1849 / 337 p. 1 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

in Modena die Viehzucht mit Vorliebe betrieben, und sie setzt es in die Lage, jährlich ziemlich viel Horn⸗ und Borstenvieh den Nachbarstaaten Toscana und Lucca abzugeben. Der Ertrag des Seidenbaues wird auf ungefähr 8000 Centner jährlich geschätzt. In Betreff der Montan⸗Industrie verdienen nur die Eisenminen im Garfagnathale einige Erwähnung. Sie werden aber nur lässig ausgebeutet und ihr Ertrag wird mit jedem Jahre ge⸗ ringer. Desto wichtiger sind die Marmorgruben, welche fortwäh⸗ rend ungefähr 1200 Menschen beschäftigen und dem Lande, wie wir aus den oben erwähnten Zahlen ersehen, eine ziemlich reiche Ein⸗ nahmequelle gewähren. Ein wichtiges Produkt ist auch das olio sasso (Steinöl), welches in ansehnlicher Menge gewonnen wird. Die Industrie ist auch in Modena noch in der Kindheit. Einige Fabriken für ordinaire Wollwaaren und einige Seiden⸗Manufaktu⸗ ren in den Städten Modena und Reggio sind fast Alles, was von dem Dasein einer Fabrication Zeugniß giebt. Es ist daher vor⸗ auszusehen, daß sich in Folge des neu zu gründenden Zollvereins ein neuer einträglicher Markt für unsere Industrie, wie uberhaupt ein vortheilhafter wechselseitiger Verkehr, eröffnen werde.“ Hannover. Hannover, 1. Dez. (H. Z.) Die erste Kammer fuhr heute, nach Beendigung einer vertraulichen Sitzung, in der Berathung des Gesetz⸗Entwurfs über die Gerichtsverfassung fort. Der §. 22: „(Den Amtsgerichten ist zugewiesen) die freiwillige Gerichtsbarkeit in demselben Umfange, wie solche bisher von den Gerichten ausgeübt wurde, einschließlich der Anordnung und Leitung der Vormundschaften, Kuratelen und sonstigen gerichtlichen Verwal⸗ tungen, so wie des Hypotheken⸗ und Depositenwesens. Demnächst sollen diese Angelegenheiten durch besondere Gesetze geordnet wer⸗ den.“ gab zu einer längeren Diskussion uüber die Frage Veran⸗ lassung, ob die freiwillige Gerichtsbarkeit nicht ausschließlich den Notarien zu überweisen sei. von Wehren hielt dies für wün⸗ schenswerth, besonders weil die Amtsrichter sonst häufig über die rechtliche Bedeutung und Wirksamkeit der von ihnen selbst vorge⸗ nommenen Akte entscheiden müßten, weil ferner die Notarien regel⸗ mäßig gewissenhafter bei der Abfassung der Kontrakte ꝛc. zu Werke gingen, und weil endlich die Parteien neben dem Vortheile der freien Wahl des Notars auch den Gewinn haben würden, den Notar für ihre Anliegen zu jeder Zeit zugänglich zu finden. Außerdem werde einer großen Anzahl Advokaten, welche durch die neue Gerichtsverfassung in ihrem Erwerbe be⸗ droht würden, durch solche Einrichtung des Notariatswesens geholfen werden können. Wachsmuth erachtste die Geschäfte der freiwilligen Gerichtsbarkeit im engeren Sinne für prinzipiell un vereinbar mit denen des Richters und bedauerte, daß der Entwurf, dessen Vorzüglichkeit im Uebrigen er namentlich darin finde, daß überall die Prinzipien streng durchgeführt seien, in diesem Punkte einen Vermittelungsweg eingeschlagen habe. Dieser Punkt sei zu wichtig und maßgebend, als daß er vorläufig hinausgeschoben wer⸗ den könne und nicht gleich bei der neuen Organisation der Ge⸗ richtsverfassung seine Regelung finden müsse. Vezin, welcher gleichfalls die freiwillige und streitige Gerichtsbarkeit grundsätzlich in einer Person nicht vereinbar hielt, erkannte jedoch an, daß jetzt schon die gänzliche Trennung beider, welche eine Arnderung man⸗ cher Gesetze voraussetze, schwerlich durchgeführt werden könne. Die Leitung der Vormundschaften sei den Amtsgerichten zu be⸗ lassen; das ganze Vormundschaftswesen jedoch anders, vielleicht nach dem Muster der französischen Gesetzgebung, zu gestalten. Noch dringender sei die Umgestaltung des Hypothekenwesens, welche hof⸗ fentlich bald erfolgen werde. Die Verbindung der Depositen⸗Ver⸗ waltung mit den Obergerichten sei der Weitläuftigkeit halber un⸗ thunlich; dieselbe müsse bei den Amtsgerichten bleiben, könne jedoch selbstredend nicht einem Beamten anvertraut werden. Neupert machte auf die Besonderheit der in Ostfriesland bestehenden preu⸗ ßischen Hypotheken⸗Gesetzgebung aufmerksam, und war der Ansicht, daß die Amtsführung der Hypothekenbewahrer den⸗Aktuaren nicht anvertraut werden könne; ein Abgeordneter aus dem Lande Hadeln empfahl die Schonung der dort bestehenden Einrichtungen, welche nament⸗ lich für die freiwillige Gerichtsbarkeit sich segensreich erwiesen hätten. Regierungs⸗Kommissar Bacmeister bemerkte, daß die Be⸗ stimmungen des §. 22 über die Stellung der freiwilligen zur strei⸗ tigen Gerichtsbarkeit bei vielen Beurtheilern Bedenken erregt hät⸗ ten, und legte in einem ausführlicheren Vortrage die Motive dar, von welchen die Regierung dabei geleitet sei. Daß die Verbindung beider Gerichtsbarkriten im Prinzipe durchaus unzulässig sei, lasse sich nicht apodiktisch behaupten. Allerdings könne dieselbe manche Uebelstände herbeiführen, diese seien aber bei dem in dem Gesetz⸗ Entwurfe vorliegenden künftigen Verfahren zum größten Thelle vermieden. Es sei festzuhalten, daß die Kollegialgerichte (Ober⸗ gerichte) von jeder Theilnahme an der freiwilligen Gerichtsbarkeit streng ausgeschlossen seien und daß die Kompetenz der Amtsgerichte auf Sachen bis 75 Rthlr. Werth sich beschränke. Kontrakte über geringere Werthobjekte werden selten gerichtlich aufgenom⸗ men, es werde daher wenig vorkommen, daß der Amtsrichter über einen von ihm selbst im Wege der freiwilligen Gerichtsbar keit aufgenommenen Akt demnächst als Richter zu entscheiden habe; endlich sei mit Rücksicht darauf die Appellationssumme sehr niedrig (10 Rthlr.) gesetzt, so daß vor Einseitigkeit des Urtheils hinreichender Schutz gegeben sei. Unter diesen Umständen sei es vielleicht gar nicht unwunschenswerth, daß der Richter, welcher einen Kontrakt ꝛc. aufgenommen, in erster Instanz über dessen Bedeutung urtheile. Daß die Notare in der freiwilligen Gerichtsbarkeit besser arbeiten, als die Richter, sei an sich nicht anzunehmen; übrigens stehe ja auch gegenwärtig dem Publikum die Wahl frei, ob cs sich an einen Notar oder an das Gericht wenden wolle; in dieser Be⸗ iehung liege gar kein Grund vor, für die Notare ein Monopol zu schaffen. Die Rücksicht, die Lage der Advokaten zu verbessern, erkenne er an, zweifle aber, ob auf jenem Wege die gehofften Resultate zu erreichen seien. Der Notar dürfe dann unzwei⸗

9 * felhaft keine Nebenbeschäftigung, namentlich nicht die katur, betreiben; seine Befugnisse müssen ferner auf einen bestimmten Distrikt begränzt werden; endlich müssen, damit dem Publikum die Wahl bleibe, für einen Distrikt mehrere, etwa für einen Amtsbezirk von 7000 Seelen drei angestellt werden. Unter diesen Umständen werde das Notariat allein, wolle man nicht durch höhere Taxen das Publikum besteuern, kaum ein nothdürf⸗ tiges Auskommen gewähren. Was das Depositenwesen anlange, so sei es nicht die Absicht, dies einem Einzelnen ohne Kontrolle anzu⸗ vertrauen; übrigens bleibe eine Umgestaltung dieses Instituts noch vorbehalten. Im Allgemeinen werde es fur den Augenblick noch bei der im Entwurfe dargelegten Einrichtung bleiben müssen; die Gesetze über das Hypotheken⸗, Vormundschaftswesen ꝛc. haben un⸗ möglich auf einmal bearbeitet und vollendet werden können. Eine etwaige Umgestaltung müsse der späteren Erwägung, welche nament⸗ lich auch den Punkt zu umfassen habe, auf welche Weise eventuell der Ausfall von Sporteln für freiwillige Gerichtsbarkeit (etwa 100,000 Rthlr.) der Staatskasse zu ersetzen sei, vorbehalten bleiben.

Wachsmuth erkannte dies an und machte nur im Allgemei⸗ nen darauf aufmerksam, wie heilsam die Beförderung der schriftli⸗ chen Aufzeichnung der Rechtsgeschäfte unter Zuziehung eines Rechts⸗ kundigen sei. In Frankreich sei man dahin gelangt, daß in den prozessualischen Beweisführungen der Dokumentenbeweis den Zeu⸗ genbeweis fast verdrängt habe; von diesem Gesichtspunkte aus sei die Ausbildung des Notariatswesens unendlich wichtig. Wyne⸗ ken hob die Verpflichtung des Staats hervor, den durch die neuen Einrichtungen bedrohten Advokaten die möglichste Hülfe zu gewähren, und empfahl nun, den Tüchtigen unter den etwa anzustellenden Notarien ein hinreichendes Auskommen zu sichern, eine in Braunschweig bereits be⸗ stehende Einrichtung, wonach der Notar in einem gewissen Bezirke zur Dienstleistung verpflichtet, in einem weiteren Kreise aber dazu befugt sei. Eine Aeußerung des Redners, daß ihm in seiner lang⸗ jährigen Praxis kein Fall vorgekommen, wo die Gültigkeit oder Auslegung eines unter der französischen Herrschaft aufgenommenen Notariats⸗Instrumentes Gegenstand eines Prozesses geworden sei, rief die Erwiederung Neupert's, daß man in Ostfriesland eine gegentheilige Erfahrung gemacht habe, und die Bemerkung Ve⸗ zin's hervor, daß ihm in seinem Geschäftsleben eben so viel man gelhafte Instrumente von Notarien, wie von Richtern, zu Gesicht gekommen seien, und daß er lediglich des Prinzips wegen die Tren⸗ nung beider Arten der Gerichtsbarkeit wünsche.

In der zweiten Kammer stellte zunächst Gerding einen Ur⸗ Antrag, dem zufolge die Regierung um baldige Vorlage einer Hy⸗ potheken⸗Ordnung und Vorbereitungen zur Codification des Civil⸗ rechts von den Ständen ersucht werden soll. Der Antrag findet Unterstützung und wird demnächst auf die Tagesordnung gesetzt werden.

Nach Ankündigung dreier Petitionen und einem Referate des Vice⸗General⸗Syndikus Hirsch über die Beschlüsse erster Kammer zu der Gesetz⸗Vorlage, die Entschädigung für die aufgehobenen jü⸗ dischen Stolgebühren betreffend welche Beschlüsse unter Belie⸗ bung einer Koͤnferenz abgelehnt werden geht die Kammer zu einer längeren vertraulichen Sitzung über.

Nach wieder geöffneten Tribünen findet sodann der Tages⸗ Ordnung gemäß die erste Berathung über den Antrag der Finanz⸗ Kommission wegen Ermächtigung der Regierung zur einstweiligen Forterhebung der Steuern und Zölle bis zum 1. Juli 1850 statt. (Siehe Nr. 322 des Staats⸗Anzeigers.) Lindemann als Be⸗ richterstatter übernimmt zunächst die Rechtfertigung des Antrags. Die Nothwendigkeit allein habe zu dem Antrage geführt, und in dieser allein auch müsse derselbe seine Rechtfertigung finden. Von der Unmöglichkeit ausgehend, in dem bis zum Ablaufe der gegen⸗ wärtigen Finanz⸗Periode noch bleibenden kurzen Zeitraume die um⸗ fassenden Vorlagen der Regierung über das zum ersten Male auch den Haushalt der bisherigen Königlichen General⸗Kasse mit ent⸗ haltende Budget einer gründlichen Prüfung zu unterziehen, weist er hin auf den für das Allgemeine wie für den Einzelnen gleich ver⸗ derblichen Zustand, in welchen das Land durch eine Stockung im Staatshaushalte nothwendig versetzt werden müsse, wenn Stände, unter nothgedrungener Verzichtleistung auf Prüfung des Budgets, mit der beantragten provisorischen Forterhebung der Stüuern bis zum 1. Juli 1850 doch nur für das Mal und ohne Präjudiz für ihre verfassungsmäßigen Rechte sich einverstanden nicht er— klären würden. Lang J. ist gleichfalls von der Nothwendigkeit überzeugt, ohne Prüfung die Steuern einstweilen fortzubewilligen, weil sonst das Land zu Grunde gehe; er erwartet aber von der Regierung eine gründliche Rechtfertigung über die späte Berufung der Stände, wodurch das Land an den Rand eines tiefen Ab⸗ grundes geführt worden, und meint, daß die Regierung wegen dieser späten Berufung der Stände nicht hart genug ge⸗ tadelt werden könne. Weinhagen theilt die aus einer Nichtbewilligung hergeleiteten Befuͤrchtungen, ist aber mit sich nicht einig darüber, ob es gerathener sei, die Wirkung oder die Ursache zu beseitigen. Er fürchtet eine Kompromittirung der Stände und die aus dem jetzigen Verfahren herzuleitenden Konsequenzen, wünscht deshalb vorläufige Ablehnung des Antrages und demnächstige Ver⸗ besserung desselben durch eine schärfere und mit Kautelen verbun⸗ dene Fassung desselben. Bueren und Gerding glauben sich ebenfalls gegen den Antrag erklären zu müssen, da Stände mit dem Rechte auch die Pflicht haben, vor der Bewilligung das Bud⸗ get zu prüfen. In einer Bewilligung ohne vorgängige Prüfung finden sie ebensowohl eine Verfassungs⸗Verletzung, wie die Regie⸗ rung durch zu späte Vorlage des Budgets sich einer solchen bereits schuldig gemacht habe. Hoöchstens können sie sich zur Abwendung des geschilderten, aber nur der Regierung zur Last zu legenden Unheiles zu einer Bewilligung bis zum 1. April 1850 verstehen. Lang II. führt die von Lindemann bereits hervorgehobene Unmöglichkeit, das Budget bis zum 1. Januar gründlich zu prüfen, noch weiter aus. Nach seiner Ansicht hat der Antrag auch nichts Gefährliches und den

Advo⸗

8 Rechten der Stände Präjudizirliches, da es sich nur um ein Pro⸗ visorium handle. Er tadelt übrigens die Regierung wegen der späten Berufung der Stände und meint, man müsse dieserhalb, ohne dem Lande einen unersetzlichen Schaden durch Nichtbewilligung zuzufügen, der Regierung demnächst direkt zu Leibe gehen und ihre Rechtfertigung recht ernsthaft prüfen. Lehzen vermag keine Ge⸗ fahr für die ständischen Rechte in der Annahme des Antrages zu erblicken, welcher den Umständen nach am meisten noch sich empfehle. Der Regierung zwar würde eine Prüfung des Budgets im Ein⸗ zelnen und ordentliche Bewilligung weit erwünschter gewesen sein, weil provisorische Bewilligungen stets ihre großen Uebelstände für die Verwaltung haben. Einer Verfassungs⸗Verletzung können Stände durch Annahme des Antrages unmöglich sich schuldig machen, denn nirgend sei die Prüfung des Budgets in seinen einzelnen Positionen in der Verfassung als Pflicht den Ständen vorgezeich⸗ net, und wie durch den Antrag die ständischen Rechte und Interes⸗ sen vollkommen gesichert erscheinen, so liege in ihm das beste Mittel, das Land vor großem Unheil zu bewahren. Eine Bewilligung auf 3 Monate nur werde übrigens nichts nützen, da vor dem Monat März das neue Budget den Ständen unmöglich vorgelegtwerden könne. Lindemann sucht die gegen den Antrag vorgebrachten Be⸗ denken zu beseitigen und meint, daß es am Ende für das Land doch nur ein schlechter Trost sein könne, wenn gesagt werde, die Regierung trage die Schuld an den mit einer Verweigerung der Steuern nothwendig verknüpften unwiederbringlichen Nachtheilen,

und jedenfalls dürfen Stände nicht dazu beitragen, diese Nachtheile

dem Lande zu bereiten. Stüve ist bei Beurtheilung der vorlie⸗ genden Frage in anderer Lage, als die Vorredner. Er kann die als Axiom hingestellte Unmöglichkeit der Prüfung des Budgets nicht anerkennen. Unter Hinweisung auf das Jahr 1834, wo bei gleich schwierigen Verhältnissen in nicht längerer Zeit, als jetzt gegeben, eine ernste und eifrige Prüfung des Budgets stattgefunden habe, sucht er zu zeigen, daß die Möglichkeit der Prüfung recht wohl zu denken sei und hält es für so zweifellos nicht, wem die Verantwortlichkeit zufallen würde. Die Regierung aber werde die Verantwortlichkeit gern übernehmen und auf Angriffe wegen der von ihm ebenfalls bedauer⸗ ten späten Berufung der Stände Genügendes zu antworten wissen. Nur zur Erläuterung will er schon jetzt einige Gründe für das Verfahren der Regierung hervorheben. Der freilich verschieden beurtheilten Auflösung der Stände im vergangenen Frühjahre habe der Wunsch der Regierung zum Grunde gelegen, die Stände auf einen festen Boden in der deutschen Frage zu stellen. Bis Ende des Monats September habe die Regierung geglaubt, diesen festen Boden gewinnen und den Ständen die nöthigen Vorlagen machen zu können, und deshalb seien im Monat August die Wahlen ausgeschrieben. Da habe gerade zur Zeit der Wahlen die Rede des preußischen Regierungs⸗Commissairs Radowitz in der preußischen Ständeversammlung wonach Preu⸗ ßen einen Bundesstaat habe erzielen wollen, gleichviel ob mit Al⸗ len, Vielen oder Wenigen den gewonnenen Boden wieder hin⸗ weggerissen, und von neuem sei Alles wieder in Frage gestellt wor⸗ den. Bis zur Einigung Oesterreichs und Preußens sei wiederum ein bedeutender Zeitraum verstrichen, und obwohl noch immer ein fester Boden bei den stets neu eintretenden Phasen nicht habe ge⸗ wonnen werden können, so habe die Regierung sich endlich doch zur Berufung der Stände entschließen müssen, die, wenn die Regierung ihren Wuͤnschen hätte folgen dürfen, sicher weit früher eingetreten sein würde. Der Redner weist endlich hin auf die nicht immer gehörig gewürdigte Pflicht der Stände, den ungestörten Gang der Verwaltung zu überwachen und die daraus fließende Verantwort⸗ lichkeit für eine durch Nichtbewilligung der Mittel herbeigeführte Stockung im Haushalte des Staates.

Nach einer Erwiederung Lang's II. und Lindemann's wird der vielfach gewünschte Schluß der Debatte vom Präsidenten verfügt. Vor der von Bueren beantragten namentlichen Abstimmung moti⸗ viren jedoch noch einige Mitglieder ihre Vota, und es stimmen schließlich gegen den Antrag nur Gerding, Detering, Bueren, Wein⸗ hagen und Schläger. 1

Vor Beendigung der Sitzung wird noch die Kommission zur Prüfung des Jagdgesetzes gewählt.

Achim, 1. Dez. (Hann. Ztg.) Heute Nachmittag platzte anf hiesigem Bahnhofe der Dampfkessel der Maschine, welche den um 3 Uhr 55 Minuten von Bremen abgefahrenen Zug hierher gefuhrt hatte, als dieser Zug gerade hier anhielt. Verletzungen, so wie sonstige Schäden, sind dadurch nicht veranlaßt.

Ausland.

Spanien. Madrid, 26. Nov. (Fr. Bl.) Der Finanz⸗ Minister verlas heute in der Senatssitzung den Gesetzvorschlag we⸗ gen des Rechnungshofes. Einige neue Senatoren leisteten ih⸗ ren Eid.

Herr Martinez, reicher Gutsbesitzer von Sevilla, wollte beim General Narvaez eine Audienz haben, die ihm nicht bewilligt wurde, weil der General beschäftigt war. Herr Martinez schrieb dem Ge⸗ neral mehrere grobe Briefe und endlich eine Herausforderung. General Narvaez übergab die Briefe dem Gericht und denunzirte Herrn Martinez wegen seiner Herausforderung.

Die amtliche Zeitung enthält Königliche Dekrete, wonach zwi⸗ schen Cadir und den kanarischen Inseln, so wie zwischen Barcelona und den balearischen Inseln, eine regelmäßige Dampfschifffahrt ins Leben treten soll.

Man versichert, daß die ziemlich zahlreichen Deputirten von Galicien sich von der Majorität getrennt haben und in lebhafte Opposition gegen das Ministerium treten wollen, weil dasselbe ihnen gewisse Zugeständnisse in Bezug auf Lokal⸗Interessen ver⸗ weigert hat.

Bekanntmachungen.

[595] Warnungs⸗Anzeige.

Die verehelichte Wirth Goerth, Auguste geb. S8e n. aus Nieder⸗Gruppe hat am 26. Januar orgens gegen 4 Uhr, den Handelsjuden Si⸗ mon Jacobus aus Gruppe, welchem sie in ihrer Wohnung ein Nachtlager gewährt hatte, im Schlafe miftelse einer Art ermordet. Sie ist dieser That durch Geständniß und Beweis für überführt erachtet und dem⸗

zufolge durch das bestätigte Erkenntniß 1ster Instan

des Kriminal⸗Senats des vormaligen Königlichen Ob 3

Landesgerichts zu Marienwerder vom 18 Deze 1

1846 und durch das gleichlautende Uetel Zter Inst 88 des Königlichen Tribunals des Königreichs Freußes vom 3. Februar d. J. wegen verübten Mordes 8 Todesstrafe des Rades von oben herab verurtheilt es Se. Majestät haben mittelst Allerhöchster Bestäli⸗ gungs⸗Ordre vom 13. Oktober 1849 die wider die Auguste Goerth erkannte Strafe des Rades in die Strafe des Beils zu mildern geruht, und ist diese

[502]

Strafe heute an der Auguste Goerth auf dem hie⸗ sigen Richtplatze vollstreckt worden. . Graudenz, den 30. November 1849. G Königliches Kreisgericht. I. Abtheilung.

l68

Der Rittergutsbesitzer von Schwanenfeld auf Seu⸗ bersdorf hat wider den früheren Gutsbesitzer von Wil⸗ lamowicz eine Klage auf Zahlung einer angeblich von dem Letzteren im Auftrage des Ersteren beim Königli⸗ chen Kreisgericht in Culm in Empfang genommenen und nicht abgeführten Summe von 4200 Thlr. nebst 5 % Zinsen seit dem Tage der Klagebehändigung an⸗ gestrengt. Da der Aufenthalt des ꝛc. von Willamowicz 5

4 1 4 82

unbekannt ist, so wird derselbe hierdurch unter Andro⸗ Falle des Nichterscheinens der Nachlaß der Erblasserin als ein herrenloses Gut dem landesherrlichen Fiskus zugesprochen werden wird und die etwanigen Erben als solche ausgeschlossen werden müssen.

hung des Kontumazial⸗Verfahrens für den Fall des Ausbleibens zur Klagebeantwortung auf den 15. Januar 1850, Vormitt. an ordentlicher Gerichtsstelle hierselbst vorgeladen Marienwerder, den 29. September 1849. Königliches Kreisgericht.

GI6umn

Am 27. April 1807 ist die Catharina, geb. Dudkie⸗ wicz, verwittwete Lehnmann Klimaszewska, in Grostwo verstorben, ohne daß gesetzliche Erben ihres Nachlasses

[368]

vorhanden sind.

schaft zu dem hier

Schmidt, an

ermine unter der Verwarnung

41 Ihr.,

Bromberg, den 23. Mai 1849. Königl. Kreisgericht.

I. Abtheilung

Alle diejenigen, welche als solche sich zu legitimiren im Stande oder als nächste Anverwandte der Verstor⸗ benen ein Erbrecht nach derselben behaupten können, werden hierdurch zur Anmeldung ihrer desfallsigen An⸗ sprüche resp. zum Nachweise ihrer vorgedachten Eigen⸗

am 10. Mai 1850, Vormittags 11 Uhr, vor dem Deputirten, Herrn Ober⸗Landesgerichts⸗Assessor ordentlicher Gerichtsstelle anberaumten vorgeladen, daß im

Erste Abtheilung.

7 ab 9 2e DVDöö

Katarzyna 2 Dutkiewiczow- po Lemanie Klimaszews- kim pozoöstala wdowa umarla w Grostwie na dniu 27g Kwietnia 1807r. bez pozostawienia po sobie prawnych sukcessoröw. 8

Wszyscy, ktörzy jako sukcessorowie wy legitymo- waC sic, albo jako najbliszsi krewni prawo sukcessyine po spadkodawczyni wykazac potrafia, zapozywaja 810 niniejszem do podania swych pretensyi jako te² wnych na termin

7

d0 wykazu swych wlasnosci pra wyznaczony na dnia 10g0 Maja 1850 9(C1 DPrzed polud. przed Panem Schmidt assessor. sadu powiatowego w izbie zwyklych posiedzen sadowych a to pod 29. grozeniem Ze w raszie niestawienia 810 pozostatose spadkodawczyni jako pana niemajaca siskusowi kro- lewskiemu przysadzona bedzie i mogdcy bydz sul- cessorowie wykluczeni zostana.

Bydgoszez dnia 23. Maja 1849r. . L Sad Powiatowy. Wydziat

Tas Abonnement beträgt: 2 Rthlr. für ¼ Jahr. 4 Rthlr. 3 Jahr. 8 Rthlr. 1 Jahr. in allen Theilen der Monarchie ohne Preis⸗Erhöhung. Bei einzelnen Rummern wird der Bogen mit 2 ½ Sgr. berechnet.

1““

Amtlicher Theil.

Dentschland.

Preußen. Berlin. Alllerhöchster Erlaß.

Oesterreich. Wien. Zustände in Ungarn und Siebenbürgen.

Frrreilassung Fischhof's. Die Akademie der Wissenschaften. Kossuth.

Bayern. München. Kammer⸗Verhandlungen. Ernennung.

Sachsen. Dresden. Kammer⸗Verhandlungen. Entwurf zur Abän⸗ derung der Verfassungs⸗Urkunde.

Württemberg. Stuttgart. Kammer⸗Verhandlungen.

Waden. Karlsruhe. Empfang des preußischen Gesandten.

Oldenburg. Oldenburg. Landtags⸗Verhandlungen. Rücktritt des Ministeriums. Vertagung des Landtags.

Ausland.

Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Verwersung eines Antrags auf Liquidirung einer Schuld der Civill ste an den Staat. Annahme des Charrasschen Vorschlags in Betreff der Ordensverleihun⸗ gen. Paris. Der Präsident und das Ministerium. Die neuen di⸗ plomatischen Ernennungen. Vermischtes.

Großbritanien und Irland. London. Adelaide.

Schweiz. Neuenburg. Näheres über die neulichen Vorfälle zu La Sagne.

Die verewigte Königin

Börsen⸗ und Handels⸗Machrichten. Beilage. -G

Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: Dem Dirigenten der Kreisgerichts⸗Deputation zu Groß⸗Salze, Justizrath Fabricius, den Rothen Adler⸗Orden dritter Klasse mit der Schleife; so wie dem Land⸗ und Kreis⸗Schulzen Johann Gottfried Habedank zu Mörz im zauch⸗belziger Kreise, das Allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. 8 Den bisherigen Kammergerichts-Präsidenten und Präsidenten des kurmärkischen Pupillen⸗Kollegiums, von Kunow, zum Rath bei dem Ober⸗Tribunal zu ernennen.

Nachdem Ich durch Meinen Erlaß vom 19. Februar 1849 den Bau einer Chaussee von Rheinsberg über Lindow zum An⸗ schlusse an die neustadt- ruppiner Straße durch die Stände des ruppiner Kreises genehmigt habe, will Ich auf Ihren Bericht vom 6. Oktober c. den gedachten Kreisständen die Besugniß zur Chaussee⸗ Geld⸗Erhebung auf der vorbezeichneten Chaussee nach dem jederzeit für die Staats⸗Chausseen geltenden Chausseegeld⸗Tarif verleihen. Auch sollen auf diese Straße die dem Chausseegeld⸗Tarif vom 29. Februar 1840 angehängten Bestimmungen wegen der Chaussee⸗ Polizei⸗Vergehen Anwendung finden.

Sanssouci, den 22. Oktober 1849.

(gez.) Friedrich Wilhelm. gegengez.) von der Heydt. von Rabe. An den Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten und den Finanz⸗Minister.

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen ꝛc. ꝛc. verordnen unter Zustimmung der Kammern, was folgt:

Die nach dem Klassensteuer⸗Gesetze vom 30. Mai 1820 und ven damit im Zusammenhange stehenden späteren Verordnungen fur die ehemals Reichsunmittelbaren, fur Geistliche und Schulleh⸗ rer, für Offiziere des stehenden Heeres und der Landwehr und fur Militairbeamte, sofern dieselben nicht mobil gemacht sind, so wie endlich fur die Hebeammen eingefüͤhrten Befreiungen von der Klas⸗ sensteuer werden hierdurch aufgehoben und die bisher befreiten Personen vom 1. Januar 1850 ab nach den bestehend inschäz⸗ zungs⸗Grundsätzen zur Klassensteuer veranlagt.

§. 2. 8

Der Finanz⸗Minister ist mit Ausführung dieses Gesetzes beauf⸗ tragt.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.

Gegeben Bellevue, den 7. Dezember 1819.

(L. S.) Friedrich Wilhelm. Graf von Brandenburg. von Ladenberg. von Man⸗ teuffel. von Strotha. von der Heydt. von Rabe. Simons. von Schleinitz. Gesetz wegen Aufhebung der Klassen⸗ steuer-⸗Befreiungen, vom 7. De⸗ zember 1849.

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, Preußen ꝛc. ꝛc. verordnen unter Zustimmung der Kammern, was folgt: Unser Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten ist ermächtigt:

1) den Bau der Eisenbahn nach Königsberg, welche den Namen „Ostbahn“ führen soll, einschließlich der Brücken über die Weichsel und Nogat und der durch die Eisenbahn⸗Anlage be⸗ dingten Strom⸗ und Deich⸗Regulirungen an diesen beiden Strömen, vorläufig von dem Kreuzungepunkte der Ostbahn mit der Stargard⸗Posener Eisenbahn ab, in der Richtung

8

König von

über Bromberg, Dirschau, Marienburg, Elbing, Braunsberg nach Königsberg mit einer Zweigbahn von Dirschau nach 1 Danzig, fur Rechnung des Staates auszuführen, ingleichen 8 b 2) die Westfälische Eisenbahn von der kurhessischen Gränze bei Haueda ab uber Warburg, Paderborn, Lippstadt, Soest nach Hamm, fur Rechnung des Staates zur Ausführung zu brin⸗ gen, auch zu diesem Zwecke die Köln⸗Minden⸗Thüringer Ver⸗ bindungs⸗Eisenbahn nach Maßgabe des unterm 23. Dezem⸗ ber 1848 mit dem Bevollmächtigten der Eisenbahn⸗Gesellschaft

1 abgeschlossenen Vertrages für den Staat zu erwerben, un 3) den Bau der Saarbrücker Bahn für

Rechnung des Staates vollenden zu lassen.

Die zur Ausführung der drei gedachten Unternehmungen noch erforderlichen Geldmittel von überschläglich dreiunddreißig Millionen Thalern sind aus den Beständen und der etatsmäßigen jährlichen Einnahme des Eisenbahnfonds, so wie aus sonstigen noch vorhan⸗ denen Beständen, welche den Kammern zur Verwendung für diesen Zweck in Vorschlag zu bringen sind, und den etwaigen künftigen Jahresüberschüssen des Staatshaushalts zu entnehmen.

Irhnsoweit die bezeichneten Fonds zur Vollendung jener Bauten (§. 1) in angemessener Frist nicht ausreichen sollten, ist Unser Finanz⸗Minister ermächtigt, den Mehrbedarf durch eine nach dem Bedurfniß des fortschreitenden Baues allmälig zu realisirende ver⸗ zinsliche und in angemessener Frist zu amortisirende Staats⸗An⸗ leihe höchstens im Betrage von einundzwanzig Millionen Thalern zu beschaffen.

Die Ausführung dieses Gesetzes wird dem Minister für Han⸗ del, Gewerbe und öffentliche Arbeiten und dem Finanz⸗Minister übertragen.

Mrkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.

Gegeben Bellevue, den 7. Dezember 1849. “] Friedrich Wilhelm. Graf von Brandenburg. von Ladenberg. von Man⸗ teuffel. von Strotha. von der Heydt. von Rabe. Simons. von Schleinitz. 1 Gesetz, betreffend den Bau der Ostbahn, der West⸗ fälischen und der Saarbrücker Eisenbahn, so wie die Beschaffung der dazu erforderlichen Geldmittel. Vom 7. Dezember 1849.

Finanz⸗Ministerinm. ö.. Die am 2. Januar k. J. fälligen Zinsen der

8 Staats⸗Schuld⸗ scheine können gegen Ablieferung 1 5

s der Coupons Ser. X. No. 6 schon vom 17ten d. M. ab bei der Staats⸗Schulden⸗ Tilgungs⸗ kasse hierselbst, Taubenstraße Nr. 30, in den Wochentagen von 9 bis 1 Uhr Vormittags erhoben werden.

Ddie Coupons müssen nach den Appoints geordnet sein, und ist ihnen ein die Stückzahl und den Geltbetrag enthaltendes auf⸗ summirtes Verzeichniß beizufugen.

Berlin, den 4. Dezember 1849. Haupt⸗Verwaltung der Staats⸗Schulden. Natan. Köhler. Knoblauch.

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Uichtamtlicher Theil. Deutschland.

Preußen. Berlin, 7. Dez. Se. Majestät der König ha⸗ ben Allergnädigst geruht, dem Kommandanten von Stralsund, Obersten von Könneritz, die Erlaubniß zur Anlegung des von des Königs von Schweden und Norwegen Majestät ihm verliehenen Ritterkreuzes des Schwert⸗Ordens zu ertheilen. 1

Berlin, 7. Dez. Das Justiz⸗Ministerial⸗Blatt ent⸗ hält den Allerhöchsten Erlaß, betreffend die Anrechnung des Dien⸗ stes im diesjährigen Feldzuge in Schleswig und Jütland, so wie bei dem Kampfe des Jahres 1819 in der Pfalz und im Groß⸗ herzogihum Baden als Kriegsjahr, bei Pensionirungen:

„Im Verfolg Meiner an das Staats⸗Ministerium erlassenen Ordres vom 20. November vorigen und 13. Februar dieses Jah⸗ res will Ich in Bezug auf den §. 8 des Militair⸗Pensions⸗Regle⸗ ments vom 13. Juni 1825 hierdurch bestimmen, daß auch der dies⸗ jährige Feldzug in Schleswig und Jutland, so wie der Kampf des Jahres 1849 in der Pfalz und im Großherzogthum Baden, zur Unterdrückung des daselbst ausgebrochenen Aufstandes, den an Ge⸗ fechten betheiligt gewesenen Personen bei Berechnung der Dienstzeit als ein Kriegsjahr in Anrechnung kommen soll.

Potsdam, den 6. November 1849.

Friedrich Wilhelm. 8 (gegengez.) von Strotha. An das Staats⸗Ministerium.

Vorstehender Allerhöchster Erlaß wird hierdurch den sämmt lichen Gerichtsbehörden zur Nachachtung bekannt gemacht.

Berlin, den 29. November 1849.

Der Justiz⸗Minister imons.“

Oesterreich. Wien, 3. Dez. (Const. Bl. a. B.) Aus Seh werden Konflikte zwischen Bauern und Gendarmen berich⸗ et.

11“

Berlin, Sonnabend den s. Dezember

Tiefer in das inuere Wesen der Monarchie eingreifend ist die V

Alle Post-Anstalten des In⸗ un Auslandes nehmen Bestellung auf dieses Blatt an, für Berlin die Expedition des Preuß. Staa Anzeigers:

Behren⸗Straße Nr. 57.

8 8 1

Antipathie der Magyaren gegen die Verfassung vom 4. März. Die Sudsl. Ztg. klagt uüber den Separatismus der Serben und verlangt, da sich dieselben nicht mit den Kroaten vereinigen wol⸗ len, nun auch die Ruckgabe Syrmiens, das nur in Voraussicht ei⸗ ner Vereinigung an die Wojwodowina abgetreten worden sei. In Siebenbürgen sieht sich Freiherr von Wohlgemuth, um den über⸗ handnehmenden Verbrechen und dem Mangel von Strafgerichten zu steuern, veranlaßt, Interims⸗Gerichte zusammenzusetzen, die nach dem österreichischen Strafgesetzbuche richten werden.

„Dr. Fischhof wurde heute, nachdem seine Freilassung ab instantia bestätigt worden war, freigelassen.

Die hiesige Akademie der Wissenschaften, deren Sitzungen im⸗ mer an Interesse zunehmen, hat sich mit einer Petition an das Ministerium gewendet, um die Herausgabe einer Literatur⸗ Zeitung nicht nur im Gesammt⸗Interesse der österreichischen Staaten, sondern in dem der ganzen deutschen Wissenschaft zu be wirken. Durch das Eingehen der alten Literatur⸗Zeitung wird das Hervorrufen eines solchen neuen Organs noch mehr gerecht⸗ fertigt. Die dazu nöthige Subvention wird auf 35,000 Fl. ver⸗ anschlagt. Die Summe ist groß, doch klein in Betracht des Nutzens für die Wissenschaft und um sie so viel als möglich populair zu machen. So interessant die akademischen öffentlichen Sitzungen auch sind, so ist bis jetzt der Zuspruch von Nicht⸗Akademikern noch sehr gering, und mit Erstaunen zählte man in der letzten Sitzung nur funfzehn dergleichen, was in keinem Verhältniß zu der Ein⸗ wohnerzahl von einer halben Million Seelen steht.

Durch die Oesterr. Korrespondenz wurde die Nachricht verbreitet, Kossuth habe in der englischen Bank zwei Millionen Gulden deponirt. Nun erklaͤrt der Figyelmezö, er habe vom gewesenen ungarischen Finanz⸗Minister die persönliche Versicherung, daß Kossuth nie mehr als seinen Gehalt empfangen habe.

Bayerun. München, 3. Dezbr. (Nürnb. Korresp.) In der heutigen Sitzung der Abgeordneten⸗Kammer fand die Be⸗ rathung des Anlehensgesetzes*) statt und zwar, nach dem Vorschlage des Präsidenten, mit Umgehung der allgemeinen sofort zur speziellen Debatte.

Dr. Koller findet die Anweisung auf die Ablösungsgefälle bedenklich für die Nachkommen, muß sich jedoch auch gegen jede neue Steuer aussprechen und findet einen Ausweg in der Fort⸗ setzung des Lotto, das noch einige Jahre oder bis zur Aufbebuna in ganz Deutschland bestehen möge, um Ueberschuͤsse zur Deckung der Anleihe zu gewinnen.

Jordan spricht sich gegen unseren Finanzhaushalt aus, dessen Manipulation mit den verschiedenen Kassenzusammenflussen in Zei ten des Friedens wegen der größeren Zinsengewinnung gut sein möge, in Zeiten der Geldkrise jedoch sehr gefahrbringend sei. Ein Hauptmittel für Hebung unseres Finanzhaushalts sei regelmäßige Verloosung der Staatsschuldscheine; hätte diese stattgesunden, so müßte sich in den 30 Friedensjahren, wo sich Erübrigungen von vielen Millionen herausstellten, unsere Staatsschuld vermindert statt vermehrt haben. Der Redner stellt an das Ministerium das Ver⸗ langen, es solle noch im Laufe dieses Landtags einen Gesetzvorschlag einbringen, wonach Trennung der Staatskassen und ein neuer Schuldentilgungsplan mit jährlicher Verloosung eingeführt werde. Der seitherige Mangel eines gediegenen Staa'shaushaltsplanes und die bisherige politische Haltung des Ministeriums hätten ihn zweifelhaft über sein Votum gemacht. Das Ministerium sei zwei⸗ mal in die Lage versetzt gewesen, die deutsche Einheit zu vollenden. Preußen wuürde gewiß nachgegeben haben, wenn Bayern Ernst ge⸗ macht hätte. Die Reichsverfassung sei gewiß durchführbar gewesen, sonst würden nicht Männer wie Gagern, den er fur den Edelsten der Nation halte, Männer von so tiefem staatsmännischen Blick sich fur dieselbe ausgesprochen haben. Der Redner pruft nun das frantfurter Wahlgesetz und findet dasselbe keineswegs schädlich. (Im Verlauf dieser Erörterung unterbricht ihn der Präsident mit der Mahnung, zur Sache überzugehen. Der Redner hält jedoch diese Bemerkungen bei einer Geldbewilligungsfrage fur sehr noth⸗ wendig. Von allen Seiten des Hauses Ruf: Fortfahren! Fort⸗ fahren!) Preußen sei der natürliche Alliirte von Bayern, man frage nur die Geschichte, und wenn jetzt auch Spannung herrsche, die Anknüpfung neuer Verhandlungen mit Preußen wurde gewiß zum Guten fuhren. Möchte die Regierung dies thun und dahin wirken, daß das Verfassungswerk bald vollendet werde, sonst möchte, falls die rothe Republik in Frankreich siege, ihre Ruͤckwiskung die deutsche Monarcie und die Besten im Volke zum Falle bringen. Der Redner schildert die Kleinstaaten als den Heerd der Demokratie und zeigt die Gefahren einer zu engen Vereinigung und Macht⸗ centralistrung Oesterreichs und Preußens, welche die Mediatistrung der kleinen Staaten und die Trennung in Nord⸗ und Süddeutsch⸗ land herbeifuhren würde, so daß Munchen leicht noch die Haupt⸗ stadt einer österreichischen Provinz werden könnte. Bis jetzt habe unser Ministerium wenig gethan, um eine solche Gefahr abzuwenden. Wenn er nun doch dem vorliegenden Anlehensentwurf beistimme, so thue er es nicht, um dem Ministerium ein Vertrauensvotum zu geben, wogegen er sich verwahre, sondern um der Noth des Landes abzuhelfen.

*) Der Gesetz⸗Entwurf lautet: Art. 1. Die Ermächtigung, welche durch das Gesetz über die Aufnabme eines Anlehens im Wege der freiwil⸗ ligen Subscription vom 12. Mai 1848 (Gsbl. S. 29) dem Staats⸗ Minister der Finanzen zur Aufnahme eines verzinslichen Anlehens von sieben Millionen Gulden ertheilt worden ist, wird unter den im obigen Ge⸗ setze enthaltenen Bestimmungen auf die weitere Anlehenssumme von sieben Millionen Gulden (Ausschußzusatz: „al pari“) mit der alleinigen Modifi⸗ cation ausgedehnt, daß die über diese Anlehenssumme laut Art. 2 des mehrgedachten Gesetzes auszufertigenden Staatsschuldscheine je nach Um⸗ ständen und Bedürfniß auch auf höhere Beträge als 100 Fl. lauten können, und daß der in Art. A daselbst in den Jahren 1850 1851 und 1851 1852 anberaumte Einlösungs⸗ und resp. Verlosungs⸗Termin für diesen weiteren Anlehenstheil auf die Jahre 1852 1853 bis 1854 1855 hinausgerückt sei. Art. 2. Der Staats⸗Minister der Finanzen ist mit dem Vollzuge des Gesetzes