1850 / 7 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

bereits in dem allerunterthaͤnigsten Berichte vom 8. Juni d. J. zur Allerhöchsten Kenntniß gebracht worden sind.

Eine nicht minder wichtige, aber noch dringendere Aufgabe ist die neue Einrichtung der politischen Verwaltungs⸗Behörden. Ew. Majestät geruhten, mit der Allerhöchsten Entschließung vom 26. Juni d. J. die allgemeinen Grundsätze dafür zu genehmigen, und es ist nunmehr dieses umfassende Werk so weit gefördert, daß in Böhmen, Mähren und Schlesien, in Oesterreich ob und unter der Enns, in Salzburg, in Tyrol und Vorarlberg, in Steyermark, Kärnthen und Krain, im Küstenlande und Triest die neuen politi⸗ schen Behörden im Januar des Jahres 1850 ihre Wirksamkeit be⸗ ginnen werden.

Für Galizien, Dalmatien und die Bukowina, so wie für die Lombardei und Venedig, sind die Organisirungs⸗Arbeiten dem Ab⸗ schlusse nahe.

SHinsichtlich der Einführung einer geregelten Verwaltung des öffentlichen Dienstes in der Woiwodschaft Serbien und in dem te⸗ mescher Banate hat der dahin entsendete Landes⸗Chef mit dem ihm beigegebenen Ministerial⸗Kommissär auf Grundlage der Bestimmun⸗ gen des Allerhöchsten Patentes vom 18. November d. J. die nähe ren Weisungen erhalten.

Bei der Feststellung der definitiven Organisation für Ungarn und Siebenbürgen wird die Regierung Ew. Majestät sorgfältig bedacht sein, die Erfahrungen, welche sich aus der Wirksamkeit der zufolge des Allerhöchst genehmigten provisorischen Verwaltungs⸗ Organismus eingesetzten Behörden ergeben werden, in der Richtung zu benutzen, um dabei einerseits die einheitliche Verwaltung der Reichs⸗Angelegenheiten in diesen Ländern bleibend sicherzustellen, andererseits aber auch den eigenthüm⸗ lichen Verhältnissen und Interessen derselben die gebührende Rück⸗ sicht zu tragen.

Die Organisirungs⸗Anträge für Croatien, Slavonien und die Militairgränze sind vollendet und werden Ew. Majestät ehestens zur Allerhöchsten Schlußfassung unterbreitet werden.

Als zusammenhängend mit der Kräftigung der politischen Ver⸗ waltung erlaubt sich der treugehorsamste Ministerrath auch noch auf die Gendarmerie hinzuweisen, deren Errichtung auf Grundlage des Ew. Majestät unterbreiteten organischen Gesetzes nunmehr in allen Kronländern gleichzeitig eingeleitet werden wird.

Diesen Einrichtungen im Justizfache und in der politischen Ad⸗ ministration werden zunächst die gleichfalls ihrer Vollendung nahe Aufstellung der neuen Steuerämter, die in der Ausführung begrif⸗ senen Einrichtungen der Bau⸗ und Schulbehörden, die für die Allerhöchste Schlußfassung vorbereiteten Organisirungen des Sani⸗ täts⸗ und Quarantainewesens, der Sicherheitsbehörden, der landes⸗ sürstlichen Kassen, der Rechnungs⸗ und Kontrolsbehörden sich an⸗ schließen.

Geleichzeitig mit dieser, auf die Ausbildung der inneren taatlichen Institutionen gerichteten Wirksamkeit, entwickelte die Regierung Ew. Majestät in allen Verwaltungszweigen die eif⸗ rigste Thätigkeit, um die materiellen Interessen des Volkes überallhin zu föͤrdern, der Hebung der Landes⸗Kultur, der le⸗ bendigen Entfaltung des Sewerbfleißes und Handels jeden nur im⸗ mer möglichen Vorschub zu gewähren, die in Angriff genommenen öffentlichten Bauten, namentklich in den für das allgemeine Wohl so wichtigen Zweigen des Eisenbahn⸗ und Straßenwesens und die Aus⸗

sührung eines weitverzweigten Telegraphen⸗Systems mit aller Ener⸗ gie fortzusetzen und in noch groͤßerem Maßstabe für die Zukunft die nöthigen Entwürfe vorzubereiten, und um endlich für die Re⸗ gelung des Staatshaushalts alle jene Maßregeln einzuleiten und

durchzuführen, welche einerseits der außerordentliche, für die Erhal⸗ tung des Staates nothwendige Aufwand, und andererseits die Rück⸗ lch auf die ohnedies schwierigen Zeitverhältnisse zulässig erscheinen eß.

Der treugehorsamste Ministerrath hat sich in vorstehender Uebersicht nur die wichtigsten legislativen und organischen Arbeiten anzuführen erlaubt, da es zu weit gehen würde, aller einzelnen auch minder umfassenden gesetzlichen Verfügungen zu erwähnen oder die zahlreichen Elaborate zu berühren, welche als Gesetzvorlagen oder Organisations⸗Entwürfe in den Werkstätten der Regierung vorbe⸗ reitet werden. 1

Er kann jedoch nicht unterlassen, allen unterstehenden Organen

das verdiente Zeugniß zu geben, daß alle Branchen des Dienstes -

bis hinab in die untersten Schichten der Verwaltung mit aufopfern der Anstrengung sich ihrem Berufe hingegeben und zur Förderung

beigetragen haben.

Das große Werk, das Ew. Majestät sich vorgesetzt, ist auf diese Weise wesentlich vorgeschritten. 1

Ereignisse, die sich nicht vorhersehen ließen, Schwierigkeiten, die stets neu auftauchten, haben den Fortschritt wohl zu verzögern, n— nicht aufzuhalten, oder in eine andere Bahn zu lenken ver mocht.

Was redliches Wollen und menschliche in ihrem Schaffen an Raum und Zeit gebundene Thätigkeit zu leisten vermag, ist ge⸗ leistet worden.

Wie weit die bisher getroffenen Einrichtungen noch der Ver⸗ vollständigung und endlichen Regelung bedürftig seien, wird das an der Hand der Erfahrung zu erprobende Bedürfniß unzweifel⸗ haft herausstellen, und es kann die weitere Ausführung mit Be⸗ ruhigung der künftigen Erwägung in weniger drängenden Zeitum ständen überlassen bleiben.

Bisher galt es die Fundamente des Staatsgebäudes zu legen, den Schutt eingestürzter Institutionen wegzuräumen, die Haupt⸗ stützen der gesetzlichen Ordnung wieder aufzurichten. Dem in dieser Beziehung Geschehenen wird der Unbefangene die An⸗ erkennung nicht versagen, wenn er, den inhaltsschweren Zeitraum des letzten Jahres von seinem Beginne bis zum Schlusse durch⸗ prüfend, dasjenige, was damals war, das Verheißene, mit dem vergleicht, was jetzt ist und wird.

Das Gewordene enthält zugleich den Keim des Werdenden und der Ueberblick der bereits geschehenen Maßregeln und Vorbe⸗ reitungen bildet die unmittelbarste Begründung der Anträge, welche der treugehorsamste Ministerrath mit diesem allerunterthänigsten Vortrage der Schlußfassung Ew. Majestät unterbreitet, und welche dahin gerichtet sind, nunmehr in der organischen Entwicklung des staatlichen Lebens an die Erfüllung des §. 83 der Reichsver⸗ fassung zu gehen.

Die wesentlichen stellung der Kronländer Reichsverfassung, die Reformen im Gemeindewesen und die Organisation der Verwaltung sind in vielen Theilen des Reiches in ein solches Stadium getreten, daß auf ihrer Grund⸗ lage ein weiteres Element des Verfassungsbaues gebildet, ein neues wichtiges Triebrad in die Staatsmaschine eingefügt: die Landes⸗ Verfassung in den einzelnen Kronländern in Wirksamkeit gesetzt werden kann.

Der IX. Abschnitt der von Ew. Majestät verliehenen Reichs⸗ Verfassung stellt einigen Kronländern besondere Statuten in Aussicht.

Auf welche Weise diese Zusicherung bezüglich Ungarns, der

8. 7 4 88 . der Zwecke und Aufgaben der Regierung mit Eifer und Umsicht V

nämlich die Fest⸗ Bestimmungen der

Vorbedingungen, innerhalb der

Woiwodschaft Serbien und des temescher Banats erfüllt werden soll, hat der treugehorsamste Minister⸗ Rath bereits in den aller⸗ unterthänigsten Vorträgen vom 17. Oktober und 18. November 1849 dargelegt. 8 1

Ueber die Landes⸗Angelegenheiten des Königreichs Croatien und Slavonien, so wie über die Regelung der Verhältnisse der Militairgränze, wird der treugehorsamste Minister⸗Rath demnächst in der Lage sein, Ew. Majestät seine Anträge vorzulegen. .

Eben so sind alle Einleitungen getroffen, um die Repräsentations⸗ Verhältnisse Siebenbürgens im Sinne der Reichs⸗Verfassung festzu⸗ stellen.

Das Statut für und wird ehestens den Gegenstand einer Vorlage bilden. 8

Die übrigen Kronländer sollen nach dem obenerwähnten Ab⸗ schnitte der Reichsverfassung eigene Landes⸗Verfassungen erhalten.

Für die Königreiche Galizien und Lodomerien mit den Her⸗ zogthuͤmern Auschwitz und Zator und dem Großherzogthume Kra⸗ kau, für das Königreich Dalmatien und für das Herzogthum Bu⸗ kowina muß sich der treugehorsamste Minister⸗Rath die allergnä⸗ digste Erlaubniß vorbehalten, die Entwürfe der Landes⸗ Verfassun⸗ gen nach erfolgter Feststellung der dem Abschlusse nahen politischen Organisation jener Kronländer Ew. Majestät vorzulegen, weil bei dieser Organisation Vorfragen eine Lösung zu finden⸗ haben, ohne welche die Landes⸗Ordnungen nicht gegeben werden könnten.

Für alle anderen Kronländer, namentlich für das Königreich Böhmen, für das Erzherzogthum Oesterreich unter der Enns und für das Erzherzogthum Oesterreich ob der Enns, für die Herzog⸗ thümer Salzburg, Steiermark, Kärnthen und Krain, für die

die Lombardei und Venedig ist vorbereitet an Ew. Majestät

Markgrafschaft Mähren, für die Markgrafschaft Istrien mit der gefürsteten Grafschaft Gorz und Gradisca, für die gefürstete Grafschaft Tyrol und Vorarlberg und für das Herzogthum Ober⸗ und Nieder⸗Schlesien hat der treugehorsamste Minister⸗Rath die Entwürfe der Landes⸗Verfassungen und der Landtags⸗Wahlord⸗ nungen vorbereitet und erlaubt sich nunmehr, Ew. Majestät in gedrängter Kürze die Gesichtspunkte darzulegen, welche hierbei maßgebend waren. 1 8 Vertrauensmänner, welche die Regierung Ew. Majestät aus allen vorbenannten Kronländern versammelte, haben die ersten Ent⸗ würfe jener Landes⸗Ordnungen berathen und verfaßt. Ihre größ⸗ tentheils übereinstimmenden Elaborate wurden den Länder⸗Chefs mitgetheilt und von denselben größtentheils unter Einvernehmung besonderer im Lande befindlicher Körperschaften und Vertrauens⸗ männer begutachtet. Inzwischen war es eine angelegentliche Sorge der Regierung, alle jene Nachweisungen und statistischen Daten zu sammeln, welche zur Entscheidung wichtiger Fragepunkte für die Landesverfassungen und Wahl⸗Ordnungen nothwendig schienen. Bei den hiernach von dem treugehorsamsten Minister⸗Rathe nach reiflicher Erwägung festgestellten und nunmehr zur Vorlage an Ew. Majestät gelangenden Entwürfen sind in den meisten wesent⸗

lichen Punkten die Anträge der Vertrauensmänner und Länder⸗ Chefs berücksichtigt worden.

Der Ministerrath hält sich aber für verpflichtet, Ew. Majestät jene Aenderungen ehrerbietigst in Antrag zu bringen, welche er auf seinem prinzipiellen Standpunkte für nothwendig erkennt, um einer⸗ seits die Verfassungen der Länder in die Verfassung des Reiches organisch und innerlich zusammenhängend einzufügen und um an⸗ dererseits den für die Erhaltung der gesellschaftlichen und staatlichen Ordnung einstehenden Volksklassen und Interessen schon in den aus den einzelnen Ländern zunächst hervorgehenden Vertretungen einen bestimmten und bleibenden Ausdruck, eine nachhaltige Konsistenz zu sichern.

Der Standpunkt, den die Regierung Ew. Majestät im Allge⸗ meinen bei der Feststellung jener Landesverfassungen und Wahlord nungen einzunehmen hatte, war ihr durch die Reichsverfassung ge⸗ geben, deren Prinzipien sie als die staatsrechtliche Grundlage des Reiches und als eine unantastbare Norm mit gewissenhafter Treue festhält und im Interesse der Gesammtmonarchie, im Interesse der Konsolidirung der öffentlichen Ordnung festhalten muß, die etwa durch das wirkliche Bedürfniß gebotenen Aenderungen der Beschluß fassung im verfassungsmäßigen Wege anheimgebend.

Allein selbst innerhalb der Grundsätze der Reichs⸗Verfas⸗ sung blieb es noch eine schwierige Aufgabe, in den einzelnen Be⸗ stimmungen der Landes⸗Verfassungen die Einheit des großen Gan⸗ zen mit der Selbstständigkeit der Theile, die nothwendige Stärke der Centralgewalt mit der freien Entwickelung und Selbstbestimmung der Kronländer, die Befestigung der Monarchie mit den Gefühlen und Ueberlieferungen der einzelnen Stämme in Einklang zu brin⸗ gen, den Landtagen eine Stellung und Einrichtung zu geben, wie sie ihrem doppelten Berufe als legislative Körperschaft im Staate und als autonom entscheidende Gemeinde⸗Repräsentation höherer Ordnung im Lande entsprechen soll, so wie endlich die Gränzlinien aufzufinden, welche zwischen der gesetzgebenden Reichs⸗ und Landes⸗ Gewalt, zwischen der untheilbar der Krone zustehenden Executiv⸗ gewalt und zwischen der Entscheidungs⸗ und Verwaltungs⸗Befugniß der Landesvertretungen und ihrer Organe gezogen werden müssen.

Die Regierung Ew. Majestät war mit redlicher Gewissen haftigkeit bemüht, alle diese Beziehungen befriedigend zu regeln und fern von beengender Centralisation rückhaltslos und offen der Landesgewalt alle jene Wirksamkeit zu gewähren, welche unter den gegebenen Verhältnissen die Grundsätze der Reichsverfassung nur immer dahin abzutreten gestatten.

Nach dieser allgemeinen Andeutung des Standpunktes, von welchem die Regierung bei der endlichen Feststellung der Landes⸗ Verfassungen auszugehen sich verpflichtet hielt, wird es genügen, ohne in eine Würdigung der Einzelbestimmungen einzugehen, nur einige der wesentlichsten prinzipiellen Punkte mit kurzen Andeutun gen zu beleuchten.

Für die Zusammensetzung der Landtage war die Reichsverfas⸗ sung, welche eine Interessenvertretung mit unmittelbaren Wahlen vorschreibt, maßgebend.

Beide Grundsätze lassen sich nur vereinen, wenn die Landes⸗ Interessen, insoweit sie in greifbarer Masse erscheinen, eine abge⸗ sonderte Vertretung finden, da eine weitergehende Scheidung der Bevölkerung nach einzelnen Interessen bei direkten Wahlen zu den mannigfaltigsten praktischen Unzukömmlichkeiten führen würde. Dazu kommt, daß, wenn in einem Lande ein nicht unmittelbar repräsen⸗ tirtes Interesse bedeutsam hervortritt, es ganz gewiß in einem oder

dem anderen Wahlkörper sich volle Geltung verschaffen wird.

Grundbesitz und Industrie sich scheidend in Gewerbe und Handel sind, und zwar fast überall der erstere weit überwiegend, in allen Kronländern die Hauptfaktoren der Landes⸗Interessen.

Auf diesem Satze beruht die in den Landes⸗Verfassungen durchgeführte Theilung der drei Wahlkörper, von denen jeder durch⸗ schnittlich in dem gleichen Verhältnisse eines Drittheils zu dem Land⸗ tage konkurrirt.

Der große Besitz zumeist ist vertreten durch die Höchstbe⸗ steuerten des Landes, der kleinere Grundbesitz durch die Land emeinden.

Da beide zusammen vorwaltend das Interesse der Urpro⸗

duction repräsentiren, so wird dadurch das scheinbare Mißver⸗ hältniß aufgewogen, welches sonst zwischen der Bevölkerung der Wahlbezirke der Landgemeinden und der durchschnittlich viel gerin⸗ geren Bevölkerung der Wahlbezirke der Städte, Märkte und Industrial⸗Orte obwalten würde.

In letzeren Wahlbezirken wird vorzugsweise der Fabriks⸗, der Gewerbs⸗ und Handelsstand bedacht, insofern er nicht schon in dem Körper der Höchstbesteuerten seine entsprechende Vertretung zu finden vermag.

Jene Personen, die der gewöhnliche Sprachgebrauch unter die Intelligenz einreiht, werden in jedem Wahlkörper vorkommen; zudem ist ihr Interesse weniger auf das aktive Wahlrecht, als auf die in den Landes⸗ und Wahlordnungen ohnedieß an keinen Wahl⸗ körper gebundene Wählbarkeit gerichtet.

Bei den einzelnen Wahlkörpern tritt die Frage des Census in den Vordergrund.

Da der Landtag in den Kronländern, für welche die entwor fenen Landes⸗Verfassungen erlassen werden sollen, nur in einer Versammlung zusammenzutreten hat, in welcher die Abgeordneten der Höchstbesteuerten neben den Abgeordneten der beiden anderen Wahlkörper in dem gleichen Zahlenverhältnisse sitzen, in welchem das Oberhaus des Reichstages dem Unterhause, nämlich in dem Verhältnisse eines Drittheils zu zwei Drittheilen gegenübersteht, so erheischt es die organische Gliederung des gesammten Staats⸗ lebens, daß in der einen Landtags-Versammlung ähnliche Elemente wie in den beiden Reichstagshäusern zu finden seien.

In Betreff der Höchstbesteuerten läßt sich dieses Ergebniß nur dadurch erreichen, daß für sie der Census der Oberhaus⸗Mitglieder angenommen wird. Eben dadurch bildet sich, was für den ganzen Organismus der gesetzgebenden Körper von höchstem Belange ist, das eigentliche Vermittelungs⸗ und Bindeglied zwischen Landtag und Reichstag: es wird nämlich jener Theil der Bevölkerung, wel cher, aktiv wahlfähig, mit ungefähr einem Drittheile zur Landes Vertretung beiträgt, eben das passiv wahlfähige Element sein, aus welchem vorwaltend die Mitglieder des Oberhauses, das ein Drittheil des Reichs-Parlaments bildet, durch den Landtag ge⸗ wählt werden.

Aehnliche Bestimmungsgründe obwalten bei der Feststellung des Census für die Wahlkörper der Stadt⸗ und Landgemeinden. Würde zwischen die Wahllisten der Gemeinden und jene des Reichstages eine dritte Liste der Wahlberechtigten für den Landtag eingeschoben, so würde dieses Durcheinanderlaufen der verschiedenen Wahlkreise nicht nur die repräsentativen Einrichtungen zu sehr vervielfältigen, sondern auch der nachhaltigen Belebung des constitutionellen Be wußtseins im Wege stehen. Der Absicht, den Census der Gemein den auf den Landtag zu übertragen, stehen gewichtige Bedenken ent gegen. Die Berufung des Landtages zu legislativen Functionen be dingt für ihn die Nothwendigkeit einer höheren Bürgschaft der Wahlbefähigung, während für die Gemeinde die Feststellung eines möglichst niedrigen Census geboten erscheint. Würde für die Land tagswahlen ein niedrigerer Census als für den Reichstag angenom⸗ men, so stände die Unzukömmlichkeit in Aussicht, daß aus dem Landtage, nach §. 41 der Reichs⸗Verfassung, Oberhaus⸗Mitglieder hervorgehen könnten, denen sogar die aktive und passive Wahlbe⸗ fähigung für das Unterhaus des Reichstages mangelt.

Insoweit die einzelnen Interessen in geringerer Ausdehnung hervortreten, finden sie ohnedies ihre unmittelbare Wahrung in der Orts⸗, Bezirks⸗ und Kreis⸗Gemeinde, während dem Landtage nur die Vertretung der allgemeineren und wichtigeren Interessen, folglich zunächst auch nur durch jene Personen, die in ihrem durch die Steuerzah.⸗ lung meßbaren Besitze selbst ein nicht ganz unbedeutendes Interesse zu wahren haben, vorbehalten wird. Die Mission des Landtages in legislativer Beziehung ist dem gesetzgebenden Berufe des Reichs tages analog, und die Befähigung bei den Wahlen, welche für letz⸗ teren nöthig erscheint, kann füglich auch für jene zu dem Landtag in Anspruch genommen werden.

Endlich bringt es die durch die Reichs⸗Verfassung angeordnete direkte Wahl der Landtags⸗Mitglieder mit sich, daß das Wahlrecht in einer solchen Ausdehnung stattfinde, wo dem Einzelnen die Aus übung seines Rechtes möglich bleibt, und doch auch was nach der der Regierung vorliegenden Nachweisung bei dem beantragten Census allerdings der Fall sein wird noch eine so beträchtliche Wahl⸗Versammlung zu Stande kommt, daß ihr Abgeordneter als Vertreter der überwiegenden Interessen betrachtet werden kann.

Alle diese Gründe bestimmten den treugehorsamsten Minister Rath, bei dem Census für die Landtagswahlen sich im Allgemeinen dem Census ber Reichstagswahlen anzuschlteßen, wobei nur bemerkt wird, daß bei den größeren Hauptstädten einzelner Kronländer die höhere Erwerbsteuer Klassifizirung den Anhaltspunkt bildete.

Ein dritter wichtiger Grundsatz der Landtags Wahlordnungen besteht darin, daß die Bildung der Wahlbezirke durch die politische Eintheilung des Landes bestimmt wird.

„Die Zahl der politischen Bezirke eines Landes ist im Allge

meinen maßgebend für die Gesammtzahl der Abgeordneten des Landtages, indem die Wahlbezirke der Landgemeinden mit den po⸗ litischen Bezirken zusammentreffen, die Anzahl der Deputir⸗ ten der Landgemeinden aber mit der Anzahl der Abgeordneten der Höchstbesteuerten sowohl, als mit jener der Städte, Märkte und Industrial⸗Orte fast durchgehends übereinstimmt. Der politische Bezirk ist, wie dies in dem über die Organisa tion Böhmens erstatteten allerunterthänigsten Vortrage vom 31. Juli 1849 dargethan wurde, nicht eine willkürlich geformte administra⸗ tive Einheit, sondern ein vorzugsweise auf der Gemeinschaftlichkeit der Interessen beruhender wesentlicher Faktor des Gemeindelebens, der im Bezirks⸗Ausschusse und in höherer Ordnung in der Kreis Vertretung seine natürliche Repräsentation findet, und nun dadurch, daß er zum Landtags⸗Wahlbezirke berufen wird, auch eine höhere politische Bedeutung, eine neue innere Befestigung gewinnt.

Der wichtige Zweck, dem als Kollektiv⸗Gemeinde einheitlich konstituirten Bezirke durch die gemeinschaftliche Abgeordnetenwahl für den Landtag eine eigene Vertretung seiner gemeinsamen Inter⸗ essen zu gewähren, überwiegt weit die theilweise Ungleichmäßigkei der Bevölkerung der einzelnen politischen Bezirke.

Bei den Wahlbezirken der Landgemeinden ist im Allgemeinen der Grundsatz festgehalten, daß jeder politische Bezirk Einen Abge⸗ ordneten in den Landtag zu senden habe; nur ausnahmsweise ist die Wahl von mehr als Einem Deputirten zugestanden, wo entwe⸗ der das Mißverhältniß der Größe und Bevölkerung zu sehr her⸗ vortreten würde, oder wo bei dem geringen Umfange eines Kron⸗ landes die Nothwendigkeit eintritt, einen etwas namhafteren Land⸗ tagskörper durch die stärkere Vertretung der Landgemeinden zu bilden.

Der Wahlkörper der Höchstbesteuerten hat zwar in jedem Kron lande in eine Wahlversammlung zusammenzutreten, es wird aber in jenen größeren Ländern, welche in Kreise sich theilen, so wie in Nieder⸗Oesterreich, wo die Stadt Wien als bedeutender Körper für sich dem übrigen Lande gegenüber auftritt, ein Wahlmodus bean⸗ tragt, wonach ebensowohl dem Gesammt⸗Interesse des Landes, als dem besonderen Interesse jedes einzelnen Kreises, und beziehungs⸗ weise in Nieder⸗Oesterreich der Stadt Wien und des Landes. auch

Industrial⸗Orte ist theils auf die Größe der Bevölkerung,

teressen worden.

Landbevölkerung verglichen, so zeigt sich das gleiche Verlheilungs⸗Verhältniß.

Bei der Bestimmung der Wahlbezirke der Städte, E heils

auf die geschichtliche oder industrielle Bedeutung derselben, und dort, wo mehrere Orte zusammen einen Abgeordneten zu wählen haben,

so weit es nach den der Regierung vorliegenden Anträgen und Nachweisungen thunlich erschien, auf die Gleichförmigkeit ihrer In⸗ auf ihre geographische Lage

Bedacht genommen

und

und industrielle Element mit der nicht in allen Kronländern Um nun bei der Theilung der Wahlkörper das jenem städtischen und industriellen Elemente zugemessene Drittheil der Abgeordneten zu erreichen, mußte in dem einen Kronlande auf eine weit geringere Durchschnittsziffer der Be⸗ völkerung dieser Wahlbezirke herabgegangen werden, als in einem anderen, wo diese Volksklasse in bedeutenderer Masse vorhanden ist. Dadurch dürfte die scheinbare Ungleichmäßigkeit, in welcher einzelne Städte und Orte in verschiedenen Kronländern zur Betheiligung an den Landtagswahlen berufen werden, ihre genügende Erklärung und Rechtfertigung finden.

Dem ersten zusammentretenden Landtage wird es zukommen, die bei der dermaligen Bildung dieser Bezirke etwa vorkommenden Unzukömmlichkeiten auszugleichen und sie den thatsächlichen Ver⸗ hältnissen mit allseitiger Umsicht auf das genaueste anzupassen.

Aus der Annahme der politischen Bezirke zur Grundlage der Wahlbezirks⸗Eintheilung entspringt noch der weitere Vortheil, daß, nachdem im großen Durchschnitte die politischen Bezirke nach ihrer Ausdehnung und Bevölkerung in den einzelnen Kronländern ziem⸗ lich gleichmäßig gestaltet sind, die Zahl der Landgemeinden⸗Depu⸗ tirten aber wieder für die der Höchstbesteuerten, so wie für die Zahl der Abgeordneten der Städte, Märkte und Industrial⸗Orte maßgebend ist, daß die Gesammtzahl der Landtags⸗Abgeordneten nit der Groͤße der einzelnen Kronländer in ein richtiges Verhält⸗ niß gebracht wird, so weit ein solches innerhalb des einerseits durch die Lebensfähigkeit und andererseits durch die regsame Beweglichkeit der Landtage gebotenen Minimums und Maximums einzuhalten nöglich ist. Die Zahl der Abgeordneten unverhältnißmäßig zu er höhen, verbietet uͤberdies die Rücksicht auf den dadurch dem Lande zur Last fallenden Aufwand.

Die Vorschrift der mündlichen Stimmgebung stützt sich auf die Analogie der gleichen Anordnung für die Reichstags⸗ wie für die Gemeindewahlen.

Die Bestimmung der vierjährigen Landtagsdauer hat den Zweck, zwischen der Wahlperiode der Gemeinde⸗, Bezirks⸗ und Kreis⸗Vertretung einerseits und der Wahlperiode des Reichstages andererseits die Mitte einzuhalten und dem gleichzeitigen Zusam⸗ mentreffen verschiedener Wahlakte vorzubeugen.

Bei den Kronländern endlich, die nur aus einem Kreise be⸗ stehen, stellte sich das Bedürfniß heraus, einen repräsentativen Kör⸗ per für jene Geschäfte zu bilden, welche das Gemeinde-Gesetz der Kreis⸗Vertretung zuweist. Dieser Wirkungskreis ließ sich nicht auf den Landtag übertragen, weit dadurch eine allzu häu⸗ sige Berufung desselben nothwendig geworden wäre, weil fer ner der Landtag in Gemeindesachen eine Instanz über der Kreisvertretung zu bilden hat, und weil endlich der Landtag aus ganz anderen Elementen bestehen soll, als welche das Gemeindege⸗ setz zur Kreisvertretung beruft.

Der treugehorsamste Ministerrath glaubt in dem durch Mit⸗ glieder der Bezirks⸗Ausschüsse und der Gemeinderäthe verstärkten

Landesausschusse ein dem Gemeindegesetze möglichst angepaßtes Ver⸗ tretungsorgan zu erkennen, dem alle Functionen der Kreisvertre⸗ tung übertragen werden können, mit Ausnahme der das ganze Land betreffenden und daher dem Landtage vorbehaltenen Angelegenhei⸗ ten. Für die Stadt Wien mußte diesfalls eine Ausnahme gemacht werden, weil sie unmittelbar dem Statthalter untergeordnet und ihr Gemeinde⸗Interesse von dem der übrigen Gemeinden des Landes zu sehr verschieden ist. In der Gemeindeordnung der

btadt Wien wird daher auf die ihr durch die Ausscheidung aus der Kreisvertretung des Landes entgehende Vertretung NRücksicht ge⸗ nommen werden. 8

Die in den meisten Landesverfassungen enthaltenen Normen hinsichtlich der auf den künftigen Landes⸗Ausschuß übergehen. den Geschäfte der bisher unter verschiedenen Namen bestandenen ständi⸗ schen Ausschuß- und Verordneten— Kollegien führen eben so wie die Anstragung der Vermögensverhältnisse der einzelnen Länder und der ehemaligen Stände die Nothwendigkeit herbei, daß, obschon nach dem §. 77 der Reichsverfassung die ständischen Verfassungen außer Wirksamkeit treten, einstweilen noch die vorerwähnten Kollegien die Geschäfte wie bisher in dem durch die Landesverfassung bezeichneten Umfange fortzuführen haben werden.

Indem der treugehorsamste Ministerrath durch vorstehende ehr⸗ erbietigste Bemerkungen die wesentlichsten Bestimmungen der Lan⸗ desverfassungen und der dazu gehörigen Wahlordnungen gerechtfer⸗ tigt zu haben glaubt und von Ew. Majestät die Verkündung der⸗ selben allerunterthänigst erbittet, erachtet er nur noch beifügen zu sollen, daß er seine allerunterthänigsten Anträge in Betreff des Zeitpunktes der Ausschreibung der Landtagswahlen, so wie der Zu⸗ sammenberufung der einzelnen Landtage, erst dann Ew. Majestät zu unterbreiten in der Lage sein wird, wenn die sowohl nach dem Inhalte der Wahlordnungen als nach der Natur der Sache dazu unumgänglich nöthigen Vorbereitungen getroffen und nament⸗ lich die politischen Behörden in Thätigkeit gesetzt, die Gemeinden und ihre Verwaltungs⸗ und Vertretungs⸗Organe gebildet, die Wäh⸗ lerlisten für den Landtag verfaßt und richtig gestellt sein werden.

Die Regierung Ew. Majestät wird mit gewissenhaftem Eifer alle dazu führenden Maßregeln zu fördern streben und die Zwischen⸗ zeit benutzen, um die für die ersten Landtage nöͤthigen Vorlagen und Gesetz⸗Entwürfe vollständig vorzubereiten.

Diesen organischen Entwickelungsgang glaubt der Ministerrath bei der Durchführung des Verfassungswerkes im Geiste der Reichs⸗ verfassung und im wahren Interesse der Monarchie unverbrüchlich einhalten zu sollen.

Geruhen demnach Ew. Majestät in Genehmigung der hier ehrerbietigst entwickelten Grundsätze die zur Vorlage gelangenden Entwürfe der Landes Verfassungen und Wahlordnungen zu sanctio⸗ niren, die diesfälligen Patente allergnädigst zu vollziehen und Ihr treugehorsamstes Ministerium mit deren Durchführung zu beauftra⸗ gen. Wien, den 29. Dezember 18439. Schwarzenberg. Krauß. Bach. Bruck. Thinnfeld. Gyulai. Schmer I

Hierüber erfolgte nachstehende Allerhöchste Entschließung: „Ich genehmige die hier dargelegten Grundsätze in Betreff der Landes⸗ Verfassungen und der Landtags⸗Wahlordnungen, und beauftrage Mein Ministerium mit der Durchführung der von Mir für die ein⸗ zelnen Kronländer vollzogenen Patente.“

Wien, den 30. Dezember 1849.

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Wird übrigeus das städtische

bei den Wahlen der Höchstbesteuerten seine eigene Vertretung ge⸗ sichert wird.

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33

Der Wanderer äußert sich folgendermaßen über diese Publi⸗ cation: „Die heutige Wiener Zeitung bricht das Stillschweigen, das über die Zeit, Art und Weise der zugesagten Landesverfassun⸗ riums entschuldigt sich zwar nicht über das Uebergehen des Wortlautes des §. 83 der Verfassung, aber er macht dafür Rückblicke auf die gesammte einjährige Thätigkeit der Verwaltung, und wir sind nicht Sylbenstecher genug, um uns einzig und allein an den Wortlaut zu halten; uns muß der Geist, der eine politische Institution durchweht, Alles sein. Das Ministerium beginnt zuerst mit einer nochmaligen Darle⸗ gung der Hauptgrundsätze der Reichsverfassung, und wir sind vollkommen mit ihm einverstanden und bedauern, daß es die Verhält⸗ nisse bisher nicht gestatteten, bei dem großen Werke der Vollendung der Gesetzgebung und der organisirenden Umgestaltung „die Theilnahme und Mitwirkung der verfassungsmäßigen Volksvertretung in Anspruch zu nehmen.“ Ob aber die Verhältnisse es allein waren, oder ob diese Verhältnisse nicht zum Theil in eben dem Mangel dieser Volks⸗ vertretung mit ihren Grund haben oder hatten, wollen wir hier nicht näher erörtern, wir sind so genügsam, uns zu freuen, wenn man dieses Palladiums der Verfassung nur fortwährend eingedenk erscheint. Wir verkannten keinen Augenblick die Größe der Auf⸗ gabe der Minister, unter Verhältnissen, wie jene der ersten Hälfte des vergangenen Jahres, die Zügel des Staates zu leiten, und es zeigt nur von dem tiefen religiösen Gefühl der Lenker unserer Geschicke, daß sie „unter den größten Stürmen fest auf den Schutz des Himmels vertrauten“ und sich von keiner Stimme, von keinem Ereignisse irre machen ließen, aber wir bedauern es, hier neuerdings jenem Ausspruche „zu begegnen, wie „die weittragenden Mittel der Ausnahmezustände in Anwendung ge⸗ bracht und zum Theil auch aufrecht erhalten werden müssen, damit das sich konsolidirende Reich nicht neuen feindseligen Stö rungen bloßgestellt werde“, ein Ausspruch, der bis jetzt wenig stens noch nicht begründet ist. Die Männer aller Parteien sind zur Einsicht gekommen, daß es die Ausnahmezustände sind, welche ihrer Natur nach schon die natürliche Entwickelung hindern müssen, und daß die Regierung, wenn sie will, eine weit stärkere Macht als jene des Ausnahmezustandes in Händen habe, nämlich jene der Reformen. Wir erkennen mit Dank an, daß die Regierung, hei dem ausgesprochenen Prinzip der größten Offenheit in der Verwaltung, jeder Verfügung eine ausführliche Hinweisung auf die leitenden Grundsätze und Motive, welche sie schaffen, vor⸗ anschickt, aber wir wollen nur darauf aufmerksam machen, daß es vielleicht in vielen Fällen praktischer gewesen wäre, sich auch noch von anderer Seite über die diesen Motiven zu Grunde lie⸗ genden Ansichten zu instruiren, als einfach von den verschiedenen jeweiligen Vertrauensmännern, denen wir weder Patriotismus noch Kenntniß parzieller Zustände absprechen wollen, die aber in jedem Falle nur Vertrauensmänner nach einer gewissen Richtung hin sind. Wenn im weiteren Verlaufe des Vortrags das Ministe⸗ rium mit Selbstbewußtsein auf die garantirten und ins Leben getretenen Grundrechte der Verfassung, als Freiheit der Person, der Presse, auf das Vereinswesen, Freiheit des Unterrichts ꝛc. aufmerksam macht, so bedauern wir um so mehr, daß einige Zeilen früher von dem weittragenden Mittel der Ausnahmezustände und ihrer Nothwendigkeit gesprochen wird, und es will uns darin, in der Verschiedenheit dessen, was auf dem Papier und in der Wirklichkeit besteht, ein gewisser Unterschied bedünken. Daß das Gemeindegesetz, dieses Fundament des Constitutionalismus, noch nicht ins Leben getreten, erklärt der Vortrag aus dem einfachen und auch natürlichen Grunde, daß erst alle jene Organe geschaffen werden mußten, welche berufen sind, die Vermittler zwischen dem Gemeindeleben und der Staats⸗Ver⸗ waltung zu bilden. Der ministerielle Vortrag weist nun darauf hin, wie weit überall die Justiz⸗ und politische Organisation, so wie jenes wichtige Moment in unserem neuen Staatsleben, die Grund⸗ entlastung, vorgeschritten sei, und wir entnehmen mit vieler Befrie⸗ digung die Versicherung, daß das endliche Inslebentreten des Ge⸗ meindegesetzes vom 17. Mai v. J. nun bald zur Wahrheit werden solle. Was das Ministerium noch weiter als segensvolle Früchte seiner Thätigkeit nennt, wir wollen vorläufig nicht über Theorieen und Ansichten streiten und es der Praxis überlassen, welche in sol⸗ chen Fällen das einzig wahre Kriterium ist. Wir gestehen es aber gern, daß wir jetzt mit weniger unruhigem Gefühle der Zukunft entgegensehen; denn jetzt, wo die Regierung selbst erklärt, daß die alte Zeit in Schutt gefallen, wo sie Stück für Stück den Neubau herzählt, wird sie wohl nicht zögern, Säule an Säule zu fügen, und wir begrüßen den Entwurf der Landesverfassungen mit um so größerem Antheil, als ihr endliches Erscheinen uns die Gewiß⸗ heit giebt, daß alle jene dunklen Gerüchte, welcher uns in der letzten Zeit bestürmten, eben nichts als ängstliche, aus allzu langem Schweigen entstandene Besorgnisse waren.

Der Finanz⸗Minister entwickelt in einem an Se. Majestät ge⸗ richteten Vortrage die weiteren zur Führung des Staatshaushalts zu treffenden Maßregeln, diese sind: a) die Einzahluug der noch rückständigen Raten auf das 4 ½ proz. Anleihen 26½ Mill.; b) die Einziehung der lombardisch-venetianischen Schatzscheine 14 Mill.; c) die Einziehung der deutschen Münzscheine 3 ½ Mill.; d) an der sardinischen Kriegsentschädigung haben im Laufe des Jahres 1850 einzugehen 14 ½ Mill.; c) werden die Hypothekar⸗Anweisungen und die Central⸗-Anweisungen vom Jahre 1842 eingelöst, so entfallen von der bisherigen schwebenden Schuld 16 Mill.; f) mittelst der Kredits⸗Operation zur Einziehung der lombardisch⸗venetianischen Schatzscheine dürfte eine namhafte Summe in Baarem eingebracht werden.

Se. Königl. Hoheit der Kronprinz von Württemberg ist, laut Bericht der Wien. Ztg., am 31. Dezember v. J. um 7 Uhr Morgens aus Warschau in Sezakowa, wo die Warschauer in die Krakau Oberschlesische Eisenbahn einmündet, eingetroffen und hat von dort die Weiterreise nach Berlin fortgesetzt.

Der Lloyd sagt: „In einer Korrespondenz aus Pesth wurde uns jüngst das Gerücht mitgetheilt, daß in Belgrad ein Aufstand ausgebrochen sei. Der Kaiserliche Courier, der eben von Belgrad hier angekommen, versichert uns, daß gar kein Grund vorhanden sei, der zu einem solchen Gerüchte Anlaß geben könnte.“

In einem hiesigen Blatte wurde in einem Schreiben aus dem Riesengebirge auf die Wichtigkeit der Wälder und die Nothwen digkeit, dieselben zu erhalten, zu verbessern und kräftig zu beschützen hingewiesen und zugleich der Wunsch ausgesprochen: es möchte sich das Ministerium für Landes⸗Kultur und Bergwesen zu einem Le⸗ benszeichen in diesem wichtigen Zweige der Staats⸗ und Volkswirth⸗ schaft bewegen lassen. Hierauf bemerkt die Wien. Ztg.: „Um den in bedenklicher Weise um sich greifenden widerrechtlichen Ein griffen in das Waldeigenthum nach Möglichkeit zu begegnen und die Beweisherstellung bei diesfälligen Uebertretungen zu erleichtern, hat das Ministerium für Landes⸗Kultur und Bergwesen bereits am 3. Januar v. J., also bald nachdem es ins Leben getreten war, eine allgemeine Vorschrift wegen Beeidigung des Forst⸗Personals, dessen Glaubwürdigkeit vor Gericht, Anerkennung als öffentliche Wache, und Bewaffnung im Einverständnisse mit den Ministerien des Innern und der Justiz erlassen. Um ferner eine entsprechende Reichsforst⸗Ver⸗ waltung zu schaffen und das gesammte Forstwesen einer gedeihlichen

Entwickelung zuzuführen, wurden nicht nur alle Staatsforsten unter ern dehenschafüce Berwaltung gebracht, sodern auch ein neuts t 3 ausgearbeitet und die ckentspr 7 tion und Betriebsleitung vorbeeesmneenfsorechenbe Sbr⸗eg nisß⸗ tragten Maßregeln greift aber natörld Surchführung der bean⸗ gten geln greift aber natürlich tief in die politische und gerichtliche Organisation ein, erfordert daher bei der völligen Um⸗ formung dieser Zweige nicht nur die reiflichste Ueberlegun 8 Frerh auch einen längeren Zeitraum. In den meisten Fällen E“ rechtlichen Eingriffen in das Waldeigenthum und gewaltsamen Störungen in der Forstwirthschaft hat sich nicht Mangel an abwehrenden Gesetzen und Vorschriften, sondern Macht⸗ losigkeit der untersten Organe, die eben in der Reor gani⸗ sation begriffen sind, herausgestellt. Erst wenn die ien cnh Organe festen Stand gewonnen haben, werden auch neue Gesetze wirksam werden können. Endlich ist es wohl sehr wünschenswerth daß solche Gesetze, welche, wie das Forstgesetz, die Verhältnisse der Waldeigenthümer eben so wie die der Gemeinden sehr nahe berüh⸗

ren, auf den Landtagen in Verhandlung kommen.“

Hannover. Hannover, 4. Jan. (Hannov. Zeitg.)

werde.

D

8 ie erste Kammer beschäftigte sich in der heutigen Sitzung mit der

ersten Berathung des Entwurfes zu einem Staatsdienergesetze. In der zweiten Kammer wurde der gestrige Beschluß, den Gesetz⸗Entwurf über die Einführung kurzer Verjährungsfristen an eine besondere Kommission zu verweisen, wiederholt. Die hierauf folgende dritte Berathung des Gesetz⸗Entwurfes wegen Aufhebung der Mannsstifter führte zur endlichen Annahme des Entwurfes im Ganzen und Einzelnen. Die Kammer ging darauf über zur ersten Berathung des Gesetz⸗Entwurfes wegen Aufhebung oder Ablösung von Bannrechten und ausschließlichen Gewerberechten.

Württemberg. Stuttgart, 2. Jan. (Schwäb. Merk.) Se. Kaiserliche Hoheit der Erzherzog Johann ist gestern Abend von Bruchsal her hier eingetroffen und im Hotel Marquardt abge⸗ stiegen. Seine Kaiserliche Hoheit hat heute Vormittag die Besuche Ihrer Königlichen Hoheiten des Kronprinzen und des Prinzen Friedrich empfangen und sich dann zu Sr. Majestät begeben. Der Erzherzog hat heute Nachmittag auf der Eisenbahn seine Reise fortgesetzt und wird in Ulm übernachten.

Anhalt⸗Deßau. Deßau, 4. Jan. Nachdem gestern, von Vormittag 9 bis Abend 7 Uhr, die entseelte Hülle Ihrer Königl. Hoheit der verewigten Herzogin Friederike Louise Wilhelmine Amalie im Rittersaale im Herzogl. Schlosse ausgestellt gewesen, wo der Zutritt Jedermann gestattet war, fand heute früh um 8 Uhr die Beisetzung statt. Vorher wurde die Leiche der hohen Verewigten von dem Superintendenten Richter feierlich eingesegnet, dann der mit grünem Sammet überzogene, mit den Wappenschildern des alt⸗ fürstlichen Hauses einfach bezeichnete Sarg auf den Leichenwagen gehoben, der mit 6 schwarz behangenen Pferden bespannt, den Trauerzug eröffnete, welchem unmittelbar der Wagen Sr. Hoheit des Herzogs folgte, worin der Herzog, der Erbprinz und der Bru⸗ der der Entschlafenen, Prinz Friedrich von Preußen, als nächste Leidtragende, sich befanden; dann folgten Hofwagen mit den hier anwesenden Brüdern Sr. Hoheit des Herzogs, und nach diesen die Hofchargen. Unter dem Geläute aller Glocken bewegt sich der Trauer⸗ zug durch die Straßen der Stadt über die Muldebrücke nach dem etwa eine halbe Stunde entfernten Dorfe Jemtz, wo der Sarg vorläusig in dem Gewölbe beigesetzt wurde, welches der verewigte Herzog Franz für sich und seine ihm vorangegangene Gemahlin an die Kirche hatte anbauen lassen.

Ausland.

Frankreich. Paris, 3. Jan. Bei dem vorgestrigen Empfange im Elysée fiel es auf, daß das Institut von Frankreich, welches unter Na⸗ polean stets zu allererst empfangen wurde, ganz zuletzt an die Reihe kam. Louis Bonaparte trug, wie gewöhnlich, bei diesen feierlichen Gelegenheiten, die Uniform eines Generals der Nationalgarde und das große Band der Ehrenlegion. Von der National⸗Versamm⸗ lung ist im Berichte des Moniteur über den Empfang im Elysée keine Rede. Sie war auch als amtlich vertreten nicht erschienen; mehrere Mitglieder derselben aber hatten sich als Privatpersonen eingefunden. Die Estafette spricht jetzt ebenfalls von einer sehr weitläufigen Botschaft, welche der Präsit dent Bonaparte nächstens an die National⸗Versammlung richten Nach der Patrie ist der Divisions⸗General Jerome Bonaparte, Gouverneur der Invaliden, mit dem sich sein Neffe, der Präsident der Republik, nun vollständig ausgesöhnt haben soll, zum Marschall von Frankreich ernannt worden. Das gestern von Louis Bonaparte unterzeichnete Dekret werde unverzüglich im Moniteur erscheinen.

Die mit Prüfung des Gesetz⸗Entwurfs in Betreff der La Plata⸗Angelegenheit beauftragte Kommission berieth gestern über das Amendement de Rancé's, welches der Regierung einen Kredit von 10 Millionen zum Zwecke einer bewaffneten Unterhandlung er öffnet wissen will. Die Minister des Krieges, des Auswärtigen und der Justiz begaben sich in den Schooß der Kommission, wo sie auf den schon in der Versammlung von ihnen ausgesprochenen Ansichten beharrten. Die Majorität der Kommission soll entschlossen sein, den Grundsatz des Amendements von Rancé zwar zu genehmigen, den Wortlaut desselben jedoch abzuändern. Der Berichterstatter der Kommission, Hr. Daru, wurde beauftragt, den eben erwähnten Be⸗ schluß zu formuliren, da derselbe schon heute der Versammlung mit⸗ getheilt werden soll. Nach der Patrie wollten mehrere Mitglie der der Minorität, welche gegen das Amendement de Rancé's stimmte, die Nichtigerklärung der fraglichen Abstimmung beantragen. Dies ist jedoch in der gestrigen Sitzung nicht geschehen.

In Folge des Rundschreibens, welches der Minister des Innern bezüglich der ohne Pension gebliebenen Soldaten des Kaiserreichs an die Präfekte gerichtet hat, sind schon über 20,000 Gesuche ein⸗ gelaufen, und man glaubt, daß diese Zahl auf 80 100,000 stei⸗ gen wird.

In die hiesige Sparkasse sind voriges Jahr über 15 ½ Millionen Frs. eingelegt und noch nicht 3 Millionen zurückgezogen worden. Während des ersten Vierteljahrs von 1849 wurde nur halb so viel eingelegt, als im zweiten Quartal. Am Jahresschlusse schuldete die Sparkasse an 172,682 Einleger die Summe von 23,093,618 Frs.

Großbritanien und Irland. London, 2. Jan. In Bezug auf die Verwickelungen zwischen England und den Ver⸗ einigten Staaten von Nord⸗Amerika wegen der central⸗amerikanischen Staaten liest man in der United Service Gazette: „Vor einigen Wochen berichteten wir, Contre⸗Admiral Hornby, Ober⸗ Befehlshaber im Stillen Meere, habe den Befehl erhalten, mit allen Kriegsschiffen, die er zusammenbringen könne, von Valparaiso nach Nicaragua zu segeln und sein Geschwader zum Schutze der britischen Interessen gegen die Pläne und Uebergriffe der Jankee’'s in jenen Gegenden dem britischen Geschäftsträger zur Verfügung zu stellen. Wir haben Grund, zu glauben, daß Vice⸗Admiral Lord