rufen werden, und ist der Ansicht, daß, weil dieser Fall hier nicht
vorliege, die Eingabe Schaarschmidt's nur als eine Petition zu be trachten und als solche dem vierten Ausschuß zuzuweisen sein werde. Um jedoch die Angelegenheit zu beschleunigen, schlägt der Präsident der Kammer vor, das Direktorium zu ermächtigen, sich un⸗ erwartet des Ausschuß⸗Gutachtens von der Regierung Aus⸗ kunft über den Stand der Sache zu erbitten. Die Kam⸗ mer trat diesem Vorschlage bei und genehmigte auf An⸗ trag des Abgeordneten Hähnel, daß das Direktorium die von der Regierung erhaltene Auskunft dem Petenten, „damit derselbe nicht länger in Ungewißheit bleibe“, sofort mittheile. Unter mehreren untergeordneten Gegenständen war auch eine Anfrage aus Ober⸗ oderwitz eingegangen, warum der dort zum Abgeordneten gewählte Stadtrath Hensel in Zittau nicht einberufen und auch keine Nach⸗ wahl für denselben angeordnet worden sei; es wurde beschlossen, von der Staats⸗Regierung Mittheilung hierüber zu erbitten. Nach⸗ dem die Kammer sodann auf Vortrag des Abgeordneten Funkhänel noch die definitive Zulassung des bis jetzt provisorisch zugelassenen Abgeordneten Eckhardt (30ste Bezirk) ausgesprochen hatte, ging die⸗ selbe zur Tagesordnung über.
Diese begann mit der Berathung eines Berichts des ersten Ausschusses, betreffend einen Gesetz⸗Entwurf zur Entscheidung eines über §. 231 des Hypotheken⸗Gesetzes vom 6. November 1843 entstandenen Zweifels. Dieser Gegenstand ist bereits in der ersten Kammer berathen worden und der Ausschuß der zweiten Kammer (Referent Abgeordneter Müller aus Neusalza) stellt den Antrag, dem Beschlusse der ersten Kammer vollständig beizutre⸗ ten. Eine eigentliche Debatte über diesen Gegenstand fand nicht statt. Der Abgeordnete Dr. Schwarze rechtfertigte nur die bis⸗ herigen hier einschlagenden Ansichten des Ober⸗Appellationsgerichts und gab durch eine Stelle seiner Rede dem Abgeordneten Hähnel Veranlassung, dagegen Verwahrung einzulegen, als hätten in Be⸗ zug auf das Hypothekenwesen die Gerichtsverwalter der Patrimo⸗ nialgerichte als Bevollmächtigte der Gerichtsherren gehandelt. Fer⸗ ner brachte der Abgeordnete Richter nach sehr ausfuhrlicher Be⸗ gründung folgenden Antrag ein: „Die zweite Kammer wolle im Verein mit der ersten bei der Staatsregierung sich dahin verwen⸗ den: daß in allen zwischen dem Staatsfiskus und verpflichteten Grundstuͤcksbesitzern anhängigen Rechtsstreitigkeiten gegen dieje nigen Erkenntnisse, in Folge deren der Staatsfiskus auf Grund des von dem Königlichen Ober⸗Appellationsgerichte bekannt ge⸗ machten Rechtssatzes vom 28. Dezember 1847 von der nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen ihm obliegenden Beweislast befreit und diese auf die betreffenden Grundstücksbesitzer übertragen wor⸗ den ist, auf Antrag der Letzteren Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ertheilt werde.“
Nachdem der Antragsteller sich der Ansicht des Präsidenten angeschlossen hatte, diesen Antrag als einen selbstständigen zu be⸗ trachten und ihn dem vierten Ausschuß zur Begutachtung zuzuwei⸗
sen, trat die Kammer hinsichtlich des Gesetz⸗Entwurfs, den über
§. 231 des Hypotheken⸗Gesetzes entstandenen Zweifel betreffend,
einstimmig dem Beschlusse der ersten Kammer bei und genehmigte sodann zugleich die hierüber abgefaßte Landtagsschrift.
Die Kammer schritt nun zur Berathung des Ausschuß⸗Berichts über den von den Abgeordneten Koch und 14 Genossen eingebrach⸗ ten Antrag auf ein an den König zu richtendes Begnadigungs⸗ Gesuch zu Gunsten der am Mai⸗Aufstande in Dresden betheiligten Personen. Wie in der zweiten Kammer der eingebrachte Antrag über diesen Gegenstand mit dem in der ersten Kammer eingen gangenen vollkommen übereinstimmt, so ist dies auch mit dem Resultate des Ausschuß⸗Berichts der Fall, denn es lautet wörtlich so, wie jenes des Ausschusses der ersten Kammer. Auch in der zweiten Kammer geht der ursprüngliche Antrag nur dahin, den König zu ersuchen, von dem ihm zuständigen Begna⸗ digungsrechte in vokliegendem Falle den moͤglichst ausgedehnten Gebrauch zu machen, aber auch hier interpretirte der Ausschuß⸗ bericht (Referent Abgeordneter Dr. Wagner aus Dresden) die⸗ sen Antrag sofort dahin, daß damit gemeint sei: der König möge ersucht werden, den am Mai⸗Aufstande Betheiligten, „so weit
nur immer die nothwendige Aufrechthaltung des Gesetzes es zulasse“, Amnestie zu ertheilen. Die Motivirung des Aus⸗
schuß⸗Antrages ist von jener in dem Berichte der ersten Kammer niedergelegten wenig abweichend; nur darin findet eine Verschie⸗ denheit statt, daß der Ausschuß der zweiten Kammer für seine Ansichten Fiévée als Gewährsmann herbeigezogen hat, während sich jener der ersten Kammer auf Montesquieu stüͤtzte. Auch hebt der diesseitige Bericht etwas mehr hervor, daß der Ausschuß keine all⸗
ggemeine Amnestie beantrage, „denn die Kammern sind nicht in der Lage, zu beurtheilen, inwieweit eine Verbreitung hochverrätherischer Unternehmungen vorliegt und welchen Antheil die einzelnen Ange⸗ schuldigten an den schweren Verbrechen, die begangen worden sind, genommen haben; sie können nicht eine Befreiung von Strafe da
begehren, wo durch dieselbe in Wahrheit die Sicherheit des Staats und die Herrschaft des Gesetzes bedroht werden würde; sie sind, mit einem Worte, kein Gerichtshof.“ Aus diesen Gründen kommt der Ausschuß sodann zu demselben Schlußantrage, wie ihn die erste Kammer formulirt hat.
Nachdem der Referent, Abg. Dr. Wagner, den Ausschußbericht vorgetragen und demselben noch einige Erläuterung beigefügt hatte, ergriff Staats⸗Minister Dr. Zschinsky das Wort: Aus dem
Berichte des Ausschusses gehe hervor, daß die Staats⸗Regie⸗ rung das, was von den Abgeordneten Koch und Genossen bean tragt worden, bereits vor längerer Zeit zu thun beschlossen und auszuführen begonnen habe. Es stünden die ausgedehntesten
Begnadigungen in Aussicht und Hunderte von Mai⸗Angekla ten seien bereits begnadigt und völlig straflos entlassen. Diese Begna⸗
digung solle jedvoch nur erst nach geführter Untersuchung eintreten, weil sich lediglich erst dann beurtheilen lasse, welcher Grad von
Schuld vorhanden sei, „und ob die Angeschulrigten wirklich unter vessenizn Klassen gehören, denen Begnadigung zu Theil werden so 8 oder ob ihnen sonst mildernde Umstände zur Seite ständen. Ausschuß wünsche jedoch nicht dergleichen Begnadigungen, son⸗
8 dern Amnestie, zwar nicht eine allgemeine Amnestie, wohl aber eine Amnestie in möglichster Ausdehnung. Kategorieen für die zu Amnestirenden seien in dem Berichte nicht aufgestellt, es sei dies auch schwierig, ja, wenn man über die in den Erlassen des Justiz⸗ Ministeriums an die Appellationsgerichte bezeichneten Personen hin⸗ “ he grich; es werde daher eine beschränkte
Fhtas. 8 Mussicht waen umfassen, als die von der Re⸗ Minister geht deentst. 88 h1X“ CC
11A““ 8 einer Kritik des Ausschußberich⸗ 5 Rellcht sage, daß eine offenbare Ungleich heit darin liege, „daß ein großer Theil der von harter Straf Heimgesuchten oder Bedrohten durch Unterlassung des Versuchs, sich derselben zu entziehen, mag sie auch nicht immer aus einem reinen Bewußtsein oder aus Erwartung eines milden Urtheils sich erklären lassen, in eine schlimmere Lage gebracht ist, als Viele, die, mit dem gegründeten Verdacht weit schwererer Schuld beladen, durch die Flucht dem Arm der Gerechtigkeit sich unerreichbar gemacht haben.“ Die Zahl der Geflüchteten stehe aber mit der Zahl der Zurückgebliebe⸗
neu in keinem Verhältniß. Auch sei nirgends ausgesprochen, daß die Fllüchtlinge, wenn sie erlangt würden, nach anderen Grundsätzen be⸗ handelt werden sollten, als die Zurückgebliebenen. Der Bericht sage ferner: „Hieraus ergiebt sich zugleich die weitere, ein gerechtes Ur⸗ theil erschwerende Folge, daß der Thatbestand mancher Hauptver⸗ brechen sich nicht vollstaändig ermitteln läßt.“ Der Thatbestand dieser Vergehen werde aber trotz dieses Umstandes ausreichend konstatirt werden, und es Sache der richterlichen Behörden sein, zu beurthei⸗ len, welches Gewicht demselben beigelegt werden dürfe. Wenn weiter in dem Bericht hervorgehoben werde, „daß die Bedrängnisse lang⸗ wieriger Untersuchung und erlittener Untersuchungshaft, in deren⸗ Gefolge mannigfaltige Störungen, Verluste und Leiden, die zum Theil lebenslänglich fortwirken, sich eingestellt haben, viele Ange⸗ schuldigte begangene Fehltritte bereits schwer genug haben büßen lassen“, so leuchte nicht ein, wie bei Verbrechen, welche mit Todes⸗ und anderen schweren Strafen bedroht seien, dieser Umstand über⸗ haupt in Betracht kommen könne. Wenn der Ausschuß⸗Bericht sage, daß eine Amnestie der politischen Moral entsprechend sei, so müsse er bemerken, daß die Folgen der im vorigen Jahre erlasse⸗ nen drei Amnestieen nicht erheblich gewesen waäͤren. Es sei im vorigen Jahre eine Amnestie wegen Preßvergehen ertheilt worden, und er richte an die Kammer die Frage, ob die Presse seitdem ru⸗ higer und besonnener geworden? Es seien ferner politische Ver⸗ gehen im vorigen Jahre amnestirt worden, das Parteitreiben aber sei deshalb dasselbe geblieben. Auch bald nach der in diesem Jahre wegen Majestäts ⸗ Beleidigungen ertheilten Amnestie seien im Lande selbst dieselben Vergehen wieder vorgekommen. Die im Auslande ertheilten Amnestieen hätten keinen besse⸗ ren Erfolg gehabt; die nämlichen Männer, welche am⸗ nestirt worden, hätten wieder auf den Barrikaden gegen die Re⸗ gierungen gekämpft. Eben so solle nach dem Berichte die Befürch⸗ tung nahe liegen, „daß es dem Staate nur Gefahr bringen kann, wenn das Volk sich daran gewöhnt, politische Vergehungen so wenig als etwas Unmoralisches anzusehen, daß es sogar die derselben Schuldigen, wenn sie von harter Strafe getroffen werden, mit dem Heiligenscheine des Märtyrerthums bekleidet.“ Dieser Satz aber führe zu weit. Auch müsse gefragt werden, ob dies nicht in viel höherem Grade eintreten möchte, wenn die Amnestieen zu oft wie⸗ derkehrten. Der Bericht sage, daß die Amnestie die Betreffenden bessern werde. Hier müsse er dagegen erklären, daß, nach seinem Dafürhalten, die eigentliche Umsturzpartei nie gebessert werden w, ünd zunt Beweise eree er sic Feben, die erst kürzlich gehört worden seien und die als eine Vertheidigung des Hochverraths in seinen verschiedenen Abstu⸗ fungen betrachtet werden könnten. Er weise in dieser Bezie hung auch auf die Parteiblätter hin, welche wegen der erlittenen Niederlage stets mit Rache drohten, und frage, ob da eine Ver⸗ söhnung, so sehr sie auch von oben herein gewünscht werde, er— wartet werden dürfe! Endlich sage der Bericht, daß die Amnestie, als ein Zeichen der Stärke der Regierung, guten Eindruck machen werde. Dies sei nur zum Theil wahr. Wenn eine Amnestie er⸗ lassen werden solle, so genüge nicht blos, daß die Regierung stark sei, sondern es sei nothwendig, daß sie als eine starke und kräf⸗
tige auch allgemein anerkannt werde. Die sächsische Regierung sei stark; sie habe dies bewiesen und werde es nöthigenfalls wieder beweisen. Man könne aber täglich in den öffentlichen Blättern lesen, daß über Schwäche der Regierung und darüber geklagt werde,
daß sie kein Prinzip habe. Was das Letztere anlange, so möge nan erst nachweisen, wo die sächsische Regierung sich seit dem Mai der Inkonsequenz schuldig gemacht habe. Könne man dies aber nicht nachweisen, so folge von selbst, daß sie nach einem bestimmten Prinzip gehandelt habe. Ihre Kraft aber habe die Regierung ausreichend bewiesen; es werde dies aber nicht erkannt, und so lange dies nicht von allen Seiten anerkannt sei, werde eine Amnestie abermals als ein Zeichen der Schwäche ausgelegt werden, Dies seien die Gründe, welche die Staatsregierung bestimmt hät⸗ ten, zwar keine Amnestie, aber eine weitausgedehnte Begnadigung eintreten zu lassen.
Als nunmehr der Abgeordnete Kalb das Wort erhielt, er⸗ klärte derselbe, daß ihm der Zweck der Debatte höher stehe als die Debatte selbst, und er deshalb auf das Wort verzichten werde, sobald die Kammer sich entschließen könne, den Ausschuß⸗Antrag ohne Debatte anzunehmen; er ersuche deshalb das Präsidium, die Kammer hierüber zu befragen. Präsident Cuno glaubte so⸗ wohl in Hinblick auf die formellen Bestimmungen der Landtags⸗ ordnung, als auch der Konsequenzen wegen, Bedenken gegen diesen Antrag hegen zu müssen; greife ein solches Verfahren Platz, so könnte es leicht dahin führen, daß eine Majorität der Kammer der Minorität gewaltsam das Wort abschneide, und damit könne er sich nicht einverstanden erklären. Ob sich die Kammer dem von dem Abgeordneten Kalb ausgesprochenen Wunsche anschließen wolle, stelle er deren Ermessen anheim, eine ausdrückliche Frage hierauf aber werde er nicht stellen. Der Abgeordnete Koch pflichtete die sen Ansichten des Präsidenten bei und glaubte, der von dem Ab⸗ geordneten Kalb beabsichtigte Zweock könne dadurch erreicht werden, daß der Präsident die angemeldeten Sprecher einzeln frage, ob sie auf das Wort verzichten wollten, da dies der Landtags⸗Ordnung nicht widerspreche. Der Abgeordnete Müller (aus Niederlößnitz) meinte, die Landtags⸗Ordnung gebe selbst das Mittel an die Hand, über die vom Präsidenten geäußerten formellen Bedenken hinweg⸗ zukommen, indem sie gestatte, daß jede Kammer ohne Zustimmung der anderen, wenn es sich um Gegenstände ihrer inneren Ge⸗ schäfts⸗Ordnung handle, Abweichungen und Abänderungen der Landtags⸗Ordnung beschließen könne. Derselbe meinte, es hätten sich wohl nur um deshalb so viel Redner einzeichnen lassen, weil sie mit der Erwartung in die Kammer gekommen, die Regierung werde versöhnlicher entgegenkommen, als sie es gethan; da habe nun Jeder das Seine dazu beitragen wollen, den Akt so versöhnlich als möglich zu machen. Jetzt aber, nach dem, was vom Ministertische aus gesprochen worden, gehöre eine große Mäßigung dazu, um ohne Bitterkeit zu sprechen, und er fürchte, die Debatte werde jetzt statt einer versöhnenden eine aufreizende und vergiftende werden. Der Präsident gab im Allgemeinen zu, was der Abgeordnete in Bezug auf die Landtagsordnung gesagt, bemerkte jedoch, daß die Kammer bald den Boden unter ihren Füßen weichen sehen würde, wenn sie jene Bestimmung gelegentlich einzelner Punkte in Anwendung bringen wolle; wer im Sinne des Antrags des Abg. Kalb handeln wolle, möge es thun, im Allgemeinen werde er auch von dem Vorschlage des Abg. Koch, die Sprecher der Reihe nach zu befragen, absehen.
Der Abg. Harkort, welcher nun das Wort erhalten sollte, verzichtet auf das Wort, in der Voraussetzung, daß hierdurch sei⸗ ner Abstimmung kein Zwang angethan werden solle. Hierauf er⸗ klärten sich sämmtliche angemeldete Redner bis auf einen bereit, auf das Wort Verzicht zu leisten. Dieser eine war der Abg. von Friesen, der um deswillen nicht auf das Wort verzichten wollte, weil er nicht wisse, was in den Vorberathungen der Parteien über diesen Gegenstand beschlossen worden sei, und dann, weil er es für Pflicht halte, seine Abstimmung zu motiviren. Für Begnadi⸗ gung müsse auch er sich aussprechen, halte es jedoch nicht für
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Bitte deshalb an die Regie⸗ rung zu bringen, da diese bereits das, was gewünscht werde, im vollsten Maße gethan habe. Für eine Amne⸗ stie könne er nicht mehr stimmen, seitdem er im anderen Saale eine Apologie des Hochverraths gehört habe. Der Sprecher geht nun auf eine nähere Beleuchtung der von dem Abg. Dr. Joseph in der ersten Kammer gehaltenen Rede ein, versucht die von dem⸗ selben angeführten Behauptungen zu widerlegen und äußert sich zum Schlusse dahin, daß er auch von einer Amnestie keine ersprieß⸗ lichen Folgen hoffen könne, so lange keine Versöhnung eingetre⸗ ten sei.
Eine Bemerkung des Abg. Koch, in Bezug auf die von dem letzten Sprecher erwähnte Klubsberathung und eine Erwiederung hierauf von dem Abg. von Friesen, veranlaßten den Prä⸗ sidenten zu der Bemerkung, daß es ihm nicht wohl gefalle, Be⸗ sprechungen und Beschlüsse zur Sprache gebracht zu sehen, die nicht in der Kammer vorgekommen, Als nun der Präsident frug, ob noch Jemand das Wort begehre, meldete sich trotz der früheren Verzichtleistung, noch der Abg. Kalb, und äußerte, daß ja sonst die Debatte gar nicht geschlossen werden könne, indem wenigstens zwei Redner, einer für und einer gegen, gesprochen haben müß⸗ ten. Seine Rede war einestheils eine Widerlegung gegen von Friesen, anderentheils eine Motivirung seiner Abstimmung. Er er klärte sich für den Ausschuß⸗Antrag und hatte hierfür zwei Haupt⸗ gründe, die er 1) aus dem Wesen der Amnestie und 2) aus deren rascheren Ausführbarkeit herleitete. Er erklärte die Amnestie als eine politische Pflicht und schloß mit den Worten der Bibel: Ver⸗ gebet, so wird euch vergeben.
Ein Antrag auf Schluß der Debatte machte weiteren Erörte⸗ rungen ein Ende. In seinem Schlußwort vertheidigte nun der Referent nur hauptsächlich noch den Ausschußbericht gegen die Angriffe von Seiten des Abgeordneten von Friesen, durch die er sich in seiner Ehrenhaftigkeit verletzt fühlte. Den Vorwurf, als enthalte der Bericht Vorwürfe gegen die Regierung, wies derselbe entschieden zurück. Der Antrag des Ausschusses solle die Regie⸗ rung nicht zwingen, weiter zu gehen, als sie selbst es willens sei, nur solle durch denselben erreicht werden, daß die Regierung das, was sie nach und nach zu geben sich bereit erklärt habe, auf ein⸗ mal und in einer anderen Form gewähre.
Der Präsident schritt zur Abstimmung, und es wurde der An⸗ trag: „die zweite Kammer möge beschließen, im Vereine mit der ersten Kammer bei Sr. Majestät dem Könige sich zu verwenden, daß Allerhöchstderselbe kraft des im §. 52 der Verfassungs⸗Urkunde begründeten Abolitions⸗-Befugnisses in Betreff der in dem Mai⸗ Aufstand verflochtenen Personen, möge die Untersuchung wider sie eingeleitet sein oder noch nicht begonnen haben, mit Wiedereinsetzung in ihre politischen Ehrenrechte eine Amnestie in möglichst weiter Aus⸗ dehnung huldreichst bald erlasse“, durch Namens⸗Aufruf gegen 3 Stimmen von der Kammer angenommen, wodurch zugleich die in diesem Betreff eingegangenen Hetitionen als erledigt erklärt wurden.
Nachdem sodann zugleich noch die Landtagsschrift über diesen Gegenstand vorgetragen und genehmigt worden war, wurde die Sitzung 1½ Uhr geschlossen.
Die nächste Sitzung wird auch in dieser Kammer am 3. Ja⸗ nuar stattfinden.
nöthig, noch eine besondere
Hannover. Hannover, 20. Dez. Die Hannov. Ztg. veröffentlicht folgende Aktenstücke zur deutschen Frage, der allgemeinen Stände ⸗Versammlung vorgelegt vom Königlichen Gesammt-⸗Ministerium:
Schreiben des Königlichen Gesammt⸗Ministeriums vom 10. De⸗ zember 1849, die deutsche Angelegenheit betreffend.
Nach den Bewegungen, welche der Drang nach einer einheit⸗ lichen Gestaltung der Gesammt⸗Verfassung Deutschlands in dem letzten Jahre hervorgerufen hat, und bei der Spannung, in welcher die Gemüther aller wahren Vaterlandsfreunde durch diese für die Zukunft des Königreichs so bedeutungsvolle Frage fortwährend er⸗ halten werden, empfindet die Regierung aufs neue das Bedürfniß und erachtet es ihrer Pflicht gemäß, den Ständen mit dem von ihr in dieser Angelegenheit beobachteten Verfahren offen die Ansich⸗ ten und Grundsätze darzulegen, von welchen sie dabei geleitet wor⸗ den ist. 8 Sie glaubt dabei eine Vergangenheit unerwähnt lassen zu dür⸗ fen, deren Andenken nicht ohne vielseitig schmerzliche Berührungen aufzufrischen sein würde, und sie läßt daher ihre Mittheilungen mit dem Zeitabschnitte anheben, wo, nach dem Ausgange der Verhand⸗ lungen der National⸗Versammlung zu Frankfurt, eine erneuerte Aufforderung für die Regierungen der deutschen Bundesstaaten zur Erfüllung der Zusagen gegeben war, die sie für Deutschlands Ge⸗ sammtverfassung ihren verschiedenen Ländern ertheilt hatten.
Den ersten Versuch zu einer Lösung dieser Aufgabe schien die in einer Cirkularnote der Königl. preußischen Regierung ausge⸗ sprochene Erklärung zu enthalten, „daß Preußen entschlossen sei, an die Spitze eines deutschen Bundesstaats zu treten, der aus den⸗ jenigen Staaten sich bilde, welche demselben aus freiem Willen sich anschließen möchten.“ Dieser Eröffnung, welche der Königlichen Regierung durch die unter Ziffer 1 in Abschrift angeschlossene Note der hiesigen Königlich preußischen Gesandtschaft vom 6. April d. J. mitgetheilt ward, war die Aufforderung zu der Abordnung beson⸗ derer Bevollmächtigten nach Frankfurt behuf Abgabe bindender Er⸗ klärungen über die in der Depesche näher hervorgehobenen Punkte hinzugefügt, und es war die Ueberzeugung ausgesprochen, daß die Königlich preußische Regierung in den Stand gesetzt sein werde, ihrerseits binnen längstens 14 Tagen eine definitive Erklärung über die deutsche Sache abzugeben.
Die Einleitung einer Unterhandlung, welche eine Verein⸗ barung der deutschen Bundes⸗Regierungen über die deutsche Verfassungs⸗-Angelegenheit in Aussicht stellte, entsprach im Allge⸗ meinen zu sehr den Wünschen Hannovers, als daß die Königliche Regierung ihre Bereitwilligkeit, sich an derselben zu betheiligen, nicht sofort hätte bezeugen sollen. Allein die bei der der Sache ge⸗ gebenen Dringlichkeit um so fühlbarer hervortretende Unbestimmt⸗ heit der ergangenen Vorschläge machte es der Königlichen Regie⸗ rung zur Pflicht, sich vorher wo möglich nähere Aufklärung über den Begriff, den Umfang, den Zweck und die Bildungsweise eines Bundesstaats zu verschaffen, der von dem Verfassungs⸗Entwurfe der deutschen National⸗Versammlung wesentlich darin abwich, daß er eine Theilnahme des gesammten Deutschlands nicht vorauszusetzen schien.
Die in dieser Absicht erlassene, unter Ziffes 2 19
ezwar die unter Ziffer 3 bei Min eraums vom 1 9 April zur Folge. Allein die darin enthal⸗ nen wenig bestimmteren Aufschlüsse konnten als eine genügende Grundlage für die sofortige Abgabe bindender Erklärungen um so weniger angesehen werden, als darin von der einen Seite zwar eine gleichmäßige Betheiligung aller deutschen Bundesglieder al Preußens innigster Wunsch bezeichnet, andererseits aber hervorge hoben ward, daß die Erklärung über den Punkt,
welche Staaten bereit seien, in einen Bundesstaat mit Preußen
an den Königlichen Gesandten zu Berlin schriftlich anliegende Verfügung vom 78 April igefügte Erwiederung des Königl. preuß.
an der Spitze eintreten zu wollen, die nothwendige Vorfrage für jede weitere Verhandlung über den Inhalt der Verfassung des Bundesstaats bilde. —
Die Regierung konnte diesem Grundsatze ihre Anerkennung nicht versagen. Es ist der nämliche, auf dem die später zu erwäh⸗ nenden Vorbehalte Hannovers und Sachsens vom 26. Mai beruhen.
Aber sie betrachtete die Einigung von ganz Deutschland als Zielpunkt des deutschen Verfassungswerks. Von der Ueberzeugung durchdrungen, daß dieses Ziel nur durch eine den Gesetzen des deutschen Bundes genügende einhellige Verständigung der deutschen Regierungen, vor Allem der beiden deritschen Großmächte zu errei⸗ chen sei, glaubte die Königliche Regierung nach jener Erwiederung von einem Eingehen auf die engeren Vorschläge Preußens um so mehr absehen zu sollen, als unterdessen das Königlich preußische Ministerium, den preußischen Kammern gegenüber, sich über die Verfassungs⸗Beschlüsse der National⸗Versammlung in einer Weise ausgesprochen hatte, welche eine Annäherung zwischen den beiden Großstaaten hoffen ließ, und mit der dadurch zugleich gewonnenen Aussicht auf ein Verbleiben Oesterreichs innerhalb des neu und inniger zu gestaltenden Vereins der deutschen Staaten eine Vor⸗ aussetzung entfernt zu haben schien, welcher der Gedanke eines zu begründenden engeren deutschen Bundesstaats allein entsprungen sein konnte.
Die ablehnende Erklärung Hannovers über diesen Vorschlag Preußens erfolgte mittelst der unter Ziffer 4 anliegenden Depesche an den Königlichen Gesandten zu Berlin vom 24. April.
Von einer völlig verschiedenen Grundlage ging die unter Zif⸗ fer 5 beigefügte Mittheilung der Königlich preußischen Regierung vom 28. April d. J. aus, welche die übrigen deutschen Regierun⸗ gen zu weiteren Berathungen über den jetzt einzuhaltenden Gang und die fernere Entwickelung des Verfassungswerks einlud, und worin die Königlich preußische Regierung sich bereit erklärte, den zu diesem Zwecke nach Berlin abzuordnenden Bevollmächtigten ihre Ansichten umfassend darzulegen und mit Vorschlägen entgegenzu⸗ kommen. 8
Die mit dieser Einladung verbundene Hinweisung auf eine zu hoffende Verständigung mit der National⸗Versammlung über das Verfassungswerk, auf eine dem Verfassungs⸗Bedürfnisse der deut⸗ schen Nation zu gewährende volle und umfassende Befriedigung; die proponirte Wiederaufnahme der Arbeit der National⸗Versamm⸗ lung bei dem Entwurfe einer solchen Verfassung; die Nichterwäh⸗ nung eines engeren Bundesstaates mit Preußen an der Spitze, wie ihn die Aufforderung vom 6. (3.) April vorgeschlagen hatte, die hervorgehobene Erfolglosigkeit dieser Aufforderung: alle diese Um⸗
stände schienen außer Zweifel zu stellen, daß die Königlich preu⸗
ßische Regierung von jener engeren Bundesstaats⸗Idee abgelassen, daß sie den Gedanken einer einheitlichen Gestaltung des gesammten Deutschlands in bundesstaatlicher, wenn auch noch nicht hinreichend bestimmt ausgeprägter Form erfaßt; daß sie mit Entfernung einer vorausgesetzten Unterordnung aller übrigen Glieder dieses Staatenkörpers unter Preußens Oberherrschaft eine Betheiligung Oesterreichs ermöglicht, und daß sie damit zugleich den Weg eröff⸗ net habe, auf welchem dem grundgesetzlichen Erfordernisse einhelli⸗ ger Zustimmung aller Mitglieder des deutschen Bundes zu einer neugestalteten Veränderung seiner Verfassung ein volles Genüge geleistet werden könne. 8
Indem die Königliche Regierung solchergestalt die Eröffnung Preußens in einer Weise auffaßte, zu der die Berechtigung in Preußens erklärter Hingebung an die Einheit, Macht und Größe Deutschlands geboten schien, verhehlte die Regierung dennoch die großen Schwierigkeiten sich nicht, mit welchen auch unter diesen Voraussetzungen die einheitliche Gestaltung Deutschlands verbunden bleibe.
Es muß anerkannt werden, daß der deutsche Bund, wie er durch seine Gesetze und durch die europäischen Verträge von 1815 constituirt ist, nicht nur einen vollkommenen Anspruch auf Geltung unter den deutschen Staaten selbst hat, sondern auch, daß er bis jetzt die alleinige sichere Grundlage der Stellung Deutschlands in der großen europäischen Staaten⸗Gemeinschaft bildet.
Auf dieser Grundlage beruhet die vollkommene Berechtigung der einzelnen deutschen Staaten zu einer gesicherten unabhängigen Existenz, und diese Berechtigung ist zugleich eine Berechtigung der deutschen Völker und der deutschen Fürsten.
(Schluß folgt,). 1“ 8 ürttemberg. Stuttgart, 19. Dez. (Schwäb. Merk.) Das Ministerium veröffentlicht folgendes Gesetz, betref⸗ fend die Aufhebung des zwischen dem Staate und dem Fürstlichen Hause Thurn und Taxis bestehenden Lehenverbandes hinsichtlich der Königlichen Posten:
Wilhelm, König von Württemberg. Nachdem die Unterhandlungen, welche wegen Aufhebung des zwischen dem Staate und dem Fürstl. Hause Thurn und Taris hinsichtlich der Königlichen Posten bestehenden Lehenver⸗ bandes im Wege der freien Uebereinkunft gepflogen worden sind, zu einem befriedigenden Ziele nicht geführt haben, so verkündigen Wir nunmehr das nachstehende — von Uns, nach Vernehmung Unseres Geheimen⸗ rathes und unter Zustimmung Unserer getreuen Stände, beschlos⸗ sene und schon am 6. Juli d. J. sanctiontrte — Gesetz, welches, unter Beifügung des Vollzugstermins, also lautet: Zu Vollziehung des §. 39 der Grundrechte verordnen und verfügen Wir, nach Auhörung Un⸗ seres Geheimenraths und unter Zustimmung Unserer getreuen Stände, über die Verwaltung der Posten, wie folgt: Artikel 1. Der durch Vertrag vom 27. Juli und 9. September 1819 begründete Lehensverband zwi⸗ schen der Krone und dem Fürstlichen Hause von Thurn und Taxis hinsichtlich der Posten löst sich mit Ablauf des 31. De⸗ zember des gegenwärtigen Jahres auf. Mit diesem Zeitpunkt erlischt die Würde und das Amt eines Königlichen würtembergischen Erb⸗ und Landpostmeisters, und fällt das nutzbare Eigenthum und die Verwaltung sämmtlicher Posten im Königreiche und der damit verbundenen nutzbaren Postrechte wieder an den Staat zurück; der Fürst Erbland⸗Postmeister wird seiner durch den Lehensvertrag übernommenen Pflichten ledig und von fer⸗ nerer Entrichtung der Lehensabgaben (insoweit diese nicht für die Benutzung des Lehens bis zum 31. Dezember d. J. noch zu leisten sind) befreit. Artikel 2. Mit dem Zeitpunkte des Ueberganges der Verwaltung der Posten sind sämmtliche bei den Königlichen Posten angestellte Diener ihrer Dienstpflichten gegen den Fürsten Erbland⸗Postmeister entbunden; je⸗ doch haben sie die bis zu diesem Zeitpunkte rückständigen Arbeiten, Abrech⸗ nungen u. s. w., welche den laufenden Postdienst betreffen, für den Fürsten Erbland⸗Postmeister noch nachzuholen und demselben für das letzte Vierteljahr seiner Verwaltung die übliche Abrechnung zu leisten. Vom 1. Januar 1850 an werden diese Diener mit ihren Dienstrechten in den unmittel⸗ baren Staatsdienst übernommen und ihre Besoldungen und Ruhe⸗ gehalte aus der Staatskasse verabreicht. Eben so werden die Pensio⸗ nen der bereits in Ruhestand versetzten Königlichen Postoffizianten und ihrer Angehörigen von genanntem Zeitpunkte an von der Staats⸗ kasse ausbezahlt, insoweit sie nach den Bestimmungen des Art. 19 der Königl. Verordnung vom 9. September 1819 verwilligt worden sind. Art. 3. Das der Postverwaltung zugehörige Inventarium ist am 1. Ja⸗ nuar 1850 von dem Staate zu übernehmen. Insoweit sich beide Theile über den Kaufpreis oder über ein Schiedsgericht zur Festsetzung desselben nicht verstän digen können, wird derselbe durch das Bezirks⸗Gericht, in dessen Bezirke die betreffende Postanstalt gelegen ist, bestimmt. Art. 4. Eben so sind die der Postverwaltung zugehörigen Gebäude am 1. Januar 1850 käuflich
zu übernehmen, wenn der Fürst binnen einer von der Staatsbehörde
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ihm anzuberaumenden Frist sich bereit erklärt, dieselben an den Staat käuf⸗ lich zu überlassen. Vermögen sich beide Theile über den Kaufpreis nicht zu einigen, so ist derselbe von dem zuständigen Richter (vergl. Art. 3) durch Schätzung des Werthes des oder der betreffenden Gebäude festzusetzen. Der Staatskasse ist gestattet, den Kauspreis für die übernommenen Postge⸗ bäude und Postinventarstücke in zehn vom 1. Januar 1850 an mit fünf vom Hundert zu verzinsenden Jahreszielern zu entrichten. Art. 5. Mit Ab⸗ lauf des 31. Dezember d. J. endet der Geschäfts⸗ und Wir⸗ kungskreis der Generaldirection der Königl. Posten in ihrer Eigen⸗ schaft als Verwaltungsbehörde der württembergischen Posten. Die⸗ selbe hat sofort die auf die württembergische Postverwaltung bezüglichen in ihrem Besitze befindlichen Akten einem Königlichen Kommissär zu über⸗ geben, beziehungsweise in Gemeinschaft mit demselben von ihren übrigen Akten auszuscheiden. Die Einsichtnahme der dem Staate verbleibenden Akten, welche die Verwaltung der württembergischen Posten durch das fürst⸗ liche Haus von Thurn und Taxis betreffen, steht übrigens dem Fürsten oder sei⸗ nen Rechtsnachsolgern jederzeit offen, gleich wie von denjenigen auf die württem⸗ bergischen Posten sich beziehenden Akten, welche wegen ihres auf die übrigen taxi⸗ schen Lehensposten sich erstreckenden Inhaltes dem Fürsten von Taxis zu belassen sind, dem württembergischen Staate das Recht der jederzeitigen Einsicht⸗ nahme verbleibt. Art. 6. Die während der Verwaltung der Königlichen Posten durch den Fürsten Erbland⸗Postmeister entstandenen und noch ent⸗ stehenden Verbindlichkeiten der Postanstalt werden mit den in den Art. 2 und 7 des gegenwärtigen Gesetzes angeführten Ausnahmen auf die Staats⸗ kasse nicht übernommen. Derselbe hat hinsichtlich solcher Ansprüche vor den inländischen Gerichten, beziehungsweise dem Ministerium des Innern (vergl. Art. 14 und Art. 7, Ziff. 2 der Königl. Verordnung vom 9. September 1819) wie bisher mit der Ausnahme Recht zu geben, daß der Oberpostmeister in Stutt⸗ gart ihn nicht mehr zu vertreten, vielmehr an dessen Stelle der Fürst Erbland⸗ Postmeister eine andere in Württemberg ansässige Person zu seinem Vertre⸗ ter aufzustellen hat. Art. 7. Der Staat tritt bei der Uebernahme der Ver⸗ waltung der Posten in die von der fürstlichen Taxisschen Postverwaltung in Bezug auf den württembergischen Postdienst geschlossenen Pacht⸗, Mieth⸗ und sonstigen Verträge bis zu deren Ablauf ein. Art 8, Die Dienst⸗Cau⸗ tionen der Postbediensteten, welche mit dem Uebergange der Königlichen Posten in Staatsverwaltung aus dem Dienste des Fürsten Erblandpostmeisters scheiden, gehen auf den Staat über; sie bleiben jedoch 6 Monate lang von Uebergabe der Post⸗Verwaltung an in der Art dem Fürsten Erblandpostmeister zugleich verhaftet, daß derselbe für einen innerhalb dieser Frist gegen den Post⸗ Beamten erhobenen Ausspruch aus der früheren Dienst⸗Verwaltung sich an die Dienst⸗Caution halten kann, und zwar mit Vorzugsrecht vor etwanigen Ansprüchen, welche der Staat gegen den betreffenden Post⸗Beamten aus dessen Dienst⸗Verwaltung seit der Uebernahme in den unmittelbaren Staats⸗ dienst zu erheben in den Fall kommen würde. Art. 9. Das Fürstliche Haus Thurn und Tarxis erhält zur Entschädigung für das Postlehen eine vom 1. Januar 1850 ab in Vierteljahrsfristen auszubezahlende Rente aus der Staatskasse, welche vom Staate zu jeder Zeit im zwanzigfachen Betrage abgelöst werden kann, bei deren Bemessung der Reinertrag des Postlehens, so wie er nach den Verhältnissen des letzteren zur Zeit des Ueberganges der Postverwaltung an den Staat für die Folgezeit sich ver⸗ anschlagt, unter gleichzeitiger Berücksichtigung der mannlehnbaren Eigen⸗ schaft, mit welcher die Postverwaltung dem Fürstlichen Hause verliehen war, als Maßstab zu dienen hat. Die Bemessung der Rente erfslgt, wenn die Betheiligten sich nicht verständigen, im ordentlichen Rech'swege, wobei der Richter die auf die Größe der Entschädigung Einfluß übenden Momente, namentlich die mannlehnbare Eigenschaft des Postlehens, nach billigem Er⸗ messen zu berücksichtigen hat. Uebrigens bleiben dem Staate sämmtliche Ein⸗ reden und Rechtsmittel gegen die Ansprüche des Fürstl. Hauses auf den Besitz und die Verwaltung der Königl. Posten, insbesondere gegen die Gültigkeit des Postlehen Vertrags von 1819, ausdrücklich vorbehalten. Bis zu endgültiger Festsetzung der Entschädigung wird in Ermangelung anderen Uebereinkom⸗ mens dem Fürsten, sofern er sich in Betreibung der ersteren keinen Verzug zu Schulden kommen läßt, eine von der Verwaltungs⸗Behörde unter Be⸗ rücksichtigung des vorläufig bescheinigten Reinertrags des letzten Jahres zu bestimmende Rente auf Abrechnung ausbezahlt. Unsere Ministerien des Innern und der Finanzen sind mit dem Vollzuge dieses seit dem 6. Juli d. J. sanctionirten Gesetzes beauftragt. Gegeben, Stuttgart den 17. Dezember 1849. Wil helm. Herdegen. Schlayer. Wächter. Der Schwäb. Merk. enthält Folgendes: „Es läuft durch verschiedene Blätter die Nachricht, daß zwischen der Krone und ih⸗ ren Räthen eine Meinungs-Verschiedenheit eingetreten sei, daß sämmtliche Minister ihre Entlassung eingereicht hätten, daß im Zu⸗ sammenhange hiermit Personen zu Sr. Majestät dem König beru⸗ fen worden seien und dergl. Wir sind ermächtigt zu erklären, daß diese sämmtlichen Gerüchte jeden Grundes entbehren.“
Baur. Hänlein.
Hessen. Kassel, 19. Dez. (Kass. Ztg.) Das Gesetz vom 14. Dezember über die Emission verzinslicher Staatsschuld⸗ scheine lautet:
„Von Gottes Gnaden Wir Friedrich Wilhelm I., Kurfürst ꝛc. ꝛc. ertheilen, nach Anhörung Unseres Gesammt⸗Staatsministeriums und mit Zustim⸗ mung der getreuen Landstände, folgendes Gesetz: §. 1. Um die Mittel zur Vollendung des Baues einer Eisenbahn von Kassel über Marburg in der Richtung nach Frankfurt beschlossen, wird unsere Direction der Hauptstaats⸗ kasse ermächtigt, anlehensweise den Betrag von einer Million Thaler aufzu⸗ nehmen. §. 2. Dieselbe hat über die bis zum Belaufe jener Summe auf⸗ zunehmenden Beträge auf den Inhaber lautende Verbriefungen auszustel⸗ len, in denen die Verzinsung des Anlehens mit jährlich 4 ½ Prozent, in halbjährigen Naten zahlbar, und eine jährliche Rückzahlung (s. §. 4) von- mindestens 100,000 Thalern zu versprechen ist. §. 3. Die zur Rück⸗ zahlung bestimmten Beträge sollen aus den von Unserer Hauptstaats⸗ kasse bei der Landes⸗Kredit⸗Kasse angelegten Ablösungs⸗Kapitalien entnommen werden, die zur Sicherheit des Anlehens als Unterpfand dergestalt eingesetzt werden, daß die letztere Kasse von jenen Kapita⸗ lien einen dem ungetilgten Anlehen entsprechenden Theil zurückbehalten soll. §. 4. Die Reihenfolge, in welcher die einzelnen Verbriefungen zur Rück⸗ zahlung gelangen, wird durch Verloosung bestimmt. Die Zahlung erfolgt bei Unserer Haupt⸗Staatskasse an dem auf die Verloosung folgenden halb⸗ jährigen Zinstermine, mit welchem die weitere Verzinsung aufhört. Die erste Verloosung wird spätestens im Laufe des Jahres 1860 stattfinden. §. 5. An der Verwaltung dieser verzinslichen Staatsschuld nimmt der zu⸗ folge des Gesetzes über den Staatsschatz vom 27. Februar 1831 bestehende landständische Ausschuß Theil. Namentlich sollen dessen Mitglieder sowohl bei der Anfertigung und Verwerthung der Verbriefungen, als bei der Ein⸗ lösung und Vernichtung derselben mitwirken. Urkundlich ꝛc. Kassel, am 14. Dezember 1849. Friedrich Wilhelm. C. W. Wippermann.“
Oldenburg. Oldenburg, 18. Dez. (D. R. Ztg.) Das heutige Gesetzblatt enthaͤlt die Verordnung über die Auflösung des Landtages. Die neuen Wahlen sollen sofort vorgenommen werden, und der aus ihnen hervorgehende Landtag wird auf den 16. Februar 1850 einberufen.
Eine zweite, unmittelbar darauf folgende Verordnung betrifft einige Abänderungen des Wahlgesetzes vom 18. Februar 1849. Solche Abänderungen sind nach Artikel 160 des Staatsgrundge⸗ setzes durch die Umstände gestattet, müssen aber dem nächsten Land⸗ tage als dringlich nachgewiesen werden; ertheilt dieser seine Zu⸗ stimmung nicht, so sind dieselben sofort wieder aufzuheben. Die be⸗ treffenden Abänderungen sind folgende: Anstatt daß früher im Für⸗ stenthum Birkenfeld jede Bürgermeisterei einen Wahlbezirk und alle zusammen einen Wahlkreis bildeten, soll nunmehr die Stadt Bir⸗ kenfeld, die Stadt Oberstein und jede Landgemeinde einen beson⸗ deren Wahlbezirk, das Ganze aber jetzt fünf Wahlkreise bilden, deren jeder einen Abgeordneten zu wählen hat. Das Fürstenthum Lübeck ist in drei, statt früher in einen Wahlbezirk eingetheilt, de⸗
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Anhalt⸗Deßau. Deßau, 20. Dez. Ueber das Befinden Ihrer Köoöͤnigl. Hoheit der Frau Herzogin wurden heute nachstehende zwei Berichte ausgegeben.
1) Vormittag um 9 Uhr. Im Zustande der hohen Kran⸗ ken ist von gestern bis heute, außer einer größeren Empfänglichkeit für äußere Eindrücke, keine wesentliche Veränderung eingetreten. Die Nacht verlief ruhig, das Fieber blieb mäßig.
2) Nachmittag um 4 Uhr. Seit heute Morgen hat sich der Zustand der hohen Kranken wieder bedeutend verschlimmert, nicht zwar in Hinsicht des Kräftezustandes, der vielmehr auch jetzt noch ein erträglicher ist, sondern vielmehr in Hinsicht der Unbesinn⸗ lichkeit, welche plötzlich sich in einer Weise und bis zu einem Grade gesteigert hat, daß die Ausbildung einer Hirnerweichung nur all⸗ zusehr zu fürchten ist. Dr. Vehsemeier. Dr. Kurtz.“
Abends um 7 Uhr wurde weiter bekannt, daß auch Sturzbäder keinen Eindruck mehr gemacht haben.
Anhalt⸗Cöthen. Cöthen, 18. Dez. (Z. f. N. D.) Heute früh nach 10 Uhr wurde der Vereinigte Landtag im Saale des hiesigen Residenzschlosses von dem Herrn Minister⸗Präsidenten von Goßler mit folgender Rede eröffnet:
„Meine hochgeehrtesten Herren! Indem wir Sie in diesem Hause Namens Sr. Hoheit des ältestregierenden Herzogs begrüßen, sprechen wir die Hoffnung aus, daß Ihre Berathungen wesentlich dazu beitragen werden, die Leidenschaften des Parteiwesens zu mil⸗ dern, den brüderlichen Sinn und die Einigkeit im Volke neu zu beleben und die tiefen, wahren und echten Gründe der Reform zur praktischen Geltung zu bringen. — Wir ersuchen Sie deshalb, Ihre Thätigkeit vorzugsweise den legislativen Arbeiten zuzuwen⸗ den, welche im vorigen Landtage begonnen, aber noch nicht zur voll⸗ ständigen Erledigung gelangt sind. Es gehören dahin insbeson⸗ dere die Verordnung über die Ablösung der Grundlasten, die Vorlagen in Betreff der Strafgesetzgebung und das im Entwurf bereits publizirte Gesetz über die Verhältnisse der Staatsdiener. Diese Gesetze sind für die Neugestaltung unserer inneren Zu- stände jedenfalls die wichtigsten, und wir werden nach Vereinbarung derselben ungesäumt mit der erforderlichen Reorganisation der be⸗ treffenden Behörden vorschreiten. Was die deutschen Angelegenheiten anlangt, so haben wir behufs der Wahl eines Abgeordneten zum Volkshause eine Wahlordnung entworfen, welche wir Ihnen zur Beschlußnahme vorlegen werden, auch werden wir Ihnen die Er⸗ klärungen mittheilen, welche wir bezüglich des zwischen Oesterreich und Preußen vereinbarten Interims abgegeben haben. Mit dem lebhaften Wunsche, daß es unseren gemeinsamen Bestrebungen ge lingen möge, in Treue gegen Fürst und Volk die Wohlfahrt des Landes nach außen und innen zu befestigen, erklären wir hiermit Namens Sr. Hoheit des ältestregierenden Herzogs den Landtag für eröffnet.“
nahm der Aelteste der Versammlung, der Abgeordnete Pannier, den Vorsitz ein und entwickelte in einer Rede die wichtige Aufgabe und den Standpunkt der Versammlung, welcher wesentlich ein vermittelnder sei und sein möchte. Sodann wurden die Abge⸗ ordneten in fünf Abtheilungen Eft filt denselben die Prüfung der Wahlakten übergeben und die Sitzung auf 1 ½ Stunden suspendirt. Man schritt dann zur Prüfung der Wahlen.
Ansland.
Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 19. Dezember. Der Minister des Unterrichts bringt sein be⸗ richtigtes Budget ein. Herr Thiers tritt ein und erregt allgemei⸗ nes Aufsehen, man spricht davon, daß er in der Diskussion der einzelnen Artikel des Gesetzes über die Getränksteuer das Wort ergreifen werde. Der Finanzminister legt einen Gesetzentwurf nie⸗ der, der die provisorische Erhebung von ½ des Budgets von 1850 verlangt. Die Dringlichkeit wird verlangt und bewilligt. Die Linke erhebt sich dagegen. Herr Proudhomme verlangt die Beibehaltung der jetzigen Getränksteuer bis zum 1. Juli 1850 und eine sofortige Untersuchung. Herr Mauguin will die Beibehaltun des Gesetzes, das die Getränksteuer abschafft; das Gesetz soll erß am 1. Mai 1850 in Wirksamkeit treten und eine Kommission er⸗ nannt werden, um den Ausfall in der Einnahme auf eine andere Weise zu ersetzen. Herr Bocher, Berichterstatter, ergreift das Wort; er meint, die Steuern angreifen, sei sozialistisch. he Steuern seien eine Citadelle, in die man sich flüchten müsse. Das Amendement des Herrn Mauguin wird mit 429 Stimmen gegen 100 verworfen. Einige bestreiten die Regelmäßigkeit der Abstim- mung. Die Versammlung geht jedoch über diese Einwürfe zur Tages⸗ ordnung über. Auch das Amendement von Prudhomme wird mit 575 gegen 68 Stimmen verworfen. Ein gleiches Schicksal erleidet ein Amendement des Herrn von Laroy, welches mit 476 gegen 100 Stimmen verworfen wird. Der Zweck aller dieser Amendements war, die Getränksteuer nur provisorisch, bis zu einem be timmten Termin, beizubehalten, um die Frage noch für weitere Pacfstens of⸗ fen zu lassen. Die Majorität will diese fernere Untersuchung zwar zulassen, aber unter der Bedingung, daß sie das Prinzip der Steuer nicht angreife, daß dieses vielmehr durch das vorliegende Gesetz vollständig wiederhergestellt und aufrecht erhalten werde, und man sich nur mit den Mitteln beschäftige, die Erhebung der Steuer minder drückend zu machen. Die Diskussion des Gesetz⸗Entwurfs wird morgen noch fortgesetzt. Paris, 19. Dez. Die geographische Gesellschaft überreichte gestern dem Präsidenten die Sammlung ihrer Memoiren. Der Präsident dankte für diese Aufmerksamkeit, versprach, sie mit seiner ganzen Macht zu unterstützen, ermunterte sie, die Reisenden, welche den französischen Namen weithin tragen, durch Preise zu belohnen, erkundigte sich nach dem Schicksal der Wittwe des berühmten Rei⸗ senden René Caillé und erklärte, diese ehrwürdige Frau zu unter⸗ stützen, sei die Abtragung einer Nationalschuld. Der Staatsrath hat seine letzte vorbereitende Hand an das Unterrichtsgesetz gelegt. Der Theil, welcher den Elementar⸗Unter⸗ richt betrifft, ist fast mit dem Entwurf, den Herr Parieu vor eini⸗ gen Tagen vorgelegt hat, übereinstimmend. Was den höheren Un⸗ terricht betrifft, so hat der Staatsrath einige Abänderungen in dem Regierungs⸗Vorschlage vorgenommen. Die Zahl der Akademieen ist auf 27 beschränkt. Jedes Departement wird also nicht seine Aka⸗ demie haben. Die Inspection des öffentlichen Unterrichts überhaupt wird den General⸗Inspektoren, den Inspektoren der Aka⸗ demie, die des Elementar ⸗Unterrichts den Devpartemental⸗ Comité's den Comité’s der Kanton anvertraut. In jedem Depar⸗ tement wird ein Inspektor für den Elementar⸗Unterricht eingesetzt werden, in jedem Arrondissement ein Unterinspektor. Die Privat⸗ Anstalten können nur in Bezug auf ihre Moralität und ihren Ge⸗ sundheitszustand beaufsichtigt werden. Die Inspektoren sollen auch darauf achten, ob der Unterricht nicht gegen die Moral, gegen die Gesetze und gegen die Verfassung verstößt. Der SACn kb-- Staatsraths ist noch nicht gedruckt. In einigen Tagen wird der⸗
Frankreich.
ren jeder einen Abgeordneten wähit, und das Herzogthum Olden⸗ burg in 32 statt früher in 7 Wahlkreise. 8 b
selbe einer Kommission und wahrscheinlich der früheren Unterrichts⸗ ö“
Kommission zugeschickt werden.