immer auf Besuch erwartet. Eine Kajüte des im Ha⸗ . „Curtatone“ wurde “ jestät mit vielem [ * geschmackvoll hergerichtet, daß jeselb ein bewunder . diesseen a. B. sagt: „Unsere Aussichten auf Aufhebung des Belagerungszustandes trüben sich wieder. Dieser Tage wurde auf der Landstraße ein Faß mit zum Pulver vorbereitetem Salpeter efunden, welcher Umstand reichlich dazu ausgebeutet wird, die Beibehaltung des Ausnahmezustandes zu rechtfertigen. 2 Baron Könneritz, Königl. sächsischer Gesandter am Hofe, ist gestern nach Breslau abgereist und wurde vom Grafen Bernstorf bis in den Bahnhof begleitet. 1 1.“ Ueber das Institut der Vertrauensmänner in Wien liest man Folgendes in der Wiener Zeitung: „Als gegen Ende des vo⸗ rigen Jahres selbst die strenge Handhabung der für die Zeit des Belagerungszustandes gegebenen Ausnahmsgesetze nicht im Stande war, stets sich wiederholende Uebertretungen derselben zu hindern, als in Folge dessen täglich Verurtheilungen vorfielen, die nicht blos den Schuldigen, sondern nur zu oft auch seine schuld osen An⸗ gehörigen trafen, Verurtheilungen, die das Mitleid um so mehr in Anspruch nehmen mußten, als so häufig Unkunde, Irrthum, Aufrei⸗ zung und Verführung der Uebertretung zu Grunde lagen, da traten Bürger Wiens aus allen Stadt⸗ und Vor⸗ stadt-Bezirken zusammen, geleitet von der Idee, die Re⸗ gierung in ihrer schweren Aufgabe: Ruhe, Ordnung und Sicher⸗ heit in Wiens Mauern zurückzuführen, werkthätig zu unterstützen; in diesem Sinne durch Beispiel und Belehrung auf ihre Mitbür⸗ ger einzuwirken, allen Srörungen der Ordnung vorbeugend, und wo dieses nicht möglich wäre, hemmend durch ihr vermittelndes Ein⸗ schreilen entgegen zu treten, und so das strenge Einschreiten der Militairgewalt gegen jene ihrer Mitglieder möglichst selten zu machen, die durch Unkunde, Irrthum oder Aufreizungen zu Gesetzes⸗ Uebertretungen verleitet, ihrer abmahnenden Stimme Gehör geben würden. Sie nannten sich Vertrauensmänner, weil zur Erfüͤllung dieser sich selbst gewählten Mission ihnen das Vertrauen der Regierung eben so, wie jenes ihrer Mitbürger, nnentbehrlich war; sie glaubten dieses Vertrauen ohne Mißdeutung ansprechen zu können, weil sie bei ihrer muhevollen Aufgabe von den reinsten Motiven, von Patrio⸗ tismus und Humanität geleitet waren. Das Vertrauen der Re⸗ gierung ist ihnen zu Theil geworden, und es läßt sich nicht weit genug verbreiten, es läßt sich nicht oft genug im nie erlöschenden Dankgefühle wiederholen: Wiens Civil⸗ und Militair⸗Gouver⸗ neur, Herr Feldzeugmeister Freiherr von Welden, hat den Gedan⸗ ken nicht nur zur wirklichen Geltung gebracht, er hat auch die eigentliche Bedeutung des Institutes sogleich dadurch segenbrin⸗ gend emporgehoben, daß er den wahren Humanität bekunden⸗ den Antrag machte, sogar amtlich einlangende Anzeigen den Vertrauensmännern mittheilen zu wollen und ihre Vermitte⸗ lung dem strengen Walten des Kriegsgerichtes und der Stand⸗ rechts⸗Kommission vorangehen zu lassen, ein Antrag, der die Vertrauensmänner in die glückliche Lage setzte, durch ihr vermittelndes Einschreiten so manches Menschenleben zu retten und so manchen Bürger, der vielleicht einer mehrjährigen Kerkerstrafe verfallen wäre, seinen Angehörigen zu erhalten. Eben diese wohl⸗ thätigen Folgen ihres Einschreitens aber verschaffen den Vertrauens⸗ männern, veren Wirksamkeit sich auf einzelne, jedem zugewiesene Bezirke erstreckt, auch das Vertrauen ihrer Umgebung, ihre Worte fanden Anklang bei ihren Nachbarn, ihr Beispiel fand Nachahmung bei ihren Mitbürgern, und jetzt, wo sich der Sinn für Gesetzlichkeit, für Ruhe und Ordnung in Wiens Mauern immer mehr befestigt, kehren immer seltener jene Fälle zurück, wo ihr vermittelndes Ein⸗ schreiten in Anspruch genommen wird. Die Vertrauensmänner, er⸗ muthigt durch die erzielten Erfolge, getragen von dem Vertrauen der Regierung und ihrer Mitbürger, erwägend endlich, daß es nie in ihrer Absicht lag, eine andere Stellung einzunehmen, als welche der Patriotismus und der Eifer für das allgemeine Beste jedem redlichen Staatsbürger vorzeichnet, und daß sie auch in der That eine andere Stellung nie eingenommen haben, wollen es nunmehr unter⸗ nehmen, ihrem Wirken eine weitere Ausdehnung, die sich auch über die Dauer des Belagerungszustandes erstrecken soll, zu geben. Sie halten fest an dem Prinzip der consti⸗ tutionellen Monarchie, sie halten fest an der von Sr. Majestät am 4. März d. J. Oesterreichs Völkern ertheilten Reichs⸗Verfas⸗ sung, sie halten fest an den Oesterreichs Völkern am 4. März d. J. gewährleisteten politischen Rechten, sie wollen sich aber alles dieses nicht durch eine Partei verkümmern lassen, die aus Revolutionen ein Gewerbe macht, durch eine Partei, die nicht nur bei uns, son⸗ dern in ganz Europa Tausende und Tausende in das Ungluck ge⸗ stürzt hat, während die Fuhrer, die durch das Blut ihrer bethör⸗ ten Anhänger erkauften Reichthümer in England, Frankreich und der Türkei verprassen. Die Vertrauensmänner werden da⸗ er auch nach Aufhebung des Belagerungs⸗Zustandes offen, fest und entschieden jedem Treiben fremder Abenteurer, und ihrer Anhänger entgegentreten, welches auf Wiederholung jener unglucklichen Vorgänge hinzielte, wodurch es im vo⸗ rigen Jahre denselben gelang, in wenigen Monaten Wiens Straßen zu veröden, Wiens Handel und Gewerbe zu ver⸗ nichten, Wiens Bewohner zu Tausenden brotlos zu machen, zu Tausenden geistig und moralisch zu verderben! Geleitet von diesen Ansichten werden die Vertrauensmänner in ihrem bürgerlichen Wir⸗ kungskreise und ohne besonderen Auftrag der Regierung auch fer⸗ nerhin die Verbreitung der Erzeugnisse von Winkelpressen, als Pla⸗ kate, Flugblätter und dergleichen, die allfällige Abhaltung geheimer Versammlungen zu überrasden und zu vereiteln, Aufläufe und Zusammentrelungen im gutlichen Wege zu zerstreuen, Auf⸗ wiegelungs⸗Versuche durch aufklärende und belehrende Wider⸗ legung wirkungelos zu machen nach Kräften bemüht sein. Sie wollen versuchen, ihr Vermitileramt zwischen der Re⸗ gierung und ihren Mitbürgern in der Art vorzuüben, da sie die Ansichten der letzteren über die in Ausübung kommenden Re⸗ gierungs⸗Maßregeln und die diesfälligen Wünsche des großen Publikums mit Ünterlassung jedoch absichtlicher Ausholung sam⸗ meln und mit strenger Vermeidung jeder persönlichen Denuncia⸗ tion der Regierung bekannt geben werden, damit diese in die Lage komme, nach Umständen diesen Ansichten und Wün⸗ schen Rechnung tragen zu können. Sie werden sich end⸗ lich bestreben, auf die Belehrung und Aufklärung jenes Theiles ihrer Mitbürger, welchem eine vissenschaftliche Vorbilung mangelt, durch jedes constitutionelle Mittel, namentlich durch Wort und Schrift, durch Unterstutzung und Verbreitung die gleiche Tendenz verfolgender Journale und anderer Schriften, und auf Hebung der Volksbildung gerichteter Vereine hinzuwirken, und hoffen bei diesem gemeinnützigen Streben auf die Mithülfe und Unterstützung ihrer Mitbürger, denen die Wahrung echter bürger⸗ licher Freiheit, gegenüber kommunistischen und separatistischen Ge⸗ lüͤsten am Herzen liegt.“ “
Bayern. München, 19. Dez. (Nürnb. Korresp.) In der heutigen Sitzung der Abgeordneten⸗Versammlung stand auf der Tagesordnung der Vortrag über die zweite Rückäußerung der
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Kammer der Reichsräthe über das Amnestie⸗Gesetz. Aus dem Vortrag des Referenten ergiebt sich: 1) Bezüglich auf Absatz 2 des Artikel 5 wurde vom Ausschuß mit 5 gegen 4 Stimmen beschlossen: „der Fassung der Kammer der Reichsräthe beizutreten.“ 2) Bezüglich auf Absatz 3 des Artikel 5 wurde einstimmig beschlossen: „auf dem fruheren Beschlusse dieser Kammer zu beharren.“ 3) Bezüglich des von der Kammer der Reichsräthe beschlossenen neuen Artikels 9 wurde mit 7 gegen 2 Stimmen beschlossen: „dem Beschlusse der Kammer der Reichsräthe beizutreten.“ 4) Mit 7 gegen 2 Stim⸗ men wurde endlich beschlossen: „den diesseitigen Wunsch bezüglich der durch dieses Gesetz zu amnestirenden Studirenden fallen zu lassen.“ Es wird über den Artikel 5, Ziffer 2 und 3 die Diskus⸗ sion eröffnet.
Wallerstein: Zum drittenmale wird nun diese Sache hier verhandelt, und es fragt sich, was nun in diesem wichtigen Mo⸗ ment zu thun sei. Die Fassung der Kammer der Reichsräthe wird ein Damoklesschwert, eine fürchterliche Waffe werrden. Der Redner weist nach, daß die Verfassungs⸗Urkunde und das Straf⸗ gesetzbuch nichts vom deutschen Bunde und Deutschland überhaupt enthält, der Richter sei nun lediglich auf den Partikularismus Bayerns angewiesen, auf den sich direkt das bayerische Straf⸗ gesetzbuch beziehe; es verfalle demnach auch die edelste Begei⸗ sterung für Deutschland dem Richterschwerte. Er beschwörd die Kammer bei ihrer Ehre, bei dem Wohl des Landes und des Thrones, ihren Beschlüssen treu zu bleiben. In der Kammer der Reichsräthe betrachte man in der Mehrzahl die Amnestie als einen Akt der Gnade, daher die mehrfachen Anfragen, ob der Gesetz⸗Entwurf bei Einbringung von Modificationen fallen würde. Das Ministerium habe bei Artikel 1 und 2 eine genügende Er⸗ klärung gegeben, weshalb die Kammer der Reiesräthe keinen Anstand genommen habe, sie anzunehmen; würde nun das Mini⸗ sterium bezüglich der Nr. 2, Artikel 5 dieselbe Erklärung abgeben, so würde die K. d. R. gewiß zum Beitritt bereit sein. Er (Redner) wolle alle Empfindungen bei dem Anblick der der Gerechtigkeit widerspre⸗ chenden Ungleichheit, die man zwischen der Pfalz und dem diesseitigen Bayern herbeiführen wolle, unterdrücken; aber er müsse bemerken, daß die Kammerbeschlüsse nicht das Werk der Fraction der Linken sei, sondern der Beschluß der Majorität, und daran dürfe nicht ge⸗ mäkelt, nichts davon hinweggenommen werden. Sollte dies doch der Fall sein, dann stelle er die Bitte, die drei ersten Artikel beizubehal⸗ ten, den Rest aber zu streichen und das Gesetz selbst mit den Worten „Gesetz für die Pfalz“ zu überschreiben. Die drei Franken und Schwaben wüßten dann doch offen, was sie zu erwarten haben, und wurden für diese Offenheit dankbar sein. Meine Herren, fährt der Red⸗ ner fort, in der Pfalz hat der offene Aufstand getobt, in den dies⸗ seitigen Kreisen war es nur eine edle, große, heilige Idee, die das Volk begeisterte; hier ward nirgende die Ordnung gestört, und doch sitzen Viele, die mit der größten Aufopferung und Hingebung für die Ruhe und Ordnung wirkten, im Kerker. Dafür will man die diesseitigen Provinzen mit strengeren Bestimmungen belohnen Um nun die Vereinigung zu ermöglichen, stelle ich den Antrag, zur Fastung der Kammer der Reichsräthe folgenden Zusatz anzunehmen: „Dieser Kategorie von Nichtamnestirten sind jedoch diejenigen nicht beizuzählen, welche zur Ein⸗ und Durchführung der in Frankfurt beschlossenen deutschen Reichsverfassung mündlich oder schriftlich auf⸗ gefordert haben.“ Nehmen wir diesen Zusatz an, so sagen wir be⸗ stimmt, was wir wollen, und wir bezwecken, was wir wünschen. Thun wir es nicht, so wird uns das Gesetz kalt entgegentreten, mit einer Wirkung, deren wir uns selbst nicht versehen.
Dr. Arnheim: Der Absatz 2 sei die Lebensfrage der Amne⸗ stie für Franken. Für den Richter sei die Einfuͤhrung der deut⸗ schen Reichs⸗Verfassung und der Umsturz der bayerischen Verfassung identisch. Er verlange Beibehaltung der Lerchenfeldschen Modifi⸗ cation oder Annahme der Wallersteinschen Submodification; sollte keine von beiden bezweckt werden, so möge man immerhin den Ar⸗ tikel 5 streichen, denn für Franken sei er dann unnütz. Dr. Rud⸗ hart will am früheren Kammerbeschluß festgehalten wissen, spricht sich jedoch gegen die Wallersteinsche Submodification aus. Heine: Er spreche im Interesse der Billigkeit, der Grundfeste ei⸗ ner wahren Regierung, für die diesseitigen Provinzen, wo man nichts weiter gethan habe, als was in der Pfalz zu einer Zeit, wo der Terrorismus noch nicht herrschte, geschah. Die Nummer 2 Artikel 5 sei ein künstliches Subsidium, zu Gunsten der Pfalz die diesseitigen Provinzen leiden zu lassen. Die Bestimmungen für diesseits seien zu streng, sie seien ungerecht. Freiherr von Ler chen feld: Das Amnestiegesetz ist ein Bedürfniß nicht nur für Viele, sondern für den Staat, und deshalb dürfen wir es, wenn es auch nicht nach unserem Wunsche ausfällt, nicht fallen lassen; möge die⸗ jenigen, welche es geschmälert, die Verantwortung treffen. Der Redner spricht sich fur die Modification Wallersteins aus. Bezüg⸗ lich der Fassung der Reichsräthe zu Nr. 3 müsse er bemerken, daß dieselbe die gehässigste und ungerechteste Rechtsungleichheit bewirke, denn sie schliüße diesseits Personen aus, welche in der Pfalz amne stirt würden; er musse bestimmt auf Streichung derselben antragen. Reinhard fordert das Ministerium auf, den Beschluß der Ma⸗ jorität, wie es dies versprochen habe, zu würdigen; denen aber, die das Gesetz schmälern wollen, rufe er zu: das Blut komme üͤber sie und ihre Kinder! (Tumult.) Der Redner korrigirt sich, es sei ihm das Wort in der Hitze entfahren, er habe sagen wollen: Die mögen es vor sich selbst verantworten. Auf diese Entschuldigung hin wird die Ruhe durch den Präsidenten mit einer Warnung vor einem Ordnungsrufe an den Sprecher hergestellt.
Minister von der Pfordten: Er müsse bemerken, daß er un⸗ ter Majorität immer nur die Majorität beider Kammern im Auge gehabt habe. Der Redner räth der Kammer, bezüglich Nr. 2 des Artikel 5 dem Beschlusse der Kammer der Reichsräthe beizutreten, um endlich ein Resultat zu erzielen. Die Fassung dieser Kammer gebe thatsächlich eine allgemeine Amnestie für die diesseitigen Pro⸗ vinzen, und dagegen habe man sich ja in der Mehrheit in dieser Kam⸗ mer ausgesprochen. Wolle man eine allgemeine Amnestie, so möge man es offen sagen und nicht versteckt unter der Fassung zu Art. 5 Nr. 2, wie die Kammer sie beliebte. Er glaube, daß man unterscheiden müsse zwischen Leuten, die einfach für die Reichsverfassung begeistert sprachen, und zwischen solchen, die offene Empörung predigten; er könne bestimmt sagen, daß es Leute gebe, die nach der Fassung der Reichsrätoe sofort frei würden. Die Wallersteinsche Modification sei ihm unklar und erscheine entweder als überflüͤssig, oder als zweideutig, weßhalb er sich sich dagegen aussprechen müsse. Döl⸗ linger stellt den Antrag, die Wallersteinsche Modification also zu fassen: „Dieser Kategorie von Nichtamnestirten sind jedoch die⸗ jenigen nicht beizuzählen, welche zu einer, jedoch nur mit gesetzlichen Mitteln zu erreichenden Ein⸗ und Durchführung der in Frankfurt beschlossenen deutschen Reichsverfassung mündlich oder schriftlich aufgefordert haben.“ Breitenbach nimmt sich der vorgehenden Modificationen an und spricht bezüglich Ziffer 3 für den diesseitigen Kammerbeschluß. Er will Milde und Versöhnung. In der Ge⸗ schichte liebe man die Regenten mit der Benennung: der Güttige, Milde, nicht aber die mit der Bezeichnung: der Strenge. Möge die Regierung auch unserem König jenen Ruhm verschaffen.
Wallerstein: Er habe die Ueberzeugung, daß nach Annahme
seiner Modification doch noch Manche diesseits im Gefängnisse ver⸗ bleiben dürften; wenn dies aber auch nicht so wäre, wäre es ein Unglück für Bayern, wenn Alle frei würden? Für Bayern, fürs ganze Land wollte man keine allgemeine Amnestie mit Hinblick auf die Pfalz; allein für einzelne Provinzen sei das nicht ausgesprochen. Das schönste Bewußtsein für eine Regierung sei die gemäßigte Hal⸗ tung eines Landes und ein kräftiger Hebel nach außen, suche man deshalb diese Haltung nicht zu einer verbrecherischen zu stempeln. Die Modification Döllinger's sei unerhört in der Geschichte der Rechtspflege. Es sollten nämlich die amnestirt werden, welche mit gesetzlichen Mitteln agirten; dann müsse die Regierung zuerst am⸗ nestirt werden, denn sie habe bis auf gewisse Punkte die Grundrechte und die Reichsverfassung anerkannt. Wollten wir eine politische Manifestation, so könnten wir getrost die Aburtheilung durch Ge⸗ schworne für die diesseits Verhafteten abwarten, denn sie würden frei werden; er erinnere an den Jakobyschen und Waldeckschen Pro⸗ zeß, deren Ende gewiß nicht zu Gunsten der Anklage spreche. Aber Friede und Versöhnung thue Noth, und dies bestimme ibn und seine Freunde, auf baldige Amnestie hinzuwirken. Wir wünschen, daß die Anhänglichkeit am Vaterlande erstarke und Jedermann eine Stuͤtze der Ordnung werde; dies geschieht, wenn wir Milde üͤben, und diese ist das Konservativste, was wir beschlißen können. Döllinger vertheidigt sich gegen die Aeußerungen Wallersteins, bedeichnet als erlaubte Mittel die Presse, das Associationsrecht, die Petitionen, als unerlaubt: die Aufforderung zur Waffengewalt. Schließlich vereinigt er sich mit einer Modification Kirchgeßners, welcher „ohne Anwendung der Waffengewalt“ statt der Worte „Anwendung von gtesetzlichen Mitteln“ eingeschaltet wissen will. Heine stellt eine Submodification zu dem Wallersteinschen Amen⸗ dement, dahin lautend: „Dieser Kategorie Nichtamnestirter sind je⸗ doch diejenigen nicht beizuzählen, welche ohne politische Conspiration mit dem Auslande, ohne Anrufen desselben zur Hulfe und ohne republikanische Anschläge zur Ein⸗ und Durchführung der Reichs⸗ verfassung mündlich oder schriftlich aufgefordert haben.“ Weis stellt eine Zusatzmodification zum Beschluß der Kammer der Reichs⸗ räthe: „Dagegen sollen diejenigen von der Amnestie nicht ausge⸗ schlossen sein, welche zur Ein⸗ und Durchführung der in Frankfurt beschlossenen Reichsverfassung auf anderem Wege als dem der ge⸗ waltsamen Revolution durch Wort oder Schrift anfgefordert ha⸗ ben.“ Wallerstein fragt den Antragsteller, ob diejenigen, welche zum Einstehen für die Reichsverfassung mit Gut und Blut aufgefordert haben, nach seiner Modifiaction in die Amnestie fallen würden? Weis bejaht dies; womit sich Wallerstein zufrieden er⸗ klärt. Kirchgeßner schließt sich der Modification des Abgeord⸗ neten Weis an. “
Der Justiz⸗Minister: Das Ministerium hat in den De⸗ putationen, welche aus allen Theilen des Landes hierher geschickt wurden, um die Regierung zur Annahme der Reichsverfassung zu bewegen, nie ein Attentat oder ein Verbrechen gesehen. Es handelte sich hier um verschiedene Ansichten, die ausgeglichen werden mußten. Mit diesen sind aber nicht diejenigen zu vermengen, welche die Reichsverfassung blos als Schild, als Deckmantel betrachteten, um Umsturz herbeizuführen, für diese könne es keine Amnestie geben. Die Modification des Fürsten Wallerstein bezweckte aber auch für diese Amnestie, deßhalb müsse er sich dagegen erklären. Das Amen⸗ dement des zweiten Präsidenten würde diesen Zweck am ersten er⸗ reichen, obwohl es eigentlich auch nicht nöthig sei. Die Regierung würde in dessen Annahme keinen Grund gegen die Beibehaltung des Gesetzes finden. Auch müsse er zur Beruhigung bemerken, daß nicht zu erwarten sei, daß jetzt noch bedeutende Einschreitungen gegen noch nicht verdächtige Personen in Folge des Amnestiegesetzes ein⸗ treten würden. Die in Augsburg anhängigen Untersuchungen seien die Ergebnisse aus allen Landestheilen. Schließlich bemerke er: Die Regierung habe durch Einbringung des Gesetzes gezeigt, daß sie Milde wolle; allein übergroße Milde sei nicht konservativ, sie zeuge von Schwäche und sei destruktiv. Endlich empfiehlt er noch⸗ mals das Amendement des zweiten Präsidenten Weis, wonach sich für Annahme des Gesetzes wenig Schwierigkeiten mehr darbieten würden.
Bei der Abstimmung zieht der Abgeordnete Döllinger sein Amendement zurück. Die Ziffer 2 des Artikel 5 in der Fassung der Kammer der Reichsräthe, welche zuerst zur Abstimmung kommt, wird vorbehaltlich der Zusatzmodificationen angenommen. Der Zu⸗ satz Wallerstein's wird verworfen; desgleichen der Zusatz Heine’'s; dagegen wird der Zusatz von Weis einstimmig angenommen. Zif⸗ fer 3 des Artikel 5 in der Fassung der Kammer der Reichsräthe „Z) nachstehende Personen (sind von der Amnestie ausgenommen): a) die Staats⸗ und Gemeindebeamten und Anwälte, b) Geistliche, c) öffentliche Lehrer, d) Militairpersonen, welche nicht in dem am
16. Juni d. J. ertheilten General⸗ Pardon begriffen sind“, wird
mit allen gegen drei Stimmen verworfen und der früͤhere Beschluß aufrecht erhalten. Der von der K. d. R. (bezüglich der Ausländer) beantragte Artikel IX. wird angenommen.
Ueber den Wunsch, die disziplinären Untersuchungen gegen Studirende betressend, wird die Debatte eröffnet. Jäger ist als primärer Antragsteller selbst füͤr Streichung, um das Gesetz nicht aufzuhalten, ersucht aber das Ministerium, dahin zu wirken, daß die amnestirten Studirenden nicht in disziplinäre Untersuchungen verwickelt würden. Ringelmann: Die Staatsregierung habe das lebhafteste Interesse an dem baldigen Abschluß dieser hochwich⸗ tigen Frage und deshalb spreche sie sich für Streichung des Wunsches aus. Man werde übrigens auch hier zwischen Verfüh⸗ rern und Verführten zu unterscheiden wissen, zwischen dem Vorsatz und der raschen Begeisterung. Das Ministerium werde den so bestimmt in dieser Kammer ausgesprochenen Wunsch in Berücksich⸗ tigung zu ziehen wissen. Wallerstein: Er bitte, daß der Wunsch, die Studirenden betreffend, gewiß berücksichtigt werde, denn diese Leute hätten sicherlich eine lautere Begeisterung gezeigt. Lerchen⸗ feld spricht in gleichem Sinn und erinnert an die früheren poli⸗ tisch verdächtigen und verfolgten Studirenden, welche nun die festesten Stützen des Konservatismus seien. Der fragliche Wunsch
ird gestrichen. vige gescic stellt eine Interpellation an das Ministerium, den Schadenersatz an die Kaufleute Ludwigshafens betreffend, da es sich um den Kredit dieses Ortes handele. von der Pfordten erklärt darauf, daß bereits eine Vorlage in dieser Sache beim Staatsrathe eingebracht sei und demnäüchst an die Kammer gelangen werde. Dr. Jäger kündigt eine Interpellation an den abwesenden Kriegs⸗ Minister an, wegen nachstehenden Vorfalls: In Deidesheim seien Heinrich von Gagern, Soiron, Häusser und Gervinus bei einem Freunde auf Besuch gewesen, einige Tage darauf hätte Deidesheim eine halbe Compagnie Soldaten als Executionstruppen erhalten. Er frage, ob diese Truppensendung im Zusammenhang mit jenem Besuche stehe? Die Interpellation wird auf dem Tisch des Hauses
niedergelegt. Hannover. Hannover, 21. Dez. (Hannov. Ztg.) Die erste Kammer beschäftigte sich in heutiger Sitzung mit der zweiten
Berathung über die deutsche Angelegenheit. Es wurde bei nament⸗ licher Abstimmung gegen 14 verneinende Stimmen der Beschluß
der ersten Berathung wiederholt, die Vorlage an eine gemeinschaft⸗ liche Kommission von je 5 Mitgliedern zu verweisen. Bei der so⸗ vann folgenden Berathung über die Vertagung wurde gleichfalls der gestrige Beschluß (Vertagung bis zum 7ten k. M.) wiederholt.
In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer wird auf Lang's II. Antrag mit 42 Stimmen beschlossen, die deutsche Frage von der heutigen Tagesordnung zu entfernen und spätestens auf den 4. Januar wieder zur Berathung zu bringen.
Braunschweig. Braunschweig, 21. Dez. (D. R. Z.) Der Abgeordneten⸗Kammer wurde in ihrer heutigen Sitzung fol⸗ gendes vom Staats⸗Ministerium eingegangenes Schreiben, die von der Versammlung wegen der Civilliste gestellten Anträge betreffend, verlesen: 8
„„Wir haben Sr. Hoheit dem Herzoge von dem Inhalte des gefälligen Schreibens vom 17ten v. M., die Herabsetzung der aus der Kammer⸗Kasse in die Hofstaats⸗Kasse fließenden Summe betreffend, Vortrag gemacht und theilen auf Befehl Sr. Hoheit der geehrten Versammlung in dem Nachstehenden die höchste Entschließung mit. Wenngleich Se. Hoheit der Herzog in Beruücksichtigung der damals bestehenden ganz außerordentlichen Ausgaben und Zustände für das laufende Jahr einen Beitrag zu den Staats⸗Einnahmen aus der Hofstaats⸗Kasse zu verwilligen geruht haben, so finden sich Höchstdieselben doch nicht bewogen, von den durch den Finanz⸗Nebenvertrag verfassungsmäßig verbrieften Rech⸗ ten etwas aufzugeben, und halten die fur den gestellten Antrag in Bezug genommenen Gründe zu dessen Motivirung nicht für aus⸗ reichend, dazu der in dem Finanz⸗Nebenvertrag festgestellten Summe don dem Lande gar nichts beigetragen wird, solche vielmehr aus vem fast ausschließlich aus Familienstammgut des durchlauchtigsten Hauses bestehenden Kammergute reservirt ist, von welchem noch ein erheblicher Zuschuß zu den Staatseinnahmen erfolgt; da die Ein⸗ richtungen des Hofhaushalts auf dieser auf einem unabänderlichen Vertrage beruhenden Summe basirt sind und daher bei Aufrecht⸗ erhaltung derselben nicht entbehrt werden können; da ferner diese Summe zum allgemeinen Besten im Lande wieder ganz verwandt wird, und deren Verkürzung daher nur nachtheilig wirken würde, und da endlich eine Vergleichung des jetzigen Zustandes mit dem, der bestehen würde, wenn die vor Errichtung des Finanz⸗ Nebenvertrags bestehenden staatsrechtlichen Verhältnisse unverän⸗ dert geblieben wären, überhaupt unzulässig ist, gerade weil jetzt andere Rechtsverhältnisse bestehen, und zu einem Resultate nicht führen kann, weil die Größe der auf den landesherrlichen Kassen liegenden Ausgaben auch von der alleinigen Bestimmung des Lan⸗ desherrn abhängen würde.“
Ein selbstständiger Antrag von Lucius, die von der Regie rung eingehenden Gesetzentwürfe über organische Einrichtungen so⸗ fort durch den Druck zur öffentlichen Kenntniß zu bringen, um eine Beurtheilung auch in anderen Kreisen und namentlich in der Presse zu veranlassen, wird unterstützt und der Petitions⸗Kommission zur Berichterstattung in der nächsten Sitzung überwiesen.
Hierauf wurde die Berathung der Städte⸗Ordnung fortgesetzt.
Oldenburg. Oldenburg, 20. Dez. (Wes. Ztg.) Das heute erschienene Gesetzblatt enthält das Gesetz für die Wahlen zum Volkshause des deutschen Reichstages mit den für die Verhältnisse des Großherzogthums nöthigen Veränderungen. In Bezug auf die Aenderung des Wahlgesetzes zum Landtage veröffentlicht das Staats⸗Ministerium nachstehenden von ihm an den Großherzog er⸗ statteten Vortrag, welcher die Motive zu den vorgenommenen Aen⸗ derungen im Wahlgesetze enthält:
„Die Revision des Wahlgesetzes gehört zu den Gegenständen, worüber bereits unter den Vorgängern der ehrerbietigst Unterzeichneten verschiedenes Material gesammelt ist, um daraus eine Vorlage für den Landtag vorzu⸗ bereiten. Die Verhältnisse gestatteten die Ausführung nicht und bei der unvermeidlich gewordenen Auflöͤsung des zuletzt berufenen Landtages sieht das Staats⸗Ministerium sich veranlaßt, Ew. Königl. Hoheit einige Abänderungen der Wahlordnung vorzuschlagen, welche nach den gemachten Erfahrungen so dringend nothwendig erscheinen, daß mit deren Verfuͤgung nicht weiter Anstand zu n hmen sein dürfte. Das Staats⸗Ministerium wird in seinen Vorschlägen nicht weiter gehen, als unumgänglich nothwendig ist, um die Uebelstände zu beseitigen, welche bei dem bisherigen Wahlverfahren als besonders nachtheilig sich herausgestellt haben, damit nicht bei den vorzunehmenden Wahlen sich Erscheinungen wiederholen, welche vielseitig Anträge auf eine Aenderung her⸗ vorgerufen haben.
„Schon bei der Versammlung der 34 kam es zur Sprache, ob es nicht angemessen sei, Wahlbezirke zu bilden, deren jeder nur einen Abge⸗ ordneten zu wählen haben würde. Von den 34 Abgeordneten erklärten sich 13 dafür. Dem Mehrheitsbeschlusse pflichtete indeß die Staats⸗Regierung bei, weil man durch größere Wahlkreise sich dem damals als richtig ange⸗ I Grundsatze einer allgemeinen Wahl im ganzen Lande zu nähern
aubte. 8 „Dieselbe Ansicht machte, jedoch nicht ohne Widerspruch und entgegen⸗ gesetzte Anträge, sich auch bei der Feststellung des Staats⸗Grundgesetzes geltend und ist in der Wahlordnung durchgeführt.
„In der Anwendung hat der angenommene Grundsatz sich aber nicht bewährt und Uebelstände zur Folge gehabt, welche dringend auffordern, den Versuch zu machen, sie zu beseitigen.
„Die Wahl von 5 oder 6 Abgeordneten in einem Wahlakte, die große Zahl der Wahlmänner, führt leicht zu heftigen Anstoß erregenden Kämpfen der Parteien, die Reihefolge der Wahlen fördert die Agitation, und die Größe der Wahlversammlungen und Kreise erschwert unnöthigerweise das Wahlgeschäft und die Ausübung des Wahlrechts. Es ist bei den größeren Wahltreisen zu besorgen, daß das Ergebniß der Wahlen in vielen Fällen nicht auf die freie Wahl des Volkes sich stützt, daß das Feld der Intriguen betreten werde und statt der freien Wahl nur zu leicht Vertrag, ein förm⸗ liches Markten und Handeln die Vertreter des Volkes bestimme.
„Die gesetzliche Bestimmung größerer Wahltreise mit ihrem kaum zu entfernenden Gefolge wühlerischen, entsittlichenden Getreibes der Wahlum⸗ triebe, der vertragsmäßigen Stimmgebung, ohne oder selbst gegen die eigene Ueberzeugung, lassen die nachtheiligsten Folgen befürchten. Die constitu⸗ tionelle Verfassung, selbst die Stellung des Landtags muß im Urtheile des Volks gefährdet erscheinen, die Betheiligung an den Wahlen wird gelähmt, da manche sich sern halten, weil sie den Tummelplatz der Intriguen nicht betreten wollen und nicht erwarten können, daß ohne solche ihre Stimme irgend von Gewicht sein werde. Die Einrichtung größerer Wahlkreise führt W“ zu dem Gegentheil von dem, was bezweckt wurde, zu einer geringen
etheiligung am allgemeinen Wahlrechte. Die Minderheit wählt und Ver⸗ träge nehmen den Wahlen ihren grundgesetzlichen Charalter, stempeln den Wahlakt zu einer bloßen Förmlichkeit.
„Es ist nicht zu verkennen, daß diese zu befürchtenden Folgen einen dauernd nachtheiligen Einfluß äußern müssen, und es ist daher Pflicht, auf eine Aenderung sobald als möglich Bedacht zu nehmen.
„Unter diesen Umständen und unter den gegenwärtigen Zeitverhältnissen, wo die Staatsregierung eines ungetrübt klaren Ausdrucks der Volksstimme mehr als je bedürftig ist, liegt gewiß ein Fall vor, wo es als dringlich und verantwortlich erachtet werden kann, auf den Grund des Art. 160 Absatz 2 des Staatsgrundgesetzes, die Eintheilung des Großherzogthums in leinere Wahlkreise von je 1 oder, wo die Oertlichkeit oder die Zahl der Bevölkerung ausnahmsweise gebietet, von je 2 Abgeordneten, und weiter die damit in Verbindung stehende Abänderung des §. 36 des Wahlgesetzes, nämlich die gleichzeitige Vornahme der Wahlakte an einem Tage anzuordnen. Diese,Aen⸗ derung ist eine nothwendige Folge der Einrichtung kleiner Wahlkreise, da ohne sie die grundgesetzlich bestimmte Zeit zwischen den Wahlausschreiben und
der Berufung des Landtags nicht würde eingehalten werden können.
„Im Uebrigen wird die frühere Besorgni
8 2 gniß, daß durch kleine Wahl⸗ kreise der Blick der Wähler leicht allzueng begränzt 18 jetzt schon min⸗ er erheblich erscheinen, seitdem die Bewegung des letzten Jahres bereits
daran gewöhnt hat, auch über den Wahlkreis hinaus zu wählen. Dazu bleibt aber den kleineren Wahlkreisen die Befriedigung, daß sie sich selbst wirklich und sicher zur Geltung bringen können.
„Die Bildung der Urwahlbezirke in dem Fürstenthum Birkenfeld, §. 6 C. der Wahlordnung, hat sich als sehr unzweckmäßig herausgestellt und bean⸗ tragt das Staats⸗Ministerium ferner, daß bestimmt werde, daß jede Gemeinde einen besonderen Bezirt zur Vornahme der Urwahler bilde, und die dieselben nach der Bestimmung des betreffenden Amtes, der Bürgermeister oder Schöffe 888 dieser 2 dCs. sich nach den lautgewordenen Wünschen
ud den bisher gemachten Erfahrungen, ein Betheili bei veohsen . rfahrungen, e rege Betheiligung bei den
„Einen besonderen Anstoß hat die Vorschrift des §. 20 des Wahlge⸗ setzes, daß auf dem Lande der Wahltermin „jedenfalls arch durch Ansage⸗ oder Kündigungszettel“ bekannt gemacht werden musse, gefunden, wie sich bei der Prufung der letzten Wahlen ergeben und erscheint es nothwendig, die Zweifel, welche diese Vorschrift veranlaßt, zu besestigen. Es wurde ge⸗ nügen, wenn der Zusatz: „jedenfalls auch durch Ansage⸗ oder Kündigungs⸗ zettel“ wegbliebe, da die ortsübliche Weise der Bekanntmachung ausreichend sein dürfte. Daß schon jetzt diese Aenderung getroffen werde, wird insbe⸗ sondere dadurch begründet, daß es nothwendig erscheint, in dieser Richtung Verhandlungen abzuschneiden, wie sie bei den letzten Prüfungen der Wahlen durch jene Bestimmung veranlaßt wurden. 8
„Es haben sich bei der Anwendung der Wahlordnung noch verschie⸗ dene andere Zweifel gezeigt, doch erscheinen diese dem Staats⸗Ministerium nicht so dringlich, als daß sie nicht in dem regelmäßigen Wege der Gesetz⸗ gebung ihre Erledigung finden könnten. Die beantragten Aenderungen werden jedoch um so unbedenklicher sofort ins Leben gerusen werden koͤn⸗ nen, als nach den vorliegenden bestimmten Anträgen und den öffentlich ausgesprochenen Ansichten angenommen werden muß, daß die beantragten Abänderungen der Wahlordnung nur den Wünschen des Landes entge⸗ genkommen.
„Ew. Königl. Hoheit bittet das Staats⸗Ministerium hiernach unter⸗ thänigst, die anliegende Verordnung gnädigst vollziehen zu wollen.
„Oldenburg, den 15. Dezember 1849. 1
Staats⸗Ministerium.
von Buttel. von Eisendecher. Römer. Krell.
Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 19. Dez. (D. A. Z.) In der ersten Sitzung der wiedereröffneten Landes⸗Versammlung verwilligte dieselbe 100 Rthlr. zur Nutzbarmachung eines in 6 — 7000 Bänden bestehenden, von den Herren von Beust, vormaligem Bundestags⸗Gesandten der Herzogl. sächsischen Häuser, und Staats⸗ Minister von Lindenau der Landesbibliothek gemachten Geschenks. Der letztere Schenkgeber hatte schon vor einigen Jahren seine be⸗ sonders im Fache der mathematischen und geschichtlichen Wissenschaf⸗ ten reiche, in seinem hiesigen Rittergut Polhof aufgestellte Bucher⸗ sammlung jener Bibliothek einverleibt; in diesem Jahre kaufte er die Bücher der seit 1790 hier bestehenden und Ende September auf⸗ gelösten literarischen Gesellschaft, welche besonders in die Fächer der belletristischen, Reise⸗ und periodischen Literatur gehören, und be⸗ reicherte auch mit diesen dieselbe Bibliothek. Von dem Abg. Lau⸗ rentius wurde der Antrag gestellt, den Gebern dieser Schenkung den Dank der Landschaft abzustatten, welcher Antrag durch Acclamation angenommen wurde.
Mit dem neuen Jahre kommt zu den hiesigen, für die Größe der Stadt zahlreichen Wohlthätigkeits⸗Anstalten eine neue, nämlich eine Arbeitsschule für schulfähige Knaben unbemittelter Aeltern. In derselben sollen solche Knaben während der schulfreien Zeit nicht blos vom Mußiggang, Bettelei und sittlichem Verderben abgehalten werden, sondern ihnen auch nützliche Beschäftigung gewährt, sie zu nutzbringenden Beschäftigungen befähigt, ihnen Gelegenheit zu klei⸗ nen Verdiensten gegeben und auf ihre moralische Veredlung gewirkt werden. Die Zahl der aufzunehmenden Knaben soll vorerst auf 30 — 40 beschränkt bleiben, der Aufwand für Erhaltung der Schule, vorläufig auf 2—300 Rthlr. geschätzt, durch freiwillige Beiträge wohlgesinnter Menschen gedeckt werden. Der Vorstand, an dessen Spitze Herr von Lindenau steht, kündigt mit Freude und Dank an, daß ihm schon ansehnliche Beiträge zu dieser Anstalt anvertraut worden sind. Die Eröffnung ist auf den 3. Januar festgesetzt.
Lippe⸗Schaumburg. Bückeburg, 20. Dez. (Ztg. f. N. D.) Die Ministerkrisis ist nun definitiv beendet. Der Fürst hat dem Regierungs⸗Direktor Langerfeldt die wiederholt nachge⸗ suchte Entlassung aus dem Vorsitze und den Geschäften der Regie⸗ rung, der Lehnkammer und des Justizsenats der Regierung unter ehrenvoller Anerkennung der geleisteten langjährigen Dienste ertheilt. Den Vorsitz in dem Konsistorium und dem Collegium medicum wird der Regierungs⸗Direktor Langerfeldt noch ferner beibehalten. Außer⸗ dem ist der bisherige preußische Geheime Justizrath und vortra⸗ gende Rath im Justiz⸗Ministerium, Freiherr von Lauer⸗Münchhofen, zum Regierungs⸗Präsidenten ernannt worden. Derselbe ist vorgestern beeidigt und nimmt die von Langerfeldt versehenen Stellen ein. Er hat dem Landtage gegenüber bis auf Weiteres die Verantwortlich⸗ keit für sämmtliche Regierungsgeschäfte allein übernommen. Die früheren Minister sind mit Belassung ihres bisherigen Gehalts und ihres Dienstranges definitiv von der Fortfuhrung der laufenden Geschäfte entbunden; der Regierungsrath Bömers führt die Direc⸗ tion bei der Polizei⸗Kommission fort; der Regierungsrath König ist zum ersten Beamten der Aemter Bückeburg und Arensburg er⸗ nannt; der Regierungsrath Capaun⸗Carlowa sührt sein Votum im Justizsenat der Regierung und in der Lehnkammer, so wie den Vor⸗ sitz in der Ablösungs⸗Kommission fort. Die Sachen sind wesentlich geblieben, wie sie waren, nur daß den drei Regierungsräthen ein Regierungs⸗Präsident vorgesetzt ist, denn auch König behält sein Volum im Konsistorium und den Vorsitz in der Eisenbahn⸗Kom⸗ mission.
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Lauenburg. Lauenburg, 15. Dez. (Z. f. N. D.) Den Abgeordneten zur Landes⸗Versammlung ist folgendes Einberufungs⸗ Schreiben zugegangen:
„Dem Präsidium der Staͤtthalterschaft ist vom permanenten Ausschuß der lauenburgischen Landes⸗Versammlung Mittheilung ge⸗ macht, daß der mit Prufung und Begutachtung der diesseitigen Vorschläge über Organisation der Gerichts⸗Verfassung und öffent⸗ lichen Verwaltung, so wie Cinrichtung eines Schwurgerichts, beauf⸗ tragte Ausschuß der Landes-Versammlung seine Arbeiten vellendet
In Folge dieser Mittheilung hat die Statthalterschaft beschlossen, die Landes⸗Versammlung zur Berathung und Beschlußnahme über die den einzelnen Mitgliedern bereits mitgetheilten Gesetz⸗Entwurfe auf Montag, den 7. Januar 1850, zu berufen, und es ergeht hiermit die Aufforderung an den Herrn N. N., sich am gedachten Tage, Vormittags 11 Uhr, im bekannten Sitzungssaale zu Ratze⸗ burg einzufinden. Ratzeburg, den 14. Dezember 1849. Präsidium der Statthalterschaft des Herzogthums Lauenburg. L. Kiel⸗ mansegge.“
Ausland.
Fraukreich. Paris, 19. Dez. Die Abtheilungen ernann ten heute eine Kommission, um den Handels⸗ und Schifffahrts⸗
Vertrag zwischen Frankreich und Belgien zu prüfen. Der Vertrag
wurde im Allgemeinen günstig aufgenommen. Mehrere Einwürfe
habe und bereit sei, der Landes⸗Versammlung Bericht zu erstatten.
gegen den Vertrag wurden mit dem Bemerken erledigt, der Zoll⸗ verein mache Belgien Vorschläge, und Belgien würde sich demjeni⸗ gen Staat eng anschließen, der ihm den größten Vortheil verspreche.
Gestern war großer Minister⸗Rath im Elysee; ein neuer Plan wegen der Paris⸗Lyoner Bahn, den Herr Bineau nächstens der Kammer vorlegen will, wurde besprochen. Die Budget⸗Kommission, welche um 11 Uhr versammelt war, um einige Amendements zu der Getränksteuer zu berathen, beschloß mit einer großen Majori⸗ tät (die Minorität zählte nur 4 Stimmen), auf ihrem gefaßten Beschluß zu bestehen, den Regierungs⸗Antrag wegen der Paris⸗ Avignoner Bahn zu verwerfen. Herr Prosper de Chasseloup⸗Lau⸗ bat, Berichterstatter, zeigte der Kommission an, der Minister der öffentlichen Arbeiten habe einige Tage verlangt, um seinen Beschluß wegen des verworfenen Gesetzes mitzutheilen.
Herr St. Beuve hat den Antrag gestellt, den Zwangscours der Banknoten aufzuheben.
Der Liberté schreibt: „Der Präsident hat 50,000 Pfund Sterling aus England durch Rothschild erhalten.“ Die Reform meint, England habe auf den Entschluß der Regierung, die Ge⸗ tränksteuer beizubehalten, einen bedeutenden Einfluß geübt.
Herr Dillon, Conseil der Sandwichinseln, ist in Paris ange⸗ kommen.
„Der Kriegs⸗Minister hat den Generalstab der Alpenarmee auf⸗ gelöst, da das Budget eingeschränkt worden.
Der Antrag des Herrn Favreau, den Stadtzoll durch eine Ein⸗ kommensteuer zu ersetzen, ist von der Kommission der parlamentari⸗ schen Initiative verworfen worden.
Der Präsident der Replublik hat durch ein Dekret vom 4. De⸗ zember eine Prämie für jeden Beamten in Algerien ausgesetzt, der arabisch spricht.
9 Die Postverbindung mit Deutschland wird durch eine neue Bestimmung, die nächstens getroffen wird, erleichtert werden. Die Nordbahn wird frankirte Briefe bis 7 Uhr Abends nach Deutsch⸗
land befördern. 1
Spanien. Madrid, 11. Dez. (Fr. Bl.) Das Tri⸗ bunal des hiesigen Handelsgerichts hat einen Urtheilsspruch erlassen, durch den es seinen Urtheilsspruch vom 30. Januar widerruft und fur nichtig erklärt, der den berühmten Banquier Jose de Salamanca in Madrid für fallit erklärte. Dieser befindet sich jetzt wieder an der Spitze seiner Geschäfte.
Der Beginn der heutigen Sitzung der Deputirten⸗Kammer war der Verlesung verschiedener Gesetz⸗Entwürfe gewidmet und zwar über die Eisen⸗Emfuhr, über das Arrangement der Staatsschuld und über das Wahlgesetz. Der Deputirte Hermandez wollte den Kriegsminister über das Dekret, die Reserve betreffend, interpelli⸗ ren, der Minister erwiederte, in keine Details der Erklärung ein⸗ gehen zu können. Herr Laborda interpellirte wegen der Wahlen in Catalonien. 1
Sanchez Silva hat den Vorschlag gemacht, die Interessen der Zprozentigen Schuld auf 2 pCt. herabzusetzen. Jetzt läßt man den Staatsgläubigern eine Maßregel hoffen, die günstiger für sie ist, als jene Silva's. Zuerst soll eine regelmäßige Bilanz der spani⸗ schen Schuld aufgestellt werden; dann will man eine bestimmte Garantie gegen das heimliche Anwachsen der Schuld einführenz zuletzt soll ein bestimmter Theil des öffentlichen Einkommens auf die Bezahlung eines Theiles der rückständigen Interessen verwandt werden. Wer da weiß, daß Spanien seit 35 Jahren keine Zinsen gezahlt hat, ohne neue Schulden zu kontrahiren, und das Deftzit kennt, welches sich jedes Jahr regelmäßig herausstellt, wird den Werth jener Pläne zu würdigen wissen. b ö“
Madrid, 13. Dez. (Fr. B.) i Gesundheit der Köni⸗ gin ist befriedigend. Die Kammer hat den Antrag des Herrn Silva wegen der öffentlichen Schulden mit einer großen Majorität verworfen. Am Anfange der heutigen Sitzung stellte der Deputirte Strojano we⸗ gen der zahlreichen Auswanderungen aus Murcia, Alicomte und Alwerin, eine Folge eines schrecklichen Elends, eine Anfrage an das Ministerium. Der Marine⸗Minister meinte, das entworfene Bild sei zu duster, übrigens sei die Regierung gegen jene Provinzen sehr wohlthätig. Die Kammer ging nach Anhörung einiger Red⸗ ner zur Tagesordnung über. Beim Abgang der Post war Herr Olozago auf der Rednerbühne, um einen Antrag gegen den amt⸗ lichen Einfluß in den Wahlen zu entwickeln. Der Antrag wird wohl nicht zur Berathung gezogen werden.
In Barzelona sind 800 Mann der Expeditions⸗Armee aus
Italien angekommen.
Herr Silva hat seine Entlassung als Mitglied der Junta zur Regulirung der Staatsschulden gegeben.
Türkei. Konstantinopel, 8. Dez. (Wanderer). Herr von Titoff hat an Ali Pascha eine Note des Grafen Nesselrode ab⸗ gegeben, worin selber gegen das übereilte Zurückziehen der türki⸗ schen Truppen aus der Moldau⸗Walachei und ihre Verminderung auf 10,000 Mann, wie es der Vertrag von Balta⸗Liman bestimmt, klagt. Rußland, heißt es weiter, um die Heilighaltung der Ver⸗ träge zu beweisen, sollte sich bestimmt finden, auch seinerseits die Truppenmacht in den Donaufürstenthümern auf diese Zahl herunter⸗ zubringen, es könne aber mit Rücksicht auf die Sicherheit seiner Staaten, die durch die Gegenwart der Flüchtlinge an diesen Grän⸗ zen gefährdet sein könnte, dies nicht eher thun, bis die Frage der ungarischen Füchtlinge gelöst und der diplomatische Verkehr her⸗ gestellt ist. Es ist gestern ein französisches Dampfschiff, dem man das Zurückziechen der franzüösischen Fotte zum Zwecke beilegt, in außergewöhnlicher Fahrt angekommen. Dies kann nicht auf⸗ munternd auf die Pforte einwirken.
Fuad⸗Efendi ist zum Mustachar des Großwesirs ernannt; die⸗ ses Vorrücken im Range kann nicht als eine Auszeichnung, wie man es glauben machen will, angesehen werden, vielmehr scheint seine diplomatische Lausbahn, die er als Amedzi betrat, eine andere Richtung erhalten zu haben, ob, um seine Abberufung von St. Petersburg zu beschönigen, oder das Gerücht, daß er nach beendig⸗ ter nunmaliger Sendung in Paris oder London verwendet werden soll, durch die Vorzeichnung seines neuen Berufs in der inneren Perwaltung zu widerlegen, was gleichzeitig von der Unzufriedenheit mit seinen Leistungen in St. Petersburg zeugen würde, kann jetzt nicht entschieden werden.
Die Gesandten Rußlands und Oesterreichs haben Verwahrung eingelegt, daß die bevorstehende Internirung nicht in die Coloni⸗ sation der Fluchtlinge ausarte, worin sie auch durch Herrn Can⸗ ning's gleiches Dafurhalten unterstützt werden. Es hat nämlich Baron Tecco in Folge erhaltener Weisung seiner Regierung Nie⸗ manden, auch den Italienern nicht, Reisepässe nach Sardinien zu ertheilen, bei der Pforte wegen Ermöglichung der Colonisation für die Italiener Fürsprache eingelegt, es wurde ihm aber das Begeh⸗ ren Rußlands und Oesterreichs, so wie die Ansicht Englands, ent⸗ gegengehalten. Graf Stürmer hat der Pforte das Anerbieten seg ner Regierung, die Kosten der Internirung unter der Bedingung der zugestandenen Bewachung der betreffenden üsterreichischen Flücht⸗