dem Gesammt⸗Ministerium behauptete fortwährende Existenz der Kammer der Standesherren. Berichterstatter: Reyscher⸗ Die Kommission stellt den Antrag: Die zu Revision der Landes⸗Verfas⸗ sung einberufene Versammlung von Volksvertretern möge der Kö niglichen Staats⸗Regierung in einer besonders zu entwerfenden Adresse erklären: 1) die durch die Verfassung von 1819 festge⸗ setzte Landesvertretung ist nach den angeführten Gesetzesbestim⸗ mungen für immer aufgehoben; 2) die nach dem Gesetze vom 1. Juli gewählte, beziehungsweise im Falle der Auflösung nach demselben Gesetze zu erne uernde Landesversammlung ist die einzige Vertretung des Landes, bis durch Verabschiedung zwischen der Re⸗ gierung und der Landesversammlung eine neue Landesvertretung zu Stande gekommen sein wird; 3) ein Ministerium, welches un⸗ ternehmen sollte, gegen die klaren Bestimmungen der Grundrechte und des einen Theil des württembergischen Verfassungsrechtes bil⸗ denden Gesetzes vom 1. Juli d. J. zu handeln, würde eines offen⸗ baren Verfassungs⸗ und Gesetzesbruches sich schuldig machen.
Der Präsident erklärt, es sei ein Gegenantrag des Abge⸗ ordneten Kapff eingebracht worden, des Inhalts, daß die vorlie⸗ gende Streitsache dem Staatsgerichtshof zur schiedsrichterlichen Entscheidung vorgelegt werden solle. 8
Nachdem der Berichterstatter Reyscher den Kommissions⸗
bericht entwickelt und ausgeführt hatte, daß die Worte des Gesetzes klar seien, daß die gegenwärtige Versammlung an die Stelle der früheren Landesversammlung getreten sei, und daß letztere für alle Zeiten aufgehört habe, indem ein Recht, das einmal erloschen sei, nicht wieder auflebe, da die Todten nicht wieder auferstehen, erhob sich Minister von Schlayer: Das Ministerium ist in seiner Er⸗ klärung vollkommen in seinem Rechte. Zunächst ist es ein Miß⸗ verständniß, wenn man glauben sollte, das Ministerium wolle je wieder die füher bestandene Kammer der Standesherren aufleben lassen. Davon ist aber ganz unabhängig, ob die erste Kammer zu den Todten gehöre, sind ja Mitglieder dieser Kammer, selbst der Präsident, in den Ausschuß gerufen worden. Wir haben die voll⸗ kommene Ueberzeugung, daß diese Versammlung nur eine transto⸗ rische ist, wir sind hierbei ganz in Uebereinstimmung mit nnseren Vorgängern im Amte, in Uebereinstimmung insbesondere mit dem als ganz gewissenhaft bekannien Staatsrath Duvernoyv. (Der De⸗ partementschef beweist dies durch einen Vortrag des Staatsraths Duvernoy, worin gesagt ist, wenn das Werk der verfassungberathen⸗ den Versammlung scheitern sollte, so bleibe von Rechts wegen das Frühere bestehen, dies gelte nicht blos von einzelnen Theilen, sondern von der ganzen Verfassung. Ferner durch Ver⸗ lesung eines Gutachtens des Königl. Geheimenraths, wonach Se. Majestät die Sanction des Wahlgesetzes ertheilt hat.) Es darf dieses Gesetz in keinem anderen Sinne ausge⸗ legt werden, als dasselbe in das Bewußtsein des Staats⸗Oberhaupts gekommen ist. Es ist nicht nöthig, auf die Einwendung, daß bei einem Gesetze zuerst die Worte entscheiden, irgend etwas zu sagen; die klaren Noten entscheiden hier. Es genügt hieran vorerst. Wenn nicht, so werde ich aus den ständischen Akten selbst die Rechtmäßig keit meiner Ueberzeugung darlegen. Ich habe erst seit gestern die Entdeckung gemacht, daß der Fall einer Auflösung von einem Mit⸗ glied der vorigen Kammer zur Sprache gebracht worden ist, man ist aber mit einem unbegreiflichen Stillschweigen darüber wegge⸗ gangen. Steaatsrath von Wüchter⸗Spittler: Ich habe auf un⸗ schuldige Weise gestern den Streit veranlaßt; ich hätte einfach sagen können: „als Mitglied der ersten Kammer.“ Jene Aeußerung ist rein zufällig geschehen; der Streit ist unpraktisch. Es ist nicht die Absicht der Regierung, die Standesherren⸗Kammer wieder einzuberufen wie früher. Der Satz steht in den Grund⸗ rechten, daß die Standesvorrechte abgeschafft sind; sie zu halten hat die Regierung ihre Absicht durch Vorlage der Verfassungs⸗Reviston gezeigt. Ich will mich nun nicht in weite Deductionen einlassen, wo Thatsachen sprechen. Ich begnüge mich, zwei anzuführen. Wenn Sie glauben, es sei d pandie Grundrechte die Kammer der Stan⸗ desherren aufgehoben, so frage ich, wie kam es, daß dieselbe nach dem 17. Januar 1849, und zwar noch bis zu Ende Juni, fort⸗ während in Wirksamkeit war? Wie kommt es ferner, daß am Schlusse des letzten Landtags eine Ausschußwahl vorgenommen, in welche zwei Mitglieder der ersten Kammer, der Graf von Rech⸗ berg und der Fürst vnn Wolfegg, gewählt wurden? Es scheint mir, wenn man uns einen Gesetzesbruch vorwirft, so würde die⸗ sen Bruch eben so gut jene Versammlung durch die Ausschußwahl begangen haben.
Reyscher: Durch die Grundrechte unmittelbar wurde die Kammer der Standesherren nicht aufgehoben. Nachdem aber das Gesetz vom 1. Juli verabschiedet ist, ist diese Frage unnütz gewor⸗ den. Wenn ich sagte, die Kammer der Standesherren habe sich selbst aufgelöst, ehe der Landtag beendet worden, so erinnern Sie sich, daß die Kammer der Standesherren stch aufgelöst hat in Folge der Ereignisse im Nachbarlande. Jene Kammer ist auseinanderge⸗ gangen und hat der zweiten Kammer ihre Pflichten allein hinter⸗ lassen; sie hätte damals die Bedenken geltend machen sollen, welche man jetzt geltend macht. Was die Ausschußwahl betrifft, so muß⸗ ten in denselben auch Mitglieder der Kammer der Stan⸗ desherren berufen werden, weil der Ausschuß ja die frü⸗ here Volksvertretung repräsentirte. Jetzt mit Eintritt die⸗ ser Versammlung hat natürlich der Ausschuß aufgehört. Uebrigens sind die Mitglieder, welche wir wählten, gar nicht eingetreten. Staatsrath von Wächter: Die erste Kammer hat vorausgesehen, daß sie nicht fortbestehen werde. Der Grund ihres Auseinander⸗ gehens ist übrigens Krankheit einzelner Mitglieder, wodurch sie un⸗ vollzählig wurde. Ich acceptire übrigens Reyschers Ausspruch, daß * G Kammer rechtlich bestehe. Reyscher: Der Departements⸗ Chef hat mich mißverstanden, ich sagte nicht, die Kammer bestehe jetzt, sondern sie habe damals bestanden.
„Seeger, welcher mit Mack und Huck den Entowurf der feier⸗ * “ g trug hierauf die Verhandlungen, welche .2 selbst über 8 be. Kommission der vorigen Kammer, als habe der Abgeordnete Hzber ane Neltge unen haben, vor. Danach zu halten sei, wenn die fonstituire 1“; gebracht, wie es Regierung über das Verf “ Versammlung sich mit der ae vee. das Verfassungswerk nicht einige, wenn die Ver sammlung vertagt oder aufgeloͤst werde. Der Berich st Se ger und Holzinger äußerten sich da als S,reSe Jene den Bestimmungen der alten P amals ausdrücklich dahin, daß nach sammengesetzt werde ten Verfassung nie wieder Kammern zu⸗ Anneen edr, neen., nnen. Was die von dem Minister des Innern vorgetragenen Aktenstücke betrifft, so b fe. Erklärung des Gesetzes nicht, de etrifft, so brauche man diese zur anz flar und deutlich, daß die miedieses sei, wie es verkündigt ist, ganz itlich, daß die jetzige Versammlung 8 be. der nach den Vorschriften der Verfaß ammlung an die Stelle d, Ne sasn⸗ Snn. er Verfaßsungs⸗Urkunde zusammengesetzte Stände⸗Versammlung trete. Wenn si 1nb⸗ Fe. hbsch in dem Fortbe⸗ stehen des Ausschusses die erste Kammer ümwei 2 114141“ noch theilweise erhal⸗ ten habe, so sei dieselbe jedenfalls mit dem Momente d Zusammentritts dieser Versammlung vollends beseitigt “ 64
Minister von Herdegen: Mir scheint der Streit des 8. stern ganz zufälliger Weise sich entsponnen hat, nicht praktisch zu ei einigen wir uns über die Vorlagen, welche wir gemacht ha
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ben, behalten Sie sich ihre Ansicht vor, wir wollen uns die unsrige auch reserviren. Wir haben so viele Aktualitäten zu besorgen, daß wir die Eventualitäten bei Seite lassen sollten. Sattler spricht gegen den Entwurf, der ihm zu mild ist. Das Ministerium, sagt er, hat den Eid verstümmelt, es behauptet die Gültigkeit der ersten Kammer: Wir haben jetzt das Wort, und wir wollen sprechen, so lange es praktisch ist. Ich habe in der Kommission vorgeschla⸗ gen, die Versammlang möge Sr. Königlichen Majestät er⸗ klären, daß wir aus logischen, rechtlichen und moralischen Grün⸗ den nicht mehr mit einem Ministerium verhandeln können, welches so wenig Scheue vor dem Gesetze zeigt, oder eine solche geistige Organisation zeigt, daß es noch mit seiner Ansicht im Rechte zu sein glaubt, das die eklatantesten Beweise gegeben hat, daß, wie in der Thronrede gesagt, die allgemeinste Verwir⸗ rung der Begriffe herrscht. Ich bin der gleichen Ansicht noch, will aber meinen Antrag nicht stellen, sondern mich mit dem Entwurf vereinigen, weil es im Interesse des ganzen Landes liegt, eine mög⸗ lichst einmüthige Mißbilligung des Verfahrens der Minister zu ge⸗ ben. (Die Gallerien rufen Bravo, Schoder verweist es.)
van Herdegen: Der Redner hat in einer Weise über das Ministerium abgeurtheilt, zu der ich eine einzelne Person für nicht befngt halte. Ich lege keinen Werth auf seine Bemerkungen, die ich zurückweise. Uebrigens, wenn der Redner von Auflö⸗ sung spricht, so bemerke ich, daß es der Regierung nie einge⸗ fallen ist, den Artikel 20 von der Auflösung und Neuwahl zu bestreiten. Deshalb ist der Fall unpraktisch. Staatsrath von Hön⸗ lein: Ich schließe mich dem, was der Herr Finanz⸗Minister so eben ausgesprochen hat, an. Lassen wir solche Streitigkeiten über staatsrechkliche Fragen bei Seite. Als wir diese Versammlung ein⸗ beriefen, hatten wir die redlichsten Absichten, Ihnen nur Vorlagen zu machen, welche den Zeitverhältnissen und den Grundrechten ge⸗ mäß sind. Murschel: Es ist unsere Pflicht, unsere Ansicht aus⸗ zusprechen, nachdem einmal der Streit ausgebrochen ist. Ich möchte lieber als Mitglied dieser Versammlung, denn als „Erhibent“ spre⸗ chen. Die aufgelöste Ständeversammlung hat stets in einem Aus⸗ schuß fartgelebt, bis die neue Versammlung kam. Ich bin mit der feierlichen Verwahrung einverstanden; und wünsche nur, daß auch die Königlichen Geheimeraths⸗Reskripte vom 14. Juli und 28. Juli vorgelegt würden. welche darthun, daß die Sache damals nach al⸗ len Seiten reiflich überlegt wurde.
Präsident: Es ist ein Antrag von Pfitzer eingelaufen, welcher verlangt, daß der dritte Absatz des Kommissions⸗An⸗ trages weggelassen werde. Schnitzer: Daß die Sache blos eine formelle Seite habe und jetzt nicht von praktischer Bedeutung sein soll, ändert in meiner Ansicht gar nichts. Das Gesetz sagt deutlich, daß die jetzige Versammlung alle Rechte der ständischen Vertretung erhalte. Der Redner geht nun des Weiteren auf die Berathungen der früheren Stände⸗Versammlung zurück und drückt sein Bedauern aus, daß die Regierung an Gesetz und Verfassung rüttle. Minister von Schlayer: Ich bin heute noch der Mei⸗ nung, daß die damaligen ständischen Berathungen über die Sache zu schnell hinweggegangen sind; erxplicite ist die hochwichtige Sache nicht verhandelt worden, man kann so bedeutende Bestimmungen nicht nur so ohnehin in einer Sitzung streichen. Es wäre gar nicht möglich gewesen, eine so hochwichtige Frage in einer Sitzung abzumachen. Wir berathen schon eine ganze Woche an einer Adresse auf eine Eröffnungsrede, von der man gesagt hat, sie sei inhaltsleer, aber die Abänderung des ludwigsburger Vertrages sollte man in einer Stunde vornehmen können! Die Geheimeraths⸗Akten sind deshalb von Bedeutung, weil die Stände die Verfassung nicht allein machen. Es ist nachgewiesen, daß der hier behauptete Sinn durchaus nicht zum Bewußtsein des Staatsoberhauptes gebracht worden ist, eben so wenig, wie er zum Bewußtsein des Volkes gekommen ist. Was auch in diesem Saale verhandelt worden wäre, das ist gleich, denn die Gesetze werden nicht von den Ständen gemacht. Die Män⸗ ner vom 28. Oktober lassen sich nicht abschrecken durch Miß⸗ trauensvoten, durch Aeußerungen des Verdachts über ihre geistige Organisation, durch welche nicht zur Würde die⸗ ser Versammlung gesprochen worden ö“ glaube nicht, daß die Würde dieser Versammlung durch jene Aecuße⸗ rung eines Abgeordneten beeinträchtigt worden ist, sonst würde ich eingeschritten sein. Auch haben einzelne der Herren Departements⸗ Chefs durch ihre Erwiederung darauf sselbst schon sich entgegen gestellt.
Römer: Die gestrige Aeußerung des Ministers des Innern hat zu dem Verdachte Anlaß gegeben, daß die vorigen Minister Se. Königliche Majestät durch unlautere Mittel zur Sanction des Gesetzes vom 1. Juli d. J. gebracht haben. Einige gute Freunde von mir haben — wie mir gesagt worden diese Aeußerung des Ministers des Innern vorzugsweise auf mich brzo⸗ gen. Ich muß bemerken, daß ich über diesen Gegenstand mit Sr. Königlichen Majestät nie verkehrt habe. Als das Gutachten im Geheime Rathe berathen wurde, war ich nicht anwesend, ich bin erst eingetreten, als ein Gegenstand in Betreff der Finanzen zur Berathung kam. Was die Anbringen vom 12. Oktober betrifft, so war ich, wenn ich mich recht erinnere, zu dieser Zeit mit Urlaub in Frankfurt abwesend. Ich muß also auf die Ehre verzichten, mit dem jetzigen Ministerium einverstanden zu sein. Wenn man sich auch bemüht, mit juridischer Schärfe zu argumenti⸗ ren, daß das Staatsoberhaupt in einem Irrthum sich befunden habe, so ist jedenfalls Thatsache, daß bei der Sanction des Gesetzes vom 1. Juli in dem ergangenen Erlasse keine Vorbehalte eine Stelle gefunden haben. Ich bin der vollkommensten neberzeugung, daß mit dem Zusammentritt dieser Versammlung die früheren Stände aufgehört haben. Es fragt sich, ob das Königthum dadurch, daß man an den Worten des Gesetzes in solcher Weise dreht und deu⸗ telt, mehr gewinnen könnte, als es verliert durch eine etwaige de⸗ mokratische Versammlung. (Vielseitiger Beifall.)
Kapff: Ich protestire gegen die Aeußerungen des Abgeord⸗ neten Sattler, die mir in der Seele wehe gethan haben, die aber hoffentlich die Treue und Anhänglichkeit des Volkes, die es einer christlichen Obrigkeit schuldet, nicht erschüttern werden. Ich handle nach Grundsätzen und frage nicht, ob es nach unten oder nach oben gefällt. So bin ich auch gestern sitzen geblieben, obgleich es schwe rer ist, mit zwei oder drei sitzen zu bleiben, als mit sechszig auf⸗ zustehen. Bei allen Gesetzen gilt die Regel, daß das Alte abgeschafft ist, erst wenn das Neue sanctionirt ist. Das deutsche Reich ist noch nicht da, folglich sind auch die Grundrechte noch nicht abgeschlossen; bis jetzt sind es nur württembergische Grundrechte. Ich bin nur in dem Sinn in diese Versammlung eingetreten, daß die Grundrechte eben so revidirt werden, als die Verfassung. Ich glaube, um über den leidigen Streitpunkt hinwegzugehen, beantragen zu müssen, daß wir auf die Tagesordnung übergehen und den Gegenstand dem Staats⸗ hee überlassen. Ein Bruch der Regierung mit der Ver⸗ ammlung würde nur Unruhe und neues Agitiren bringen, und dieser Schaden wäre größer, als wenn Sie nicht das im Augenblick erlangen, was Sie möchten. Die Achtung des Volkes vor seinen Vertretern ist sehr im Sinken, was schon Rödinger
sagte, und was ich bedaure, sie wi
urch ISept. 1848 haben Ew. Königl Ma
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Ich bitte, daß man es nicht aufs
einen Bruch noch mehr sinken. nicht Mann des Friedens
Aeußerste kommen lasse; ich bin ein 2 und hasse jeden Streit, namentlich den unpraktischen, der das Wohl des Landes nicht herbeiführt. Wir sind es dem Volke schuldig, wir sind es wor Allem Gott schuldig. Auch die Minister bitte ich, einer höheren Entscheidung sich zu unterwer fen, wodurch Niemand weiter von einer Verfassungsverletzung spre⸗ chen könnte. Staatsrath Freiherr von Wächter⸗Spitt ler sagt, er und seine Kollegen würden einer höheren Ent⸗ scheidung, die sie nicht scheuen, gerne sich unterwerfen, aber
der Staats⸗Gerichtshof sei in dieser Sache nicht kompetent. Ferner
bestätigt er als einziges Mitglied, das bei den Verhandlungen im Geheimenrath zur Zeit des Wahlgesetzes zugegen war, das, was und wie Staatsrath Duvernoy damals die Vorlagen machte, eben so daß zu jener Zeit Staatsrath Römer nicht zugegen gewesen sei.
Moritz Mohl: Ich verstehe jetzt, was die Herren Minister wollen. Es ist behauptet worden, die Regierung habe das Recht, wenn sie mit dieser Versammlung eine Vereinbarung nicht zu Stande bringe und auch mit einer zweiten einzuberufenden Ver⸗ sammlung sich nicht vereinigen könne, alsdann die alten Stände, nur mit Ausscheidung der bevorrechteten Mitglieder, einzuberufen. Die praktische Bedeutung hiervon wäre die, daß in der ersten Kam mer diejenigen Mitglieder verbleiben würden, welche die Regierung lebenslänglich als solche eraannt hat. Ob die Herren Minister das Recht der K. Prinzen zum Eintritt in der ersten Kammer als ein Vorrecht ansehen, darüber haben sie sich nicht ausgesprochen. Wie es mit den Prälaten, die nicht von Standes, sondern von Amts wegen Sitz in der Kammer hatten, gehalten werden will, darüber haben sie sich auch nicht ausgesprochen, ich lege indessen keinen Werth darauf. Nun ist so viel richtig, daß auf diese Weise die Regie rung die ganze Verfassungs⸗Revision in der Hand hätte, und daß den Volksvertretern, welche nach dem, dem Reichswahlgesetze nach gebildeten Wahlgesetz erwählt worden sind, jede Mitwirkung hier⸗ bei entzogen wulde. Man hat von dem Bewußtsein des Monar chen als dem obersten Recht gesprochen. Das wäre aber nichts als Absolutismus; dieses Bewußtsein regiert wohl in Rußland, aber nicht bei uns, wo nur die verfassungsmäßig verabschiedeten Gesetze walten. Wenn der Geheimerath bei einem zu promulgirenden Ge⸗ setze Anstände findet, so hat er dieselben geltend zu machen. Die ist bei dem Wahlgesetze nicht geschehen, dieses wurde vielmehr un⸗ bedingt genehmigt. Man kann uns also nicht das Bewußtsein des Monarchen entgegenhalten, von dem kein Wort in der Verfassung steht. Bei uns beruhen die Gesetze auf der Unterschrift und der Verantwortung der Minister; was die Minister mit dem Mo narchen verhandeln, das ist res inter alios acta, das geht uns nichts an. Der Minister des Innern hat weiter gesagt, es sei gleichgültig, was in diesem Saale verhandelt wird, es komme auf das Bewußtsein des Monarchen bei der Sanctionirung der Gesetze a0. Gäbe es aber noch ein Recht, wenn man dieses gelten lassen wollte, Angesichts sanctionirter und verkündigter Gesetze? Kapff hat sich auf einen höheren Richter berufen. Dieser höhere Richter hat bereits entschieden. Die National⸗Versammlung hat. den Weg vor⸗ geschrieben, wie die Verfassungs⸗Revision bewerkstelligt werden soll. Ferner hat der Minister gesagt, der alte Ausschuß sei geblieben, allein wo haͤtte man denn sonst einen Ausschuß herbekommen sollen? Die neue Versammlung war ja noch nicht gewählt. Im Februar d. J. hat die Regierung ihre Unterwerfung unter die National⸗Versammlung aus⸗ gesprochen, sie hat die Grundrechte promulgirt, sie hat die Reichs⸗ verfassung unumwunden anerkannt, sie hat zwar die Voraussetzung beifügen wollen, daß solche auch anderwärts anerkannt werde, al lein man hat diese Voraussetzung nicht anerkannt. Und dieses Al⸗ les hat die Regierung gethan, weil die National⸗Versammlung da⸗ mals Macht hatte. Und jetzt, wo sie keine Macht hat, will man nichts mehr gelten lassen? Ob dies Recht ist, ist eine andere Frage. Recht ist es, wenn einmal Recht und Gewalt gleich bedeutend ist. Zum Schlusse noch einige wohlgemeinte Worte: Es wird bald Nie mand mehr in Deutschland sein, der sich darüber täuscht, daß der Fortbestand der kleineren deutschen Staaten ein ungewisser ist; wenn kleinere deutsche Staaten fortbestehen werden, so müssen sie sich stets fürchten vor der Seylla der Revolution und der Charybdis der Mediatisirung, und diesen können sie nur entgehen, wenn sie festhalten an dem Volk und festhalten an dem, was sie versprochen.
Der Antrag der Kommission 1— 3 und die feierliche Verwah⸗ rung (mit Murschels Zusatz) werden mit 53 Stimmen gegen 0 (Kapff, Kuhn, Pfizer, von Rüpplin, Walser, Bendel) angenommen.
Der oben erwähnte Entwurf einer feierlichen Verwahrung gegen die Erklärungen des Gesammt⸗Ministeriums in der siebenten Sitzung der verfassungberathenden Versammlung:
Ew. Königl. Majestät haben wir Folgendes ehrfurchtsvoll vorzutragen: In der siebenten Sitzung der verfassungrevidirenden Landes versammlung vom 11. Dezember hat der provisorische Vorstand des Departements des Auswärtigen „Staatsrath Freiherr von Wächter Spittler, geäußert: „Der Herr Redner vor mir hat die persönliche Betheiligung von meiner Seite bei den Verhandlungen der ersten Kammer, deren Mitglied ich bin, in die Debatte hereingezogen. Die erste Kammer hat noch nicht aufgehört. Wir sind zwar im Begriffe, eine Revision unseres Staatsgrundgesetzes vorzu⸗ nehmen, bei welcher das, was die Grundrechte promulgirt haben, in Voll⸗ zug gesetzt werden soll. Dieses Werk ist aber bis jetzt noch nicht zu Stande gekommen, und die Folge davon ist die, daß die erste Kammee wie früher noch besteht. Als hiergegen der Abgeordnete Reyscher unter Zustimmung beinahe der ganzen Versammlung und unter Beziehung auf das Gesetz vom 1. Juli 1. J. Verwahrung einlegte, erhob sich der Minister des Innern mit der (oben mitgetheilten) Erklärung. 8
„Wir erblicken in diesen Erklärungen des Gesammt⸗Ministeriums eine Gefaͤhrdung der wichtigsten Rechte und Interessen des Landes, gegen welche wir uns zu feierlicher Verwahrung für verpflichtet erachten. Wir begründen dieses mit Folgendem: Der Art. II. §. 7 der Grundrechte des deutschen Volkes hatte bestimmt: „Vor dem Gesetze gilt kein Unterschied der Stände. Der Adel als Stand ist aufgehoben. Alle Standesvorrechte sind abgeschafft. Der Art. VII. des Einführungsgesetzes vom 27. Dezember 1848 zeichnete den Weg vor, auf welchem die Umänderung der Verfassung im Sinne der Grundrechte zu geschehen hat. Derselbe schreibt vor: Abänderungen der Grundverfassung einzelner deutscher Staaten, welche durch die Abschaffung der Standeevorrechte nothwendig werden, sollen innerhalb sechs Monaten durch die gegenwärtigen Organe der Landes⸗Gesetzgebung nach fol⸗ genden Bestimmungen herbeigesführt werden: 1) die durch die Ver⸗ fassungs⸗Urkunden für den Fall der Verfassungsveränderungen vorge⸗ schriebenen Erschwerungen der Beschlußfassung finden keine Anwendung, viel⸗ mehr ist in den Formen der gewöhnlichen Gesetzgebung zu versahren; 2) wenn in Staaten, wo zwei Kammern bestehen, dieser Weg keine Vereini⸗ gung herbeiführen sollte, so treten diese zusammen, um in einer Versamm⸗ lung durch einfache Stimmenmehrheit die erforderlichen Beschlüsse zu fassen. Uebrigens bleibt es den gegenwärtigen Organen. der Landesgesetzgebungen unbenommen, sich darüber, daß die gedachten Abänderungen durch eine neu zu wählende Landesversammlung vorgenommen werden, zu vereinbaren, für welche Vereinbarung die Bestimmungen unter 1 und 2 gleichfalls maßge bend sind. Sind in der bezeichneten Frist die betreffenden Gesetze nicht er⸗ lassen, so hat die Reichsgewalt die Regierung des einzelnen Staates aufzu⸗ fordern, ungesäumt auf Grundlage des Reichswahlgesetzes eine aus einer einzigen Kammer bestehende Landesversammlung zur Revision der Landes⸗ verfassung und übrigen Gesetzgebung in Uebereinstimmung mit den Beschlüs⸗ sen der Nationakversammlung zu berufen.
Schon in Gemäßheit dieser höchsten Zusage und in der Eröffnungsrede vom 20. der Ständeversammlung die Zusicherun
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ertheilen lassen, daß die Regierung nicht anstehen werde, die Abänderungen unserer Landesverfassung, welche in Folge der Beschlüsse der deutschen Nationalver⸗ sammlung nöthig werden, mit einer nach einem neuen Wahlgesetze einzube⸗ rufenden Ständeversammlung in Ausführung zu bringen, sobald die Be⸗ schlüsse der deutschen Rationalversammlung verkündigt sein werden.
In Uebereinstimmung mit dem von der Kammer der Abgeordneten in ihrer Antwortadresse vom 26. September 1848 einstimmig ausgesprochenen Wunsche wurde von dem Departements⸗Chef des Innern unterm 3. April d. J. der Entwurf eines Wahlgesetzes bei der Kammer der Abgeordneten eingebracht. Dieser Entwurf enthielt folgende Bestimmungen: Art. 1. Zum Zwecke der Verabschiedung derjenigen Abänderungen der zwischen Uns und Unserem Volke abgeschlossenen Verfassung, welche in Folge der Ab⸗ schaffung der Standesvorrechte und anderer Bestimmungender deutschen Reichs⸗ verfassung nothwendig werden, oder sich sonst als zweckmäßig er viesen ha⸗ ben, wird eine Versammlung von Vertretern des Volkes einberufen. Die Zuständigkeit dieser Versammlung beschränkt sich auf die von der Staats⸗ regierung vorgeschlagenen Abänderungen der Verfassung. Art. 2. Wenn vor Feststellung der Abänderungen der Verfassung dringende Staatsgeschäfte zu erledigen sind, bei welchen die Zustimmung des Landtages erforderlich so ist die Regierung befugt, mit Zustimmung des von der bisherigen Kam⸗ mer gewählten größeren Ausschusses, welcher auch während der Verhandlun⸗ gen der verfassungberathenden Versammlung in seinem Wirkungskreise fort⸗ besteht, zu handeln, und es soll diese Zustimmung dieselbe rechtliche Wir⸗ haben, wie wenn sie von der Ständeversammlung ertheilt worden
re.
In den Berathungen der staatsrechtlichen Kommission, an welche der Gesetz⸗Entwurf zur Begutachtung verwiesen wurde, waren es gerade diese beiden Artikel des Entwurfes, welche Anstand fanden, namentlich wurden in Anwesenheit sämmtlichee Departements Chefs die staatsrechtlichen und poli⸗ tischen Bedenken ausführlich erörtert, welche in dem gedruckten Kommissions⸗ Bericht gegen die Beschränkung der Befugnisse der einzuberufenden Ver⸗ sammlung und die fortdauernde Wirlsamkeit der alten ständischen Vertre⸗ tung, beziehungsweise des von ihr eingesetzten und sie vertretenden Aus⸗ schusses, niedergelegt sind: „Indem die neu zu wählende Landes⸗Versamm⸗ lung an die Stelle der bisherigen Landesvertretung tritt, tritt sie zugleich auch nur auf so lange, bis die von ihr zu schaffende neue Landes⸗Vertre⸗ tung in Wirklichkeit getreten ist, in die Befugnisse ein, welche der letzteren bhssht zugestanden sind „ und hört die bisherige Landes ’—⸗ Vertretung auf. Denn es ist etwas staatsrechtlich Undenkbares, daß zwei Landes⸗Vertretun⸗ gen neben einander bestehen, von welchen außerdem wesentliche Bestandtheile der einen auf Standes⸗Vorrechten beruhen, welche durch die Grund⸗ rechte bereits aufgehoben sind. Wir müssen uns deswegen auch aufs Ent⸗ schiedenste gegen die in dem Begleitungs⸗Vortrage aufgestellte Behauptung aussprechen, daß die rechtliche Dauer des von dem gegenwärtigen Landtage zu wählenden Ausschusses bis zur Einsetzung des in Folge der revidirten Verfassung gewählten Landtages fortgehe. Was mußte — heißt es ebendaselbst Spalte 2 — die Folge sein, wenn zwischen der Krone und der die Verfassung berathenden Ver⸗ sammlung eine Vereinbarung über die neue Verfassung nicht zu Stande käme? Die alte Landes⸗Vertretung könnte, was wir bereits oben ausgeführt haben, ohne Verletzung der deutschen Grundrechte nicht wieder zusammenbe⸗ rufen werden, und die Regierung hätte nur die Wahl, eutweder eine Ver⸗ fassung zu octroyiren oder mit dem Schatten eines Scheines von Volksver⸗ tre un fortzuregieren, der ihr in dem ständischen Ausschusse zur Seite stünde. Wir brauchen die Folgen, welche sich hieran knüpfen könnten, nicht hervor⸗ zuheben; es genügt, sie angedeutet zu haben, um die Besorgniß zu rechifer⸗ tigen, daß der vorgeschlagene Weg nicht dahin führt, Verwickelungen und Zerwürfunissen vorzubeugen, sondern eher solche hervorzurufen geeignet ist.“
Auf den Grund dieser Erwägungen, welche der Verichterstatter bei den Berathungen in der Kammer selbst noch mündlich hervorgehoben hat, wur— den von der Kommission die Aenderungen, welche in das unterm 11 Juli d. J. verkündele Gesetz übergegangen sind, vorgeschlagen und von der Kam⸗ mer, ohne daß die anwesend gewesenen Departements⸗Chefs der Justiz und des Innern Einwendungen dagegen erhoben, beschlossen. Der Worllaut des letzteren Gesetzes ist solgender: Artikel 1. „An die Stelle der bishe rigen, nach den Vorschriften des IX. Kapitels der Verfassungs⸗Urkunde vom 25. September 1819 zusammengesetzten Stände⸗Versammlung wird nach den Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes eine Versamm⸗ lung von Vertretern des Volks berufen. Diese Versammlung tritt in das Rechtsverhältniß der bisherigen Stände⸗Versammlung ein, so weit nicht die nachfolgenden Bestimmungen etwas. Anderes festsetzen. Sie hat in Gemäßheit des §. 187 der deutschen Reichsverfassung das Recht des Gesetzvorschlags.“ Art. 2. „Ihre Thätigkeit erstreckt sich zunächst auf Ver⸗ abschiedung derjenigen Abänderungen der Landesverfassung, welche in Folge der Abschaffung der Standesvorrechte und anderer Bestimmungen der deut⸗ schen Reichsverfassung nothwendig werden, oder sich sonst als zweckmäßig erwiesen haben; sodann aber auch auf alle diejenigen Staatsgeschäfte, welche zu dem Wirkungskreise der Ständeversammlung gehören, und welche entweder von der Staatsregierung an sie gebracht, oder welche von der Versammlung selbst durch eine Mehrheit von zwei Drittheilen der anwesen⸗ den Mitglieder für so dringend erklärt werden, daß ihre Erledigung nicht bis auf den unmittelbar nach Abschluß der neuen Verfassung einzuberufen⸗ den ordentlichen Landtag verschoben werden lann. Bis zur Verabschiedung ver neuen Verfassung bleiben die Bestimmungen der Verfassungs⸗Urkunde vom 25. September 1819, so weit sie nicht durch das gegenwärtige Gesetz und nach Maßgabe des Einführungs⸗Gesetzes durch die als Landes⸗Gesetz gel⸗ tenden Grundrechte des deutschen Volkes abgeändertsind, in Kraft.“ Entsprechend diesen Bestimmungen verordnet der Art. 26 weiter: „Im Falle der Auflösung der Versammlung wird längstens binnen drei Monaten eine neue Versamm⸗ lung nach den Vorschriften dieses Gesetzes einberufen.
Sowohl die Entstehungsgeschichte als die klaren Worte dieser Bestim⸗ mungen schließen jeden Zweifel darüber aus, daß von einem Fortbestehen der Kammer der Standesherren keine Rede mehr sein kann, daß überpaupt die Landesvertretung, wie fie nach den Vorschriften des 9üen Kapitels der Verfassungs⸗Urkunde vom Jahre 1819 bestanden hat, durch das Gesetz vom 1. Juli d. J. aufgehoben ist, und daß die durch dieses Gesetz begründete Landesvertretung in so lange die einzig zu Recht bestehende ist, bis durch Verabschiedung mit ihr die neue Landes⸗Verfassung und somit auch die neue Form der Volksvertretung festgestellt sein wird. Wir sprechen es als unsere seste Ueberzeugung aus, daß ein Ministerium, welches gegen die klaren Bestimmungen der Grundrechte und des einen Theil des wuürttembergischen Verfassungsrechts bildenden Gesetzes vom 1. Juli zu handeln unternehmen sollte, sich eines offenbaren Verfassungs⸗ und Gesetzes⸗ bruchs schuldig machen würde, und bitten Ew. Königlichen Majestät, uns eine Erklärung ertheilen zu lassen, welche dem in seinen wichtigsten Rechten und Interessen gefährdeten Lande vollständige Beruhigung gewährt. Ehr⸗ furchtsvollst Ew. Königlichen Maäjestät treugehorsamste verfassungrevidirende Landes⸗Versammlung.
Stuttgart, 14. Dez. Der Schwäb. Merk. enthält in seinem heutigen Blatte folgende Erklärung des Ministers Wächter:
„Die Art, wie in dem heutigen Blatte des Schwäb. Merk. des Vor⸗ falles in der gestrigen Sitzung der Landesversammlung gedacht ist, läßt den Anschein gewinnen, als ob ich den unpraktischen Streit, der sich erhoben, gesucht hätte. Dies war keineswegs der Fall. Ob Herr Süskind den Ausdruck „gewesene Kammer der Standesherren“ gebraucht hat, wie in dem Berichte des Merkurs enthalten ist, weiß ich nicht. Jedenfalls habe ich ihn überhört. Es waren daher die Worte, welcher ich mich in meiner Erwiederung bediente: „die erste Kammer, deren Mitglied ich bin“ ohne alle Beziehung auf jenen Ausdruck und rein zufällig. Ich hätte eben so gut sagen können: „als Mitglied der ersten Kammer“ und würde auch wohl so gesagt haben, wenn ich den Sturm hätte voraussehen können, welchen jene unschuldigen Worte erregt haben. Indeß haben die Herren von der linken Seite mir ihr „gewesen bin“ in so vernehmlicher Weise zu gerufen, daß ich nothwendig darauf anworten mußte. Ich that dies mit der Logik schon des gemeinen Lebens: daß, was man abzuschaffen erst im Begriffe ist, (zum mindesten rechtlich) noch be⸗ steht. Daß aber die Kammer der Standesherren nicht, wie behauptet werden will, schon durch die Grundrechte abgeschafft sei, geht, schon aus der einfachen Thatsache hervor, daß diese Kammer seit dem 17. Januar 1849 (dem Tage, an welchem die Grund⸗ rechte in Württemberg in Wirksamkeit. getreten sind) bis Ende Juni wirk⸗ lich versammelt war, und daß die Kammer der Abgeordneten, so wie Re⸗
gierung, mit ihr bis zu dem Augenblick, wo sie wegen Unvollzähligkeit ih Sitzungen einstellen mußte, mit ihr fortwährend verpandelt pa. Lüch hat
das Einführungs⸗Gese zu den Grundrechten die Standes⸗Vorrechte noch
nicht unmittelbar abgeschafft, sondern ausdrücklich zu denjenigen Punkten gezählt, welche erst durch die Landes⸗Gesetzgebung ius Leben tre⸗ ten sollen. Daß hieran auch das Wahlgesetz vom 1. Juli 1849 Artikel 2 Absatz 2 nichts geändert, daß vielmehr auch dieses Gesetz, der etwas zwei⸗ deutigen Fassung in der angeführten Stelle ungeachtet, nicht von jenem Ge⸗ setze der Logik sich entfernt habe, getraut sich die Regiernng, wenn es er⸗ forderlich werden sollte, aus den Verhandlungen der Kammer der Abgeord⸗ neten, aus den Verhandlungen des Geheimen Rathes und aus dem Sinne in welchem die Königliche Sanction ertheilt worden ist, nachzuweisen. Zwarwird sie sich dadurch der Verdächtigung aussetzen, zu der auch jener Vorgang in der gestrigen Sitzung wird benutzt werden, als wolle sie die Kammer der Stan⸗ desherren beibehalten oder, wie man sich ausdrückt, „wieder ein⸗ führen.“ Indeß muß sich jeder Mensch von gesunden fünf Sinnen aus den Vorlagen der Regierung über die künftige Verfassung überzeugen, daß die Regierung dieses nicht will, und eben darum habe ich oben den sich erhobenen Streit einen unpraktischen genannt. 1—
Der Chef der Departements des Kultus und des Auswärtigen: Wächt v —.-— 11“
MBusland.
Großbritanien und Irland. London, 14. Dez. Nach Zeitungen vom Cap, die bis zum 20. Oktober reichen, um acht Tage weiter, als die zuletzt erhaltenen, herrschte, trotz einiger bereits früher erwähnten Excesse, die aber sehr vereinzelt dastehen, im Allgemeinen in der Capstadt vollkommene Ruhe. Da⸗ bei gab sich aber fortwährend der unerschütterliche Entschluß der Kolonisten, sich der Einführung von Sträflingen zu widersetzen, aufs entschiedenste kund. Auf dem Lande zeigte sich diese Stim⸗ mung eben so unverkennbar, wie in der Stadt. In dem gewöhn⸗ lichen täglichen Handelsverkehr ergab sich keine merkliche Störung und die Läden waren nur zum Theil geschlossen; doch zeigen die Einkünfte des letzten Vierteljahres allerdings Symptome einer Stockung der Geschäfte. Die Blätter veröffentlichen ein in der jüdischen Synagoge der Capstadt verlesenes Gebcet, welches den Himmel um Abwendung der durch den Aufenthalt von Sträflingen in der Kolonie drohenden Gefahren anfleht. 8
Hier in London wurde vorgestern unter Vorsitz des Herzogs von Richmond eine Versammlung der Gesellschaft zum Schutze des Ackerbaues und der britischen Industrie gehalten, in welcher der Bericht des General-Comité's der Gesellschaft verlesen wurde. Der— gleichen Versammlungen drängen sich seit einiger Zeit fast noch mehr, als die ihrer Gegner, welche der Fahne Cobden’s und Bright's folgen. Die Times nennt dieses Verlangen der Grund⸗ besitzer und Pächter nach Schutzzöllen einen Anspruch an die öffent⸗ liche Mildthätigkeit und ein Betteln um Almosen.
Nußland und Polen. St. Petersburg, 9. Dez. Der Großfürst Thronfolger hat als Ober⸗Chef der Militair⸗Lehranstalten folgenden Tagesbefehl erlassen: „St. Petersburg, den 19. Novem
ber 1849. Unter den Papieren des in Gott ruhenden Großfürsten Michael Pawlowitsch befand sich nachstehendes, von Sr. Kaiserlichen Hoheit eigenhändig geschriebenes, für die Militair⸗Lehranstalten werth⸗ volles Dokument: „„Abschiedsworte an Meine Kinder in den Mi⸗ litair⸗Lehranstalten. Kinder, ich wende mich an euch, indem ich euch zum Dienste entlasse, nicht als euer Chef, sondern als cuer euch in⸗ nig liebender Vater, der euch seit eurer Jugend überwachte und sich über eure Fortschritte und allmälige Entwickelung freute. Jetzt tretet ihr ein in das Leben, in die militairische Laufbahn; ich nehme von euch Abschied, höret meinen Rath: Gottes seid stets ein⸗
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gedenk; vergeßt eure Aeltern nicht, denen ihr euer Dasein ver⸗ dankt. Erinnert euch immer, daß ihr euer moralisches Sein Sr. Majestät dem Kaiser und seinen beständigen Wohlthaten ver⸗ dankt. Er sorgte für euch seit eurer Kindheit: er zog euch auf und, versah euch endlich mit Allem für euren neuen Wir⸗ kungskreis Nöthigen. Wie könnt ihr anders euch so großer Wohlthaten würdig zeigen, als dadurch, daß ihr euch für seinen Dienst opfert, überall, wo es nöthig ist. Vergesset nicht, daß in Rußland, in unserem glorreichen Rußland, die heiligen Na⸗ men Kaiser und Vaterland unzertrennlich sind: in dieser Unzer⸗ trennlichkeit liegt unsere Kraft, vor welcher unsere Feinde immer zurückweichen und der Aufruhr keinen Raum gewinnen wird. Der Kriegsdienst, dieser edelste Dienst, bietet euch für die Zukunft so viel Ruhm, als Beglückendes für eine edle Seele der Ruhm des Schlachtfeldes hat; und wenn es unser Loos ist, auf demselben zu fallen, so bleibt die Erinnerung, die den Gefallenen um⸗ schwebt. Besteht aber nur darin allein der Ruhm des Soldaten? Wie achtungswürdig sind nicht seine Selbstaufopferung zu jeder Stunde, seine Ausdauer und seine Geduld in Mühen, die er ohne Murren und ohne zu ermatten trägt. Ein guter Offizier muß vor Allem seinen Chefs gehorchen und streng auf die Erfüllung ihrer Be⸗ sehle schen. Dieser Gehorsam muß aufrichtig und unbedingt sein. Vergesset nie, daß die wahre Ehre des Soldaten in einer guten Führung besteht, und darum fliehet jede Lockung und erinnert euch ver Worte des Erlösers: Führe uns nicht in Versuchung. Folgt Kinder diesen Lehren eines Freundes; seid versichert, daß, nah' oder fern, er euch immer mit seinem Auge folgen wird. In allen euren Bedürfnissen, oder wenn euch ein guter Rath fehlt, wendet ench an ihn, als an einen sicheren Hort. Lebet wohl! möge euch Gottes Segen begleiten und zu großen Thaten stärken. Das Gebet zu Gott und der Dienst für den Kaiser gehen nie verloren.““ In Folge des Allerhöchsten Befehls Sr. Majestät des Kaisers bringe ich dieses zur allgemeinen Kenntniß der Militair⸗Lehran⸗ stalten und schreibe vor: Jedem der Zöglinge ein Exemplar dieses Tagesbefehls zu übergeben. Mögen sie begreifen, wie groß die Liebe ihres erhabenen Vaters für sie war; mögen sie alle ihre Kräfte anstrengen, um sich dieser Lehren, die ihr hochherziger un⸗ vergeßlicher Wohlthäter an sie richtet, würdig zu zeigen. (Unter⸗ zeichnet) General⸗Adjutant Alexander.“ 3
b Italien. Rom, 7. Dez. (Lloyd.) Der französische Vice⸗ Admiral Baudin ist hier von Neapel angekommen. Bis gestern hieß es allgemein als bestimmt, daß der Papst morgen hier ein⸗ treffen werde. Dies Gerücht ward durch einen Artikel in dem als das Organ des gaetaer Hofes geltenden Tempo veranlaßt. Man sprach ferner von einer Adresse der französischen Bischöfe, welche den Papst durch den General Baraguay d'Hilliers auf die Gefah⸗ ren ausmerksam machten, welche der Religion durch die Nichtrück⸗ kehr des heiligen Vaters nach seiner Residenz drohen. Heute fin⸗ den diese Nachrichten jedoch keinen Glauben, und an ihre Stelle werden wohl recht bald wieder andere eben so ungegründete Ge⸗ rüchte auftauchen. General Rostolan hat beim Abschiede vom Papst, der ihn überaus freundlich aufnahm, nebst dem Großkreuze des heiligen Spornes eine herrliche Kamee mit dem Bildnisse des Papstes erhalten. Auch die ihm beigegebenen Offiziere Soitoux, Andrieu und Sancy erhielten päpstliche Decorationen. General Rostolan, welcher sich am 2ten d. in Civitavecchia einschiffte, erhielt auch von dem dortigen Prolegaten im Namen der Munizipal⸗Kom⸗ mission von Rom eine reiche chalcographische Sammlung zum Andenken.
Königlich baperische konzessionirte pfälzische Ludwigs-Bahn.
Betriebs⸗ Ergebn isse
im Monat November 1849.
Personen⸗Transport inklusive der Nebenerträgnisse.
Statione u.
Güter⸗Transport.
Kohlen⸗Transport Summa
der
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Centner.
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480 45 389 80901
10282
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Total
163543 40262 40
187483. 08
798 Centner Güter. Kohlen. er. Taxen