1849 / 339 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

bung über das gesammte Zollwesen, so wie über gemeinschaftliche roductions⸗ und Verbrauchssteuer“ (R.⸗V. §. 34) recht bald eine Wahrheit werden möchten. Der Regierungs⸗Kommissar Geh.⸗Rath Wehner wies darauf hin, daß die sächsische Regierung in dieser Angelegenheit ein Vorwurf nicht treffen könne, und erklärt daß diese von Herzen in den vom „Ausschusse ausgesprochenen Wunsch einstimme, um durch dessen Verwirklichung jedes partzkularistische Streben einzelner Zollvereinsstaaten, von dem die diesseitige Regie⸗ rung sich völlig frei wisse, erfolglos gemacht zu sehen. Der Antrag des Ausschusses wurde sodann ohne Debatte von der Kammer ein⸗ stimmig angenommen. ““ 8

Das zweite Dekret beantragt die Zustimmung der Kammern zu der unterm 12. Juli d. J. erlassenen Verordnung, welche die frühere Zollvergünstigung für ungereinigte Soda aufhebt und vom 1. Oktober d. J. den Eingangszoll für dieses Produkt auf den allgemeinen Zollsatz von 1 Rthlr. für den Centner zurückführt. Bemerkt ist in dem Dekret, daß diese Zollveränderung, zufolge Ver⸗ einbarung der Zollvereins⸗Staaten, bereits am 1. Mai d. J. hätte ins Leben treten sollen, dies jedoch aus dem Grunde in Sachsen nicht habe geschehen können, weil das deshalb den zuletzt versam⸗ melt gewesenen Kammern vorgelegte Dekret vom 22. Februar bis zur Auflösung des vorigen Landtags nicht in beiden Kam⸗ mern zur Berathung gekommen sei, und daß die an sich jedoch unbedeutende Zolldifferenz, welche durch den späteren Eintritt dieser Maßregel in Sachsen den übrigen Zollver⸗ eins⸗Staaten gegenüber entstehe, zur besonderen Ausgleichung werde kommen müssen. Hier erwähnt der Bericht des Finanz⸗ Ausschusses (Referent, ebenfalls Abgeordneter Sommer), daß die Ursachen der Aufhebung der betreffenden Zollvergünstigung in der gemachten Erfahrung liege, daß dieselbe der vereinsländischen, na⸗ mentlich der preußischen Soda⸗Fabrication, sehr wesentliche Nach⸗ theile bereite und das Fortbestehen der Soda⸗Fabrication im Zoll⸗ Vereine überhaupt bedrohe, und räth der Kammer an, die Verord⸗ nung vom 12. Juli 1849 nachträglich zu genehmigen, so wie die Staats⸗Regierung zur Ausgleichung der entstandenen Zoll⸗Differenz zu ermächtigen.

Eine Debatte über diesen Gegenstand fand nicht statt, doch führte eine Anfrage des Abg. Schwedler, über das Verhältniß der Production zur Consumtion der Soda in Deutschland, einige Be⸗ merkungen von Seiten des Referenten und des Regierungs⸗Kom⸗ missars herbei, aus denen hervorging, daß die Sodafabrication in Baden und Preußen sehr bedeutend sei. Es erfolgte sodann eben⸗ falls die einsimmige Genehmigung der Ausschuß⸗Anträge.

Württemberg. Stuttgart, 4. Dez. (Schwaäb. M.) Die gestrige Sitzung der verfassungberathenden Versammlung er⸗ öffnete der Präsident mit der Anzeige, daß ein Antrag von Mo ritz Mohl eingelaufen sei, betreffend eine vollständige Amnestie für alle politische Verbrecher. Ferner setzt derselbe die Versammlung in Kenntniß von dem Einlauf eines Schreibens des Untersuchungsrich⸗ ters, Gerichts⸗Aktuar Rueff in Besigheim, woraus hervorgeht, daß der Abgeordnete von Heilbronn, Buchdrucker Ruoff, wegen Ver⸗ dachts des versuchten Hochverraths verhaftet worden ist, und an die Versammlung der Antrag gesteu. ed, die Tortdauer dieser Haft zu genehmigen, da die Poruntersuchung noch nicht geschlossen sei. Wird an die sigatsrechtliche Kommission gewiesen. Riecke kündigt eine Imneecverllation an den Ministertisch an, ob und welche Schritte zon der Regierung gethan worden seien, um die immer noch in Rastatt gefangen sitzenden Württemberger zu reklamiren. Es sei dies nicht Parteisache, sondern Frage des Rechts und der Humani⸗ tät. Der Präsident wird die Minister von dieser Interpellation in Kenntniß setzen. 1 In der heutigen Sitzung erhielt Moritz Mohl das Wort und verlas seinen Antrag wegen Ertheilung einer Amnestie. Der An⸗ trag geht dahin: die Kammer wolle beschließen, die Regierung soll um Ertheilung einer allgemeinen Amnestie für alle politischen Ver⸗ brechen und von Amts wegen verfolgten Preßvergehen gebeten wer⸗ den. Trotter trug auf den Druck des Antrags an. Römer⸗ Ich unterstütze diesen Vorschlag um so mehr, als der Redner in seiner Begründung leidenschaftliche und ungeeignete Ausfälle gegen das abgetretene Ministerium vorgebracht hat, wegen deren ich mir vorbehalten muß, im Laufe der Berathung über den Antrag in mei⸗ nem und meiner Kollegen Namen zu antworten. (Der Antrag⸗ steller hatte unter Anderem bemerkt, das vorige Ministerium habe durch Sprengung der National⸗Versammlung in Stuttgart eine Handlung begangen, welche die Gesetze mit Zuchthausstrafe bedrohen.) Präsident: Der Abgeordnete Mohl hat kein Urtheil über das vorige Ministerium ertheilt, sondern er hat nur eine Thatsache ausgesprochen. Was er gesagt hat, war lediglich eine Thatsache vom objektiven Standpunkte aus; der Abg. Römer war daher auch nicht berechtigt, sich gegen den Abg. Mohl der Ausdrücke: „leidenschaftlich und ungeeignet“ zu bedienen. Rey⸗ scher: Die ganze Begründung des Mohlschen Antrags war eigent⸗ lich keine Begründung, sondern mehr eine Anklage; dies kann der an die Regierung gebrachten Bitte nur schaden. Es wurde eine in diesem Saale mit großer Mehrheit längst entschiedene Sache wieder vorgebracht, ich hätte gewünscht, daß Mohl auf diese längst abgemachte Sache nicht wieder zurückgekommen wäre. Römer: Der bezeichnete Fall ist entschieden durch die letzte Stände⸗Versamm⸗ lung und durch den Kriminal⸗Senat in Eßlingen. Wenn daher Mohl diesen Fall auf solche Weise wieder anführt, so war ich voll⸗ kommen berechtigt, seine Aeußerung als eine leidenschaftliche und ungeeignete zu bezeichnen, zumal wenn man den Ton in Betracht zieht, in dem er sie vorgebracht hat, und die Stellung, die Mohl längst gegen das vorige Ministerium eingenommen hat. Präsident: Ich muß darauf beharren, daß der Ausdruck „leidenschaftlich und ungeeignet“ nicht begründet war, die Sache ist übrigens erledigt, und ich gebe keinem Mitglied mehr das Wort darüber. Der Druck des Antrags wird hierauf mit 52 gegen 3 Stimmen beschlossen. MNun sollte nach der Tagesordnung Riecke seine Interpella⸗ tion wegen der württembergischen Gefangenen in Rastatt vorbrin⸗ fen Da aber der Ministertisch unbesetzt ist, so behält er sich die⸗ 1ve. nächsten Sitzungen vor. Zwerger ergrrift der Aeußer 89. Ich und mehrere meiner Freunde schließen uns ung Römer’'s an und nehmen deshalb den Ordnungs⸗ ruf des Präsidenten auch auf uns. Fetzer: Ein solches Ve 1g6 ren ist ganz unzulässig, die Versammlung EEb. des Proöͤsidenten Achiag bodzeersan nas muß vor dem Ausspruche pelten Ordnungsruf, wenn jetzt ; .;en dop⸗ zegen den Ausspruch des Präsidenten Züistm neten sich ETTT nRerchanns v⸗n 1b hergeschickt, mit dem Auftrage nicht Persönlichkeiten Rechnung zu trag 1“ a. gen, sondern die Sache des Volkes zu führen, was ich d. 58 vas ich nach beiden Seiten hin bemerke. Reyscher: Was Fetzer bemerkt hat, das beweist ge⸗ ihn selbst, denn wenn eine frühere Versammlung gegen ist es unparlamentarisch, jetzt auf ihre Beschluͤsse G“ „9 r4 C „† 8 8 1 . Präsident: Ich bin der Ansicht, daß in dieser Sache ven esprochen werden sollte. Wenn ein Mitglied glaubt, daß Roöͤmer Kacht gehabt hat, so ist es seine Sache, aber nicht parlamentarisch ist es, dem Präsidenten entgegenzutreten mit den Worten: ich be⸗

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ziehe diesen Ausdruck auch auf mich. Die Geschäftsordnung räumt einmal dem Präsidenten das Recht und die Pflicht ein, zu entschei⸗ den; ich habe entschieden nach bestem Wissen und Gewissen. Eine andere Frage ist's, ob ich Recht habe, das mag die Versammlung entscheiden. Hiermit wird der Gegenstand verlassen. Pfeifer: Mehrere öffentliche Blätter, B. die Ulmer Kronik, das Tagblatt, das Deutsche Volksblatt ꝛc., haben dieser Tage die Nachricht gebracht von einer Verfügung des Ministeriums des In⸗ nern an die unteren Behörden, wonach amtliche Bekanntmachungen nicht mehr in Blättern, welche eine der Regierung nicht genehme Richtung verfolgen, sollen eingerückt werden dürfen. Eine solche Verfügung halte ich nicht nur für ungerecht gegen die betreffenden Blätter und das Publikum, sondern auch für ganz unklug. Ich kündige deshalb eine Interpellation hierüber an das Ministerium des Innern an. Präsident: Ich werde das Ministerium davon in Kenntniß setzen. Da kein weiterer Stoff mehr vorliegt, so wird die Sitzung aufgehoben.

Schleswig⸗Holstein. Altona, 8. Dez. (Alt. Merk.) Die Mitglieder der schleswig⸗holsteinschen Landes⸗Versammlung sind durch den Präsidenten Bargum aufgefordert worden, sich am 13. Dezember in Kiel zur Sitzung einzufinden.

Braunschweig. Braunschweig, 7. Dez. (D. R. Z.) In der heutigen Sitzung der Abgeordneten⸗Kammer wurde ange⸗ zeigt, daß von Seiten der Regierung die Zustimmung zu den von der Versammlung bei Berathung des Gesetzes über die Aufhebung des Lehensverbandes gefaßten Beschlüssen erfolgt sei, es wird daher zur Abstimmung ber das ganze Gesetz geschritten. Es wird ein⸗ stimmig angenommen. Hierauf fährt die Kammer in der Berathung der Landgemeinde⸗Ordnung bei den Bestimmungen über die Be⸗ freiungen von den Gemeindelasten fort.

Ausland.

Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 6. Dezember. Die zweite Berathung des Antrages des Herrn Fouquier von Herouel, die Zahl der Wahlbezirke zu vermehren, ist an der Tagesordnung. Er will den Artikel 27 des Wahlge⸗ setzes so fassen: „Jeder Wahlbezirk muß eine Bevölkerung von mehr als 500 Seelen umfassen. Die Kommunen jedoch, deren Gebiet von dem Kanton, von dem sie abhängen, durch das Meer getrennt ist, können einen Bezirk bilden, utag die Zahl ihrer Einwohner sein, welche sie wolle. Keine Land⸗Ge⸗ meinde kann in zwei oder mehrere Bezirke getheilt werden.“ Mehrere Amendements werden verworfen. Herr Bedeau schließt sich dem Kommissions⸗Bericht an. Dies erregt großes Aufsehen, da Herr Bedeau die Constitution durch den Antrag für verletzt er⸗ klärte. Der Art. 27 wird von der Kammer verworfen und der Art. 29 angenommen: „Die Tabelle der Bezirke wird in der näch⸗ sten Session der General⸗Conseils beschlossen und in Zukunft alle drei Jahre revidirt werden.“ Die Kammer beschließt dann mit 442 gegen 206 Stimmen, daß sie zu einer dritten Berathung über oiesen Gesevvorschlag schreiten wird. Die Wahl des Herrn Va⸗ lentin als Deputirten vom Senegal wird für gültig anerkannt und die Sitzung aufgehoben. Herr Lagragne hat folgendes Amen⸗ dement zu dem Antrag des Herrn Desmousseaux de Givré, die Deputirten sollten den dritten Theil ihrer Entschädigung abgeben, vorgeschlagen: die Deputirten sollten außerdem den dritten Theil ihres Einkommens dem Staat geben.

Paris, 6. Dez. Der Präsident leidet an einer starken Er⸗ kältung, die er sich bei dem vorgestrigen Theaterbesuche zugezogen und welche ihn verhindert hat, gestern dem Minister⸗Rathe vorzu⸗ sitzen. Man hofft, daß er in kurzem hergestellt sein wird. Es bleibt dabei, daß die große Musterung der Nationalgarde und der Linien⸗Truppen am 10. Dezember auf dem Marrsfelde stattfindet. Wenn schlechtes Wetter den Boden des Manöverfeldes unbrauchbar machen sollte, so geht die Heerschan auf den Quais und auf dem Theile der Boulevards vor sich, welcher der Madaleinen⸗Kirche zu⸗ nächst liegt. Wie man hört, werden die vier National⸗Theater, welche Zuschüsse vom Staate beziehen, am 10. Dezember Gratis⸗ Vorstellungen geben. 1

Das Journal des Debats und die Patrie haben von

dem Minister des Auswärtigen die nachstehende Mittheilung em⸗ pfangen: „Einige Journale haben von der Rückberufung des Herrn von Raypneval, französischen Gesandten zu Neapel, gesprochen. Andere haben behauptet, daß er zu Rom den General Baraguay d'Hilliers in seinen diplomatischen Functionen ersetzen werde. Diese Gerüchte und viele andere, die man uͤüber angeblich bevorstehende Veränderungen im diplomatischen Corps verbreitet, sind völlig un⸗ begründet.“ Die Estafette meldet, daß Thaver den Posten zu Madrid annehme; sein Nachfolger in der General⸗Postdirection sei noch nicht bezeichnet. Dasselbe Blatt kündigt für morgen eine Liste neuer Präfekten im Moniteur an. Das Journal Le Credit glaubt noch immer an einen Zmwie⸗ spalt des Präsidenten mit Fould über die Getränksteuer und hält es nicht für unwahrscheinlich, daß ein Dekret Louis Bonaparte's noch im letzten Augenblicke in Betracht der vielseitig laut gewor⸗ denen Wünsche des Landes den Gesetz⸗Entwurf für Beibehaltung der Steuer zurückziehen werde. Von allen anderen Seiten wird ver⸗ sichert, daß der Präsident den finanziellen Rücksichten, welche gegen Aufhebung der Steuer sprechen, nachgegeben hsbe und es der National⸗Versammlung uberlassen werde, die Getränksteuer beizube⸗ halten oder zu beseitigen.

Die Departemental⸗Kemmission der Seine hat sich nach leb⸗ haften Erörterungen mit großer Mehrheit für die Beibehaltung der Getränksteuer entschieden, sporach aber zugleich den Wunsch aus, daß Maßregeln getroffen werden möchten, um ihre Eintreibung minder drückend zu machen. Die Kommission prüfte sodann die Rechnungen der Polizei⸗Präfektur, welche für 1848 ein Desizit von 1,122,078 Fr. herausstellen. Ein Theil dieses Defizits soll durch den Verkauf von Ländereien, die dem Departement gehören, in kur⸗ zem gedeckt werden. G

Die Unter⸗Kommission des Einnahme⸗Budgets hat sich mit dem vom Finanz⸗Minister vorgelegten Gesetz⸗Entwurfe beschäftigt, wonach von jedem Briefe, den der Absender nicht frankirt, ein Zusatzvorto von 10 Centimes erhoben werden soll. Die Kommission will beantragen, daß dieses Zusatzporto blos diejenigen Briefe tref⸗ fen soll, deren Bestimmungsorte weiter als 80. Kilometres ent⸗ fernt sind.

Der Staatsrath hat den Gesetz⸗Entwurf Falloux's über den offentlichen Unterricht in seinem Gutachten so bedeutend abgeändert, daß der neue Entwurf fast nichts Anderes enthält, als das Gesetz von 1833.

Das Droixmeldet, daß die neue Monatsschrift Les Veillées du Peuple, deren Haupt⸗Redacteure nach der Andeutung auf dem ersten Blatte Blanqui und Proudhon sein würden, gestern mit Beschlag belegt worden sei; sofort habe man auch gegen den Ge⸗

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rant Pancin, den Drucker Depré und die Redacteure Engene Sue und Toussenel die gerichtliche Verfolgung eingeleitet. Nach dem Evenement wurde gestern auch die Voix du Peuple wegen Abdrucks von Stellen aus der vorerwähnten Monatsschrift auf der Post in Beschlag genommen. b

Nach dem Moniteur de l'Armée hieß es beim Abgange des letzten Couriers von Algier in der Stadt, daß die Zaatscha endlich von den französischen Truppen nach hartnäckigem Widerstande mit Sturm genommen worden sei; die geschickt geleiteten Arbeiten hätten unterhalb des Grabens und der Ringmauer bis unter die Kasbah geführt, worauf eine Mine dieses Fort in die Luft gespreng * habe und der Sturm vollständig gelungen sei. 8

Vom 1. Januar an werden die Abendposten, statt um 6 Uhr erst um 7 Uhr abgehen.

In der vorgestrigen Abendgesellschaft bei Molé wurde Persignr als der künftige Minister des Auswärtigen bezeichnet.

In den Departements sind neuerdings mehrere Angestellte we⸗

gen sozialistischer Umtriebe oder Kundgebungen vom Amte suspen⸗

dirt worden.

Proudhon ist jetzt fast mit allen anderen Häuptern des So⸗ zialismus zerfallen. Louis Blanc wird nächstens eine Flugschrift: „Der enthuͤllte Proudhon“ herausgeben.

Die Presse bemerkt über die Sitzungen der Repräsentanten: „Die gesetzgebende Versammlung ist durchaus ohnmächtig. Alle ihre Sitzungen gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Es ist keine einzige darun⸗ ter seit ihrem Zusammentritt, aus der das Land einigen Vortheil gezogen hätte. Man diskutirt nicht mehr, man unterhält sich mit kindischem Gerede, und der Glanz der rednerischen Kämpfe verhüllt nicht mehr, wie sonst, die Unfruchtbarkeit der Resultate. Wenn wir uns nichtz sehr täuschen, so wird dies Experiment, das täglich unter den Augen des Landes vorgeht, dasselbe besser als alle Theorieen über die Zwecklosigkeit der in Permanenz berathenden Versammlungen aufklären.“

Die sozialistischen Lehrer und Lehrerinnen hielten vorgestern zur feierlichen Einweihung ihrer Association ein Bankett im Lokal der vereinigten Köche. Die Bürgerin Roland brachte „dem So⸗ zialismus, der Religion, der Erziehung“, und der Repräsentant, Flementarlehrer Malardier, „der Emancipation des Volkes durch die Erziehung“ einen Toast. Zum Schlusse sang man das Solda⸗ tenlied von Dupont, dessen Refrain lautet: „Die Völker sind für uns Brüder und die Tyrannen für uns Feinde.“

Ein Geldwechsler des Palais Royal hat aus Port⸗au⸗Prince ein Kästchen mit Gold- und Silbermünzen erhalten, welche der neue Kaiser von Haiti, Faustin J., ganz nach französischem Münz⸗ system hat prägen lassen. Auf den Goldmünzen sieht man Faustin im Kaiserlichen Kostüm, mit Krone, Hermelin⸗Mantel und Scepter. Die Randschrift lautet: „Gott beschütze mein Volk!“ Mehrere Münzsammler haben schon, zum Theil sehr theuer, solche haitische Geldstücke gekauft.

Das Sidele sagt, der Gemeinde⸗Rath habe angeblich der Präsidenten um seine Einwilligung dazu ersucht, daß die Musterung am 10. Dezember im Innern der Stadt, etwa auf den Boulevards abgehalten werde. Der Präsident soll geantwortet haben, daß er die desfallsige Entscheidung seinen Ministern überlasse; das Sidel meint, er habe sagen wollen: dem Polizei⸗Präfekten.

Die Leitung der auf die Flugschrift Ledru⸗Rollin's, die, außer bei dem Drucker, auch bei den Buchbindern und in den Büreaus des Journals Nouveau Monde weggenommen worden, bezüglichen gerichtlichen Verfolgungen ist dem Untersuchungs⸗Richter Filhor übertragen.

Nach der Opinion publique werden mehrere Flugschrifte vorbereitet, welche den Ideen des Elysee den Weg zu bahnen be stimmt sind.

An den Thoren der Theater und auf den Boulevards trifft

man jetzt häufig verabschiedete Mobilgardisten, welche das Kreuz der Ehrenlegion tragen und mehr oder minder offen betteln, weil sie von ihren 250 Fr. jährlich, ihrer Behauptung nach, nicht leben können.

Wie man vernimmt, wird die Regierung nächstens einen Ge setz-⸗Entwurf für Herstellung des Zeitungs⸗Stempels vorlegen, welcher für jede Nummer eines Journals 4 Centimes betragen soll.

In der National⸗Versammlung wurde behauptet, Admiral Tro⸗ melin habe die Sandwich⸗Inseln definitiv besetzt.

Persigny soll den Gesandtschaftsposten in Berlin erst angenom⸗ men haben, nachdem General Schramm ihn abgelehnt hatte.

Es heißt, daß im Minister⸗Rath sehr ernstlich von dem Rück tritt des Handels⸗Ministers Dumas und des Ministers des Innern, Ferdinand Barrot, wegen der vielen kleinen Niederlagen, die sie in der National⸗Versammlung erleiden, die Rede gewesen ist. In die sem Falle würden nur der Finanz⸗Minister Achille Fould und der Kriegs⸗Minister d’'Hautpoul bleiben, alle anderen Mitglieder des Kabinets vom 31. Oktober aber zurücktreten. Herr von Beaumont solle dann zur Uebernahme des Ministeriums des Innern und La moricibre zur Uebernahme des Ministeriums des Auswärtigen ein geladen werden. Man geht sogar so weit, zu behaupten, daß be reits Couriere an dieselb bgefertigt 4

6. Dez

und Irland

Großbritanien d Die englische Regierung hat den Forderungen der Cap⸗Bewohner gegenüber nachgegeben und in Betreff der auf dem „Neptune“ be⸗

findlichen Sträflinge einen Gegenbefehl erlassen. Der „Neptune“ wird nach fünfmonatlichem Aufenthalt in Simon’s Bai, wo er jetz liegt, seinen Verbrecher⸗Transport nach Vandiemens⸗Land brin⸗ gen. Die Times, welche diese Handlungsweise der Regierung ganz natürlich findet, kann nicht umhin, es als eine zwecklose Härte zu rügen, daß die Kolonisten sich der Landung der Sträflinge wi dersetzten, da diese auf dem Schiffe durch Krankheiten und sonstige Unbequemlichkeiten sehr litten, und da ihr nur provi⸗ sorischer Aufenthalt auf dem Lande durchaus ungefährlich gewesen wäre. Auch ein längeres Verbleiben am Cap würde, vorausge⸗ setzt, daß ihre Zahl nicht vermehrt worden wäre, kaum von der Nachtheilen begleitet gewesen sei, deren Vorhandensein man bei ge⸗ wöhnlichen Verbrecher⸗Kolonicen vorauszusetzen pflege. Die Depor⸗ tirten, welche auf dem „Neptune“ von den Bermudas ⸗Inseln nach Afrika hinübergeschafft worden sind, etwa 300 an der Zahl, gehö⸗ ren, wie bemerkt wird, nicht der schlimmen Klasse an. Sie sind meistens Irländer; ein Theil derselben ist durch Noth und Hunger zum Verbrechen getrieben worden; vie übrigen haben sich an der politischen Bewegung des vorigen Jahres betheiligt. John Mitchell befindet sich unter ihnen. Die zu der ersten Abtheilung Gehöri⸗ gen würden, meint man, wahrscheinlich gleich nach der Ankunft i Vandiemens⸗Land unter gewissen Bedingungen begnadigt werden in Betreff der politischen Verbrecher sind dem Gouverneur vo Vandiemens⸗Land besondere Instructionen zugesandt worden.

Die hiesigen Blätter enthalten eine von 83 Personen unter⸗ zeichnete Adresse an Lord J. Russell und Lord Palmerston, welch die Minister auffordert, in Ungarn zu Gunsten einer freisinnige Verfassung des Landes zu interveniren. findet man außer den Lords Dudley Stuart, Fitzwilliam und Beau

Unter den Unterzeichneten

mont die bekannten Namen R. M. Milnes, T. Duncombe, Anstey und de Lacy Evans.

wissenschaft und Kunst. Königliches Opernhaus

Zum ersten Male: Das hübsche Mädchen Pantomimisches Ballet in 3 Akten und 9 Bildern George und Albert. Musik von A. Adam.

(Den 6. Dezember.)

von Gent. on St

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müthige Gesellen. Da schlendert einer Abends durch das Städtchen und sieht den Leuten neugierig ins Zimmer, wo das Lämpchen brennt oder das Dreierlicht auf dem messingenen Handleuchter flackert. Wenn er aber an das Haus kommt, wo die Mädchen beim knisternden Span in der Spinn⸗ stube sitzen und die Räder fleißig schnurren, husch! ist er hinein und sitzt mit im Kreise und weiß sie durch tausenderlei Uebermuth in der Arbeit zu stören. Aber die Alte duldet es nicht. Will er nicht gar hinaus vor die Thür verwiesen sein, so muß er sich in die Ordnung des Zimmers fügen und das Seine thun, daß das Geschäft der lustigen Räder doppelt rasch von Statten geht. Da setzt er sich auf den ernsthaften Großvater⸗ stuhl und knöpft den Schalk fest in den abgetragenen Kittel, daß nichts von ihm hervorblickt, als das eigene Gesicht, das beinahe ganz ehr⸗ lich thut, und er hebt an zu erzählen. Von der guten Seele erzählt er, der es beim Bierbruder und der Kaffeeschwester schlecht genug ging, bis sie zur

Die Handlung nach dem ins deutsche übersetzten Textbuch ist in Kürze folgende. Beatri, die Tochter eines genter Goldschmidts ist mit Benedikt, einem armen Offizier, der sie aufrichtig liebt, verlobt. Da tritt San Lucar, ein italienischer Nobili, auf, macht ihr den Hof und ihr Herz und ihre Tu⸗ gend fangen an zu schwanken, da auch die Cousine Julia eine Kokette, welche die Huldigungen seines Freundes Bustamente freudig aufnimmt für den eleganten Kavalier bei ihr alle Künste der Ueberredung aufbietet. Nach verschiedenen Zwischenfällen sieht man Beatrix in ihrem Gemach ein⸗ schlafen. Der 2te Akt zeigt sie in Venedig im Palazzo San Lucar, als Geliebte des Marchese; es ist gerade Karneval und das Paar besucht einen glänzenden Ball. Da erscheinen plötzlich des Mädchens Vater und der Bräutigam, es folgt ein lebhafter Auftritt, der Vater flucht der Tochter und verschwindet wieder mit Benedikt. Im 3ten Akt sieht man eine Orgie in der Villa Lucar an der Brenta; der Marchese verspielt an Bustamente seine ganze Habe und zuletzt noch die Geliebte; dieser sucht nun in Lucars Kleidern Beatrix zu verführen, wird aber von Jenem im Duell ermordet. B. stürzt sich aus dem Fenster. 8. Bild. Beatrix liegt in ihrem Gemach vom ersten Akt, erwacht und hat Alles geträumt, ihr Sinnenrausch hat sich gelegt, der Marchese wird abgewiesen und sie reicht Benedikt die Hand. Ein Di⸗ vertissement beschließt das Ballet. Die Adam sche Musik ist etwas minder flüchtig und inhaltlos, als die gewöhnliche Ballermusik. Frivol aber finden wir die Herbeizerrung eines der schönsten Gluckschen Motive (Iphigenie) in die Thierscene. Meyerbeer's, Flotow's und Anderer Opern mag man Herrn Adam eher preisgeben. . Ddie französische Erfindung ist, wie man zum Theil schon ans dem Obigen sieht, nicht geschickter, als Dutzende von anderen Sujets, desto mehr Anerkennung gebührt deshalb den hiesigen Kräften, die dabei mitwirkten. Es gelang ihnen, dieses fast zu ausgedehnte Ballet zu einem der unter⸗ haltendsten, die wir in letzter Zeit sahen, zu machen. Aeußere Ansstat⸗ tung, Kostüme, Decorationen, Einlagen, Arrangement Alles war aufs Glänzendste und Geschickteste gemacht, namentlich verdienen die Anstren⸗ gungen der Herren Hoguet, Vater und Gropius den Dank aller Balletfreunde. Die Herstellungskosten mögen sehr bedeutend gewesen sein; man muß jedoch, auch wenn man überhaupt den Aufwand für derartige Etalagen mißbilligt, zugestehen, daß sie in diesem Bereiche nicht geschmack⸗ voller angelegt werden konnten. Auch in geschäftlicher Beziehung wird sich die Speculation ohne Zweifel richtig erweisen, und das „hübsche Mädchen von Gent“ noch viele volle Häuser machen. Besonders zeichnet sich der zweite Akt durch Mannichfaltigkeit und wirkungsvolle Herrichtung aus. Die Karnevals⸗Aufzüge, der (unbarmherziger Weise da capo verlangte) Tüchertanz 2ꝛc. waren glänzend und geschmackvoll, die Reinecke⸗Episode von recht komischer Wirkung; die Solo's, pas de deux, Ensembletänze und Pantomimen des ganzen Stücks sinnreich angelegt und wohlgelungen. Die Illusion würde es wesentlich fördern, wenn es sich so veranstalten ließe, daß die Traumbilder sich schärfer vöon der Wirklichkeit abgränzten; deshalb müßten z. B. beim achten Bilde Spiegeltisch, Bett ꝛc. nicht vor den Augen des Zuschauers herbeigetragen werden, sondern die letzte Scene des siebenten Buüdes an der Seite vorn spielen, sodann die Hinter⸗ und Sei⸗ tenwände verschwinden und das Gemach des ersten Akts mit der schlafenden Beatrix erscheinen. Ob dies praktisch thunlich, vermögen wir, in die My⸗ sterien der Theatermaschinerie uneingeweiht, nicht zu beurtheilen; anschei⸗ nend steht dem Amendement nichts entgegen. Die erste Decoration des dritten Akis wäre etwas charakteristischer zu wünschen. So wie sie jetzt ist, könnte man sie eher für eine Promenade in Stockholm als für einen Gar⸗ ten an der Brenta halten; eine Gruppe Cypressen dürfte vielleicht den Schauplatz schon hinlänglich hesperisiren. Um die Scene aus Reinecke Fuchs noch wirksamer zu machen, wäre es auch recht gut, wenn den Akteurs einige Zeichnungen von Grandville der es so mei⸗ sterhaft verstand, die menschliche Figur mit dem charakteristischen thierischen Habitus zu einen oder Kaulbach gezeigt würden; Spuren von derartigem Streben waren bei einigen Thiermenschen indeß schon zu bemerken. 1 Fräul. Grahn, Beatrix, bewährte wieder ihre Balletbravour nach allen Seiten; sie wurde nach dem zweiten Akt, und nebst den anderen Hauptspielern am Schluß lebhaft hervorgerufen. Die Künstlerin hat sich, unseres Bedünkens, zu hüten, bei der Darstellung hestiger Affekte, als Schrecken, Angst, Verzweiflung u. s. w., das Gebiet der kunstschönen Pan⸗ tomime zu überschreiten; in der letzten Scene des zweiten Akts schien die Darstellung etwas outrirt. Nächst Fräul. Grahn sind namentlich zu loben: Frau Brue, Julia; Herr Hoguet⸗Bestris, Benedikt, Fräul. Marie Taglioni und Herr Gasperini im Pas de deux. Herr Ebel follte als venetianischer Nobile mehr Grandezza entwickeln und weniger mit den Armen schleudern. Das, wie uns schien, durch einige neue Mitglieder rekrutirte Balletcorps hielt sich durchweg recht gut.

Zur Jugend⸗Literatur.

ürchensaal. Herausgegeben von Dr. H. Kletke 3 Bde. Zvo. Berlin, bei C. Reimarus.

Die Verdienste, welche sich die Brüder Grimm durch ihre treffliche Ausgabe deutscher Mährchen um den entsprechenden Zweig der Lite⸗ ratur überhaupt erworben, sind bekannt. Eben so weiß der Freund der Märchen⸗Literatur recht wohl, daß es uns an guten Uebersetzungen werth⸗ voller Märchensammlungen fremder Nakionen nicht eben mangelt. Haben uns doch die letzten Jahre gerade in dieser Hinsicht nicht spärlich bedacht, wobei wir nur an Heern Liebrecht's eben so verdienstvolle als gelungene Uebersetzung des „Pentamerone“ von Basile erinnern dürfen. Nichtsdesto⸗ weniger, oder vielmehr eben deshalb, wurde das Bedürfniß einer Vereini⸗ gung des Werthvollsten in der Märchen⸗Literatur fremder Nationen, ähn⸗ lich dem „Cabinet des Féess, um so dringender, und jeder dahin ein⸗ schlagende Versuch durfte auf dankbare Anerkennung rechnen. 1

Mit um so größerer Genugthunng sind wir im Stande, auf einen je⸗ denfalls sehr achtungswerthen „Versuch“ der genannten Art zu verweisen; wir meinen das oben genannte Wesk, welches uns in einer neuen, überaus geschmackvollen Ausgabe vorliegt. “X“

Das Werk zerfällt in drei Theile, von denen der erste: ttalienische und französische, der zweite: ungarische, russische, volnische, irländische, englische, skandinavische, deutsche ꝛc., der dritte: mongolische, indische, jüdische, mor⸗

enländische, amerikanische, afrikanische Märchen enthält. Einem jeden Theile, der auch für sich gleichsam ein Ganzes bildet, sind literarische No⸗ tizen beigefügt, welche selbst für den Kenner nicht selten Werih haben. Auch ist es dem gewandten Herausgeber gelungen, ohne dem Haupizweck Eintrag zu thun, eine solche Auswahl zu treffen, daß die reichhaltige Sammlung ohne Bedenken der Jugend anvertraut werden darf, wie sie andererseits dem gereiften Alter erne enisprechende Gabe sein wird. In letzterer Bezie⸗ hung dürfle es namentlich von hohem Inleresse sein, hier eine willkommene Gelegenheit zu finden, diese wunderlichen Gebilde der Phantaste durch Ver⸗ leichung in ihrer nationalen Eigenthümli chkeit würdigen zu können. Denn nichts ist mehr geeignet, in die freie, selbstthätige Entwickelung des Geisteslebens der verschiedenen Nationen einen tieferen Blick zu gestatten, als diese Märchenwelt, in welcher Scherz und Ernst die Tugenden und Schwäͤ⸗ chen der menschlichen Natur gleichsam zu einem Kranze lebendiger Blüthen des Geistes und Gemüthes zusammengewunden haben. S.

Der Jungbrunnen. Neue Maͤhrchen von einem fah⸗ renden Schüler. Berlin, Verlag von Alexander Duncker. 1850. (218 S. in Svo.)

Ihr kennt, glaube ich, die Weise der fahrenden Schüler. Es sind über⸗

Busenfreundin kam, mit der sie Stammbuchblätter beschrieb, von der sie aber auch verlassen wurde, bis endlich der alte Jakob sie auf seiner Leiter, nachdem er damit die Sterne angesteckt, ins Paradies hinaufirug. Dann von Glückspilzchen, dem allerliebsten kleinen Ding, das mit ihrem Bruder, dem liederreichen langen Poeten, und dem blonden Schusterjungen, der nach den Fleischtöpfen Aegvpti aus war, durch die Welt zog und nach mancherlei Irrsal und Wirrsal doch wieder zu den drei Tanten zurückkehrte. Und das reizende Märchen von Musje Morgenroth, dem Stiefelputzer, der ins Land zog, wo der Pfeffer wächst, um sich ein eigen Pfefferroͤhrchen zu holen, und von Jungfer Abendbrod, der Köchin bei Geheimerath Fresco's das Märchen, in dem es klingt, wie Lerchenwirbel beim Morgen⸗ und Nachti⸗ gallenschlag beim Abendroth. Weiter die süße schwermüthige Geschichte vom Veilchenprinzen, die so hold und so zart ist, daß ich sie euch mit zwei Worten gar nicht wiedersagen kann. Und von der Blindekuh und dem klei⸗ nen Kuhjungen mit dem Miethszettel (ihr wißt, was das Wort bei berli⸗ nischen Kindern sagen will). Und von Fedelint, dem wackeren Studenten, und Funzisudelchen, der armen blinden Prinzeß, der Tochter des guten Kö⸗ nigs Muffel I., die der Fedelint mit dem Liede, das ihn die Nire Undula gelehrt hatte, sehend machte nnd die er dann heirathete, daß er Kronprinz ward und so reich, daß er dem häßlichen Professor Theophilus Sutorius die Fenster mit harten Thalern einwerfen konnte. Die Mädchen aber in der Spinnstube hatten ernsthaft zugehört und waren stiller und stiller ge⸗ worden, und als er zuletzt noch ein Lied von der Lorelei sang, da bebte es seltsam in ihren Herzen nach.

In dem „Jungbrunnen“ aber sind alle die Märchen und Leeder schön gedruckt zu lesen. Und wer der fahrende Schüler eigentlich ist? ja, wenn ich's selber wüßte! Ein Schalk gewiß, so ernsthaft er im Vorwort von ver⸗ steinernden Medusen und hinterher von Liebesgewittern spricht. Steht doch zwischen Medusen und Gewittern wieder das Märchen von der Märchen⸗Moral mitten inne, die auf ihrem Grauthierchen durch's Gebirge stolpert, daß dem Wanderer, der ihr durch Ecken und Winkel nachkeucht, doch höchstens nur von des Esels Schwanz eine Kunde wird. Darum forscht nicht, auch nicht nach dem fahrenden Schüler selber!

Und für wen er die Märchen erzählt hat? Je nun, für die Mädchen in der Spinnstube. Oder wo man heutigen Tages nicht mehr zum Spin⸗ nen geht, für die etwa, die unsere ungeschliffene Sprache, ich wage kaum, das Wort auszusprechen, mit dem Namen der Backfischchen bezeichnet. Aber auch für Alle, mein' ich, die zu Zeiten noch gern in den Brunnen der Jugend hinabsteigen. Und seid ihr schon gar zu ernsthaft geworden

und heischt ihr auch von den Märchen einen wohlgefugten ästhetischen Bau, so denkt meinethalben, es sei eben ein buntes, luftiges Arabeskenwerk, zur Einrahmung ffür die Menge der Lieder voll markigen saftigen Lebens, die durch den gänzen Märchenkreis hindurchklingen. Aus den Liedern werdet ihr sehen, daß der fahrende Schüler freilich kein bloßer Schalt ist, sondern daß ein voller starker Dichter in ihm steckt. Dir aber, du junges Dichterblut, dessen Lieder eine reiche sich tragen, sage ich zum Schlusse mein herzlichstes Gluͤckauf!

Zukunft in

nehme und doch gediegene Belehrung in die wundervolle Welt des griechi⸗ schen Alterthums einfüͤhren möchte. 8

Wir machen bei dieser Gelegenheit auch auf eine andere, poetische Gabe desselben Verfassers aufmerksam, welche unter dem Titel: „Erzäh⸗ lende Gedichte“ in einer Prachtansgabe mit gar rieblichen Holzschnitten in Buntdruck gleichfalls in dem genannten Verlage erschienen ist. Es dürfte schwer sein, in typographischer Beziehung etwas Vollendeteres und Zarteres aufzufinden, als diese fünf Legenden, deren sinnige Ausschmückung mit dem inneren Gehalte in so trefflicher Harmonie steht.

Berliner Börse.

Berlin, 8. Dez. Unsere Börse bewährte auch im Laufe dieser Woche eine große Festigkeit in preußischen Fonds, Prioritäts⸗ Obligationen, in fest zinstragenden Eisenbahn⸗Actien, so wie in aus⸗ ländischen Fonds; alle diese Effekten haben sich theils gut behaup⸗ tet, theils hat sich deren Cours wesentlich gebessert, und der Umsatz war durch reelle Ankäufe lebhaft. Das anhaltende Steigen der Zproz. Consols in London, veranlaßt durch den enormen Geldüber⸗ fluß, kann nicht ohne Einfluß auf die übrigen europäischen Bör⸗ sen bleiben, und da auch bei uns die flüssigen Kapitalien in näch⸗ ster Zeit durch die fälligen Zinszahlungen noch bedeutend vermehrt werden; da ferner der Stand der englischen Fonds mit vollem Recht die kriegerischen Befürchtungen am besten widerlegt, welche durch einige öffentliche Journale verbreitet werden, so dürf⸗ ten unsere soliden Fonds gewiß noch weiter Faveur neh⸗ men. Ganz unabhängig hiervon ist die Bewegung der Speculations⸗Effekten, deren Coursstand lediglich von der Partei bestimmt wird, welche durch lokale Einrichtungen die Oberhand ge⸗ wonnen zu haben scheint. Im Laufe dieser Woche ist es, im Ge⸗ gensatz zu der noch vor kurzer Zeit rapiden Courstreiberei, der Baisse⸗Partei gelungen, das Heft in Händen zu bekommen; sie läßt daher kein Mittel unversucht, die Course zu drücken. Besonders kommt ihr die Etablirung einer Abendbörse dabei zu statten, wo, getrennt von der Mehrzahl der gewöhnlichen Börsen⸗Mitglieder, die Course im Interesse der Spekulanten gemacht und dann durch einige Zeitungen veröffentlicht werden. Daß einzelne Besitzer sich dadurch verleiten lassen, ihre Effekten am nächsten Börsentage zum Verkauf zu bringen, ist erklär⸗ lich, da sie bei einem fortwährenden Weichen derselben und bei den ihnen unbekannten Ursachen leicht ängstlich zu machen sind, worauf es immer mehr abgesehen ist, je mehr die Baisse⸗Partei we⸗ gen Lieferung der Stücke in Verlegenheit kommt, ist natürlich. Da die Course der angesehensten Börsen des Abends hier eintreffen, so mag bei dem Spekulanten das Bedürfniß wohl gerechtfertigt er⸗ scheinen, den Einfluß derselben nicht auf den nächsten Tag zu ver⸗ schieben, indeß scheint dieser Gesichtspunkt bei der hier etablirten Abendbörse nicht festgehalten zu werden, denn ungeachtet der täglich besseren Notirungen von London, Paris und anderen Plätzen wurde durch Verbreitung allerhand nachtheiliger Gerüchte dahin gewirkt, auf den nächsten Börsentag eine flaue Stimmung zu übertragen. Damit das Publikum sich nicht durch die Abendspeculation verlei⸗ ten lasse, mussen wir ganz besonders noch darauf aufmerksam machen, daß die Coursschwankungen daselbst nur von einzelnen Spe⸗ kulanten ausgehen und auch hoffentlich nur noch kurze Zeit

F. Kugler. Hellenischer Heldensaal oder Geschichte der Griechen in Lebens-Beschreibungen nach den Darstellungen der Alten von Ferdinand Bäßler. Erster Band. Berlin 1849. Ver⸗ lag der Deckerschen Geheimen Ober⸗Hofbuchdruckerei.

Der Verfasser dieses Werkes gehört zu den wenigen glücklichen Talen⸗ ten, welchen es gegeben ist, ihre Darstellungen in jenes anziehende Gewand zu kleiden, das, selbst bei dem ernstesten Stoffe, für jugendliche Leser einen eigenthümlichen Reiz behält. Er hat sich in dieser Beziehung mit gleichem Erfolge auf dem Gebiete der Dichtkunst, der Erzählung, der Geschichte be⸗ wegt. Wer kennt nicht seine so lieblich gehaltenen „Legenden“ und „furz⸗ weiligen Erzählungen,“ wie wir sie z. B. in den in demselben Verlage bis jetzt er⸗ schienenen beiden Jahrgängen des „Kalenders für Alt und Jung in Dorf und Stadt“ finden? Es geht durch alle, neben dem richtigen Ver⸗ ständniß und der Leichtigkeit und Gewandheit in der Wahl passender For⸗ men in Styl und Ausfuhrung, jene ansprechende Gemüthlichkeit und jener sittliche Ernst, auf welche wir gerade jetzt um so mehr Werth legen möch⸗ ten, je weniger sie dem Ungeschmack und der Frivolität gewisser Zeitrichtun⸗ gen zusagen wollen. Dieselbe Haltung charakterisirt auch den vorliegenden Hellenischen Heldensaal“, in welchem das biographische Element der goldene Faden ist, an welchem sich die pragmatische Geschichte der Griechen nach ihren Hauptmomenten in geschickt skizzirten und mit Glück ausgeführ⸗

ten Bildern wie von selbst anreiht. 1 1 „Auch die Wahl einer biograp hischen Einrichtung dieser geschicht⸗ lichen Gemälde“, bemerkt der Verfasser selbst darüber, „beruht auf pädagogi⸗ schen Gründen. Die Jugend, wie auch dersenige weitere bürgerliche Leser⸗ kreis, welchem dieses Buch bestimmt ist, kann nicht unmittelbar an eine pragmatische Entwickelung der Völker⸗ und Staatengeschichte herangeführt werden. Nicht die hundertfach sich durchkreuzenden, in's Unendliche sich fort⸗ spinnenden Fäden von Ursachen und Wirkungen, aus denen das Schicksal sein ewiges Kleid webt, geht ihr Interesse nach, sondern an der Person hängt es, an dem, was der Einzelne erlebt und erstrebt, was er leidet und überwindet, was er Großes und Rühmliches zu Stande bringt. Es sym⸗ pathisirt der Knabe nur mit dem, womit er, im Geiste mit erlebend, mit wollend und nacheifernd, sich gleichsam identifiziren kann. Dieser Finger⸗ zeig der Natur weist uns zugleich den

Weg zu einer wahrhaft ethischen Behandlung des Geschichtsunterrichts. Ethisch nämlich nennen wir diejenige Unterweisung, welche an jeden Lehrstoff die Sympathie des Zöglings

mit dem Göttlichen, als dem Guten, Wahren und Schönen, zu

wecken und zu nähren weiß. Man löse den geschichtlichen Stoff in Lebens⸗Beschreibungen der großen Reprasentanten der wichtig⸗

sten Zeitalter und Nationen auf. Von einem bedeutenden Menschen⸗ leben zum anderen durch die Jahrhunderte fort leitet der Lehrer seine jungen

Hörer und sie werden bei einem solchen Lehrgange wie von selbst zu dem

wahren Begriffe der Weltgeschichte gelangen, indem sie dieselbe als ein

planvolles Ganzes, als die von Gott geordnete und geleitete Lebensge⸗ schichte der Menschheit auffassen lernen. Die ganze sittliche Welt: Tugend und Laster in ihren Merkmalen und Ursachen, ihre Entwickelung und För⸗ derung, die erziehende, rettende oder strafende Gottesführung, das innere Getriebe des Seelenlebens, der Innenwelt in ihrem bald bedingten, bald bedingenden Verhältuisse zur äußeren Wirklichkeit, Konflikt der Pflich⸗ ten, Verschulden und Verfehlen, Anfechtung und Bewährung, der Sieg eines ernsten, stätigen Willens Alles trit in der Biographie nicht in abstrakten Lehrsätzen, sondern in konkreter Gestaltung hervor, in welcher der ewige Inhalt des Menschenlebens am sichersten den Weg zum Herzen der Jugend findet, das Gemuth ergreift, die Phantasie mit Bitdern des Höchsten und Besten erfüllt und die Willenskraft zur Nacheiferung be⸗ geistert.“ 8 Wir könnten schwerlich besser klar machen, von welchem Geist und wel⸗ chen Gedanken die vorliegende Darstellung getragen wird, als durch An⸗ führung dieser Worte aus der Vorrede, in welcher sich der Verfasser auch üͤber die mehr materielle Seite seiner Arbeit, die Quellen und Hulfsmittel, näher ausspricht. Treue und Gewissenhaftigkeit in Benußung derselben ge⸗ hoören zu den wesentlichen Vorzugen des Werkchens, dessen vorlie⸗ gender erster Band in drei Büchern die Geschichte von den altesten Zeiten bis zu der Epoche des Peritles und des pelo⸗ ponnesischen Krieges herabsührt. Ein zweiter wird in drei an⸗ deren Buchern die späteren Zeiten bis zu den „letten Griechen“ umfassen. Eine reiche Ausstattung durch eine Menge trefflich gearbeiteter Pylographieen erhoht den Werth des Buches auch in seiner äußeren Erscheinung. Wir wuͤßten keine willkommenere Gahe fuͤr Knaben, welche man durch ange⸗

irgend einen Einfluß ausüben werden. Eines von jenen Gerüchten, welches verbreitet worden ist, um den Cours der Krakau⸗Oberschle⸗ sischen Actien zu drücken, ist die Nachricht, daß das österreichische Gouvernement die Unterhandlungen mit der Direction wegen An⸗ kaufs der Bahn abgebrochen habe. Wir können gerade umgekehrt die vollkommen begründete Mittheilung machen, daß der Kommissa⸗ rius der Direction am 6ten von Breslau nach Wien gegangen, um nach vorhergegangener Korrespondenz das Geschäft unter Vorbe⸗ halt der Genehmigung der Actionaire zu beenden. Diese und Ahnliche nachtheilige Gerüchte beziehen sich fortwaͤh⸗ rend auf solche Actien, worin bedeutende Operationen à la baisse unternommen werden, und es wird nicht schwer sein, die Zwecke zu errathen, die damit erreicht werden Auch von der Friedrich⸗Wilhelms⸗Nordbahn suchte man die Nachricht zu verbreiten, daß die Direction neue Geldmittel be⸗ dürfe, während der jetzt veröffentlichte Geschäfts⸗Bericht nachweist, daß die Gesellschaft nicht nur mit dem Kapital ausreicht, sondern noch einen Ueberschuß von circa 431,000 Rthlr. behalten hat. Un⸗ ter den vorerwähnten Umständen ist leider die seitherige allgemeine Geschäftsthätigkeit an der Börse sehr gelähmt, und ein großer Theil der besonnenen Spekulanten zieht es vor, sich passiv zu verhalten. In den nicht diesem Treiben angehörigen Eisenbahn⸗Actien bleiben die Kapital⸗Anlagen fortwährend beträchtlich und die Course der⸗ selben sind im Steigen. In Betreff der einzelnen Notirungen be⸗ ziehen wir uns diesmal auf die heutigen Schlußcourse, wodurch un⸗ fere Ansicht vom Geschäft am besten begründet sein wird.

Markt⸗Berichte.

Breslau, 8. Dez. Weizen, weißer 42, gelber 38, 44, 50 Sgr.

Roggen 25, 26 ½, 28 Sgr

Gerste 20, 22, 24 Sgr.

Hafer 16, 17, 18 Sgr.

Kleesaat unverändert.

Rapps 106, 108, 111 Sgr.

Rübsen 84, 88, 91 Sgr.

Spiritus 6 Rthlr. Gld

Auch heute veränderte sich unser Getraide⸗Markt nicht, die Kauflust war vielmehr sehr gut.

Rönigliche Schauspiele. Montag, 10. Im Schauspielhause. 204te Abonnements⸗ Beeserlung: König Johann, Trauerspiel in 5 Abtheilungen, von Shakespeare, über ven Schlegel. Die Ouvertüre und Zwischen⸗ Musik ist von G. A. Schneider. Anfang halb 7 Uhr.

Dienstag, 11. Dez. Im Opernhause. 143ste Abonnements⸗ Vorstellung: Das hübsche Mädchen von Gent, großes pantomimisches Ballet in 3 Akten und 9 Bildern, von St. George und Albert. Musik von A. Adam. In Scene gesetzt vom Königlichen Ballet⸗ meister Hoguet. Die neue Decoration des ersten Bildes ist vom Königlichen Derorationsmaler Gerst. Die übrigen neuen Decora⸗ tionen sind von dem Königlichen Decorationsmaler Gropius. (Frl. Lucile Grahn: Beatrix, als Gastrolle.) Vorher: Caprice aus Liebe, Liebe aus Caprice, Lustspiel in 1 Akt, von Feodor Wehl.

48 bis 53 Sgr.,

Anfang 6 Uhr.

1 Königsstädtisches Theater. Montag, 10. Dez. (Italienische Opern⸗Vorstellung.) Don Giovanni. Oper in 2 Akten. Musik von Mozart. (Sga. Claudma Fiorentini: Donna Anna, als Gastrolle.) b Dienstag, 11. Dez. Zum erstenmale wiederholt: oder: Das Stadtviertel des Arsenals

Cardillac,