1849 / 345 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

zenberg gleichzeitig vom Könige von Dänemark erhalten. 8 Dieser Orden ist unstreitig einer der ältesten in Europa, denn er wurde schon im funfzehnten Jahrhundert gestiftet, und erhielt im Jahre 1693 neue Statuten von Christian V. Er bildet eine einzige Klasse, und außer einigen der jetzt regierenden Monarchen giebt es nur sehr wenige hohe Staatsmänner, die damit ausgezeichnet sind.

Der Gemeinderath hat in seiner letzten Sitzung den Beschluß gefaßt, daß Wien mit seinen 34 Vorstädten kunftig nur eine Ge⸗ meinde bilden soll. Die Eintheilung in Bezirksgemeinden wird auf Grundlage der zu gewärtigenden Eintheilung in stadthauptmann⸗ schaftliche Bezirke erfolgen. Die wiener Stadt⸗Gemeinde beab⸗ sichtigt, zur Deckung der ungewöhnlichen Ausgaben im Laufe der beiden verflossenen Jahre eine Anleihe zu kontrahiren. 8

Der Soldatenfreund meldet: „Die den jetzigen Verhält⸗ nissen angemessenen Reductionen in der Armee haben vorläufig zu bestehen in der Auflösung der drei. steyerischen, der zwei wiener Freiwilligen⸗Bataillone, des Weldenschen Schützen⸗Corps und des ruthenischen Schützen⸗Bataillons, der Reserve⸗Bataillone bei allen 88 Regimentern aus den militairisch konskribirten Provinzen, der Depots⸗Compagnieen der Jäger⸗Bataillone, der Reserve⸗Escadrons der Kürassiere, Dragoner, Chevauxlegers und Ulanen; sämmtlicher Landwehr⸗Artillerie⸗Compagnieen; in der Herabsetzung der Festungs⸗ Artillerie auf drei Compagnieen; Auflösung des Banderial Husaren⸗ Regiments, zweier Feld⸗Compagnieen des Pionier⸗, Mineur⸗ und Sappeur⸗Corps und der Verminderung des Locostandes bei den Land⸗ wehr⸗Bataillonen, mit Ausnahme der galizischen Regimenter. Den ihrem Eide treu gebliebenen italienischen Soldaten, welche sich bei der Armee in Ilalien befanden, werden zwei Jahre, und jenen, welche während der Wirren außerhalb Italien dislozirt waren, ein Jahr von der eingegangenen Capitulation als Belohnung nachgesehen. Die Mannschaft der Freiwilligen⸗Bataillone, welche die Entlassung nachsucht, erhält eine einmonatliche Löhnung; diejenigen, welche fortdienen wollen, werden in andere Truppen⸗ Corps einge reiht; die aus dem Civil⸗ und Pensionsstande eingetretenen Offiziere und Stabsparteien treten in die früheren Ver⸗ hältnisse zurück; Erstere erhalten dreimonatliche Gage, Letz⸗ tere ein Superplus auf die Friedensgebühr. Statt der Jäger⸗Depot⸗Compagnieen treten einfache Depots für jedes Feld⸗ jäger⸗Bataillon, eben dort, wo jetzt die Depot⸗Compagnicen stehen, ins Leben und werden zu bestehen haben: aus einem Offizier und 26 Mann vom Oberjäger an; eben so treten an die Stelle der mit dem 31sten d. M. als aufgelöst zu betrachtenden Reserve⸗Eskadro⸗ nen einfache Kavallerie⸗Depots in Wirksamkeit, welche zwei Offi⸗ ziere, 47 Mann, worunter 10 unberittene, zählen; die zu den mo⸗ bilen Armee⸗Corps, wahin das dritte nnd vierte Armee⸗Corps, die zweite und dritte Armee zählen, nicht gehörigen Batterie⸗Bespan⸗ nungen werden auf den Bereitschaftsstand gesetzt. Endlich werden diese eben erwähnten Armee⸗Corps und Armeen auf halbe Mobili⸗ täts⸗Gebühr belassen.“

Der heutige Wanderer sagt: „Die Zusammenziehung einer starken militairischen Macht an der Nord⸗ und Westgränze Böh⸗ mens nimmt unter dem Erzherzoge Albrecht einen klareren Charak⸗ ter an. Nicht nur, daß der kurze Besuch des Erzherzogs in Dres⸗

den scharf betont werden muß, zeigt sich auch aus den immer fester werdenden Gerüchten über den Inhalt des Armeebefehls an den Erzherzog, daß man sich zum nächsten Frühjahre auf jeden Fall gegen etwaige Bewegungen rüsten will.“

Bayern. München, 11. Dez. (Nürnb. Korresp.) Auf der Tages⸗Ordnung der heutigen Sitzung der zweiten Kam⸗ mer stand die Fortsetzung der Berathung über den Gesetzentwurf, die staatsbürgerlichen, und bürgerlichen Rechte der israelitischen Glaubensgenossen betreffend.

Dr. Maypr, Stadtgerichts⸗Direktor zu Landshut, ergreift ge⸗ gen die Emancipation das Wort. Cr entwirft im Verlauf einer längeren Rede ein abstoßendes Bild von der Zudringlichkeit der Juden, die sich der Christ nie aneignen könne, und empfiehlt im Wesentlichen die Modification des Abgeordneten Fink, die er jedoch präziser gefaßt wünscht und zu diesem Behufe eine Untermo⸗ dification einbringt. Fordrnan: Nicht die Stimmung seiner Wähler, sondern seine innere Ueberzeugung leite ihn bei seinem Votum. Er spreche deshalb für den Gesetzentwurf, der jedoch be⸗ denklich ausdehnbar erscheine, weshalb er eine Modification auf den Tisch des Hauses niederlege. Redner widerlegt nun den Abgeord⸗ neten Sepp und schlägt ihn mit seinen eigenen Worten: diefruͤheren Ver⸗ hältnisse seien nicht gleich den jetzigen. In Spanien seien die Ju⸗ den höher gestellt gewesen, als die Christen, desgleichen in Polen; jetzt sei aber von Gleichstellung, nicht von Ueberstellung derselben die Rede. Es handle sich nun darum, den Staat im Staate, welchen die Juden bilden, aufzuheben; die Juden dürften blos ihrer Religion nach Juden sein, im Uebrigen mußten sie wie andere Staatsbür⸗ ger werden, und stehe ihr Kultus damit theilweise in Widerspruch, so musse derselbe der allgemeinen Burgerpflicht weichen. Ihre vielen Feiertage müßten dezimirt werden, wie sich dies auch die Christen haben gefallen lassen. Die Judenemancipation sei ein Postulat der öffentlichen Meinung, der Humanität und vor Allem der Gleichheit des Gesetzes und vor dem Gesetze. Bei Betrachtung des bisherigen Looses der Israeliten in Bayern findet der Redner indeß, daß es bei weitem nicht so kläglich sei, als man hier habe beweisen wollen. Der Redner zieht nun eine Parallele zwischen der betreffenden Be⸗ stimmung der Grundrechte und dem vorkiegenden Gesetzentwurfe und kommt dadurch zu dem Schluß, daß letzterer zu unbestimmt und vag sei. Die Gemeinden hätten bisher gut beschließen gehabt, die Bestimmungen von oben herab machten diese Beschlüsse alle wieder zu nichte. Er beruft sich auf das Zeugniß aller Anwesenden, wie es mit dem Veto der Gemeinden bestellt sei. Daran habe der häu⸗

ge Wechsel der Referenten Schuld. Unter diesen Umständen sei die Frage wegen des absoluten Veto in jenen Gemeinden, wo bis jetzt keine Juden waren, wohl zu erwägen. Dem Finkschen An⸗ trage könnte er nicht beitreten, übrigens müsse eine Bestimmung für jene Gemeinden getroffen werden, fonst würde man sich der Gefahr aussetzen, daß der Entwurf falle. Man dürfe nicht das christliche Element im Staate aufgeben oder ein anderes nichtchristliches neben dasselbe stellen; den Juden dürfe man also, soweit es sich um das Fundament des Staates handele, keine Rechte einräumen. Solche

Rechte wollten aber auch die Juden gar nicht, sie wollten nur bür⸗

gerliche und staatsbürgerliche. In gewissen Staatsdiensten, welche

als solche Fundamente zu betrachten seien, werde man die Juden

nicht aufnehmen können. Der Schacherhandel solle nach einer be⸗

stimmten Frist aufhören mussen. Der Schmuß⸗ und Viehhandel werde von Christen und Juden betrieben, aber ein Gewerbe solle

man nicht daraus machen dürfen. Die Modification, welche der Redner einbringt, lautet wörtlich: Von Alinea 2 des Art. 2 an soll ein neuer Artikel des Inhalts folgen: Art. 3. Alle den israelitischen Staatsangehörigen bisher gesetzlich oder übungsweise zugestandenen Ausnahmen und Bevorzugungen, insbesondere bezüglich des Scha⸗ cher⸗ und sonst unregelmäßigen Handels, hören nach Umfluß eines Jahres vom Tage der Publication dieses Gesetzes an auf. Die kirchlichen und Schulverhältnisse der Israeliten, die hierauf Bezug

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habenden gesetzlichen Bestimmungen und deren Wirksamkeit auf die Theilnahme der Juden an dem Staatsdienste werden durch gegen⸗ wärtiges Gesetz nicht berührt. Wunsch: Se. Majestät der König wollen allergnädigst verfügen, daß alle Bescheidungen in Gegen⸗ ständen der Ansässigmachung, der Gewerbsverleihung und Ausübung zünftig sowohl in erster als zweiter Instanz nur auf Grund kolle⸗ gialer Berathung erlassen werden.

Allioli fragt, was der Schaden Israels sei? und beantwortet diese Frage mit Arbeitsscheue der israelitischen Glaubensgenossen aus Handels⸗ und Habsucht. Die Juden seien mit den Christen nicht gleichmäßig belastet, denn sie trügen nicht die nationale Arbeit mit. Er verliest mehrere Schreiben, die ihm aus verlässiger Quelle mitgetheilt worden seien, welche ihn in seiner Meinung bestärken. Kirchgeßner unterbricht den Redner mit dem Bemerken, daß, wenn er solche Sachen hier verlese, er die Autorität nennen müsse, sonst sei dies „Zeug“ von keinem Werthe. Allioli erwiedert, wenn der Herr Minister des Innern ihm dies gestatte, so werde er den Verfasser des eben verlesenen, den Juden ungünstigen Schreibens nennen. Der Kultus⸗Minister erklärt in Abwesenheit des Herrn von Zwehl, daß weder er noch seine Kollegen auf eine solche Apostrophe antworten können. Dompropst Allioli hebt die nach⸗ theiligen Verhältnisse hervor, in welche die Christen zu den Juden kämen, als welche die Geldmacht bildeten, der Alles unterthänig werde. Er wolle übrigens den edlen Isracliten nicht zu nahe tre⸗ ten, sondern er spreche nur des Volkes Stimme aus. Der Red ner versucht sich hierauf in einer Exegese des Talmud, welcher ein sehr gefährliches Werk sei, das traditionell fortlebe. Er führt dann mehrere statistische Belege gegen die Juden an, wie er sagt, „aus guten Quellen.“ Scharpff fragt, was denn das für Quellen seien. Allioli: Ich habe diese Notizen einer Broschüre entnom⸗ men. Scharpff: Wer ist der Verfasser dieser Broschüre? Allioli: Die Broschüre hat keinen Verfasser. (Schallendes, anhaltendes Ge⸗ lächter.) Der Redner stellt nun eine Modification, die er weitläufig motivirt und die er, im Fall das Gesetz nicht fiele, even⸗ tuell statt des Entwurfes beantragt. Er warnt vor Ueber⸗ stützungen, wie sie das Jahr 1848 gebracht habe, ohne welches die heutige Berathung gewiß nicht nothwendig gewesen wäre, und schließt mit wiederholter Empfeh⸗ lung seiner eventuellen Modification, die im Wesentlichen ein ab⸗ solutes Veto der Gemeinden gegen Handelskonzessionen jeder Art der Juden bezweckt, seine zweistündige Rede. Arnheim giebt einige faktische Erörterungen über das Wesen des Talmud und er⸗ klärt, daß die meisten Berufungen und Citate daraus auf Irr⸗ thum beruhten. Der Talmud sei vor 1000 Jahren angelegt und 500 Jahre lang fortgesetzt worden. Es sei jedoch keine Gesetzes⸗ sammlung, sondern enthalte nur Ansichten von Rabbinern, welche als gesetzliche Autorität anzunehmen auch nicht dem orthodoxesten Juden einfalle. Autorität habe der Talmud bloß in Schriftausle⸗ gungen und Ritualien. Es sei ihm befremdend, daß christliche Theologen dem Judenthum aus einzelnen abgerissenen Stellen Vor⸗ würfe machten; man könne dies auch dem Christenthum gegenüber thun. Er erinnere an die Stelle: Haereticis non est servanda üides! Sämmtliche angezogene Talmudstellenseien dem böswilligen, ver⸗ dächtigenden Werke Eisenmenger's entnommen. Allioli fragt den Vorredner, in welchem Kanon die citirte Stelle vorkomme und ob sie wohl eine Glaubenslehre enthalte? Arnheim verweist den Fragesteller auf die Pandekten, wonach der von ihm citirte Satz sogar in die Gesetze aufgenommen worden sei. 8

Kirchgeßner: Was charakterisire den Juden? Seine Abstam⸗ mung und seine Religion. Aus einem dieser Kriterien muüͤßten demnach die Besorgnisse fließen, die man gegen die Emancipation erhebe. In beiden aber seien sie nicht begründet. Die Gerechtigkeit verlange die endliche Befreiung der Juden von der Jahrhunderte lang anhaltenden Unterdrückung. Was die Verhältnisse in Unter⸗ franken betreffe, so verhehlt er nicht, daß bei Vielen die Emanci⸗ pation Mißbilligung finden werde, aber mit der Zeit werde diese schwin⸗ den. In Unterfranken gebe es viele. ackerbautreibende Juden, und es sei üͤberhaupt eine unbegründete Behauptung, daß die Juden ein zum Handel gebornes Volk seien; er erinnere an ihre Geschichte, woraus erhelle, daß sie ein ackerbautreibendes Volk waren und nur durch Unterdruckung und Verfolgung, so wie durch Ausschluß von anderen Beschäftigungen zum Handel gedrängt wurden. Der Red ner bekämpft sämmtliche Modificationen als abermalige Ausnahms⸗ gesebe und empfiehlt lediglich den Regierungs⸗Entwurf. Pfarrer Wolfsteiner behauptet, daß die Juden blos Jerusalem als Heimat anerkennen, und bezweifelt deshalb, daß sie je wahre Bürger eines anderen Staates werden können. Der Gedanke an Menschen⸗Verbruderung hebe auch ihm die Brust, allein der Weg, den man hierzu einschlage, 8 nicht der wahre. Das Christenthum zwar werde durch die Emancipation nicht gefähr det, wohl aber der christliche Staat. Den Staat halten nicht Ba⸗ jonette, nicht gemeinsame Interessen, nicht Handels⸗Verbindungen, sondern etwas Höheres, das Christenthum, zusammen. Der Talmud wolle Verderben der Christenheit, und fordere von seinen Anhängern, auf dieses hinzuwirken. Wenn uübrigens Alles, was gegen die Juden im Volke Nachtheiliges coursire, blos, wie man sage, auf Vorurthei⸗ len beruhe, so erheischten gerarde diese Vorurtheile Schonung und nur allmälige Beseitigung. Die Grundrechte, auf die man sich be⸗ rufe, seien für ihn kein Evangelium. Das sittliche Gefühl der Christen würde durch die unbedingte Emancipation der Juden tief verletzt werden. Dieses Volk sei und bleibe eine Ausnahme unter dem Menschengeschlecht (Gelächter) und solle dies zum Zeugnisse der Wahrheit der christlichen Religion bleiben. Der Redner er⸗ zaͤhlt Geschichten aus den Gerichtskanzleien, die fur die Juden höchst nachtheilig seien, erklärt jedoch, daß man die Juden in, den Orten, wo sie leben, lobe und nur da, wo sie noch nicht seien, fürchte. Seine 1 ½ stündige Rede schließt er mit mehreren lateini⸗ schen Citaten, deren Sinn er dahin verdeutscht, daß eine unbedingte Emancipation den Bock zum Gäriner machen hieße.

Kultus⸗Minister Dr. Ringelmann entwickelt noch einmal den Standpunkt, den die Regierung bei Einbringung dieses Ge⸗ setzes eingenommen. Er schildert die Phasen der Judenfrage seit dem Jahre 1813 und deren rasche Entwicklung durch die gewaltige Zeitbewegung im Jahre 1848. Die Regierung wollte schon in jenem Jahre eine oberste Kirchenbehörde der Juden einsetzen, allein es liefen von beiden bestehenden Parteien, Talmudisten und Neologen, Petitionen dagegen ein. Deshalb unterblieb dies. Die Thronrede im Jahre 1849 versprach die volle Eman⸗ cipation, und das Versprechen müsse gelöst werden. Das neuere deutsche Recht (die Grundrechte) wolle gleichfalls die⸗ selbe. Die Einwendungen, die man gegen die Emancipation ge⸗ macht, ließen sich auf zwei Punkte zurückfüͤhren: 1) die Staats⸗ gefährlichkeit des Talmud und 2) die Handlungsweise der Israeli⸗ ten, welche gleichfalls gefährlich und übervortheilend für die Chri⸗ sten sei. Was den ersten Punkt betreffe, so sei ihm stets von Ju⸗ den versichert worden, daß die Talmudstellen falsch exzerpirt und irrthümlich interpretirt worden seien. Für ihn gelte der Rechtsgrund⸗ satz: Quilibet verborum suorum optimus interpres; und vom Gegentheil sei er noch nicht überzeugt. Wenn aber die Lehren und Grundsätze der Juden wirklich so staatsgefährlich wären, als man

behaupte, so genügten nicht einmal Ausnahmsgesetze, sondern wir würden wieder zur Verfolgung und Vernichtung derselben greifen müssen, und das werde wohl Niemand wollen. Was den Wucher betreffe, so solle man das Beispiel anderer Staaten befolgen, den⸗ selben dem polizeilichen Ressort entziehen und der kriminellen Be handlung unterwerfen; das sei das beste Schutzmittel dagegen. Seine (des Ministers) Erfahrungen sprächen nicht gegen die Ju⸗ den; es gebe gewiß viele, sehr viele edle Menschen unter ihnen. Er beziehe sich auf Runde's deutsches Hrivatrecht, welches die Vor⸗ urtheile gegen die Juden treffend charakterisire. Der Talmud könne unmöglich den Regierungs⸗Entwurf alteriren. Was den zweiten Punkt anlange, so sei es ein großes testimonium paupertatis, das sich 4 ½ Millionen Einwohner 60,000 Juden gegenüber ausstel len, wenn sie die Konkurrenz mit diesen fürchteten und Schutz ge⸗ gen sie verlangten. Die einzelnen Modificationen, welche vorlägen, seien wohl zur Gewährung solchen Schutzes geeignet, allein von einer Emancipation der Juden würden nach ihrer Annahme wohl nicht mehr eine Spur vorhanden sein. Er müsse deshalb die Modificationen Forndran's, Fink's und Allioli's gänzlich verwer fen. Was die Zulassung der Juden zum Staatsdienste betreffe, so müsse er bemerken, daß bis jetzt überhaupt gar kein Gesetz für Ausschließung der Israeliten vom Staatsdienste bestehe, und daß man dieselbe blos aus Ausnahms⸗ Bestimmungen herausdemonstrirt habe. Uebrigens zeich⸗ neten sich die Isracliten, wenn sie sich einer Beschäftigung widmen,

durch Fleiß und Pünktlichkeit aus; es werde deshalb kein Verlust

für den Staat aus ihrer Anstellung entstehen. Die Befürchtungen, die man gegen Uebertragung des Richteramtes an Juden ausge sprochen habe, könne er nicht theilen. Die Juden seien bereits Richter, sie seien Geschorne; werde man nun wohl Männer, die bereits über das Leben ihrer Mitbürger richten dürfen, vom Richterspruche über deren Habe ausschließen wollen? Der Minister erklärt, daß zwar die Regierung den Fall des Gesetzes von der Annahme der Modificationen der Abgeordneten Fink und Allioli nicht abhängig mache, daß dieselben jedoch überfluͤssig seien. Die Regierung so schließt der Minister unter allgemeinem Bravo hat von ihrem Standpunkt das Ihrige gethan, möge die hohe Kammer nun auch ihre Schuldigkeit thun! Die Debatte wird auf morgen vertagt.

In der Kammer der Reichsräthe fand heute die Berathung der Aufnahme einer Anleihe von sieben Millionen Gulden statt.

Freiherr von Lotzbeck verbreitet sich im Allgemeinen über die Finanzlage Bayerns und insbesondere über die Mittel, die vor⸗ handenen Schulden zu tilgen. Graf Seinsheim freut sich, daß der Referent die Finanzlage Bayerns eine tröstliche genannt, er stimmt für das Anlehen; der Redner ist nicht gewillt, der unbe dingten Befriedigung der Forderungen für die Centralgewalt entge⸗ genzutreten, doch soll dieses nur für die Vergangenheit gelten, für die Zukunft sollen die Kammern Bayerns auch gehört werden; nach seiner Ansicht hat man in Frankfurt etwas leichtfertig gewirthschaf tet und insbesondere die Defensionsgelder nicht gehörig verwendet. Graf Reigersberg: Der bayerische Staatskredit ist ein einhei⸗ mischer, die Staatsschuld ist in fester Hand; deswegen ist der bay⸗ rische Finanzzustand ein glücklicher zu nennen. In Zeiten der Noth hat Bayern immer Geld erhalten, und warum? Weil man nicht spielte, weder mit den Obligationen noch mit den Gläubigern. Die Eisenbahnanlehen sind keine Schuld zu nennen, denn wenn alle Eisenbahnen fertig sein werden, so wird sich jenes Kapital reichlich rentiren. Wie der Stand der Staats Schuldentilgung jetzt ist, so ist Aussicht vorhanden, auch die alten Staatsgläubiger zu befriedi⸗ gen. Graf Arco⸗Valley: Die hohe Kammer mache heute die Be⸗

kanntschaft einer neuen Errungenschaft, denn die Revolutionen seien theuer; das sehe man in Frankreich. Den in dem Referate ent haltenen Grundsatz, daß die Matrikular Beiträge keiner Genehmi gung der bayerischen Kammern bedürften, könne er gleichfalls nicht billigen; wenigstens für die Zukunft gehe das nicht an. Uebrigens wäre es wünschenswerth, zu erfahren, wie es denn mit der Flotte stehe; besser wäre es, die Gelder, die für dieselbe bestimmt, in Bayern für Magazine ꝛc. zu verwenden. Die für die Armee verlangte Summe bewilligt der Redner mit Freuden; er hofft, daß bald wieder für die Armee Geld verlangt werde, denn eine gute Armee sei heut zutage die Hauptsache. von Niethammer: Zur Beruhigung des Herrn Vorredners könne er versichern, daß im kommenden ordentli⸗ chen und außerordentlichen Budget noch 5 Millionen mehr für die Armee verlangt seien. Der Grundsatz bezüglich der Matri⸗ kular⸗Beiträge sei aus dem Bundesrecht vollkommen gerechtfertigt. Fürst Wrede: Besser wäre es, wenn die Regierung noch mehr verlangt hätte, denn um die Armee, wie sie zur Wahrung der Na⸗ tionalehre und Unabhängigkeit Bayerns nothwendig sei, erhalten zu können, brauche man disponible Fonds. Finanz⸗Minister Aschen⸗ brenner: Es sind die Mittel gegeben, die Armee nicht allein zu unterhalten, soͤndern auch nöthigenfalls zu verstärken, um so mehr, als ja vas Budget hierfür die nöthigen Positionen enthalten wird. zudem werden über den Winter Beurlaubungen in der Armee eintreten können. Freiherr von Zu⸗Rhein: In einer Zeit, wo man keinen Augenblick vor einer Katastrophe sicher sei, sei es nicht gerathen, die Armee zu vermindern, vielmehr sei sie zu vermehren. Jetzt aber, da das Budget noch nicht zur Berathung gekommen, ja als eine Daumenschraube des Ministeriums weit hinaus geschoben sei, erscheine es nicht räthlich, die Regierung ohne Fonds für die Armee zu lassen. Minister Aschenbrenner: Die Armee sei nicht ver— mindert, sondern nur ein Theil davon beurlaubt; brauche üͤbrigens die Regierung im Augenblicke der Gefahr Geld, so werde sie gewiß alsbald die Kammern um den nöthigen Kredit angehen. Freiherr von Zu⸗Rhein kann sich damit nicht zufrieden geben 8 denn die Sorge für die Armee und deren Kompletterhaleung gehe Allem vor. Freiherr von Gumppenberg. (General⸗Lieutenant): Er be⸗ vauere, daß der Kriegs⸗Minister nicht anwesend sei, um die gen Aufschlüsse zu ertheilen; allerdings sei eine Beurlaubung P gut; ferner fehle es an der nöthigen Bewaffnung und rung. In gleichem Sinne spricht der erste Präsident: 1 ach⸗ dem noch Minister Aschenbrenner sich sur die Modificationen der Kammer der Abgeordneten erklärt hat, wird der Gesetz einstimmig angenommen, so daß also über das Anlehen L Beschluß erzielt ist. Es folgte darauf die Berathung über den Gesetz⸗Entwurf, die Ausübung der Jagd betreffend.

Baden. Karlsruhe, 12. Dez. (Karlsr. Ztg.) Das Regierungsblatt enthält folgende jandesherrliche öö „Leopold, von Gottes Gnaden, Großherzog von Baden, Herzog von Zähringen. Nach Anhörung Unseres, Staats⸗ Ministeriums haben Wir zum Vollzug der §S. 7, 9 und 37 des Gesetzes über die Wahlen zum deutschen Parlament beschlossen, das Großherzogthun in die in der Anlage bezeichneten, der Seelenzahl nach einander beiläufig gleichkommenden Wahlbezirke einzutheilen, die beigesetzten Wahlorte zu bestimmen, und die daselbst aufgeführten Staatsbeat ten zu landesherrlichen Wahlkommissarien und deren Stellvertretern zu ernennen.

Unser Ministerium des Innern ist mit dem weiteren Vollzuge

beauftragt.

Verfahren billigend, orientirt werden dürfte, indem dem Ausschusse mehrere Mittheilun⸗ gen noch zugegangen wären, daß, falls über das Ende des Jah⸗

Dann wurde ein Ausschuß zur Prüfung eines Militair Gesetzes erwählt.

Gegeben zu Karlsruhe in Unserem Staats⸗Ministerium, den

7. Dezember 1849.

Leopold. von Marschall.“

Schleswig⸗Holstein. Kiel, 13. Dez. (H. C.) Die heutige Sitzung der Landes⸗Versammlung wurde von dem Vice⸗ Präsidenten Dr. Balemann mit folgenden Worten eröffnet: „Sie sehen, meine Herren, statt Ihres Präsidenten, den ersten Vice⸗ Präsidenten den Vorsitz einnehmen. Hierüber habe ich Ihnen zu⸗ nächst Auskunft zu geben. Erlauben Sie mir, daß ich Ihnen fol⸗ gendes Schreiben des Präsidenten mittheile.“ Es wird ein Schrei⸗ ben Bargum's verlesen, worin derselbe mittheilt, daß die Ansetzung

zur Einkommensteuer seine Gegenwart in Altona noch längere Zeit

erfordere. Er bitte um Bewilligung eines 14tägigen Urlaubs. Die Versammlung bewilligt ihn. „Ihr Vertrauen hat Ihre Wahl ge⸗

eitet, ich habe es für meine Pflicht angesehen, den Posten anzuneh⸗

men; ich werde mich bemühen, so weit es in meinen Kräften steht,

Ihnen die Abwesenheit Ihres Präsidenten weniger fühlbar zu ma⸗ chen. Dabei bitte ich unter allen Fällen anzunehmen, daß ich Un⸗ parteilichkeit und Gerechtigkeit üben werde.“ Ein zweites Schreiben des Präsidenten giebt an, warum er auf heute die Versammlung be⸗ rufen; es lautet: „Der Beschluß der Landes⸗ Versammlung vom 8. November d. J. verpflichtete mich, in der zweiten Woche des Dezember den Tag zu bestimmen, an welchem die Versammlung wieder Sitzung halten sollte. Weil der 1. Dezember auf einen Sonnabend siel, die zweite Kalenderwoche im Dezember daher streng genommen schon mit dem 8ten zu Ende ging, mußte ich es in Er⸗ wägung nehmen, ob ich verpflichtet sei, vor dem 9. Dezember eine Sitzung anzusetzen, da aber nach mir gewordenen Mittheilungen der Finanz⸗Ausschuß und der zur Prüfung des Budgets erwählte Ausschuß ihre Arbeiten so früh nicht vollenden konnten, so hielt ich mich um so mehr befugt, dem Beschlusse die Deutung zu geben, daß unter einer Woche ein Zeitabschnitt von 7 Tagen zu verstehen, mithin die Ansetzung der nächsten Sitzung zwischen dem 7. und 14. Dezember, als in der zweiten Woche dieses Monats, meine Pflicht sei. Da ich in der Sitzung nicht erscheinen kann, habe ich geglaubt, die Gründe meines Verfahrens schriftlich der Versammlung ange⸗ ben zu müssen.“ 1

Die Versammlung theilte sich dann in sieben Sectionen, zu vorbereitender Prüsung des Budgets im verflossenen Jahr. Der Departements⸗Chef für die Finanzen bemerkte, dieses weil die Versammlung darurch am besten

res hinaus die Prüfung dauern sollte, er dann die Verlängerung der Steuern auf Grundlage der früheren Ausätze beantragen werde. 1 . Pensions bes ern Abgeordneter Malmros bemerkte, daß der Ausschuß seinen Bericht über den Entwurf des Militair⸗Straf⸗ Kodexr morgen mündlich vorlegen werde.

Bremen. Bremen, 13. Dez. (Wes. Ztg.) In der

heutigen Sitzung der Bürgerschaft wurde ein Antrag der Finanz⸗

Deputation, daß, wie bisher, so auch künftighin alle Kapitale von veräußerten Staatsgütern bis zu 100,000 Rthlr., so wie das durch die Reduction der Zinsen ersparte halbe Prozent für die nächsten 10 Jahre dem Staatsschulden⸗Tilgungsfonds zugewiesen bleiben mögen“, ohne längere Debatte angenommen. Sodann wurde auf einen Antrag des Senats die Prolongation des Armen⸗Instituts auch für 1850 beschlossen.

Es folgte nun der Bericht der Deputation wegen Einrichtung von Geschwornengerichten, zunächst für Preß⸗ und politische Ver⸗ gehen. Herr Richter Focke, Mitglied der zur Revision der Gesetz⸗ Entwürfe niedergesetzten Kommission, motivirte zunächst in längerer Rede den Antrag, die Berathung über die Geschworenen⸗Gerichte auf unbestimmte Zeit auszusetzen; bei dem Parteiwesen, wie es jetzt in Bremen existire, könne man sich nicht der Hoffnung hingeben, daß das allerdings treffliche Institut der Geschworenen⸗Gerichte dem Staate und allen seinen Bürgern wahrhaft heilbringend sein und die nöthigen Garantieen für eine unparteiische gute Gerechts⸗ pflege gewähren werde. Herr Richter Donandt: Obgleich ihm der Antrag des Herrn Richter Focke gänzlich neu sei, so müsse er den Bedenken, welche denselben hervorgerufen haben, doch volle Ge⸗ rechtigkeit widerfahren lassen, ja, er theile sie in vieler Hinsicht und habe schon vor einem Jahre, als zuerst in der Bürgerschaft ein Antrag auf Niedersetzung einer Deputation zur Entwerfung eines Gesetzes über Geschworenen⸗Gerichte eingebracht wurde, geäußert, wie es ihm ein gro⸗ ßes Wagstück scheine, das Institut der Geschworenen allein für den bremischen Staat einführen zu wollen; wenn es irgend möglich, muͤßte man mit den beiden Schwesterstädten in Unterhandlung treten wegen gemeinsamer Einführung von Geschworenen, damit man sich ohne Rückhalt der Hoffnung hingeben könne, ein unparteiisches Ge richt zu bekommen. Die Herren Wischmann, Dr. Water⸗ meyer und Emil Meyer waren anderer Meinung: gerade das Geschworenengericht, dessen Trefflichkeit sich neuerdings bei dem Wal⸗ deckschen Prozeß wieder bewährt habe, werde das Rechtsbewußtsein im Volke wecken nnd stärken; der Eid, den die Geschworenen leisten, werde nicht minder heilig gehalten werden, als der Amtseid der rechtsgelehrten Richter; im Vertrauen, auf den allgemeinen Rechts⸗ sinn koͤnne man getrost an das Werk gehen, dessen endlichen Angriff die öffentliche Meinung gebieterisch fordere. Mit groͤßer Mehr⸗ heit beschloß die Bürgerschaft sofortige Berathung des Gesetzes. Ein Hauptpunkt desselben, nämlich die Frage, ob die Geschäfte der Anklage⸗Kammer dem Untersuchungsgericht zugleich übertragen werden könnten, fand auch heute nach einer längeren, vorzugsweise von den rechtsgelehrten Mitgliedern der Bürgerschaft geführten Diskussion in der Weise seine Erledigung, daß der von der Kom⸗ mission aus praktischen Rücksichten, da es Fälle geben könne, in welchen das vorhandene Richter⸗Personal nicht ausreichen würde und wo dann zu dem bedenklichen Auskunftsmittel der Herbeiziehung von kaufmännischen, nicht rechtsgelehrten Richtern gegriffen werden müsse, gemachter Vorschlag, die Geschäfte der Anklage⸗Kammer dem Untersuchungsgericht zu übertragen, angenommen wurde.

Man brach hier in der Diskussion über die Geschworenen⸗ gerichte ab und ging zu dem dringlichen Bericht der Deputation wegen Stempel⸗Abgabe auf politische Zeitungen über. Nur dar über traf die Bürgerschaft heute eine Entscheidung, daß die von der Deputation gemachten Vorschläge nicht unbedingt annehmbar wären: es wurde nämlich auf Antrag des Herrn E. Meyer eine Kommission niedergesetzt, welche dieselben in möglichst kurzer Frist Blätter wurde ihr ebenfalls zur Berücksichtigung überwiesen.

Hamburg. Hamburg, 13. Dez. (H. C.) Die erbge⸗ sessene Bürgerschaft hat in ihrer heutigen Sitzung auf die ihr zu⸗ gegangenen Vorschläge des Senats folgende Beschlüsse gefaßt:

Erbgesessene Bürgerschaft genehmigt angetragenermaßen die Ratifi⸗

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zirung des Beitritts Hamburgs zu der am 30. September d. J. zu Wien unterzeichneten Vereinbarung über die Einsetzung einer neuen interimistischen Centralgewalt für Deutschland; die fernere Bewilligung des Zolles; die Prolongation der Accise⸗Ab⸗ gabe; die Prolongation der Stempel ⸗Abgabe; die Prolon⸗ gation der sogenannten kombinirten Abgaben; die Prolonga⸗ tion des Vertrags wegen Anschlusses der hamburgischen Enklaven an den Zoll⸗Verein des Herzogthums Holstein und des Fürsten⸗ thums Lübeck; die Abänderungen und Zusätze zu der am 25. Juni d. J. beschlossenen Verordnung über eine Abgabe von Zeitungs⸗ Inseraten; die Potestivirung Verordneter löblicher Kämmerei zur Anschaffung interimistischer Geldmittel zum Belauf von 300,000 Mark Banko auf 6 Monate; die Abänderung des Wahlgesetzes für Offiziere und Unteroffiziere des Bürger⸗Militairs, so wie des §. 15 2. des Gesetzes vom 6. Dezember 1848.

Ausland.

Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 12. Dezember. Fortsetzung der Diskussion des Gefetz⸗Projekts über die Getränksteuer. Herr Pradié spricht gegen den Gesetz Entwurf. Er erklärt sich gegen die Au einandersetzung der Gründe des Finanz⸗Ministers und wundert sich über die Brandmarkung, die der Minister gewissen Doktrinen anheften wolle, die doch nur die Proportionalität der Steuern anstrebten. Noch mehrere Redner sprechen für und gegen. Die Constituante wird von einigen nicht sehr mild behandelt. Herr Bastard mweist die Ungesetzlichkeit und Unbilligkeit der Getränksteuer nach. „Im Departement Ain“, sagt er, „kostet ein Stück Wein im Großhandel 11 Fr., im Detail 41 Fr. Die Steuern sind nur gerecht, wenn sie proportionell sind.“ Der Redner giebt der Lage der französischen Finanzen wegen die Nothwendigkeit der Steuer zu, greift jedoch die ganze Steuerein richtung Frankreichs an. Die Steuer müsse eine direkte sein, die Produzirung müsse ungehindert bleiben. Herr Montalembert wird morgen die Fortsetzung der Debatte eröffnen.

Paris, 12. Dez. Der Moniteur enthält heute das Gesetz über die Naturalisation und den Aufenthalt der Fremden in Frank⸗ reich. Es lautet: „Im Namen des französischen Volkes. Die ge⸗ setzgebende National⸗Versammlung hat folgendes Gesetz angenom⸗ men: Art. 1. Der Präsident der Republik entscheidet über die Na⸗ turalisationsgesuche. Die Naturalisation kann nur bewilligt wer⸗ den, nachdem die Regierung über die Moralität des Fremden eine Untersuchung angestellt und nachdem der Staatsrath ein günstiges Gutachten abgegeben. Der Fremde muß außerdem folgenden bei⸗ den Bedingungen genügen: 1) Er muß nach vollendetem 25sten Jahre die Erlaubniß erhalten haben, sich in Frankreich niederzulassen (Art. 13 des Civil⸗Gesetzbuchs.) 2) Er muß seit dieser Erlaubniß zehn Jahre hindurch in Frankreich gewohnt haben. Der naturalisirte Fremde genießt das Recht der Wählbarkeit zur National⸗Versammlung nur durch ein besonderes Gesetz. Art. 2. Die Frist von zehn Jahren kann jedoch auf eine einjährige reduzirt werden, wenn der Fremde Frankreich bedeutende Dienste geleistet, oder wenn er eine Industrie oder nützliche Erfindungen, bedeutende Talente ins Land gerufen oder große Etablissements gegründet hat. Art. 3. So lange die Naturalisation nicht ausgesprochen ist, kann die dem Fremden er theilte Erlaubniß, sich in Frankreich niederzulassen, durch eine Ent scheidung der Regierung, welche die Meinung des Staats⸗Raths eingeholt haben muß, zurückgenommen oder modifizirt wer⸗ den. Art. 4. Die Bestimmungen des Gesetzes von 1814, die Bewohner der Departements betreffend, die mit Frankreich vereint wurden, können in Zukunft nicht mehr angewendet werden. Art. 5. Die vorhergehenden Bestimmungen thun den Rechten der Wähl barkeit zur Nationalversammlung, welche die vor der Bekannt machung dieses Gesetzes naturalisirten Fremden erlangt haben, keinen Abbruch. Art. 6. Der Fremde, der vor der Bekanntmachung dieses Gesetzes, die vom Art. 3 der Constitution vom Jahre VIII. die vorgeschriebene Erklärung abgegeben hat, kann nach einem Aufenthalt von 10 Jahren die Naturalisation auf die im Art 1 vorgeschriebenen Weise erhalten. Art. 7. Der Minister des Innern kann auf polizeilichem Wege jedem Fremden, der in Frankreich reist oder sich aufhält, den Befehl zu⸗ kommen lassen, das französische Gebiet unmittelbar zu verlassen. Er kann ihn auch über die Gränze bringen lassen. Der Minister hat dasselbe Recht in Betreff eines Fremden, der die Erlaubniß erhal⸗ ten, sich in Frankreich niederzulassen, aber die Maßregel verliert nach einer Frist von zwei Monaten ihre Kraft, wenn die Autori⸗ sation nicht nach der im Art. 3 angezeigten Form zurückgenommen worden. In den Gränz⸗Departements hat der Präfekt dasselbe Recht in Bezug auf die Fremden, die daselbst nicht ansässig sind, unter der Verpflichtung, dem Minister des Innern unmittelbar einen Bericht abzustatten. Art. 8. Jeder Fremde, der sich der Ausfuh rung dieses Gesetzes und den Maßregeln, die das peinliche Ge setz buch (Art. 272) vorschreibt, entzieht, oder der, nachdem er Frankreich in Folge dieser Maßregeln verlassen hat, dorthin ohne Erlaubniß der Regierung zurückgekehrt ist, wird vor das Tribunal geladen und mit ein⸗ bis sechsmonatlicher Gefäng⸗ nißhaft bestraft. Nach der Abbüßung dieser Strafe wird er an die Gränze gebracht. Art. 9. Die in diesem Gesetze ausgesprochenen Strafen können den Bestimmungen des Art. 463 des peinlichen Gesetzbuches nach gemildert werden. Beschlossen in öffentlicher Sitzung, Paris, 13. und 25. November und 3. Dezember 1849. Der Präsident und die Secretaire. Dupin, Arnaud, Chapet, La⸗ caze, Peupin, Heeckeren, Berard. Das gegenwärtige Gesetz soll veröffentlicht und mit dem Staatssiegel gestempelt werden. Der Präsident der Republik. Louis Napoleon Bonaparte. Der Groß⸗ siegelbewahre, Justiz⸗Minister Rouher.“

Eine neue Reihe von Ernennungen in der Ehrenlegion oder von Beförderungen in den Graden derselben, 60 an der Zahl, folgt heute den 68 Ernennungen, die gestern veröffentlicht wurden. Die demokratischen Journale finden, daß die Bestimmung, die Er⸗ nennungen müßten mit der Angabe der Gründe begleitet werden, dadurch umgangen werde, daß man im Allgemeinen die Dienstjahre oder sonst eine Thätigkeit angebe. Unter den heutigen Ernennun⸗ gen befinden sich: Francois Arago zum Großoffizier des Ordens der Ehrenlegion; Druyn de Lhuys, früher Gesandter in England, Herr von Rayneval, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtig⸗ ter Minister beim König beider Sicilien, Lucian Murat, außeror⸗ dentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister in Turin, zu Commandeurs der Ehrenlegion.

Berichtigung. Im gestrigen Artikel Paris, S. 2263, Sp. 2, Z. 33 v. o. ist statt: „Berryer, Maire“, zu lesen: Ber⸗ ger, Präfekt, und Z. 72 statt: „sich einigen”“ iejenigen.

Großbritanien und Irland. London, 12. Dez. Heute Mittag wurde im auswärtigen Amte wieder ein Kabinets⸗ Rath gehalten, dem sämmtliche Minister beiwohnten. In Betreff der angeblich bevorstehenden Ministerkrisis bemerkt der Globe Fol⸗ gendes: „In der City sind verschiedene Gerüchte über Differenzen, die im Schoße des Kabinets hinsichtlich der Getraidefrage ausge⸗ brochen sein sollen, in Umlauf gewesen. Dieselben haben mehr Auf⸗ merksamkeit erregt, als sie verdienen. Wir halten sie für durchaus unbegründet.“ Ueber denselben Gegenstand sagt die Morning Post: „In der City ging das Gerücht, Lord John Russell seäi zur Pairswürde erhoben worden, und Sir Robert Peel werde seine Stelle im Hause der Gemeinen einnehmen. Es heißt, der Letztere werde durch diejenige Abtheilung des Kabinets unterstützt, welche das Prinzip der Handelsfreiheit vertritt.“ 8

Am vorigen Freitage ist im Alter von siebenzig Jahren der General⸗Major Sir E. Williams, bekannt durch die ausgezeichnete Rolle, welche er im Halbinsel⸗Kriege gespielt hat, gestorben.

Der Bericht der großen Orangisten⸗Loge in Dublin ist nun endlich

ganz veröffentlicht worden. Die zweite Hälfte enthält eine Dar⸗ stellung des traurigen Ereignisses bei Dolly's Brae und eine Be⸗ leuchtung des von dem Regierungs⸗Kommissar Berwick abgefaßten Berichtes. Den neuesten Nachrichten aus den Vereinigten Staaten zu⸗ folge, welche heute eingegangen sind und bis zum 28. November reichen, hatte sich in den Finanzen der nordamerikanischen Union ein Defizit von 15 bis 20 Millionen Dollars herausgestellt, und man sah einer neuen Anleihe, oder einer Revision des Zolltarifs, oder auch beiden zugleich entgegen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 8. . Laut Kaiserlichen Befehles, ergangen an den dirigirenden Senat, sollen in Zukunft alle etatsmäßig angestellten Erzieher bei dem Kaiserlichen Alerander⸗Lyceum und bei der Kaiserlichen Rechtsschule aus den Militair⸗Offizieren gewählt und ihre Functionen ihnen nach Anordnung des Kurators dieser Anstalten, des Prinzen Peter von Oldenburg, je nachdem einer von den gegenwärtig angestellten Erziehern abgegangen, übertragen werden. Zum Erzieher⸗Amte sind, nach Gutbefinden des Kurators, Offiziere aller Waffengattun⸗ gen wählbar; und die gewählten avanciren in ihren respektiven Regimentern fort, so wie sie auch ihre Uniform beibehalten. Bei der Wahl der Offiziere zu Erziehern ist, neben einer ausgezeichne⸗ ten Bildung und erprobter Sittlichkeit, darauf zu achten, daß sie nicht weniger als 6 Jahre mit Offiziers⸗Range gedient, auch keinen niederern als den Lieutenants⸗ und keinen höheren als den Majors⸗ Rang haben dürfen; wer bei der Beförderung zum Obristlieutenant wieder in den Fronte⸗Dienst zu treten wünscht, soll zum Muster⸗ Regimente kommandirt werden. Die bei dem Alexander⸗Lyceum und der Rechtsschule dem Erzieher⸗Amte vorstehenden Offiziere sol len in Bezug auf Gehalt und Pension völlig gleichgestellt werden den mit ähnlichen Obliegenheiten bei den Militair⸗Lehr⸗Anstalten angestellten Offizieren.

Italien. Livorno, 5. Dez. (Ql,) Der neue österreichische Stadt⸗ Kommandant veröffentlicht heute eine Bekanntmachung, in welcher er die Hoffnung ausdrückt, daß die Amnestirten, welche nun wieder ins Vaterland zurückkehren, die Ruhe und die öffentliche Ordnung in keiner Weise mehr stören und die Einwohner überhaupt fort⸗ fahren werden, die gesetzliche Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Oesterreicher leben in gutem Einvernehmen mit dem Volke, und man fühlt den Belagerungszustand nicht sehr. Die Kaufleute sind für den morgenden Tag zu einer Sitzung der Bank eingeladen, um über das neue Anlehen zu berathen. 8

Rom, 5. Dez. Das Statuto meldet als bestimmt, der Papst habe seine Rückkehr nach Rom noch hinausgeschoben, mit dem Be⸗ merken, daß dieselbe ihm unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht räthlich erscheine. Der General Baraguay d'Hilliers befindet sich gegenwärtig noch in Portici, wird aber binnen einigen Tagen zurückerwartet. 1

Spanien. Madrid, 6. Dez. (Fr. Bl.) Die Minister haben häufige Sitzungen. Ihre Verhandlungen sind sehr geheim. Die Königin ist gänzlich wiederhergestellt. Man fürchtet, daß die Hoff nungen auf ihre Niederkunft vergeblich sind. Nichtsdestoweniger trifft man alle möglichen Vorsichtsmaßregeln. 1

Fulgencio und Melgoos, die neulich nach vem Sturz des ein tägigen Ministeriums verbannt wurden, sind nach Madrid zurück⸗ gekehrt.

Nach einem Dekret, das in der amtlichen Zeitung veröffentlicht worden, ist es sicher, daß die italienische Expeditions⸗Armee nach Spanien zurückkehrt.

3proz. 30 baar.

Türkei.

Damaskus, 22. Nov. (Lloyd.) Seit dem 1sten I. M. lebt hier einer der magyarischen Flüchtlinge, Namens Mie⸗ rowski, welcher den christlichen Glauben abgeschworen hat,

kischen Heere als Oberst unter dem Namen Mahomet Bey dient und dessen Beschneidung mit großer Feierlichkeit stattfinden wird.

Königliche Schauspiele.

Sonntag 16. Dez. Im Opernhause. Mit aufgehobenem Abonnement: Das hübsche Mädchen von Gent, großes pantomimisches Ballet in 3 Akten und 9 Bildern, von St. George und Albert. Musik von A. Adam. In Scene gesetzt vom Königlichen Ballet⸗ meister Hoguet. (Frl. Lucile Grahn: Beatrix, als Gastrolle.) Vorher: Der Trompeter des Prinzen, komische Oper in 1 Akt, nach dem Französischen des Melesville, von J. C. Grünbaum. Musik von F. Bazin. Anfang 6 Uhr.

Preise der Plätze: Parquet, Tribüne und zweiter Rang 1 Rthlr. Erster Rang, erster Balkon daselbst und Proscenium 1 Rthlr. 10 Sgr. dritter Rang und Balkon daselbst 20 Sgr. Amphitheater 10 Sgr .

Im Schauspielhause. 207te Abonnements⸗Vorstellung: Viel Lärmen um Nichts, Lustspiel in 5 Akten, von Shakespeare, über⸗ setzt von L. Tieck. Anfang halb 7 Uhr.

Montag, 17. Dez. Im Schauspielhause. 208te Abonnements⸗ Vorstellung: Alles für Andere, Original⸗Lustspiel in 1 Akt, von Charl. Birch⸗Pfeiffer. Hierauf, zum erstenmale wiederholt: Yelva, oder: Die Stumme, Schauspiel in 2 Akten, nach dem Französischen, von Th. Hell. Musik von Reissiger. (Frl. Lucile Grahn: Yelva, als Gastrolle.) Und: La Tarantella Napolitana, italienischer E11““ ausgeführt von Frl. Lucile Grahn. Anfang halb 7 UIb

Dienstag, 18. Dez. Im Opernhause. 145ste Abonnements⸗ Vorstellung. Am Geburtstage Carl Maria von Weber's: Jubel⸗ Ouvertüre von C. M. von Weber. Hierauf: Prolog von L. Rell⸗ stab, gesprochen von Frau Hoppé. Und: Oberon, König der Elfen, romantische Feen⸗Oper in 3 Abth., nach dem Englischen des J. R. Planché, für die deutsche Bühne bearbeitet von Th. Hell. Musik