auf dem Lande in einem noch nie vorgekommenen Maße und in einer gegenseit gen Erbitterung, welche an die schlimmsten Zeiten der Revolution erinnert. Man arbeitet offen fur und gegen die Republik. Der Einfluß der Behörden ist von keiner Bedeutung, denn sie befinden sich in einer Rathleosigkeit ohne gleichen. Die bonapartistischen Anhänger verbreiten nicht nur Wahl⸗Manifeste, sondern auch Bittschriften, um bei der National⸗Versammlung eine Gehalts Erhöhung fur den Präsidenten zu bewirken. Wir glauben nicht, daß füͤr Letzteres der jetige Augenblick gut gewählt sei. Gegen die verhaßte Getränksteuer sind ebenfalls Bittschriften in Umlauf gesetzt, und mehrere derselben sind bereits, mit virlen Tau⸗ senden von Unterschriften versehen, nach Paris befördert worden.

Die Auewanderung nimmt in den benachbarten deutschen Staa⸗ ten sehr uͤberhand. Wir sehen jeden Tag sehr viel Emigranten

durch unsere Stadt nach Havre ziehen.

Dee wenigen deutschen Flüchtlinge, welche sich in der hiesigen vmng gesensh sind neulich von der Behörde angewiesen wor⸗ I 1 ö Heimat zurückzukehren oder sich weiter in das war unter der aen Fle polizeiliche Aufsicht Sns e Paßstrenge als das unter der Rep bei Weitem nicht so ausgedehnt, en Freiheit, so behaupte ik der Fall ist. Das Maß der individuel⸗ W1““ haupten selbst Gegner des gesturzten Gouverne⸗

uts, war in Ludwig Philipp's Zeiten ein weit unbegränzteres, als gegenwärtig.

8 Großbritanien und Irla 8

6— 2 und nd. London, 29. Nov. Graf Westmorland, der britische Gesandte am preußischen Hofe, ist über Paris wieder auf seinen Posten in Berlin abgereist

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Der ministerielle Globe meldet, daß Herr Fox Maule einen Sitz im Kabinet erhalten hat.

Briefe aus Sydney in Australien vom 6. August melden, es gebreche dort so an Arbeitern, daß die Regierung eine Anleihe von 50,000 Pfd. Sterl. machte, um die Einwanderung zu begünstigen. Der Mangel an Händen war so groß, daß eine Anzahl Cbinesen von Amoy eingeführt werden sollte und sogar der Wunsch fur Ein⸗ führung von Deportirten ausgesprochen wurde. Ein Schiff war von Kalifornien mit einer großen Menge von Goldstaub zurückge⸗ kehrt. Seine Ladung hatte es mit Vortheil verkauft. Man rech⸗ nete darauf, daß vor Ende dieses Jahres für 100,000 Pfd. Sterl. Goldstaub von Kalifornien nach Sydney kommen wurde.

Mit dem Kriegsschiff „Constance“, das von Rio⸗Janeiro an⸗ gelangt ist, sind zwei Millionen Dollars, wovon ein guter Theil in kalifornischem Golde besteht, hier eingetroffen. Das Schiff hatte die Fahrt um das Cap Horn gemacht, während die zukunftigen Goldsendungen über die Landenge von Panama kommen werden. Die Auswanderung nach San Fran isko war von Südamerika aus lebhaft im Gange, obgleich viele Sudamerikaner nach ihrer Heimat mit bitteren Täuschungen zurückgekehrt waren. Der Goldreichthum Kaliforniens ist groß, aber das Gold kann nur mit harter Arbeit und Versagungen aller Art erlangt werden, der nur Menschen von einer unverwustlichen Constitution nicht unterliegen. Die Republik Chili gedeiht, nach den von diesem Schiff mitgebrachten Nachrichten, unter einer weisen und friedlichen Regirrung, und die Stadt und der Hafen Vaiparaiso verbessert sich täglich unter der geschickten und energischen Verwaltung des Admiral Blanco. Die anderen Repu⸗ bliken waren ruhig, nur in Bolivien enden ununterbrochen revolu⸗ tionaire Bewegungen statt. In Valparaiso kamen täglich Schiffe mit Auswanderern sowohl aus Europa, als aus Amerika fur Ka⸗ lifornien an, weil der Weg um das Cap Horn weit mehr benutzt wurde, als der über Panama. Die Nachrichten aus Rio⸗Janeiro reichen bis zum 13. Oktober. Die Angelegenheiten am La Plata waren noch in dem alten Zustande, und man wartete auf die An⸗ kunft des nach England zur Genehmigung gesendeten Vertrags.

Einige Artikel der Times uber die Kostspieligkeit und ver⸗ hältnißmäßige Nutzlosigkeit der Cap⸗Kolonie hatten den Specta⸗ tor zu der Aeußerung veranlaßt, es sei dies ein Vorzeichen von der Neigung des Ministeriums, die Kolvnie aufzugeben. Jetzt leugnet die Times aber sowohl die ministerielle Inspiralion, als ihre Absicht, das Aufgeben der Cap. Kolonie anrathen zu wollen. Eine Re⸗ gierungs⸗Gewalt, meint die Times, übe England uüberhaupt nicht uber das Cap aus; sein Einfluß reiche nicht über das Haus des Gouverneurs hinaus; davon sei also nichts aufzugeben. Man solle dem Cap das von Rechts wegen geben, was es bereits that⸗ sächlich besitze, das Recht der Selbstregierung. Mit Ausnahme einiger, allgemeine Rechtsangelegenheiten betraffenden Punkte sollte man den Kolonisten die Verwaltung ihrer Angelegenheiten ganz allein überlassen. Vor Allem solle man sie ihre Streitereien mit den Kaffern und den Griguas selbst ausfechten lassen und sie ge⸗ gen Bezahlung mit Truppen und Vorräthen unterstützen, wenn sie dieselben brauchten. Das werde unzweifelhaft zu großer Erspar⸗ niß an Blut und Geld und zu freundschaftlicheren Verhältnissen mit den benachbarten Stämmen führen. Die Auswanderung nach dem Cap, seine Production und sein Verbrauch englischer Fabrikate werden ebenfalls sicherlich unter einer unabhängigen Verwaltung zunehmen.

Der „Ripon“, der mit der ostindischen und chinesischen Post in Southampton angekommen ist, hat 118 Passagiere mitgebracht, un⸗ ter denen sich der Dr. Gützlaff, der beruhmte Missionair, befindet,

der eine genauere Kenntniß von dem häuslichen und politischen Charakter der Bewohner China's besitzt, als irgend ein anderer Europäer.

Die englische Brigg „St. John“, die von Galway in Irland mit 120 Personen in der Nähe von Boston anlangte, ist daselbst gescheitert, und nur 21 derselben ist es gelungen, das Land zu erreichen, während die uübrigen alle ein Opfer des wuthenden Ele⸗ mentes wurden.

Nach der Times geben die ersten Wechselmakler nicht mehr als 2 pCt. Zinsen fur das bei ihnen niedergelegte Geld, und es ist wahrscheinlich, daß der Diskonto noch mehr fallen wird, weil das Gold von allen Seiten nach London strömt und nichts vermuthen läßt, daß sich dies so bald verändern wird. Seit einigen Wochen haben die vorzüglichsten Banquiers für Papiere erster Klasse nur 1 ¼ pCt. bewilligt.

Man geht damit um, eine Dampfschiffs⸗Verbindung zwischen Havre und Southampton einzuführen, die vom nächsten Frühjahr

an ins Leben treten soll. Durch die Raschheit der Beförderung hofft man einen bedeutenden Theil der Kontinental⸗ Ausfuhren in Zukunft nach dieser Richtung hinzuziehen.

Der Liverpool Albion befürchtet nicht, daß die Mosquitofrage zu Feindseligkeiten zwischen Nordamerika und England fuhren werde. Ungeachtet der kriegerischen Sprache der nordamerikanischen Journale wäre nicht daran zu zweifeln, daß das nordamerikanische Kabinet insbesondere den Frieden mit England aufrecht zu halten suchen und daß das gute Einvernehmen nicht gestört werden würde.

Der britische Gesandte in Wien, Lord Ponsonby, wird näch⸗ stens auf Urlaub in London erwartet.

Gestern Abend sand unter Vorsitz des Herrn Samuel Mor⸗ ley in der London Tavern eine Versammlung der National⸗Gesell⸗ schaft zur Erwerbung freien Grundbesitzes start. Hauptredner war Richard Cobden. Der Verein bezweckt eine Verbesserung der Lage der arbeitenden Klassen; mehr aber noch wird ein anderes Ziel in den Vordergrund gerückt, nämlich parlamentarische Reform, bewirkt durch Vermehrung der Zahl der Wähler, welche zum aroßen Theile von der Vertheilung des Grundbesitzes abhängt, und Uebertragung der parlamentarischen Gewalt von den höheren auf die mittleren und niederen Klassen. „Die Gesellschaft will“, so druckte sich der Präsident aus „die mittleren und niederen Klassen in den S and setzen, Eigenthum zu erwerben, das als Mittel dienen soll zur Erkangung der Stimmen in der Leitung ihrer Angelegenheiten, welche diese Klassen in Betracht ihrer Zahl und Bedeutung beanspruchen durfen.“ Herr Cobden bezeichnete den Charakter der Gesellschaft in folgender Wrise: „Der Verein beabsichtigt, Personen in den Stand zu setzen, durch kleine monatliche Beiträge eine Summe aufzuhäufen, welche genugt, ihnen auf die beste und wohlfeilste Weise das S immrecht fur die Graf⸗ schaft zu verschaffen. Auf diese Weise soll ihnen zu gleicher Zeit Gelegenheit gegeben werden, ihre Ersparnisse zu deponiren und eine Stimme zu erlangen. Der Zweck des Vereins ist, größere Guter anzukaufen und dieselben unter die Mitglieder des Vereins, welche für die ihnen zufallenden Grundstucke den Kaufvreis bezahlen wur⸗ den, zu vertheilen.“ Der erste von Cobden vorgeschlagene und einstimmig angenommene Beschluß lautet: „Der Verein ist der Ansicht, daß die Bestrebungen der Gesellschaft, indem sie sich den mannigfaltigen Stellungen und Verhältnissen aller Volksklassen an⸗ passen, gerignet sind, die parlamentarische Vertretung zu ver⸗ bessern.“

In Betreff der zwischen England und den Vereinigten Staa⸗ ten wegen Nicaragua’s und der Mosquitokuüste schwebenden Streit⸗

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haben aus guter Quelle gehoͤrt, daß Lord Palmerston eneschlessen ist, keine nordamerikanische Einmischung in die Angelegenheiten Ni⸗ caragua's zu gestatten und jerenfalls die britischen Interessen, so⸗ wohl auf der westindischen, wie auf der östlichen Se ite Ncaragua's zu wahren. Seine Herrlichkeit hat, wie wir vernehmen, in Fieser Sache aufs schleunigste gehandelt. Um Depeschen an den Ober⸗ Befehlshaber im Stillen Meere gelangen zu lassen, ist das westin⸗ dische Paketschiff am vorigen Sonnabend einige Stunden in Southampton aufgehal'en worden. Contre⸗Atmirel Hornby soll den Befehl erhalten haben, mit seinem Gesckwarer in der Nähe von Panama zu kreuzen und eine Siellunz einzunehmen, welche ihm erlaube, mit dem britischen Geschaͤftsträger in N.caragua 3

verkehren.“ 8

Belgien Brüssel, 30. Nov. Der Moniteur meldet: „Graf Rudolph von Appon y, Ligatione⸗Seerttair, ist in diesen Tagen hier angekommen, wo er cirstweilen die Geschäste des be⸗ vollmächtigten Mmisters Oesterreichs während der Krankheit des Grafen von Wopna verschen wird. Graf Appony war fruhber bei der Gesandtschaft in Paris angestellt und ersetzt den Grafen von Thun, der von Br ssel zur Gesandtschaft in Turin abgeht.“

Die Repräsentanten⸗Kammer ist jtzt mit einem ne urn Gesetz⸗ Entwurf uber Falliss ments, Baukerotte und Zahlungs⸗Aufschub be⸗ schaäftigt. Interessant war nur die Debatte uver die Frage, ob die Bestimmung des Artikels, welcher bestimmt, daß die an den Falli⸗ ten gerichteten Briefe den Kuratoren zur Oeffnung zu uüberwiisen sind, verfassungsgemäß ist oder nicht. Artikel 22 der Verfafsung erklärt näml’ch das Briefgehecimniß für unverletzlich, und es fragt sich, ob in Privat⸗Interessen der Gläubiger eine Verletzung eines Verfassungs⸗-Punktes zugelassen werden könne, wäbrend selbst im Staats⸗Interesse die Verletzung des Briefgeheimnisses streng ver⸗ pönt ist. Herr Coomans machte besonders diesen Punkt geltend, welcher darauf an die Kommisston zuruckverwiesen wurde.

Spanien. Madrid, 23. Nov. (Fr. Bl.) Die Königin wird einem Kapitel des Königlichen Ordens Karl's III. in der Königlichen Kapelle beiwohnen.

Herr Mon, Mitglied der Opposition, macht dem Finanz⸗Mi⸗ nister in der Budget⸗Kon mission viel zu schaffen. Herr Mon wird seine Ansichten in der Kammersttung entwickeln.

Deir Tarif soll in restriktivem Sinne modifizirt werden. Der Clamor publico spricht sogar von einem Plane, Prohibitivze lle einzufuhren.

Die italienische Expeditions⸗Armee wird in Madrid die Gar⸗ nison beziehen.

Während das Pais von einer Reorganisation der Konsulate spricht, wird von anderen Seiten verschert, daß man im Ministe⸗ rium des Auswärtigen nichts von einem seolchen Plane wisse.

Der Finanz⸗Minister hat den Bittstellern, welche ihn ersuckten, eine gewisse Summe im Budget zur Zahlung der Zinsen der 4⸗

und 5proz Rente auezusetzen, geantwortet, die Staatskassen seien

in nicht zum Besten bestellt, man wuürde jedoch das Möglichste thun. Die Gaceta macht einen Königlichen Befehl für die Pro⸗ fessoren an Mädchenschulen bekannt, nach welchem diese verbunden sein sollen, jeden Monat einen Arlikel, der zur Belehrung des Pu⸗ blikums dient, in das offizielle Bulletin einrucken zu lassen.

3proz. 28 ½.

Portugal. Lissabon, 19. Nov. einiger Zeit sehr leidend.

Nach Macao sind drei jetzt an der brasilianischen Kuͤste statio⸗ nirte Kriegsschiffe boordert worden; auch soll die Garnison kurch ein Bataillon von Goa verstärkt werden.

Ostindien. Bombay, 14. Okt. Der General⸗Gouve⸗r neur, welcher schon srit einiger Zeit leidend ist, wird, wie man glaubt, da die Berglust nicht die wohlthä ige Wirkung auf ihn ausgeübt hat, die er sich von derselben versprochen hatte, mit Be⸗ ginn des nächsten Jahres Bombay besuchen, viellricht auch zur Wie⸗ derherstellung seiner Gesundheit eine Scercise machen. Sollte ein Rücktritt von seinem Posten nöthig werden, so wurde dies allgemein bedauert werden, da man bei dem jetzigen F iedenezustande sich der Hoffnung hingeben zu durfen glaubt, Lord Dalhrusie werde end⸗ lich Gelegenheit haben, kräf ig Hand an rie Einfuhrurg jener Ver⸗ besserungen in der inneren Verwaltung anzulegen, welche der Krieg bisher verzögert hat.

In Beombey herrscht die Cholera noch, ist jedech im Abnehmen begriffen. In Bangkok, der Haup stadt Siams, hat die Cholera außerordentlich gewuther; von einer Bevölkeru g von etwa 90,000

Die Königin ist seit

Seelen starben eine Zeitlang täglich 2 3000; die Torten konnten

frage enthält die United Service ette

nicht mehr, nach der Landessitte, vertrannt, sondern mußten in den Fluß geworfen werden; 20 30,000 Einwohner sollen rin Oofer der Sruche geworden sein.

Auf die ungeheuren Regengüsse, welche bis in die zweite Hälfte des Oktobers gedauert, ist enrlich schönes Wtt r gefolgt. In Be⸗ ziehung auf den Ertrag des Bokden kann dieses Jahr überhaupt für ein günstiges gelten, da die Perichte aus allen Theilen des

Landes von einer reichlichen Aerndte sprechen.

Die Finanzen Ostindiens sind durch die wiederholten Kriege im Pendschab und in anderen Gegenden sehr zarrü tet worden; in den letzten sieben Jahren wurden durec schei tlich 4 Millionen Pfd. St. mehr ausgegeben, als in den vorhergehenden zehn, so daß die Erweiterung des britischen Gebiets, die eben krine Konsolidi⸗ rung der Mackt ist, einige 30 Millionen Pfd. St. gekestet haben mag. Die indischen Revenuen bel efen sdch in den letzten Jahren auf etwa 17 bis 18 Millionen; Lord Hardinge brachte sie nach dem ersten Frieden mit den Seikhs auf 18 ½ Millionen; seitdem sind sie wieder gefallen, und Ostindien hat über seine Mittel ausgegeben. Man glaubt nicht, doß fur die nächste Zeit das Pendschab die Oce⸗ cupations⸗ und Verwaltungskosten decken werde, da man bedeutend gerustet sein müuß, um eine Wirderkehr des Aufstandes unmöglich zu machen und gegen Afghanistan hin geschutzt zu sein.

Batavia, 29. Sept. Der General⸗Geuverneur des nieder⸗ ländischen Ostindiens hat eine Proclamation erlassen, durch welche das Ende des Krieges mit den Fursten von Bali und die Wieder⸗ herstellung des Verkehrs mit Bali verkuündet wird. Zugleich ent⸗ halten sie den mit den balinesischen Fursten abgeschlossenen Vertrag durch welchen dieselben die Souverainetät der Nirderlande an rken⸗ nen. Die Fuürsten werden nun die niederländische Flagge über der ihrigen fuhren und versprechen, mit Ausnahme von Holländern, kei⸗ nen anderen Europäer auf ihrem Gebiet sich ansie eln zu lassen.

Eine furchterliche Execulion fuhrte vor einiger Zeit der Geu-⸗ verneur von Latuan, Brooke, der zugleich Radscha von Sarawak auf Borneo ist, gegen die Sakarrans, ein Piratenvolk von Bornec, aus; man schloß ihre Flotte in der Mundung eines Flusses ein und vernichtete sie durch d ei englische Dampfschiffe, die in fulzer Zeit Prahus mit 500 Mann in den Grund sccose