1849 / 355 p. 4 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Berathung über die dritte Rückäußerung der Kammer der Reichs⸗ räthe über das Amnestiegesetz statt. Die Sitzung beginnt um 12 Uhr; vor dem Anfang derselben bilden sich aufgeregte Gruppen im Saale um die Minister von der Pfordten, von Kleinschrod, von Lü⸗ der, Dr. Ringelmann.

Der Präsident drückt sein Bedauern aus, daß ein Gesammt⸗ beschluß in der Amnestiefrage durch die Kammer der Reichsräthe vereitelt worden. Der Referent erstattet Vortrag. Der Aus⸗ schuß habe so eben einstimmig beschlossen, das Prinzip der Billigkeit und nicht das der Gnade festzuhalten und auf dem gestrigen Beschluß zu beharren. (Bravo!) Wo sich's um Grundsätze handelt, darf man nicht transiniren, dies mag die Richtschnur unseres Handelns sein. (Gut!)

Freiherr von Lerchenfeld: Auch er sei der Ansicht, daß die Kammer von ihrem Beschlusse aus dem Standpunkte des Rechts und der Billigkeit nicht abgehen dürfe. Es sei unzweifelhaft, daß eine große Rechtsungleichheit zwischen der Pfalz und dem diesseiti⸗ gen Bayern eintreten würde, wenn man der Kammer der Reichs⸗ räthe nachgäbe. Er müsse den dort angeführten Motiven wi⸗ dersprechen; die Aufregung im diesseitigen Bayern sei nicht ge⸗ ringer gewesen, als in der Pfalz; der moralische Zwang reiße leichter hin, als der physische, und jener sei im diesseitigen Bayern vorherrschend gewesen. Die Verführung hier war größer, als dort. Solle denn eine Prämie darauf gesetzt werden, daß man weiter fortgeschrittten, solle denn die Unbesonnenheit belohnt werden und das Stehenbleieen, das Sichbesinnen Bestrafung erleiden? Dies sei gewiß ein irriger Gesichtspunkt, von dem die Kammer der Reichs⸗ räthe ausgehe. Das Ministerium habe erklärt, daß es mit der Modifi⸗ ration, die die Kammer der Abgeordneten gestern angenommen, ein⸗ verstanden sei, und es werde in die größte Verlegenheit gerathen, wenn diese ewigen Hin⸗ und Herberathungen am Ende das Gesetz fallen machten. Geschäftsbankerott der Gerichte, die größte Aufre⸗ gung im Lande und unabsehbare Nachtheile für das Wohl desselben würden die Folge sein. Man möge dies alles noch einmal der Kam⸗ mer der Reichsräthe vorführen, damit sie davon abstehe, die Erfül⸗

nahme, so hat der Ausschuß einstimmig die Modification be⸗ gutachtet.

Der zweite Prästdent, Graf Karl Seinsheim, stellt die Frage an den Justiz⸗Minister, ob ein Gemeinde⸗Beamter, Schul⸗ lehrer, Notar ꝛc., der unter die prinzipiellen Ausnahmen des Ge⸗ setzes falle, doch durch diese Modification amnestirt werden würde. Der Justiz⸗Minister belehrt den Herrn Fragesteller, daß dies natürlich nicht der Fall sein könne, worauf derselbe erklärt, daß es ihm zwar sehr schwer falle, seine Ueberzeugung aufzugeben, daß er aber zu monarchisch gesinnt sei, als daß er die Winke der Krone in hoöͤchster Potenz nicht beachten sollte. Er empfehle daher die Fassung des Justiz⸗Ministers und gebe dadurch ein Zeichen seiner Aufopferungsfähigkeit. 8

Minister von der Pfordten: Wenn wir Ihnen die An⸗ nahme der fraglichen Modification empfahlen, so haben wir hier nicht inkonsequent, sondern mit Berücksichtigung der jeweiligen Sachlage gehandelt. Höhere Staatsrücksichten bestimmten die Re⸗ gierung, noch vor Schluß des unheilvollen Jahres 1849 auch diese traurigen Nachwehen abzuschließen. Aeußerlich betrachtet, mag un⸗ sere Handlung inkonsequent erscheinen; wer aber tiefer blickt, wirdb uns zustimmen. Graf Arco⸗Valley: Ich schließe mich dem An⸗ trage des Justiz⸗Ministers an in der Hoffnung, daß die Regierung: 1) die lopalen Unterthanen bei künftigen Rebellionen schützen und überhaupt mit mehr Energie verfahren werde; 2) daß das Ministe⸗ rium baldigst ein Gesetz einbringe, wonach die Gemeinden für den Schaden, der durch Aufstände verursacht wird, verantwortlich und haftbar erklärt werden. G

Minister von der Pfordten: Man maͤge die schwierige Lage, in der das Ministerium vor sieben Monaten seine Regierung begonnen, ins Auge fassen, man möge die Schwierigkeiten, welche sich der gegenwärtigen Verwaltung innerhalb dieser Zeit entgegen⸗ stellten, berücksichtigen und prüfen, ob sie ihre Schuldigkeit gethan Sei dies der Fall, so könne man gewiß mit Grund annehmen, daß sie auch ferner dieselbe thun werde.

Bei der nun erfolgten Abstimmung wird die von dem Justiz⸗

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Richtamtlicher Theil.

Deutschland.

Bayern. München, 20. Dez. (Nürn. Korresp.) In

der heutigen Sitzung der Kammer der Reichsräthe waren 39 Mit⸗

lieder anwesend, darunter Prinz Luitpold, Prinz Adalbert, Prinz Karl,

erzog Max. Die Sitzung beginnt um 10 Uhr, die Tribüne ist mit Abgeordneten der zweiten Kammer gefüllt.

Der erste Präsident stellt folgende Interpellationen an den Kriegs⸗Minister, welche von der hohen Kammer unterstützt werden: 1) Welche Anordnungen das Ministerium des Krieges zu machen gedenkt, um die Disziplin im Heere zu erhalten und die weggefal⸗ lene Disziplinarstrafe zu ergänzen? 2) Wird das Ministerium das Militairstrafverfahren nicht bald in Einklang mit dem allgemeinen Strafverfahren bringen.

Nunmehr erstattet der Referent des 1sten und Zten Ausschusses Freiherr von Freyberg⸗Eisenberg Vortrag über den Stand der Amnestiefrage. Die vereinigten Ausschüsse haben beschlossen: 4) auf Zustimmung zu dem beantragten Zusatze der Kammer der Abgeordneten ad Ziffer 2 des Artikel 5 ihrerseits den Antrag aus dem Grunde an die Kammer zu stellen, als dieser Zusatz dem Grundgedanken der vorgeschlagenen Fassung der Kammer der Reichsräthe entspricht; 2) bei der Abstimmung über die von der Kammer der Abgeordneten vorgeschlagene Fassung der Ziffer 3 des Artikel 5 erklärte.; sich die Reichsräthe Freiherr von Freyberg, Graf von Reisach, Graf von Montgelas, Graf von Rechberg und Frei⸗ herr von Zu⸗Rhein gegen und die Reichsräthe von Arnold, von Maurer, Heintz, von Niethammer und Graf von Reigersberg für dessen Annahme. Der übrige Inhalt des Beschlusses der Kammer der Abgeordneten wurde als den diesseitigen Beschlüssen zustim⸗ mend einer Berathung nicht unterworfen. ezüglich des Absatzes 1 des Ausschußantrages tritt die Kammer dem Ausschusse ohne Dis⸗

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kussion einstimmig bti. Ueber Absatz 2, die Formulirung der Nr. 3 Artikel 5 betreffend, ergreift Graf Karl Seinsheim das Wort, um seinen Nichtbeitritt zu erklären. Die Motive hierzu nimmt er aus der Ansicht, daß offene und heimliche Gewalt für ihn gleichbedeutend sei und daß derjenige, welcher etwas heimlich vor⸗ habe, gerade so strafbar sei, als derjenige, der offen losschlage. Er

lung des Königl. Herzenszuges unmöglich zu machen. Der Grund, daß nur einige Wenige mehr frei würden, den man für Annahme der Modification angeführt, gelte für ihn nicht; er wolle, daß nur recht Wenige sitzen blieben und daß sich die Amnestie auf recht Viele erstrecke. Er wünsche, daß so Viele als möglich frei würden. (Bravo!)

Der zweite Präsident Weis glaubt, daß in der Kammer der

Minister eingebrachte Modification der Kammer der Abgeordneten einstimmig angenommen und sofort dieser Beschluß der letzteren mitgetheilt. G Am Schlusse der Sitzung giebt der (sitz⸗, jedoch noch nicht stimmfähige) Freiherr von Frankenstein, als hierzu beauftragt, die Erklärung ab, daß die Differenz zwischen Herrn von Zu⸗

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will an dem früheren Kammerbeschlusse festgehalten wissen, dies verlange die Würde der Kammer, welche zweimal denselben Peschluß Pfaßt habe. Graf Armansperg ist der entgegengesetzten Ansicht.

ie noch bestehende Differenz sei nur eine Folge des angenommenen Prinzips, somit sei gar kein Grund vorhanden, oem Beschluß der Kammer der Abgeordneten nicht beizutreten. Aber auch für den Fall, daß man das Bestehen einer Kontroverse annehme, müsse diese ent⸗ schieden werden, damit der Richter nicht in neue Verlegenheiten ge⸗ rathe. Wollte man auf den äußersten Fall dem Beschlusse der Kam⸗ mer der Abgeordneten nicht beistimmen, wie er vorliege, so lasse man diese Ziffer ganz fallen und den Artikel 2 hierfür in Kraft treten. von Arnold spricht in demselben Sinn; der Gang der Diskussion

Reichsräthe auch ein faktischer Irrthum obwalte. Die Ziffer 1 und 2 des Art. 1 sei ja auf die Beamten ꝛc. ausdehnbar, und nicht alle und nicht unbedingt würden sie amnestirt, wie jene Kammer anzu⸗ nehmen scheine; deshalb müsse die Kammer der Abgeordneten unbe⸗ dingt auf ihrem Beschlusse beharren. von Lassaulr: Er beklage tief, daß die Kammer der Reichsräthe nicht auf den diessettigen Beschluß eingegangen, er würde es noch tiefer beklagen, wenn bei einem aber⸗ maligen Versuch dasselbe Resultat eintreten würde; er frage aber, was zu thun sei? Man möge nicht die persönliche Aufregung sprechen lassen, wenn vielleicht die Reichsräthe wieder nicht nachgäben, son⸗ dern die ruhige Ueberlegung, und um Gattes willen nicht das Ganze fallen lassen. Der Vorwurf der Schmälerung treffe dann Andere!

Rhein und Herrn von Lotzbeck zur Zufriedenheit der Parteien abgemacht sei und daß die Affaire auf einem „Mißverständniß“ beruht habe.

Die Sitzung schließt nach drei Uhr, nachdem der Präsident die Mittheilung gemacht hatte, daß sie nach den heiligen drei Königen stattfinden werde.

Die Kammer der Abgeordneten beginnt wieder um 3 ½ Uhr; der Beschluß der Kammer der Reichsräthe wird mitgetheilt und so⸗ fort der Gesammtbeschluß über das Amnestiegesetz verlesen. Der Präsident erklärt, daß er nach den Weihnaüsserien die näͤchste Sitzung anberaumen werde und schließt damit die Sitzung gegen 4 Uhr. 8

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in allen Phasen spreche dafür. Der Justiz⸗Minister habe auch be⸗ merkt, möglicherweise könnten durch die Annahme 2 3 Indi⸗ viduen mehr frei werden, allein weder diese Möglichkeit, noch die Bestrafung derselben beeinträchtige die Gerechtigkeit. Die Staats⸗ klugheit verlange, nicht zu feilschen wegen 2 oder 3 Schullehrer, wenn es sich um Beruhigung des Landes handle. Es frage sich nur, wodurch man mehr Gutes stifte: durch Nachgeben oder Fest⸗ halten. Uebrigens musse er bezüglich des Nachgebens bemerken, daß die andere Kammer schon in vielem nachgegeben habe und der diesseitigen entgegengekommen sei; möge diese das Gleiche thun.

Freiherr von Zu⸗Rhein: Die Aeußerung des Vorredners berühre ihn schmerzlich, denn zwischen den beiden Kammern solle kein Handel getrieben werden. Um Prinzipien und Grundsätze, um Festhalten daran handle es sich hier, und da müsse man ohne Rücksicht, was Andere thun, seinen Weg verfolgen. Das Maß der Gnade sei nicht unumschränkt zu gewähren, und er sei erst weiter egangen, als das Ministerium das Maß der Königlichen Gnade falbst ausdehnte. Er müsse noch einmal auf die Sachlage selbst zurückkommen. Die Verhältnisse in der Pfalz seien andere gewesen, als diesseits; es hätten auch dort andere Motive obgewaltet. Dort habe der Terrorismus geherrscht, der manchen sonst ehrenwerthen Mann hinriß und seine Treue erschütterte. Der Terrorismus sei für die Pfalz deshalb ein Milderungsgrund, wenn man denn doch von Milderung spreche. Im diesseitigen Bayern habe kein Terro⸗ rismus geherrscht, sondern das böse Prinzip habe obgewaltet, hier sei die Regierung noch fähig gewesen, ihre Kraft geltend zu machen, was ihr in der Pfalz unmöglich war. Man lasse demnach über fragliche Fälle die Rechtspflege walten und dann um Gnade flehen, wenn das Urtheil gefällt ist. von Arnold: Er habe nie von einer Handelschaft ge⸗ sprochen, sondern von der Klugheit. Das Land verlange endlich Beschleunigung der Sache, jede Minute sei verloren und koste dem Lande Hunderte. Wenn man nicht mild sein wolle, so sei man doch klug! von Lotzbeck: Es scheine ihm unbegreiflich, wie Frei⸗

Fürst Wallerstein: Meine Herren, es handelt sich, wie sie gehört haben, nicht um Freilassung von 3—4 Personen mehr, sondern um die Feststellung einer Rechtsgleichheit. Das Gesetz mit dieser Aus⸗ nahme schleudert einen Feuerbrand in die dieseitigen Provinzen, ja in das ganze Land. Es proklamirt die Rechtsungleichheit. Meine Herren, lassen Sie uns festhalten an unseren dreimal gleich gefaßten Beschlüssen; bei Forderungen des Rechts darf man nicht transigiren. Eher muß das Gesetz fallen, als daß es die Ungerechtigkeit an der Stirne trägt. Domkapitular Schmid will, daß man sich dem Beschlusse der Kammer der Reichsräthe anschließe. Er schildert das düstere Gefäng⸗ nißleben, die Freude des Wiedersehens, das Weihnachtsfest und will baldige Freilassung. (Während dieser Rede haben sich die Plätze der Abgeordneten sehr geleert.) von Hermann: In der Politik sei Konsequenz nicht immer möglich und räthlich. Der Hinblick auf die Wirkung, die entstehen würde, wenn die K. d. R. gleichfalls an ihren Beschlüssen festhielte, halte ihn ab, den gemein⸗ samen Weg mit denen zu gehen, die unbedingtes Festhalten wollen und deshalb das Gesetz gefährden. Es würden vielleicht 4 6 mehr frei; solle man deshalb die Befreiung von Hunderten in Frage stellen? Durch Fallenlassen der Modification werde keine Aufre⸗ gung entstehen, wohl aber durch das Nichtzustandekommen des gan⸗ zen Gesetzes, und bitterer Tadel werde beide Kammern treffen. Lerchenfeld: Nicht das Gefühl der Entrüstung und nicht die Rücksicht der Zweckmäßigkeit darf uns leiten, sondern das Gefühl der Gerechtigkeit; um ihretwillen dürfen wir nicht einem Beschlusse beistimmen, der gegen die ersten Prinzipien der Gerechtigkeit ver⸗ stößt. Was würde die Folge eines Amnestiegesetzes sein, das die Be⸗ griffe von Recht und Unrecht verwirrte, eines Gesetzes, das, aus den Händen der drei Faktoren hervorgegangen, mit einer scheinbaren Versöhnung das Rechtsbewußtsein des Volkes zu Grund richtete! (Bravo.) von Hermann (Schluß! Schluß!) giebt eine kurze fakti⸗ sche Berichtigung, worin er sich dem Vorredner nähert. Die Dis⸗ kussion wird geschlossen. Referent und Minister verzichten aufs

Das Amnestiegesetz, bezüglich dessen ein Gesammtbeschluß beider Kammern erzielt ist, wird noch heute Sr. Majestät dem Könige zur Unterschrift vorgelegt werden; längstens bis morgen Abend oder Sonnabend früh wird es im Gesetzblatt erscheinen. Durch die Be⸗ schlüsse beider Kammern hat das Gesetz folgende Fassung erhalten:

„Gesetz, die Untersuchungen wegen volltischer Verbrechen und Ver⸗ gehen betreffend zc. I. In Ansehung des pfälzischen Kreises. Ar⸗ tikel 1. Hinsichtlich der während der Monate Mai und Juni d. J. in dem pfälzischen Kreise verübten politischen Verbrechen und Vergehen werden nachfolgende Untersuchungen niedergeschlagen: 1) Die Un⸗ tersuchungen wegen Theilnahme an dem bewaffneten Aufstande in Ansehung derjenigen Theilnehmer, welche der Volkswehr, der Studen⸗ tenlegion oder den Freischaaren einverleibt waren, mit Ausnahme a) der Offiziere der Freischaaren; b) derjenigen Offiziere der Volks⸗ wehr, welche besondere selbstständige Corps formirt oder kommandirt haben; c) derjenigen Staabsoffiziere der Volkswehr, welche nicht aus dieser selbst durch Wahl hervorgegangen; d) der Staatsbeamten, Anwälte, Notare und Geistlichen; 2) die Untersuchungen wegen Mitwirkung zu der Errichtung der sogenannten provisorischen Re⸗ gierung in Ansehung derjenigen „Vertrauensmänner“, welche, nach⸗ dem sie vorher gegen die Errichtung einer provisorischen Regierung gestimmt hatten, später an der Wahl der Mitglieder einer solchen Regierung Theil genommen haben; 3) die Untersuchungen wegen Theilnahme an den Berathungen und Beschlüssen der Kantonal⸗ Ausschüsse und der Rekrutirungs⸗Kommissionen; 4) die Untersuchun⸗ gen wegen Leitung der durch die revolutionaire Gewalt angeordne⸗ ten Wahlen, wegen Ab⸗ und Einsetzung von Gemeinde⸗Beamten; 5) die Untersuchungen wegen Uebernahme von Gemeindeämtern in Folge der von der revolutionairen Gewalt angeordneten Wahlen, so wie wegen Ausübung der mit diesen Aemtern verbundenen Ver⸗ richtungen; 6) die Untersuchungen wegen Uebernahme der von der revolutionairen Gewalt oder von den Organen derselben uübertra⸗ genen Verrichtungen in Ansehung derjenigen Personen, welche nicht

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die Stelle eines Civil⸗ oder Militair⸗Kommissairs bekleidet haben. Artikel II. Von der im Artikel I. ertheilten Amnestie sind ausge⸗ schlossen: 1) Diejenigen, welche durch eine unter Artikel I. fallende Handlung oder bei Gelegenheit derselben zugleich eine Verletzung der Person oder des Eigenthums begangen haben; 2) Militair⸗ personen, welche nicht in dem am 16. Juni d. J. ertheil⸗ ten Generalpardon begriffen sind. Artikel III. Wegen nach⸗ folgender Handlungen soll keine Untersuchung eröffnet oder fortgesetzt werden: 1) Wegen Ableistung des Eides auf die von der deutschen National⸗Versammlung beschlossene Verfassung; 2) wegen Unterwerfung unter die sogenannte provisorische Regie⸗ rung; 3) wegen Theilnahme an den Berathungen und Beschlüssen des nach Stuttgart übersiedelten Theils der deutschen National⸗ Versammlung. Auf die Theilnahme an der sogenannten Reichsre⸗ gentschaft findet diese Bestimmung keine Anwendung. II. In An⸗ sehung der Landestheile diesseits des Rheines. Art. IV. Die nach dem oberstrichterlichen Plenarbeschlusse vom 14. Juli d. J. von dem Kreis⸗ und Stadtgerichte Augsburg zu führenden Untersuchungen werden, insofern die betreffenden Verbrechen und Vergehen vor dem 10. September d. J. verüht worden sind, niedergeschlagen. Art. V. In der durch Art. IV. ertheilten Amnestie sind nicht begriffen: 1) die Anstifter und Vorstände einer als Staatsverrath ersten und zweiten Grades (Art. 300 und 302, Theil I. des Strafgesetzbuches von 1813) strafbaren Verschwörung oder Verbindung; 2) diejenigen, welche mündlich in einer öffentlich versammelten Volksmenge oder durch Verbreitung schriftlicher, gedruckter oder ungedruckter Aufsätze aufge⸗ fordert haben, die bestehende Staatsverfassung durch gewaltsame Revolution zu ändern, oder durch Aufruhr, Verschwörung oder Verständniß mit Auswärtigen einen Theil des Staates vom Gan⸗ zen loszureißen. Dagegen sollen diejenigen von der Amnestie nicht ausgeschlossen sein, welche zur Ein⸗ und Durchführung der zu Frank⸗ furt beschlossenen deutschen Reichsverfassung auf anderem Wege als dem der gewaltsamen Revolution mündlich oder schriftlich aufgefor⸗ dert haben; 3) die in Art. IHI. Ziffer 2 genannten Personen. Art.

herr von Zu⸗Rhein von Handelschaft und Aufgeben von Prinzipien sprechen könne. Er erinnere ihn an das Vorparlament, wo er (Zu⸗Rhein) für den Soironschen Antrag gestimmt. Der Redner wendet sich in leidenschaftlicher Aufregung gegen den Freiherrn von Zu Rhein: Ja, mein Herr, Sie, Freiherr von Zu⸗Rhein, waren es, der, als es galt, die Souveränetät zu wahren, dieselbe im Prinzip vergab; und nun, wo es sich um ganz unwesentliche Fragen handelt, wo Abwägung Noth thut, nun sprechen Sie vom Aufgeben von Prinzipien, die sie, selbst bei höhern Fragen, der Klugheit ge⸗ opfert haben. Der Präsident unterbricht den Redner und mahnt ihn, sich mäßiger auszudrücken, auch zum Berathungsgegenstand überzugehen. Freiherr von Lotzbeck: Der Ausdruck, daß wir mit Prinzipien Handelschaft trieben, hat mich zur Leidenschaft hingerissen gegen den Mann, der im Momente des Sturms recht wohl seine Prin⸗ zipien abzuwägen verstand. Freiherr von Zu⸗Rhein: Ich ehre jede Ueberzeugung, allein ich verlange, daß man auch mir die mei⸗ nige lasse. Der Referent verharrt bei seiner Meinung und erklärt, daß er eher seine Reichsrathswürde niederlegen, als seiner Ueberzeugung entsagen würde. Diese Kammer habe reiflich geprüft, und was sie beschlossen, sei das Ergebniß ihrer Ueberzeugung. Der Finanz⸗Minüisster erklärt, daß im diesseitigen Bayern keine allgemeine Amnestie aus Annahme der vorliegenden Fassung her⸗ vorgehen würde. Der zweite Präsident hege zu große Besorgniß; wenn der Fall einer allgemeinen Amnestie gegeben wäre, so würde die Regierung, auch wenn beide Kammern darüber einig wären, den⸗ noch S Zustimmung versagen und den Entwurf fallen lassen. Dies bene nicht der Fall, es würden höchstens ein Advokat und zwei d öhee. mehr frei, gewiß wisse eer dies nicht, möglich sei es; und deshalb möge man sich getrost über diesen Punkt einigen. Bei jedoch die Kammer mit 24 Stimmen auf

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Wort. Die Kammer beschließt mit allen gegen 3 Stimmen (von Lassaulx, Sepp, Domkapitular Schmid), an den gefaßten Beschlüs⸗ sen festzuhalten. Die Kammer wird bis 3 Uhr vertagt, um die Rückantwort der Kammer der Reichsräthe entgegen zu nehmen. Die Sitzung schließt um 1 Uhr.

Die Kammer der Reichsräthe nahm um 2 ½ Uhr ihre Sitzung wie⸗ der auf. Den Berathungs⸗Gegenstand bildet die Rückäußerung der Kammer der Abgeordneten auf den heute Vormittag gefaßten Be⸗ schluß der Kammer der Reichsräthe über die Ziffer 3 des Artikel 5. Vor Eröffnung der Diskussion ergreift Prinz Luitpold das Wort: Ich spreche in meinem und gewiß im Namen der Mehrheit dieser Kammer dem Freiherrn von Zu⸗Rhein Dank und Anerken⸗ nung aus, daß er auf die vorhin gegen ihn ergangenen so heftigen Angriffe eine so würdige Mäßigung bewies, und gebe mich zugleich der Hoffnung hin, daß dieser so leidige Vorfall der letzte in dieser Kammer sein werde.

Der Referent erstattet nun Vortrag und bemerkt, daß der Justiz⸗Minister so eben in der Ausschußsitzung eine Erklärung abge geben habe, die er ihn zu wiederholen bitte. Der Justiz⸗Mi⸗ nister: Ich habe bereits erklärt, vaß die Regierung, falls beide Kammern mit Annahme der Modification der /Kammer der Abge⸗ ordneten zu Ziffer 3 Art. 5 einen Gesammtbeschluß zu Stande bringen würden, keinen Grund zur Nichtsanction des Gesetzes darin finden würde. Ich wiederhole diese Erklärung unter der Bemerkung, daß das Gesammt⸗Ministerium unter den gegebenen Verhältnissen eine Vereinigung beider Kammern über diesen Punkt höchst wün⸗ schenswerth findet. Zu diesem Behufe stelle ich unter Bezugnahme auf §. 95 der Geschäftsordnung eine Modification. (Der Minister bringt nun der Beschluß der Kammer der Abgeordneten als Modi⸗ fication ein.) Der Referent fährt hierauf fort: Nach dem alle⸗ girten Paragraph der Geschäftsordnung steht es dem Minister zu, noch nach geschlossenen Debatten Modificationen einzubringen. Da nun der Ausdruck „wünschenswerth“ in der politischen Sprache nichts Anderes heißt, als: höhere Staatsgründe erfordern die An⸗

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